Die Sc hüssel darf a uf den Balkon
Transcription
Die Sc hüssel darf a uf den Balkon
CE & Technik Die Sc hüssel darf a uf den Balkon Immer wieder kommt es zu Reibereien zwischen Mietern und Vermietern, wenn es um den Satellitenempfang mit Einzelanlagen geht. Satellitenempfang lässt sich jedoch nicht grundsätzlich für Mieter verbieten, wie einschlägige Gerichtsurteile belegen. G rundsätzlich gilt in Deutschland für jedermann das Grundrecht auf Informationsfreiheit. Dies bedeutet, dass man sich ungehindert aus frei zugänglichen Quellen informieren können muss. Dazu gehören auch Radio und Fernsehen. Aus diesem Grundsatz der Informationsfreiheit lässt sich jedoch kein generelles Recht darauf ableiten, dass jedem Mieter eines Hauses Zugang zu allen erdenklichen Informationswegen zur Verfügung stehen muss. In der Praxis bedeutet dies, dass auch durch einen gemeinschaftlichen Kabelanschluss oder eine Gemeinschafts-Empfangsanlage für DVB-T zunächst einmal im Allgemeinen dem Grundrecht Genüge getan sein dürfte. Hat ein Mieter ein persönliches Informationsbedürfnis, das nicht durch die allgemein im Haus verfügbaren Fernsehprogramme abgedeckt werden kann, etwa, um ausländische Heimatprogramme zu empfangen, kann dies ein berechtigter Grund für Satelliten-Empfang sein. Jedoch hat der Hauseigentümer bzw. Vermieter ebenfalls seine Rechte. Dazu gehören Vereinbarungen und Regelungen im Mietvertrag sowie allgemeine Rechte als Eigentümer. Der Mieter darf nicht durch eigenmächtiges Anbringen einer Satelliten-Empfangsanlage die Bausubstanz oder den optischen Eindruck des Hauses beeinträchtigen. Ob ein Mieter gegen den Willen seines Vermieters ein Recht auf Nutzung einer Satelliten-Anlage hat, kann nicht pauschal beantwortet werden. Im Einzelfall kann es durchaus sein, dass ein Mieter zwar Anspruch auf Satelliten-Empfang hat, sich auf eine teurere Installation an einer unauffälligen Stelle des Hauses, die beispielsweise auf 22 www.infosat.info Nr. 247 Oktober 2008 dem Dach sein kann und die von einem Fachinstallateur ausgeführt wird, einlassen muss. Von Fall zu Fall In jedem Fall empfiehlt es sich für Mieter, die eine eigene SatellitenAnlage installieren wollen, genau in den Mietvertrag zu schauen, offen mit dem Vermieter zu sprechen und sich gegebenenfalls kompetenten juristischen Rat zu holen. Da sich in diesen Fällen zwei Grundrechte, nämlich das Recht auf Informationsfreiheit des Mieters und die Eigentumsrechte des Vermieters gegenüberstehen, gibt es keine allgemeinen Gesetze, sondern nur Einzelfallentscheidungen. Einzelfallentscheidungen machen Hoffnung Deutsche Gerichte haben immer wieder zugunsten von Mietern entschieden, besonders wenn die Satellitenschüssel unauffällig auf einem Balkon installiert werden konnte. Das berechtige Interesse eines Vermieters, das sein Eigentum nicht beschädigt oder beeinträchtigt wird, gibt ihm nicht grundsätzlich das Recht, eine generelle Verbotsklausel für Satelliten-Empfangsanlagen in den Mietvertrag zu schreiben. Wenn eine Satellitenschüssel so aufgestellt wird, dass sie von außen nicht zu sehen ist, die Bausubstanz nicht durch Bohrungen CE & Technik beschädigt wird und keine Mitbewohner bzw. Nachbarn belästigt werden, kann der Vermieter die Aufstellung einer Satelliten-Empfangsanlage nicht prinzipiell verbieten. Nach gängiger Rechtssprechung gehört ein Balkon zum gemieteten Wohnraum und darf damit auch zur allgemeinen Lebensführung genutzt werden – wozu durchaus auch das Aufstellen