8. kammerabend - Staatskapelle Dresden
Transcription
8. kammerabend - Staatskapelle Dresden
8. KAMMERABEND S AI SO N 2014 2 015 D I E N S TAG 16 . 6 .15 2 0 U H R I SEMPEROPER DRESDEN 8. KAMMERABEND Mitwirkender Gast Dmitri Schostakowitsch Florian Mayer Violine (19 0 6 -19 7 5) Ausführende Astrid von Brück Harfe Annika Thiel Violine Friedwart Christian Dittmann Violoncello Präludien op. 34 für Violine und Klavier (Arr.: Dmitri Zyganow), Fassung für Violine und Harfe Nr. 10 cis-Moll Nr. 5 D-Dur Nr. 19 Es-Dur Maurice Ravel (187 5 -19 37 ) Pièce en forme de Habanera für Violine und Harfe PROGRAMM Florian Mayer und Astrid von Brück Zoltán Kodály Florian Mayer (18 8 2 -19 67 ) (G E B O R E N 19 74) Duo für Violine und Violoncello op. 7 1. Allegro serioso, non troppo 2. Adagio 3. Maestoso e largamente, ma non troppo lento – Presto Soloimprovisation »Die Klagearie des Schlangenbeschwörers Faunjir ibn Majyram zu mitternächtlicher Stunde auf der Hinterbühne des Opernhauses, kurz nachdem auch der letzte Theaterbesucher der abendlichen Parsifal-Aufführung den Zuschauerraum verlassen hat.« Annika Thiel und Friedwart Christian Dittmann PAU S E Florian Mayer Camille Saint-Saëns (18 3 5 -19 21) Fantaisie op. 124 für Violine und Harfe Eckehard Mayer (G E B O R E N 194 6) »Spielt!« für Violine und Harfe Uraufführung Astor Piazzolla (19 21-19 9 2) »Bordel 1900« (aus »Histoire du Tango«) »Oblivion« »Night Club 1960« (aus »Histoire du Tango«) Florian Mayer und Astrid von Brück ZUM PROGRAMM Zoltán Kodály gilt gemeinsam mit Béla Bartók als Schöpfer der ungarischen Kunstmusik. Beim Erforschen des bäuerlichen Musikerbes seines Landes war er darauf gestoßen, dass dieses mit der im 19. Jahrhundert beliebt gewordenen »Zigeunermusik« wenig Gemeinsamkeiten besitzt. Fasziniert arbeitete er viele Jahre lang am Erfassen, Dokumentieren und Publizieren der Überlieferung verschiedener, auch nichtungarischer Völkerschaften, teilweise mit Bartók zusammen, allerdings behindert durch den Ersten Weltkrieg und die darauf folgenden politischen Umwälzungen (Ungarn schrumpfte auf ein Drittel seines Territoriums). Die Begegnung mit dem teilweise uralten Musikgut gewann entscheidenden Einfluss auf das Schaffen beider Komponisten und bewirkte neben weitgehender Abkehr von der herkömmlichen funktionellen Dur-Moll-Harmonik auch eine starke Erweiterung des rhythmischen Spektrums. Schon die ersten von Kodály als gültig anerkannten (und daher mit Opuszahlen versehenen) Kompositionen geben Zeugnis davon. So das Duo op. 7 von 1914. Originale Volksweisen sind darin nicht verwendet, doch ist deren Charakter allgegenwärtig und bestimmend. Hinzu kommt eine ganz ungewöhnliche kompositorische Grundhaltung, die den beiden Instrumenten sowohl Eigenständigkeit gewährt als sie auch derart eng aneinander bindet, dass langgestreckte Melodiegänge zwischen ihnen hin- und her-»wandern« und jeweils auch den Wechsel des Begleiters bedingen. Manchmal drängt sich der Eindruck auf, als seien mehr als zwei Instrumente am kompositorischen Gewebe beteiligt, dann wieder fällt bald der Violine, bald dem Violoncello ein völlig unbegleiteter Abschnitt zu. Trotz des oft rhapsodischen Anscheins folgt jeder der drei Sätze einem eigenen, genauen Grundriss – keiner von ihnen einem der herkömmlichen Formschemata. Noch heute keineswegs mühelos sich erschließend, überwältigt das Werk durch seine Intensität und Leidenschaftlichkeit. Camille Saint-Saëns, der älteste im heutigen Programm vertretene Komponist, hat in seinem langen Leben als nachschaffender wie als schaffender Künstler, vom Wunderkind bis ins reife Alter, viel Anerkennung erfahren, gegen Ende aber auch die