26/12 - Bundesamt für Gesundheit
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Bulletin 26/12 Bundesamt für Gesundheit Impressum Herausgeber Bundesamt für Gesundheit 3003 Bern (Schweiz) www.bag.admin.ch Redaktion Bundesamt für Gesundheit 3003 Bern Telefon 031 322 96 39 [email protected] Druck Stämpfli Publikationen AG Wölflistrasse 1 Postfach 8326 CH-3001 Bern Telefon 031 300 66 66 Abonnemente, Adressänderungen BBL, Vertrieb Bundespublikationen CH-3003 Bern E-Mail: [email protected] Telefon 031 325 50 50 Fax 031 325 50 58 Bulletin 26 25. Juni 2012 ISSN 1420-4266 438 Inhalt Übertragbare Krankheiten Meldungen Infektionskrankheiten 440 443 Strahlenschutz Klinische Audits in der Radiologie: ein optimales Instrument im Interesse der Patientinnen und Patienten 447 Kongressankündigung Schweizer Impfkongress 449 Betäubungsmittel Rezeptdiebstahl 450 Inseratekampagne 2012 Tabakprävention 451 Bulletin 26 Kranken- und Unfallversicherung Methylphenidat bei Kindern und Jugendlichen Auswertung von Krankenversicherungsdaten zeigt Zunahme der Bezüge von Methylphenidat zwischen 2005 und 2008 25. Juni 2012 Sentinella-Statistik442 439 Übertragbare Krankheiten Meldungen Infektionskrankheiten Stand am Ende der 24. Woche (19.6.2012)a a Arzt- oder Labormeldungen laut Meldeverordnung. Zahlen provisorisch nach Eingangsdatum. Bei den in kursiver Schrift angegebenen Daten handelt es sich um annualisierte Angaben: Fälle pro Jahr und 100 000 Wohnbevölkerung (gemäss Statistischem Jahrbuch der Schweiz). Die annualisierte Inzidenz erlaubt einen Vergleich unterschiedlicher Zeitperioden. b Ausgeschlossen sind materno-foetale Röteln. c Bei schwangeren Frauen und Neugeborenen. d Siehe Influenza-Überwachung im Sentinella-Meldesystem http://www.bag.admin.ch/k_m_meldesystem/00736/00816/ index.html?lang=de. e Bestätigte und wahrscheinliche Fälle von klassischer CJD. Da das diagnostische Prozedere bis zwei Monate betragen kann, wird auf eine detaillierte Darstellung nach Meldewochen verzichtet. Die Zahl der bestätigten und wahrscheinlichen Fälle betrug im Jahre 2010 8 und im Jahre 2011 10. Woche 24 2012 2011 2010 Letzte 4 Wochen 2012 2011 2010 Letzte 52 Wochen 2012 2011 2010 Seit Jahresbeginn 2012 2011 2010 Tuberkulose 8 5.30 14 9.20 22 14.50 34 5.60 45 7.40 69 11.40 553 7.00 510 6.40 542 6.90 223 6.10 250 6.80 288 7.90 Invasive MeningokokkenErkrankungen 1 0.70 1 0.70 1 0.70 6 1.00 7 1.20 3 0.50 71 0.90 64 0.80 55 0.70 38 1.00 41 1.10 29 0.80 Legionellose 5 3.30 8 5.30 4 2.60 19 3.10 25 4.10 18 3.00 264 3.30 272 3.40 218 2.80 87 2.40 71 2.00 78 2.10 Haemophilus influenzae: invasiv 3 2.00 1 0.70 1 0.70 8 1.30 6 1.00 7 1.20 77 1.00 104 1.30 83 1.00 43 1.20 63 1.70 37 1.00 18 11.80 3 2.00 15 2.50 80 13.20 7 1.20 140 1.80 630 8.00 67 0.80 51 1.40 593 16.20 27 0.70 1 0.20 10 0.10 7 0.09 6 0.08 6 0.20 4 0.10 3 0.08 Respiratorische Übertragung 25. Juni 2012 Masern Rötelnb Röteln materno-foetalec 1 0.01 Influenzavirend Saisonale Typen, Subtypen Invasive PneumokokkenErkrankungen 1 0.70 7 4.60 17 11.20 24 15.80 5 0.80 2 0.30 64 10.50 59 9.70 709 696 116.60 114.40 1047 13.20 1676 21.20 114 1.40 1024 28.10 1515 41.50 41 1.10 68 11.20 932 11.80 977 12.40 924 11.70 573 15.70 