2013 Abocard
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2013 Abocard
9 Bremen MONTAG 1. JULI 2013 Bremens behütetes Grün Unter Schutz: Neue Serie stellt Natur- und Landschaftsschutzgebiete vor / Vom Reich des Eremiten bis zum verborgenen See Lichte Erlenwälder, die vom Grundwasser umspült werden, Feuchtwiesen, in denen der Wasserkobold lebt und filigrane Flugkünstler wie die grüne Mosaikjungfer, die im Hollerland haust: Viele Bremer genießen die Nähe zur Natur, doch welche Schätze sie 8 vor der Nase haben, wissen nur wenige. In einer Sommerserie stellen wir ausgewählte Naturschutzgebiete vor. Landschaftsschutzgebiete Naturschutzgebiete 1. 2. 3. 4. 5. 6. 6 Sodenstich Vogelschutzgebiet Arsten-Habenhausen Vogelschutzgehölz Sodenmatt Kuhgrabensee Westliches Hollerland Leherfeld Hammersbecker Wiesen 12 V ON S A RA S UNDER MA NN Bremen. Wo es nass ist, brummt es. Vor allem der Ring der Feuchtwiesen, der das Bremer Stadtgebiet umschließt, birgt Orte, an denen alles voller Leben ist. Selten finden sich Naturschutzgebiete so nahe am Stadtkern wie in Bremen, sagt Birgit Olbrich, Biologin vom Naturschutzbund BUND, die zwei Schutzgebiete betreut. Und auch wenn es – vor allem in Bremen-Nord – einzelne trockene Schutzgebiete und sogar Heideflächen gibt, lässt sich festhalten: Dort, wo es besonders artenreich zugeht, ist in Bremen in der Regel das Wasser nicht weit. Die meisten Natur- und Landschaftsschutzgebiete sind von Weser und Wümme, von Lesum und Ochtum geprägt. Von Flüssen, die ihre Auen fluten, von Mooren, seichten Tümpeln und alten Wassergräben im Hollerland. Manchmal trat der Fluss sogar selbst als Akteur auf. So schwoll im Frühling 1981 die Weser vom Schmelzwasser mächtig an und nahm in ihrer letzten Kurve vor dem Weserwehr eine Abkürzung. Sie suchte sich einen neuen Weg quer über die Parzellengebiete hinweg und flutete alles mit ihrem Schlamm. Was den Kleingärtnern damals ein Graus war, schuf die Grundlage für das Schutzgebiet Neue Weser. Heute findet man dort, wo einst die Weser überlief, einen See mit kleinen Inseln, an dessen Ufer die Graureiher fischen. Sie kommen nur zum Fressen. Zum Brüten fliegen sie in den ebenfalls unter Schutz gestellten Wolfskuhlenpark in Obervieland. 7. Borgfelder Wümmewiesen 8. Eispohl-Sandwehen 9. Neue Weser 10. Dunger See 11. Am Stadtwaldsee Uni-Wildnis 12. Ruschdahlmoor Lesumer Moor 13. Untere Wümme 14. Werderland Teil I 15. Ochtumniederung bei Brokhuchting 16. Grambker Feldmarksee 10 24,9 % 13 16 der Bremer Landesfläche ist unter Schutz gestellt. 14 1 4 5 7 55 % der Landesfläche sind Siedlungs- und Verkehrsflächen 11 15 9 3 2 QUELLE: Der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr / Statistisches Jahrbuch Bremen / © WESER-KURIER · STV Die meisten Bremer Schutzgebiete sind in den 80er- und 90er-Jahren entstanden. Damals gewann der Umweltgedanke an Fahrt, die Grünen gründeten sich, die Umweltbehörde entstand. Doch der Gedanke, dass der Mensch bestimmte Gebiete vor seinen eigenen Eingriffen schützt, ist älter: Schon im 18. Jahrhundert wuchs die romantische Sehnsucht nach geordneter Wildnis, man stellte einzelne Naturdenkmäler unter Schutz. In der Weimarer Republik wird der Naturschutz in die Verfassung aufgenom- men. Die Nationalsozialisten verknüpften ihn mit ihrem völkischen Heimatbegriff und luden ihn ideologisch auf: „Wir brauchen gesunde Natur, um ein gesundes