Programm 2003

Transcription

Programm 2003
Rüttihubeliade
Kammermusikfest
26. bis 30. Dezember 2003
International tätige Musiker haben einen hektischen Alltag: Hier ein Konzert
mit Orchester, dort ein Recital, dann wieder Kammermusik. Oft wird man mit
Stücken und Leuten zusammengewürfelt mit denen man sich zwar professionell auseinandersetzt, zu denen man aber nicht immer eine tiefere Beziehung
entwickeln kann.
Die Rüttihubeliade entstand aus dem Wunsch, einmal nicht zusammengewürfelt zu werden, sondern mit Freunden zusammenzusein und - sozusagen
auf der gleichen Wellenlänge - das zu spielen, wozu man Lust hat. Wir erhoffen uns dabei für uns und das Publikum viele bleibende Eindrücke und Momente. Es ist gelungen einige international anerkannte junge Musiker für
diese Idee zu begeistern.
Boris Yoffe ist unser Composer in residence, es werden in jedem Konzert Stücke von ihm aufgeführt.
Für die Kinder haben wir uns einige Konzertprogramme ausgedacht. Da erzählen die Musiker gleich im Konzert über die Stücke. Im allerletzten Konzert
gibt's nur lauter Überraschungen und ein paar Stunden zuvor spielen wir das
"Märchen" von Boris Yoffe für die Kinder, wo es auch einen Schauspieler
gibt.
Wir sind der Stiftung Rüttihubelbad und deren Ressortleiter Kultur Bart van
Doorn sehr dankbar, dass sie sich für diese Idee ebenfalls begeistern liessen
und uns einen schönen Rahmen zur Verfügung stellen.
Mit lieben Grüssen und besten Wünschen für Festtage und Neujahr
Patricia Kopatchinskaja
N.B.
Für die erkrankte Pianistin Mihaela Ursuleasa springen der junger russische
Pianist aus Berlin Konstantin Lifschitz und der Brasilianer Ricardo Castro-
Die „Einfache Sonate“ für Bratsche und Klavier, die ich 1991 schrieb, ist
für mich ein wichtiger Wendepunkt: Hier habe ich die musikalische Form
als selbstständiges Ausdrucksmittel zum ersten Mal richtig verstanden,
mit anderen Worten, dass der Inhalt des musikalischen Textes aus der
Spannung zwischen Form und Material entsteht. Die „Rede“ und das
„Essay“ haben, so wie die „Gedichte“, mit literarischen Gattungen zu
tun.
In einem „Essay“, das in seiner Form dem freien Fluss des Denkens nahe
kommt, verschmelzen das Poetische und das Philosophische. In der
„Rede“ hat man einen fruchtbaren Widerspruch zwischen lyrischer und
subjektiver Art der Besetzung und der Aussage– und öffentlichem Charakter der Gattung.
Boris Yoffe
Formbildung nach Beethoven ausdrücken. Die Textur des Stückes zeigt den
Willen zur formalen Einheit, wie er für das Spätwerk Schumanns typisch ist.
Zwar tragen die 4 Sätze des Streichquartettes in A-dur keine Namen, doch
erinnern sie uns an einzelne lyrische Szenen oder Miniaturen. Das Scherzo
erscheint in Variationen, dieses ist in der gesamten Musikgeschichte äusserst
selten. Das wohl epischste und monumentalste Werk Schumanns ist sein Klavierquintett. Das liegt an dem langsamen Satz, der den Focus des Stückes
bildet und wie ein Magnet die anderen Sätzen anzieht. So tritt das Quartett
in der glorreichen Reihe der Es-dur Kompositionen ein, deren langsamer Satz
ein c-moll Trauermarsch ist.
Mozart möchte ich mit Sokrates vergleichen, denn bei beiden ist das einzige
Interesse der Mensch. Musikalische Charakterzüge, die die Ästhetik verschiedener Komponisten unterschiedlich prägen, finden bei Mozart zu einer eigenartigen paradoxen Einheit zusammen, gleichsam der menschlichen Persönlichkeit.
Es ist nicht neu, dass Tonarten bei Mozart eine eigene Semantik besitzen.
Es-dur und A-dur, dem C-dur gleich weit entfernt, erscheinen als Tonarten
dem Lichte verwandt, wobei ich mit Es-Dur eher das dunklere Licht einer
Abdndstimmung assoziiere. Das Klarinettenquintett in A-dur ist durchdrungen von hellem Morgenlicht. A-dur ist bei Mozart die Tonart für breit angelegte, liedhafte Melodien, wie z.B. das Nebenthema im 1. Satz des A-dur Klavierkonzertes KV 488, das Nebenthema aus dem Finale der Sonate für Geige
und Klavier in A-dur KV 526 und das Nebenthema des ersten Satzes der Prager Symphonie. Eines der schönsten Beispiele ist das Nebenthema des 1. Satzes des Klarinettenquintetts .
Das Streichquintett in D-dur gehört zu den letzten Werken Mozarts, die durch
eine enorme Intensität, so wie die Durchsichtigkeit der Strukturen gekennzeichnet sind. In der geringen Anzahl von Tönen erhält jeder Ton ein besonderes Gewicht.
Das Quartettbuch ist ein Werk, an dem ich seit 1995 arbeite, und welches
aus mehr als 1000 kurzen Stücken für Streichquartett besteht, die für mich in
ihrer Form Gedichte sind. In Konzerten werden die Stücke in freier Wahl und
Reihenfolge gespielt.
Patricia Kopatchinskaja, Violine, künstlerische Koordination
Patricia Kopatchinskaja wurde in Moldova geboren, dem weinbauenden Land zwischen Rumänien und der Ukraine. Beide Eltern sind
Musiker. Studium der Violine und der Komposition in Wien und
Bern. Im Jahr 2000 erster Preis im Internationalen Henryk SzeryngWettbewerb in Mexico. Im Jahr 2001 Trägerin des hochdotierten
"International Credit Suisse Group Young Artist Award".