596 16.30 521 14.30 532 87.50 8584 108.60 7143 90.40 7207 91.20 3444 94.40 2746 75.20 2247 61.60 Faeco-orale Übertragung Bulletin 26 Campylobacter 440 201 196 167 132.20 128.90 109.80 Salmonella typhi/paratyphi 1 0.70 1 0.70 4 0.70 3 0.50 3 0.50 27 0.30 37 0.50 38 0.50 11 0.30 12 0.30 18 0.50 Übrige Salmonellen 10 6.60 33 21.70 29 19.10 84 13.80 107 17.60 103 16.90 1307 16.50 1241 15.70 1220 15.40 441 12.10 447 12.20 415 11.40 Shigellen 3 2.00 6 4.00 2 1.30 9 1.50 15 2.50 22 3.60 146 1.80 222 2.80 233 3.00 50 1.40 77 2.10 88 2.40 Enterohämorrhagische E. coli 1 0.70 1 0.70 1 0.70 6 1.00 12 2.00 3 0.50 64 0.80 49 0.60 37 0.50 22 0.60 29 0.80 10 0.30 Hepatitis A 1 0.70 1 0.70 2 0.30 3 0.50 6 1.00 80 1.00 87 1.10 82 1.00 30 0.80 51 1.40 31 0.80 Listerien 1 0.70 2 1.30 4 0.70 10 1.60 5 0.80 38 0.50 80 1.00 43 0.50 20 0.60 31 0.80 20 0.60 Übertragbare Krankheiten Woche 24 2012 2011 2010 Letzte 4 Wochen 2012 2011 2010 Letzte 52 Wochen 2012 2011 2010 Seit Jahresbeginn 2012 2011 2010 1 0.70 22 95 2 0.30 90 5 0.80 99 63 0.80 1373 68 0.90 1207 56 0.70 1153 26 0.70 672 35 1.00 574 29 0.80 544 7 1.20 97 4 0.70 126 48 0.60 1540 64 0.80 1437 41 0.50 1514 22 0.60 838 36 1.00 646 20 0.60 661 133 670 609 110.20 100.10 553 90.90 7619 96.40 7091 89.70 6335 80.10 3815 104.60 3469 95.10 2989 81.90 Durch Blut oder sexuell übertragen Hepatitis B akut Total Meldungen (B) 24 18 16 2 1.30 35 21 211 198 138.80 130.20 151 99.30 Hepatitis C akut Total Meldungen (C) Chlamydia trachomatis Gonorrhoe 36 23.70 42 27.60 12 7.90 141 23.20 126 20.70 94 15.50 1457 18.40 1251 15.80 1122 14.20 636 17.40 604 16.60 574 15.70 Syphilis 33 21.70 17 11.20 26 17.10 99 16.30 62 10.20 99 16.30 1070 13.50 1020 12.90 920 11.60 520 14.20 473 13.00 503 13.80 Zeckenenzephalitis 3 2.00 13 8.60 3 2.00 13 2.10 32 5.30 14 2.30 154 2.00 119 1.50 114 1.40 27 0.70 48 1.30 24 0.70 Malaria 1 0.70 4 2.60 3 2.00 17 2.80 15 2.50 21 3.40 190 2.40 223 2.80 205 2.60 70 1.90 83 2.30 88 2.40 1 0.20 4 0.05 5 0.06 14 0.20 2 0.05 4 0.10 3 0.50 42 0.50 81 1.00 36 0.50 22 0.60 26 0.70 5 0.10 4 0.10 Chikungunya-Fieber Dengue-Fieber 1 0.70 4 0.70 1 0.20 Hantavirus-Infektionen 1 0.01 26 0.70 1 0.03 25. Juni 2012 Zoonosen und andere durch Vektoren übertragbare Krankheiten Gelbfieber 1 0.70 2 1.30 1 0.20 3 0.50 6 0.08 9 0.10 Trichinella spiralis Tularämie 13 0.20 3 0.08 2 0.03 1 0.20 11 0.10 13 0.20 5 0.06 1 0.03 2 0.05 2 0.05 2 0.05 Andere Meldungen Botulismus Tetanus Creutzfeldt-Jakob-Krankheite 1 0.01 1 0.01 1 0.01 Bulletin 26 Brucellen 1 0.03 1 0.01 4 Bundesamt für Gesundheit Direktionsbereich Öffentliche Gesundheit Abteilung Übertragbare Krankheiten Telefon 031 323 87 06 441 Übertragbare Krankheiten Sentinella-Statistik Anzahl Meldungen (N) der letzten 4 Wochen und Inzidenz pro 1000 Konsultationen (N/103), Stand am 19.6.2012 Freiwillige Erhebung bei Hausärztinnen und Hausärzten (Allgemeinpraktiker, Internisten und Pädiater) 21 22 23 24Mittel Woche 4 Wochen NN/103 Thema N N/103 N N/103 N N/103 N N/103 Influenza 8 0.63 0.37 0.53 0.2 5.3 0.4 Mumps 00 00 0 0 00 00 Otitis media 352.6 312.6 27 2 25 2 29.52.3 Pneumonie 12 0.99 0.89 0.76 0.5 9 0.7 Pertussis 4 0.32 0.23 0.26 0.5 3.8 0.3 Meldende Ärzte 156 