Im Namen der Opfer

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Im Namen der Opfer
LEIPZIG
Seite 22
Mittwoch, 5. Dezember 2007
Im Namen der Opfer
HEUTE VOR 15 JAHREN
Gespräch mit Anwältin Ina Alexandra Tust über die Forderung nach kostenlosem Rechtsbeistand für Geschädigte
Hinterbliebene von Ermordeten wie
die Eltern des kleinen Mitja haben
Anspruch auf einen kostenlosen Opferanwalt. Ansonsten muss ein staatlich vergüteter Rechtsanwalt bislang
nur bei bestimmten schweren Straftaten, insbesondere versuchten Tötungs- oder Sexualdelikten, bestellt
werden. Doch der Freistaat Sachsen
hat jetzt die Forderung des Weißen
Ringes aufgegriffen und eine Gesetzesänderung beantragt, mehr Betroffenen diesen Beistand zu sichern.
Demnach sollten auch Opfer einer
schweren Körperverletzung, eines
erpresserischen
Menschenraubes
oder einer Geiselnahme einen Anspruch darauf haben. Die LVZ sprach
darüber mit Ina Alexandra Tust, Opferanwältin aus Leipzig.
derart schwerwiegend sein, dass es
dem Opfer meines Erachtens nicht zumutbar ist, sich auch noch mit Geldfragen auseinandersetzen zu müssen und
im schlimmsten Fall auch noch auf den
Anwaltskosten sitzen zu bleiben. Es
sollte also auch noch bei bestimmten
weiteren schwerwiegenden Straftaten
die Möglichkeit der Beiordnung eines
kostenlosen Opferanwalts bestehen.
Meint kostenlos hier wirklich kostenlos – oder müssen irgendwann doch Beträge zurückerstattet werden?
Der – wegen der schwerwiegenden
Straftaten – beigeordnete Opferanwalt
ist wirklich kostenlos. Es gibt kein Kostenrisiko, auch nicht bei einem Freispruch. Nur wenn für die Beiordnung
Prozesskostenhilfe beantragt werden
muss, besteht durchaus die Gefahr,
dass ein Opfer die Kosten zurückzahlen
muss.
INTERVIEW
In der Öffentlichkeit wird als ausgesprochen
ungerecht beklagt, dass sich
Frage: Ist es höchste Zeit für eine Geder Staat oft zwar rührend um
setzesänderung?
schwerste Gewalttäter kümmert und
Ina Alexandra Tust: Es sind in den
ihnen etwa einen Pflichtverteidiger zur
letzten Jahren bereits wesentliche VerSeite stellt, während Verbrechensopfer
besserungen der Rechte von Opfern geoft allein dastehen und hilflos sind. Ist
setzlich realisiert worden, wie eben die
der Vorstoß da jetzt überhaupt ausreiEinführung des staatlich bezahlten Opchend?
feranwalts für bestimmte schwer beDie Initiative ist ein Schritt in die
troffene Opfer und
richtige
Richtung,
der Ausbau des Adausreichend sicher
häsionsverfahrens,
nicht. Nur am RanSERVICE
also die Möglichkeit,
de möchte ich dabereits im Strafverrauf
hinweisen,
Weißer Ring:
fahren Ansprüche
dass der PflichtverBeate
Günther,
auf Schmerzensgeld
teidiger von einem
Telefon: 0341 6888593
und Schadensersatz
Verurteilten
auch
Opferberatung
Leipzig:
geltend zu machen.
