Rechnungswesen im 14. und 15. Jh.. Bloße Rechentechnik oder
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Rechnungswesen im 14. und 15. Jh.. Bloße Rechentechnik oder
Rechnungswesen im 14. und 15. Jh.. Bloße Rechentechnik oder Instrument zur (Herrschafts)Organisation durch Bewältigen eines Big Data Problems? Prof. Dr. Th. Hermann Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 1 Ausgangspunkt und Fragestellung Ausgangspunkt: AK Ideengeschichte Dieter Schneider: Überlegungen zum Forschungsgegenstand einer Wissenschaftsgeschichte des externen Rechnungswesens (26.8.2011): „Geschichte der Buchhaltung weitgehend erforscht, wenngleich im deutschen Sprachraum wenig bekannt bekanntmachen, Fehlurteile ausräumen Ansonsten unnützlich, da es eigentlich darum geht, „dass und wie Machthaber oder mit Tätigkeiten Beauftragte Rechenschaft gegenüber jenen Personen ablegten, über deren Geld und Arbeitseinsatz die Mächtigen bzw. rechtlich Beauftragten bestimmten“ 1. Paper von TH im AK aufgrund der Transkription eines in Italien neu bewerteten Rechnungsbuches zu einem dieser Mächtigen, einem italienischen Condottiere, Liber Viridis des Pandolfo Malatesta Kommentierung Schneiders: italien. Sicht auf Pacioli mit in den Blick nehmen Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 2 Gang der Untersuchung 3. Ad Fontes 2. Italienische Sicht Bedeutung Paciolis zu seiner Zeit, 1. Deutsche betriebswirtschaftliche Sicht auf Luca Pacioli und das Rechnungswesen im Spätmittelalter Bedeutung Paciolis für die heutige Theorie Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Big Data im Spätmittelalter und RechnungswesenLösungen Rechnungsbücher der Datini/ di Berto Handelsgesellschaft Liber Viridis des Pandolfo Malatesta Luca Paciolis Tractatus XI Prof. Dr. Th. Hermann Folie 3 1. „Deutsche Sicht“ auf 14. und 15. Jh. und insbes. Pacioli Fragestellungen • Welche Bedeutung wird Pacioli für die damalige Zeit zugewiesen • Welche Bedeutung für heute Gezeigt pars pro toto an Bellinger (ältere Sicht), Bitz, Brockhoff, Leitherer, Schneider, Weber/Weißenberger Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 4 1.1. „Deutsche Sicht“: Paciolis Bedeutung damals Brockhoff (2014) • • • Läßt Rechnungswesen als logisch aufgebaute Technik erkennen Weist ausdrücklich auf seine Kontrollfunktion hin Macht Geheimwissen öffentlich, so dass es zur Verbesserung des Managements herangezogen werden kann Schneider (2001) Bleibt hinter Praxis seiner Zeit zurück Doppelte Buchführung dient nicht Unternehmensführung sondern Verbessern mangelhafter Rechenfähigkeiten Doppelte Buchführung steht nicht für Geist des Kapitalismus Weber/ Weißenberger (2002) Man erkennt durch Saldenvergleich Rechenfehler, das hilft bei Rechtsstreitigkeiten Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 5 1.1. „Deutsche Sicht“: Paciolis Bedeutung damals „Das Rechenergebnis „Gewinn“ als Abschluß aller Konten läßt sich noch nicht als Problemlösungsansatz für eine wirtschaftliche Problemstellung verstehen: weder als Maß der Wirtschaftlichkeit noch als konsumierbares Einkommen. Nur wenn eine Inventur mit dem Bücherabschluß verbunden wird, kann der dann errechnete Gewinn oder Verlust als grober Indikator für die Vermögensmehrung (bzw. als rechtliche Vermögenszurechnung unter den Gesellschaftern gedeutet werden. Die frühen Buchhaltungsschriftsteller erwähnen die Inventur jedoch selten.“ In der Fußnote: „Erstmals wohl Jan Ympen Christoffelsone: Nieuwe … 1543“ Schneider (2001, Betriebswirtschaftslehre), S.81 Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 6 1.2. „Deutsche Sicht“: Paciolis Bedeutung heute Bellinger (1967), weitgehend übernommen von Wassmuth (1997) Wissenschaftliche Leistung, die für weiteren Aufstieg der Betriebswirtschaftslehre von unschätzbarem Wert Leitherer (1984) Eigentlicher Ausgangspunkt der älteren Betriebswirtschaftslehre Schneider (2001) Doppelte Buchführung ist nicht der Beginn der Wissenschaft vom Rechnungswesen Bitz (2006) Kunstgriff des Cavedale (von caput) als Saldo von Vermögen und Schulden Vater der Auffassung, dass Eigenkapital rein rechnerischer Konstrukt, also nicht Abbildung von Rechtspositionen, Vermögensfonds oder Reflex von Finanzierungsmaßnahmen Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 7 2. „Italienische Sicht“ auf diese Zeit und insbes. Pacioli Ausgangspunkt Diagnose Hernández-Esteve (2008): Zweiteilung der Forschung: Angloamerikanische – Rest der Welt Diagnose von Antonelli/ D´ Alessio (2014): Accounting history as a local discipline: The case of the Italian-Speaking literature 1869 – 2008 „Splendid isolation“ der italienisch-sprachigen Forschung Z.B. vexata quaestio nach der Region, in der die doppelte Buchführung erfunden wurde seit den Zeiten von Fabio Besta (1845-1922 aus Teglio, Sondrio, Prof an der Ca Foscari, Venezia), Federigo Melis (1914-73 aus Firenze), Tommaso Zerbi (19082001 aus Cermenate, Como) Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 8 2. „Italienische Sicht“ auf diese Zeit und insbes. Pacioli Fragestellungen • Welche Bedeutung wird Pacioli für die damalige Zeit zugewiesen • Welche Bedeutung für heute Beispielhaft gezeigt an Melis (1950), Amaduzzi (2004), Antinori (2004), Catturi (2011), Coronella (2014), Pierucci (2006), Pin (1997), SISR Società Italiana di Storia della Ragioneria (2015) Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 9 2.1. „Italienische Sicht“ Paciolis Bedeutung damals Antonio Pin (1999), S.30 „Ma il Pacioli, come già ripetutamente detto, sta più dalla parte dell´imprenditore che dalla parte del contabile. Ed è proprio grazie a questo suo attegiamento di osservatore dall´alto, interessato all´indagine scientifica della realtà senza perdersi nei particolari, che egli ha acquistato celebrità come scopritore e divulgatore della partita doppia.