5| Farbe - redmonds

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5| Farbe - redmonds
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DESIGN AN SICH
5| F a rb e
Im Anschluss an die kompositorische Arbeit, die designerisch für das
tatsächliche Erscheinen grundlegend ist, leistet die Ebene 3 die Gestehung
eines Informationswertes.
5 | 1 Fa r b e n o n l i n e
Aufgrund
technischer
und
medialer
Grundlagen
sind
Farben
online
differenziert zu behandeln. An dieser Stelle werden somit jene unbedingt zu
beachtenden Differenzen für einen optimierten Farbeinsatz für OnlineProdukte besprochen und ausgewertet.
Farben
werden
in
so
genannten
Farbräumen
organisiert.
Die
zwei
bekanntesten Farbräume sind CMYK und RGB. Der CMYK-Farbraum dient
der
Publizierung
auf
Papier.
Man
spricht
dabei
von
subtraktiver
Farbmischung, weil die drei Grundfarben Yellow, Magenta und Cyan
Schwarz24 ergeben. Der RGB-Farbraum dient der Publizierung am Monitor.
In diesem Zusammenhang wird von additiver Farbmischung gesprochen –
die drei Grundfarben Rot, Grün und Blau zusammen ergeben Weiß. Hier
handelt es sich um Lichtfarben und jede Farbe auf dem Bildschirm wird
durch eine Mischung25 der drei Grundfarben Rot, Grün und Blau erzeugt.
Die Farbtiefe26, gemessen in Bit, bestimmt die maximale Anzahl darstellbarer Farben am Monitor.
1 Bit 2 Farben (monochrom)
8 Bit 256 Farben (indiziert)
16 Bit 32.000 Farben (High Color)
24 Bit 64.000 Farben (True Color)
32 Bit 16,7 Mio. Farben (True Color)
24
25
26
Meist wird, um höhere Deckkraft zu erzielen, Schwarz zusätzlich separat beigegeben
Sekundär- und Tertiärfarben
Farbtiefe wird durch Faktoren wie Monitor, Grafikkarte und Systemeinstellungen beeinflusst.
FA R B E
Aufgabe für Web-DesignerInnen ist, Farben und Grafiken so zu optimieren,
dass sie möglichst auf allen Plattformen gleich aussehen. Hierfür stehen
Farbpaletten zur Verfügung27. Je weniger Farben zum Einsatz kommen,
desto geringer ist die Dateigröße. Paletten können für jede Grafik individuell
aus dem zur Verfügung stehenden Fundus von 16,7 Millionen Farben
organisiert werden. Wenn aber zwei solcher Grafiken gleichzeitig dargestellt
werden sollen, kommt es bei einer von beiden automatisch zu Falschfarben.
Deshalb wurden für das Web Standardpaletten festgelegt. Da Netscape und
der Internet Explorer unterschiedliche Farbpaletten bereitstellen, bleibt für
die Verwendung im www eine Palette von 216 Farben, die als browsersicher betrachtet werden kann.
Die Grundfarben des RGB- und des CMY(K)-Modells heißen Primärfarben.
Werden zwei Primärfarben miteinander gemischt, so entstehen Sekundärfarben. Orange z.B. ist eine Sekundärfarbe, weil sie aus Rot und Gelb
gemischt ist. Und schließlich, wenn ein Gemisch von Komponenten aller
Primärfarben erzeugt wird, erhält man sogenannte Tertiärfarben.
Farben,
die
sich
Komplementärfarben
auf
dem
genannt.
Farbenkreis
Eine
gegenüberstehen,
Komplementärfarbe
werden
ergänzt
eine
andere Farbe zu Weiß (bei Lichtfarben bzw. RGB-Farben) oder zu Schwarz
(bei Körperfarben bzw. CMY-Farben). Die Komplementärfarbe von Magenta
beispielsweise ist Grün. Wenn eine Farbpaste aus reinem Magenta mit einer
Farbpaste aus reinem Grün gemischt wird, ergibt sich Schwarz. Und wenn
Licht mit der Farbe Magenta und Licht mit der Farbe Grün überschneidend
auf eine Fläche gehalten werden, ergibt sich Weiß. Die Gegenüberstellung
von Komplementärfarben erzeugt deren Wirkungsverstärkung. Es bilden
sich sogenannte Simultankontraste. Diese prägen sich lange im Auge ein
und erzeugen Nachbilder28.
Ein weiteres Phänomen sind Schwarz und Weiß: Dass wir Schwarz und Weiß
nicht als Farben empfinden, hängt mit dem Aufbau unserer Augen
zusammen, wo neben den Zapfen ein zusammenhängendes Netz von
Stäbchen für das Schwarz-Weiß-Empfinden zuständig ist. Wenn eine Farbe
27
Paletten können als separate Dateien vorliegen und finden nur bei 8-Bit-Grafiken Anwendung. Sie
enthalten maximal 256 Farben, so genannte indizierte Farben.
28
Der Grund für das Phänomen der Kontraststeigerung bei gekoppelten Komplementärfarben ist in
erster Linie nicht in der Beschaffenheit der Farben zu suchen, sondern in der Beschaffenheit
menschlicher Augen: das Auge hat eine Tendenz zur Kontrastverstärkung.
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DESIGN AN SICH
mit Schwarz, Weiß oder beiden gleichzeitig (Grau) gemischt wird, entstehen
sogenannte Modulationen.
Auf Computerbildschirmen können kräftige Farben wegen der Bildschirmhintergrundbeleuchtung
sehr
leuchtend
wiedergegeben
werden.
Bei
großflächigem Einsatz entsteht dadurch ein unangenehmer Schockeffekt für
die Augen. Um den Augen diese Anstrengung zu ersparen, ist es ratsam,
auf Websites größere Flächen entweder mit Weiß zu erhellen oder mit
Schwarz abzudunkeln oder mit Grau unbunt zu gestalten, wenn Lesbarkeit29
das Kriterium für die Konstruktion einer Web-Site ist. Kleinere Flächen
können durchaus kräftigere, buntere und strahlendere Farben haben.
Werden große und kleine Farbflächen kombiniert, so erhalten die kleinen
Farbflächen die bunten, kräftigen und strahlenden Farben, ansonsten
würden diese von den großen Farbflächen überstrahlt.
Farben haben ihre eigene Wirkung wie Formen und Layout. Sie dienen im
Design der Erfassbarkeit und ermöglichen Stimmungen, Gefühle und
Emotionen zu transportieren. Blau zum Beispiel kann eine Illusion von
Perspektive schaffen: Eine Farbe wirkt um so weiter entfernt, je kälter und
je blasser sie ist, und um so näher, je wärmer und je kräftiger sie ist.
