HiFi Stars D 2014 - Acoustic Signature

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HiFi Stars D 2014 - Acoustic Signature
hifi-stars.de
Ausgabe 23
Juni 2014 –
August 2014
HIFI - STARS
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Technik - Musik - Lebensart
Ausgabe 23
-
Juni 2014 / August 2014
Titel_2-14_Layout 1 17.04.14 08:33 Seite 1
Deutschland € 11 • Österreich € 12,30
Luxemburg € 13,00 • Schweiz sfr 15,50
ISSN 1867-5166
Technik
Acoustic Signature: MANFRED Mk2
Bester Freund
Obwohl ich mit meinem Yamaha PF-800, der sich mittlerweile fast 30 Jahre in meinem Besitz befindet, nach
wie vor sehr zufrieden bin, reizt es mich immer wieder,
auch andere Laufwerke und Konzepte in Augenschein
zu nehmen. Zumal jener PF-800 mit seinem unverwechselbaren Doppelrohr-Tonarm durchaus nicht mit jedem
Tonabnehmer (-gewicht) zusammenarbeiten mag. Und
ein Austausch käme einem Sakrileg gleich, würde den
Komfort stark einschränken. Außerdem reizt mich die
Idee vom Laufwerks-Stereobetrieb; nachdem ich Mehrkanal aufgegeben habe und zu ehrlichem Zweikanal zurückgekehrt bin, wäre sogar noch ein entsprechender
Platz neben meiner Anlage freizumachen. Das würde
zusätzliche Vergleiche z.B. auch unterschiedlicher Tonarme ermöglichen, entspricht also eher dem Spieltrieb
denn einer Notwendigkeit.
Ich habe vor gut einem halben Jahr das Einsteigerlaufwerk
WOW von Acoustic Signature aus dem schwäbischen
Göppingen getestet, was unter anderem meinen älteren
Bruder zum Kauf animierte. Der hat nach jahrzehnte10
langer Abstinenz seine Stereoanlage und Vinyl wiederentdeckt, scheint damit einem unübersehbaren Trend
anheimzufallen. Als ich das Testgerät zum Hersteller
zurückbrachte, entspann sich ein kurzes Gespräch über
verschiedene Möglichkeiten und irgendwie kamen wir
auf den gewöhnungsbedürftigen Namen MANFRED für
ein Laufwerk zu sprechen. Auf meine Frage, was denn
nun an jenem so besonders sei, kam ein verschmitztes
„das müßte man wohl mal testen“ als Antwort. Nun denn,
da sprach eigentlich nichts dagegen.
Klassische Erscheinung
Das Laufwerk sieht ganz nach deutschen Tugenden im
Maschinenbau und handwerklicher Präzision der Tischlerei aus. Die Optik ist schnörkellos und der klassisch
viereckige Grundriß hat eine ausgewogene Anmutung.
Der Plattenteller ist mit sechs Kilo Gewicht und auf der
Unterseite eingebrachter Dämpfung das zentrale Element
des Masselaufwerks, selbstverständlich dynamisch feingewuchtet und auf modernsten CNC-Maschinen gefer-
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tigt. Getragen wird der Teller vom bewährten TidorfolonLager. Die Entwicklung für die Lebensmittelindustrie
wurde an die Anforderungen des Laufwerks angepaßt,
ist sehr leichtlaufend und dabei auch noch garantiert
dauerhaft selbstschmierend, weil die Lagerbuchsen gesintert wurden. Der Käufer erhält trotzdem noch eine
Spritze passendes Öl in die Hand gedrückt, weil sich bei
den minimalen Toleranzen beim Aufsetzen des Tellers
ein Überdruck in der Lagerbuchse ausbildet. So hat der
Kunde von der ersten Umdrehung an genug Öl an der
Welle und der Hersteller gewährt ihm eine Garantie für
zehn wartungsfreie Jahre.
Das Tidorfolon-Lager wiederum ist in eine verstärkte
MDF-Konstruktion eingelassen, die mit 38 mm Stärke
und verschiedenen Furnieren aufgebaut wird. Diese Basis glänzt durch wohlproportionierte Gewichtung und
tadelloses Finish. Hier kann zwischen Ahorn- oder
Kirschfurnier gewählt werden, alternativ gibt es ein Klavierlackmodell in schwarz oder weiß. Die Basis ruht auf
drei massiven Füßen, die optisch die Proportionen des
Plattenspielers unterstreichen. Dabei sind jene nicht nur
Beiwerk und für die Bodenfreiheit unter der Lagerbuchse erforderlich, sondern sorgen durch den besonderen
Aufbau auch für eine wirksame Entkoppelung vom Bo-
den. Natürlich sind die Füße jeweils höhenverstellbar
und erlauben auch nach dem Aufbau noch eine Korrektur. Mit einem Inbusschlüssel ist die Basis jederzeit schnell
und exakt in der Waagrechten auszurichten.
