Bräuche, Klischees und Irrtümer

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Bräuche, Klischees und Irrtümer
Bräuche, Klischees und Irrtümer
Brauchtum
Hochzeiten: Hochzeiten sind in der Slowakei ein großes Fest. Dies ist schon
deshalb logisch, da die Slowakei ein streng katholisches Land ist. Groß heißt, dass
es sich selten um weniger als 100 bis 150 Leute handelt, die zur Hochzeit eingeladen
werden. Neben der gesamten Familie, die in der Slowakei meist sehr groß ist
kommen auch alle Freunde, Arbeitskollegen und die Nachbarn. Zwar kommt es
heute schon vor, dass Ehen geschieden werden. Doch gerade in ländlichen Gebieten
sinkt durch eine Scheidung das Ansehen der betroffenen Familie. Das Fest geht
meist über zwei Tage. Bei slowakischen Hochzeiten wird viel getanzt. Die Stimmung
ist ausgelassen und mit den etwas steifen deutschen Hochzeiten nicht zu
vergleichen.
Neujahr: Der Neujahrstag geht in der Slowakei einher mit zahlreichen Sagen und
Aberglauben. Gefeiert wird er regional unterschiedlich. Fast überall ist er ein Tag
großer Reinheit und Sauberkeit. Insgesamt gilt der Neujahrstag in vielen Dingen als
Spiegelbild des folgenden Jahres, so z.B. beim Wetter: Morgenröte bedeutete
Missernte und Armut aber auch Stürme, leichter Regen galt als Vorhersage einer
guten Ernte. Verschlief jemand, so glaubte man, er komme das ganze Jahr zu spät
zur Arbeit. Abfälle trug man nicht hinaus, weil man das Glück nicht wegwerfen wollte.
Auch gab es immer viel zu essen, damit man das Jahr über nicht Hunger leiden
musste.
Umgangsformen
Begrüßung und Verabschiedung: Slowaken reichen sich zur Begrüßung und zum
Abschied die Hand. Im familiären oder freundschaftlichen Umfeld sind zwischen
Männern und Frauen zum Abschied oft Küsschen auf beide Wangen üblich.
Hausbesuche: Die Slowaken sind sehr gastfreundlich. Bei einem Besuch kann man
sicher sein, satt zu werden. Besuche, bei denen nur Chips oder Salzstangen
aufgetischt werden, sind in der Slowakei undenkbar. Das Minimum sind belegte
Brote, meist Stangenweißbrot mit Wurst, Käse und Dekoration. Zum Teil kommen
auch warme Gerichte auf den Tisch. Der Gast bekommt immer das Beste. Bei
Getränken ist in der Slowakei meist Wodka (oder alternativ Slivovica) das Beste, das
der Gastgeber anbieten kann. Hier sollte man irgendwann selbst ein Ende finden,
denn der Gastgeber schenkt immer nach. Es ist ein hoffnungsloses Unterfangen,
einem Slowaken nur mit Worten klar machen zu wollen, dass man nichts mehr
trinken will. Wer keinen Durst mehr hat, lässt einen guten Rest des Getränks im Glas
zurück. Was Ihnen angeboten wird, können Sie bedenkenlos annehmen. In dieser
Situation spielt es keine Rolle, ob Sie als Westeuropäer mehr Geld verdienen. Zeigen
Sie sich als zufriedener Gast. Das ist das schönste Geschenk, das Sie dem
Gastgeber machen können. Wenn man die Wohnung betritt, sollte man ohne zu
fragen die Schuhe ausziehen. Das ist in der Slowakei üblich. Hausschuhe werden
angeboten.
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Trinkgeld: Auch in der Slowakei sind Trinkgelder üblich. Allerdings fallen sie nicht so
üppig aus, wie in anderen Ländern. Bei einem normalen Essen sind mehr als 10
Kronen selten angebracht, erst recht nicht, wenn Sie die Urlaubsgebiete verlassen.
Klischees
Die Slowakei ist ein «Entwicklungsland»: Dieses Klischee dürfte durch den EUBeitritt der Slowakei im Mai 2004 eigentlich ohnehin vom Tisch sein. Fakt ist: Die
Slowakei ist natürlich alles andere als ein Entwicklungsland. Das Bruttosozialprodukt
pro Kopf ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Sicher herrschen in der
Slowakei noch keine westlichen Verhältnisse, doch die Politik ist auf einem guten
Weg, die Verhältnisse anzupassen. Seit Einführung der «Flat Tax» siedeln sich
vermehrt große Unternehmen, vor allem Automobilkonzerne, in der Slowakei an.
Die Slowakei ist ein «Arbeiter- und Bauernstaat»: Ein beliebtes Klischee ist das
des sozialistischen Arbeiter- und Bauernstaates. Natürlich gibt es in der Slowakei
Landwirtschaft, wie in anderen Ländern auch. Der Anteil der Landwirtschaft am
Bruttoinlandsprodukt beträgt jedoch nur 4 Prozent. Finnland beispielsweise hat den
gleichen Anteil, in Frankreich liegt er bei 3 Prozent. Niemand würde in diesen
Ländern die Landwirtschaft als vorherrschenden Wirtschaftszweig annehmen. Die
Slowakei hat mit 31 Prozent einen recht hohen Industrieanteil. Besonders die
Waffen- und Schwerindustrie sowie die chemische Industrie waren wichtige Stützen
der Wirtschaft. In der jüngeren Vergangenheit wuchs jedoch der
Dienstleistungssektor kräftig.
Irrtum
In der er Slowakei muss ich Abstriche machen bei Essen und Trinken: Zum
einen kann man in der Slowakei ohnehin sehr gut Essen: Nationalgerichte wie
»Bryndzové halušky« und »Pirohy« muss man einfach probiert haben. Zum anderen
erhält man im Supermarkt neben den einheimischen Produkten die gleichen
Produkte wie hierzulande. Marken wie Coca Cola haben zum Teil bereits vor dem
politischen Umbruch Einzug gehalten. Und die übrigen folgten kurze Zeit später. Die
einheimischen Süßwaren treffen allerdings oft nicht den westlichen Geschmack - sie
sind oft zu süß.
In der Slowakei kann ich westliche Produkte billiger erwerben: Ein großer Irrtum.
Es mag zwar Ausnahmen geben, doch in der Regel kosten diese Produkte
landesweit das gleiche wie hierzulande. Zum Teil, und dies trifft gerade bei
technischen Geräten und CDs zu - sind die Produkte sogar teurer als bei uns.
Um in der Slowakei nicht als Westeuropäer aufzufallen, muss man sich
möglichst schlecht kleiden: In der Slowakei fällt man nicht deshalb auf, weil man
als Westeuropäer gut gekleidet ist. Die meisten Slowaken legen großen Wert auf ihr
Äußeres. Gerade in der Metropole Bratislava, aber auch in Košice und anderen
Städten wird man gegenüber Österreich keinen Unterschied feststellen. Wer sich
normal kleidet, hat keine gesteigerte Aufmerksamkeit zu befürchten.