1557 Filmhaus-Programm 11-13 v3.indd

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1557 Filmhaus-Programm 11-13 v3.indd
FILMHAUS 11/13
Bellas Mariposas
Königstraße 93 · 90 402 Nürnberg
filmhaus.nuernberg.de · T: 2317340
Cinema! ITalia!
Stummfilm
Zwei JUNGE herzen
Lonesome, USA 1928, 70 Min., Blu-ray, restaurierte engl. OF, Regie: Paul Fejos,
mit: Barbara Kent, Glenn Tryon, Fay Holderness u.a.
Reality
Italien 2012, 115 Min., Blu-ray, ital. OmU, Regie: Matteo Garrone, mit: Aniello Arena,
Loredana Simioli, Nando Paone, Graziella Marina u.a.
Luciano hat einen Fischstand mitten in Neapel, macht manchmal
krumme Geschäfte und ist ansonsten ein geborener Spaßvogel, der
gerne vor seinen Kunden und seiner vielköpfigen Verwandtschaft die
Stimmungskanone gibt. Bald sind sich alle einig: „Du gehörst ins
Fernsehen!“ Angestachelt von seinen Angehörigen nimmt Luciano
am Casting für eine Reality-Show à la Big Brother teil. Aber sein
Traum entwickelt sich schnell zu einer echten Besessenheit, die ihn
und seine Familie zu verschlingen droht.
Der neue Film von Gomorrha-Regisseur Matteo Garrone ist eine
grandios-wilde Achterbahnfahrt durch das italienische Showbusiness
und die italienische Volksseele. Garrones fulminante Abrechnung mit
Lug und Trug, schönem Schein und grotesken Medienspektakeln im
Italien Berlusconis wurde 2012 mit dem Großen Preis der Filmfestspiele Cannes ausgezeichnet.
Do., 7.11. & Di., 12.11.
L’INTERVALLO
Die Pause, Italien 2012, 90 Min., Blu-ray, ital. OmU, Regie: Leonardo Di Costanzo,
mit: Francesca Riso, Alessio Gallo, Carmine Paternoster, Salvatore Ruocco u.a.
Ein Samstag in New York. Mary, eine Telefonistin, und Jim, ein Arbeiter, beginnen ihren Tag, einzeln für sich, in einem kleinen gemieteten Zimmer. Jeder Handgriff ist ein Ritual, jeder Blick auf die Uhr ein
strengeres Diktat zur Eile. In der U-Bahn und während des Frühstücks
im Diner vervielfältigen sich die Parallelexistenzen. Die Waggons
quellen über vor Angestellten in Hast, von der Self-Service-Theke des
Lokals werden im Takt die Kaffeetassen entnommen. Die Stadt und
die Ökonomie bestimmen ihre Bewohner. Nach dem Ende der Arbeit
warten vor den Toren der Büros und Fabriken die Freundinnen und
Freunde. Mary und Jim lernen sich am Strand von Coney Island kennen. Sie reden, schlendern nachts durch die schillernden Attraktionen
des Vergnügungsparks, tanzen, glauben an die Zukunft. Federleicht
fühlt sich das Leben an, bis ein Achterbahnunfall sie trennt …
An der Schwelle zur Tonfilmzeit entstand dieser außergewöhnliche
Hollywoodfilm, der an Originalschauplätzen in New York und Coney
Island gedreht wurde. Es ist eine Liebesgeschichte, die von New York
handelt und von der Einsamkeit junger Menschen in der Stadt. Zwei
JUNGE Herzen beginnt wie ein Dokumentarfilm und endet als Märchen. Ein Rummel wird zum Zauberwald, die Achterbahn zum bösen
Drachen, ein möbliertes Zimmer zum Märchenschloss. Paul Fejos
schenkt dem Kino mit ZWEI JUNGE HERZEN einen der schönsten
Filme, die entstanden sind.
Musikbegleitung: Hannes Selig (Flügel)
So., 1.12. um 19.15 Uhr
Eine Vorstadt von Neapel: Salvatore ist 15 und verkauft auf der
Straße Eis und Getränke. Eines Tages bittet ihn einer der CamorraGangster des Viertels um einen Gefallen: Er soll auf ein Mädchen
aufpassen, das von der Camorra in einem verlassenen Gebäude
festgehalten wird. Salvatore begreift sofort, dass man einer solchen „Bitte“ besser Folge leistet. Und so spielt er einen Tag lang
Gefängniswärter für die 17-jährige Veronica, von der er gar nicht
weiß, was sie eigentlich getan hat. Trotz gegenseitigen Misstrauens
kommen die beiden Jugendlichen sich im Lauf des Tages näher. Sie
reden, erfinden Spiele, das riesige baufällige Gebäude wird zum
Abenteuerland. Doch beide wissen: Die Gangster werden zurückkommen.
Das Spielfilmdebüt von Leonardo di Costanzo wurde 2012 beim
Filmfestival von Venedig mit dem Preis der internationalen Filmkritik
ausgezeichnet. Es ist die zutiefst bewegende Geschichte zweier jugendlicher Außenseiter, die sich für einen Tag aus einer Realität fortträumen,
die vollständig vom Zugriff der Camorra beherrscht zu sein scheint. Ein
Film, der noch lange nachwirkt.
Fr., 8.11. & So., 10.11.
IL ROSSO E IL BLU
Rot und Blau, Italien 2012, 98 Min., Blu-ray, ital. OmU, Regie: Giuseppe Piccioni,
mit: Margherita Buy, Riccardo Scamarcio, Roberto Herlitzka, Silvia D’Amico u.a.
Eine ganz normale Schule in Rom, in der die unterschiedlichsten
Charaktere, Lehrer wie Schüler, aufeinandertreffen. Die strenge Direktorin sieht sich zu ihrem Entsetzen gezwungen, sich um einen
14-jährigen Klassenclown zu kümmern, dessen Mutter plötzlich
verschwunden ist. Die idealistischen Vorsätze eines jungen Aushilfslehrers drohen rasch am rauen Schulalltag zu zerschellen. Der
alternde, zynisch gewordene Kunstlehrer erlebt eine Begegnung mit
einer ehemaligen Schülerin, die sein Weltbild verändert. Und ein Junge aus Rumänien fordert gemeinsam mit seiner etwas ausgeflippten
Freundin ein Schicksal heraus, das ihnen von den Erwachsenen bereits vorherbestimmt zu sein scheint.
Überraschungen und Versuchungen, Hoffnungen und Enttäuschungen – auf unterhaltsame Weise zeigt Altmeister Giuseppe Piccioni den Mikrokosmos der Schule als Spiegelbild des Lebens.
Fr., 8.11. & Mi., 13.11.
TUTTI I SANTI GIORNI
Tagein tagaus, Italien 2012, 102 Min., Blu-ray, ital. OmU, Regie: Paolo Virzì, mit:
Luca Marinelli, Thony, Micol Azzurro, Claudio Palitto u.a.
Guido liebt antike Sprachen, frühchristliche Heilige und arbeitet als
Nachtportier in einem Hotel. Antonia ist Angestellte in einem Autoverleih, sieht sich aber als Musikerin und singt abends in Bars. Zwei ganz
unterschiedliche Charaktere, die sich lieben. Nur ein kleines Problem
gibt es: Die beiden wünschen sich ein Kind. Doch die Zeit vergeht und
das ersehnte Baby kommt einfach nicht. Die Nachfragen von Eltern
und Freunden werden drängender, Fruchtbarkeitstests, modernste Reproduktionstechniken und berühmte Ärzte kommen zum Einsatz. Wird
Guidos und Antonias Beziehung diesem Druck standhalten?
Paolo Virzìs neuer Film erzählt mit leichter Hand nicht nur vom
Kinderwunsch, sondern auch von den ganz normalen Problemen des
Alltags und einer großen Liebe. Und er hat zwei sympathische junge
Hauptdarsteller, die mühelos die Herzen der Zuschauer gewinnen.
BELLAS MARIPOSAS ist eine echte Entdeckung, ein Film, der mühelos drastischen Sozialrealismus, jugendliche Unbekümmertheit
und fantastische Elemente à la Fellini zu verbinden weiß. Und er hat
mit Caterina eine Protagonistin mit eigenwilligem Charme, großartig
verkörpert von der jungen Sara Podda, die sich von überhaupt gar
nichts unterkriegen lässt.
Sa., 9.11. & So., 10.11.
VIVA LA LIBERTÀ
Es lebe die Freiheit, Italien 2013, Blu-ray, 94 Min., ital. OmU, Regie: Roberto Andò,
mit: Toni Servillo, Valerio Mastandrea, Valeria Bruni Tedeschi, Michela Cescon u.a.
Enrico Oliveri, Chef der wichtigsten italienischen Oppositionspartei, steckt in einer Krise. Zermürbt von miesen Umfragewerten und
politischen Intrigen setzt er sich eines Nachts heimlich nach Paris ab,
zu seiner ehemaligen Geliebten Danielle. Große Aufregung im Führungszirkel der Partei: Keiner weiß, wo Oliveri geblieben ist. Da hat
dessen engster Mitarbeiter Andrea Bottini eine geniale Idee: Er ruft
Enricos Zwillingsbruder Giovanni zu Hilfe, einen exzentrischen Philosophen, der die Stelle des Verschollenen übernehmen soll. Mit überraschenden Folgen. Giovanni findet Spaß an der Sache und mischt die
italienische Politik gehörig auf. Und nicht nur das: Selbst die deutsche
Kanzlerin kann sich seinem skurrilen Charme nicht entziehen …
Nominiert für zwölf italienische Filmpreise, darunter Bester Film,
Bestes Drehbuch und Bester Hauptdarsteller.
Mo., 11.11. & Mi., 13.11.
Sa., 9.11. & So., 10.11.
BELLAS MARIPOSAS
Schöne Schmetterlinge, Italien 2013, 100 Min., Blu-ray, ital. OmU, Regie: Salvatore
Mereu, mit: Sara Podda, Maya Mulas, Davide Todde, Micaela Ramazzotti u.a.