einer mobilen Satelliten-Anlage zählen kann. Da eine Satellitenschüssel heutzutage in den meisten Fällen weder groß sein muss, noch an der Außenseite des Balkons befestigt sein muss, noch über den Balkon hinausragen muss, dürfte sie in vielen Fällen vom Vermieter geduldet werden müssen, auch wenn es dem Vermieter nicht gefällt. Das Aufstellen einer mobilen – das heißt nicht fest mit der Bausubstanz verbundenen – Sat-Anlage entspricht unter anderem der Rechtssprechung, die von den Mietkammern des Landgerichts Hamburg bereits seit 1999 immer INFOSAT-Tipp: Kabel durch Fenster und Türen Wenn das Antennenkabel von der Schüssel ins Haus geführt werden soll und kein Wanddurchbruch in Frage kommt, hilft der Einsatz eines so genannten Flachbandkabels. Flachbandkabel für Satellitenempfang lassen sich flexibel in den Falz eines Fensters oder einer Balkontür einkleben und beeinträchtigen somit weder die Bausubstanz noch den Satellitenempfang. Abzuraten ist davon, dass Koaxialkabel platt zu drücken und zu knicken, weil dessen Übertragungseigenschaften durch ein solches Verfahren erheblich leiden. wieder ergangen sind. So bestätigen die Urteile der Zivilkammer 7 vom 15. April und vom 22. April 1999 (und weitere Urteile), dass es zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache (Wohnung mit Balkon) gehört, eine mobile Sat-Anlage aufzustellen. Ausweg Flachantennen oder umgedrehte Montage Vielfach können Mieter auch dadurch der Auseinandersetzung mit dem Vermieter aus dem Wege gehen, indem sie zu einer Flachantenne greifen oder eine als Kugelleuchte getarnte Satellitenantenne aufstellen. Eine sehr gute Möglichkeit zur Platzierung einer Satelliten-Schüssel auf dem Balkon besteht außerdem darin, sie quasi auf den Kopf zu stellen. So wirkt sie wesentlich unauffälliger, weil allenfalls das LNB über der Balkonbrüstung von außen sichtbar ist. Durch Recht auf Sat-Schüssel: Konkurrenz der Grundrechte Informationsfreiheit und Eigentumsrecht sind die Rahmenbedingungen, innerhalb derer um das Recht auf die SatSchüssel gerangelt wird. Michael Zeck von Astra Deutschland nennt Bedingungen, unter denen ein Vermieter seine Zustimmung zur Nutzung von Sat-Anlagen nicht verweigern kann. Michael Zeck, Justiziar Astra Deutschland INFOSAT: Herr Zeck, kann ein Vermieter Satelliten-Empfang generell verbieten oder in den allgemeinen Mietbedingungen grundsätzlich von seiner Zustimmung abhängig machen? Zeck: Die Frage, ob Vermieter die Installation von Parabolantennen zu dulden haben, brachte eine Fülle unterschiedlicher Urteile hervor. Die Uneinheitlichkeit dieser Rechtsprechung hat ihre Ursache in der Konkurrenz der Grundrechte von Mieter und Vermieter. Die Informationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 Grundgesetz) des Mieters, die sich auf die zur Erschließung 24 www.infosat.info Nr. 247 Oktober 2008 der Informationsquellen erforderlichen technischen Anlagen erstreckt, kollidiert mit dem Eigentumsgrundrecht des Vermieters (Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz). Nur eine Abwägung im Einzelfall kann hier den Ausgleich schaffen. Demnach sind standardisierte vertragliche Verbote für das Aufstellen bzw. Anbringen von Antennen, die eine Abwägung im Einzelfall nicht zulassen, rechtswidrig. So wie ein Vermieter die Parabolantenne nicht generell verbieten darf, ist es einem Mieter aber auch nicht erlaubt, eine Antenne ohne Zustimmung des Vermieters zu installieren. INFOSAT: Lassen sich allgemein Bedingungen