Im September dieses Jahres Debut mit den Wiener Philharmonikern
bei den Luzerner Festwochen. Im Winter 2002-03 führten sie elf Rezitale in der Serie "Rising Stars" mit Christopher Hinterhuber in die
grössten Konzertsäle (Musikverein Wien, Mozarteum Salzburg, Concertgebouw Amsterdam, Société Philharmonique de Bruxelles,
Kölner Philharmonie, Symphony Hall Birmingham, Wigmore Hall
London, Athens Concert Hall, Baden-Baden, Konserthuset Stockholm
und Carnegie Hall New York). Meist wurde ein neues Stück aus dem
betreffenden Land aufgeführt oder sogar uraufgeführt, denn Patricia
Kopatchinskajas spezielles Interesse gilt neuer Musik. Viele Komponisten schrieben ihr Stücke: Jorge Sanchez Chiong, Patrick De
Clerck, Violeta Dinescu, Michalis Economou, Viktor Ekimowsky, Dror
Feiler, Takuya Imahori, Daisy Jopling, Faradj Karajew, Ludwig Nussbichler, Kumiko Omura, Ivan Sokolov, Boris Yoffe, Otto Zykan. Sie
komponierte gelegentlich selber und improvisiert gerne performances in ungewöhnlichem Rahmen, z.B. Kunstausstellungen. In CDAufnahmen setzte sie sich für Stücke der Zeitgenossen Johanna Doderer, Dmitri Smirnov und Nikolai Korndorf ein.
Sie spielt u.a. mit Werner Bärtschi, Paul Gulda, Hiroaki Ooi, Henri
Sigfridsson, Mihaela Ursuleasa, Ivan Sokolov. Mit dem SoloCellisten des Concentus Musicus Herwig Tachezi spielt sie Duos.
Patricia Kopatchinskaja war Solistin u.a. mit Wiener Philharmonikern, Wiener
Kammerorchester, Wiener Kammerphilharmonie, Jenaer Philharmonie, Würzburger Philharmoniker, Berner Symphonieorchester, Berner Kammerorchester, Ensemble Phoenix Basel,
Slovenischer Philharmonie, Orquesta del estado Mexico mit Dirigenten wie Enrique Batiz, Andrey Boreyko, Leon Botstein, Valentin Doni,
Jürg Henneberger, Eli Jaffé, Mariss Jansons, Marc Kissoczy, Daniel
Klajner, Uros Lajovic, Kirill Petrenko, Claudius Traunfellner, Tibor
Varga.
Fast unzählig sind die Einladungen an Festivals, um nur wenige zu
nennen: Luzerner Musikfestwochen, Davos Festival, Wiener Festwochen, Wiener Hörgänge, Styriarte, Carinthischer Sommer, Heidelberger Frühling, West Cork Chamber Music Festival in Irland, Moscow Forum for contemporary music, Musikalischer Frühling St. Petersburg. Konzertreisen führten sie wiederholt nach Nord- und Mittelamerika, nach Südamerika und durch ganz West- und Osteuropa
bis nach Russland, die Türkei und Armenien.
Im Jahr 2003 spielte sie mit dem American Symphony Orchestra unter Leon Botstein im New Yorker Lincoln Center und mit den Hamburger Symphonikern unter Andrey Boreyko, 2004 stehen die Salzburger Festspiele und eine Japan-Tournée mit dem NHK Symphony
Orchestra auf dem Programm.
In der Interpretation sucht Patricia Kopatchinskaja die persönliche
und emotionale Identifikation mit dem Werk. Den Komponisten respektierend will sie Musik aus dem Moment entstehen lassen - Beethoven z.B. so angriffig wie vor zweihundert Jahren. Auch neue
Musik soll als unmittelbares sinnliches Erlebnis packen. Kritiker sprachen von "kompromissloser Leidenschaft", ja sogar "einer neuen
musikalischen Generation", während andere eine Tendenz "zu
Übertreibung" oder "zum Schockieren des Publikums" bemängelten. Aber Patricia Kopatchinskaja lehnt eine Unterscheidung von
"richtiger" und "falscher" Interpretation ab, solang Musik nur voll
Leben und Überzeugung ist.
Das Forellenquintett repräsentiert zusammen mit dem Streichquartett g-moll,
„Der Tod und das Mädchen“, „Fantasie C-Dur“ und „Wanderer Fantasie“,
die besondere Art einer grossen Form, welche für Schubert charakteristisch
ist: Eines seiner Lieder wird als Grundlage für eine Reihe von nachfolgenden
virtuosen Variationen. Um den so entstandenen Satz gruppieren sich dann
die anderen Sätze. Das Lied „die Forelle“ wurde im näheren Freundeskreis
Schuberts zum Freiheitssymbol. Bis heute hat das Forellenquintett seinen
liebevollen Charakter ungezwungener Freude bewahrt und widersteht durch
seine ganz eigene Privatsphäre jeglicher Politik.
Bruckner, der bescheidenste Mensch, dachte, dass er wie ein Geselle die
Form der 9. Symphonie des Meisters Beethoven wiederholte. In Wirklichkeit
schuf er einen völlig neuen Typ des Musiktextes, der von Klassik und Romantik gleich entfernt liegt. Dieses Modell wiederholt sich in allen seinen Symphonien. Mir scheint, dass diese Form weder einer Erzählung ähnlich ist,
noch einem Gedicht, sondern mit einem mystischen Aufgang vergleichbar ist.
Die Themen unterscheiden sich grundsätzlich, wie die verschiedenen Aspekte
Gottes. Der Zuhörer wechselt von der Betrachtung einer Ebene sprunghaft in
eine andere.
Die Entwicklung des klassischen Sonatenzyklus geschah in zwei Richtungen:
Entweder lösen sich die 4 Sätze in einem Satz auf, oder anstelle von 4 monumentalen Sätzen entsteht eine Reihe von Miniaturen, in denen einzelne Ereignisse aus dem Strom herausgerissen werden, so dass dieser Strom im
nachhinein in unserer Wahrnehmung wieder hergestellt wird.
Beide Traditionen blieben lebendig bis heute.
Urvater der Miniaturen-Tradition war Schumann. Wie in einem Liederzyklus
sehen wir einzelne Szenen in der chronologischen Reihenfolge; die Geschichte wird erzählt von einer Episode zur anderen. Eine Einheit entsteht aus verschiedenen festgelegten Gestalten, die einander ergänzen. Die Sätze seiner
Grosswerke wie Symphonien, Sonaten etc. verhalten sich ähnlich der Miniaturen.
Unser Programm umfasst alle unterschiedlichen Formbildungen bei Schumann. In den „Märchenerzählungen“, einem typischen Miniaturzyklus, stehen die Märchen für die besondere Art der Formbildung Schumann‘ scher
Gestaltung, während die Erzählungen die klassische romantische Art der
Boris Yoffe (Composer in Residence) über das Festivalprogramm
Künstlerische Einheit, deren Teile logisch aufeinander bezogen werden können; die bewusste Eingliederung einzelner Sätze in ein übergeordnetes Konzept; Zeit, die sich entsprechend unserer alltäglichen Zeit, horizontal in eine
Richtung bewegt; die romanhafte Art einer Entwicklung, die eine exponierte
Ausgangslage logisch fortführt und eine folgerichtige Auflösung findet.,zusammengefasst: die ästhetische Darstellung des Entwicklungsprinzips,
- bei Beethoven werden diese Elemente auf ideale Weise verarbeitet und somit bestimmend für die musikalische Wahrnehmung der nachfolgenden Generationen von Zuhörern und Komponisten, hinein bis in die heutige Zeit.
