Terra Preta – Entstehungssprozess und ein
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Terra Preta – Entstehungssprozess und ein
Terra Preta – Entstehungssprozess und ein mögliches Herstellungsverfahren Erkenntnisse von unserer Exkursion zu Dr. Jürgen Reckin am 28.4.2012, Fotos und Notizen von Kathrin Ollendorf Einen ganzen langen sonnigen Nachmittag hatten wir Gelegenheit, bei Dr. Jürgen Reckin in Schorfheide durch den Garten zu streifen. Er zeigte uns praktisch, wie er seine Schwarzerde herstellt, und erläuterte uns außerdem einige wichtige theoretische Grundlagen bzw. Erklärungsmodelle für verschiedene ablaufende Prozesse. Beides möchte ich in diesem Dokument kurz zusammenfassen. Für alle, die nicht dabei sein konnten: es geht um nicht weniger als die Umwandlung dieses sandigen Bodens... ...in folgendes Erdsubstrat: Links unten im Bild das Terra Preta-Referenzbeet, was Dr. Reckin vor 5 Jahren anlegte. Für die vielen Praktiker unter uns, zuerst einmal Dr. Reckin´s Verfahren, Schwarzerde herzustellen: Alle auf den Fotos gezeigten Materialmengen entsprechen der Schubkarrenportion, die Dr. Reckin an diesem Nachmittag mit uns als eine weitere Mietenauflage vorbereitet hat Æ zum Nachmachen eine ganz gute Orientierung, da hinsichtlich Mengenanteilen Volumenangaben gegeben wurden und es meiner Beobachtung nach ein Großteil auch „Gefühlssache“ zu sein scheint. 1. Mit einem „TerraCut 3500“ der Firma Cramer, ausgestattet mit einer Welle mit drei frei beweglichen Messern, wird Holz zerfasert. 2. Mehrere Arbeitsgänge (mind. 3) sind nötig, bis das Holz wirklich ausreichend zerfasert ist. Vorteilhaft ist frisches Holz, dass noch Zellsaft enthält. Der Auffangbehälter unter der Maschine wird leider nicht mitgeliefert, hier ist Eigenbau gefragt. Schutzbrille ist angesagt, gelegentlich ist Nachstopfen des Holzes durch die Maschine nötig, wie uns Dr. Reckin zeigte. 3. Hier zu sehen das Ausgangsmaterial, daneben nach dem ersten Cutten, und zuletzt das ausreichend zerfaserte Endmaterial. 4. Ein Teil des zerfaserten Holzes wurde danach noch mal mit der Portion Holzkohle durch den Cutter geschickt, um diese ebenfalls zu zerkleinern und gleich einzumischen. Rechts das Ergebnis. 5. Eine alte Kartoffelhacke ist ein ideales Mischgerät. Rechts im Bild wird gerade das zerfaserte Holz mit demjenigen vermischt, welches die Holzkohle enthält. Anzustrebende Menge Holzkohle an der Gesamtmenge: 5 Volumenprozent. 6. Zugabe von etwa ½ Schippe voll Urgesteinsmehl, so wird die Terra Preta ausreichend Spurenelemente enthalten. Auch Holzasche könnte zugegeben werden. 7. Zugabe von etwa 2 Schippen voll Tonmehl, dies ist besonders günstig/wichtig, wenn Sandboden verbessert werden soll. So können besonders stabile Ton-HumusKomplexe gebildet werden, die nur schwer wieder abbaubar sind. Günstig sind Tonmehle, die besonders viele Montmorrillonite enthalten (3-Schicht-Tonminerale). 8. Wenn verfügbar, etwa 2 Schippen voll Kohleasche zugeben, da diese Bor enthält. 9. Zum Impfen mit einer geeigneten Bodenmikroorganismen-Kultur, 2 Schippen voll fertige Terra Preta einmischen. Beim ersten Ansatz kann es ein anderer besonders guter/lebendiger Boden aus der Gegend sein (z.B. auch aus dem Wald möglich). 10. Die Mischung wird als Schicht auf die Miete aufgesetzt. 11. Darüber wird eine Schicht mit stickstoffreichem Material verteilt und eingemischt (im Foto rechts alte Federn). 12. Die Mieten werden regelmäßig mit fermentiertem Urin begossen. Nach und nach bis zu 50-60 Eimer pro Miete, (also etwa jeden 2.-3 Tag). Urinfermentierung: 1 Eimer mit Deckel (aus Lebensmittelplastik), darin sind anfangs 5 cm Impfkultur (hauptsächlich der Bacillus subtilis aus einem Heuaufguss), dazu 2-3 EL Milch als Eiweißquelle und etwas zuckerhaltiges (z.B. zerquetschte Birne oder Banane, die einmal mit abgekochtem Wasser überbrüht worden sind, Achtung abkühlen lassen vorm zugeben), da hinein kommt die tägliche Portion Urin, aber den Eimer höchstens ¾ voll füllen, da wichtige aerobe Bakterien mit drin sind; außerdem drauf achten dass keine Fremdmikroben in den Eimer gelangen! Ein Foto vom einfachen 99,-€-Trennklo fehlt mir leider. Der Urin wurde in einem Extra-Eimer gesammelt und in den Fermentierungseimer umgefüllt. Wenn es aus dem Fermentierungseimer unangenehm stinkt, ist die Fermentierung fehlgeschlagen. 