bezahlt
werden
Härtelstraße 11,
Die
Informationsmuss, er ist zwar etTelefon: 0341 2618647
und
Beteiligungswas günstiger als
rechte der Opfer im
Evangelische Lebensberatungsstelle:
ein
Wahlanwalt,
Strafverfahren sind
Ritterstraße 5,
aber nicht kostendeutlich verbessert
Telefon: 0341 1406040
los, wie häufig angeworden und seit EnAutonomes Frauenhaus Leipzig:
nommen wird. Meide letzten Jahres ist
Telefon: 0341 4798179
nes Erachtens muss
nun auch endlich –
Beratungsstelle für Frauen:
der Staat mehr Mitmit EinschränkunSchenkendorfstraße 27,
tel für die Opferorgen – die NebenklaTelefon: 0341 3919791
ganisationen,
wie
ge gegen jugendliFrauenhäuser, KinKoordinierungsstelle gegen häusliche
che Straftäter mögderschutzzentren
Gewalt:
lich. Es ist aber
und andere HilfsorSchenkendorfstraße 27,
dringend erforderganisationen
zur
Telefon: 0341 3068778
lich, dass der OpferVerfügung stellen.
schutz weiter ausDer Bedarf an diegebaut wird. In diesem Zusammenhang
ser Art von Hilfe ist außerordentlich
begrüße ich natürlich eine weitere Gehoch, die Mittel für die Helfer werden
setzesänderung zu Gunsten der Opfer.
jedoch jedes Jahr gekürzt, so dass eine
Schließlich bedürfen auch Geschädigte
entsprechende Unanderer schwerer
terstützung
nicht
Straftaten, wie beimehr ausreichend
spielsweise des erEs ist dringend erforderlich, dass der
oder zumindest nur
presserischen
Opferschutz weiter ausgebaut wird.
unter schwierigsten
Menschenraubes,
Bedingungen
geeines kostenlosen
währleistet werden
Opferanwaltes.
kann. Hinter den Kulissen des StrafverUnd wie verhält sich jener, der keifahrens wird wertvolle Hilfe geleistet,
nen Anspruch hat?
entsprechend honoriert wird sie indes
nicht.
Zurzeit müsste ein Betroffener dieser
Straftat Prozesskostenhilfe beantragen
Sind Ihnen Fälle bekannt, in denen
– mit dem Risiko, den Anwalt im Falle
sich Geschädigte auf Grund ihrer fieines Freispruchs selbst zahlen zu
nanziellen Lage keinen juristischen
müssen. Die psychischen Folgen einer
Beistand leisten konnten? Zu welchen
solchen Straftat dürften im Regelfall
Konsequenzen kann das führen?
HIER REDEN WIR – DIE LVZ-UMFRAGE AM MITTWOCH
Kein Verständnis für
hohe Spritpreise
Laut Aussagen des
Automobilclubs
ADAC haben sich die
Benzinpreise
in
Deutschland
seit
1995 um 80 Prozent
erhöht. Der Unterhalt eines Autos sei
im gleichen Zeitraum
um mehr als ein Sebastian Süptitz
Drittel kostspieliger
geworden.
Neuer
Clou der Ölmultis:
Benzin und Super ist
an vielen Tankstellen
jetzt gleich teuer.
Christiane
Lösch
(Text) und André
Kempner
(Fotos)
wollten wissen, wie
das bei den Leipzi- Roswitha Schmidt
gern ankommt.
Sebastian Süptitz
aus Mockrehna, nordöstlich von Leipzig,
findet das „eine Sauerei“. Er hat selbst ein
Auto und muss ohnehin bereits das bis vor
kurzem teurere Superbenzin
tanken.
Carolin Seils
„Aber solange wie wir
nur zuschauen und nichts dagegen tun,
drehen die weiter an der Preisschraube“,
ist der 22-Jährige überzeugt.
Dieser Meinung schließt sich auch Roswitha Schmidt an. Selbst der Dieselpreis habe ziemlich angezogen, sagt die
64-Jährige. Mit dem Eintritt ins Rentenalter haben sie und ihr Mann einen ihrer
PKW abgeschafft. „Das ist schon eine unheimliche Kostenersparnis.“ Viele kurze
Wege erledige sie außerdem mit ihrem
Rad.