Caterina ist zwölf und lebt mit Eltern und zahlreichen Geschwistern in einer Hochhaussiedlung am Stadtrand von Cagliari, der
Hauptstadt Sardiniens. Die Wohnung ist klein, die Patchwork-Familie
chaotisch und der arbeitslose Vater ein Tyrann. Das alles stört Caterina nicht übermäßig. Sie beobachtet ihre Umgebung genau, zieht ihre
eigenen Schlüsse und wendet sich auch gerne direkt ans Publikum.
Im Übrigen will sie Rockstar werden. Dann sind da noch ihre beste
gleichaltrige Freundin Luna – und Gigi, der unbeholfene Junge von
nebenan, der von allen gemobbt wird. An einem heißen Augusttag
fahren die beiden Mädchen mit dem Bus ans Meer, baden, essen viel
Eis und fühlen sich wie schöne Schmetterlinge. Doch dann müssen
sie Gigi vor Caterinas großem Bruder Toni beschützen. Die Ereignisse
überschlagen sich, als auch die Polizei, eine Theatertruppe und eine
geheimnisvolle Wahrsagerin in die Sache verwickelt werden …
Der ITalienische neorealismus
Fahrraddiebe
Nach 1945 wurde die italienische Filmkunst zu einer der bedeutendsten Strömungen der Filmgeschichte. Der italienische Neorealismus der 40er und 50er Jahre beeinflusste in hohem Maße weltweit
ganze Bewegungen im Film: vom amerikanischen Cinéma vérité und
dem englische Free Cinema über die französische Nouvelle Vague
und der British New Wave, die Polnische Filmschule 1956 − 1965 bis
hin zu Dogma 95.
Die Theorie des Neorealismus war von Künstlern bereits vor 1945
formuliert worden. Seine entscheidenden Impulse bezog er zunächst
aus der konsequenten Ablehnung faschistischer Kulturdoktrinen. Die
Widerstandsbewegung war in Italien die Haupttriebkraft einer politischen und kulturellen Erneuerung. In der resistenza lebte die Hoffnung auf Befreiung des Menschen von jeder gesellschaftlichen Ungerechtigkeit und Diskriminierung überhaupt. Auf dem Hintergrund
des durch den Faschismus und Krieg zerstörten Landes schöpfte der
Neorealismus die Kraft der Zeugenschaft, die seine Ethik des Sehens
und Erzählens bestimmte. Er versetzte das Kino in einen allgemeinen gesellschaftlichen Kontext und maß ihm damit eine moralische
Aufgabe zu. Für Cesare Zavattini, den Theoretiker des Neorealismus
und Drehbuchautor u.a. von SCHUHPUTZER (1946), FAHRRADDIEBE
(1948) und UMBERTO D. (1952), war der Film, wenn er das Leben
der einfachen Menschen realistisch beschreibt, eine Möglichkeit, das
Verständnis der Menschen untereinander und damit ihre Solidarität
zu fördern. Über diese kommunikative Funktion erhält das Kino eine
die Gesellschaft verändernde Kraft.
Die Ästhetik des Neorealismus ist die Antithese zum pompösen, eskapistischen Unterhaltungsfilm, zum „Kino der weißen Telefone“im
faschistischen Italien. Man stellte die Kamera auf die Straße, anstatt
im Studio zu drehen. Man ließ Laien „sich selbst“ spielen, anstatt
Schauspieler zu engagieren. Vor allem aber richtete man die Aufmerksamkeit auf die Nöte der Bevölkerung im Alltag. Man wollte der Verlogenheit des faschistischen Kinos entfliehen und „die
Wahrheit“ einfangen. Filme wie PAISÀ (1946) und SCHUHPUTZER
(1946) spiegelten die Realität des Daseins mit der Intensität der
gelebten Erfahrung; im durchschnittlichen Schicksal, in der alltäglichen Begebenheit vermochten die Werke Roberto Rossellinis und
Vittorio De Sicas zugleich die Situation der Allgemeinheit sichtbar
zu machen. Ihre Universalität und Menschlichkeit, ihre tiefe Verwurzelung in der historischen und sozialen Wirklichkeit der Zeit
brachten dem frühen neorealistischen Film ungewöhnlichen Erfolg
auch außerhalb der Grenzen Italiens. Fortsetzung auf der Rückseite
Programm 11/2013
ERSTAUFFÜHRUNGEN
DJECA – KINDER VON SARAJEVO
Djeca, Bosnien-Herzegowina 2012, 90 Min., DCP, OmU, Regie: Aida
Begić, mit: Marija Pikic, Ismir Gagula, Stasa Dukic, Velibor Topic u.a.
Rahima ist 23 und arbeitet in der Küche eines angesagten Restaurants in Sarajevo. Sie lebt mit ihrem 14-jährigen Bruder Nedim zusammen, für den sie verantwortlich
ist, seit sie ihre Eltern im Krieg verloren haben. Es ist nicht
einfach für Rahima, für beide den Lebensunterhalt zu besorgen und mütterliche Pflichten wahrzunehmen …
„Aida Begić hat bereits mit ihrem Erstling SNOW Aufsehen erregt und es zu einer Einladung ins offizielle Programm
von Cannes geschafft. Auch jetzt überzeugt sie wieder mit
einer Geschichte mitten aus dem Alltag ihrer Heimatstadt
Sarajevo heraus, wo vor noch gar nicht langer Zeit ein Belagerungszustand herrschte, wie man ihn im Europa des späten
20. Jahrhunderts nicht mehr für möglich gehalten hatte. Er
endete erst am 29. Februar 1996. Viele, die geblieben sind
und überlebt haben, haben Söhne, Männer oder auch Eltern
verloren. Von zwei dieser ,Kinder aus Sarajevo‘ erzählt Aida
Begić in ihrem Spielfilm. Sie tut dies erneut mit einem ausgeprägten Formbewusstsein. Die fiebrig bewegte Kamera
von Erol Zubčević taucht ein in die neblige Stadt, in der vieles noch immer von einem Schleier umhüllt scheint und sich
noch nicht klar zeigen kann. Atemlos muss sie schauen, dass
ihr die Figuren, die unter Druck stehen und bewegt sind, nicht
entwischen.“ Walter Ruggle
Do., 7.11. bis Mi., 13.11.
COMPUTER CHESS
USA 2013, 94 Min., DCP, engl. OmU, Regie: Andrew Bujalski, mit: Kriss
Schludermann, Tom Fletcher, Wiley Wiggins u.a.
Es scheint wie aus einer fernen Vergangenheit und doch
ist es gerade einmal 30 Jahre her, dass Computer komische
Geräte für sonderbare Nerds waren, die sich mit ihren riesigen unförmigen Maschinen zu seltsamen Wettbewerben
in heruntergekommen Provinzhotels trafen. Dieses Szenario
wählt Andrew Bujalski in seiner scheinbar dokumentarischen
und doch so absurd phantastischen filmischen Reminiszenz
an die 80er Jahre und die Anfänge des Video- und Computerzeitalters. Der beste Schach-Computer soll erkoren werden,
doch während die PC-Spezialisten an ihren hochkomplexen
und widerspenstigen Rechnern tüfteln, erforscht im gleichen
Tagungssaal eine Selbsterfahrungsgruppe ihr Seelenheil. Der
Buchungsfehler der Rezeption sorgt für einen Wettstreit zwischen barer Technik und esoterischer Spiritualität.
Gedreht im historischen schwarzweißen Videoformat
schuf Bujalski eine unglaublich komische und bis ins
kleinste Detail stimmige Zeitreise in die vor-digitale Welt.
Do., 7.11. bis Mi., 20.11.
THE ACT OF KILLING
Dänemark 2012, 115 Min, DCP, indon. OmU, Regie: Joshua Oppenheimer
1965 wurden in Indonesien über eine Million sog.
Kommunisten von der Armee, Paramilitärs und Gangsterbanden ermordet. Bis heute sitzen die Täter an den
Schaltstellen der Macht; der Stolz auf ihr Morden ist
so groß, dass sie gerne bereit waren, einen Spielfilm
auf der Basis ihrer Taten von damals zu inszenieren.
Was Joshua Oppenheimer gemacht hat, ist – genau genommen – eine Zumutung für das Publikum. Täter ihre
eigenen Taten nachspielen zu lassen ist vielleicht noch zu
ertragen, wenn aber nach und nach deutlich wird, dass sich
an den Machtverhältnissen in den letzten 40 Jahren nichts
geändert hat, die Mörder bis heute mit ihren Taten prahlen
und die Opfer erniedrigen, dann bekommt man tiefere Einblicke in die gesellschaftlichen Strukturen des Urlaubsparadieses Indonesien als einem lieb ist.
„Bisherige Dokumentationen haben sich auf die Opfer
konzentriert, weil sie uns zeigen sollten, dass unsere moralische und politische Haltung den Opfern nahe ist. Aber
ich schreibe täglich auf einem Computer, der in einer Fabrik hergestellt wurde, wo die Arbeiter so schlechte Lebensbedingungen haben, dass es an den Balkonen ihrer
Wohnheime Netze gibt, die sie vor dem Sprung in den Tod
bewahren sollen. Und ihre Bedingungen sind so schlecht,
weil es Leute wie die von mir gezeigten ehemaligen Paramilitärs gibt, die ihnen Gewalt androhen, sollten sie für
eine Verbesserung ihrer Lage kämpfen. Wir alle sind Gäste
eines kannibalischen Festgelages. Und wir wissen das und
wir fühlen uns schlecht deswegen, aber wir funktionieren
weiter, leben, kaufen ein, konsumieren. Sind wir damit
nicht den Tätern viel näher als wir glauben?“ Joshua Oppenheimer, Spiegel Online
Do., 14.11. bis Mi., 27.11.
Donnerstag 7.11.