Eine Ausnahme bilden jedoch Schubert und Bruckner, die, obwohl grosse
Verehrer Beethovens, eine eigene Weltanschauung anders darstellten, von
Zeitgenossen tunlichst kritisiert. Auch in unseren pluralistischen Epoche, die
„anders“ nicht gleichsetzt mit „falsch“ und „schlecht“, überzeugt ihre Musik nicht jeden Musikliebhaber.
Wer inmitten des „Beethoven‘schen“ Entwicklungsprinzips aufwuchs, mag
die Musik Schuberts als statisch, gleichsam auf der Stelle tretend, empfinden.
An dieser Stelle sollte man sich mit der ganz eigenartigen Schubert‘schen
Ästhetik befassen. Während sich bei Beethoven die Ereignisse chronologisch
entwickeln und in einen Schluss münden, der auch das Ende des Stückes bedeutet (oftmals mit Abschiedsgruss). So befindet sich der Zuhörer am Ende
eines Schubertschen Werkes am Ausgangspunkt.
Schuberts Musik ist „subdominantisch“, was eine Bewegung in das Innerste
impliziert, wohingegen die dominantische Vorherrschaft bei Beethoven die
Bewegung nach vorne erzwingt. Bei Schubert ist der Aktionsraum die Psyche;
die Einheit einer Komposition ist garantiert subjektive Intuition und nicht eine
abstrakte objektive Logik. Schuberts Musik zieht eine formale Einheit in
Zweifel. Man könnte ihn als einen Mitbegründer der existentialistischen Ästhetik bezeichnen. Im Forellenquintett nehmen wir nicht, wie in späteren
Werken, die Loslösung vom Leben in die Einsamkeit wahr, sondern eine intuitive, liebevolle Verschmelzung mit dem Leben, ohne den Versuch einer Erklärung. Mir scheint, eine mögliche sinngebende Erklärung zur Form Schubertschen Musik finden wir in der formalen Anlage eines Gedichtes.
Boris Yoffe, Viola, Composer in Residence
Boris Yoffe wurde 1968 in St.Petersburg geboren. Dort studierte er Violine
und Komposition. Im Jahr 1990 emigrierte er nach Israel, wo er seine musikalischen Studien fortsetzte. Seit 1997 lebt er in Karlsruhe und schloss dort sein
künstlerisches Aufbaustudium bei Wolfgang Rihm ab. Mehrere musikalische
„Gedichte“ aus seinem metaphysischen „Quartettbuch“ wurden bereits aufgenommen und in Deutschland, in der Schweiz, in Russland und in Israel aufgeführt.
Über sein künstlerisches Selbstverständnis schreibt Boris Yoffe: „ ich
glaube, dass ein echter, gelungener künstlerischer Text ein solcher ist, der
seinem Wahrnehmendem eine praktische , lebendige Auseinandersetzung
mit der für ihn allgemeine metaphysische Problematik (…Einheit und Unendlichkeit, Liebe und Schmerz, Idee und Materie) ist, ermöglicht. Ich denke,
dass diese Art von Erlebnis gemeint ist, wenn wir von ästhetischem Erleben
sprechen. Als Leser, Zuhörer und Zuschauer habe ich vielen Künstlern solche
Art von Erleben zu verdanken. Als Komponist möchte ich dieses Erleben ermöglichen“
Ivan Sokolov , Klavier
Ivan Sokolov wurde 19960 in Moskau geboren. Klavierunterricht bei Nikolaj
Stanischewsky, Nathan Fischman, und später bei Irina Naumova an der Gnesin Musikschule. 1978 bis 1983 studierte er am Moskauer Tschajkowsky Konservatorium: Klavier bei Lew Naumow und Komposition bei Nikolaj Sideljnikov.
Ivan Sokolov ist einerseits Komponist. von Kammermusik und Orchesterwerken. Neben zahlreichen Kompositionen spielt er vielfach Uraufführungen russischer Komponisten, so z.B. das Konzert von Denisow bei den luzerner Festwochen 1993, die 3.Symphonie von N.Korndorf in Frankfurt und Werke von
V.Silvestrov.
1995 spielte er das gesamte Klavierwerk von Ustwoljskaja auf CD ein.
1996 eine CD Produktion mit dem russisch-deutschen Komponistenquartett
bei Leo records in London.
Ivan Sokolov ist Mitglied des russischen Komponistenverband und Mitbegründer des Moskauer Musikfestivals Alternativa.
Roman Spitzer, Violine
Roman Spitzer wurde 1969 in St. Petersburg geboren. Mit sechs Jahren
nahm er das Violinenstudium bei Prof. S. Zabejinsky auf und fuhr damit bei
Prof. V. Mazel an der „St. Petersburg Rimski-Korsakow Musikhochschule"
fort. Zu dieser Zeit gewann er verschiedene Jugendwettbewerbe und trat
als Solist mit dem Kammerorchester der Musikhochschule in St. Petersburg
sowie im Ausland auf. Nach der Immigration nach Israel im Jahre 1990 studierte Roman Spitzer an der Tel Aviv Musikakademie bei Prof. G. Levertoff
(Viola). Während dieser Zeit gewann er einige Preise in Israel. Als Mitglied
des neuen Tel Aviv Streichquartetts gab er in Israel viele Konzerte. Seit
1995 spielt er im Israelischen Philharmonieorchester als Stimmführer unter
dem Dirigenten Zubin Mehta.
Sol Gabetta, Violoncello
1981 in Argentinien geboren. Im Alter von 10 Jahren gewann sie bereits
ihren ersten Wettbewerb in Argentinien.
Seither war sie Preisträgerin zahlreicher bedeutender internationaler Wettbewerbe, u.a. beim Radio Suisse Romande in Genf, und bei den Wettbewerben in Lausanne, Rom, in Chile, in Paris, beim Tschaikowsky Wettbewerb in Moskau und beim ARD Wettbewerb in München (3. Preis)
Als Solistin trat sie u.a. mit der Kremerata Béaltica unter Gidon Kremer, mit
dem Philharmonischen Orchester von Buenos Aires, mit dem Sinfonie Orchester Basel und dem Sinfonieorchester des Bayrischen Rundfunks auf.
Recitals gibt sie u.a. mit Gérard Wyss.
Von 1994 - 2001 studierte sie bei Ivan Moniguetti in Basel und schloss mit
dem Solistendiplom ab. Seit 2000 hat sie ein Stipendium von „Natexis“
und setzt sie ihre Studien bei David Geringas in Berlin fort.