„Ich habe kein Auto und fahre Fahrrad. Das ist meine Lösung“, meint auch
Studentin Carolin Seils. Für längere
Strecken steigt sie dann aber doch auf
die Bahn um. Das Auto, das die 23-Jäh-
rige irgendwann einmal fahren will, sollte
möglichst energiesparend und gut für die
Umwelt sein.
Werner Horn hat
zwar ein Auto, nutzt
es aber, im Gegensatz
zu seiner Frau, meist
Werner Horn
nicht. Den Weg zur
Arbeit legt der 52Jährige, der gerade zu
Besuch in Leipzig ist,
mit dem Zug zurück.
„Wir sind von Darmstadt aus mit der
Bahn hierher gefahren. Zu zweit brauche
ich mit dem Auto genauso viel Sprit, wie
Irena Hoffmann
der ICE kostet. Da
kann ich das Auto
auch stehen lassen“,
sagt er.
Die 24-jährige Studentin Irena Hoffmann hat zwar noch
keinen Führerschein,
will aber auf jeden
Fall mal einen eigenen Wagen besitzen.
Bert P. Gießen
Für sie wiegen bei der
Auswahl
Spritverbrauch und Umweltbewusstsein allerdings wenig. Vielmehr muss „das Auto
auch schnell sein“, gibt sie mit einem Lächeln zu.
Das Auto sei des Deutschen liebstes
Kind, stellt Bert P. Gießen fest. Deshalb
glaube er auch nicht daran, dass sich die
Preisschraube mal wieder nach unten
dreht. Die Benzinpreise halte er für
skandalös. „Aber auch wenn er bei drei
Euro liegen wird, werden die Leute weiter fahren.“ Die meisten PKW-Fahrer
würden die Verteuerung noch nicht mal
merken, weil sie nicht preissensibel genug sind, meint der 53-Jährige. „Sie sparen an allem, aber nicht an ihrem Auto.
Traurig aber wahr.“
desto mehr Möglichkeiten zu helfen
habe ich. Beispielsweise kann ich dahingehend beraten, ob eine Anzeige
überhaupt sinnvoll ist und anschließend eine Begleitung zur polizeilichen
Vernehmung gewährleisten. Selbstverständlich kann ich als Nebenklagevertreterin auch Akteneinsicht nehmen
und den Betroffenen über den jeweiligen
Verfahrensstand
informieren.
Während der Hauptverhandlung bin
ich ständig anwesend, um die Interessen des Geschädigten wahrzunehmen.
Seit wann vertreten Sie als Fachanwältin für Strafrecht eher Betroffene
als Angeklagte?
Ich habe zunächst 1998 als Strafverteidigerin angefangen. Es hat sich
dann nach und nach ergeben, dass ich
immer mehr Opfer vertreten habe, so
dass ich mich seit etwa 2002 darauf
spezialisiert habe. Seither vertrete ich
mit wenigen Ausnahmen nur noch
Opfer.
Der Weiße Ring beispielsweise bietet
einen kostenlosen Erstberatungsscheck für den Anwalt an.
Opferanwältin Ina Alexandra Tust – sie vertritt auch die Interessen der Familie des ermordeten Mitja aus Leipzig.
Foto: Hendrik Schmidt
Mir sind viele solcher Fälle bekannt,
glücklicherweise konnte ich diese Opfer
trotzdem vertreten, da ich dann auf die
finanzielle Hilfe des Weißen Ringes zurückgreifen konnte. Die Organisation
kämpft nicht nur sehr stark für die
Opferrechte, sondern stellt auch in bestimmten Fällen finanzielle Mittel zur
Verfügung. Ohne den Weißen Ring hätte ich so manche – dringend notwendige – Vertretung ablehnen müssen.