19.00 Cinema! Italia!
Reality I 2012, 115 Min., OmU, Regie: Matteo Garrone
19.30Erstaufführung
DJECA – KINDER VON SARAJEVO
*
BIH 2012, 90 Min., OmU, Regie: Aida Begić
21.15Erstaufführung
COMPUTER CHESS
USA 2013, 92 Min., OmU, Regie: Andrew Bujalski
MAKKHI – DIE RACHE DER FLIEGE
*21.15 Kommkino e.V.
IND 2012, 126 Min., OmU, Regie: S. S. Rajamouli
Freitag 8.11.
AUF DER JAGD NACH DEM NIERENSTEIN
*15.00Kinderkino
ab 8, N/S 1996, 91 Min., Regie: Vibeke Idsöe
Kinderkino-Vorfilm
SAURE BONBONS USA 1992, 5 Min., Regie: Jessica Yu
17.00 Cinema! Italia!
L’INTERVALLO
I 2012, 90 Min., OmU, Regie: Leonardo Di Costanzo
19.15 Cinema! Italia!
IL ROSSO E IL BLU
I 2012, 98 Min., OmU, Regie: Giuseppe Piccioni
19.30Erstaufführung
DJECA – KINDER VON SARAJEVO
*21.15Erstaufführung
COMPUTER CHESS
MAKKHI – DIE RACHE DER FLIEGE
*21.15 Kommkino e.V.
Samstag 9.11.
15.00Kinderkino
AUF DER JAGD NACH DEM NIERENSTEIN ab 8
*17.00
Cinema! Italia!
TUTTI I SANTI GIORNI
I 2012, 102 Min., OmU, Regie: Paolo Virzì
19.15 Cinema! Italia!
BELLAS MARIPOSAS
I 2013, 100 Min., OmU, Regie: Salvatore Mereu
19.30Erstaufführung
DJECA – KINDER VON SARAJEVO
*21.15Erstaufführung
COMPUTER CHESS
Sonntag 10.11.
11.00 Filmbüro Franken
KURZFILMPREMIERE
Cinema! Italia!
TUTTI I SANTI GIORNI
*11.30
15.00Kinderkino
AUF DER JAGD NACH DEM NIERENSTEIN ab 8
*17.00
Cinema! Italia!
BELLAS MARIPOSAS
19.15 Cinema! Italia!
L’INTERVALLO
19.30Erstaufführung
DJECA – KINDER VON SARAJEVO
*21.15Erstaufführung
COMPUTER CHESS
21.15
Kommkino
e.V.
MAKKHI – DIE RACHE DER FLIEGE
*
Montag 11.11.
19.15 Cinema! Italia!
VIVA LA LIBERTÀ
I 2013, 94 Min., OmU, Regie: Roberto Andò
19.30Erstaufführung
DJECA – KINDER VON SARAJEVO
*21.15Erstaufführung
COMPUTER CHESS
MAKKHI – DIE RACHE DER FLIEGE
*21.15 Kommkino e.V.
Dienstag 12.11.
19.00 Cinema! Italia!
Reality
DJECA – KINDER VON SARAJEVO
*19.30Erstaufführung
21.15 Erstaufführung
COMPUTER CHESS
21.15
Cinema!
Italia!
L’INTERVALLO
*
Mittwoch 13.11.
11.00Preview
THE ACT OF KILLING
DK/N/GB 2012, 115 Min., OmU, Regie: Joshua Oppenheimer
19.15 Cinema! Italia!
IL ROSSO E IL BLU
19.30Erstaufführung
DJECA
– KINDER VON SARAJEVO
*
21.15Erstaufführung
COMPUTER CHESS
VIVA LA LIBERTÀ
*21.15 Cinema! Italia!
Donnerstag 14.11.
16.30 Cine d’esquela espanol
DIE REISE DES JUNGEN CHÉ – MOTORCYCLE DIARIES
USA/D/GB 2004, 126 Min., OmU, Regie: Walter Salles
Mit einer Einführung
19.00Erstaufführung
COMPUTER CHESS
*19.15
Der italienische Neorealismus ROM, OFFENE STADT
I 1945, 100 Min., OmeU, Regie: Roberto Rossellini
21.15Erstaufführung
THE ACT OF KILLING
DR. KETEL D 2011, 80 Min., Regie: Linus de Paoli
*21.15 Kommkino e.V.
Freitag 15.11.
15.00Kinderkino
RITTER ROST – EISENHART UND VOLL VERBEULT
ab 6, D 2012, 78 Min., Regie: Thomas Bodenstein
17.00Erstaufführung
THE ACT OF KILLING
19.00Erstaufführung
COMPUTER CHESS
*19.15
Der italienische Neorealismus PAISÀ I 1946, 125 Min., OmeU, Regie: Roberto Rossellini
21.15 Kommkino e.V.
DR. KETEL
*21.30Erstaufführung
THE ACT OF KILLING
Samstag 16.11.
15.00Kinderkino
RITTER ROST – EISENHART UND VOLL VERBEULT ab 6
16.00Erstaufführung
COMPUTER CHESS
*16.30Erstaufführung
THE ACT OF KILLING
Sonntag 17.11.
15.00Kinderkino
RITTER ROST – EISENHART UND VOLL VERBEULT ab 6
17.00 Der italienische Neorealismus ROM, OFFENE STADT
19.00Erstaufführung
COMPUTER CHESS
*19.15
Der italienische Neorealismus SCHUHPUTZER I 1946, 84 Min., DF, Regie: Vittorio De Sica
21.00Erstaufführung
THE ACT OF KILLING
DR. KETEL
*21.15 Kommkino e.V.
Montag 18.11.
19.00 Cinéma français
DIE NONNE
F/D/B 2012, 114 Min., OmU, Regie: Guillaume Nicloux
19.15Erstaufführung
COMPUTER CHESS
*21.15Erstaufführung
THE ACT OF KILLING
DR. KETEL
*21.15 Kommkino e.V.
Dienstag 19.11.
19.00 Cinéma français
DIE NONNE
19.15Erstaufführung
COMPUTER CHESS
*21.15Erstaufführung
THE ACT OF KILLING
Mittwoch 20.11.
JENSEITS DER HÜGEL
*11.00Preview
RO/F/B 2012, 150 Min., OmU, Regie: Cristian Mungiu
19.00 Cinéma français
DIE NONNE
19.15Erstaufführung
COMPUTER CHESS
*21.15Erstaufführung
THE ACT OF KILLING
Donnerstag 21.11.
17.00 Cine d’esquela espanol
NICOTINA MEX 2003, 93 Min., OmU, R.: Hugo Rodríguez
18.30Erstaufführung
JENSEITS DER HÜGEL
*19.15
Der italienische Neorealismus PAISÀ
WAS BAUMELT DA AM GLOCKENSEIL?
*21.15 Kommkino e.V.
I 1980, 83 Min., Regie: Lucio Fulci
21.30Erstaufführung
THE ACT OF KILLING
Kinderkino
Freitag 22.11.
15.00Kinderkino
DIE MUPPETS
ab 9, USA 2011, 103 Min., Regie: James Bobin
17.00Erstaufführung
THE ACT OF KILLING
19.15 Der italienische Neorealismus TRAGISCHE JAGD
I 1947, 86 Min., OmeU, Regie: Giuseppe De Santis
THE LINDY HOP AND
*19.15 Kommkino e.V.
JUMPIN‘ JAZZ AND JITTERBUG SHOW
Kurzfilmrolle mit Jazz-Archivschätzen;
zu Gast: Dennis Nyback
(Kinohistoriker und Filmsammler)
21.00Erstaufführung
JENSEITS DER HÜGEL
21.15
Kommkino
e.V.
OOH LA LA! A HISTORY OF LINGERIE!
*
Kurzfilmrolle mit Dessous-Archivschätzen; zu Gast: Dennis
Nyback (Kinohistoriker und Filmsammler)
Samstag 23.11.
15.00 Kinderkino DIE MUPPETS ab 9
17.00 Der italienische Neorealismus SCHUHPUTZER
19.00Erstaufführung
THE ACT OF KILLING
*19.15
Der italienische Neorealismus FAHRRADDIEBE
I 1948, 90 Min., OmeU, Regie: Vittorio De Sica
21.00Erstaufführung
JENSEITS DER HÜGEL
Sonntag 24.11.
11.00 Sonntagsmatinee DIE SCHÖNE QUERULANTIN
Alles Kunst
F/CH 1991, 126 Min., OmU, Regie: Jacques Rivette
Einführung: Franziska Munkert
15.00Kinderkino
DIE MUPPETS ab 9
17.00 Der italienische Neorealismus DIE ERDE BEBT
I 1948, 159 Min., OmU, Regie: Luchino Visconti
18.30Erstaufführung
JENSEITS DER HÜGEL
*20.00Erstaufführung
THE ACT OF KILLING
WAS BAUMELT DA AM GLOCKENSEIL?
*21.15 Kommkino e.V.
Montag 25.11.
18.30Erstaufführung
JENSEITS DER HÜGEL
*19.15
Der italienische Neorealismus DEUTSCHLAND IM JAHRE NULL
I 1947/48, 78 Min., DF, Regie: Roberto Rossellini
21.00Erstaufführung
THE ACT OF KILLING
WAS BAUMELT DA AM GLOCKENSEIL?
*21.15 Kommkino e.V.
Dienstag 26.11.
18.30Erstaufführung
JENSEITS DER HÜGEL
*19.15
Der italienische Neorealismus BITTERER REIS
I 1949, 108 Min., OmU, Regie: Giuseppe De Santis
21.15 Erstaufführung
THE ACT OF KILLING
Mittwoch 27.11.
11.00Preview
AS TIME GOES BY IN SHANGHAI
D/NL/CHINA 2013, 90 Min., OmU, Regie: Uli Gaulke
18.30Erstaufführung
DER HÜGEL
*19.15 Afrikanische Kinowelten JENSEITS
OTELO – DER PREIS DER FREIHEIT
ZA 2011, 102 Min., OmU, Regie: Sara Blecher
21.30Erstaufführung
THE ACT OF KILLING
Donnerstag 28.11.