“ Der vero mercante nach Pacioli, “sa condurre la complessa attività aziendale in modo che, nell´assieme, si svolga secondo logica impresa”. „Il contenuto del Tractatus XI rappresenta, nel pensiero del Pacioli, l´istruzione di livello superiore che conferisce al mercante, già “buon ragioniere e pronto computista”, non tanto la qualifica di esperto contabile,quanto quella ben più importante di imprenditore.” “L´ originalità del Pacioli sta nel fatto di proporne la lettura,oltre che come compendio di istruzioni procedurali per il contabile, anche, e sopratutto, come ….. un geniale sistema informativo, la cui importanza per la conduzione aziendale può solo paragonarsi e (sic: a) quella altrettanto recentemente assunta dalla bussola per le navigazioni marittime.” Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 10 2.1. „Italienische Sicht“ Paciolis Bedeutung damals: Systematisierung, hohe Klarheit, Verbreiter, bedeutender Einfluss auf Buchhaltungsschriftsteller Paola Pierucci (2006) „Il Pacioli conferisce dignità letteraria e scientifica alla contabilità e tenta di illustrare il sistema della partita doppia in maniera scientifica.“ Carlo Antinori (2004), S.22 „Leggendo Luca Pacioli sono da apprezzare le sue osservazioni sempre precise e puntuali, i suoi consigli ai mercanti così efficaci e preziosi, la sua chiarezza di esposizione, i suoi riferimenti e le sue esortazioni ad un retto comportamento non solo per la salvezza dell´anima, ma anche per trovare fortuna nella vita terrena.“ Catturi (2011) Wahlverwandtschaften beim codice etico zu Bernardino da Siena und Antonino da Firenze Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 11 2.1. „Italienische Sicht“ Paciolis Bedeutung damals: Systematisierung, hohe Klarheit, Verbreiter, bedeutender Einfluss auf Buchhaltungsschriftsteller Sangster/ Scataglinibelghitar (2010) „The book-keeping treatise within it was widely copied and used as the basis for many similar texts over thee following 100 years and has been translated into over a dozen different languages.“ Stefano Coronella (2014), S.69 „Il secondo (der erste war Cotrugli), che ha anche il merito di aver meglio sistematizzato la materia e diffuso la relativa conoscenza a mezzo della stampa, è Luca Pacioli, che quindi può essere considerato il primo vero divulgatore del metodo in questione“ Antinori (1994) schätzt Auflage auf 1.200 Kopien, Sangster (2007) auf 2.000, davon die Hälfte genutzt von Schülern der Abbaco-Schulen Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 12 2.1. „Italienische Sicht“ Paciolis Bedeutung damals Pacioli hat einen wichtigen Einfluss auf Buchhaltungsschriftsteller im In-und Ausland im 16. Jh., die ihn zum Teil kopieren, zum Teil weiterentwickeln oder auf Schriften aufbauen, die wiederum von ihm beeinflusst sind, z.B. Jan Ympyn Christofells, Hugh Oldcastle, Wolfgang Schweicker Coronella (2014, Storia), S.92 macht folgende Innovationen der von Pacioli beeinflussten italien. Buchführungsautoren des Cinquecento (16. Jahrhunderts) für die Buchführungstechnik aus: • Domenico Manzoni (1500-1575) schreibt 1540 das erste didaktische Handbuch, den Quaderno doppio con il suo giornale, um die doppelte Buchführung denen ohne Vorkenntnisse beizubringen, eine Art Doppik für Anfänger. • Alvise Casanova (1525-1575) macht sich im Specchio lucidissimo tiefere Gedanken über die Bewertung der Bestände, einschließlich Überlegungen zu den erhofften Erträgen aus zukünftigen Verkäufen. • Als bedeutendsten Autor des 16. Jahrhunderts macht er Angelo Pietra (1550-1590) aus, der nicht nur die Doppik auf Klöster angewandt habe sondern auch die Bilanz erstmals nicht nur als Instrument der Dokumentation sondern der Rechenschaftslegung erkannt habe. Er habe darüber hinaus auch ein Konzept der conti di previsione (Vorschaurechnung) entwickelt. Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 13 2.1. „Italienische Sicht“ Paciolis Bedeutung damals Name Giovanni Antonio Tagliente Lebensda Werk ten 1460Luminario di 1530 Aritmetica Profession Beitrag nach Coronella Dozent für Kalligrafie in der Kanzlei der Republik Venezia Dozent für Mathematik und Medizin Erstes Buch zur einfachen Buchführung für kleine Unternehmen Gerolamo Cardano 1501 - De ratione librorum tractandorum 1539 Domenico Manzoni 1500 1575 Quaderno doppio con Lehrer für Kalligrafie, il suo giornale 1540 Abacus und Buchhaltung; Bucchhalter Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Normativ: 4 Bücher: Inventar, Memorial, Journal, Hauptbuch Inventar ist nach sinkender Liquidität zu ordnen und als geheimes Buch zu halten Besonderes Augenmerk auf das verhindern von Fälschungen (z.B. Paginierung) Korrektur von Fehlern Nur eine Währung Erstmals Buch für Anfänger, für die Ausbildung, nicht wie bisher für die Praktiker Legt großen Wert auf die Vertrauenswürdigkeit der Bücher, damit sie Beweiskraft bei Prozessen haben (z.B. bevorzugt römische Ziffern da weniger leicht zu fälschen) Unterscheidet Personenkonten und Sachkonten Prof. Dr. Th. Hermann Folie 14 2.1. „Italienische Sicht“ Paciolis Bedeutung damals Benvenuto Stracca Professor Handelsrecht Alvise Casanova Finanzbuchhalter 1525 1575 Angelo Pietra 15501590 Tractatu de Mercatura Von geringem Interesse für die Geschichte der 1551 Buchführung Fokus auf Beweiskraft der Handelsbücher Specchio lucidissimo Methodik der Fallstudie, einer immaginären 1558 Handelsgesellschaft zweier flämischer Brüder Bewertung der übriggebliebenen nicht verkauften Waren (Bestände) unter Berücksichtigung des geschätzten Wertanstiegs und Aufnahme in Bilanz; bisher war dies nicht geschehen, die Waren tauchten erst bei Verkauf in der Bilanz als Einnahmen (Kasse) auf und der Gewinn entstand folglich nur und komplett zum Zeitpunkt des Verkaufs der nicht nur die Doppik auf Klöster angewandt habe sondern auch die Bilanz erstmals nicht nur als Instrument der Dokumentation sondern der Rechenschaftslegung erkannt habe. Er habe darüber hinaus auch ein Konzept der conti di previsione (Vorschaurechnung) entwickelt. Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 15 2.1. „Italienische Sicht“ Paciolis Bedeutung für heute Carlo Antinori (1990), S.7 Il bilancio del Pacioli è una via di mezzo tra un bilancio di verificazione (Probebilanz) e un bilancio di esercizio inteso nel senso moderno del termine Massimo Ciambotti (2011) Luca Pacioli assegnava al Bilancio del Iibro compiti ben maggiori rispetto ad un semplice Bilancio di Verificazione che aveva ed ha il solo scopo di accertare eventuali errori di registrazione.” Stefano Coronella (2014) , S.67 unter Bezug auf Poddighe (1973) „Il Pacioli ha avviato quello che è stato poi definito il processo di „personificazione dei conti“ …..traendone la prima embrionale teorica della storia della disciplina contabile“ Hat Warenkonten personalisiert -> Logismologie Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 16 2.1. „Italienische Sicht“ Paciolis Bedeutung für heute Sangster/ Scataglinibelghitar (2010) Pacioli ist der Father of Accounting Education Methode der cognitive apprenticeship Pacioli modelliert seine Aufgaben und Beispiele in einem Kontext der realen Wirtschaftswelt (Kontextualisierung der Buchführung), indem er • Am Anfang sagt, was behandelt wird und warum es relevant ist • Herstellen von Rückbezüge (backward-linking) • Verweis auf Kommendes (forward linking, signposting) • Häufige Kontextualisierungen • Zusammenfassen der wichtigsten Prinzipien am Schluß • Aufeinander aufbauende Reihenfolge der Inhalte (sequencing) => „We can all learn much from the techniques he adopted“ Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 17 2.1. „Italienische Sicht“ Paciolis Bedeutung für heute: SISR Società Italiana di Storia della Ragioneria La Storia della Ragioneria è sempre anche storia delle imprese e delle istituzioni economiche, la storia delle imprese dovrà sempre essere anche storia della ragioneria. La connessione tra le due branche trae le origini dalla nostra concezione di indagine storica, quindi, dal fatto che non può esistere forma senza sostanza così come non può esistere sostanza senza forma. Perciò, Storia della Ragioneria e Storia dell’impresa rappresentano un unico nucleo di ricerca poiché l’interpretazione non letterale dei documenti quantitativi è condizione indispensabile per comprendere e far comprendere con un doveroso grado di affidabilità la dinamica degli andamenti, le vicende aziendali di epoche storiche più o meno vicine, più o meno remote. L’altro nucleo che abbiamo indicato come storia delle dottrine, da intendere come analisi e comprensione della linea evolutiva che nel tempo è stata percorsa dalla teorizzazione dottrinale, a sua volta, si identifica con la storia della ragioneria nella misura in cui la stessa, non limitandosi a definire i mutamenti intervenuti nei sistemi e metodi di rilevazione quantitativa, si rivolge al complesso delle cause non apparenti di tali mutamenti, alle “stratificazioni inferiori della storia”). La mirabile Summa dei Paciolo, pubblicata a Venezia nel 1494, racchiude emblematicamente, nel suo scrigno prezioso, il segno indelebile che il celeberrimo “Tractatus” ha consegnato alla storia della Ragioneria. … Da allora fino ai tempi nostri il percorso degli studi di ragioneria si è costantemente e vieppiù arricchito del contributo dei molti spiriti eletti che hanno professato ed amato questa disciplina fecondandola con la propria scienza e pervenendo ad alte vette del sapere fin già dal secolo scorso. Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 18 2.2. „Italienische Sicht“ Bedeutung Paciolis für weitere Entwicklung Die ältere Sicht, dominiert von Federigo Melis (1950) Periode 1. Periode 2. Periode 3. Periode 4. Periode Epoche Von der Frühzeit bis 1202 Von 1202 bis 1494 Von 1494 bis 1840 Ab 1840 Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Erstes bedeutendes Werk der Periode Es fehlen schriftliche Zeugnissse Liber Abaci von Leonardo Fibonacci „Summa“ von Luca Pacioli Buchhaltung angewandt auf Private und öffentliche Verwaltung von Francesco Villa Prof. Dr. Th. Hermann Folie 19 2.2. „Italienische Sicht“ Bedeutung für weitere Entwicklung Die modernere Sicht, z.B. Antonio Amaduzzi (2004), geb. 1936, Uni Bergamo Periode 1. Periode 2. Periode 3. Periode Epoche Bis zum 18. Jh. Primäre Quellen Fragmentarische Werke Von 1800 bis 1870 Von 1870 bis 1920 Systematische Werke 4. Periode 5. Periode Von 1920 bis 1950 Ab 1950 Erster Erfolg der Economia Aziendale Allgemeine Systematisierung der Buchhaltung und Verwaltungstechnik Konsolidierung der Economia Aziendale und Spezialisierung der Disziplin Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 20 2.2. „Italienische Sicht“ Bedeutung für weitere Entwicklung Die modernere Sicht, z.B. Stefano Coronella (2014) Periode 1. Periode Epoche Bis zum Spätmittelalter Charakteristika Buchhaltung ist eine nicht strukturierte Kunst 2. Periode Vom Spätmittelalter bis 1804 Erfindung und Entwicklung der traditionellen (analytischen) doppelten Buchführung 3. Periode Von 1804 bis zum Ende des 19.Jh. (Ottocento) Vom Ende des 19. Jh. bis in die 20er Jahre des 20.Jh. Erfindung der synthetischen doppelten Buchführung durch Edmond Degrange Entwicklung der Theorie der Wertkonten (teorica dei conti a valore) in Beziehung zur Vermögensrechnung (sistema patrimoniale) durch Fabio Besta Entwicklung der Erfolgsrechnung durch G. Zappa 4. Periode 5. Periode Ab den 20er Jahren des 20.Jh. Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 21 2.2. „Italienische Sicht“ Bedeutung für weitere Entwicklung Die modernere Sicht, z.B. Stefano Coronella (2014), Uni Napoli Periode 1. Periode Epoche Bis 1840 2. Periode Von 1840 bis 1926 3. Periode Seit 1926 Charakteristika Buchhaltung/Rechnungswesen ist eine ausschließlich technische Disziplin, gleichzusetzen mit dem Führen der Bücher Die Buchhaltung/Rechnungswesen erweitert ihren Untersuchungsgegenstand (Francesco Villa) um schließlich Wissenschaft zu werden (Fabio Besta) Die Buchhaltung/Rechnungswesen wird in die Betriebswirtschaftslehre (economia aziendale) von Gino Zappa integriert Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 22 Vergleich zu „Deutsche Sicht“ Bedeutung für weitere Entwicklung Die modernere Sicht, z.B. Brockhoff (2014) Periode Epoche Charakteristika Von der physischen Dokumentation von Geschäftsvorfällen bis zum Zeitalter der Aufklärung Aufklärung Vorschlag für eine Universitätsdisziplin Auf dem Weg zu mikroökonomischen Theorien Anfänge der Institutionalisierung der Disziplin BWL in der Zeit des NS Neubeginn: Institutionelle Aspekte Erich Gutenberg Normal Science oder Scientific Revolution in der Folge von Gutenberg Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 23 Vergleich zu „Deutsche Sicht“ Bedeutung für weitere Entwicklung Die modernere Sicht, z.B. Schneider (2001) Periode Epoche 1898 1919-1933 1933-1945 Seit 1950 Charakteristika Dokumentation, Kontrolle und Rechenschaft Ökonomik als ethisch verankerte Lehre zur Führung einer Organisation Kameralwissenschaft als praktisch-gestaltende Lehre von der Betriebsführung Handelshochschulen Im Widerstreit zwischen Leitbildern Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 24 3. Big Data im Spätmittelalter und Rechnungswesen- Lösungen Ad Fontes Fragestellungen • Welche (Rechnungs-)Bücher geführt werden (sollen) • Wie diese Bücher geführt werden (sollen) • Wer diese Bücher geführt hat Gezeigt an Bücher der Datini/di Berto Handelsgesellschaft (1367-73) Bücher der Signoria des Pandolfo III Malatesta in Brescia (14041421) Tractatus XI des Luca Pacioli (1494) Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 25 Fontes Bücher der Datini/di Berto Handelsgesellschaft (1367-73) Laut Archivleiterin Toccafondi sehr bekannt aber seit Melis wenig studiert; von Betriebswirten nicht/kaum wahrgenommene Arbeit e. Historikers Q.: Franz-Josef Arlinghaus: Zwischen Notiz und Bilanz. F/M 2000 Bücher der Signoria des Pandolfo III Malatesta in Brescia (1404-1421) neuer Forschungsfund aus dem wenig erforschten Gebiet der kommunalen Finanzverwaltung des Mittelalters Q.: transkribierte Version des Liber Viridis Rationum Curie Domini Zentrale Monographien: Bonfiglio/ Dosio (2000); Ciambotti/ Falcioni (2007); Ciambotti/Falcioni (2014), Turchini (2014) Luca Pacioli (1494) „Trattato di Partita Doppia“ (von Annalisa Conterio herausgegebene kritische Ausgabe) In D nur über Penndorfs Übersetzung rezipiert Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 26 3.1. Datini/ di Berto:-Handelsgesellschaft Historische Einordnung Datinis Handelsgesellschaften 3 Perioden 1363 – 1373 1367 – 1373 1373 – 1382 1382 -1416 Avignoner Periode der Partnergesellschaften Compagnia Toro di Berto e Francesco di Marco Datini erste italien. Handelsgesellschaft von der (nahezu) alle Rechnungsbücher überliefert sind: 30 Bücher mit 300 – 600 S. und durchschnittl. 10-20 Buchungen/ Seite, also jährlich 15.000 bis 20.000 Buchungen (KMU heute 500 – 5.000) Azienda individuale in Avignon Rückkehr in die Toscana: Compagnia wird zur Holding; Bücher in Doppelte Buchführung Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 27 Datini/ di Berto: Big Data Problem „Im Gegensatz zu fast allen anderen Feldern des Schriftgebrauchs riß die auf den Kaufmann und seine Bücher einströmende Datenflut nie ab . Tagtäglich mußten neue Verkäufe, Kredite, Verschickungen und Einkäufe verzeichnet werden. Dabei ergänzten oder überschnitten sich die Einträge häufig mit dem gestern Aufgeschriebenen, hoben es (oft nur teilweise) auf oder ließen es in neuem Licht erscheinen. Von zentraler Bedeutung war, jederzeit Konten neuer Klienten in die Bücher einfügen zu können, zugleich aber mußten die alten kontinuierlich durch neue Einträge ergänzbar bleiben. Die hier geforderte hohe Flexibillität durfte aber nicht auf Kosten der Übersichtlichkeit gehen ..“[ Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 28 3.1 Datini/ di Berto: Welche Bücher wurden geführt: Dreistufiges Informationssystem nach Arlinghaus Libro segreto Quaderno di Ragionamento Libro Grande Hauptbuch Memoriale Entrata e uscita Ricordanze di balle mandate Kontokorrentbufü Ricordanze Quaderno di spese di casa Journal Geschäftsvorfälle Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 29 3.1. Datini/ di Berto: Welche Funktion hatten die geführten Bücher Libro segreto Konfliktkanalisierung Vereinbarungen, Verträge, Bilanzen Spesenabrechnung, Gewinnaufteilung Quaderno di Ragionamento. Gewinnermittlung durch EK-Vergleich Libro Grande Memoriale Kreditoren- u. Debitorenbufü Verwaltung offener Posten Entrata e uscita Wareneingangs- u.-ausgangsbücher Journal Ricordanze di balle mandate Ricordanze Quaderno di spese di casa Erinnerungen an verschickte Ballen Geschäftsvorfälle Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 30 Datini/ di Berto: Wie wurden die Bücher geführt. Wie war die Struktur der Information Beispiel Ricordanze: Warenverkaufskonto, 170 De facto sehr unterschiedliche Einträge, die prinzipiell von jedem gemacht werden konnten -> Vorschrieb Menge der verkauften Waren i T Warenart (mit Zustand und Ausstattung, Münzsorte, Stückpreis) Wertangabe: Erhaltener Betrag in lb. (Pfund), s (solidi) oder d (denare) Lunedì, dì iii di marzo Paio di sproni segnato s a i s. v (5 Solidi) (Paar Schulterstücke, notiert Solidi pro Stück) … rovamo pue s. quarto d. cinque (wir haben noch 4 Denare und 5 Solidi gefunden) Art Inventurdifferenz Somma lb. Viii s. xviiii d. Iii (d.h. als Summe für Montag den 3. Acht Solidi und 19 Denare) Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 31 Datini/ di Berto: Wie wurden die Bücher geführt. Wie war die Struktur der Information Beispiel Ricordanze, 172 De facto sehr unterschiedliche Einträge, die prinzipiell von jedem gemacht werden konnten -> Vorschrieb