Farben sind insofern wichtiger Bestandteil der Informationsübermittlung. Ob
eine Site eine schwarze Hintergrundfarbe aufweist oder eine rote, ist nicht
beliebig zu werten. Die Farbwahl ist die erste Informationsübermittlung, die
über Web-Design angeboten wird. Schrille Farben für ein Bestattungsinstitut
zu wählen, ist verfehlt, weil der Tod und die Bestattung für die meisten
UserInnen ruhigere Farbtöne erfordern.
Um Farben zur Informationsquelle für UserInnen zu machen, müssen sie
bewusst ausgewählt werden, es muss also zuvor bestimmt sein, welche
Information angeboten wird. Eine Satiresite über Bestattungsinstitute etwa
ist mit schrillen Farben gut beraten. Der Witz ergibt sich aus dem Bruch mit
Konventionen. Farben leiten UserInnen also bezüglich des Informationswertes einer Site. Sie spüren, von Anfang an, worum es geht. Sie müssen
es nicht wissen.
29
Schrift- und Hintergrundfarbe stehen in enger Korrespondenz zueinander: Ist der Kontrast zu
stark, beginnen die Buchstaben zu flimmern, ist er zu schwach sind sie kaum noch sichtbar. Für die
tägliche Praxis empfiehlt sich, längere Texte in der zuvor ausgestalteten Farbkombination auch
tatsächlich und über einen längeren Zeitraum zu lesen! Mehr zum Thema Schrift und Farbe bei Carter
(2002).
FA R B E
Letztendlich ermöglichen die technischen Voraussetzungen, den UserInnen
die
Farbwahl
ihrer
eigenen
http://steirerkult.niwa.at).
freien
Diese
Gestaltung
zu
Überantwortung
übergeben
der
(siehe
Farbwahl
ist
hinsichtlich der Informationsübermittlung problematisch. Wenn also die
Farbwahl UserInnen freigestellt ist, indem die UserInnen die Möglichkeit
erhalten, Farben mittels Bedienungsinstrumenten auszuwählen, so muss
darauf geachtet werden, dass die auswählbaren Farben in einem Spektrum
liegen, das der Intention der Informationsübermittlung unterliegt. Die freie
Farbwahl auf einer Site eines Bestattungsinstitutes ist diesbezüglich mit
unbunten Farben geeigneter, für eine Satiresite sind Farbskalen zu wählen,
die
schrille
Farbkombinationen
ermöglichen.
Wird
das
freigegebene
Farbspektrum nicht ausgewählt hinsichtlich der Informationsintention, so
wird die UserIn nicht erkennen können, welchen Informationswert die Site
besitzt, sie wird also nicht geleitet, sondern verwirrt.
Dass bei der Farbperzeption kulturelle Konnotationen zu Grunde liegen, ist
klar: In arktischen Regionen ist Weiß die Farbe des Todes. Und wäre die
Höllenidee aus diesen Regionen entsprungen, so wäre vermutlich auch die
Hölle eine eisig Kalte (Sloterdijk 1993). Farbpsychologische Erkenntnisse
sind
aufgrund
einer
bestimmten
Bedingtheit
von
Kultur
und
Natur
entstanden. Diese ursprünglich naturbezogenen Bedeutungskonnotationen
sind postindustriell ausschließlich kulturell determiniert, die Natur stellt
kaum noch eine konnotationsgebende Kraft dar. Schwarz und Rot werden in
der Kombination im Stadtstaat Singapur sehr ähnlich verstanden werden
wie in New York. Bei mongolischen ReiternomadInnen nicht unbedingt.
Die Wahl der Farben bis hin zur Gestaltung von Farbwelten ist für jedes
Design wichtig, weil Farben assoziativ Wirkungen (Signale, Warnungen,
Hinweise,
Trends
etc.)
transportieren.
Unterstützend oder
kontrastiv
können Inhalte durch Farbgebung neutral oder abgeschwächt oder auch
verstärkt werden. Wenn in diesem Kontext von Färbung gesprochen wird,
so ist damit die Interpretation gemeint, die jede DesignerIn in das Produkt
legt. Damit ist einerseits die kulturelle Dimension der DesignerIn angesprochen, aus der sie bestimmte Farbkonnotationen schöpft, andererseits
die Graduierung als persönlicher Ausdruck. Somit ist die Verantwortung
angesprochen, die DesignerInnen dem Informationswert des Produkts
entgegen bringen müssen. Das bedeutet: anders als in der Kunst ist im
Design die Wahl der Farben und die Bestimmung von Farbwelten abhängig
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DESIGN AN SICH
von äußeren, definierten Informationsintentionen. Die Farbgebung ist
Bestandteil der Information, die bereitgestellt wird.
Eine DesignerIn hat zur Aufgabe die Farbwerte so zu setzen, dass sie dem
Informationswert des gesamten Produktes dienlich sind. Innerhalb dieser
Bedingungen ergeben sich verschiedene Bandbreiten der tatsächlichen
Farbwahl.
5|2 Der Grundton, der Stimmungsfänger
Die tatsächliche Farbwahl ist von der Informationsabsicht einer Site
abhängig. Insofern ist bei der Farbwahl zu berücksichtigen, welche
Informationsbedingungen vorhanden sind. Überwiegt der Fun-Faktor, der
News-Faktor, der Fact-Faktor etc. In Bezug auf die Informationsbasis sind
geeignete Farben in Korrelation zum späteren Inhalt zu wählen.
Welche Farbe wird die Geeignete sein? Geeignet? Was verstehen wir in
diesem Zusammenhang unter geeignet? Erinnern wir uns der Notwendigkeit
von Positionierung innerhalb der Designtätigkeit: es war die Rede von einer
Positionierung in Bezug auf das Produkt. Es war die Rede davon, wie
entscheidend es ist, für das Produkt eine bestimmte und individuell
geeignete Emotionalität zu entwickeln. Sich zu fragen, was das Produkt an
Assoziation weckt. In einem weiteren Schritt sich zu fragen, welche
Farbassoziationen bei Anderen geweckt werden könnten oder müssen. Und
basierend auf diesen so initialisierten Fantasien sich irgendwann für eine
Farbe zu entschließen, sich für einen Grundton zu entscheiden, der den
möglicherweise hinzukommenden Farben Leitfarbe sein wird, zu der alle
anderen Farben wie auch immer geartet Bezug nehmen werden. Es handelt
sich hierbei um einen schwierigen Prozess, wo in den Farbpaletten der
einzelnen Tools mit Sicherheit viele Varianten durchgespielt werden
müssen.