2001 gewann sie den 1. Preis der Credit Suisse und gab ihr Debüt beim
Lucerne Festival. In der Saison 2002/2003 ist sie Solistin u.a. des Wiener
Kammerorchesters und des Sinfonieorchesters St. Petersburg.
Sol Gabetta spielt ein Instrument von J.P. Vuillaume, das ihr grosszügigerweise durch ein Stipendium der Crossair zur Verfügung gestellt wurde.
Ludwig van BEETHOVEN,: Die Kreutzer-Sonate
Die sogenannte Kreutzer-Sonate wurde 1803 ursprünglich für George
Bridgetower (1779-1860) geschrieben, ein polnisch-westindischer Mulatte, akrobatischer Violinvirtuose und Frauenheld. Er erhielt die Noten am
Tag vor der Uraufführung, die mit Beethoven am Klavier in Schuppanzigh's Augarten-Pavillion stattfand. Im Publikum Erzherzog Rudolf, die
Prinzen Lichnowsky und Lobkowitz. Im ersten Satz leitet nach der langsamen Einleitung ein brilliant-arpeggierendes Klaviersolo zum raschen
Teil über. In der Wiederholung spielte Bridgetower dieses auf der Geige
ex tempore mit, worauf Beethoven unterbrach, aufstand, Bridgetower
entzückt in seine Arme schloss mit dem Ausruf "Noch einmal, mein lieber Bursch" um dann weiterzuspielen. Nach der Aufführung, die angeblich nur Gelächter hervorgerufen haben soll, schrieb Beethoven seinem
Partner die Widmung: "Sonata per un mulatto lunattico" aufs Manuskript. Nur Stunden später geriet er beim Wein in Streit wegen einer abschätzigen Bemerkung Bridgetowers bezüglich einer Frau. Im Zorn entzog Beethoven ihm Widmung und Manuskript - trotz dessen Entschuldigungen und inständigen Bitten - und übertrug sie dem Violinvirtuosen
Rodolphe Kreutzer (1766-1831), der das Stück jedoch als unspielbar ablehnte...
P.S. Nach allen Quellen war Beethoven impulsiv, unberechenbar, launisch, mal enthusiastisch, dann wieder unhöflich und schroff , ruinierte
mit seinem gewalttätigen Spiel in manchen Konzerten einen Flügel...,
und er war sehr einsam, oft verzweifelt. Wenn Interpretation adaequat
und "historisch richtig" sein soll, - muss man nicht seine Impulsivität,
seine Schroffheit, seine Verzweiflung spüren, sein Gehen an die äussersten Grenzen?... L.F.
derlichkeit des Landes verwiesen. Im Exil schrieb er wöchentlich in seiner
„Deutschen Chronik“ freimütige Beiträge zu Musik und Literatur, sowie Polemiken gegen Kirche und Absolutismus, gegen inkompetente Regenten und
Kleinstaaterei. Er propagierte Grundrechte, Nationalstaat und die GenieAesthetik von Sturm und Drang.
1777 wurde er auf Anordnung des Herzogs mit einer tückischen List über die
Grenze nach Württemberg gelockt und als gefährliches Subjekt zwecks gewaltsamer Umerziehung eingesperrt. Zuerst konnte er seine Gedichte nur
durch ein Mauerloch einem Mitgefangenen diktieren und dann aus dem Gefängnis herausschmuggeln lassen. Jahre später durfte er Gedichte auch aufschreiben und nach Zensur weitergeben. Erst zehn Jahre später freigelassen
starb er schon 1791.
Das Forellengedicht beschreibt eigentlich Schubarts eigenes Schicksal, aber
verschlüsselt. Zur noch besseren Täuschung der Zensur hatte das Gedicht
noch eine vierte Strophe, welche unerfahrene Mädchen davor warnt, sich von
falschherzigen Verführern angeln zu lassen.
Den Zeitgenossen jedoch war der autobiographisch-politische Gehalt klar.
Und Schubert, der später, aber im ähnlich repressiven Metternich’schen Staat
lebte, vertonte auch nur die ersten drei Liedstrophen und dies in einer musikalischen Form, die ein Anhängen der tarnenden letzten Strophe gar nicht
erlaubt.
Auch im Variationensatz des sogenannten Forellenquintetts kann man das
Gedicht anklingen hören: Das Thema als friedliche Natur. In der ersten Variation das Spiel der Wellen. In der zweiten das Spiel der Forelle. In Variation
drei spielen Cello und Kontrabass das Thema piano (!), übertönt von im forte
wirbelnden Arpeggien des Klaviers - wirbelt hier der Fischer verstohlen das
Bächlein auf, der Forelle die Sicht trübend? Die vierte Variation fortissimo,
höchste Erregung, dann Ersterben – kämpft und verendet hier die Forelle an
der Angel? Dann das traurig klagende Cello der fünften Variation, eine der
überhaupt rührendsten Celloparts der Kammermusik – wohl die Trauer über
den Verlust von Freiheit und Leben. Zuletzt als doch heiterer Abschluss die
Erinnerung, was die Forelle war und sein könnte.
Wenn Schuberts Zeitgenossen das Stück politisch verstehen konnten, so können wir heute darin auch eine Klage über den stückweisen Verlust von Natur
und Kreatur hören. L.F.
Stephan Siegenthaler, Klarinette
Geboren 1957 in Biel (Schweiz). 1975 einjähriger Stipendien-Aufenthalt in den
USA mit Schwerpunkt Musik. 1976-1980 Studium am Konservatorium Bern,
Hauptfach Klarinette (Lehrer: Kurt Weber). Nach dem Lehrdiplom 1980-1981 Studien bei Prof. Jost Michaels an der Nordwestdeutschen Musikakademie in Detmold. 1984-1986 Studium bei Thomas Friedli am Konservatorium Genf.
1980 1. Preis am Kammermusikwettbewerb des Migros-Genossenschaftsbundes.
1982 Stipendienpreis des Migros-Genossenschaftsbundes. 1985 Preisträger am
Internationalen Wettbewerb für Bläserkammermusik in Martigny.
Zahlreiche Auftritte als Solist und vor allem als Kammermusiker (u.a. an den Internationalen Luzerner Musikfestwochen). Spielt mit namhaften Musikern zusammen: dem Stamitz-Quartett Prag, dem Arriaga-Quartett Belgien, dem Geiger
Hansheinz Schneeberger, den Klarinettisten Dirk Altmann, Fabio DiCasola u.a.m.
Radio- und Fernsehaufnahmen im In- und Ausland. Uraufführungen von Kammermusikwerken von Albert Moeschinger, Kolja Lessing, Franz Furrer, Klaus Huber,
Heinz Holliger u.a.m.