18.30Erstaufführung
JENSEITS DER HÜGEL
*19.15
Der italienische Neorealismus DEUTSCHLAND IM JAHRE NULL
21.00Erstaufführung
AS TIME GOES BY IN SHANGHAI
STINGRAY SAM
*21.15 Kommkino e.V.
USA 2009, 61 Min., OF, Regie: Cory McAbee
Freitag 29.11.
15.00Sternenkino
DAS PFERD AUF DEM BALKON
ab 7, A 2012, 90 Min., Regie: Hüseyin Tabak
17.00Erstaufführung
AS TIME GOES BY IN SHANGHAI
18.30Erstaufführung
JENSEITS
DER HÜGEL
*19.15 Der italienische Neorealismus DAS WUNDER
VON MAILAND
I 1951, 95 Min., DF, Regie: Vittorio De Sica
21.00Erstaufführung
AS TIME GOES BY IN SHANGHAI
FILMSTADT
*21.15 Kommkino e.V.
D 2013, 108 Min., Regie: Dennis Albrecht
Zu Gast: Dennis Albrecht (Regisseur)
Samstag 30.11.
15.00Sternenkino
DAS PFERD AUF DEM BALKON ab 7
17.00 Der italienische Neorealismus BITTERER REIS
18.30Erstaufführung
DER HÜGEL
*19.15 Der italienische Neorealismus JENSEITS
UMBERTO D.
I 1952, 88 Min., OmeU, Regie: Vittorio De Sica
21.00Erstaufführung
AS TIME GOES BY IN SHANGHAI
21.15
Kommkino
e.V.
STINGRAY SAM
*
Sonntag 1.12.
15.00Sternenkino
DAS PFERD AUF DEM BALKON ab 7
17.00 Der italienische Neorealismus FAHRRADDIEBE
18.30Erstaufführung
JENSEITS DER HÜGEL
*19.15
Stummfilm des Monats
ZWEI JUNGE HERZEN
USA 1928, 70 Min., OF, Regie: Paul Fejos
Musikbegleitung: Hannes Selig (Flügel)
21.00Erstaufführung
AS TIME GOES BY IN SHANGHAI
STINGRAY SAM
*21.15 Kommkino e.V.
Montag 2.12.
15.00Sternenkino
DAS PFERD AUF DEM BALKON ab 7
17.00Erstaufführung
AS TIME GOES BY IN SHANGHAI
18.30Erstaufführung
JENSEITS DER HÜGEL
*19.15
Cine español
CESARS GRILL
D 2012, 88 Min., OmU, Regie: Darío Aguirre
21.00Erstaufführung
AS TIME GOES BY IN SHANGHAI
STINGRAY SAM
*21.15 Kommkino e.V.
Dienstag 3.12.
15.00Sternenkino
DAS PFERD AUF DEM BALKON ab 7
17.00Erstaufführung
AS TIME GOES BY IN SHANGHAI
18.30Erstaufführung
JENSEITS DER HÜGEL
*19.15 Cine español
CESARS GRILL
21.00Erstaufführung
AS TIME GOES BY IN SHANGHAI
Mittwoch 4.12.
15.00Sternenkino
DAS PFERD AUF DEM BALKON ab 7
17.00Erstaufführung
AS TIME GOES BY IN SHANGHAI
18.30Erstaufführung
JENSEITS DER HÜGEL
*19.15
Cine español
CESARS GRILL
21.00Erstaufführung
AS TIME GOES BY IN SHANGHAI
Eintrittspreise: Regulär 6,50 € • Mit Filmhaus-Freunde-Karte (15 €/Jahr) 4,50 €
Stummfilm mit Piano 8,00 € • Gruppen ab 10 Personen 4,90 € • Kinder-Kino 3,60 €
JENSEITS DER HÜGEL
Dupa dealuri, Rumänien/Frankreich/Belgien 2012, 150 Min., DCP,
rumän. OmU, Regie: Cristian Mungiu, mit: Cosmina Stratan, Cristina
Flutur, Valeriu Andriuta u.a.
Alina und Voichita wuchsen gemeinsam in einem rumänischen Waisenhaus auf. In diesen schweren Zeiten waren
sie einander der einzige Halt und schworen sich ewige Liebe. Alina ist mittlerweile zum Arbeiten nach Deutschland
gegangen, während Voichita der kleinen Klostergemeinde
„Jenseits des Hügels“ beigetreten ist, um ihre neue Liebe zu Gott zu leben. Alina will jedoch um Voichita kämp-
fen. So kehrt sie nach Rumänien zurück, um sie mit nach
Deutschland zu nehmen.
Cristian Mungius’ auf geringste Bewegungen reduzierte
Kameraführung, der fast vollständige Verzicht auf Musik
sowie die Arbeit mit natürlichem Licht unterstreichen die
Trostlosigkeit des Ortes. Denn das Kloster ist nur scheinbar ein sicherer Hafen. Der Fall einer 24-jährigen Frau, die
2005 in Rumänien an den Folgen eines Exorzismus starb,
diente Mungiu als Grundlage für seinen Film. Doch während die Presse damals ungehemmt Schuld zuwies, enthält
sich Mungiu absichtlich jeglicher moralischen Bewertung.
Die Zuschauer sollen sich die Details selbst aussuchen und
zusammenreimen können. „Es ist nicht die Aufgabe des
Kinos, Realität nachzustellen. Ich möchte niemandem meine Perspektive aufdrängen. Ich versuche Geschichten ins
Zentrum zu rücken, die Leute dazu ermutigen sollen, über
wichtige Themen nachzudenken, über die sie sich zuvor nie
Gedanken gemacht hatten. Das sollte eines der Ziele des
Kinos sein.“ Cristian Mungiu
Do., 21.11. bis Mi., 4.12.
AS TIMES GOES BY IN SHANGHAI
Deutschland/Niederlande/China 2013, 90 Min., DCP, OmU (chin./
niederl./engl.), Regie: Uli Gaulke
Sechs Ausnahmemusiker erinnern sich an ihr ereignisreiches Leben: In ihrer wilden Jugend haben sie sich durch die
Bars und Kneipen Shanghais gejazzt, sie haben die japanische Besatzung erlebt, die kommunistische Kulturrevolution, die Planwirtschaft und die Öffnung zum Westen. Ihrer
Liebe zum Jazz, zur Freiheit und Unabhängigkeit, für die
der Jazz steht, sind sie über die Jahrzehnte treu geblieben.
Und die Gegenwart ist nicht weniger aufregend als die
Vergangenheit. Regisseur Uli Gaulke begibt sich mit den
bejahrten Gentlemen und ihrem findigen Manager auf ihr
größtes Abenteuer: eine Reise nach Europa zum wichtigsten Jazz-Festival der Welt in Rotterdam.
„An einem kalten Novembertag saß ich in einem asiatischen Restaurant und wartete auf meine Bestellung. Nebenbei blätterte ich in einem Nachrichtenmagazin und plötzlich
sah ich dieses Riesenfoto mit steinalten chinesischen Musikern, die auf einem Hoteldach vor der Skyline von Shanghai
posierten als wären sie die Blues Brothers. Über ihnen prangte der Schriftzug ,Peace Old Jazz Band‘. Der Artikel erzählte
von einer Band, die seit 30 Jahren in einem der ältesten und
nobelsten Hotels von Shanghai jeden Abend in der Jazzbar
die Musiker es geschafft haben, ihre Passion für eine Musik,
die wie kaum eine andere für das westliche Lebensgefühl
steht, über all die wechselvollen Jahrzehnte hinweg zu leben.“ Uli Gaulke
Do., 28.11. bis Mi., 11.12.
OmU
OF
OmeU
DF
=Originalfassung mit deutschen Untertiteln
=Originalfassung
=Originalfassung mit englischen Untertiteln
= deutschsprachige Synchronfassung
IMPRESSUM: Filmhaus Nürnberg • Königstraße 93 • 90402 Nürnberg • Tel. (0911) 2 31-58 23 Fax 2 31-83 30 • www.filmhaus.nuernberg.de • e-mail: [email protected] • Mitglied bei: EUROPA CINEMAS
Redaktion: Stephan Grosse-Grollmann, Christiane Schleindl, Hans-Joachim Fetzer, Mikosch Horn, Matthias Fetzer, Janine Binöder, Kinga Fülöp • Druck: Rumpel • Layout: Information und Form
Filmbüro Franken Tel. 660 3709 • NIHRFF – Int. Filmtage der Menschenrechte Tel. 231 8329 • Medienladen Tel. 2059154 • Komm-Kino e.V. Treffen: jeden Dienstag, 20 Uhr • Kartenreservierung: Tel. (0911) 2 31-73 40
Kommkino
Dennis Nyback präsentiert Archivschätze im KommKino
THE LINDY HOP AND JUMPIN‘ JAZZ
AND JITTERBUG SHOW
Alles kunst
DIE SCHÖNE QUERULANTIN
La belle noiseuse, Frankreich/Schweiz 1991, 126 Min., OmU (franz./engl.),
Regie: Jacques Rivette, mit: Michel Piccoli, Emmanuelle Béart, Jane Birkin u.a.
Aus seiner Sammlung seltener 16-mm-Filme hat Dennis
Nyback ein Programm zusammengestellt, das die ganze Bandbreite zeitgenössischer Swing-Tanzstile aufzeigt. Im Mittelpunkt stehen die Tänze Lindy Hop und Jitterbug, begleitet von
großartiger Jazz-Musik. JAMMIN‘ THE BLUES (1944) etwa gilt
als einer der besten Jazzfilme aller Zeiten, während im Finale
von STORMY WEATHER gleich eine ganze Reihe namhafter
Tanz-Asse auftreten. Und der legendäre Klassiker JAZZ DANCE
dokumentiert das wilde Treiben in einer New Yorker Dance
Hall, wo der Lindy Hop zelebriert wird.