Erleichternd
aber
kommt
hinzu,
dass
vorgabenspezifisch
(Konzept,
Marketing, KundIn etc.), gesellschafts- und kulturkreisabhängig die Wahl
der Farben zu bestimmten Themen und/oder Produkten nicht zufällig sein
muss. Zum einen kommen vielfach Vorgaben von der KundIn: Die Farbe/n
FA R B E
des Logos sollen sich zur eindeutigen Identifikation mit der KundIn oder
dem Produkt wiederfinden, der Content muss lesbar sein etc. Zum anderen:
Wir sind gewachsen in einem Kulturkreis, der Geschichte hat, wir sind fähig,
bestimmte Reize an bestimmte Assoziationen zu koppeln, weil wir in der
eigenen Vergangenheit Erlebnisse zum Beispiel mit Farben gehabt haben,
die
Reaktionen
und
Assoziationen
späterhin
prägen.
Und
es
gibt
Untersuchungen, die belegen, dass zu bestimmten Farben überwiegend
ganz bestimmte Assoziationen getätigt werden. Beispielsweise sind auch
sprachlich Farbassoziationen verortet, wenn wir rot sehen, blau machen,
grün hinter den Ohren und gelb vor Neid sind oder uns schwarzer Humor
gefällt. Farbbedeutungen sind gesellschaftsbezogen, kulturkreisabhängig
und auch zeitbedingt (Trends) und daher nicht selbstverständlich in jedes
soziale Umfeld zu jeder Zeit übertragbar und auch nicht für jede Person
zutreffend! Denn beispielsweise haben EuropäerInnen, AfrikanerInnen sowie
Eskimas und Eskimos ganz andere Vergangenheits- und Erlebnisbezüge,
die, am Beispiel von Sprache, andere Ausdrucksformen erfordern. Weil in
Afrika und am Nordpol etwa die Vorkommnisse von grüner Natur nicht
gleichermaßen bereitgestellt sind und daher sprachlich dafür nicht ebenso
variantenreiches Pouvoir zur Verfügung steht wie hierorts oder umgekehrt.
Bezüglich
unterschiedlicher
Qualitäten
von
Schnee
etwa
kennt
die
europäische Kultur nicht annähernd so viele Unterscheidungen des Weißen
wie Inuits. Gleichermaßen verhält es sich mit Assoziationen: Wenn grüne
Vegetation eine ganz alltägliche Erfahrung ist, so werden andere Werte
damit assoziiert als in Gebieten, wo grüne Vegetation selten zu sehen ist.
Wer ein Jahr lang auf einer Bohrinsel verbracht hat, hat einen anderen
emotionalen Bezug zu Grün als jemand, der ein Jahr lang in einem
unwegsamen Dschungel verbracht hat.
Der gewählte Grundton einer Site ist jener Farbton, der grundsätzlich ist für
alle anderen, daraus abgeleiteten Farben. Ein Farbton wird als Grundfarbe
definiert, alle anderen Farben werden diesem Grundton zugeordnet, müssen
zu
diesem
passen.
Informationsabsicht
der
Dieser
Site
Grundton
hat
entgegenzukommen,
zur
die
Aufgabe,
Site
also
der
zu
bewerten.
Für eine UserIn ist der Grundton das wahrscheinlich Erste, das sie an einem
Web-Produkt wahrnimmt, weil er sofort augenfällig wird. Alle anderen
Elemente sind dem konzentrierten Blick ausgesetzt, welche Ordnung,
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DESIGN AN SICH
Anordnung und welche Inhalte etwa, sodass deren Wirkung sich zu einem
späteren Zeitpunkt erst entfaltet.
Der Grundton gibt somit eine Stimmung an, in die die UserIn eintaucht, die
ihr vor Augen geführt wird. Von dieser Stimmung geht die UserIn aus, sieht
von dieser Stimmungslage weiter, liest sich voran. Konterkariert der
Grundton die Informationsabsicht einer Web-Site, so erschwert dies der
UserIn die Informationsentnahme. Die Site versteht sich nicht von selbst.
Die Farbaussage und die Informationsabsicht müssen in Einklang gebracht
werden, ansonsten ist alle Idee von intuitiver Navigation leeres Gerede.
Den richtigen Grundton zu finden, ist schwierig, kann jedoch über die
Informationsabsicht erschlossen werden. Die DesignerIn hat dann zur
Aufgabe, Position zur Informationsabsicht zu beziehen, und dahingehend
eine geeignete Farbwahl als Grundton zu finden30. Ist der Grundton
festgelegt, so können Ableitungen und Variationen des Grundtons leicht
gefunden werden.
5 | 3 Fa r b s y m b o l i k
Sind
bestimmte
Farben
oder
bestimmte
Farbkombinationen
kulturell
gefestigt, besteht also ein gemeinsames Bewusstsein um eine Farbaussage,
so erhalten Farben mitunter symbolischen Wert. Die Farbe steht in einem
solchen Fall nicht mehr nur für eine Farbe, sondern hat zudem eine mehr
oder weniger bestimmt festgelegte Bedeutung. Diese Bedeutung geht als
Symbol über die Farbe an sich hinaus.
In der Romantik etwa war die Mohnblume Symbol für Vergessen. Wo in der
Literatur die Mohnblume auftauchte, war die Bedeutung von Vergessen
gegeben. Wo in der Malerei das Mohnblumenrot auftauchte, war die
Bedeutung von Vergessen gegeben. Im 21. Jahrhundert gibt es in Bezug
auf
das
Mohnblumenrot
keine
derartig
feste
Bedeutungsfestlegung.
Mohnblumenrot hat im 21. Jahrhundert viele verschiedene Bedeutungen.
30
Das bedeutet nach Konventionen der Funktionalität: Farbe soll verständnisgerecht, materialgerecht
und gebrauchsgerecht sein.
FA R B E
Farbsymbolik bedeutet nun, dass ein bestimmter Farbwert mit einer ganz
bestimmten und von den RezipientInnen auch gewussten Bedeutung
verbunden ist. Das Fahnenrot ist immer Signalfarbe, es ist dennoch kein
Symbol: denn Fahnenrot wird auch außerhalb der Fahne breit eingesetzt.
Farbsymbolik geht also über die Farbe an sich hinaus, verweist auf etwas,
das außerhalb ihrer selbst liegt, mit der jedoch bestimmte Gesichtspunkte
eröffnet werden.
Sind Farbsymbole nicht so genau definiert wie das Mohnblumenrot in der
Romantik, so werden die RezipientInnen Assoziationen zu einer Farbe
haben, die durchaus unterschiedlich ausfallen können. Im Falle von
Assoziationen
zu Farben steht
ein
Spektrum von Bedeutungen
zur
Verfügung, innerhalb dessen die Farbwahl symbolisch betrachtet werden
kann. Die Farbsymbole sind dann nicht genau, jede Farbe vermag jedoch
innerhalb eines Bedeutungsspektrums symbolisch gesehen werden.