Provisorische Daten Bulletin 26 25. Juin 2012 Bundesamt für Gesundheit Direktionsbereich Öffentliche Gesundheit Abteilung Übertragbare Krankheiten Telefon 031 323 87 06 442 153 153 134 149 Kranken- und Unfallversicherung Methylphenidat bei Kindern und Jugendlichen Auswertung von Krankenversicherungsdaten zeigt Zunahme der Bezüge von Methylphenidat zwischen 2005 und 2008 Autoren: Mark Pletscher, Simon Wieser Die Verschreibung von methylphenidathaltigen Medikamenten bei Kindern und Jugendlichen wird in der Schweizer Öffentlichkeit breit diskutiert und häufig kritisch hinterfragt. Verschiedene Studien zeigen, dass der Anteil der Kinder und Jugend lichen, welche das Medikament einnehmen, zugenommen hat, und dass immer grössere Wirkstoff mengen bezogen werden [1–5]. In der hier vorgestellten Studie wurde deshalb die Verbreitung der Einnahme von Methylphenidat unter Kindern und Jugendlichen bis und mit 18 Jahre anhand der Leistungsdaten dreier Schweizer Krankenversicherungen (Groupe Mutuel, KPT, Visana) untersucht. Nebst der Analyse der Entwicklung über die Zeit ermöglicht die Studie auch einen Vergleich zwischen Alters- und Geschlechtergruppen und gibt Hinweise auf das Verschreiberverhalten. Daten und Methoden Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um eine deskriptive Aus wertung der Kosten- und Leistungsstatistik (KoLe) des Bundesamts für Gesundheit (BAG) durch das Winter thurer Institut für Gesundheits ökonomie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Die KoLe-Statistik, welche sich gegenwärtig noch in der Pilotphase befindet, basiert auf den Rechnungen für Leistungen und Medikamente der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, welche von den Leistungserbringern oder Versicherten an die Krankenversicherungen übermittelt werden. Gegenwärtig umfasst sie die Daten von drei grossen Krankenversicherungen (Groupe Mutuel, KPT, Visana) und deckt damit gut 22% aller Versicherten in der Schweiz ab. Für diese Studie wurden die eingereichten Rechnungen aller Personen ausgewertet, die in den Jahren 2005 bis und mit 2008 mindestens einen Bezug eines methylphenidathaltigen Medikaments (ATC N06BA04) abgerechnet haben. Die Daten wurden vorgängig anonymisiert. Von den erfassten Personen sind nur Alter, Geschlecht und die Region gemäss der medizinischen Statistik (MedStat) bekannt. Die Packungen der bezogenen Arzneimittel wurden anhand der Swissmedic-Zulassungsnummer eindeutig identifiziert. Dank der Dokumentierung der Zahlstellennummer© von santésuisse ist von jeder abgerechneten Leistung der Erbringer und der Veranlasser (Verschreiber) erfasst. Bei Medikamenten ist somit bekannt, wo sie bezogen wurden und wer das Rezept ausgestellt hat. Da gut ein Viertel der Rechnungen für Methylphenidat erst im Folgejahr abgerechnet wurden, sind die Bezüge im letzten beobachteten Jahr (2008) um diesen Faktor nach oben korrigiert worden. Die vorgestellten Resultate sind rein beschreibend und enthalten keine Aussagen zur Angemessenheit des Konsums von Methylphenidat und der begleitenden medizinischen Betreuung. Die Resultate zum Bezügeranteil wurden anhand des regionalen Abdeckungsgrads der KoLe-Statistik auf die Schweiz hochgerechnet. Bezüger