1990-1995 Soloklarinettist des Bieler Sinfonieorchesters. Ab 1995 Mitbegründer
und Generaldirektor einer medizintechnischen Firma. Sommer 2002 Verkauf dieser Firma an einen internationalen Grosskonzern. Rückkehr zur Musik.
Konstantin Lifschitz, Klavier
Eine neue, junge Pianistengeneration kündigt sich an: die 20- bis 30jährigen.
Angeführt von der Ausnahmebegabung Jewgenij Kissin verschaffen sie sich
in letzter Zeit auch international immer mehr Gehör. Ob Anna Gourari, Gianluca Cascioli oder Till Fellner, um nur einige zu nennen, sie alle sind keine
typischen Wunderkinder, die sich womöglich früh verbraucht und verschliessen haben. Sie sind solide ausgebildet, haben Zeit gehabt zu reifen als Persönlichkeiten wie als Künstler. Technisch perfekt, intelligent, neugierig und
wach machen sie sich daran, die auf sie zukommende Klavierliteratur zu entdecken und sich zu erspielen. Auch wenn die meisten sich noch in konventionellen Repertoiregefilden befinden, Klassik, Romantik und Spätromantik sich
in die Finger prägen, so haben sie doch das 20. Jahrhundert als die Epoche,
an deren Ende sie ihre Karrieren starten, nicht vergessen. Die meisten von
ihnen – je nach Temperament – glänzen abseits selten begangener Pfade
neben den Standardkomponisten mit den Kompositionen unseres Jahrhunderts.
Einer dieser neuen Generation ist der 26 Jahre alte Russe Konstantin Lifschitz. Auch wenn er sich noch nicht einem breiteren Kreis bekannt gemacht
hat, Eingeweihten und Klavierexperten ist der Name schon länger ein Begriff.
In seiner Heimat gar zählt Konstantin Lifschitz zu den umschwärmten Publikumslieblingen, deren Konzerte ungeduldig erwartet werden und die mühelos auch die großen Säle zu füllen wissen.
Geboren wurde Konstantin Lifschitz am 10. Dezember 1976 in einer musikalischen Familie. Seine Mutter ist eine gefragte Klavierlehrerin, die früh die Ausnahmebegabung ihres Kindes erkannte, der Vater, von Beruf Ingenieur, ist
ein großer Musikliebhaber. Ein Flügel war also vorhanden und so konnte es
nicht ausbleiben, dass der Drang des kleinen Kindes hin zum Klavier erkannt
und früh nach Kräften gefördert wurde.
Konstantin Lifschitz spielte ganz nach seinem Gehör und improvisierte stundenlang mit völliger Hingabe. Musik schien das einzige zu sein, was ihn interessierte. Das ist noch heute so. Obwohl Lifschitz ein ganz normaler junger
Mann ist, das Klavier bleibt sein Lebensinhalt. Manchmal geht er ins Kino,
aber etwa Pop-Musik interessiert ihn überhaupt nicht. “Meine Zeit ist mir
dafür zu kostbar”, sagt er ganz unumwunden.
Tagebuch eingetragen hatte, nämlich dass ihr Mann Stücke für Klavier, Klarinette und Viola vollendet hat, die "sich höchst romantisch ausnehmen."
Stephan Siegenthaler
Zum Variationensatz in Schuberts Forellenquintett
Schubert hat zu einigen seiner Lieder auch instrumentale Variationensätze
geschrieben, einer findet sich auch im Forellenquintett. Der Liedtext ist ja
bekannt:
In einem Bächlein helle
Da schoss in froher Eil
Die launische Forelle
Vorüber wie ein Pfeil
Ich stand an dem Gestade
Und schaut in süsser Ruh
Des muntern Fisches Bade
Im klaren Bächlein zu.
Ein Fischer mit der Rute
Wohl an dem Ufer stand
Und sah’s mit kaltem Blute
Wie sich das Fischlein wand.
Solang dem Wasser Helle
So dacht ich nicht gebricht
So fängt er die Forelle
Mit seiner Angel nicht.
Doch plötzlich war dem Diebe
Die Zeit zu lang. Er macht
Das Bächlein tückisch trübe,
Und eh ich es gedacht –
So zuckte seine Rute,
Das Fischlein zappelt dran
Und ich mit regem Blute
Sah die Betrogne an.
Weniger bekannt ist Entstehung dieses Gedichtes: Der Dichter und Organist
Christian Friedrich Daniel Schubart schrieb es 1782 in der Württembergischen
Festung Hohenasperg, wo er seit schon über fünf Jahren in einem Turm in
Einzelhaft sass. Anfangs war er dort mit Sprech- und Schreibverbot belegt
und wurde häufig geprügelt.
Der Grund: Geboren 1739 war er ab 1769 Organist im Württembergischen
Ludwigsburg wurde dort aber wegen kirchenfeindlicher Gesinnung und Lie-
Klarinette und für Stadler komponiert hatte, da Stadler auf einer seiner Reisen wahrscheinlich in Deutschland einen Koffer voller Manuskripte von Mozart verpfändet hatte, um seine finanzielle Situation aufzubessern...
Stephan Siegenthaler
Schumann Märchenerzählungen für Klarinette, Viola und Klavier,
op. 132
Lebhaft, nicht zu schnell
Lebhaft und sehr markiert
Ruhiges Tempo, mit zartem Ausdruck
Lebhaft, sehr markiert
Schumann am hatte am 9. Oktober die Komposition der Märchenerzählungen
op. 132 begonnen und sie bereits am 11. Oktober vollendete. Er widmete das
Werk dem jungen Komponisten und Dirigenten Albert Dietrich (1829-1908).
Das Widmungsexemplar trägt die - sieben Tage vor dem Selbstmordversuch
niedergeschriebene - bewegende Aufschrift: An Albert Dietrich / zu langer
Erinnerung. / Düsseldorf am 20. Februar 1853 [richtig: 1854] / (einem guten
Tage) .
Klar, dass der Titel des Werks spekulieren lässt. Am weitesten daneben wohl
etwa so:
„The mood of enchantment spills over into Schumann's Märchenerzählungen, a work of the world of childhood, full of whimsical tenderness. One can
hear handsome princes romancing beautiful princesses; gallant soldiers
marching to war and, perhaps the child falling
asleep as the stories
end“ (Ian Lace, seit kurzem pensionierter Musikkritiker. Anm.: Uebersetzen
ins Deutsch lohnt sich nicht).