Möglichkeiten einer Darstellung von Farbsymbolik sind schwierig, weil sie
kulturell
determiniert
sind
und
somit
einem
historischen
Wandel
unterliegen. Dennoch kann und wird insbesondere von der Disziplin
Farbpsychologie ein Potpourri an Farben und ihrer Wirkung immer wieder
zusammengetragen. Heller (2002) stellt im Standardwerk zur Wirkung der
Farben eine Fülle historischer, psychologischer und symbolischer Aspekte
auf. Daraus ergeben sich für die westliche Kultur insbesondere folgende
Farbassoziationen für:
Blau: Blau ist die bei weitem die beliebteste Farbe, bei Frauen als auch bei
Männern.
Sie
beinhaltet
Denotationen
wie:
Sympathie,
Harmonie,
Freundlichkeit, Freundschaft. Blau ist die Farbe des Vertrauens und der
Verlässlichkeit.
Blau
ist
still
und
entspannend,
zeigt
unbegrenzte
Dimensionen und ist die Farbe der Ferne, der Weite, der Unendlichkeit, der
Treue, die in der Ferne bewiesen wird. Blau zeigt Sehnsucht und die
positive Seite der Phantasie. Sie ist gleichzeitig kalt und kühl, Melancholie
und Entspannung (engl. Sprachraum), symbolisiert männliche und geistige
Tugenden
wie
Mut,
Leistung,
Konzentration,
Klugheit,
Wissenschaft,
Genauigkeit und Pünktlichkeit. Indigo (Waid) war billig in der Produktion
und daher dem Volke zugänglich, zuvor jedoch galt: je leuchtender das
Blau, desto teurer war es und KönigInnen (Königsblau) wie AristrokratInnen
vorbehalten. Lapislazuli (ultramarin) wurde aus geriebenen Stein gewonnen
und war göttliches Blau (Himmel): Marienblau, edel wie blaues Blut
in
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DESIGN AN SICH
Spanien. Blau war ursprünglich weiblich wie Wasser, beruhigend, rational,
spirituell,
signalisierte
Harmonie
und
Zufriedenheit.
Blau
ist
die
unbedenklichste globale Farbe (Holzschlag 2002).
Rot: Rot gilt als sehr nahe und dynamische Farbe. Sie ist die erste Farbe,
die einen Namen erhielt und zwar in allen Sprachen (in manchen Sprachen
ist rot gleichbedeutend mit farbig oder gleichbedeutend mit Blut). Rot ist die
zweitbeliebteste Farbe mit gleichem Anteil bei Frauen und bei Männern,
symbolisiert Blut und Lebenskraft. Blut ist in manchen Kulturen Sitz der
Seele, darum: Blutopfer. Energie, Aktivität, Energie und Lebensfreude ist
Rot.
Sie
war
ursprünglich
männlich
belegt
und
die
Farbe
aller
Leidenschaften wie Aufregung, Impulsivität, Zorn und Wut (roter Kopf),
Erotik und Sexualität. Je negativer desto dunkler wird das Rot: Krieg, Kraft
und Aggression (Soldatenuniformen). Rot ist wie Feuer (Begierde) und
gleichzeitig
warm.
Dort,
wo
Hitze
lebensbedrohlich
wird,
wird
Rot
dämonisch. Rot wirkt nahe. Dunkles Rot symbolisiert Menstruationsblut und
damit Fruchtbarkeit und Weiblichkeit (die Macht des Weiblichen mitunter).
Rot war das Zeichen sehr hohen Standes: das Recht auf Rot, dann sogar in
Rot heiraten (rote Absätze: Ludwig der XIV, 18.Jahrhundert). Rot wurde aus
Läusen (Kermes) produziert und war extrem teuer. Als das Geheimnis der
Herstellung
aufgedeckt
wurde,
war
Rot
allgemein
zugänglich.
Im
Kommunismus hat Rot besondere Bedeutung, weil im Russischen Rot zur
Wortfamilie schön, gut, wertvoll gehört. Rot als Farbe der Arbeiter
(Sozialismus). In vielen Fahnen wird Rot verwendet, weil es sehr lichtbeständig und leicht sichtbar ist. Verbotenes Rot: Rot bei Tag und Nacht.
Rot als Farbe der Korrektur und Kontrolle: rote Zahlen. Rot braucht in der
Werbung riesige Flächen, weil es sonst das Gegenteil bewirkt, denn heute
ist Rot schon zu normal. Tiere sehen kaum rot, daher sind wenige Pflanzen
rot und darum hat Rot Signalwirkung: es ist die unnatürlichste Farbe. Rot
ist anregend, warnend, aggressiv und zeugt von Aktivität, Dynamik und
Leidenschaft.
Grün: Grün ist die Farbe, die eher für ruhig und erholsam steht, für Natur
(Die Grünen), Leben (Frühling, Jugend), Barmherzigkeit und Weiblichkeit.
Sie ist die heilige Farbe des Islam (in der Wüste ist Grün das Paradies, Grün
war die Lieblingsfarbe Mohammeds und war nur für Nachfolger der Kalifen
reserviert). Grün steht für ewiges Leben, den Frühling und florierende
Geschäfte, für das Gedeihen und die beginnende Liebe. Grün ist die Farbe
der Venus und der Liebe in der Minnedichtung. Hoffnung (keimt) und
FA R B E
Frühlingserwachen ist grün. Grün gehört mit Weiß, Rot und Violett zu den
liturgischen Farben (1570 Papst Pius V.) und ist unter ihnen die einfachste
und elementarste. Grün als Farbe des hl. Geistes wird jeden (gewöhnlichen)
Sonntag verwendet. Grün signalisiert Frische, Gesundheit aber auch Unreife
wie die beginnenden Früchte, Giftgrün auch (Arsen). Ein grünes Kleid z.B.
ist an sich einfach, auf Seide aber extravagant (vgl. Kaiserin Eugène,
Gemahlin Napoleons III). Grün ist die Mitte, dasselbe in Grün bezieht sich
auf den Unterschied in französischen und deutschen Karten: Pik und Laub
oder Grün. Der grüne Tisch ist aus teurer Farbe und gutem Material. Grün
als Ampelfarbe zur freien Fahrt ist funktional, weil es die angenehmste
Farbe bei langer Betrachtung ist. Grün ist die Farbe der Natur und des
Lebens, Frühling, Hoffnung, die beginnende Lieb und beruhigende Mitte.