sind Personen, für welche während eines Jahres mindestens eine Rechnung für ein methylphe nidathaltiges Präparat eingereicht wurde. Der Anteil der Bezüger von Methylphenidat (z.B. Ritalin) unter den 0- bis 18-Jährigen ist von 2005 bis 2008 von 0.61% auf 0.85% angestiegen, d. h. eine Zunahme von knapp 40% (siehe Abbildung 1). Die durchschnittliche jährliche Wirkstoffmenge pro Bezüger ist im gleichen Zeitraum um 9% von 5094 mg auf 5551 mg angestiegen. Bezüge nach Alter und Geschlecht Bei den Knaben ist der Bezügeranteil im Beobachtungszeitraum von 0.95% auf 1.30%, bei den Mädchen von 0.25% auf 0.38% angestiegen (Abbildung 1). Die Knaben haben also im Jahr 2005 3.8 Mal häufiger Methylphenidat bezogen als die Mädchen. Obwohl dieser Faktor bis ins Jahr 2008 auf 3.4 zurückgegangen ist, blieb der Geschlechterunterschied klar bestehen. Abbildung 3 zeigt, dass der Be zügeranteil im Jahr 2007 unter den 6- bis 12-Jährigen mit dem Alter zunahm und dann wieder zurückging. Unter 6 Jahren haben praktisch keine Kinder Ritalin erhalten. Im Jahr 2007 haben 3.11% der 12-jäh rigen Knaben mindestens einmal Methylphenidat bezogen, während der Anteil bei den 12-jährigen Mädchen bei 0.95% lag. Bei den Mädchen blieb der Bezügeranteil zwischen 15 und 18 beinahe konstant. 25. Juni 2012 dat (z.B. Ritalin) unter den 0- bis 18-Jährigen ist von 2005 bis 2008 von 0.61% auf 0.85% angestiegen, d.h. eine Zunahme von knapp 40%. Der Bezügeranteil war bei den Knaben fast vier Mal so hoch wie bei den Mädchen und war im Jahr 2007 in der Altersgruppe der 12-Jährigen am höchsten. Bei drei Viertel aller Bezüger liegt die geschätzte Einnahmedauer unter einem Jahr. Gut drei Viertel aller Bezüge wurden von spezialisierten Fachärzten wie Kinderärzten, Kinderpsychiatern oder Psychiatern veranlasst. Entwicklung der Bezüge von Methylphenidat 2005–2008 Bulletin 26 Der Anteil der Bezüger von Methylpheni- Anzahl Bezüge und Einnahmedauer Bezüger, die im Jahr 2005 zwischen 0 und 18 Jahre alt waren, haben im Beobachtungszeitraum durchschnittlich 6 Bezüge abgerechnet. Der Median lag bei 4 Bezügen. 443 Kranken- und Unfallversicherung Abbildung 1 Bezügeranteil (0- bis 18-Jährige) nach Jahr (Hochrechnung gesamte Schweiz) 1.4% 0.0% 2006 2007 0.85% 0.38% 0.77% 1.18% 1.06% 2005 0.34% 0.2% 0.69% 0.25% 0.4% 0.30% 0.6% 0.61% 0.8% 1.30% 1.0% 0.95% Bezügeranteil 1.2% Knaben Mädchen Knaben und Mädchen 2008 25. Juni 2012 Jahr Abbildung 2: Jährliche Wirkstoffmenge pro Bezüger (0- bis 18-Jährige) nach Jahr Wirkstoffmenge [mg] Bulletin 26 6000 5000 5094 5096 2005 2006 5551 2007 2008 4000 3000 2000 1000 0 Jahr 444 5357 Kranken- und Unfallversicherung Abbildung 3 Bezügeranteil im Jahr 2007 nach Alter und Geschlecht 3.5% Bezügeranteil 3.0% 2.5% 2.0% Knaben 1.5% Mädchen 1.0% 0.5% 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 1314 15 16 17 18 Tabelle 1 Anzahl Bezüge und Einnahmedauer 2005 bis 2008 Anzahl Bezüge Mittelwert Median 6.05 Bezüge 4.00 Bezüge Einnahme- dauer Mittelwert Median 275 Tage 166 Tage Bei der Berechnung der Einnahmedauer gilt es, sowohl die Anzahl Bezüge als auch die bezogene Wirkstoffmenge sowie die altersabhängige Tagesdosis zu berücksichtigen. Die Information zur