Wenn man die Musik wirklich hört, so stellt sich wohl kaum die Frage, welches Märchen oder welches Märchen-Szenario sich Schumann vorgestellt
hat. Die Märchenerzählungen sind ein Ausbruch ins Phantastische und Skurrile, ins Verträumte und Verdrängte, zum Abgrund und zum Himmel. Diese
Stimmungen zwingt uns Schumann auch mit seinen gegen den Strich gehenden Tempoanweisungen auf.
Am besten stellt man sich vor, was Clara Schumann am 11.10.1853 in ihr
Seinen Eltern wurde schnell bewusst, dass aus dem kindlichen Spaß Ernst
werden musste, dass Konstantin Lifschitz einzigartige musikalische Begabung
zeigte, und so schickten sie ihn in die Vorbereitungsklasse der berühmten,
weit über Russland hinaus bekannten Gnessin-Musikschule in Moskau, wo er
bei Tatjana Zelikman, einer der berühmtesten Klavierlehrerinnen Russlands,
studierte.
Bereits mit fünf Jahren trat Konstantin Lifschitz erstmals öffentlich auf und
gewann sofort sein Publikum – nicht nur in seinem Heimatland Russland,
sondern auch in den Musikzentren der ganzen Welt. Niemals war für ihn dieses frühe Konzertieren Drill, immer nur Spaß und Freude. Er liebte seine öffentlichen Auftritte, fieberte ihnen förmlich entgegen. Nie gab es bisher Krisen oder pubertäre Einbrüche, das Klavier und die Musik bestimmen sein
Leben, und er möchte es nicht anders.
Inzwischen ist die Familie über die Welt zerstreut. Seine Eltern leben in Amerika, er selbst pendelt zwischen Russland, Deutschland und Amerika. Zwischendurch war er ein Jahr in London, wo er an der Royal Academy of Music
in London studierte. Für ihn eine wunderbare Gelegenheit, Kenntnisse zu
vertiefen und seinen Horizont zu erweitern. Unterschiede zwischen europäischen und russischen Klaviertraditionen sieht er wenige, zumal er selbst bei
Schülern von Neuhaus studierte, der wiederum lange Zeit in Deutschland
studiert hatte. So ist ihm die russische Literatur ebenso vertraut wie die europäische. Chopin und Mozart, besonders aber auch Ravel und Debussy beschäftigen ihn in letzter Zeit.
Und dann ist da noch die Musik von Johann Sebastian Bach. Zu ihr kehrt
Konstantin Lifschitz, wie viele seiner großen und berühmten Kollegen, immer
wieder zurück. Sie ist ihm Anfang aller Klavierkunst. “Das ist so einfach und
streng gebaut, so überlegt und doch so natürlich, mit immer neuen Geheimnissen.”
Konstantin Lifschitz’ Interpretationen sind vom Geist unserer heutigen Zeit
durchdrungen, man spürt den Einfluss der Ära, in der der große Glenn Gould
lebte, den Einfluss eines Pianisten, der den Klavierwerken Bachs neues Leben
einhauchte und einen neuen, unendlich reizvollen Aufführungsstil schuf.
Lifschitz hat den großen Geist Goulds zwar studiert, imitiert ihn aber nicht
einfach. Indem ein junger Musiker derartige Anregungen auf sich wirken
läßt, wird seine eigene musikalische Persönlichkeit nicht etwa geschmälert,
sondern im Gegenteil gestärkt. Er ist vielleicht der erste junge Pianist, der uns
mit seinen Interpretationen den Weg in das 21. Jahrhundert weist. Für seine
Aufnahme der Bachschen Goldberg-Variationen (DENON) erhielt er im Mai
1995 den Echo Klassik Schallplattenpreis als bester Nachwuchskünstler.
Das viele Üben und die ständig steigende Zahl von Konzerten in immer mehr
Ländern machen es für Konstantin Lifschitz immer schwieriger, andere Pianistenkollegen zu hören, von ihnen zu lernen. “Das ist schade, wenn ich ins
Konzert gehe, dann meist nur zu meinen eigenen. Aber so wie ich die Aufnahmen von Arthur Schnabel oder von Sergej Rachmaninow studiere und
vergleiche, so höre ich auch gerne anderen zu, versuche zu erfahren, wie sie
bestimmte Probleme lösen, mit Schwierigkeiten umgehen. Ich will ja niemanden kopieren, aber ich will lernen, immerzu.”
Konstantin Lifschitz hat Klavierabende und Orchesterkonzerte in allen fünf
Kontinenten gespielt. Versucht man seinen schnellen Erfolg zu erklären, so
kann man bald feststellen, dass Konstantin Lifschitz nicht nur ein junger Virtuose ist, der keinerlei technische Schwierigkeiten kennt und der durch sein
brillantes Spiel zu fesseln vermag; als intelligenter, ernsthafter Musiker mit
einem wachen Geist gelingt es ihm mühelos, in die Welt der jeweiligen Komponisten vorzudringen.
Darüberhinaus besitzt er neben einer reichen Klangpalette auch die langsam
aussterbende Kunst des “Singens”, des melodisch Sich-selbst-Vergessens,
scheinbar die Dimensionen des Zeit sprengenden Hörens in sein Instrument
hinein – eben jene, immer seltener werdende Kunst des persönlichen Ausdrucks.
on einen Studienaufenthalt in den USA. 1945-47 lebte er in New York und
arbeitete insbesondere mit Aaron Copland. Bald wurde er auf beiden Seiten
des Atlantiks berühmt und erhielt zahlreiche Kompositionsaufträge. Ab 1948
gründete und leitete er das Konservatorium in La Plata, 1953 erhielt er die
Professur für Komposition am Nationalen Konservatorium in Buenos Aires.
1962 gründete er ein Institut zur Förderung junger südamerikanischer Komponisten. Sein bekanntester Schüler sollte Astor Piazzolla werden. 1968 unterrichtete er am Dartmouth College (New Hampshire, USA) und ab 1970
lebte er in Genf wo er 1971 die inzwischen berühmte Cellistin Aurora Natola
heiratete, für die er 1979 auch eine Sonate und 1981 sein zweites Cellokonzert schrieb.
Sein Oeuvre umfasst viele Instrumentalwerke (3 Streichquartette, Konzerte
für Klavier, Geige, Cello, Harfe und Oboe) und Vokalmusik (Kantaten, drei
Opern). Ginastera gilt in Nord- und Südamerika als wichtige Figur. In Europa
hat sein Ruf darunter gelitten, dass er sich nicht der Diktatur der im Westeuropa der Nachkriegszeit herrschenden seriellen Kompositionsmoden unterzog, sondern den Wurzeln in der argentinischen Volksmusik treu blieb, mit
ihren obessiven Rhythmen und ihren rauhen oder magisch meditativen Klängen. In seiner Musik erkennt man eine südamerikanische Parallele zum ebenfalls in der Folklore wurzelnden Werk von Bartok oder de Falla, aber auch
Einflüsse von Stravinsky. L.F.