Schwarz: Schwarz steht für Konservatismus, Anarchismus, Trauer, Eleganz
und Tod (alles Verfaulte ist schwarz und das Nichts ist schwarz). Doch ist
Schwarz Ansichtssache religiöser Ideen, denn wo es ein Leben nach dem
Tod gibt, ist der Tod weiß. Schwarz ist die Negation der bunten Farben, ist
Schuld (schwarzer Peter), Lüge, Untreue, Schmutz (schwarz unter den
Fingernägeln),
Gemeinheit
und
Unglück
(schwarze
Katze,
schwarzer
Freitag). Schwarz ist die Farbe der Geistlichkeit (Mönche), weil sie als billige
Farbe für arm, enthaltsam und demütig steht. Schwarz sticht gleichermaßen
heraus, da sie gefärbt ist. Mitte des 15. Jahrhundert galt: helle Farben für
den Adel und als dieser dann verarmte, steigen die Bürger auf und lassen
sich die Farbordnung nicht mehr gefallen. Damit verlor die Farbsymbolik
ihre Verbindlichkeit (1789) und die arme Schwärze der BürgerInnen wird
staatstragend, weil alles, was an Farben gefunden wurde, von Ärmeren
raufgenäht wurde. Bürgerlichen blieb Schwarz als einzig verbleibende sich
abgrenzende Farbe. Als Spanien an der Macht (Inquisition) war, war
Schwarz Mode. In Deutschland zur Zeit der Reformation (1517): der
Bildersturm vernichtete alles Farbige und Luther trägt Schwarz bis auf das
Gesicht (sein Ausdruck). Daher ist Schwarz ausdruckslos. Schwarz als
Abgrenzung, Unnahbarkeit und als Farbe des Existenzialismus rückt die
Individualität ins Zentrum. Und dies für alle Gesellschaftsschichten, die
jenseits der Masse stehen. Schwarz ist die Eleganz ohne Risiko (Dior). In
Afrika ist Schwarz die schönste Farbe und symbolisiert Unabhängigkeit.
Schwarz
steht
auch
für
Illegalität
und
Anarchie:
Schwarzhandel,
Schwarzseher, schwarze Listen bei allen Organisation, wo das Todesurteil
möglich ist. Faschismus: schwarz und rot: Brutalität, Stärke, Bedrohung,
Lärm. Im Alltag ist Schwarz die meist benutzte Farbe: jede/r ist, zumindest
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DESIGN AN SICH
optisch, gleichberechtigt und daher ist es auch die Farbe politischer
Gruppierungen und für die, die sich als Herren über das Leben Anderer
anschauen lassen, ist Schwarz wichtig als Symbol des Todes. Schwarz wirkt
durch den starken Kontrast in Räumen schwer, eng und eckig. Für
DesignerInnen bedeutet Schwarz: form follows function, weil diese Farbe
den Verzicht auf Schnörkel bedeutet. Im HighTech-Bereich ist Schwarz die
Strenge sich genügender Technik. Schwarzweiß signalisiert Verbindlichkeit.
Schwarz zeugt von negativen Gefühlen wie Trauer, Einsamkeit (allerdings
nur in ganz bestimmten Kulturen, wie z.B. der Europäischen), aber auch
von Eleganz. Diese Farbe ist modern, sachlich, eindeutig und funktional.
Schwarz polarisiert: Bei vielen Menschen ist es sehr beliebt, bei vielen stößt
es auf strikte Ablehnung.
Gelb: Gelb ist die zwiespältigste Farbe, weil Gelb ähnlich wie Gold
(Reichtum, Angeberei, Luxus) ist, ohne Gold zu sein. Gelb ist auch wie die
Sonne und Optimismus, Licht und Erleuchtung, ist wie der Sommer: reife
Liebe und höchste Beglückung. Negative Assoziationen mögen bei Gelb
überwiegen: Farbe allen Ärgers (Galle ist ein ähnliches Wort), Neid, Eifersucht, Geiz, Egoismus (vergleiche auch Grün z.B. vor Neid). Im Russischen
ist das gelbe Haus ein Irrenhaus. Untreue, Unsicherheit, Gefühllosigkeit und
Schuld sind Gelb. Schwarze Schrift auf gelben Grund hat optimale
Fernwirkung. Jedoch ergibt sich bei längerem Lesen ein starker Kontrast
und alle Farbkontraste sind lese-störend, aufdringlich. Gelb ist intensive
Warnfarbe (Fußball: gelbe Karte). Gelb aus Safran gewonnen ist licht und
waschecht. Im Mittelalter war Gelb die Kennfarbe der Geächteten, weil Gelb
nicht versteckt werden kann. Gelb stand für Prostituierte, Ketzer. Es ist
heute die Farbe des Staates Vatikan. ChristInnen gaben JüdInnen Gelb als
Farbe, weil Safran von den JüdInnen zu teuer gehandelt wurde: Ächtung
also. Gelb vergilbt: altern, schlechtern. Gelb wird in Asien positiv mit
Weisheit, Ruhm, Harmonie interpretiert. Weiße idealisieren Weiß, Schwarze
Schwarz. Gelb steht in Europa für Sonne, Licht, Wärme und ist schwächer
als Rot. Gelb symbolisiert nunmehr Optimismus und Vorwärtsstreben.
Weiß: Weiß beinhaltet ein Assoziationsspektrum von kaltem Licht der
Vollkommenheit bis zum wichtigsten Nahrungsmittel, dem Weizen. Weiß ist
eine absolute Farbe, ist göttlich und symbolisiert die Ewigkeit, den Anfang,
das Neue, die Überwindung des Unreinen. Weiß ist sauber (Krankenpflege),
ist die Unschuld und der Verzicht auf Selbstdarstellung. Weiß ist wie die
Wahrheit:
eindeutig
und
unschuldig.
Weiß ist
Statussymbol
(weißer
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Kragen), weil Sauber-Sein Luxus war. Politisch ist Weiß die Farbe des
Friedens, der Kapitulation (weiße Fahne) und Monarchie (gottgegeben).
Weiß ist die Farbe funktionaler Sachlichkeit und reflektiert Sonnenstrahlen
besonders
gut.
Weiß
ist
salzig,
neutral,
künstlich
und
substanzlos
(Tabletten). Weiß signalisiert den Norden, ist ideal, gut, sachlich, klar,
unschuldig, ehrlich, rein, festlich.
Violett: Die Farbe wurde aus Schnecken gewonnen und war die Farbe der
Macht (Priester, KaiserInnen). Es war eine sehr teure Farbe, weil eine
Mischung aus Indigo (billig) und Kermes (teuer) nicht möglich war. Violett
ist die Farbe der Bischöfe und
der Buße, der Demut und Eitelkeit, der
Extravaganz, der Magie (Mantel der Zauberer) und Phantasie. Violett ist
Dekadenz und Künstlichkeit im Jugendstil, somit unsachlich und zweideutig.