Wirkstoffmenge der einzelnen Packungen sind aus der SL-Liste bekannt. Die Schätzung der Tagesdosis erfolgte für vier Altersgruppen anhand der durchschnittlichen Wirkstoffmenge pro bezogene Tablette der langwirksamen Präparate, welche nur einmal täglich eingenommen werden sollten. Das Verbrauchsintervall, in dem eine einzelne gekaufte Packung Methylphenidat aufgebraucht wird, ergibt sich, indem die in einer Packung ent haltene Wirkstoffmenge durch die geschätzte Tagesdosis geteilt wird. Die gesamte Einnahmedauer entspricht der Summe der Verbrauchsintervalle aller eingekauften Packungen. Die so geschätzte durchschnittliche Einnahmedauer beträgt 275 Tage, der Median 166 Tage (Tabelle 2). Bei knapp einem Viertel der Bezüger lag die geschätzte Einnahmedauer im Beobachtungszeitraum über einem Jahr. Tabelle 2 Kumulierter Anteil der Bezüger nach maximaler Einnahmedauer KumulierterMaximale Anteil der Einnahmedauer Bezüger[Tage] [Prozent] 1 9 5 12 10 24 25 67 50 166 75 377 90 687 95 924 991351 25. Juni 2012 Alter Verschreiber Anhand der KoLe-Statistik kann auch untersucht werden, welche Fachgruppen die Bezüge veranlasst haben (Tabelle 3) und wo das Medikament abgegeben wurde (Tabelle 4). Ein Leistungserbringer gilt als Verschreiber, wenn er ein Rezept ausstellt oder das Medikament selbst abgibt. Kinderärzte veranlassten 59% aller erfassten Bezüge, gefolgt von den Grundversorgern mit 14% und Bulletin 26 0.0% Tabelle 3 Anteil der von verschiedenen Leistungserbringern verschriebenen Bezüge an allen von 2005 bis 2008 getätigten Bezügen VerschreiberAnteil Kinderärzte 59% Grundversorger 14% Kinderpsychiater 12% Kliniken 6% Psychiater 5% Übrige Leistungserbringer 4% Total100% 445 Kranken- und Unfallversicherung den Kinderpsychiatern mit 12%. Kinderärzte, Kinderpsychiater und Psychiater waren zusammengenommen für rund 76% der Verschreibungen verantwortlich. Wie in Tabelle 4 dargestellt, wurden gemäss KoLe-Statistik 81% der Bezüge in Apotheken getätigt, 11% in den Praxen von Kinderärzten und 6% bei Grundversorgern. Bei Psychiatern und Kinderpsychiatern wurden fast keine Bezüge erfasst. Ein Vergleich zwischen Tabelle 3 und Tabelle 4 zeigt, dass auch Kliniken in den Daten praktisch ausschliesslich als Verschreiber, nicht aber als Ab gabestelle auftreten. Tabelle 4 Anteil der bei verschiedenen Leistungserbringern getätigten Bezüge an allen von 2005 bis 2008 erfassten Bezügen 25. Juni 2012 AbgabestelleTotal Apotheken 81% Kinderärzte 11% Grundversorger 6% Kinderpsychiater 1% Übrige Leistungserbringer 1% Psychiater 0% Kliniken 0% Total100% Bulletin 26 Schlussfolgerungen 446 Der Bezügeranteil unter den Kindern und Jugendlichen ist im Be obachtungszeitraum stark angestiegen. Angesichts einer geschätzten Prävalenz des Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndroms (ADHS) unter Kindern und Jugend lichen von 2.6% bis 10% [6–11] kann davon ausgegangen werden, dass nur ein Teil der Betroffenen mit Medikamenten behandelt wird. Dies steht in Übereinstimmung mit publizierten Behandlungsempfehlungen [7, 10, 11]. Bei denjenigen Patienten, welche mit Methylphenidat behandelt wurden, handelt es sich nur bei einer Minderheit um Langzeitbezüger. Drei Viertel der Bezüge werden von Kinderärzten, Kinderpsychiatern oder Psychiatern verschrieben. Nur 14% der Verschreibungen stammten von Grundversorgern, welche ausserdem das Medikament nur selten in ihrer Praxis abgegeben haben. J Referenzen 1. M ontandon J-B, Médioni L. Entwicklung der Anzahl Verschreibungen für Ritalin (Methylphenidat) im Kanton Neuenburg zwischen 1996 und 2000. swissmedic. 