Kinohistoriker und Filmsammler Dennis Nyback, selbst begeisterter Jitterbugger, wird zudem eine Demonstration seiner
Kunst geben.
Fr., 22.11. um 19.15 Uhr
OOH LA LA! A HISTORY OF LINGERIE!
spielt. Es waren zwei Dinge, die mich sofort faszinierten.
Einerseits reizte mich der Kontrast zwischen der alten Band
und dem neuen Shanghai. Andererseits steht Jazz für Individualität und Freiheit und ich war gespannt zu erfahren, wie
*=Kommkino
Ein historischer und unterhaltsamer Blick auf Frauen in Unterwäsche in diversen 16-mm-Kurzfilmen von 1910 bis in die
frühen 50er Jahre.
Während die Filme aus heutiger Sicht harmlos wirken, galten sie damals als anzüglich und waren oft sogar verboten.
Von biederen Miederwaren über Schlafbekleidung bis zu sexy
Dessous reicht die Bandbreite. Titel wie HOW TO UNDRESS IN
FRONT OF YOUR HUSBAND oder Lehrfilme zum Thema „tips
for what men want women to wear“ lassen zudem den skurrilen Unterhaltungswert dieser spannenden Zeitdokumente
erahnen, die von Dennis Nyback mit aufschlussreichen Einführungen begleitet werden.
Fr., 22.11. um 21.15 Uhr
Filmbüro Franken
REGIONALE FILME
IM FILMHAUSKINO
Das Filmbüro Franken, eine Vereinigung von Filmemachern
aus der Region, fördert jährlich Kurzfilme und Dokumentarfilme. Eine Auswahl aus den geförderten Produktionen der
letzten Jahre sowie weitere Filme von Mitgliedern des FBF
werden nun präsentiert. Einige der Filmemacher werden anwesend sein und für Fragen zur Verfügung stehen.
So., 10.11. um 11 Uhr
In Vorbereitung …
Retrospektive Charlie Chaplin
DIE SCHÖNE QUERULANTIN spielt, frei nach einer Erzählung
Balzacs, in unserer Zeit auf dem Landsitz des Malers Edouard
Frenhofer im sonnendurchfluteten Süden Frankreichs. Schon lange malt Frenhofer nicht mehr, ein Geheimnis quält ihn, das sich
bald enthüllt: Vor zehn Jahren hat er ein großes Bild unvollendet
gelassen, das sein Meisterwerk werden sollte, für das seine Frau
Liz Modell stand: „Die schöne Querulantin“. Von seinem Förderer
Porbus animiert, lässt Frenhofer sich von der Idee mitreißen, die
Arbeit an seinem Meisterwerk wieder aufzunehmen, doch diesmal mit der jungen Marianne als Modell. Fünf Tage im Atelier
folgen, fünf Tage, die die Grenzen zwischen der Kunst und dem
Leben in Frage stellen und die Beziehungen der Protagonisten
zueinander tiefgreifend verändern.
So., 24.11. um 11 Uhr
Charlie Chaplin war ein Jahrhundertkünstler und die erste
internationale Ikone des Films. Seine Kunst galt als das Esperanto des Medienzeitalters. Müsste man sich auf ein Antlitz
des Kinos einigen, es wäre wohl das von Charlie Chaplin als
kleiner Tramp. Mit dem Tramp hat er eine weltumspannende
Identifikationsfigur geschaffen, die im nächsten Jahr 100 wird.
Anlass für das Filmhaus, dem großen Komiker eine umfangreiche Retrospektive zu widmen.
Dezember 2013 und Januar 2014
Hommage an Oshima Nagisa
Oshima Nagisa galt auf Grund seiner provokanten Themen
und extremen Darstellungen als das Enfant terrible der japanischen Filmkunst. Das Filmhaus würdigt das Werk des im
Januar 2013 verstorbenen Regisseurs und Drehbuchautors
mit einer kleinen Hommage und zeigt im Dezember sieben
seiner Filme.
Dezember 2013
KINDERKINO-VORFILM DES MONATS: SAURE BONBONS
tigen, müssen sie enttäuscht feststellen, dass dieses mittlerweile leer steht. Und nun soll es auch dem Erdboden
gleich gemacht werden. Das kann Walter auf keinen Fall
zulassen! Es gibt nur eine Rettung: Eine große Show muss
organisiert werden, in der die benötigten zehn Millionen
Dollar Spenden gesammelt werden, um das Theater zurückzukaufen. Walter und Gary fackeln nicht lange und
helfen dem aufgebrachten Frosch Kermit, die verrückte
Truppe von einst wieder zusammenzutrommeln. Doch das
ist gar nicht so einfach!
USA 1992, 5 Min., Regie: Jessica Yu
Sauer macht lustig, oder? Hier wird’s ausprobiert! Groß
und Klein kauen Kaugummis und erleben ihr saures Wunder.
Nächstes Treffen der Kinderkinoprogrammgruppe: Fr., 8.11. um 15 Uhr
AUF DER JAGD NACH DEM
NIERENSTEIN
N/S 1996, 91 Min., 16 mm, FSK: ab 6, empfohlen ab 8, Regie: Vibeke Idsöe
Simon lebt mit seinem Großvater auf einer kleinen
norwegischen Insel. Als sein Großvater plötzlich erkrankt,
kann Simon keine Hilfe holen, denn auf der Insel gibt es
kein Telefon! So sieht Simon keine andere Möglichkeit,
als dem Rat seines Teddybärs zu folgen: Mit Hilfe eines
magischen Chemiekastens lässt er sich auf Stecknadelkopfgröße schrumpfen und schlüpft in den Körper seines
Großvaters. Dort lernt er die Blutkörperchen Karta und Alveola kennen, mit denen er sich auf eine abenteuerliche
Reise begibt.
Fr., 8.11. bis So., 10.11. um 15 Uhr
RITTER ROST – EISENHART UND
VOLL VERBEULT
D 2012, 78 Min., Blu-ray, FSK: o.A., empfohlen ab 6, Animationsfilm,
Regie: Thomas Bodenstein
Zu seiner Überraschung besiegt Ritter Rost beim Turnier
den langjährigen Favoriten Ritter Protz. Doch die Freude
DAS PFERD AUF DEM BALKON
währt nicht lange, denn Protz erweist sich als schlechter
Verlierer. Er beschuldigt Rost des Betrugs, der daraufhin
Burg und Burgfräulein verliert – schließlich gerät sogar das
ganze Königreich in Gefahr.
Fr., 15.11. bis So., 17.11. um 15 Uhr
zusätzlich am Mi., 20.11. um 14.30 Uhr
im Gemeinschaftshaus Langwasser
DIE MUPPETS
USA 2011, 103 Min., DCP, FSK: o.A., empfohlen ab 9, Regie: James Bobin
Als Walter – der größte Fan der Muppets – eines Tages
mit seinem Bruder Gary einen Ausflug nach Los Angeles
unternimmt, um das alte Theater der Muppets zu besich-
Fr., 22.11. bis So., 24.11. um 15 Uhr
DAS PFERD AUF DEM BALKON
A 2012, 90 Min., DCP, FSK: o.A., empfohlen ab 7, Regie: Hüseyin Tabak
Mika ist anders. Er liebt Mathematik, sagt immer die
Wahrheit und muss zu einer ganz bestimmten Uhrzeit sein
Essen bekommen. Das macht ihn zum Außenseiter und zum
Ziel für Hänseleien seitens seiner Schulkameraden. Eines
Nachts hört er ein Wiehern im Hof des Gemeindebaus, in
dem er mit seiner Mutter lebt. Und siehe da, auf dem Balkon
des Nachbarn steht ein Pferd! Plötzlich befindet sich Mika
inmitten einer Geschichte, in der eine indische Prinzessin,
ein glückloser Glücksspieler und natürlich das Pferd eine
Rolle spielen und Mikas Leben von Grund auf verändern
werden.
Fr., 29.11. bis Mi., 4.12. um 15 Uhr
Cinema! ItaliA! Siehe Titelseite
Cinema FraNçais
DIE NONNE
La religieuse, Frankreich/Deutschland/Belgien 2013, DCP, 114 Min.,
franz. OmU, Regie: Guillaume Nicloux, mit: Pauline Etienne, Martina
Gedeck, Louise Bourgoin, Isabelle Huppert u.a.
„Frankreich 1765. Im Gegensatz zu ihren Schwestern
soll Suzanne Simonin keine Familie gründen, sondern in
ein Kloster eintreten. Die junge Frau arrangiert sich nur
widerwillig, und mit viel Überzeugungskraft ihrer Familie,
mit ihrem Leben im Kloster. Als sie ihr Gelübde verweigert,
offenbart ihr die Mutter ein dunkles Geheimnis über ihre
Herkunft und besiegelt somit ihre Zukunft. Innerhalb der
Klostermauern führt ihr ungebrochener Widerstand zu einem erbitterten Kampf zwischen Gewalt, Unterdrückung
und Selbstbestimmung.
Die Neuverfilmung von Denis Diderots 1796 erschienenen Roman La religieuse steht in der französischen Traditi-
on von Aufklärung und Humanismus, die filmisch in starken Tableaus, mit großer Klarheit und viel Ruhe feinfühlig
umgesetzt wird. Das Licht korrespondiert dabei wunderbar
mit den Farben und die detaillierte Ausstattung lässt die
Zuschauer den Stoff der Kostüme fast fühlen. Der Kampf
der jungen Rebellin im Mikrokosmos Kloster besticht
durch starke Frauen, wobei besonders Pauline Etienne
ihrer Hauptfigur eine unglaubliche Kraft und Präsenz beschert, sowie eine mitreißende Geschichte, die zu keinem
Zeitpunkt droht, in einen reinen Ausstattungsfilm abzurutschen. Ein großes und doch leise erzähltes Drama über den
Kampf einer Frau für Freiheit, Unabhängigkeit und Selbstbestimmung – ungebrochen brisant, aktuell und wichtig.“
Filmbewertungsstelle Wiesbaden
Mo., 18.11. bis Mi., 20.11. um 19 Uhr
Cine Español
NICOTINA
Mexiko 2003, 93 Min., 35 mm, span. OmU, Regie: Hugo Rodríguez, mit:
Diego Luna, Daniel Giménez Cacho, Lucas Crespi, Jesús Ochoa u.a.