Violett steht für Luxus und Völlerei, für Sünden der Sexualität, für Magie
und Geheimnis. Violett meint Selbstbezogenheit, Eitelkeit und ist Leitfarbe
für Lesben nun.
Gold: Die Farbe steht für Reichtum, Verblendung und Überfluss, Stolz,
überirdisches Licht der Malerei, Beständigkeit, Glück und Ideale, Pracht,
Festlichkeit und Ruhm. Gold ist nicht vergänglich, Gold ist vornehm. Eher
warm.
Braun: Braun als Farbe ist die heimliche Geliebte (Bauernmädchen, dunkle
Mädchen) und steht für Dummheit, unsympathisch, faul, unerotisch,
Fäulnis, schlecht. Im Raum wirkt Braun gemütlich, geborgen, erdig. Braun
ist die Farbe mit stärkstem Aroma, geht hin bis zu spießig und bieder, arm.
Nationalsozialismus: Braun war dominant in der Männermode. Braun hat
eine Patina des Vergänglichen, ist altmodisch, steht für körperliche Bedürfnisse, für Sinnlichkeit und Bequemlichkeit.
Grau: Diese Farbe changiert von mittelmäßig, langweilig und theoretisch zu
trüb, unfreundlich, grausam und grauenhaft (aus Gestalten des Schattenreichs), gefühlsarm, introvertiert, farbenblind, alt und vergangen, arm und
bescheiden, minderwertig und gefangen, bei Nacht sind alle Katzen grau
(Wolfgang Borchert), graue Eminenzen, Neutralität.
Silber: Die Farbe ist rasant doch zweideutig. Sie ist kühl distanziert, schnell,
gediegen und edel. Silber ist nicht so verbraucht wie Gold und eher kühl.
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DESIGN AN SICH
Orange: Orange gibt billige Modernität, Aufdringlichkeit, Vergnügen, schafft
Übergangsräume, ist extravertiert, bereitet Vergnügen. Orange ist die
lustige, gesellige, zweite Farbe der Energie. Sie ist Farbe des Buddhismus:
Farbe des Wandels, weil Gelb die Vollkommenheit und Rot Glück und Macht
bedeuten. Orange ist eine Sicherheitsfarbe für Bauarbeiter, weil es auffällig
ist.
Rosa: Die Farbe der Kinder, zärtlich, zart, kindlich, süß, kitschig, aber auch
die Farbe der alten Tanten: Altrosa. Altbacken und weich. (Heller 2002)
Farbassoziationen sind mannigfaltig und sehr verschieden. Für jede Farbe
lassen sich verschiedenste und widersprechende Assoziationen nennen, die
dennoch in einem Kulturkreis alle geläufig sein können. Farbassoziationen
sind einem kulturellen Wandel unterworfen. Die Vereinnahmung einer Farbe
durch eine politische Partei zum Beispiel oder durch ein Unternehmen,
verändern Farbassoziationen mitunter grundlegend. So sind historisch
betrachtet Farben mal positiv mal negativ konnotiert, obwohl sie die selben
Farben sind.
Ob eine Farbe als arm oder reich gilt, hängt davon ab, ob Reiche diese
tragen, also verwenden. Und sie verwenden die Farbe dann gerne, wenn sie
sie schwer zugänglich ist: so heben sie sich vom Volke ab. Die Farbe ist
dann
aufgewertet.
In
einer
demokratischen
Gesellschaft
mit
einem
prinzipiellen Zugang zu allen Farben für Alle, lassen sich Farbsymboliken
nicht leicht eindeutig festlegen. Farben und ihre Denotationen unterliegen
dem freien Spiel der Kräfte um Bedeutungen, ändern sich rascher als in
Diktaturen, die sich auf eine Farbe festlegen müssen, damit Einheit und
Bezugsgröße dargestellt werden kann. Der Symbolwert von Farben ist in
Demokratien geringer, immer wieder tauchen neue Gruppierungen auf, die
neue Farben pushen. Und so sie sich durchsetzen können, steht ihre
gewählte Farbe dann für ihre Ideen, für ihre Marke. Farben können
erfunden werden und insofern auch patentiert. Die Patentierung garantiert
eine Überdauerung der Farbsymbolik in bewegten Zeiten: Palmersgrün.
Wie aus manchen Schilderungen ersichtlich (vgl. Rot: Rosa: zärtlich bis
kitschig, je mehr Schwarz, desto mehr schlägt die Assoziation um in Hass,
das gerade Gegenteil) ist für Design neben der Berücksichtigung der
eigentlichen
Farbe,
der
Hauptfarbe,
auch
die
Berücksichtigung
der
Nebenfarbe überaus relevant. Auf den Ton (hier: Tönung) kommt es an,
FA R B E
also die rechte Mischung. Die Nuancen (der Assoziation) ergeben sich aus
einer Mischung mit Schwarz oder Weiß, was nicht bedeutet, dass andere
Farben sich daraus ergeben. Weiters ist ersichtlich, dass bei manchen
Farben keine Assoziationsaufstellung zu finden ist, wie etwa Lila oder
Türkis. Dies hat damit zu tun, dass diese Farben sehr häufig unterschiedlich
benannt und damit interpretiert werden. Was für manche Türkis ist, ist für
andere noch grün oder blau. In diesen Fällen bedarf es stärker noch als bei
den hier beschriebenen Farben einer individuellen Auslegung.
5|4 Instrumentarien zur Erstellung von Harmonie
Von da Vinci (1452-1519), über Newton (1642-1727), Goethe (1749-1832)
und Munsel (1858-1918), bis hin zu Ostwald (1853-1932) und Itten (18881967) gab es in der Geschichte zahlreiche Versuche, ein naturwissenschaftliches und objektiv begründbares Ordnungssystem für Farben zu
schaffen. Sir Isaac Newton war der erste, der Sonnenlicht durch ein Prisma
schickte und in seine farbigen Bestandteile zerlegte. Newton war zog als
Grundlage für seinen Farbkreis Spektralfarben heran. Er zeichnete einen
Kreis, ordnete die Spektralfarben darauf an und schloss die Lücke zwischen
Rot und Violett mit Magenta (Purpur). Insofern folgt Roman Liedl großen
Vorbildern in dem Bestreben, Farben zu kategorisieren, harmonische
Kombinationen zu finden. Er entwickelte eine Systematik der Winkelharmonien.