Menge der verkauften Waren /o D Warenart (mit Zustand und Ausstattung, Münzsorte, Stückpreis) a Giovanni da Ghobio al memoriale E a carta 35, s. cinquantadue Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Wertangabe: Erhaltener Betrag in lb. (Pfund), s (solidi) oder d (denare) Lb. ii s. xii Prof. Dr. Th. Hermann Folie 32 Datini/ di Berto: Wie wurden die Bücher geführt. Wie war die Struktur der Information Beispiel Memoriale, 228 Menge der verkauften Waren o o Warenart (mit Zustand und Ausstattung, Münzsorte, Wertangabe in Worten) T egnia di Zanobi de´dare a dì XV di marzo i per banto di vaccha grande d´una e mezza pelle (1,5 Kuhhäute) per f. tre e s. dodici, portò Filippo (Nennung des Überbringers) Wertangabe: Erhaltener Betrag in lb. (Pfund), s (solidi) oder d (denare) Lb. ii s. xii Achtung: keine Tabellen sondern Texte, die aus vollständigen Sätzen bestanden und auf eine besondere Art umgebrochen wurden! Immer gleich konstruiert, Infos immer an der gleichen Stelle Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 33 Datini/ di Berto: Wie wurden die Bücher geführt. Wie war die Struktur der Information Beispiel Libro Grande, 245 Suchkennung Buchungssatz Wertangabe (Betrag in lb. (Pfund), s (solidi) oder d (denare) F ranciescho di Marcho proprio de´dare a dì Lb. cxviiii s. xviiii d. vi pr. x di dicienbre levamo dal memoriale E a carta 146 dove dovea dare per una ragione scritta in xii partite in somma lb. cientodiecinove s. dicienove d. sei pr. Francesco selbst muss uns wegen eines Kontos, bestehend aus 12 Buchungen, 119 Pfund geben (d.h. Selbstbezug des Systems) Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 34 3.1. Datini/ di Berto: Wie wurden die Bücher geführt. Wie war die Struktur der Information Beispiel Chonto nuovo im Libro Grande I I chonto nuovo de´dare a dì xxxi di dicenbre anno detto per piue merchatantia e mas Dee dare a dì xxxi di dicenbre mccclxviiii per venti creditori che ci asegnamo che doveno avere al memoriale C da carta ccliii infino a carta Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 35 3.1. Datini/ di Berto: Wie wurden die Bücher geführt. Wie war die Struktur der Information Beispiel Chonto nuovo im Libro Grande Hauptbuch Verbindlichkeiten LL Privateinlagen/ Waren anderer Kaufleute De´ Dare De´Avere De´ Dare De´Avere Saldo 20 creditori Saldo Merchatantia e maserizie 3141 Florin Forderungen Kasse De´ Dare De´Avere De´ Dare De´Avere debitori Saldo Kassenbestand Saldo Warenbestand Bilanz De´ Dare De´Avere De´ Dare De´Avere Waren Saldo Forderungen Eigenkapital Waren (Sach-)Einlagen Kasse Verbindlichkeiten Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 36 3.1. Datini/ di Berto: Wie wurden die Bücher geführt. Wie war die Struktur der Information Beispiel Libro Segreto (Geheimbuch) Gründungs vertrag Verlänge rungsver trag Eröffnung sbilanz Zwischen bilanz Zwischenbi lanz Verlänger ungsvertr ag 2 Zwischenbila nzen Schlußbila nz 25.10.1367 10.3.1371 25.10.1367 17.9.1368 31.12.1369 1.3.1371 1.3.1371 31.12.1372 20.3.1373 §§ 9-13 Gründungsvertrag: detaillierte Regelungen zu Spesen und Faktorkosten Aufwendungen für Speisen u. getränke aus gemeinsamer Kasse Zahlung der Mieten Löhne für fattori, garzoni und fanti Max. Höhe der Ausgaben, die erstattet w. Verpflichtung, jährlich eine Bilanz zu erstellen Vereinbarung fester Umrechnungskurse Bei Nichteinigung der Sozii: Verpflichtung, 2 Freunde um Rat zu bitten Also gerade nicht Zunftbehörden oder lokale Zivilgerichtsbarkeit Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 37 3.1. Datini/ di Berto: Warum wurden welche Bücher geführt Kontrollfunktion: Mitarbeiter-Kontrolle wegen Principal-Agent-Problem in größeren Handelsgesellschaften wie Datini/ di Berto: keine direkte Verhaltenskontrolle möglich => Leiter der Fondachi müssen die Rechnungsbücher regelmäßig nach Firenze senden bzw. regelmäßig persönlich rapportieren Bei den direkten Mitarbeitern vornehmlich Kontrolle der Bargeschäfte: Tagesaufzeichnungen im Quaderno di spese di casa vs. Kassensturz Ricordanze di balle mandate: Kontrolle abgewickelter Bestellungen und Überprüfung durchgeführter Transportaufträge Arlinghaus: keine primäre Rolle; für Entwicklung der Buchungstechnik nicht wichtig Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 38 3.1. Datini/ di Berto: Warum wurden welche Bücher geführt „Juristische“ Funktion (Rechtsstreitigkeiten) Intern: Libro segreto: ggseitige Absicherung der Sozii (aber: kein Zushang mit Buchungssystem) Extern: Libro Grande gibt die meisten Möglichkeiten zur Konsistenzprüfung Indiz: obwohl beim rechnen indo-araische Zahlen, wurden Beträge und Summen in röm. Ziffern notiert (galten als fälschungssicher, oft Vorschriften der Zunft- und Kommunalbehörden Steuerungsfunktion Quaderni di ragionamento wurden regelmäßig erstellt Arlinghaus: eher beigefügt oder aufgepfropft als organischer Bestandteil oder Zielpunkt des Buchhaltens Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 39 3.1. Datini/ di Berto: Warum wurden welche Bücher geführt Gedächtnisstützende Funktion (da Big Data Problem) Viele teile der Bücher sind im Kern Gläubiger- und Schuldnerverzeichnisse genau diese Teile sind am sorgfältigsten bearbeitet Problem war weniger, den säumigen Schuldner im Streitfall zur Zahlung zu bewegen sondern den Überblick zu behalten Personen und Anzahl der Geschäftskontakte => konservativ geschätzt etwa 6.000 Vorgänge pro jahr Nicht Konto oder Tabelle steht im Vordergrund sondern Buchung als ganzer Satz mit Subjekt, Prrädikat und Objekt Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 40 3.1. Datini/ di Berto: Warum wurden welche Bücher geführt Gedächtnisstützende Funktion (da Big Data Problem) Benedetto Cotrugli: Il libro dell´arte di mercatura 1458 „La penna è uno strumento sì nobile et sì excellente che non solamente a mercanti, ma etiamdio a ogni arte, et liberale et mecchanicha, è necessarissima …Perché lo mercante no dee fare le sue facciende di memoria, excepto se fussi come Ciro re di Persia, il quale di tucto lo exercito suo, lo quale havea inumerabile, sapea ognuno chiamare per nome. ……Et perché questo è impossibile ad ogni uno, dunque ne verremo alla prattica delle scripture.“ Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 41 Kapitalistisches Erwerbstreben und doppelte Buchführung „Selten ist jahrzehntelang so an den historischen Tatsachen vorbeigeredet worden wie bei der These, daß die „Rechenhaftigkeit“ des kapitalistischen Geistes (das rationale Erwerbsstreben) sich gerade durch die Entwicklung der Buchhaltung und Kapitalrechnung (Bilanzierung) belegen lasse.“ „Eine gegenseitige Abhängigkeit von doppelter Buchhaltung und kapitalistischem Erwerbsstreben ist zu verneinen.“ Schneider (2001), S. 89f Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 42 3.1.b Exkurs: Doppelte Buchführung und Kapitalismus eine mentalitätsgeschichtliche Sicht 2 Merkmale der kaufmännischen Mentalität 1. Vornehmlich am Gewinnstreben orientierte Grundeinstellung: darauf zielt die Sombart – Yamey/Schneider-Kontroverse Sombart: „Man kann schlechthin Kapitalismus ohne doppelte Buchhaltung nicht denken: sie verhalten sich wie Form und Inhalt zueinander. Und man kann im Zweifel sein, ob sich der Kapitalismus in der doppelten Buchhaltung ein Werkzeug, um seine Kräfte zu betätigen geschaffen oder ob die doppelte Buchhaltung erst den Kapitalismus aus ihrem Geiste geboren habe.“ Yamey/ Schneider: Kaufleute schöpften die Möglichkeiten der Gewinnermittlung durch doppelte Buchführung nicht aus 2. Denken, das zu zweckrationalen Lösungen neigt Erkenntnis: Schrift verändert durch dauernden Gebrauch Denkweisen Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 43 Doppelte Buchführung und Kapitalismus eine mentalitätsgeschichtliche Sicht 2. Denken das zu zweckrationalen Lösungen neigt Erkenntnis: Schrift verändert durch dauernden Gebrauch Denkweisen Besonderheit der Schriftlichkeit von Kaufleuten - Inhalte oft von äußerster Schlichtheit - Strukturieren/ Bearbeiten der Texte hingegen sehr anspruchsvoll (Geschriebenes ständig überarbeiten und ergänzen) - Texterfassung von Geschäftsvorfällen konstruiert e. eigene (objektivere) Wirklichkeit, abstrahiert von der komplexen realen Wirtschaft Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 44 3.2. Malatesta Historische Einordnung Pandolfo III Malatesta (1370 – 1427) Als Condottiere Gewaltunternehmer, der seine Dienste den Mächtigen seiner Zeit anbot (Serenissima, Papst, Ducato von Milano, Firenze). Diese Auftraggeber schlossen mit ihm einen Vertrag, die condotta Kernherrschaftsgebiet der Malatesta war Rimini, das sein Bruder Carlo hatte, Cesena ging an Andrea, Pandolfo hatte Fano (Marche) Die Wirren im Herzogtum Milano machte er sich zu nutze und eroberte Brescia, Bergamo und Lecco Weit ausgedehntes Gebiet und viele Kriegseinsätze => viele Daten und hohes Kontrollproblem Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 45 3.2. Malatesta: Welche Daten flossen in die Bücher •Beziehungen mit anderen Schatzkammern (vor allem denen der Kommunen von Brescia und Bergamo), für Ausgaben und Gebühren des Signore •Beziehungen mit Familienangehörigen und den verschiedenen Anbietern von Arbeitsoder Dienstleistungen die am Hofe de Signore leben und auf die die Übersichtskonten ausgestellt sind, die sich im zweiten Teil des Registers finden. •Beziehungen mit den Verwaltern und Kanzlern •Beziehungen mit verschiedenen Gläubigern wegen des Erwerbs von Gütern, Vieh oder Reisen im Auftrag des Signore. •Beziehungen mit den Kommunen wegen der Tribute, Gebühren •Beziehungen mit den Adligen oder Bürgern, denen Abgaben oder Strafen auferlegt waren oder die Schuldner des Hofes für die Bezahlung von Mieten oder Darlehen waren •Beziehungen mit den Brüdern von Pandolfo III, Carlo und Andrea, und anderen wichtigen Personen Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 46 Malatesta: Welche Bücher Q. Bonfiglio-Dosio, 75 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. Libri Mastri Libri giornali Libri di Entrata e libri di uscita Libri dati et recepti Libri prestanziorum und libri debitorum Libri de dacii Libri tallerarum Libri condempnationum, multarum et punctationum Libri trafegi salis Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 47 3.2. Malatesta: Welche Bücher wurden geführt (Fano) 4.2. Registri di entrata e di spesa di corte Bollette e fogli sciolti Libri Giornali Libri generali di entrata e di spesa della fattoria e libri speciali (beccaria, speziaria, grano, vino Libri mastri uffici relativi a varie attività (sale, paghe militari) Tabulari di entrata e di uscita Libri de dacii Libri tallearum Bastardelli di cassa Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 48 3.2. Malatesta: Welche Bücher wurden geführt (stilisiert) Libro segreto Libri de partite Libro Grande Libri Prestanziarium Libri Rationum curie domini Libri di Entrata e uscita Libri debitorum Liber expensarum Libri de dacii Libri tallearum Giornale di entrata e di uscita della Camera di Pandolfo M. Geschäfts- bzw. Verwaltungstätigkeit der Signorie Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 49 Malatesta: Wer führte die Bücher Q. Bonfiglio-Dosio, 75 Aufbau der Cancelleria in Brescia (Besetzt mit Vertrauten Pandolfos) Cancelliere (offizielle Dokumente ohne Buchhaltungscharakter) Tesoriere Vice-Tesoriere Ragionieri aiutanti del tesoriere Spenditori Referendari Maesti delle entrate Camerari Depositari Appaltatori dei dazi Esattori Massari Fattori Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 50 Malatesta: Wie wurden die Bücher geführt 1. Das Register folgt den Regeln der tabellarischen doppelten Buchführung in dem Sinn, dass jeder gebuchte Geschäftsvorfall eine Gegenbuchung fordert und findet, und zwar entweder in einem Konto desselben Buches oder einem vorausgehenden oder folgenden Buch. Im ersten Teil des Registers ist das Konto des Schatzmeisters, aufgeteilt in Dare (Soll) und Avere (Haben) wie eine geordnete und chronologische Anmerkung zu den Schuld- und Kreditbeziehungen zu den entsprechenden Schuldnern und Gläubigern, mit entsprechender Gegenbuchung, sodass die Beziehung zu den verschiedenen Konten des Registers oder Konten anderer Register oder zwischen altem und neuem Konto präzise hergestellt ist. So findet jeder Wert oder Summe von Werten, die im Soll (Dare) der einzelnen Kreditorenkonten seine Entsprechung in einem gleichen Wert auf der Habenseite eines oder mehrerer anderer Konten des Systems. 