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r' itiru lllli wrsrr ruilc #,, I a . üErnwArnGEND wirn China aufden ersten Blick für Europäer. Doch wie lebt es sich tatsächlich hier? tti:: REPORT hina wird als Gastgeber der l7eltausstellung ab Mai erneut im Fokus der medialen Öffentlichkeit stehen. Es wird wieder viel diskutiert werden, sowohl über Wirtschaft als auch über Politik. Wir haben versucht, der Wahrheit über Shanghai, Hongkong und Peking ein bisschen näherzukommen, indem wir Deutsche befragten, die ein ganz besoaderes Verhältnis zu China haben. Denn oft sind wir mit unserem Urteil schnell auf der negativen Seite: China, das ist doch das Land der Menschenrechtsverletzungen, der InternetZensut, eine Diktatur, getragen von einem geradezu furchteinfl ößenden 'Wirtschaftswachstum. Nur kann man überhaupt westliche Maßstäbe anlegen? Nein, meinen Wissenschaftler wie John Naisbitt, der das Land von der nördlichen Hafenstadt Tianjin aus erforscht. China sei bereits auf dem richtigen, wenn auch sehr eigenen Weg (,,Chinas Megatrends. Die acht Säulen einer neuen Geseilschaft", Hanser). Nicht Dis- kussion und Auseinandersetzung, sondern Harmonie und Einheit seien dort zentrale Werte, zudem verlangten hunderte ethnische Minderheiten nach einem ganz neuen Poiitik- und Gesellschaftsmodell. Form der Begeisterung. Als Berliner fühlt man sich in Peking ohnehin schneil zu Hause, man spürt die gleiche Energie wie vor einigen Jahren in der deutschen Hauptstadt: die vielen erwarfungsfrohen jungen Menschen, das Nachtleben, die Subkultur, die Clubs... Es gibt dort eine junge Generation, die riesigen Hunger hat aufNeues, auch auf Kunst. Als Dokumentarfilmer steht man dabei im Mittelpunkt, weil Dokumentationen in China noch nicht allzu lanse erlaubt sind. Zu ,,PEKIltlG IST WE BERTIN VOR EINIGEN JAHREN - MAJII SPURT DIE AUFBRUCH. STIMMUNG" Platz des Himmlischen Friedens, spüren, dass so viele Menschen ein ernsthaftes Interesse an Inhalten haben und neugierig fragen, macht Spaß. Natürlich wird auch sehr viei über die Diktatur und das chinesische System diskutiert, aber ich habe gelernt, dass man dabei nicht unsere Maßstäbe anlegen darf. Die Sicht der Menschen vor Ort ist eine ganz andere:,,Wir sind glücklich darüber, wie es jetzt ist. Es bewegt Was funf Deutsche an dieser Kultur sich was, es geht langsam vorwärts, fasziniert, lesen Sie hier: das ist gut so. Unsere größte Angst ist, dass es wieder mehr Einschränkungen geben könnte." Gerade unter den jungen Chinesen sind viele sehr ehrgeizig. Sie wollen raus aus der Armut, sind zielorientiert, sie streben nach Geld und ail dem Luxus, den der Kapi- WN WAREI{ II{ PEKII{G AUF Ell{EM K0NZERI' wo eine Band Punkmusik auf traditionellen chinesischen Instrumenten spielte. Das hätte auch in Friedrichshain sein können. Das Pubiikum hatte die gleiche Attitüde, identische Modeaccessoires und eine ähnliche 28 MAr 2010 qlsfi0muTAlt MÖCHTE ICH MEII{ GAI{ZES LEBEI{ LAI{G HIER BTEIBEI{? Das frage ich mich manchmal. Allmählich giaube ich, es ist mein Schicksal. Seit über zehn ]ahren Iebe ich schon in Peking, seit sieben |ahren zusammen mit meinem chinesischen Mann. China ist meine Wahlheimat. Mit den Widersprüchen habe ich mehr oder weniger zu leben geiernt. Es gibt hier nicht so eindeutig wahr oder falsch wie in Deutschland, es gibt immer mindestens drei Wege, und a1le können richtig sein. Verliebt habe ich mich in das Land, als ich Ende der Achtziger allein mit dem Rucksack durch China reiste. 1989, während des Massakers auf dem talismus zu bieten hat. Wollen wir ihnen das ernsthaft verdenkenl Übrigens ist in China die Fähigkeit des Nachahmens sehr hoch angesehen. Es gibt eine Redensart, die besagt: Kopiere etwas so lange, bis du es perfekt beherrscht, und dann mache es besser als dein Vorbild. hielt ich mich an der Grenze zu Kasachstan auf und war weiter weg von den Ereignissen in Peking als meine Eltern, die in Deutschland um mich zitterten. Ausgerechnet in diesem fahr habe ich China schätzen gelernt: die Hilßbereitschaft, die liebevolle Distanzlosigkeit und erfrischende Neugier der Menschen. Wenn ich heute manchmal zweifle. sagen meine Freunde: ,,Nur wenn du hier bleibst, kannst du etwas verändern." Was das Umweltbewusstsein angeht, fahre ich - jetzt. da leider alle Chinesen aufs Auto umsteigen - als ,,reiche Europäerin" Fahrrad und verzichte im Supermarkt auf Plastikditen. Ich lebe sehr gern in Peking, es gibt Jahreszeiten, heiße Sommer und kalte Winter, ich fahre gernzumWandern in die Berge oder zum Reiten ins mongoli sche Grasland. ..Nie findet man ein gemütliches Cafe", beschwerten sich Besucher aus Deutschland {hiher immer. Diese Zeiten sind vorbei: In Peking gibt es