13. Pflege der Zell-Urkultur: entweder im Eimer immer einen Rest drin lassen, also nicht alles vergießen, oder aber einen „Startereimer“ als Reserve füttern, dieser enthält nur die Heubacillen und deren Futter (siehe Punkt 12., muss immermal wieder zugeführt werden). 14. Eine Miete sollte nicht höher als 40 cm sein. Es dauert 3-4 Monate (max. ein halbes Jahr in kalter Jahreszeit), bis das Substrat in Terra Preta verwandelt ist. Vorher lohnt Graben und „Antesten“ nicht. Bei sehr kalten Temperaturen lohnt eine Abdeckung mit Laub oder Stroh, in sehr trockenem Sommer vor totaler Austrocknung schützen (z.B. Kompostvlies lässt Wasser rein und nicht raus, oder mit Wasser oder Pflanzenjauche gießen). 15. Am wichtigsten ist es, die sogenannte „Regenwurmphase“ mit Geduld abzuwarten, wenn diese die Miete verlassen haben, ist die Terra Preta fertig. Günstig ist es, die Mieten nebeneinander anzulegen, dann können die Würmer leicht umziehen. Die wichtigsten Regenwurmarten sind der Mistwurm und der Rotwurm (Dendrobena). Auf dem Foto sind wir auf der Suche und finden nur 2 oder 3 Würmer, wozu Dr. Reckin meinte: „...fast fertig, noch 1-2 Wochen.“ Theorie: die deshalb wichtig ist zu verstehen, um mit den jeweils eigenen zur Verfügung stehenden Ressourcen und Mitteln Ähnliches zu vollbringen: Ausgangsmaterialien: - Fermentierter Urin: 90 % des vom Menschen ausgeschiedenen Stickstoffs ist im Urin enthalten, stattdessen geht als Stickstofflieferant auch Brennesseljauche oder Federn o.a. N-haltige Substrate (Stallmist...) - Holz: möglichst frisches, natürlich feuchtes Holz (mit Zellfeuchte, die Zellsäfte enthalten noch Nährstoffe), im Holz steckt viel Lignin, dies ist idealer Ausgangsstoff zur Humusbildung - wenn Holz als Rohstoff, muss es ausreichend zerfasert sein, um gut mischbar zu sein mit der Holzkohle sowie dem Bacillus subtilis ausreichend „Angriffsfläche“ zu bieten - Holzkohle (bleibt dauerhaft im Boden mit allen positiven Wirkungen, wird nicht zersetzt) - Auch ohne Holz, stattdessen mit Stroh ist der Prozess möglich, dieses enthält aber weniger Lignin als Ausgangsstoff, daher ist es weniger effektiv - bei sandigem Boden ist Zugabe von Tonmehl empfehlenswert, je sandiger desto mehr (bis 4-5 Vol%), Bildung stabiler Ton-Humus-Komplexe dann besser möglich, von „Friedland“ gibt es 25 kg für 2,50 € mit viel Quellton (20% Montmorillonithe, die sind prima weil es 3-Schicht-Tonminerale sind) Fazit: zerfasertes Holz + Holzkohle + fermentierter Urin + Gesteinsmehle + Regenwurmarbeit Umwandlungsprozesse: - Humusbildung als Gesamtprozess ist eine oxidative Ammonifikation, d.h. Sauerstoff und Stickstoff müssen vorhanden sein - Holz bzw. Holzspäne haben ein Verhältnis C:N = 500:1, ideal für die Umsetzung sind aber 24:1, daher muss sehr viel Stickstoff zugegeben werden, jedoch ist dies im Ergebnis ein sehr nachhaltiger Stickstoffeinsatz und es sollte daran nicht gespart werden - Wenn Holz zu grob, wird es früher oder später veratmet (Materialverschwendung), das Zerfasern sorgt für eine große Angriffsfläche für Bac. subtilis und somit weitestgehende Nutzung für den Humusmolekül-Aufbau - an Heu vorkommender Bacillus subtilis wird im Heuaufguss, danach in der Zellkultur und im Urineimer vermehrt, bei Mischung mit dem Substrat „stürzt“ er sich sofort in ausreichender Menge auf das Lignin und spaltet dort die Methylgruppe ab - danach sind die Ligninketten schnell abbaubar und werden normalerweise veratmet - die Anwesenheit der Holzkohle scheint an dieser Stelle eine Art Katalysatorfunktion zu besitzen, wodurch die Ligninteile schneller zu Humusmolekülen verkettet werden, als der Abbau stattfindet - daher gibt es keine Alternativen zum Einsatz von Holzkohle bei der Terra PretaHerstellung, ideal sind 20 Vol% zum