CESARS GRILL
CESARS GRILL
Deutschland 2012, 88 Min., span. OmU, Regie: Darío Aguirre
„Vor zwölf Jahren kam Dario Aguirre nach Deutschland,
um Filmemacher zu werden. Eines Tages erhält er einen
Anruf von seinem Vater aus Ecuador, der große Probleme
hat. Sein Restaurant ist pleite, er selbst ist hochverschuldet
und auch die Ehe der Eltern wird von einer Krise erschüttert. Kurzerhand reist Dario nach Ambato, um seine Familie
zu unterstützen. Doch seine mittlerweile westeuropäisch
geprägte Lebenswelt lässt sich nicht so leicht mit den Vorstellungen seines Vaters vereinbaren, und seine Ansichten
zu einem geregelten Restaurantbetrieb sind in Ecuador
ebenfalls nur sehr schwer umzusetzen.
Dario Aguirre gelingt mit seinem Dokumentarfilm eine
charmante wie auch subjektive Annäherung an einen Generations- und Kultur-Konflikt. Sowohl für die schwierige
finanzielle Situation, als auch für die Trennung der Eltern
oder das problematische von Kommunikationslosigkeit
geprägte Vater-Sohn-Verhältnis findet er adäquate dokumentarische Mittel. Das brillant eingefangene Lokalkolorit
wird von skurrilen, lebensnahen Momenten unterstützt.
Aguirres Film ist ein sehr persönliches Porträt, das aber
universelle Themen verhandelt und schließlich in einem
ergreifenden, psychologischen Familiendrama kulminiert.
Obwohl Aguirre immer die nötige filmische Distanz und
Eine Nacht in Mexiko City. Neun Personen, die zufällig
in zum Teil tödliche Ereignisse verwickelt werden. Alles
beginnt um 21.17 Uhr und endet um 23.49 Uhr. Von der
ersten Minute an geht es Schlag auf Schlag. Auslöser
dieser Kettenreaktion ist der Computerfreak Lolo, der
Mühe damit hat, für eine russische Gangsterbande noch
rechtzeitig die versprochenen Schweizer Bankkonten auszuspionieren.
Weil er gleichzeitig seiner schönen Nachbarin mit geheim installierten Kameras und Mikrofonen nachstellt,
kommt es zu einer Serie von Ereignissen, an deren Ende
unter anderem zwei Kleinganoven, eine geldgierige Friseurin, ein russischer Mafioso, eine frustrierte Apothekerin und ein begriffsstutziger Polizist fürs Leben gezeichnet
sind.
Die pechschwarze Komödie NICOTINA ist ein schönes
Beispiel für die Lebendigkeit des mexikanischen Kinos und
seine Lust, auch formal spielerisch mit seinen Geschichten
umzugehen.
Eine Veranstaltung im Rahmen eines P-Seminars des
Willstätter-Gymnasiums
Do., 21.11. um 17 Uhr
den Respekt vor dem Gefilmten wahrt, wecken die Figuren
und Geschehnisse im Zuschauer doch stets ein hohes Maß
an Sympathie. Die Rettung eines Restaurants wird so zu
einer berührenden Suche nach Familie und den eigenen
Wurzeln.“ Filmbewertungsstelle Wiesbaden
Mo., 2.12. bis Mi., 4.12. um 19.15 Uhr
Die Reise des jungen Che
Diarios de motocicleta, USA/Deutschland/Großbritannien 2004, 126
Min., 35 mm, span. OmU, Regie: Walter Salles, mit: Gael García Bernal,
Rodrigo de la Serna, Mía Maestro, Mercedes Morán u.a.
„Ernesto Guevara, Medizinstudent, 23 Jahre alt, macht
sich im Jahre 1952 mit seinem älteren Freund Alberto Granado auf eine Motorradreise quer durch Südamerika. Mit
der strahlenden Glücksgewissheit junger Männer aus dem
oberen Mittelstand fahren sie los. Unterwegs träumen sie
vom Fortschritt, doch die Armut und das Elend, denen sie
unterwegs begegnen, verändern ihre Einstellung zum Leben
– Alberto wird zum Realisten, der anpackt, wo anzupacken
ist, und Ernesto beginnt ganz andere Träume zu träumen.
Die Reise des jungen Che ist ein grandioses Roadmovie
über eine Geschichte, die so buchstäblich auf der Straße
liegt, dass man sich fragt, wieso das nicht schon längst
jemand gemacht hat.“ Dietrich Brüggemann, Schnitt # 36
Eine Veranstaltung im Rahmen eines P-Seminars des
Willstätter-Gymnasiums
Do., 14.11. um 16.30 Uhr
Nicotina
Afrikanische Kinowelten
Otelo − Der Preis der Freiheit
Otelo Burning, Südafrika 2011, 102 Min., Blu-ray, OmU (Zulu), Regie:
Sara Blecher, mit: Jafta Mamabolo, Thomas Gumede, Sihle Xaba u.a.
1989 Lamontville, eine Stadt in Südafrika: Der Alltag ist
geprägt durch gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen den rivalisierenden Oppositionsgruppen ANC und
Inkatha, der Zusammenbruch des Apartheidregimes bahnt
sich an. Als der 16-jährige Otelo und sein Freund Manlda
ihre Angst vor dem Meer überwinden und zum ersten Mal
auf ein Surfbrett steigen, ist ihnen sofort klar, dass sie für das
Wellenreiten geschaffen sind. Auf dem Wasser entfliehen sie
der harten Realität des Ghettos und genießen das Gefühl
von Freiheit. Otelo steht schon nach kurzer Zeit am Beginn
einer großen Surferkarriere. Aber dann geschieht eine Tragödie und an dem Tag, an dem Nelson Mandela aus dem
Gefängnis entlassen wird, muss Otelo wählen zwischen der
persönlichen Karriere und dem Kampf für Gerechtigkeit. Der
Coming-of-Age-Film schildert die bedeutende Ära des Endes
der Apartheid aus der Sicht eines Jugendlichen.
In Kooperation mit: NlfA, AK Südliches Afrika, KUF – Kulturelle und politische Bildung
Einführung: Irit Holzheimer, Matthias Fetzer
Mi., 27.11. um 19.15 Uhr
Der Italienische Neorealismus
Fortsetzung von Seite 1:
Weltweit gefeiert und schließlich wohl ausschlaggebend für
die antifaschistische Wahrnehmung der neorealistischen Bewegung war jedoch Roberto Rossellinis Film ROM, OFFENE STADT
(1945). Auch thematisch ein Werk des Widerstands, exemplifizierte Rossellini darin die Union der Widerstandskräfte quer durch
alle ideologischen Lager. Noch während der NS-Besatzung Italiens geplant und unmittelbar nach der Befreiung gedreht, wurde diese Dramatisierung des Partisanenkampfes − gemeinsam
mit Vittorio De Sicas FAHRRADDIEBE − zum Grundmodell für
die neorealistische Ästhetik: ein „armes“ Kino, das den ganzen
Reichtum menschlicher Erfahrung zu repräsentieren vermag.
Danach war ein neorealistisches Schema etabliert: Verwendung
von Originalschauplätzen, natürliches Licht, lange Einstellungen
mit wenigen Nahaufnahmen, Dialoge in Umgangssprache, Figuren aus der Arbeiterklasse, oft von Laien (insbesondere Kindern)
gespielt, Erzählungen mit offenem Ende.
Der Neorealismus, Teil einer sozialen und künstlerischen Bewegung, die noch keine politisch-ideologische Verfestigung aufwies,
war ein Anfang. Das Leben selbst begann wieder, sich auf die
Leinwände zu ergießen, das Leben einer Straße, eines Hauses. In
den Filmen wirken die Stimmungen eines Tages, einer Umgebung
unmittelbar auf die Zuschauer. Damals hatten der Schwarzweißfilm, der Einsatz der Tiefenschärfe ihre Vollkommenheit erreicht.
Letztlich fehlte es dem Neorealismus jedoch mit der sich verändernden Nachkriegsrealität und der neuen konservativen politischen Ausrichtung Italiens an einer Basis bei den Zuschauern.
Nach den Wahlen von 1948, die der Democrazia Christiana (DC)
fast die absolute Mehrheit eintrugen und den Auszug der Sozialisten und Kommunisten aus der Regierung zur Folge hatten, kam es
zum Auseinanderbrechen der labilen antifaschistischen Front, die
eine der Grundlagen der Bewegung gewesen war. Der Aufschwung
erlahmte. Die tiefgreifende Teilung des Landes in zwei feindliche
Lager wurde durch die wachsende Feindseligkeit der Supermächte während des Kalten Kriegs verstärkt. Die alleinregierende DC,
die sich von den liberalen Nachkriegszielen fortentwickelt hatte,
FAHRRADDIEBE
Ladri di biciclette, Italien 1948, 90 Min., Blu-ray, ital. OmeU, Regie: Vittorio De
Sica; mit: Lamberto Maggiorani, Enzo Staiola, Lianella Carell u.a.
Rom nach dem Krieg: Der arbeitslose Antonio Ricci findet endlich eine Arbeit als Plakatkleber, wozu er aber ein Fahrrad braucht.
Im Pfandhaus kann er sein Fahrrad gegen die letzte Bettwäsche
der Familie auslösen. Aber schon am nächsten Tag wird sein Fahrrad gestohlen, woraufhin sich Antonio mit seinem Sohn Bruno
aufmacht, den Dieb zu finden.
