zum Nachruf von Herwig Bitsche
Transcription
zum Nachruf von Herwig Bitsche
NordSüd Verlag AG Wahrscheinlich bin ich Jürg Amanns letzter Verleger, mit dem kleinsten Teil seines Werkes, für die jüngsten Leser. Kennengelernt haben wir uns kurz bevor ich sein Verleger wurde, auf der Frankfurter Buchmesse 2011. Einen Monat später haben wir uns, zusammen mit Käthi Bhend, über die Nominierung zum Schweizer Kinderbuchpreis gefreut – gewonnen hat ihn ein anderer Jürg: Schubiger, auch jemand, dem man diesen Preis von Herzen gönnt. Zürich NorthSouth Books Inc. New York Kurz darauf, da waren wir schon an den Vorbereitungen für sein nächstes Buch „Mit großem Krach – Vom Reimen auf Biegen und Brechen“, illustriert von Helga Gebert, erfuhren wir von seiner schweren Erkrankung. Vielleicht war es die Parallelität – meine Mutter erkrankte zur selben Zeit an derselben heimtückischen Krankheit – die uns von Anfang an so offen darüber reden ließ. Es war auf jeden Fall ein weiteres, persönliches Band, das uns neben der Leidenschaft für Bücher verband. Im Sommer 2012, kurz nachdem ein heftiger Sturm über Zürich hinweggefegt ist und die Linde an Georg Büchners Grab auf dem Zürichberg beschädigt hat, trafen wir uns im Niederdorf, um Pläne für neue Bücher zu schmieden. Jürg wollte arbeiten, um sich abzulenken, und mir war bewusst, dass er unsere Zuversicht brauchte. Der Besuch an Büchners Grab hatte mir in Erinnerung gebracht, dass im kommenden Jahr der 200. Geburtstag von Büchner bevorstand. Und wer wäre berufener als Jürg Amann ein Kinderbuch aus einem Text von Georg Büchner zu machen? Binnen Minuten waren wir uns einig, dass nur „Leonce und Lena“ infrage kommen kann. Zwei Königskinder, von den Eltern füreinander bestimmt, fliehen. Unerkannt begegnen sie einander und verlieben sich. Was für ein Stoff für Jürg Amann! Und dann sagte mir Jürg: Ich weiß nur eine Illustratorin, die das illustrieren kann. Ich auch, aber die ist leider undenkbar, gab ich etwas verhalten zur Antwort. Ich meine Lisbeth Zwerger! Ich auch. Nachruf Jürg Amann (1947-2013) Lisbeth Zwerger hatte seit Jahren keine neuen Bücher mehr für NordSüd illustriert. Bestärkt durch Jürg Amann und beseelt von unserem schönen Abend habe ich Lisbeth Zwerger einen langen Brief geschrieben. Einen von vielen, die noch folgen sollten. Sie wollte es sich überlegen, nahm den Text, den Jürg schon eine Woche nach unserem Treffen fertig hatte, mit in ihren Urlaub. Und sie besorgte sich die DVD einer Aufführung bei den Salzburger Festspielen 1975, mit Klaus Maria Brandauer in der Titelrolle. Wie sich später herausgestellt hat, hatte Jürg diese Inszenierung in Salzburg gesehen. Schließlich willigte Lisbeth Zwerger ein und schickte auch gleich erste furiose Entwürfe. Das letzte Mal traf ich Jürg im Spätherbst 2012 bei der Verleihung der Kunstpreise der Stadt Zürich. Er sah gut aus, war gut gelaunt und voller Optimismus. Die ersten Tests sind positiv ausgefallen und wir waren zuversichtlich, dass wir das Buch gemeinsam aus der Taufe heben konnten. Ende April 2013 starb meine Mutter und Jürg und seine Frau kondolierten in einer kurzen Mail. Zwei Wochen später hatte auch Jürg seinen Kampf verloren. Was bleibt, sind die Erinnerungen – und die Bücher. „Leonce und Lena“ wird im September erscheinen. Für die Linde, die die Stadt Zürich im Oktober am Grab von Georg Büchner pflanzen will, waren Jürg Amann und Lisbeth Zwerger als Paten vorgesehen. Auch sie wird mich in Zukunft an Jürg Amann erinnern. NordSüd Verlag AG Heinrichstrasse 249 CH 8005 Zürich T +41 44 936 68 68 Herwig Bitsche/21. Mai 2013 F +41 44 936 68 00 [email protected] www.nord-sued.com MwSt. Nr. 569581