Beispielsweise ist ein Betroffener eines
Raubes nicht nebenklageberechtigt,
soweit er „nur“ mit einer Waffe bedroht, nicht aber körperlich verletzt
wird. Dieses Opfer kann ich allenfalls
als Zeugenbeistand – mit viel weniger
Eingriffsmöglichkeiten – zum Prozess
begleiten. Die Beiordnung als kostenloser Zeugenbeistand wird vom Gericht
allerdings häufig abgelehnt, so dass das
Opfer den Beistand selber zahlen müsste, dazu aber oft nicht in der Lage ist.
Für den Betroffenen, der dann allein
vor Gericht auftreten muss und erneut
mit dem Täter und dem Tatgeschehen
konfrontiert wird, kann das durchaus
weitere schlimme psychische Folgen
nach sich ziehen. Hier besteht ein großes Opferschutzbedürfnis.
Was unternimmt ein Opferanwalt für
seine Mandanten noch?
Meine Tätigkeit für einen Geschädigten ist in der Regel sehr umfangreich
und reicht von der Betreuung während
des gesamten Verfahrens bis hin zur
Vermittlung an bestimmte Opferorganisationen oder auch von psychologischer Betreuung, je nach Bedarf. Je früher sich ein an Opfer an mich wendet,
Seit einigen Jahren ist es möglich,
dass sich auch Hinterbliebene von
Ermordeten auf Staatskosten von einem Opferanwalt vertreten lassen
können, der ihre Interessen bei Prozessen vor Gericht wahrnimmt. Erst vor
kurzem haben Sie in einem Fall, der
ganz Deutschland erschütterte, den
Hinterbliebenen zur Seite gestanden –
der Familie des ermordeten Mitja,
dessen Peiniger Uwe Kolbig zu lebenslanger Haft und Sicherungsverwahrung verurteilt wurde. Wie geht es
Mitjas Eltern? Wie konnten Sie ihnen
helfen?
Die Eltern sind zunächst froh, dass
der Prozess und der damit verbundene
Rummel vorbei sind. Das Urteil ist aber
immer noch nicht rechtskräftig, da der
Verurteilte Revision eingelegt hat. Ich
habe die Eltern während des gesamten
Verfahrens vertreten, sie informiert
und vor allem die Unterrichtung der
Medien übernommen, so dass meine
Mandanten in Ruhe um ihren Sohn
trauern konnten. Die Teilnahme an der
Hauptverhandlung konnte ich ihnen
gänzlich ersparen, was ihr ausdrücklicher Wunsch war.
Was raten Sie Opfern von Straftaten?
Es gibt gerade in Leipzig ein vielfältiges kostenloses Hilfsangebot für sie.
Der Weiße Ring beispielsweise bietet einen kostenlosen Erstberatungsscheck
für den Anwalt an, so dass sich ein Opfer dort zunächst ohne Kostenrisiko beraten lassen kann. Es ist auch zu empfehlen, sich durch einen Fachanwalt für
Strafrecht vertreten zu lassen, da diesen die doch mittlerweile umfassenden
Rechte und Möglichkeiten in der Opfervertretung in der Regel besser bekannt
sind.
Interview: Sabine Kreuz
40 Entwürfe für das künftige Antlitz des
Nikolaikirchhofes sind das Ergebnis eines offenen Ideenwettbewerbs, der gemeinsam von der Kulturstiftung Leipzig
und dem Dezernat für Stadtentwicklung
und Raumplanung ausgeschrieben wurde. Mitmachen durften Architekten aus
Deutschland, Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn. Ziel des Wettbewerbs war es, den Raum ins Stadtbild
zu integrieren. Zugleich sollten die politischen Ereignisse künstlerisch reflektiert werden.
❖
Bei der Bildungs- und Beschäftigungsgesellschaft haben 38 Frauen und Männer
ihre Ausbildung zum Sozialarbeiter begonnen. Der praxisorientierte Umschulungskurs für die im Durchschnitt über
40 Jahre alten Teilnehmer dauert zwei
Jahre. Die Teilnehmer betreuen Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit Bedrohte,
unterstützen Bedürftige bei Behördengängen oder vermitteln geeignete Ansprechpartner. Dabei werden sie in 15
Berater-Büros in und um Leipzig eingesetzt.