Mozart Klarinettenquintett A-Dur KV 581 für Klarinette, 2 Violinen, Viola und Violoncello
Allegro – Larghetto – Menuetto – Allegretto con variazioni
„ach, wenn wir nur auch clarinetti hätten!..“ ein inzwischen oft zitierter
Seufzer Mozarts in seinem Brief an seinen Vater am 3. Dezember 1778. Dieser Wunsch ging für Mozart denn auch in Erfüllung, zumal er sich 1783 in
Wien mit Anton Stadler befreundete, einem der wohl besten Klarinettisten
seiner Zeit. Für ihn schrieb Mozart im Dezember 1789 das Klarinettenquintett
KV 581, Mozart selbst nannte es hernach gelegentlich „des Stadlers Quintett“. Mozart und Stadler gehörten derselben Freimaurer-Loge an und verkehrten in freundlichstem Einvernehmen. Dies obwohl Stadler Mozart immer
wieder ausnutzte, indem er bei Mozart wiederholt Werke bestellte, ohne diese zu bezahlen. Schliesslich wissen wir nicht genau, wie viel Mozart für die
der helle Erinnerungen über „Mondscheinsonate“, ruhig und ausgeglichen
versinkt die Musik in die Ewigkeit (Ivan Sokolov).
Galina Ustwolskaja: Trio für Klarinette, Violine und Klavier, 1949
In diesem Werk ist der Stil der Komponistin entstanden so, wie wir in jetzt
kennen: Asketische Linien, ernste menschliche Aussage, unglaubliche Expressivität, dynamische Kontraste – dieser hier erstmals sichtbare Stil blieb
unverändert bis zum letzten Werk von G.Ustwolskaja. Die Klarinette spielt in
diesem Trio die Hauptrolle. Sie ist lyrische Personage, und sie beginnt das
Stück mit der Melodie, wo einige Initialen des Lehrers von G.Ustwolskaja –
D.Schostakovitch – erscheinen: H-D-Es-C. Die Geige hat die Rolle
des „alter ego“. Dem sehr dramatischen ersten Satz folgt der zweite Satz
„Dolce“. Diese Lyrik ist unglaublich rein und schüchtern, an einige Werke
von Morton Feldman erinnernd, die aber damals noch nicht entstanden waren. Das Finale – „Energico“ – beginnt mit dem Thema, das
Schostakowitsch in seinem 5.Streichquartett, in der Michelangelo -Suite
und in der Bratschensonate benutzt hat. Die energische Entwicklung kommt
zur Koda, wo im Klavier mehrere Schläge im tiefsten Register zu hören sind.
Dieser Schluss wurde erst später dazugefügt (Ivan Sokolov).
Alberto Ginastera: Pampeana Nr. 2, op. 21
Ginasteras Pampeana Nr. 2, op. 21 für Violoncello und Klavier ist ein passendes Stück für unsere junge argentinische Cellistin, denn es wurde 1950 für
ein Preisträgerkonzert der Wagner-Gesellschaft in Buenos Aires geschrieben
und Preisträgerin und erste Interpretin war Ginasteras zukünftige Frau , die
schöne Aurora Natola. Das Werk ist eine Rhapsodie, die ohne Verwendung
von folkloristischen Themen die Weite und den ewigen Rhythmus der Pampa
aufklingen lässt, jener riesigen zentralen argentinischen Ebene, in welcher
sich Rinderherden und Gauchos tummeln. Ginastera hat die Thematik der
Pampa auch in einem Stück für Violine und Klavier und in einem Orchesterwerk verwendet (Pampeana Nr. 1 und 3).
Alberto Ginastera (1916-1983) wurde in Buenos Aires in eine Familie italienischer und katalanischer Abstammung geboren. Nach dem Musikstudium in
seiner Heimatstadt machte er 1937 frühes Aufsehen mit dem Ballet
"Panambi", welches im Theatro Colon uraufgeführt wurde. Schon im Jahr
danach erhielt er einen Lehrauftrag für Komposition am Nationalen Konservatroum in Buenos Aires. 1942 ermöglichte ihm die Guggenheim Foundati-
Ricardo Castro, Klavier
Ricardo Castro ist der bisher einzige aus Südamerika stammende Gewinner
des Internationalen Klavierwettbewerbs von Leeds. Nach diesem Erfolg wurde er von vielen renommierten Orchestern als Gastsolist verpflichtet ( City of
Birmingham, BBC Symphony, English Chamber, Tokyo Philharmonic, Tonhalle
-Orchester und Züricher Kammerorchester, Orchestre de la Suisse Romande )
und trat in zahlreichen bekannten Konzertsälen der Welt auf ( Queen Elisabeth Hall, Barbican Center, Wigmore Hall, Herkulessaal, Victoria Hall, Salzburger Festspielhaus ).
Freitag, 26.Dezember
16.00 Uhr Kinderkonzert mit Kommentaren
Otto ZYKAN: „Das mit der Stimme“ (2002). für Violine solo
Anatoly LJADOW Musikschnupftabakdose
Jacques IBERT: “Le petit âne blanc” Violine und Klavier
Ivan SOKOLOV: “13 Stücke” für Solo-Klavier
Eric SATIE: "Fantaisie musculaire" für Violine und Klavier
Michel VAN DER AA (*1970): Double für Violine und Klavier
Franz Ignaz v. BIBER: “Sonata representativa” Violine und Klavier (Allegro Die Nachtigal - Der Cu Cu - Der Fresch - Adagio - Die Henne und der Hahn Presto - Die Vachtel - Die Katz - Musqetir Marsch)
Ausführende: Patricia Kopatchinskaja und Ivan Sokolov
18.00 Uhr Abendessen mit dem Publikum am Festivaltisch
Sergej Rachmaninow (1873-1943) Sonate für Violoncello und
Klavier
Die Sonate für Cello und Klavier in g-moll wurde im Sommer 1901 komponiert. In diesem Jahr hat Rachmaninow an seinen berühmten Klavierkonzert gearbeitet. Man spürt sofort die Verwandtschaft der beiden Werke. Die
Entwicklungslinie der Dramaturgie geht von Finsternis zum Licht. Die Sonate hat vier Sätze. Cello wird vor allem als Gesangsinstrument präsentiert. Das Klavier hat einen virtuosen Part mit prägnanter Rhythmik. Der
erster Satz beginnt mit dem wichtigen Akkordenmotiv, das eine grosse
Rolle in der Sonate spielt. Das „Scherzo“ ist unruhig und schnell. In der
Mitte klingt ein poetisches Lied. Im „Andante“ hören wir eine breite Melodie, die für Rachmaninow so typisch ist. Später verwandelt sie sich in die
leidenschaftliche Deklamation. Das majestätische Finale vereinigt pathetische Rhythmik des Klaviers mit singenden Melodien vom Cello. Die spannende Entwicklung löst sich im leisen, friedlichen Schluss. Die Sonate hat
eine echt symphonische Grösse und zeigt uns die beste Seiten von Rachmaninow (Aus O. Sokolova: "Sergej Rachmaninow").