Die Entkoppelung vom tragenden Regalboden oder Rack,
in meinem Fall aus Tischlerhölzern und Leimplatten
selbstgebaut und mit viel Vinyl ordentlich beschwert,
hat mich dann doch positiv überrascht. Selbst wenn das
Rack selber, durch Klopfen beispielsweise, durchaus
spürbar angeregt wird, ist davon auf der Oberfläche der
Plattenspielerbasis nichts mehr zu spüren. Selbst einen
gemeinen Klopftest auf dem laufenden Plattenspieler
quittiert jener mit fast stoischer Ruhe. Hier ist sowohl
die mechanische als auch akustische Solidität eindrücklich zu erleben. Auch in unmittelbarer Nähe vom Lautsprecher, eine Armlänge vom Tief-Mitteltöner entfernt,
ist eine Anregung dieser Basis durch Luftschall bei vertretbaren Lautstärken überhaupt nicht auszumachen.
Separater Motor integriert
Wie bei den großen Premium-Laufwerken vertraut Acoustic Signature auch beim Manfred auf den Antrieb mittels geschliffenem Vierkant-Riemen, was antriebseitige
Schwingungen wirksam vom Teller trennt. Nun kann
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ein Motor noch so fein gewuchtet und laufruhig sein,
die Gefahr von Resonanzen, die sich über die Basis auf
das Tellerlager übertragen könnten, umgeht der Hersteller beim Manfred zusätzlich. In der Basis hinten links
befindet sich eine auch optisch geschickt positionierte
Aussparung, wodurch der Motor zwar nahe am anzutreibenden Teller, aber doch völlig getrennt vom eigentlichen Laufwerk aufgestellt werden kann. Rund um den
Motor verbleiben ca. fünf Millimeter Freiraum, wenn
jener optisch mit den Gehäusekanten ausgerichtet auf
der Stellfläche plaziert wird.
Obwohl der verwendete Motor als sehr vibrationsarm
durchgeht, ist bei leichter Berührung des sauber gedrehten Aluminiumgehäuse noch ein Hauch einer Bewegung
spürbar. Am Laufwerk selber aber ist der Betriebszustand
nur optisch zu erkennen und keinesfalls außerhalb des
drehenden Tellers zu ertasten oder zu erhören – das ist
sehr gut.
Näheres
Der Motor selber wird über eine aufwendige Steuerung
mit optimierten Spannungen und damit idealen Antriebsströmen versorgt. Die Motorsteuerung mit der Bezeichnung smallAlpha kenne ich noch vom Challenger Mk 2,
wo sie sich als sehr solide erwies. An dem unscheinbaren
Alugehäuse finden sich auch hier die einzigen direkten
Bedienelemente des Antriebs. Die Kippschalter, der lin12
ke zum Einschalten und der rechte zur Auswahl der
Drehgeschwindigkeit, verbinden mechanische Wertigkeit
mit haptisch angenehmer Bedienung. Dabei kann durch
längere Kabel diese Bedieneinheit recht frei, also unabhängig von Motor und Laufwerk plaziert werden. Ich
habe beispielsweise diese Einheit eine Etage tiefer neben
meinem Vorverstärker aufgestellt.
Der Teller dreht sich entweder mit 33 1/3 oder 45 Umdrehungen pro Minute. Die Drehzahl muß vom Anwender weder justiert noch nachgeregelt werden und lief
über die Testwochen absolut stabil, was ich immer wieder mit Hilfe von Testschallplatten und Stroboskopen
überprüfen konnte. Die elektronisch stabilisierte Motorsteuerung wird ihrerseits durch ein externes Netzteil
versorgt, welches ebenfalls über ein längeres Kabel verfügt und weit entfernt von empfindlichen Phono-Verstärkern und Leitungen versteckt werden kann.
Wenn man versucht ist – wie ich zu Anfang – den Motor
beim Hochlaufen durch Anschieben des Tellers zu unterstützen, erlebt man eindrücklich dessen Kraft. Bevor
die Spannungen vom smallAlpha nicht bereitgestellt
werden, bremst er den Teller wieder ab; sobald die Ströme aber freigegeben sind, geht das Hochfahren mit der
Nachdrücklichkeit eines Direkttrieblers vonstatten. Die
Geschmeidigkeit, mit der die 6 kg Tellermasse auf Touren gebracht werden, verblüfft mich durchaus.
Wenn ich im laufenden Betrieb mit einer feinen Ziegen-
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haarbürste eine verirrte Fluse oder Wimpernhaare von
der Platte wischte, wurde das nicht einmal für empfindliche Ohren akustisch angezeigt. Wie schnell man sich
auch im nicht mehr ganz jugendlichen Alter so schlechte Angewohnheiten aneignen kann, machte mir wenig
später der ältere Yamaha klar, als ich bei ihm das gleiche
versuchte: der jaulte mich gleich beleidigt an.