Mit FAHRRADDIEBE schuf Vittorio De Sica einen Klassiker des
Neorealismus und einen der schönsten Spielfilme der Welt, bewundert gleichermaßen von Orson Welles und Akira Kurosawa,
Satyajit Ray und Yilmaz Güney. De Sica filmt mit Laien auf den
Straßen Roms und fokussiert die alltägliche Wirklichkeit in einer
einfachen wie exemplarischen Geschichte. Einem Arbeitslosen
wird jenes Fahrrad gestohlen, das die Bedingung für seinen neuen
Job ist und weil er es nicht wiederfindet, wird er zweifellos wieder
in die Arbeitslosigkeit zurück müssen. Die implizierte These ist von
einer wunderbaren und abscheulichen Einfachheit: In der Welt, in
der dieser Arbeiter lebt, müssen die Armen sich gegenseitig bestehlen, um zu überleben. Aber diese These wird nie als solche
aufgestellt. Die Verkettung der Begebenheiten ist immer von einer
zugleich strengen und anekdotischen Wahrscheinlichkeit. Der banale Fall wird zur Existenzbedrohung, die Suche nach dem Fahrrad
zur tragisch-modernen Odyssee durch eine Welt ohne Mitleid.
Sa., 23.11. & So., 1.12.
DIE ERDE BEBT
La terra trema, Italien 1948, 159 Min., 35 mm, ital. OmU, Regie: Luchino
Visconti, mit Einwohnern des Dorfes Aci Trezza in Sizilien
Bitterer Reis
ROM, OFFENE STADT
Roma, città aperta, Italien 1945, 100 Min., DCP, restaurierte Fassung von 2013,
ital. OmeU, Regie: Roberto Rossellini, mit: Anna Magnani, Marcello Pagliero, Aldo
Fabrizi u.a.
Rom im März 1944: Hunger und Angst beherrschen die Stadt,
die noch unter deutscher Besatzung steht. Razzien, Verhaftungen und Folter durch die SS sind an der Tagesordnung. Mit
gnadenloser Härte verfolgen die Faschisten jeden kleinsten Widerstand. Und trotz allem steht für Pina ein großer Tag bevor.
Morgen wird sie ihren Verlobten Francesco heiraten. Doch der
heimliche Widerständler wird am Hochzeitsmorgen von der SS
verhaftet …
Roberto Rossellini konzipierte das Drehbuch zusammen mit
Sergio Amidei bereits während der deutschen Besatzung, zwei
Monate nach der Befreiung Roms am 4. Juni 1944 begannen
die Dreharbeiten. Amidei hatte einige der geschilderten Vorfälle selbst erlebt; ähnlich erging es mehreren Darstellern, unter
denen sich auch Laien befanden. Aus diesen Voraussetzungen
erwuchsen der dokumentarische Charakter und die Spontaneität des Films. Neben der Würdigung der resistenza, jener
„Armee des Untergrunds“, in der Marxisten und Priester Seite
an Seite gekämpft haben, wurde in ROM, OFFENE STADT das
theoretische Konzept der Neorealisten verwirklicht, der Film
müsse ein Zeugnis seiner Zeit geben und die Kluft zur Realität
des menschlichen Lebens überwinden. „Der Film“, so JeanLuc Godard, „der Italien seine Würde und Identität wiedergeschenkt hat.“
Kopie der Cineteca del Comune di Bologna.
Do., 14.11. & So., 17.11.
PAISÀ
Italien 1946, 125 Min., DCP, restaurierte Fassung von 2013, ital. OmeU, Regie:
Roberto Rossellini, mit: Carmela Sazio, Maria Michi, Giulietta Masina u.a.
der Randphänomene: Chaos, furchtbare Zufälle, Scharmützel,
Schwarzmarkt, Prostitution, qualvoll langsames Ermorden von
‚Partisanen‘.“ Harry Tomicek
PAISÀ, an dem Klaus Mann als Drehbuchautor maßgeblich beteiligt war, verzichtet trotz seiner linearen Erzähltechnik nicht auf
eine utopische Dimension. Das Titelwort drückt den Doppelsinn
von „Landsmann“ und „Verbrüderung“ aus, paisà ist ein neapolitanischer Ausdruck für „com/paesano“ und schließt die Solidarität derjenigen aus dem gleichen Dorf wie den Fremden im Dorf
in sich ein. André Bazin nannte den Film das erste Äquivalent zu
einer Novellensammlung und meinte, der soziale, historische und
menschliche Hintergrund der einzelnen Geschichten gebe ihm
Einheit genug, um ein bei aller Verschiedenheit vollkommen homogenes Werk hervorzubringen.
Kopie der Cineteca del Comune di Bologna.
Seit Jahrhunderten sind die Fischer an den Küsten Siziliens zwei
Mächten ausgesetzt: dem Meer und den „padroni“, den Händlern
und Bootsbesitzern, in deren Auftrag sie fahren. Und seit Jahrhunderten nehmen viele der Fischer die Ausbeutung ebenso als Naturgesetz hin wie die Stürme des Meeres. Der junge Fischer Ntoni
Valastro ist der erste, der sich gegen die unbarmherzige Herrschaft
auflehnt. Er erkennt die erste Voraussetzung für den Kampf: Die
Fischer müssen unabhängig von den Händlern werden, müssen
auf ihre eigene Rechnung arbeiten, um zum vollen Lohn für ihre
Arbeit zu kommen.
„Vermutlich die purste Bekundung der Doppelnatur des Neorealismus. Filmische Hinnahme, der dokumentarische Zug des Hinhorchens auf der einen Seite. Andererseits das, was Zavattini den
,Instinkt der Solidarität‘, Rossellini die ,moralische Einstellung‘,
Visconti den ,Inhalt‘ genannt hat: Hinwendung zu einer Welt, die
im Argen liegt und Kampf gegen die Ursachen der Misere. Keine
Schauspieler, keine Studios, keine Story. Arbeit, Ausbeutung, vergeblicher Aufruhr einer Gruppe sizilianischer Fischer und der durch
Verarmung erwirkte Niedergang einer Familie. Mit seinen aus dem
Stegreif parlierenden Laien und seinem klassenkämpferischen Pathos stellt DIE ERDE BEBT den Höhepunkt des filmischen Verismus
dar. Was nicht ausschließt, dass die Dialoge der Fischer von Aci
Trezza wie große Musik klingen, ihre Sprachbilder spontane Dichtung darstellen und Viscontis Film über weite Partien stilisiert wie
eine antike Tragödie anmutet, die durch die Schule der italienischen Oper gegangen ist.“ Harry Tomicek
Wie ein gigantischer Strom fluten „mondine“ im Mai die
Po-Ebene. Die so genannten Saisonarbeiterinnen kommen zur
Reisernte in das Tal. Sie müssen, bis zu den Knien im Wasser, hart
und unter schlechten Lebensbedingungen arbeiten. Unter ihnen
ist Francesca, die Geliebte des Ganoven Walter. Als er im Lager bei
ihr auftaucht, gibt es Streit. Mit falschen Versprechungen gewinnt
er Silvana, eine der Helferinnen, als Komplizin für seinen Plan, den
für die Bezahlung der Arbeiterinnen vorgesehenen Reis zu stehlen.
BITTERER REIS ist zum Schlagwort für den italienischen Neorealismus geworden. Diese Geschichte junger Erntearbeiterinnen
in den Reisfeldern der Po-Ebene, verknüpft mit einem Kriminalfilmplot, hat sich rasch in die Herzen des breiten Publikums gespielt. Spätere Filmstars wie Silvana Mangano, Vittorio Gassman
und Raf Vallone wurden mit BITTERER REIS schlagartig berühmt,
wohl auch unterstützt durch eine für damalige Verhältnisse sensationelle erotische Freizügigkeit der Handlung. Giuseppe De Santis
bringt seine klassenkämpferische Perspektive zur Geltung, aber
er sucht auch nach einer Anbindung an die amerikanischen Kinophantasien der Nachkriegszeit: Silvana Manganos Auftritte stehen
in puncto Präsenz und Verführungskraft dem Glamour einer Rita
Hayworth nicht nach. Sozialkritische Tendenz und großes Melodrama in trauter Allianz: der Neorealismus als populäres Kino der
Attraktionen.
Di., 26.11. & Sa., 30.11.
DAS WUNDER VON MAILAND
Miracolo a Milano, Italien 1951, 95 Min., 35 mm, DF, Regie: Vittorio De Sica, mit:
Francesco Golisano, Brunella Bovo, Emma Gramatica, Paolo Stoppa u.a.
Signora Lolotta findet in der Mailänder Vorstadt ein Waisenkind,
eine Art Pinocchio ungeklärter Herkunft, den sie mit Güte und viel
Optimismus großzieht. Nach ihrem Tod gerät „Totò der Gute“ in
ein Waisenhaus und dann als 18-jähriger Weltverbesserer in eine
Obdachlosengemeinschaft an der Peripherie. Als unter den Elendsbaracken eine Petroleumquelle entdeckt wird, erscheint der Grundbesitzer, der Millionär Gobbi, zunächst als Volksbeglücker und, als
seine List durchschaut ist, mit Polizeiaufgebot. Doch er hat seine
Rechnung ohne Mamma Lolotta gemacht, die ihrem Schützling aus
himmlischen Gefilden eine wunderkräftige Taube schickt …
Wohnungsnot, Grundstückswucher und die großstädtische
Armut: Probleme der italienischen Nachkriegsgesellschaft, die
in Vittorio De Sicas und Cesare Zavattinis Film beeindruckend
präzise beschrieben werden. „De Sica und Zavattini legten die
ästhetischen Formen des Neorealismus fest, um sie immer wieder zu verwerfen. In DAS WUNDER VON MAILAND werden sie zu
Märchenerzählern. Sie wählten als Protagonisten Obdachlose der
Stadt Mailand, die sich auf einen ungleichen bizarren Kampf mit
den Reichen einlassen, um ihr ‚Territorium‘ am Rande der Großstadt zu verteidigen. Als es den Reichen gelingt, sie endgültig aus
der Stadt zu vertreiben, werden sie alle auf fliegenden Besen von
ihrem Propheten ‚Totò il buono‘ in ein anderes Land geführt, dorthin, wo ,guten Tag wirklich guten Tag bedeutet‘.“ Marisa Buovolo
Sciuscià, Italien 1946, 84 Min., 35 mm, DF, Regie: Vittorio De Sica, mit: Franco
Interlenghi, Rinaldo Smordoni, Emilio Cigoli u.a.