❖
Ein 61-jähriger Leipziger wird bei seinem
couragierten Versuch, einen Diebstahl
zu verhindern, selbst zum Opfer. Nachdem er einen unbekannten Mann zur
Rede gestellt hatte, der sich am Gewandhaus gerade an einem Kleinbus zu
schaffen machte, wird er von diesem
kurzerhand niedergeschlagen. Das Opfer erleidet eine Platzwunde, der Autodieb flieht.
chl
Tagestreff „Oase“
Obdachlose Leipziger
besuchen Bischof
Mehrere Dutzend Obdachlose aus Leipzig wollen sich morgen zum Nikolaustag auf eine Reise nach Erfurt begeben.
Dort erwarte sie ein Mittagsmahl, das
ihnen von angehenden katholischen
Priestern serviert werde, teilte die Diakonie mit. Nach einem Besuch des
Weihnachtsmarktes werde der katholische Bischof Reinhard Hauke die 63
Gäste in der Krypta des Erfurter Doms
empfangen. Die Fahrt wird vom Leipziger Tagestreff „Oase“ organisiert.
Die Anlaufstelle für Wohnungslose
wird gemeinsam von evangelischer
Diakonie und katholischer Caritas betrieben. Täglich kommen den Angaben
zufolge 70 bis 90 Menschen zum Essen,
zu gemeinsamer Beschäftigung und zu
Beratungsgesprächen. Für Sonnabend
hat die evangelische Kirchgemeinde
Leipzig-Leutzsch zu einer Adventsfeier
für Wohnungslose eingeladen. Ihren
Angaben zufolge sei neben einem
Abendessen auch Posaunen- und Dudelsackmusik sowie eine kleine Weihnachtsüberraschung für jeden Teilnehmer geplant.
epd
100. Geburtstag
Goerdelers Tochter erzählt
ihre Geschichte
Marianne Meyer Krahmer im Max-Klinger-Gymnasium
Diskussion und Auseinandersetzung
ist wichtig. Das ist die Botschaft, die
Referentin und Zeitzeugin Marianne
Meyer Krahmer den Schülern der
zwölften
Geschichts-LeistungskursKlassen des Max-Klinger-Gymnasiums
in einem eineinhalbstündigen Vortrag
mit auf den Weg gibt. Darin berichtet
die 87-Jährige aus persönlicher Sicht
über die politischen Geschehnisse im
Deutschland vor und während des Nationalsozialismus und zieht immer
wieder Vergleiche zu aktuellen Ereignissen.
Die Schuld des Nationalsozialismus
werde die Welt uns nicht vergeben
und wir werden es auch nicht, so Meyer Krahmer. „Stellt euch mal vor, an einem Tag steht in der Zeitung: Der
Reichstag brennt. Und am nächsten
Tag titelt dieselbe Zeitung: Die Kommunisten waren es. Hätte man sich da
nicht wundern müssen?“, fragt sie in
die Runde.
Der Großteil der eineinhalb Stunden
bleibt dennoch ihr vorbehalten. Die
Schüler interessieren sich vor allem
für die privaten Erlebnisse Meyer
Krahmers – das Persönliche hinter
den großen Geschichtsereignissen,
denn die Tochter des ehemaligen
Oberbürgermeisters Carl Friedrich
Goerdeler wuchs in einer regimekritischen Familie auf. Widerstand gegen
das Regime habe sich vor allem in vielen kleinen Gruppen geregt. Rückblickend sagt sie: „Zum Glück hatte ich
ein starkes Elternhaus und musste
auch in der Schule nie eine Uniform
tragen.“
1936 schied ihr Vater aus dem Amt
des Oberbürgermeisters aus. „Er
dachte, er könne nichts mehr tun“,
sagt seine Tochter heute. Auf einer
Marianne Meyer Krahmer, Tochter des ehemaligen Leipziger Oberbürgermeister Carl Friedrich Goerdeler, erzählt Schülern von der Zeit des Nationalsozialismus. Foto: André Kempner
Reise nach England warnte er einen
Bankenchef vor den deutschen Nationalsozialisten, von ihnen gehe eine
Weltgefahr aus. Und bekam zur Antwort: Es gehöre sich nicht für einen
Gentleman, in dieser Art und Weise
über die eigene Regierung zu sprechen.