2002. 2. H uissoud T, Jeannin A, Dubois-Arber F. Hyperactivité et prescription de Ritaline dans le canton de Vaud (Suisse), 2002. Revue d’epidemiologie et de santé publique. 2007; 55: 357–63. 3. G umy C, Huissoud T, Dubois-Arber F. Prevalence of Methylphenidate Prescription Among School-Aged Children in a Swiss Population: Increase in the Number of Prescriptions in the Swiss Canton of Vaud, From 2002 to 2005, and Changes in Patient Demographics. Journal of Attention Disorders. 2010 November 1, 2010; 14(3): 267–72. 4. K anton Zürich. Bericht und Antrag des Regierungsrates an den Kantonsrat zum Postulat KR-Nr. 296/2005 betreffend Statistik über die Abgabe von Psychopharmaka an Schülerinnen und Schüler in der Zürcher Volksschule. KR-Nr. 296/20052010. 5. K ühne R, Rapold R. Der Bezug von Methylphenidat in der Schweiz. Nicht alarmierend – Fragen stellen sich dennoch. Schweizerische Ärztezeitung. 2011; 92(34): 1295–9. 6. S teinhausen H-C, Metzke CW, Meier M, Kannenberg R. Prevalence of child and adolescent psychiatric disorders: The Zurich Epidemiological Study. Oxford, ROYAUME-UNI: Blackwell; 1998. 7. S teinhausen H-C. Die Aufmerksamkeitsdefizithyperaktivitäts-Störung (ADHS) – Empfehlungen. Zentrum für Kinder und Jugendpsychiatrie, Universität Zürich 2005. 8. B ader M, Pierrehumbert B, Junier L, Halfon O. Die Aufmerksamkeitsdefizithyperaktivitäts-Störung bei Kindern und Jugendlichen. Bericht über eine 2001 in Morges durchgeführte Studie und eine Umfrage bei der Ärzteschaft des Kantons Waadt. Service universitaire de psychiatrie de l’enfant et de l’adolescent Lausanne 2005. 9. M aier MA. Die Behandlung der adulten Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) mit Methylphenidat versus Atomoxetin: systematische Review. Tübingen: Eberhard-KarlsUniversität. 2007. 10. S chlack R, Hölling H, Kurth B-M, Huss M. Die Prävalenz der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Erste Ergebnisse aus dem Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS). Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz. 2007; 50: 827–35. berstein T, Robertson J, Cumbers S, 11. E Miller A. Methylphenidate, atomoxetine and dexamfetamine for attention deficit hyperactivity disorder (ADHD) in children and adolescents. London: National Institute for Health and Clinical Excellence, 2006 [cited September 2011]. Weitere Informationen Datengrundlage und Studie: Bundesamt für Gesundheit Sektion Mathematik und Statistik Tel. 031 322 37 20 Allgemeine politische Fragen zu Ritalin: Bundesamt für Gesundheit Sektion Grundlagen Tel. 031 323 87 93 Strahlenschutz heitspolitik, mit der eine laufende Verbesserung der Qualität der Behandlungen angestrebt wird, hat das BAG die derzeitige Situation in der diagnostischen Radiologie, in der Nuklearmedizin und in der Radio-Onkologie