Zur Erstellung und Handhabung von Harmonien hat Liedl einen Farbkreis
entwickelt aufgrund dessen durch kognitive Entscheidung möglich ist, zu
harmonischen Farbkombinationen zu gelangen. Diese Möglichkeiten werden
Winkelharmonien
genannt.
Bestimmte
Winkel
am
Farbkreis
ergeben
harmonische Kombinationen, andere Winkel erzeugen in der Farbwirkung
Disharmonie. Zu beachten dabei ist: im symmetrischen Farbkreis sind Blau
und Gelb einander gegenübergestellt, im Liedl’schen jedoch Violett und
Gelb. Im symmetrischen Farbkreis sind Rot und Cyan gegenübergestellt, im
Liedlschen jedoch Rot und Türkis!
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146
DESIGN AN SICH
5|4|1 Die Zweier-Harmonie
Als
Maß
zur
Erzeugung
von
Winkelharmonien
dient
zunächst
der
Winkelkontrast, der den Winkel zweier Farben am Farbkreis beschreibt.
Viele Kombinationen sind möglich, doch nur manche Konstellationen
erzeugen Harmonien. Stehen sich die Farben im Farbkreis gegenüber (beschreiben sie also einen Winkel von 180°) spricht man vom Komplementärkontrast, nach Liedl die Zweier-Harmonie. Dieser Komplementärkontrast ist
in der Winkelharmonie entscheidender Ausgangspunkt für alle weiteren
Harmonien.
Abb. 61, Zweier-Harmonie nach Liedl
5|4|2 Die Dreier-Harmonie
In der Dreier-Harmonie wird ein 180°-Winkel in gleichem Winkelkontrast zu
den links- und rechtsnebenliegenden Farben hin aufgesplittet. Auch die
wieder um ein weiteres mit gleichem Winkel verschobenen Farben rechts
und links werden eine Dreier-Harmonie ergeben31, jedoch darf der
31
In diesem Kontext wird auch von Teilkomplementärfarben oder Farbdreiklängen gesprochen
(Holzschlag 2002).
FA R B E
maximale Winkelabstand nur ein wenig mehr als 120° beschreiben. Die
Farben sind am Farbkreis so angeordnet, dass durch angegebene Winkel
das Harmoniespektrum angegeben werden kann.
Abb. 62, Dreier-Harmonie nach Liedl
5|4|3 Die Vierer-Harmonie
Eine zusätzliche Möglichkeit zur Erzeugung von Harmonien bietet die ViererHarmonie, bei der der 180°-Winkel jeweils an beiden Enden nach rechts und
nach links gesplittet wird. Hierbei ist es notwendig, die gleichen Winkel für
die Farbwahl anzunehmen. Wird ein Winkel bestimmt, so ergeben sich
entlang der 180°-Achse winkelgleich harmonische Farben: in diesem Fall
vier.
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DESIGN AN SICH
Abb. 63, Vierer-Harmonie nach Liedl
5|4|4 Die Fünfer-Harmonie
Die Fünfer-Harmonie splittet den 180°-Winkel in je zwei links und rechts
daneben liegende Farben, nimmt eine auf der 180°-Achse liegenden Achse
hinzu. Daraus ergeben sich am Farbkreis miteinander harmonierende
Farben.
5|4|5 Die Sechser-Harmonie
Manchmal werden 6 Farben benötigt, in diesem Fall kann wie in der FünferHarmonie vorgegangen werden. An einer angenommenen 180°-Achse
werden die Spiegelungen links und rechts hinzugezogen plus zwei Farben
entlang der 180°-Achse.
FA R B E
Abb. 64, Fünfer-Harmonie nach Liedl, Sechser-Harmonie nach Liedl
Will man mit diesen Harmonien eine gewisse Spannung erzeugen, so ist
dies sehr leicht, indem Abweichungen zum Regelmäßigen gesucht werden,
also die 120°-Marke überschritten wird. Maß und Ziel (Akzentuierung)
werden hierbei eine große Rolle spielen, da am Screen sehr schnell das
Gefühl von Grell- oder Buntheit (Reizüberflutung) generiert wird. Auf WebSites wirken Zweier- und Dreier-Harmonien sehr gut, sind es mehr, ist es
ratsam,
diese
in
kleinen Elementen
(Navigation,
Bilder,
Logo
etc.)
einzusetzen und innerhalb dieser kleinen Einheiten Harmonien zu suchen,
um eine überladene Farbgebung zu vermeiden. Sparsam eingesetzte
Akzente und Eyecatcher, so erforderlich, lassen sich am besten mit
Komplementärfarben bewerkstelligen.
5|4|6 Die Auffächerung
Ein weiteres stilistisches Mittel der Winkelharmonie ist die sogenannte
Auffächerung. Auch hier wird vom Komplementärkontrast ausgegangen und
eine oder zwei Farben in mehrere Farbtöne innerhalb der Farbfamilie
gefächert.
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DESIGN AN SICH
5|4|7 Die beidseitige Auffächerung
Die beidseitige Auffächerung spiegelt die Fächerung nach beiden Seiten.
Abb. 65, Auffächerung, Beidseitige Auffächerung nach Liedl
5|4|8 Die Auffächerung als Farbverlauf
Auf manchen Web-Sites werden Farbverläufe eingesetzt, was nichts anderes
ist, als eine fein aufgegliederte Auffächerung. Es werden jene Farben aus
dem Farbkreis gewählt, die dicht beieinander liegen, in der Differenzierung
also aufgefächert eingesetzt werden.
5|4|9 Farbreihen
Eine weitere Möglichkeit, einen harmonischen Farbeindruck zu erzielen, sind
Farbreihen32. Farbreihen ergeben auch dann noch einem harmonischen
Eindruck, wenn keine Winkelharmonie vorliegt. Bei Farbreihen handelt es
32
Auch Analoge Farben genannt. Sie stehen in schwachen Kontrast zueinander.
FA R B E
sich um aneinandergereihte Flächen, deren Farben sich stufenweise und
systematisch ändern. Stufenweise heißt hier, in kleineren Schritten als dem
90°-Winkel vorzugehen.
Abb. 66, Farbreihen nach Liedl
Farbreihen können auch im Einklang mit der Winkelharmonie stehen (rechte
Abbildung). Um diesen Einklang zu erzielen, wählt man so viele Farben,
dass sie die Hälfte oder mehr des Farbkreises einnehmen. So erfüllen sie
zudem die Anforderungen der Winkelharmonie, weil der Komplementärkontrast integrativer Bestandteil der Gesamtkomposition ist.
