Down Syndrom - Grundlegende Aspekte
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Down Syndrom - Grundlegende Aspekte
Down Syndrom - Grundlegende Aspekte! Down Syndrom:! Verständnis früher und heute! Andrea Mantegna (1431 – 1506) John Langdon Down (1866): „Observations on an ethnic classification of idiots“, in: London Hospital Reports, 3:259-262, 1866 Bezeichnete Down Syndrom als „Mongolide Idiotie“ „… A very large number of congenital idiots are typical Mongols….“ Langdon Down Betrachtung des Down-Syndroms als „Atavismus“ (= Rückfall in Grenzbereiche zwischen menschlicher und tierischer Existenz) Mongoloismus 1866 John Langdon Down: „Sie haben Humor und einen lebhaften Sinn für Spaßige (...) Gewöhnlich können sie sprechen, die Sprache jedoch ist jedoch oft verwaschen. Beachtliche Fertigkeiten können durch systematisches Training erreicht werden. Der Fortschritt, der durch Übung erreicht wird, ist beachtlich größer als das, was vorausgesagt würde, wenn einem die charakteristischen Eigenheiten dieses Typus nicht bekannt wären.“ „Das psychische Verhalten des mongoloiden Kindes wird vordergründig bestimmt durch einen groben Schwachsinn sowie ein schalkhaftes, munteres Wesen, das stets zu Streichen bereit ist. Die Psychomotorik ist sehr lebhaft, und es besteht eine Vorliebe für Rhythmus, obgleich mongoloide Kinder ausgesprochen unmusikalisch sein sollen. In der Regel ist der Mongoloide zutraulich, anhänglich, zärtlichkeitsbedürftig und gutmütig. Er besitzt – im Hinblick auf Minderbegabung – eine relativ große Fähigkeit zur Imitation. Die Bereitschaft zur Arbeit fehlt ihm; wegen seiner ‚Faulheit’ und raschen Ermüdbarkeit bereitet er nicht selten Erziehungsschwierigkeiten. Seine Stimmungslage ist heiter, und echte Trauer vermag er nicht zu empfinden. Die Gewissensbildung und die Fähigkeit, religiös zu empfinden, sind gering. In der Pubertät kommt es zur mangelhaften Entwicklung des Sexualtriebes bei geringer erotischer Einstellung zum Gegengeschlecht“. (König 1959 zitiert nach Jantzen 1998, S. 224) Erste vermutete Ursache = Tuberkulose Weitere Ursachenvermutungen: • • • • Schwächung des allgemeinen Geisteszustandes Erbliche Disposition für Hirnkrankheiten Heirat zwischen Blutsverwandten Alkoholismus (bis in die 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts) These Fletcher & Bard (1968): „A Down´s is not a person“ Bard & Fletcher, 1968: „The right to die“, in: Atlantic monthly, 4, 59-64. Forderung der Euthanasie für Kinder mit Down Syndrom • Jerome Lejeune 1959 Entdeckung der freien Trisomie Medizinische Aspekte! • Freie Trisomie 21 • Translokationstrisomie • Mosaiktrisomie 95% 3-4% 1-2% Freie Trisomie 21 liegt zu 95% vor. Translokationstrisomie 3-4% Mosaiktrisomie 21 1-2% Passiert in der Zellteilung Zellen mit: 46 Chromosomen 47 Chromosomen 45 Chromosomen Mitose Heutiges Verständnis! Ø Lebenserwartung - 1929 9 Jahre - 1947 12 Jahre - 1970 über 50 Jahre Heute über 60 Jahre Mittlerweile erreicht jeder zehnte Mensch mit Down-Syndrom das 70. Lebensjahr. Pädagogische Grundkenntnisse! Pädagogische Fördermöglichkeiten = nicht ausgeschöpft Sehr heterogene Personengruppe Viele Kinder lernen lesen und schreiben, Ansätze im Rechnen... Längsschnitt-Studie von Hellgard Rauh (1992): • motorische und kognitive Entwicklung verläuft verlangsamt stetig und ohne Entwicklungsplateaus, • durchschnittliches Entwicklungstempo = halbes „normales Entwicklungstempo“ • Kognitive Entwicklung meist schneller als motorische, • verzögerte Reaktion auf dargebotene Reize. Häufigkeit! • 1/800 Kindern Eggert, Erhebung an Sonderschulen, 1969: • 25,1% mit Down Syndrom Dittmann, Erhebung an Sonderschulen, 1970: • 21% Wilken, Erhebung an Sonderschulen, 2000: • 11,2% Fazit! Menschen mit Down Syndrom entwickeln sich stetig weiter unter erschwerten Entwicklungsbedingungen! Down Syndrom haben – ! was bedeutet das?! ! Down Syndrom was bedeutet das? ! Svenja Giesler Svenja Giesler, 2002 „ich habe down-Syndrom Aber ich stehe da zu und ich bin kein Alien denn ich bin so wie ich bin und jeder soll es verstehen und mich respektieren“ ! Down Syndrom was bedeutet das? Angela Fritzen, 2002 „ich bin die einzige in der Familie die das Down-Syndrom hat - meine Schwester und meine Eltern auch nicht. In meinem Ausweis steht drin, dass ich schwerbehindert bin. Es gibt Menschen mit anderen Behinderungen, andere kriegen Anfälle - das ist auch schwer“ ! angela fritzen, michael häger ! Down Syndrom Besonderheiten ! angela fritzen Angela Fritzen, 2002 „Ich bin das Besondere.“ ! Down Syndrom Besonderheiten ! Julia Bertmann, 2002 „Dass ich günstige in Musicals komme.