analysiert. Die Zunahme der durchschnittlichen Strahlendosis der schweizerischen Bevölkerung aufgrund medizinischer Anwendungen muss kritisch überprüft werden. Die Resultate der Situationsanalyse, die mit den wichtigsten Interessenvertretern durchgeführt wurde, zeigen jedoch klar, dass sich mit der Einführung von klinischen Audits langfristig ein optimaler Einsatz ionisierender Strahlen für die Patientinnen und Patienten gewährleisten und somit die Dosis minimieren liesse. Die Radiologie ist ein Bereich der Medizin, der von erheblichen technologischen Fortschritten geprägt ist. Sowohl in der diagnostischen Radiologie als auch in der Nuklearmedizin und in der Radiotherapie lassen sich mit den heutigen Anlagen das Skelett sowie die Anatomie und Physiologie von Organen immer genauer darstellen. Allerdings basieren die meisten dieser Geräte wie zum Beispiel Computertomografen (CT) auf Röntgenstrahlen, was mit gewissen Risiken verbunden ist. So kann eine hohe Strah lenexposition zur Entstehung von Krebs führen. Die Durchführung einer radiologischen Untersuchung oder Behandlung ist deshalb nur dann gerechtfertigt, wenn die Vorteile die eingegangenen Risiken aufwiegen. In der Schweiz hat die durchschnittliche Strahlendosis der Bevölkerung aufgrund der medizinischen Diagnostik innerhalb von zehn Jahren um 20% zugenommen. 2008 lag sie bei 1,2 mSv [1], was beispielsweise der Dosis eines Erwachsenen durch 24 Thorax-Röntgenuntersuchungen entspricht. Da diese Tendenz auch im Ausland festzustellen ist, hat die Europäische Union schon 1997 den Begriff der klinischen Audits in der Radiologie eingeführt [2], um die Qualität sowie das Ergebnis der Untersuchun* Radiologie: diagnostische Radiologie, Nuklearmedizin und Strahlentherapie gen oder Behandlungen zu ver bessern. Klinische Audits sind systematische, fortlaufende Beurteilungen radiologischer Verfahren anhand von festgelegten Standards. Derartige Audits werden von unabhängigen Expertinnen und Experten wie Ärztin nen und Ärzten, MedizinphysikerInnen und Fachleuten für medizinisch-technische Radiologie durchgeführt. Finnland ist diesbezüglich führend: Es hat sämtliche Radiologiezentren des Landes bereits zweimal auditiert. Die dabei gemachten Erfahrungen zeigen, dass das Audit allen Beteiligten Vorteile bietet: Die Ärzteschaft erhält eine Beurteilung ihrer radiologischen Praxis und kann allfällige Schwachpunkte verbessern. Die Patientinnen und Pa tienten erhalten Gewissheit, dass die durchgeführten Untersuchungen und Behandlungen gerechtfertigt und optimiert sind. Und schliesslich hat die Gesellschaft allgemein Gewähr für eine Harmonisierung der radiologischen Praxis auf nationaler Ebene und kann ein sehr hochstehendes Gesundheitssystem in Anspruch nehmen, das keine un nötigen Kosten verursacht, da die Untersuchungen gerechtfertigt und optimiert sind. Um in der Schweiz eine ähnliche Situation herbeizuführen, hat das BAG das schweizerische System in Zusammenarbeit mit den wichtigsten Interessenvertretern (Ärztinnen und Ärzte aus verschiedenen Fachgebie- ten, MedizinphysikerInnen, Radiopharmazeutinnen, Fachleute für medizinisch-technische Radiologie, Spitäler, Versicherer und andere) analysiert. Im