Antoinette von Saurma - thomas punzmann contemporary

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Antoinette von Saurma - thomas punzmann contemporary
Antoinette von Saurma
Antoinette von Saurma
thomas punzmann contemporary
weckmarkt 9
60311 frankfurt
tel. 069 - 244 50 191
www.punzmann-contemp.com
Titel: Drop Out, 2015, 210 x 98 cm, Stift auf Japanpapier (Ausschnitt)
Sehen, Wissen, Erinnern
Zeichnungen von Antoinette von Saurma
Über die Kunst der Zeichnung als Seh-Erfahrung schrieb der Künstler und Kunsttheoretiker
John Berger in den 1970er-Jahren einen kleinen, feinen Text, in dem es heißt: „Zeichnen
heißt sehen, die Struktur der Erscheinungen beobachten. Die Zeichnung eines Baumes
zeigt nicht einfach einen Baum, sondern einen Baum, der angeschaut wird. Während
der Anblick eines Baumes fast augenblicklich registriert wird, nimmt die Beobachtung
des Anblicks eines Baumes – eines Baumes also, der angeschaut wird – nicht nur Minuten
oder sogar Stunden statt des Buchteils einer Sekunde in Anspruch, sie schließt auch
frühere Erfahrungen des Sehens ein, leitet sich aus ihnen ab, bezieht sich auf sie zurück.
Auf diese Weise widersetzt sich der Akt des Zeichnens dem Prozeß des Verschwindens der
Erscheinungen und läßt die Gleichzeitigkeit einer Vielzahl von Augenblicken ahnen. Aus
jedem Blick sammelt die Zeichnung ein kleines Stück sichtbarer Realität, aber sie besteht
aus der sichtbaren Realität vieler solcher Blicke, die zusammen gesehen werden können.
“Bei John Berger fasst die Zeichnung momentan Erfahrenes und Erinnertes, weist in die
Vergangenheit und Gegenwart. Jede zeichnerisch entstandene Arbeit trägt zugleich auch
bereits die Zukunft in sich, wenn auf das vollendete Werk geblickt werden wird. Zeichnung
ist also nicht nur Ausdruck der Zeit, in der sie entstanden ist. Sie sammelt auch all jene
Eindrücke des Zeichners und der Zeichnerin, die sich Zeit ihres Lebens in ihrem Gedächtnis
ablagerten. Damit lässt sich behaupten, dass das, was auf einer Zeichnung zu sehen ist,
auch wenn es gegenständlich ist, zu keinem Augenblick so aussah, wie das Bild es zeigt
(ähnlich sagt es auch Berger in seinem Essay). Diese Überlegungen zur Zeichenkunst
schaffen einen besonderen Zugang zu den Bildwelten der Künstlerin Antoinette von
Saurma, die sich in ihren häufig großformatigen Federzeichnungen auf Japanpapier
intensiv auf eine sichtbare Wirklichkeit einlässt. So zeigen ihre Arbeiten schwere Steine, die
an Seilen herabhängen oder riesige Wasserhähne. Und obgleich uns diese Motive (Seil,
Stein, Wasserhahn) durch eigene Anschauung realer Gegenstände vertraut sind, bleibt
beim Anblick der Zeichnungen ein Erstaunen und Befremden darüber, diese Dinge niemals
zuvor so gesehen zu haben.
Antoinette von Saurma überträgt die erblickten Gegenstände in das Medium
Tuschezeichnung. Sie exponiert die Unterschiede in Form, Materialität und Textur durch
Schraffuren, unterschiedlich starke Linien, Hell-und-Dunkel-Relationen sowie Auslassungen.
In diese Perspektivierung alltäglicher Objekte wird auch unweigerlich die Beschaffenheit
des Bildträgers einbezogen: das Gewicht und die Größe der Wasserhähne aus Metall steht
in einem spannungsreichen Verhältnis zur Fragilität des Papiers, auf dem die Zeichnung
entsteht. Und jedes Werk der Künstlerin artikuliert tatsächlich, wie es auch John Berger für
die Zeichenkunst behauptet, den Faktor Zeit. Die Arbeitsstunden inkorporieren sich bereits
in den unzähligen Strichen, die erst das Bild entstehen lassen; der körperliche Einsatz der
künstlerischen Produktion findet besonderen Ausdruck in den großen Formaten. Jede
gesetzte Linie ist dabei eine nicht zu revidierende Entscheidung. Seh-Erfahrung, das Wissen
über die Gegenstände sowie ein psychisches und physisches Verhältnis zu den Dingen wird
manuell auf den Bildträger übersetzt. Nicht zu vergessen ist, dass die Zeichnung eigentlich
ein ideales intimes Medium für den nahen Blick ist: jede Umrisslinie ist in der Lage bereits in
reduzierter Form einen Körper zu bezeichnen, feine Striche lassen die detailreiche Arbeit
auf kleinstem Raum zu. So verändert sich auch die Wirkung von von Saurmas Arbeiten,
je näher wir auf sie zutreten. Die gegenständlichen Objekte lösen sich in die Formen auf,
die sie zeichnerisch konstituieren: der Wasserhahn wird in der Nahsicht ein Gebilde aus
Strichen, Schraffuren und zufällig entstandenen Klecksen.