längst ,,Starbucks" und deutsche Bäckereien. ut z 9 REPORT DIE ARBEIT, DIE MAlrl HIER AtS JOURNAIIST MACHT, ist wichtiger als an vielen anderen Orten. Denn aile Welt sieht auf China. Deshalb bin ich hergekommen, aber auch, weil das Leben und Arbeiten ein Abenteuer ist. Die bedrohlichste Situation, die ich selbst erlebt habe, ereignete sich bei einer Recherche über Umweltverschmutzung in der Küstenregion. Plötzlich war mein Team von Sicherheitsleuten umstellt, die uns zu einer nahegelegenen Fabrik brachten. Schon auf dem Weg riefen wir das Auswärtige Amt an, weil wir fiirchteten, die Handys abgenommen zu bekommen. Am Ende ließ man uns aber einfach gehen. Als ausländischer ]ournalist kann ich mich eben doch noch etwas freier bewegen. Im Zweifeisfall riskiere ich nur eine Ausweisuns. roße Verantwortung habe ich aber für Interviewpartner. Meine Artikel werden von Chinas Machthabern sehr genau gelesen. Fünf Leute, die von mir und aaderen fournalisten interviewt wurden, sitzen im Gefängnis. Einer hatte nur nachgerechnet, wie viele Kinder bei dem großen Erdbeben 2oo8 starben. Die Konsequenzen eines Interviews können die meisten Chinesen nicht einschätzen. Sie sprechen zum ersten Mal mit Journalisten, sind so furchtIos und offen, dass ich sie schützen muss. indem ich ihre Namen ändere und Identitäten verfremde. Manchmal kommt es mir fast schon vor wie in einem russischen Spionagefilm - etwa wenn einen seltsame schwarze Limousinen verfolgen. Ein Kollege hat tatsächlich mal eine Wanze gefunden. 30 MAr 2010 Ctlsil0m$IAtl Heimweh habe ich eigentlich immer wieder. ,,Wann bist du zuletzt über Gras gelaufen", frage ich mich oft. Hier in Shanghai gibt es kaum Bäume, meiienweit keine Natur. Weit mehr ärgern mich aber die Internetkontroilen, die mit Hilfe aller möglichen Schikanen statfinden. Gerade lade ich zum Beispiel eine Folge der US-Serie ,,Lost" runter. Es wird noch 27 Stunden dauern... unmöglich ist. Mit dieser Mentalität, tlpisch für das chinesische Festland, kam ich in Peking ällerdings nicht so gut klar. In der internationalen Finanzmetropole Hongkong ist vieles anders und ich fühle ich mich dort inzwischen sehr wohl. RtESrcE REI$FETDER, BAUERN MIT SPITZHihEil una schtießtich DRACHEI{, PH0Et{lX, LoTUS, - rn meine Designs integriere ich traditionelle chinesische Symbole, Materialien JADE' D0UBLE FISH Hongkong, diese geschäftige Stadt: Ich war 4lahre alt, als ich mit Bruder und Eltern in China Urlaub machte. Diese Ferien haben mein Leben verändert. Ich war so faszi- In meinem Job habe ich so viel Frei.raum und Einfluss auf die niert, dass ich nach der Rückkehr einen Intensivkurs in Chinesisch belegte. Ein fahr später ging ich als Austauschschüierin nach Peking. Es waren drei aufregende, aber auch harte Monate. Meine Sprachkenntnisse reichten nicht, und nur wenige Chinesen konnten damals Englisch. Aber meine Eltem hatten mir mitgegeben, dass man durchhalten muss, wenn man etwas anfängt. Und die Gastfamilie nahm mich so herzlich auf. Chinesen sind gern Gastgeber, sie wollen alies perfekt machen, kümmem sich rührend. Zudem erlebte ich ein überdurchschnittlich sportbewusstes Volk allein die vielen älteren Menschen, die frtihmorgens im Park Dehnübungen machen. Für alies gibt es eine Philosophie, alte Weisheit und Deutung. Ich bin seither pro Jahr Produktion wie noch nie, denn die Fabriken sind nicht weit entfernt, die Zusammenarbeit ungewöhnlich eng. An vieles kann ich mich abet vier- bis funfmai in China, wegen sportlicher Events oder beruflich. Olympia zoo8 waren meine Spiele. Eine Athletin mit Goldmedaille, bis heute nicht gewöhnen, enva an die Furcht der Chinesen, das die chinesisch spricht Ich habe damals laut dazu aufgefordert, nicht Gesicht zu verlieren. Das ftihrt dazu, dass die Menschen kaum Fehler zugeben. Wenn ich frage ,,Wird das nur Chinas allzu bekannte negative und Denkweisen. Sie gehören zum ,,Contemporary Chinese Chic", der Shanghai Tang auszeichnet. Damit konnten wir nicht nur internationale Kunden, sondern auch die Menschen im Land überzeugen, die sonst vor allem an ausländischen Brands interessiert sind. Prada und Hermös entwerfen speziell fur den chinesischen Geschmack und shirmen damit gerade den Markt. Weil zoro das |ahr des Tigers ist, gibt es zur Zeit außerdem viele Tiger in der Mode. Wer hier Erfolg haben wil1, muss wissen, dass Chinesen sehr abergläubisch sind, sie mögen Giücksbringer. f eder einzelne Raum wird von Feng-ShuiExperten ausgependelt - sogar im Büro. bis Freitag fertigl", lautet die übliche Antwort ,,1a, ia", selbst wenn es Seiten zu be*achten, sondern zu differenzieren. Denn dieses Land, in dem ein Viertel der Weltbevölkerung lebt, hat so viele Facetten. 0 > o o = t!