“ Christian Janke, 2002, diktiert „Ich finde, dass man stolz sein soll aus sich.“ Ganzheitliches Entwicklungsmodell nach Haupt & Fröhlich (1989): Grundlagen der Intelligenzentwicklung bei Menschen mit Down Syndrom! Veraltet: • Modell von Gibson (1966): Speziell bei Kindern mit DS - Wechsel von Perioden des Wachstums und der Stagnation statt. „Die Intelligenz entwickelt sich in verlangsamtem Tempo“ (Wendeler 1996, S.64) aber „entlang den normativen Gesetzmäßigkeiten des kognitiv nicht behinderten Menschen“ (Dittmann 1992, S.65). In der Vergangenheit wurde der „Schweregrad der Intelligenzminderung“ bei Menschen mit Down-Syndrom deutlich überschätzt. (Tolksdorf 1994, S.41) Es werden IQ-Durchschnittswerte für die Gruppe von Menschen mit DownSyndrom von 57 angegeben. Die Streubreite liegt jedoch bei 14-100!!! Verschiedene Einflüsse! • • • • • • • Mosaiktrisomie Soziale Akzeptanz Soziale, kognitive, emotionale Anregungen Neugierverhalten und Ausdauer Schwäche bei Aufgaben sprachlicher Art Stärke bei Aufgaben visuomotorischer Art Besonderes Kurzzeitgedächtnisdefizit Entwicklungsstufen nach Piaget! • • 1. Sensomotorische Stufe (0-18 Monate): Einfache Reflexe - daraus werden willkürliche Aktionen Der Erwerb von Raumerfassung, Imitation und Objektpermanenz findet zeitl. verzögert statt. • 2. Präoperationale Stufe (18 Monate - 7 Jahre): Kinder mit DS denken bis zur mittleren Schulzeit oft konkret anschauungsgebunden, sie differenzieren, strukturieren, hinterfragen und analysieren in eher in geringem Ausmaß. • 3. Konkret-operationale Stufe (7-11. Lbj.): Nicht alle erreichen die Stufe, konkrete Denkoperationen mit dem in der Vorstellung reproduzierten Material der Wahrnehmung vorzunehmen. • 4. Formal-operationale Stufe: Das abstrakt logische Denken wird von Menschen mit DS selten erreicht. Erwerb von Kulturtechniken! • Verhältnismäßig hohe Lesekompetenz im Vergleich zu anderen Kulturtechniken. • Vergleichsweise schwächere Leistungen im Rechnen, mit Hilfe von konkreten Hilfsmitteln sind jedoch Operationen im Zahlenraum bis 100 möglich. Gedächtnis Visuelle Inhalte können besser gespeichert werden als auditive. " " "Aufmerksamkeit! Häufig vermindert – nicht so sehr, wie bei anderen Kindern mit geistiger Behinderung Intelligenzentwicklung im Alter! • Alterungsprozess schreitet bei Menschen mit DS schneller voran • Vergleichsweise häufigeres Auftreten der Alzheimerschen Erkrankung zwischen dem dritten und fünften Lebensjahrzehnt • Vorzeitiges Altern und Erscheinungsbild der Demenz lassen z. T. weniger Zeit für kognitive Entwicklung und Reifung Motorische Entwicklung! Motorik! Hypotonie • Tritt bei 97,7% der Menschen mit DS auf, • Betrifft die gesamte Muskulatur, • Geht mit Hyperflexibilität einher (je stärker die H., desto stärker auch die Hf.) • Schwierigkeiten in der motorischen Bewegungsplanung Reaktionszeiten! • Langsamkeit bei Messungen von Reaktionszeiten • Im Vergleich mit anderen Menschen mit geistiger Behinderung verlangsamte Reaktion. Meilensteine der Entwicklung! Abb: (Siegfried Pueschel. Down- Syndrom: Für eine bessere Zukunft. Stuttgart: TRIAS 1995. S. 81) Kinder mit Down-Syndrom „Kinder ohne Behinderung“ Durchschni Zeitspann Durchschni Zeitspann tt e tt e (Monate) (Monate) (Monate) (Monate) Umdrehen 6 2 – 12 5 2 – 10 Sitzen 9 6 – 18 7 5–9 Robben 11 7 – 21 8 6 – 11 Krabbeln 13 8 – 25 10 7 – 13 Stehen 18 10 – 32 11 8 – 16 Gehen 20 12 – 45 13 8 – 18 • Tendenz zum Vorschnellen Aufgeben bei Anforderungen und eine erfinderische Vermeidungsstrategie (Rauh et al. 1996) - syndromtypische Hypotonie bewirkt schnellere Ermüdbarkeit - rasches Nachlassen der Konzentration und Genauigkeit - noch etwas schwerfällig und unsicher im Gleichgewicht halten - Viele Kinder sitzen mit Vorliebe im Schneidersitz auf dem Stuhl Förderkonzepte der motorischen Entwicklung! • Die Orofaziale Regulationstherapie Castillo Morales • Das Pörnbacher-Konzept Neuro-Entwicklungsphysiologischer-Aufbau • Behandlungskonzept nach Bobath • Das Vojta-Prinzip Sprachentwicklung und Sprachförderung bei Kindern mit Down Syndrom! • Sprachentwicklung ist besonders betroffen • Diskrepanz zwischen kognitiven und sprachlichen Fähigkeiten Ursachen! • • • • • Sprechorgane Motorische Schwäche Unsichere Umgangsweisen von Bezugspersonen Gedächtnis Wahrnehmungsschwächen – Visuell – Auditiv – Taktil – Kinästhetisch !!!! Sprachverständnis meist deutlich besser als Sprechvermögen vermuten lässt !!!! Förderung! • Spezielle Übungen • Ganzheitliche Förderung der kommunikativen Fähigkeiten • Gebärden