Volk zu erhalten“, hieß es – so entstand 1935 das erste deutsche Naturschutzgesetz. Inzwischen ist der frühere Todesstreifen zwischen BRD und DDR zur Grünen Grenze mit vielen Naturschutzgebieten geworden, und längst regeln auch internationale Artenschutz-Abkommen und EU-Gesetze den Naturschutz. Schon lange ist die Vorstellung, unberührte Natur zu schützen, überholt. „In Bremen stehen im Prinzip vor allem vom Menschen geprägte Kulturlandschaften unter Schutz“, sagt Adam Nowara von der Umweltbehörde. Naturschützer sind auf die Kooperation mit Bauern angewiesen und versuchen, sie einzubinden. EU–Förderprogramme entschädigen für manche entgangene Einnahme, wenn Bauern freiwillige Schutzauflagen einhalten. Und in den Wümmewiesen mähen Landwirte das Gras erst spät, um den brütenden Wachtelkönig nicht zu verschrecken. Dennoch gibt es natürlich weiter Interessenskonflikte. Auch wenn Gesetze die Regeln für Naturschutzgebiete definieren: Immer wieder muss ausgehandelt werden, ob und wie in die Natur hineingewirtschaftet werden darf und wie weit Gewerbeparks vordringen dürfen. Für interessierte Stadtbewohner aber haben sich viele Naturschutzgebiete stärker geöffnet als früher. Nur besonders sensible Schutzgebiete werden auch heute komplett abgeriegelt. Meist aber versucht man, Naturerlebnis und Naturschutz miteinander zu verbinden. Im Park Links der Weser liegen öffentlicher Park und Schutzgebiet direkt nebeneinander. Auch die Borgfelder Wümmewiesen, Bremens größtes Naturschutzgebiet, sind ein beliebtes Ausflugsziel. Dort tummeln sich Fischotter und Neunauge. Jeden Winter schwappt die Wümme über: eine wichtige Voraussetzung für den artenreichen Lebensraum. Schutzgebiete sind Rückzugsorte für Tiere und Pflanzen. Häufig finden sie nur noch dort bestimmte Bedingungen vor. Die grüne Mosaikjungfer, eine gefährdete Libellenart, braucht die Krebsschere. Das ist eine seltene Wasserpflanze, die im Hollerland noch zu finden ist. Dort lebt auch der Wasserkobold, eine kleine Wanze mit riesigen Augen. Der Höckerschwan haust in der Wesermarsch, und der Eremit knabbert in den rauschenden Oberneulander Parks am alten Holz, das er sonst selten findet. Wir stellen in den kommenden Ausgaben eine Auswahl besonderer Schutzgebiete vor. Dazu gehören ein verborgener See und ein Erlenbruchwald. Dort stehen die Bäume das ganze Jahr in Schlamm und Wasser. Schwertlilien sprießen: Ein Wald, der im Feuchten wächst und gedeiht. Schutzgebiete n Im Naturschutzgebiet sind Tiere und Pflanzen streng geschützt. Damit soll ein abgegrenztes Ökosystem erhalten und entwickelt werden. Gesetzliche Grundlage dafür ist das deutsche Bundesnaturschutzgesetz. Darüber hinaus gibt es Landschaftsschutzgebiete, die einen schwächeren Schutzstatus haben. Sie sind meist größer und sollen auch der Erholung dienen. Und schließlich wirkt auch internationales Recht auf den Naturschutz in Bremen zurück: Auf der UNUmweltkonferenz 1992 in Rio de Janeiro hat sich die EU verpflichtet, zur Artenvielfalt beizutragen. Seitdem ist ein europäisches Netz von Schutzgebieten entstanden, das Natura 2000 heißt. In Bremen fallen diese Gebiete in der Regel mit den Naturund Landschaftsschutzgebieten zusammen. Das Land muss der EU über die Pflege und den Zustand der Gebiete Bericht erstatten. ANZEIGE Abonnenten zahlen weniger und erleben mehr! 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