Gegnerschaft der »Jungen« um Claude Debussy, die ihm Erstarrung vorwarfen. Die heutige geringe Präsenz entspricht der Bedeutung seines nahezu universalen Gesamtwerks keinesfalls – für Deutschland trifft dies besonders zu. Umso mehr interessiert die Begegnung mit einem Stück von ihm. Die 1907 (nur kurze Zeit vor Kodálys Duo) entstandene Fantaisie op. 124 gibt durch ihre Benennung zwar vor, sich aller formalen Regulierung zu entziehen, doch ist sie sehr klar gegliedert. Umschlossen von zwei rhapsodierenden Abschnitten, wird zunächst in einem Allegro appassionato eine wunderschöne Melodie vielfältig ausgesungen und deren synkopierte Fortsetzung von der Violine virtuos figuriert, worauf auch die Harfe eine große Solokadenz erhält; alsdann folgt eine Art Chaconne mit Variationen der Violine über einem Harfen-Ostinato, bevor unter Rückkehr zum Anfang das rhapsodische Element den Ausklang bringt. Der 40 Jahre jüngere Maurice Ravel komponierte seine Vocalise en forme de Habanera 1907 als Beitrag für einen zum Druck vorbereiteten Band von textlosen Gesangsetüden. Das Stück, wohl alsbald das berühmteste der Sammlung, wurde als Pièce en forme de Habanera für alle nur denkbaren Instrumentenkombinationen bearbeitet. In der aparten Fassung für Violine und Harfe dürfte es nicht oft zu hören sein. Keine der Bearbeitungen stammt von Ravel selbst. Auch die 24 Präludien op. 34 von Dmitri Schostakowitsch, geschrieben für Klavier, sind transkribiert worden. Eine Fassung von 19 der Präludien für Violine und Klavier von dem Geiger Dmitri M. Zyganow (Mitglied des Beethoven-Quartetts) fand Schostakowitschs ausdrückliche Zustimmung. Sie wird für die heutige Wiedergabe durch Violine und Harfe verwendet. Schostakowitsch hatte die Klavier-Miniaturen, gleichsam zur Ablenkung, 1932 nach der Fertigstellung seiner Oper »Lady Macbeth von Mzensk« rasch zu Papier gebracht; jedes der kleinen Charakterstücke steht in einer anderen der jeweils zwölf Dur- und Moll-Tonarten. Ihr Erfolg stellte sich erst allmählich ein, ihre heutige Wertschätzung ist umso höher. Mit Astor Piazzolla begegnen wir einem Komponisten, der sich ohne bleibenden Erfolg um Anerkennung im »klassischen« Bereich bemüht hat. Umso uneingeschränkter gilt er als Schöpfer und »Klassiker« des sogenannten Tango nuevo, einer für den Konzertsaal bestimmten Weiterentwicklung des südamerikanischen Tanzes. Der gebürtige Argentinier, der sechs Jahre lang bei Alberto Ginastera Komposition, Kontrapunkt und Dirigieren studiert hat, wirkte lange Jahre als Bandoneonspieler in Tangoorchestern, bevor er mit seiner eigenen Formation Bandoneon – Gitarre – Violine – Kontrabass – Klavier berühmt wurde. Später erweiterte er die Besetzung durch Gesang, abermals später durch elektronische Instrumente. Er ist ein Grenzgänger zwischen Kunst- und Unterhaltungsmusik geblieben. Sein ursprünglich für Flöte und Gitarre bestimmter Zyklus »Histoire du Tango« beleuchtet in vier Kompositionen die Entwicklungsstufen des Tango-Stils, die mit den Stichjahren 1900 (»Bordel«), 1930 (»Café«), 1960 (»Night Club«) und 1980 (»Concert d’Aujourd’hui«) den Weg vom anmutigen argentinischen Tanz zum späteren Konzertstück zeigen, unter wachsender Aufnahme verschiedenster Einflüsse. Hieraus erklingen Nr. 1 und Nr. 3. Mit »Oblivion« wird an den Autor auch zahlreicher Filmmusiken erinnert, und zwar mit der Kennmelodie für das Lustspiel »Enrico IV« von Luigi Pirandello in der Verfilmung von Marco Bellocchio (1984). Die Uraufführung des heutigen Abends gilt Eckehard Mayer, den Dresdnern wohlbekannt unter anderem als langjähriger Leiter der Musik des Staatsschauspiels, vor allem aber als Komponist von Opern, Ballett-, Orchester-, Kammerund Vokalmusik. Seine Oper »Der Goldene Topf« (Libretto von Ingo Zimmermann nach E.T.A. Hoffmann) wurde 1989 in der Semperoper uraufgeführt. »Spielt!