Ihr Vater sei einer der wenigen Widerstandsleute gewesen, die aufgrund
seiner beruflichen Position relativ viele
Verbindungen knüpfen konnten. Goerdeler wurde wegen Landes- und Hochverrat zum Tode verurteilt und im Februar 1945 aufgehängt.
Grit Osterburg, Geschichts-Leistungskurs-Schülerin, interessiert sich
vor allem für die privaten Ausführungen der Zeitzeugin. „Von der Geschichte höre ich alles doppelt und dreifach.
Aber ich fand es sehr beeindruckend,
wie lebhaft Frau Meyer Krahmer das
rüber bringen kann“, erklärt sie im
Anschluss an deren Ausführungen.
„Mir war völlig fremd, dass tatsächlich
Leute als Geiseln in Haft genommen
wurden, um vielleicht im Notfall mal
jemanden austauschen zu können.“
Allerdings habe sie sich ein paar Sätze
mehr zu ihren persönlichen Erlebnissen gewünscht, „gerade zu Goerdeler,
den wir im Widerstandskampf gegen
Hitler als sehr wichtige Persönlichkeit
kennen gelernt haben. Aber auch wie
sie, als seine Tochter, damit umgegangen ist, eher ein Außenseiter der deutschen Gesellschaft gewesen zu sein,
hat mich interessiert.“
„Große geschichtliche Ereignisse bestimmten mein Leben“, sagt die 87Jährige heute. Geschichtliche Ereignisse, die sie als Warnungen an die
Gegenwart versteht und deshalb weitergibt. Marianne Meyer Krahmer war
zwischen 1930 und 38 selbst Schülerin des Max-Klinger-Gymnasiums. Der
Schule, an der sie ihr Abitur machte,
hat sie nach eigenen Aussagen viel zu
verdanken. Zu ihrem Abschluss 1938
sei sie die Einzige gewesen, die keine
Uniform trug.
Christiane Lösch
Jubiläum: Hedwig Kunter feiert im Seniorenheim „Am Auenwald“. Sie wurde am 4.
Dezember 1907 in Leipzig geboren.
Foto: André Kempner
LVZ GRATULIERT
Herzlichen
Glückwunsch
allen, die heute
in Stadt und Land
Geburtstag haben
Zum 93.: Marianne Hermann in Zwenkau;
zum 92.: Gertrud Steinert im Johanniterhaus „Am Mariannenpark“; zum 88.: Kurt
Freigang und Waltraud Scheler in Schkeuditz;
zum 87.: Marianne Pilz in Löbschütz;
zum 86.: Erna Korge in Schkeuditz;
zum 85.: Hildegard Nußbaum in Markkleeberg;
zum 84.: Käte Stöckel im Seniorenzentrum
„Dr. Margarete Blank“; Hilma Drasdo im Seniorenhof Plagwitz;
zum 82.: Günter Lehmann im DRK-Altenpflegeheim in Grünau;
zum 79.: Robert Fox in Taucha;
zum 76.: Brigitte Steinert und Horst Bachmann in Taucha; Giesela Lenz in Schkeuditz;
zum 74.: Lianne Gregor in Freiroda;
zum 73.: Heinz Blumentritt in Radefeld; Harry Gläser in Schkeuditz;
zum 72.: Rolf Wagler in Schkeuditz;
zum 71.: Hans Beyer in Schkeuditz; Reinhard Koch in Merkwitz.

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