2. Das in den Büchern angewandte Buchungssystem ist ähnlich dem in den lombardischen (und genovesischen) Hauptbüchern angewandten System. Es gibt also nicht die später übliche Trennung in kaufmännische Doppik und staatliche Kameralistik. Die erste Belastung eines Kontos wird in der Sektion Dare mit dem Namen des Kontoinhabers und der Wendung „debet dare“ aufgestellt; die erste Gutschrift wird in der Sektion Avere mit der Wendung „debet habere“ geschrieben. Die folgenden Belastungen und Gutschriften werden in dasselbe Konto mit der Bezeichnung „Item“ (ebenso) eingefügt und die Gegenbuchung ist mit der Wendung „scriptos in credito (debito) in isto in folio“ (geschrieben in Kredit für diesen in folio) oder „in libro…“ Im Konto des Schatzkanzlers Gioacchino Malagonella findet sich die Eintragung jedes monatlichen Kontos, mit dem Ausdruck „Ratio Ioachini mensis“ (Rechnung des Gioacchino des Monats …“und die Indikation „Receptum“ (erhalten) und „Datum“ (gegeben) über jeder gegenüberliegenden Sektion von Soll (Dare) respektive Haben (Avere). Ciambotti weist darauf hin (s.o.), dass die Qualität der Buchführung Malagonellas deutlich über der seines Vorgängers lag. Dies zeigt sich auch hier in der sehr peniblen zusätzlichen Kennzeichnung der Konten. In den Fällen, in denen das Monatskonto mehrere Blätter brauchte, finden sich auch die Ausdrücke „Receptum iterum“ und „Datum iterum“, beide gefolgt von der Angabe des Referenzmonats. Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 51 3.2. Malatesta: Welche Bücher wurden geführt Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 52 3.2. Malatesta: Welche Bücher wurden geführt Soll (Dare) Geldtransfer/Entnahmen an Malaguercia für die Ausgaben, die Schatzmeister Giacomo Malaguercia für Pandolfo tätigt Saldo Soll (Dare) Geldtransfer für Bezahlung der Waren/ monatlichen Ausgaben des Hofes Einnahmen von Schuldnern Haben (Avere) Einnahmen, Tribute, die Giacomo Malaguercia eintreibt Haben (Avere) Bezahlung der Kreditoren/Gläubiger (Familienangehörige, Angestellte des Hofes) Einzahlungen/ Überweisungen von Generalschatzmeister Malagonella Gehalt Malaguercia Soll (Dare) = receptum (erhalten) Haben (Avere) = datum (gegeben) Geldvermögen/Geldfonds des Schatzamtes Bezahlung der Kreditoren/Gläubiger (Familienangehörige, Angestellte des Hofes) Gutschriften für Nutzung der Geldfonds der Schatzkammer Vom Schatzamt Brescia transferierte Geldfonds Gehalt Malagonella Ausgleichs-Saldo Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 53 3.3. Pacioli: Welche Bücher sind zu führen Ricordanze Quaderno Giornale Memoriale Geschäftsvorfälle Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Inventario Alle Vermögensggst. und Schulden (Privat- und Betriebsvermögen Prof. Dr. Th. Hermann Folie 54 3.3. Pacioli: Wie sind die Bücher zu führen (18, 11ff) Prozess der Informationsverarbeitung Bsp.: barer Warenkauf: Waren an Kasse Memoriale „A contanti e tempo a dì tanti, etcetera, io ò comprato a dì ditto da ser Zuan d´Antonio da mesina zucari de Palermo, pani numero tanti, pesano netti libbre tante, per ducati tanti el centinaro, montano ducati tanti. Abatto per sua parte de messetaria a rason de tanti per centinaro, ducati tanti, etcetera, de´quali al presente li n´o contati ducati tanti per parte e del resto mi fa tempo fin tutto agosto proximo che vien, etcetera, sensar ser Zuan de´Gaiardi, val Duc. g. p. Giornale Yesus 1493, a dì tanti del tal mese, etcetera Per zucari palermini // A ser Zuan d´Antonio de Mesina per pani numero tanti, pesano netti in tutto libbre tante, a ducati tanti el centinaro, montano ducati tanti. Abatto per sua parte de messetaria a rason de tanti per centinaro, ducati tanti, etcetera, resta netto ducati tanti de´quali al presente li ne debo contar tanti n´o contati ducati tanti per parte e del resto mi fa tempo termine fin tutto agosto proximo che vien, etcetera, sensar ser Zuan de´Gaiardi, val s. g. p. Quaderno “Zucari de Palermo dien dare a dì tal di novembre per ser Zuan d´ Antonio da mesina per pani numero tanti, pesano netti libbre tante, etcetera, per ducati tanti el centinaro, montano netti de messetaria carti 4 s. g. p. Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 55 3.3. Pacioli: Wie sind die Bücher zu führen Ausgangspunkt: Zuordnung von Aussagen Paciolis zu Themen des internen bzw. externen Rechnungswesens Internes Rechnungswesen (Management Accounting): Planung, Steuerung, Kontrolle, Dokumentation Externes Rechnungswesen Wirkungstheorie fragt nach Wirkungen/ Handlungen, die Regelsysteme auslösen Meßtheorie fragt, wie Wissenswünsche als Rechnungszwecke präzisiert und daraus zahlenmäßige Abbilder abgeleitet werden können Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 56 3.3. Pacioli: Wie sind die Bücher zu führen Internes Rechnungswesen: gute Dokumentation schafft Zeit für Steuerung Pacioli: Ordnungsmäßiges Führen der Bücher hilft dem Kaufmann, den Kopf frei zu halten für seine eigentliche Aufgabe, das Leiten des Geschäfts „La 3a e ultima cosa oportuna sì è che con bello ordine tutte sue facende debitamente disponga, acio con brevità possade ciascuna haver notitia, quanto a lor debito e anche credito, che circa altro non s´atende el trafico. E questa parte fra l´altre è a loro utilissima, che in lor facende altramente regerse seria impossibile senza debito ordine de scripture, e senza alcun reposo la lor mente sempre staria in gran travagli.” 