5|4|10 Wiederholungen
Ein weiteres Instrumentarium der Farbharmonie sind Wiederholungen, wie
etwa Texturen oder Kachel. Wiederholungen wirken auch dann harmonisch,
wenn es sich um zueinander in Disharmonie stehende Farben handelt. Ist
dies aus Platzgründen etwa nicht möglich, genügt es oft die Farben und
deren Anordnungen zu wiederholen. Möglicherweise wird die harmonische
Hinzunahme einer dritten Farbe vonnöten sein. Siehe Bildbeispiel 1 unter
Farbe auf http://www.kamaga.com/design
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DESIGN AN SICH
5|5 Instrumentarien des Widerstreits
5|5|1 Der Mengenkontrast
Der Mengenkontrast beschreibt das (ungleiche) Verhältnis zweier (oder
mehrerer) Farbflächen zueinander, wo einer großen Fläche in beliebiger
Farbe eine kleine Fläche einer anderen Farbe gegenüber steht. Wie groß die
Flächen jeweils und zueinander sind, ist produktabhängig. Die kleine Fläche
sollte 20% der großen Fläche nicht überschreiten und noch klar sichtbar
sein. Auf diese Weise lassen sich mit unterschiedlichen Farben harmonische
Wirkungen erzielen.
5|5|2 Der Hell-Dunkel-Kontrast
Dieser Kontrast beschreibt die Helligkeit einer Farbe und wird auch Tonwert
genannt. Sich dieses Mittels zu bedienen bedeutet, Spannung, also einen
positiven Widerstreit zu erzeugen. Wird dieser Kontrast nicht eingesetzt,
erzeugt dies häufig den Eindruck von Plattheit.
Mischungen mit Schwarz oder Weiß können den Tonwert der Grundfarben
verändern, ohne dabei die Winkelharmonien zu beeinflussen und die
wahrscheinlich probateste Methode, den Hell-Dunkel-Kontrast z.B. einer
Web-Site
zu
bestimmen,
ist
selbige
in
Grauwerte
(Schwarz-Weiß-
Darstellung) umzuwandeln.
5|5|3 Der Bunt-Unbunt-Kontrast
Das wesentliche Kriterium dieses Kontrastes ist die Strahlkraft der Farben,
die jedoch per se sehr subjektiv interpretiert wird. Kräftige Farben erwecken
einen strahlenden Eindruck während gedämpfte Farben eher geringe
Strahlkraft besitzen. Man neigt dazu, kräftigen (reinen) Farben eher das
Attribut der Buntheit und Farben, die mit Weiß, Schwarz oder Grau
gemischt wurden, eher wenig strahlende Wirkung zuzuschreiben. Durch
eine gemeinsame Verwendung ergibt sich ein Kontrast.
FA R B E
5|5|4 Der Kalt-Warm-Kontrast
Dieser Kontrast ergibt sich durch die Gegenüberstellung einer Farbe mit
sogenannten
kalten
und
warmen
Farben,
wie
sie
sich
(individuell
unterscheidend) aus Assoziationen ergeben. Modulationen aus dem RotOrange-Bereich werden überwiegend als warm empfunden, Blau-WeißSchwarz-Modulationen eher mit Kältewirkungen assoziiert. Problematisch
sind die Übergangsbereiche Gelb-Lind und Violett-Lila, die von vielen
Menschen per se unterschiedlich wahrgenommen werden.
Siehe Bildbeispiel 2 unter Farbe auf http://www.kamaga.com/design
5|6 Instrumentarien des Mittelwegs
Gehen wir davon aus, es sind einige Farben in einem bestimmten Verhältnis
zueinander gewählt und konstruieren wir die Frage, ob es nun besser ist,
mit der Harmonie oder mit den Kontrasten zu arbeiten: Wir werden keine
Antwort finden. Denn obschon in der Methodik Kontrast und Harmonie
separat behandelt und beschrieben wurden, ist in der Praxis eine
Vermengung der beiden gängig. Liedl löst das Problem, indem er von
Harmoniekontrast spricht, also zwei an sich widersprüchliche Begriffe in
einem zusammenfasst und damit dem gerecht wird, was linear nicht
denkbar
ist:
kreatives
Gestalten.
Und
wenn
alle
Kontraste
und
Winkelharmonien angewendet wurden, so ist dies für Liedl harmonisch und
die Methode des maximalen Kontrastes wurde verfolgt. Freilich klingt dies
nun leichter als es ist, denn handelt es sich um mehr als zwei Farben, bleibt
die Frage der Verteilung dennoch offen. Für dieses Problem wurden
folgende Orientierungshilfen formuliert:
1. mindestens zwei der Flächen sollen einen Hell-Dunkel-Kontrast haben,
alle drei, vier, fünf etc. Flächen sollen miteinander eine Winkelharmonie
bilden 2. mindestens zwei der Flächen sollen einen Bunt-Unbunt-Kontrast
bilden 3. mindestens zwei der Flächen sollen einen Mengenkontrast bilden.
Siehe Bildbeispiel 3 unter Farbe auf http://www.kamaga.com/design
153
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DESIGN AN SICH
Welcher Zugang einer DesignerIn auch immer entgegen kommen mag, sich
eher an Farbassoziationen zu orientieren oder eher an Farbharmonien, was
sich
durchaus
in
manchen
Fällen
widersprechen
kann,
ist
es
die
Entscheidung der DesignerIn selbst. Auch hier wird die eigene Individualität
in der Priorisierung von Vorgangsweisen entscheiden. Primär kann mit einer
durchdachten
Mengenverteilung
eine
wirkungsvolle
Mischung
erzielt
werden.
Farben und Farbzusammensetzungen, Farbkombinationen bewerten Information.
Gradierungen
RezipientInnen.
von
Abstufungen
Farben
einer
ermöglichen
Farbe
lassen
Orientierung
für
Nachrangigkeit
und
Trennung von Inhalten gleichermaßen und in Einem perzipieren. Der
Informationswert einer Site entsteht nicht zuletzt durch gezielten Einsatz
von
Farben
und
deren
gezielten
Graduierungen.
Dies
bedeutet
für
DesignerInnen, dass Farben immer auch bezüglich der Information, die sie
bereitstellen, bedacht werden. Worüber informiert welche Farbe, worüber
informiert welche Abstufung? Sukzession oder Wechsel? Sind verwendete
Farben entsprechend abgestuft und geplant zum Einsatz gebracht, bauen
sie Information gezielt auf und erleichtern dadurch die Erfassbarkeit der
Details.
Zur webgerechten Veranschaulichung des Kapitels Farbe ist aufgrund der
CMY-RGB-Differenz das Format Buch ungeeignet. Aus demselben Grund
heraus wurde das vorliegende Buch ausschließlich Schwarz-Weiß gehalten.
Nähere und webgerechte Beispiele finden sich daher ausschließlich unter:
http://www.kamaga.com/design