Pasquale und Giuseppe sind zwei Freunde, die sich im Rom der
Nachkriegszeit durchschlagen und in der Via Veneto Schuhe putzen. Ihr Leben verläuft wie in einem negativen Bildungsroman: Sie
werden in einen Diebstahl verwickelt und landen in einem Jugendgefängnis, wo ihre Freundschaft einen tragischen Verlauf nimmt.
„Ich ließ die Kamera auf die Straßen hinaus“, sagte Vittorio De
Sica, „ich habe nackt das Gesicht der Armut gezeigt, das Gesicht
des Leidens in Italien nach dem Krieg.“ Die zerbombten Ateliers
der Cinecittà-Studios und die Heldenmythen des Faschismus, die
sich von selbst zerstört hatten: Erstmals nach Jahren stand nichts
mehr im Weg, die soziale Wirklichkeit und das sich darbietende
Leben ohne Versteckspiel abzubilden. Mit Laienschauspielern fast
dokumentarisch an Originalschauplätzen gleich nach Kriegsende
gedreht, gilt SCHUHPUTZER als Schlüsselwerk des italienischen
Neorealismus, das seine zornige Anklage gegen die Rücksichtslosigkeit der Erwachsenenwelt mit einem Plädoyer für die Menschlichkeit verbindet. Regisseur Vittorio De Sica wendet sich darin
den Schutzlosen und Entrechteten zu und prangert die großen
sozialen Fragen der italienischen Nachkriegsgesellschaft an, eine
Thematik, die er später in FAHRRADDIEBE (1948), DAS WUNDER
VON MAILAND (1951) und UMBERTO D. (1952) fortsetzt.
Fr., 29.11. um 19.15 Uhr
UMBERTO D.
Italien 1952, 88 Min., Blu-ray, ital. OmeU, Regie: Vittorio De Sica, mit: Carlo
Battisti, Maria Pia Casilio, Lina Gennari u.a.
TRAGISCHE JAGD
Fr., 22.11. um 19.15 Uhr
Riso amaro, Italien 1949, 108 Min., 35 mm, ital. OmU, Regie: Giuseppe De
Santis, mit: Silvana Mangano, Vittorio Gassman, Doris Dowling, Raf Vallone u.a.
Germania, anno zero, Italien 1947/48, 78 Min., 35 mm, dt. OF, Regie: Roberto
Rossellini, mit: Edmund Meschke, Ernst Pittschau, Ingetraud Hintze u.a.
So., 17.11. & Sa., 23.11.
Italien im Zeitraum Juli 1943 bis Winter 1944. Sechs Episoden,
Miniaturfilme im Film. Eine Chronik des Befreiungskriegs durch
die Alliierten, beginnend mit der Landung in Sizilien, eine Reise
von Süden nach Norden beschreibend: Die Episoden spielen auf
Sizilien, in Neapel, Rom, Florenz, der Toskana und der Po-Ebene.
„Rossellini erzählt nicht von Schlachten, sondern von deren
Rändern, Echos, Auswirkungen. Statt ‚Helden‘ einfache Bauern,
Fischer, Soldaten, Slumkinder, Mönche, Frauen, Zivilisten. Sizilianer repräsentiert von Sizilianern, GIs von GIs, Deutsche von
Deutschen, Neapolitaner von Neapolitanern, Römer von Römern.
Keine Schau-Spieler. Dafür Personen − geprägt von Region, Sprache, Dialekt und Herkunft. Statt herausragender Operationen
der Krieg im bodenfressenden, verschluckenden Nebenbei. Furor
Mo., 25.11. & Do., 28.11.
BITTERER REIS
DEUTSCHLAND IM JAHRE NULL
SCHUHPUTZER
Die Po-Ebene, kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs: Die Landschaft ist aufgewühlt von den Verwüstungen der letzten Jahre, mal
widernatürlich zerklüftet, dann verheerend nackt. Letzte Bomben
überall, Blindgänger hier, Minen da. Ein Land, das wieder urbar gemacht werden soll von den Landkommunen. In dieser unwirtlichen,
unwirklichen Welt wird ein Transport überfallen, das Geld einer
Kommune geraubt. Die Täter: ein sadistischer Nazi, ein enttäuschtgebrochener Lagerhäftling, eine junge Frau, der man als Kollaborateurin den Schädel kahl rasierte, weshalb sie nun mit einer gellend
blonden Perücke herumläuft, und andere. Die Opfer: Arbeiter und
Bauern, deren Hoffnungen auf dem Spiel stehen, da sie nun den
Großgrundbesitzern die Pacht nicht pünktlich zahlen können. Giuseppe De Santis‘ Spielfilmdebüt ist gleich ein Meisterwerk dank der
eiligen Grobheit, mit der hier die Elemente seines Kinos, der Genrebarock und die quasi dokumentarisch genommene Wirklichkeit,
ineinander gefügt sind.
In der Metropole des „Tausendjährigen Reichs“ entstanden,
unterscheidet sich DEUTSCHLAND IM JAHRE NULL in seiner Behandlung des gerade überwundenen Traumas von anderen Trümmerfilmen. Er weist nicht nach vorne, in eine bessere, demokratische Zukunft. Eine ambivalente Aktualität steht im Vordergrund:
Im Gesicht des Jungen, in seinem Tun und Handeln und seiner
natürlichen Hörigkeit allen Autoritäten gegenüber blickt der Terrorstaat noch einmal auf uns herab. Nicht die Verführer, sondern
die Verführten wie dieses Kind machen uns schaudern.
So., 24.11. um 17 Uhr
Fr., 15.11. & Do., 21.11.
Caccia tragica, Italien 1947, 86 Min., 35 mm, ital. OmeU, Regie: Giuseppe De
Santis, mit: Vivi Gioi, Andrea Checchi, Carla Del Poggio, Massimo Girotti u.a.
belegte De Sicas UMBERTO D. mit heftigen öffentlichen Angriffen,
und unterstellte ihm, Italien im Ausland zu verleumden.
Auch wenn der Neorealismus mit der Veröffentlichung von
UMBERTO D. im Januar 1952 ein Ende fand, reichten seine Einflüsse sehr weit. In Italien selbst wurden die Ansätze des Neorealismus weitergeführt in Pier Pasolinis frühen Arbeiten, den Werken der Gebrüder Taviani, den Studien des Arbeiterlebens, für die
Ermanno Olmi bekannt wurde und in den kraftvollen Attacken
Francesco Rosis auf den verbreiteten Machtmissbrauch.
Das Filmhaus präsentiert vom 14.11. bis 1.12. zehn bedeutende Werke des italienischen Neorealismus in zum Teil neu restaurierten Kopien.
DEUTSCHLAND IM JAHRE NULL wurde mit deutschen Darstellern in deutscher Sprache gedreht. Der Film ist der dritte Teil von
Roberto Rossellinis Kriegstrilogie: ROM, OFFENE STADT (1945)
und PAISÀ (1946). Diesmal ist Berlin der Schauplatz, Sommer
1945: Ruinen, Schwarzmarkt und vergiftete Seelen. Das tragische Schicksal des zwölfjährigen Edmund, dem die Parolen der
Herrenrassenideologie immer noch im Kopf herumspuken: Familie
Köhler muss sich in der kriegszerstörten Stadt mit vier anderen
Mietparteien eine kleine Wohnung teilen; der Vater liegt krank im
Bett, die Mutter ist gestorben, der älteste Bruder hält sich, gerade
aus dem Krieg zurückgekommen, vor den Alliierten versteckt. Der
zwölfjährige Bruder Edmund versucht notgedrungen die Stelle
als Familienernährer einzunehmen. Er wird beeinflusst von einem
ehemaligen Lehrer. Der frühere Nationalsozialist spricht von einem Naturgesetz, aufgrund dessen nur die Starken überleben –
die Schwachen aber sterben müssen. Als Edmund eine Flasche mit
Gift findet, will er das NS-Gedankengut in die Tat umsetzen.
Umberto Domenico Ferrari lebt mehr schlecht als recht von seiner kleinen Rente. Das Geld reicht nicht für die Miete. Umbertos
einzige Freunde sind sein Hund und die unverheiratete Maria,
die noch dazu schwanger ist. Als Umbertos Vermieterin mit der
Zwangsräumung droht und seine Bekannten ihm Kredit verweigern, versucht dieser verzweifelt, das Geld aufzutreiben. Das Leben zwingt ihn, gegen seine Würde um Almosen in der Einsamkeit
der neuen Nachkriegsgesellschaft zu bitten.
„Der Höhepunkt der Zusammenarbeit von Vittorio De Sica und
Cesare Zavattini, einem der bedeutendsten Autoren und Theoretiker des Neorealismus. Umberto D. ist eines der Meisterwerke
des italienischen Films und ein revolutionäres Werk der Filmkunst
überhaupt. Knapp neunzig Minuten aus dem Leben eines Mannes,
dem nichts passiert. Die Einsamkeit des alten Mannes, der jeden
Kontakt zur Umwelt verloren hat, scheint sich wie von selbst zu
erzählen, und die Zeit des Films gleicht sich den realen Vorgängen
an. Die exakt beobachtete Realität erfährt in diesem bewegenden
Film eine poetische Transfiguration.“ Harry Tomicek
Sa., 30.11. um 19.15 Uhr