So kommt der Teller des Acoustic Signature mit seiner
Motorbremse auch vergleichbar schnell zum Stillstand,
was mich bezüglich der Lagerreibung zuerst auf die falsche Fährte führte. Läßt man nämlich den Teller des
Manfred mal ohne Riemen rotieren, muß man Geduld
mitbringen um den Abfall der Geschwindigkeit durch
Lagerreibung überhaupt wahrzunehmen.
Variable Tonarmbasen
Rechts hinten in der Basis befindet sich eine kreisrunde,
ebenfalls mit Aluminium bewehrte Aussparung für die
Tonarmbasis. Die rundet das Design auf der vom Motor
abgewendeten Seite mit vergleichbarem Stilelement ab
und paßt für alle Tonarmtypen mit neun Zoll Länge.
Durch eine Madenschraube, die optisch ansprechend
versteckt ist, kann jeder Tonarm in der Höhe variabel
befestigt werden. Der Besitzer eines Manfred hat also
unabhängig vom Tonarmtyp auch immer eine Möglichkeit, den vertikalen Abtastwinkel zu korrigieren. Es kann
wahlweise aber auch die im Tonarm integrierte Höheneinstellung verwendet werden, wenn dieser auf eine der
vielen lieferbaren Tonarmbasen montiert wurde. Acoustic Signature bietet für alle Typen und Hersteller entsprechende Basen an.
Dabei ist die Basis von der Standardhöhe so bemessen,
daß beispielsweise ein Ortofon an einem Rega wie angegossen spielt. Ein feines Detail stellt die Fertigung
dieser unscheinbaren Tonarmbasen im Hause in ein
neues Licht: Egal ob die Lagerung des Tonarms erhöht
oder abgesenkt wurde, die angefasten Kanten der passenden Tonarmbasis erzeugen optisch immer den Eindruck, daß das Ensemble für genau diese Kombination
entwickelt wurde. Durch den abgesetzten Einfassungsring
gelingt hier eine mechanisch überzeugende Lösung mit
optischer und haptischer Präzision, die mir ausgesprochen
gut gefällt.
Weitere Erkenntnisse
Der Manfred des Göppinger Herstellers Acoustic Signature fällt ein bißchen aus der Designlinie des Herstellers
und wirkt trotz seiner absoluten Maße und Masse eher
leicht. Dabei ist das ein ausgewachsenes und sehr stabiles Laufwerk, was erst im direkten Vergleich zu anderen
Plattenspielern auffällt. Gewöhnungsbedürftig wird vielleicht empfunden, daß die Motorsteuerung und Be-
dieneinheit unabhängig vom Laufwerk plaziert werden
können. Das ist aber gleichzeitig Programm im Verbund
mit der unscheinbar aber genial gelösten Variabilität, mit
der dieses feine Laufwerk aufwarten kann. Im Vergleich
mit anderen Laufwerken besitzt der Manfred dabei ein
sehr einnehmendes Wesen, das vornehmlich durch seine Verläßlichkeit geprägt wird. Ich konnte ihn mit verschiedenen Tonabnehmern und Technologien, also beispielsweise Moving Magnet und Moving Coil aber auch
Moving Iron ausführlich unter die Ohren nehmen und
bescheinige ihm dabei größtmögliche Neutralität, verbunden mit einem verbindlichen Auftritt, der berechtigte Schärfe und Attacke nicht ins Nervige abgleiten läßt.
Auf den Punkt gebracht
Der Acoustic Signature Manfred Mk2 bringt
unter der Haube die Tugenden des Maschinenbaus mit der Entspanntheit großer Ausgewogenheit und Balance zusammen und bringt das
als schöne Basis für eine langlebige Freundschaft
ein. Ich meine, Manfred ist als Name gar nicht
so gewöhnungsbedürftig, sondern sogar ziemlich passend.
Information
Acoustic Signature MANFRED Mk2
smallAlpha Motorsteuerung und Steckernetzteil
Bedämpfter Masseplattenteller mit 6 kg Gewicht
Geschliffener Vierkantriemenantrieb und Lederauflage
Preis: ab 2.490 €
Tonarme und -abnehmer können auf Kundenwunsch
frei kombiniert und vom Hersteller auf Anfrage auch
bezogen werden.
Vertrieb:
AS Distribution GmbH
Ulmer Straße 123
D-73037 Göppingen
Tel.: +49 (0) 7161-3898135
Fax: +49 (0) 7161-3898137
www.as-distribution.de
[email protected]
Thorsten Bartolomäus
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