«, sein neues kleines Opus, bezeichnet er als »Musizierstück«, als »komponierte Improvisationen zu einem ostinaten Grundbass«, bei denen die Harfe »als Rhythmus-Instrument« dient. Der keinesfalls »klassisch« behandelten Geige sind »dynamische und spieltechnische Freiheiten nicht nur erlaubt, sondern« von ihr »sogar erwünscht. Sie kann kreischen, schmirgeln, singen, hinzufügen, weglassen – alles ist möglich. – Spielt! Spielt!« So die Aufforderung des Komponisten, der sich unterdessen auch dem Schreiben zugewandt und neben anderen Arbeiten 2013 seinen ersten Roman vorgelegt hat: »Ab jetzt ist es spät«. Dieser handelt, wie könnte es anders sein, von einem Komponisten. Schließlich wird noch dem »richtigen« Improvisieren ein Platz eingeräumt, dem freien Musizieren, das, so alt wohl wie Musik überhaupt, auf keiner schriftlichen Aufzeichnung beruht, sondern dem Augenblicksempfinden des Spielers entspringt. Florian Mayer will dem langen, blumigen Namen seiner Eingebung nichts Erläuterndes hinzufügen; er vertraut auf das hörwillige Publikum. ORTRUN L ANDM ANN MITWIRKENDER GAST Florian Mayer Violine Florian Mayer, Sohn des Komponisten Eckehard Mayer und gleich diesem ein ehemaliger Kruzianer, absolvierte ein Violinstudium an der Dresdner Hochschule für Musik. Von 1997 bis 2005 gehörte er den Dresdner Sinfonikern an und von 2006 bis 2013 der Gruppe »Das blaue Einhorn«. Seiner Neigung zum Theater konnte er bereits erfolgreich nachgehen als »Fiedler auf dem Dach« im Musical »Anatevka«, zuerst in der Inszenierung des Staatsschauspiels Dresden, dann seit 2012 am Staatstheater Cottbus, wo er aktuell als Zigeunergeiger in der Operette »Gräfin Mariza« von Emmerich Kálmán mitwirkt. Gegenwärtig widmet er sich vor allem dem Gestalten eigener Solo-Programme besonderen Zuschnitts sowie daraus resultierenden CD-Aufnahmen. VORSCHAU 6. Internationale Schostakowitsch Tage Gohrisch 19.-21. 6 .15 KURORT GOHRISCH, S ÄC H S I S C H E S C H W EI Z Mit Vladimir Jurowski, dem Borodin Quartett, Andreas Scholl, Isabel Karajan, Jascha Nemtsov, Matthias Wollong, Isang Enders, Paul Rivinius, Tangente Quattro, der Sächsischen Staatskapelle Dresden u.v.a. Detailliertes Programm unter www.schostakowitsch-tage.de Kammermusik der Sächsischen Staatskapelle Dresden Gegründet 1854 als TonkünstlerVerein zu Dresden Verantwortlich: Friedwart Christian Dittmann, Ulrike Scobel und Christoph Bechstein IMPRESSUM Sächsische Staatskapelle Dresden Chefdirigent Christian Thielemann Spielzeit 2014 | 2015 H E R AU S G E B E R Sächsische Staatstheater – Semperoper Dresden © Juni 2015 R E DA K T I O N Matthias Claudi, Tobias Niederschlag TEXT Der Einführungstext von Dr. Ortrun Landmann ist ein Originalbeitrag für dieses Heft. G E S TA LT U N G U N D S AT Z 11. Symphoniekonzert S O N N TAG 2 8 . 6 .15 11 U H R schech.net Strategie. Kommunikation. Design. DRUCK Union Druckerei Dresden GmbH M O N TAG 2 9. 6 .15 2 0 U H R D I E N S TAG 3 0 . 6 .15 2 0 U H R S E M P ER O P E R D R E S D E N Vladimir Jurowski Dirigent Gidon Kremer Violine Igor Levit Klavier Sächsischer Staatsopernchor Dresden Sofia Gubaidulina Violinkonzert Nr. 1 »Offertorium« Sergej Tanejew »Johannes Damascenus«, Kantate op. 1 Alexander Skrjabin »Promethée. Le poème du feu« op. 60 Kostenlose Einführungen jeweils 45 Minuten vor Konzertbeginn im Foyer des 3. Ranges der Semperoper Private Bild- und Tonaufnahmen sind aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet. W W W. S TA AT S K A P E L L E - D R E S D E N . D E