Und zuletzt: mehr noch als das Medium der Malerei oder andere grafische Techniken wie
die Kreide- oder Kohlezeichnung ist die Federzeichnung eine akustische Kunst. Die Feder
kann entweder über das Papier gleiten oder heftig kratzen, sie kann in Symbiose oder im
Widerstand zu ihrem Bildträger ihre Wirkung entfalten – je nachdem ob das Werkzeug mit
Tusche gesättigt ist oder eben nicht, ob mit großem oder wenig Druck auf dem Papier
gezeichnet wird. Damit setzt sich die Künstlerin immerzu ins Verhältnis zu ihrem Gegenstand
und zu ihren künstlerischen Mitteln. Zeichnung ist eben nicht nur für die Rezipienten eine
sinnliche Erfahrung des Blickens und Begreifens, bei der das Auge sich an einzelnen Linien
wie an schraffierten oder lavierten Flächen aufhalten kann und vom Einzelnen zum Ganzen
und wieder zurückkommt. Beim Blicken auf Zeichnungen vollziehen wir auch immer die
Erfahrungen der Urheberin beim Zeichenakt – und ihre eigenen erinnerten und imaginierten
Bilder von den Gegenständen, die sie sieht und zeichnet.
Prof. Dr. Burcu Dogramaci
Ludwig Maximilian Universität München
Institut für Kunst Geschichte
Drop Out 1, 2015, 210 x 98 cm, Stift auf Japanpapier
Drop Out 2, 2015, 210 x 98 cm, Stift auf Japanpapier
Drop Out 3, 2015, 210 x 98 cm, Stift auf Japanpapier
Drop Out, 2015, Contestift auf Bambuspapier, 24 x 30 cm
Hölzerne Landschaft 1, 2015, Pigmentstift auf Papier, 29,5, x 41, 5 cm
Hölzerne Landschaft 2, 2015, Pigmentstift auf Papier, 29,5, x 41, 5 cm
Hölzerne Landschaft 3, 2015, Pigmentstift auf Papier, 29,5, x 41, 5 cm
Hölzerne Landschaft 4, 2015, Pigmentstift auf Papier, 29,5, x 41, 5 cm
Vorherige Seite: Mond horizontal, 2014, Tinte und Feder auf Papier, 99 x 70 cm
Mondlandschaft 1, 2015, Tinte auf Japanpapier, 60 x 80 cm
Waiting, 2013, Pigmentstift und Tinte auf handgeschöpftem Papier, 66 x 51 cm
Detail, Waiting, 2013, Pigmentstift und Tinte auf handgeschöpftem Papier, 66 x 51 cm
Zusammen, 2014, Monotypie, Öl auf Papier, 19 x 30 cm
Picnic, 2014, Monotypie, Ölfarbe auf Papier, 19 x 30 cm
Paradies, 2014, Montyp, Öl auf Papier, 22 x 32 cm
4 Zwerge, 2013, Graphit auf Papier, je 14,5 x 10,5 cm
Ausstellungen
2015
“Ich habe noch nie eine Ananas gemalt” Klasse Voigt. Nassauischer Kunstverein, Wiesbaden
“Deplaced” Salon Kennedy, Frankfurt am Main
“München zeichnet II “, München
2014
“Das Kind als Objekt der Kunst“ Institute of European Studies, München
“Dioskuren“ Galerie der BBK, München
“Ausstellungsmacher“ Adbk, München
2013
“München zeichnet“ Galerie der BBK, München
“Medium Zeichnung, formulieren des Denkens“ Burghausen
“und was machen wir Morgen?“ Hohenloher Kunstverein, Künzelsau
“Celeste“ Preis Verleihung, Museo Monte Martini, Rom
2012
“rot“ Adbk, München
“Bonjour Monsieur Duchamp“ Kunst Pavillon, München
2011
“Kalter Hund” Adbk, München
“Quartalsabrechnung Klasse Doberauer” München
2001
“Seeing the Light” Coral Springs Museum of Art
2000
“small works” Nexus gallery, New York
Kunst am Bau
Installation, Atrium der Pinakothek der Moderne, Pin Fest, München, 2014
Wand Malerei, Malteser Stift St. Stephanus, Düsseldorf
Wand Malerei, St. Elizabeth Anne Seton, Florida.
Biographie.
Meisterschülerin bei Jorinde Voigt, Akademie der Künste, München. 2014
Studium der Malerei bei Anke Doberauer, Akademie der Künste, München. 2010/14
National Diploma of Fine Art, Johannesburg.
Geboren in Windhoek, Namibia.
1.Platz Celeste Preis für Malerei, Museo Monte Martini Rom. 2012
© 2015 thomas punzmann contemporary, Fotos: Antoinette von Saurma
Alle Rechte vorbehalten.
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