19.30 Abendkonzert
J.S. BACH: Präludien und Fugen aus „das Wohltemperierte Klavier“
Bände I-II
Fis-Dur
G-Dur
As-Dur
A-Dur
Wolfgang Amadeus MOZART: Klarinettenquintett in A-Dur KV 581
Allegro, Larghetto, Menuetto-TrioI-Trio II, Allegretto con Vriazioni.
p-a-u-s-e
Boris YOFFE: „Rede“ Trio für Klarinette, Viola und Klavier
Franz SCHUBERT „Forellenquintett“ in A-Dur, Op.post 114 D667
Ausführende: Konstantin Lifschitz, Patricia Kopatchinskaja, Daniel
Kobyljansky, Boris Yoffe, Roman Spitzer, Sol Gabetta, Ivan Sokolov
Dmitri Schostakovitsch (1906-1975) Sonate für Bratsche und
Klavier Op.147
Dimitri Schostakovitschs Violasonate op. 147 ist F. Druginin gewidmet. Sie
wurde wenige Wochen vor seinem Tod am 9. August 1975 im Krankenhaus
komponiert und ist das letzte Werk des Komponisten. Im ersten Satz,
de n Schostakovitsch „Novella“ nennen wollte, kämpfen zwei Kräfte miteinander, - Hoffnungslosigkeit und dramatische Entwicklung . Am Anfang
der Kadenz der Bratsche erscheint ein Zitat aus dem Finale des „Trio“
von Galina Ustwolskaja. Der Satz endet düster. Für das „Scherzo“ hat
Schostakovitsch Material aus seiner Oper „Die Spieler“ benutzt, die er im
Jahre 1942 angefangen aber nicht zu Ende gebracht hatte. Die Musik
ist voll von tragischem Sarkasmus. In der Mitte aber erklingt ein helles Thema aus einem Jugendwerk , der Suite Op.5 für zwei Klaviere. Im
Schlusssatz, den der Komponist zuerst Beethoven widmen wollte, hören
wir ein Zitat aus der „Mondscheinsonate“. Dann aber kommen Zitate
aus allen fünfzehn Symphonien von Schostakovitsch in chronologischer Reihenfolge. Durch diesen Überblick gleicht die Musik der „Lied von
der Erde“ von Gustav Maler. Nach der Kadenz der Bratsche hören wir wie-
Dienstag 30. Dezember
Samstag, 27.Dezember
16.30 Kinderkonzert
Boris YOFFE: "MÄRCHEN" Kinder-Oper
bearbeitet für Klavier, Klarinette, 2 Violinen, 2 Viola, Kontrabass und
Sprecher
18.00 Uhr Abendessen mit dem Publikum am Festivaltisch
16.00 Nachmittagskonzert
Franz SCHUBERT „Arpeggione“ Sonate für Violoncello und Klavier
Johann Sebastian BACH: Präludium und Fuge Band I , VIII BWV 853
(bearbeitet für Klavier und Cello von Zoltan Kodaly)
Boris YOFFE: „Aria“ für Streich-Trio
Peteris VASKS: „Das Buch“ (dolcissimo) für Cello solo
Alberto GINASTERA: „Pampeana“ Nr. 2 für Violoncello und Klavier
Ausführende: Sol Gabetta, Ricardo Castro, Daniel Kobyljansky, Roman Spitzer
19.30 Abschluss- und Überraschungskonzert
18.00 Uhr Abendessen mit dem Publikum am Festivaltisch
19.30 Abendkonzert
Boris YOFFE: „Einfache Sonate“ für Viola und Klavier
L.v.BEETHOVEN: Kreutzersonate Op. 47 (1802-03)
Adagio Sostenuto
Andante con Variatzioni
Presto
Pause
Dimitri SCHOSTAKOWITCH: Sonate für Viola und Klavier Op.147
Moderato
Allegretto
Adagio
Pause
Robert SCHUMANN: Klavierquintett Op 44
Allegro brillante
In Modo d‘una Marcia (un poco largamente),
Scherzo (molto vivace)
Allegro, ma non troppo
Ausführende: Konstantin Lifschitz, Patricia Kopatchinskaja, Daniel
Kobyliansky, Boris Yoffe, Roman Spitzer, Sol Gabetta, Ivan Sokolov
Sonntag 28. Dezember
16.00 Nachmittagskonzert
Montag 29. Dezember
18.00 Uhr Abendessen mit dem Publikum am Festivaltisch
Boris YOFFE: Aus dem Quartett-Buch
Anton BRUCKNER: Streichquintett F-Dur
Gemässigt
Scherzo (schnell)
Adagio
Finale (lebhaft)
Boris: YOFFE: Aus dem Quartett-Buch
19.30 Abendkonzert
Bela BARTOK: „Kontraste“ Trio für Violine, Klarinette und Klavier
Verbunkos
Piheno
Sebes
Boris YOFFE: „Sechs Entwürfe für die Sonate von Vinteul“ für Violine solo
18.00 Uhr Abendessen mit dem Publikum am Festivaltisch
Johann Sebastian BACH: Partita für Solo Violine
Boris YOFFE: „Essay“ für Violine und Klavier
19.30 Abendkonzert
Pause
Boris YOFFE: 3 Uraufführungen aus dem "Quartettbuch“
Robert SCHUMANN: Märchen-Erzählungen Op.132 für Viola, Klarinette, Klavier
Robert SCHUMANN: Streichquartett Op.41 Nr.3 A-Dur
Andante espressivo
Allegro molto moderato
Assai Agitato
Adagio molto
Finale Allegro molto vivace
Pause
Wolfgang Amedeus Mozart: Streichquintett D-Dur KV 593
Larghetto
Allegro
Adagio
Menuetto
Allegretto
Allegro
Ausführende: Daniel Kobyljansky, Patricia Kopatchinskaja, Boris Yoffe,
Roman Spitzer, Sol Gabetta
Galina USTWOLSKAJA: Trio für Klarinette, Violine und Klavier
Espressivo
Dolce
Energico
Ausführende: Stephan Siegenthaler, Daniel Kobyljansky, Patricia
Kopatchinskaja, Ivan Sokolov .