1 (4) “…non asettando le cose debitamente a li suoi luoghi, verebbe in grandissimi travagli e confusioni de tutte sue facende, iuxta commune dictum “ubi non est ordo ibi est confusio” 1 (6) Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 57 3.3. Pacioli: Wie sind die Bücher zu führen Internes Rechnungswesen: Steuerung • Pacioli: In Kapitel 23 (7) wird seine Zielsetzung ganz deutlich, die Konten als Abbildung der Realität, um einen Überblick über die Geschäfte zu bekommen und zu wissen, ob sie gut oder schlecht stehen: „Con ciò sia che conti non sonno altro che un debito ordine de la fantasia che si fa el mercatante, per el qual uniforme servato pervene a la notitia de tutte sue facende e cognosci facilmente per quello se le sue cose vanno bene o male, perchè el proverbio dici ´chi fa mercantia e non la cognosca, li soi denari doventan mosca´..” Von daher ist ein gutes Verständnis des Prozesses entscheidend, „aciò bene s´intenda el processo“, den Pacioli unterteilt in das Führen des Inventars, den Ersteintrag im Memoriale, das Ordnen der Memorialeinträge durch den Buchhalter im Giornale und das Übertragen der Giornaleinträge in das Hauptbuch. Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 58 3.3. Pacioli: Wie sind die Bücher zu führen Externes Rechnungswesen Wirkungstheorie fragt nach Wirkungen/ Handlungen, die Regelsysteme auslösen Pacioli: Vertrauen bei den Stakeholdern Änderungen in den Büchern müssen nach Pacioli 32, 10 immer genau angezeigt werden, um die Glaubwürdigkeit der Bücher zu erhalten, nicht anders wie bei notariellen Angelegenheiten: „De le quali varietà sempre el bon quadierno deve farne mentione, perch´ele naschino per levar il susspetto del libro, a modo el bon notaro ….così sempre tal respetto convien che sia nel bon quadernieri, aciò la rialità mercantesca debitamente se venga a mantenere.“ „Siché tutte queste cose sonno cautele che si convengano de necessità fare per la poca fede si trova oggidì.” 24 (15) Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 59 Vergleich Datini Pacioli Datini Pacioli Funktion „heute“ Ricordanze Memoriale Ersteintrag durch prinzipiell jeden Memoriale Giornale Buchhalter ordnet die Einträge, kontiert und bucht mit per und a Journal, Memorial, Prima nota Libro Grande Quaderno Buchhalter überträgt Einträge aus Journal Hauptbuch Libro Segreto Ricordanze Vermögen und Schulden Inventar Inventario Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 60 4. Fazit aus der Sekundärquellenanalyse Die Bedeutung, die noch Bellinger, Leitherer oder Melis Pacioli für die Entwicklung zur BWL/ Economia Aziendale gegeben haben, wird heute weder in D noch Italien gesehen. Die Bedeutung, die Pacioli zu seiner Zeit beigemessen wird, läßt sich nicht auf „doppelte Buchführrung als Rechentechnik reduzieren Er war der Divulgator, der Verbreiter dieser Technik, im Tractatus XI finden sich technische Gedanken zur Buchführung, der Blick erscheint aber oft aus einer höheren, kaufmännisch-unternehmerischen Perspektive. Kapitalismusthese: Fokussiert man kaufmännisch Mentalität nicht auf das Gewinnstreben sondern auf die (Webersche) Zweckrationalität , erkennt man, dass die Besonderheit des buchhalterischen Schriftgebrauch durchaus einen Einfluss auf die kaufmännische Mentalität hatte Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 61 4. Fazit aus der Primärquellenanalyse An Hand der Analyse zweier sehr umfassender überlieferter Rechungsbüchersysteme sollte die Komplexität und Funktionsvielfalt aber auch Disparität der Rechnungsbücher angesichts des Big Data Problems einer Handelsgesellschaft und einer Signorie aufgezeigt und ein Gespür für die Abstraktionsleistungen der damaligen kaufleute bzw. Kämmerer vermittelt werden. Luca Paciolis Tractatus, der erst in kapitel XI erstmals die Themen per und a anspricht, sollte, so die These, nicht auf Doppelte Buchführung reduziert werden Er bringt Ordnung in die Bücher, unterscheidet quasi eine Konzern-und eine Mittelstandsperspektive Sowohl Funktionen des externen als auch des internen Rechnungswesens werden bei ihm angetönt und in der Überschau auf wesentliches reduziert Er zeigt Best Practices auf, entwickelt in nuce erste Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und erwähnt auch Regeln, die die Funktion der Rechenschaftslegung gegenüber externen Adressaten verbessern und aus der Deutungshoheit der Kaufleute wegnehmen Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 62 5. Weiterer Forschungsbedarf, anknüpfend an Aussagen Schneiders Dieter Schneider „Nicht aus der doppelten Buchhaltung, sondern ihrem Gegenstück, der von vornherein auf Soll-Ist-Vergleiche angelegten kameralistischen Buchführung entsteht das heutige Rechnungswesen als Planungs- und Kontrollinstrument.“ Das Primat gebühre Johann Matthias Puechberg mit einer Schrift aus dem Jahre 1764. Diese Lehre vom Staatsrechnungswesen habe dann in Italien die fruchtbarste Entwicklung genommen, beginnend mit dem Werk von Francesco Villa, mit dem laut schneider das wissenschaftliche Zeitalter der Geschichte des Rechnungswesens beginnt. Ein Ziel der Arbeit war es auch, eine Schnittstelle zur italienisch(sprachig)en Forschung zu schaffen Die moderne Italienische Forschung beschäftigt sich sehr intensiv mit der Frage nach den Vorläufern der Economia Aziendale und des Management Accounting. Dieter Schneider hat in seinen Forschungen viele deutsch(sprachige) Vorläufer im Kameralismus untersucht und ausgemacht. Es könnte reizvoll sein, diesen Kenntnisstand mit den italienischen Bemühungen zu vereinen. Angelo Pietra (1586) => Dottoressa Carmela Gulluscio Kolloquium Ideengeschichte Helmut-Schmidt Uni HH 22-9-15 Prof. Dr. Th. Hermann Folie 63