Rein Schiff oder Warum mussten die Seeleute immer das Deck
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Rein Schiff oder Warum mussten die Seeleute immer das Deck
ReinSchiff oderWarummusstendieSeeleuteimmerdasDeckschrubben? Nur um es sauber zu halten? Oder machte das Salzwasser das Holz des Schiffes kaputt? So fragte ein maritim interessierter Laie in einem Internetforum1 und erhielt aus dem Kreise der Forumsmitglieder die umfassende Antwort: „Meiner Meinung nach handelte es sich hierbei um eine Form von Beschäftigungstherapie. Auf Kriegsschiffen waren immer wesentlich mehr Seeleute stationiert als zur Bedienung des Schiffes wirklich gebraucht wurden. Die Masse wurden erst im Gefecht gebraucht oder um Ausfälle zu ersetzen. Gleichzeitig war für den Einzelnen an Bord sehr wenig Platz und praktisch keine Privatsphäre vorhanden; von Einrichtungen für Freizeitaktivitäten ganz zu schweigen. Wenn man da nicht irgendwie beschäftigt wird, langweilt man sich und fängt irgendwann Streit an. Hierunter leidet dann die Disziplin. Das kann bis zur Meuterei gehen.“ Neben militärischen Übungen war ständige Pflege des Schiffes einfach willkommener Anlass um viele Leute sinnvoll zu beschäftigen. Deckschrubben war insofern ideal, weil es viele Leute gleichzeitig über Stunden beschäftigt. „Müßiggang bringt nur auf dumme Gedanken“ Dazu bemerkt Wolfgang Wiedenmann, PIEKFALL-Redakteur und Steuermann auf der ROALD AMUNDSEN: „Ob es wirklich so war, dass Deckschrubben zur Abwehr von Langeweile dienen sollte, weiß ich nicht, ich halte es nach meinen Kenntnissen dieser Zeit allenfalls für einen Nebengrund. Konservierung des Holzdecks und Glätten wg. der bloßen Füße der Seeleute war sicher ein wichtiger Grund. Und Sauberkeit an und unter Deck war immerhin eins der wenigen Mittel gegen Seuchen an Bord. Kriegsschiffe sind gegenüber Handelsschiffen deshalb so stark bemannt gewesen, weil Geschütze und Takelage im Gefecht gleichzeitig bedient werden mussten - rasches Manövrieren gehörte zur Gefechtstaktik. Und meist mussten erste Gefechtsschäden noch oben gleich repariert werden (ehe die Masten umgeschossen waren..), auch das war Mannschafts-aufwendig. Vor allem: Bedienung der Takelage und der Geschütze musste auf den Schiffen ständig geübt und gedrillt werden, weil in Kriegen immer ein Großteil der Besatzungen "gepresste" Ungelernte und Sträflinge waren, die angelernt werden mussten, das hat unterwegs die meiste Zeit und die meisten Kräfte gebraucht, auch nachdem alles einigermaßen klappte wurde das immer wieder geübt; u.a. die englische Navy war berühmt für ihr präzises Manövrieren mit den Riesenschiffen - also es gab eher keine Langeweile ! In Friedenszeiten waren die meisten Schiffe abgetakelt und eingemottet, da genügte für die wenigen in Fahrt gebliebenen Schiffe die vorhandenen ProfiBesatzungen - Seeleute waren dann sogar in Massen arbeitslos.. Bei Kriegsausbruch wurde jeweils plötzlich bis zum Zehnfachen oder mehr der Friedensstärke aufgerüstet, dann fehlte ausgebildete Crew“. Handelsschiffe waren nur mit so vielen Seeleuten besetzt wie auch wirklich zum Segeln benötigt wurden (Stichwort: Personalkosten). Um das Schiff immer „shipshape„ gut in Schuss zu halten, musste stets repariert und gepflegt werden. Dazu gehörte auch das häufige Bearbeiten des Holzdecks mit einem Bimsstein, den sogenannten „Gebetbuch“. So bleibt es glatt und es entstehen keine Splitter, zumal die Seeleute „Barfuss“ liefen, sobald die Temperaturen das zuließen. In tropischen Gefilden war das Wässern des Decks unumgänglich, um es vor dem Austrocknen und damit Undichtigkeiten zu bewahren. Außerdem „conserviert“ Salzwasser das Holz. Deshalb war das Decksschrubben eine immer zu wiederholende Wartungsarbeit auf einem Schiff mit Holzbeplankung. Es gehörte zur Bordroutine. Es wurde natürlich auch zur Reinigung, zum Beispiel nach dem Löschen staubiger Ladung geschrubbt: 1 http://www.wer‐weiss‐was.de „Schon am Vierten Tage war man aus dem Gröbsten, und die schmutzigste Arbeit war beendet. Am nächstfolgenden Tage brach eine wahre Sintfluth über das Schiff herein. Besen Bürsten, Lappen, Scheuersteine und unendlich viel Wasser aus Bütten, Eimern, Pumpen und Spritzenfeierten einen wahren Hexensabbat vom Topp bis zum Kiel; aber dafür schälten sich auch aus der Schmutzhülle bald die sauberen Decksplanken heraus, welche die heiße Sommersonne in kurzer Zeit blendend weiß bleichte.“2 Deckschrubben Der Kapitän hört, wie ein Matrose zu einem anderen sagt, daß er den „Fußboden“ schrubben soll. Darauf brüllt der Kapitän los: "Wir sind hier auf einem Schiff, und hier heißt das nicht Fußboden sondern Deck, und wenn ihr euch das nicht endlich mal merkt, dann werf' ich euch durch das kleine, runde Fenster dahinten!" Gerd Büker, Schiffshistorisches Archiv Flensburg Literatur : Kusk Jensen, Seemanschaft, Nachdruck Kiel 1989 J.Garrn, Handbuch für Decksleute auf Traditionsseglern, Hamburg 2004 Wossidlo, Reise Quartier in Gottes Naam, Rostock 1969 John Harland, Seamanship in the Age of Sail, London 1984 Darcy Lever,The Young Officers Sheet Anchor, London 1819 Nachdruck N.Y. 1998 Zeichnungen Marinemaler T. Lindtner in: Vize-Admiral von Henk, Zur See, Hamburg, 1884 Diese Cartoons sind aus der Erinnerung sinngemäß nachgezeichnet nach Cartoons , aus den 1970er oder frühen 1980er Jahren. Damals gab es noch das Satiremagazin PARDON oder war es gar im PLAYBOY ? Wer kann sich an diese Cartoons noch erinnern, woher stammen sie? War es Halbritter oder ?? Sachdienliche Hinweise insbesondere eine Quellenangabe werden mit einem Fläschchen vom Feinsten Flensburger RUM aus der letzten in Flensburg verbliebenen RUM-Destille belohnt. Hinweise bitte an g.bueker@t‐online.de Curator www.schiffshistorisches‐archiv.de 2 Vize‐Admiral von Henk, Zur See, Hamburg