Kompost, mindestens aber 10 Vol%, im oben beschriebenen Verfahren mit zerfasertem Holz nannte Dr. Reckin 5 Vol%, ohne Holzkohle gibt es einen Düngeeffekt (Nährhumus), jedoch keinen langlebigen Dauerhumus - die Holzkohle bleibt nach der Humusbildung im Boden erhalten und hält den Humusbildungsprozess aufrecht, daher vermehrt sich die Terra Preta nach der Einbringung im Boden dauerhaft weiter - im Regenwurmdarm befinden sich besonders viel humusbildende Mikroorganismen, nach der Regenwurmphase ist die Bildung von Dauerhumus initiiert - Terra Preta ist im Ergebnis eher basisch wegen der Metallsalze, die bei der Holzkohlegewinnung entstehen, diese haben Seifenwirkung Fazit: bei der Terra Preta-Herstellung sind die Humussynthese-/Aufbauprozesse größer als die Veratmungs-/Abbauprozesse, dadurch wird die Atmungsrate im Boden gesenkt und letztlich CO2 im Boden gebunden Weitere Tipps: - Ausbringmenge: 10 Liter pro Quadratmeter, 10(-20) cm tief einhacken und vermischen (geht gut mit einer Kartoffelhacke), Boden nicht wenden und „verbuddeln“, nach 5 Jahren ist das ganze bis anderthalb Spatenstiche tief gewachsen - Referenzbeet pflegen: mit Küchenabfällen „füttern“, im Winter mit Laub abdecken, anfangs deutlich größere Ausbringmenge (bis 60 l), lohnt sich, denn von daher werden Mieten immer wieder „beimpft“ - Fertige Terra Preta lässt sich auch und an Pflanzen vergießen (z.B. Obstbäume), auch das fördert an dieser Stelle den Humusaufbau - wenn der fermentierte Urin nach Ammoniak stinkt ist was falsch gelaufen im Prozess - behelfsmäßige Holzkohleherstellung in geringen Mengen: nicht vollständig verbranntes Lagerfeuer mit Wasser löschen - jedes andere organische Material ist mit Holz mischbar, z.B. Stallmist lässt sich mit zerkleinertem Holz aufbessern (Ligningehalt steigt), evtl. auch gleich zerfasertes Holz einstreuen möglich - u.U. ist in den ersten Jahren mal eine wiederholte Einbringung von Terra Preta nötig - Humus begünstigt die Mykorrhizabildung, da sich darin die Pilze zurückziehen - Beimischung von Dolomit (Ca/Mg-Carbonat) erhöht den pH-Wert, für Regenwürmer optimal ist pH 7 - Einsatz von effektiven Mikroorganismen: verhindern Fäulnis, sind aber meist anaerobe Milchsäurebildner, welche die aeroben Humusbildner ausschließen, durch Senkung des pH-Wertes dauert es länger, bis die Regenwürmer kommen, insgesamt sind die EM für die Terra Preta-Herstellung ein Umweg, funktionieren tut es aber auch - falls Holzkohle gleich anfangs bei der Kompostierung eingemischt wird, senkt das die sonst üblichen Masseverluste im Kompostierungsprozess - nach erster Terra Preta-Anwendung tritt anfangs meist viel Unkraut auf - wenn man die erste Terra Preta-Miete mit Walderde beimpft, können in der Miete Strahlenpilze auftreten (weißes Mycel), diese sind mit wiederholtem begießen mit Brennesseljauche wieder wegzukriegen - jeglicher Schimmelbefall der Mieten ist nie gut (falsche Umwandlungsprozesse), dagegen mit Pflanzenjauchen begießen - Heuaufguss: abgekochtes warmes Wasser mit Heu vermischen in einem sauberen Gefäß und einige Tage stehen lassen: dann bildet sich Schleim drauf, gut ist es, wenn dieser weißlich aussieht (Bac. subtilis nie mit Brotteig in Verbindung bringen, da thermoresistenter Zersetzer) Neue Denkmodelle zum Verständnis der Pflanzenernährung: - Pflanzen sind in der Lage, größere Moleküle (Humusteile) zu ihrer Ernährung aufzunehmen sowie einzellige Mikroorganismen durch Endozytose zu „fressen“ - Mineralische Stickstoffdüngung wirkt nur mit Humus zusammen, da dadurch die Oxidation von Huminstoffen angeregt wird (infolgedessen sinkt durch diesen erhöhten Verbrauch aber der Humusgehalt) - Terra Preta ist durch die vielen enthaltenen Mikroorganismen eine Art „Dauerweide“ für die Pflanzen - Nach einem Wiesenschnitt stirbt neun Zehntel der Wurzelmasse, der Rest wächst in Tiefe, in dieser Phase ist die tote Wurzelmasse Nahrung für Regenwürmer, im Versuch wurden nach dem Schnitt in Wiesenschlitze Holzkohle eingebracht, was zur schnellen Steigerung des Humusgehaltes führte (Doran/Dorothy)