Zentrum der Über legungen stand der optimale Pa tientennutzen. Zunächst wurden 15 Einfluss faktoren erfasst, unter anderem eine gerechtfertigte Verordnung von radiologischen Untersuchungen und Behandlungen, eine auf die Dosisoptimierung ausge richtete Anwendung ionisierender Strahlung, ein evidenzbasiertes Wissen (evidence based knowledge), Leistungserbringer von hoher Qualität usw. Danach haben alle Beteiligten selbstständig die Einflüsse der verschiedenen Faktoren auf das System bestimmt, und es wurde der Mittelwert jeder Direkteinwirkung berechnet. Mithilfe eines Computerprogramms konnte anschliessend die Entwicklung des Systems simuliert werden, um daraus alle möglichen Informationen zu ziehen sowie die richtigen Entscheidungen treffen zu können. Die Analyse des Systems zeigt, dass die Qualität der radiologischen Praxis hauptsächlich durch eine gute Auditorganisation, durch die Anwendung von evidenzbasierten Erkenntnissen und durch ein leistungsfähiges Qualitätsmanagement in den radiologischen Instituten verbessert wird. Im Verlauf der Zeit zeigt die Simulation eine Situation auf, in welcher der Einsatz ionisierender Strahlung in Bezug auf die Patientendosis immer stärker optimiert ist und die Rechtfertigung der radiologischen Verordnungen zunimmt. Damit erhöht sich die Sicherheit für die Pa tientinnen und Patienten. Schliesslich erreicht das System einen Zustand, in dem der Patientennutzen optimal ist. Die Simulation zeigt, dass dieser Zustand dank der gesetzlichen Verankerung der klinischen Audits anhält. Dieses Ergebnis bestätigt somit die Notwendigkeit der klinischen Audits für den Patientennutzen und rechtfertigt die Weiterführung des Projekts, das 2011 lanciert wurde [3]. In den kommenden Monaten wird sich das BAG in Zusammenarbeit mit den wichtigsten Interessenvertretern auf die Erarbeitung der Gesetzgebung zu den klinischen Audits in der Radiologie konzentrieren. Zu einem späteren Zeitpunkt wer- Bulletin 26 Im Rahmen der schweizerischen Gesund- 25. Juni 2012 Klinische Audits in der Radiologie*: ein optimales Instrument im Interesse der Patientinnen und Patienten 447 Strahlenschutz den Richtlinien für gute radiologische Praxis, die Auditprogramme sowie die Kompetenzen festgelegt, über die Auditorinnen und Auditoren verfügen müssen, damit für die auditierten radiologischen Institute ein Mehrwert entsteht. J Weitere Informationen Bundesamt für Gesundheit Abteilung Strahlenschutz Direktionsbereich Verbraucherschutz Dr. Carine Galli Marxer Projektleiterin Telefon 031 325 02 33 E-Mail: [email protected] Webseite des Projektes: www.klinischeAudits.ch Bulletin 26 25. Juni 2012 Literatur 1.Exposure of the swiss population by medical X-rays: 2008 Review, IRA 2.97/43 EURATOM, 1997 3.Verbesserung der radiologischen Praxis: Zukünftige Einführung von klinischen Audits, BAG Bulletin, 13/11, p. 298 448 Kongressankündigung Bulletin 26 25. Juni 2012 Schweizer Impfkongress 449 Betäubungsmittel Rezeptdiebstahl Folgende Rezepte sind gesperrt Kanton Block-Nrn.Rezept-Nrn. Bern 101614 D Bulletin 26 25. Juni 2012 Swissmedic Abteilung Betäubungsmittel 450 2540326–2540350 Inseratekampagne 2012 Bulletin 26 25. Juni 2012 Tabakprävention 451