nennen, unter denen ein Vermieter seine Zustimmung zur Nutzung von Satelliten-Empfang nicht verweigern kann? Welche sind dies? Zeck: Der Vermieter kann seine Zustimmung zur Installation einer Parabolan- tenne in der Regel nicht verweigern, wenn für den Mieter ohne Satellitenempfang ein ausreichendes Informationsinteresse nicht befriedigt werden kann und wenn •die Anlage baurechtlichen Vorschriften entspricht •eine fachmännische Montage erfolgt, die erhebliche Eingriffe in die Bausubstanz vermeidet •die Parabolantenne zu keiner nennenswerten ästhetischen Beeinträchtigung am Gebäude führt. (Dies ist etwa der Fall, wenn die Antenne im Inneren des Gebäudes am Fenster oder auf dem Fußboden im hinteren Bereich auf einem durch Vorder- und Seitenwände sichtgeschützten Balkon aufgestellt ist.) •die Parabolantenne auf Verlangen des Vermieters dort angebracht wird, wo sie am wenigsten stört •der Mieter sich zur Übernahme aller Kosten verpflichtet diese besonderen Bauformen ist die Sat-Anlage nicht unmittelbar als solche sofort zu erkennen und wird meist nicht als ?&2+ störende „Verschandelung der Fassade“ empfunden. Generelles Verbot unzulässig Es gibt allgemeine Mietbedingungen, in denen die vorherige schriftliche Einwilligung des Vermieters für das Anbringen einer Antenne vorgeschrieben wird. Eine solche Klausel unterscheidet zwar mit ihrer vollkommen pauschalen Formulierung nicht zwischen Satelliten-Antennen, mobilen Satelliten-Antennen und konventionellen Dachantennen oder Amateurfunkantennen, dass Landgericht Hamburg bestätigt jedoch in einem Urteil vom 19. Mai 1999, dass eine solche Klausel dahingehend auszulegen ist, dass nur die Festinstallation von Antennen, die zu einem Eingriff in die Gebäudesubstanz führt, der Zustimmungspflicht unterliegt. << HB 1008/4903 •der Mieter sich zur Entfernung der Antenne für den Fall verpflichtet, dass seine Medienversorgung durch die Errichtung einer gemeinschaftlichen Empfangsanlage sichergestellt wird. INFOSAT: Oft fühlen sich deutsche Mieter benachteiligt, wenn der aus dem Ausland stammende Nachbar eine „Schüssel" genehmigt bekommt, die ihnen selbst verwehrt bleibt. Wie kommentieren Sie dies? Zeck: Wie bereits erwähnt, sind die geschützten Interessen von Vermieter und Mieter fallbezogen abzuwägen. Dies führt zu unterschiedlichen Ergebnissen. Demnach haben dauerhaft in Deutschland lebende Ausländer grundsätzlich ein anerkennenswertes Interesse, mithilfe einer Parabolantenne die Programme ihrer Heimat zu empfangen, um sich über das dortige Geschehen zu unterrichten und die kulturelle und sprachliche Verbindung aufrechterhalten zu können. Bei einem deutschen Mieter hingegen geht die Rechtsprechung davon aus, dass dieser sein Informationsbedürfnis durch eine Gemeinschaftsparabolantenne bzw. Kabelanschluss decken kann. Im Bereich des Wohnungseigentumsrechtes jedoch hat der BGH 2004 eine interessante Entscheidung gefällt, die es zumindest nicht grundsätzlich ausschließt, dass auch deutsche Wohnungseigentümer das Recht haben können, eine Parabolantenne zu installieren. INFOSAT: Haben Sie einenTipp für unsere Leser - an wen können sich betroffene Mieter wenden, falls es zu Streit über die Satelliten-Anlage kommt? Zeck: Ich schlage vor, sich an einen Rechtsanwalt oder eine Verbraucherzentrale zu wenden. INFOSAT: Vielen Dank für das Gespräch. << HB 1008/4911 #&)/,/ '300, & + !# :#'<$#'"''* #" #&#&&# 68 %#:* ' (!#* "&#-' """##' '" &-# "'4#"1 :$#'"''; (059)7,=.992) #!!!/ #'" /