Wer kennt wen? - Universität Würzburg
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Wer kennt wen? - Universität Würzburg
BLICK 04 - 2009 Wer kennt wen? Internationale Kontakte waren in der Wissenschaft schon selbstverständlich, als es das Schlagwort „Globalisierung“ noch gar nicht gab. Solche Kontakte zu knüpfen und zu pflegen, ist für Professoren sehr wichtig – besonders, wenn sie in internationalen Forschungsverbünden mitarbeiten wollen. thema B 42 estens international vernetzt ist Professor Phuoc Tran-Gia vom Institut für Informatik der Universität Würzburg. Das muss er auch sein, denn sein Forschungsgebiet ist stark länderübergreifend ausgerichtet: Es geht darum, das Internet zukunftsfähig zu machen. Das weltweite Netz nutzen die Menschen so intensiv wie nie zuvor: Sie telefonieren übers Internet, schreiben E-Mails, laden Musik herunter, sehen Filme an. Und der Datenverkehr wächst weiter: Etwa alle 18 Monate verdoppelt er sich. Das reizt die Belastungsgrenzen des Internet mehr und mehr aus. Denn immer noch basiert es auf einer Struktur, die vor über 40 Jahren entwickelt wurde – als noch niemand von StudiVZ, YouTube, Skype oder Twitter auch nur etwas ahnte. Das Internet braucht eine zukunftsfähige Architektur Eine Renovierung des Internet ist also nötig, damit es auch in zehn Jahren noch funktioniert. An der Erneuerung seiner Strukturen arbeiten Wissenschaftler aus aller Welt. Klar, dass sie bei diesem umfassenden Problem nicht alleine vor sich hinforschen. Stattdessen entwickeln sie die zukunftsfähige Architektur des Internet in großen Verbünden. Professor Tran-Gia ist einer der wichtigen Impulsgeber auf diesem Gebiet. Der gebürtige Vietnamese hat zahlreiche Forschungsprojekte mitinitiiert und vorangetrieben – unter anderem EuroNF, das derzeit größte Netzwerk der Internet-Experten in Europa: 35 Institute aus 16 Ländern sind daran beteiligt; die Europäische Union unterstützt das Netzwerk finanziell. So viele Beteiligte aus so vielen Nationen: Wie kommen die Partner zusammen, wie bleiben sie in Verbindung? Wenn jemand darüber Bescheid weiß, dann Tran-Gia: Er ist schon seit 1977 in der Internet-Branche tätig und hat in dieser Zeit zahlreiche Kontakte ge- knüpft – alles in allem wohl an die tausend, schätzt er. Mit etwa 40 Personen unterhält er enge wissenschaftliche und auch freundschaftliche Kontakte; mit rund 200 Kollegen steht er in einem sehr aktiven, rein fachlichen Austausch. „Die Kunst besteht darin, die vielen Kontakte gut zu pflegen“, sagt der Professor. Dabei gelte es auch aufzupassen, dass die Kontakte zahlenmäßig nicht ausufern. „Manche Dinge, die einen fachlich nicht mehr so stark interessieren, muss man langsam ausklingen lassen, damit Platz für Neues entsteht.“ Bevor Phuoc Tran-Gia nach dem Studium in Stuttgart und der Promotion in Siegen 1988 die universitäre Laufbahn einschlug, war er in der Industrie tätig. Unter anderem arbeitete er für das Unternehmen IBM in Zürich. Dort lernte er auch den Leiter der Abteilung für Datenkommunikation kennen, und mit ihm steht er noch immer in enger Verbindung: Der ehemalige IBM-Manager ist heute an der Universität von Princeton in den USA. „Solche Kontakte zu früheren Kollegen unterhalten wir mannigfaltig“, sagt der Professor. Dann sind da noch all die Doktoranden, die er an seinem Lehrstuhl ausgebildet hat und die woanders Karriere machten. „Einer unserer Ehemaligen zum Beispiel ist Professor in Japan. Er kannte wiederum jemanden aus Korea, der Kontakt zu einer Gruppe mit unserer Expertise gesucht hat. So kamen wir am Ende fachlich eng mit den Kollegen in Korea zusammen.“ Wissenschaftler sollten frühzeitig Kontakte knüpfen Manche Kooperationsgesuche, die bei Tran-Gia einlaufen, gibt er direkt an seine Mitarbeiter weiter, wenn die Interessensgebiete zusammenpassen. „So bekommt man sehr früh mit, wie Kontaktpflege funktionieren kann, und betreibt sie als Teil seiner eigenen Arbeit weiter“, sagt Dr. Michael Menth, Leiter einer Arbeitsgruppe bei Tran-Gia. Für das Gelingen der wissenschaftlichen Karriere sei das wichtig. „Wenn jemand erst nach seiner Dissertation damit anfängt, Kontakte zu suchen, dann ist das nicht optimal“, sagt der Professor. Auf Tagungen bekommen Wissenschaftler viele Kontakte. Und Kontakte helfen ihnen auch bei der Ausrichtung von Tagungen. Ein Beispiel dafür nennt Michael Menth, der in jüngster Zeit einige internationale Konferenzen mitorganisiert hat. Eine davon war der International Teletraffic Congress, auf dem sich im September 2009 Internet-Experten aus aller Welt in Paris trafen. „Im Vorfeld gingen rund 180 Papers ein, die für die Endauswahl zu begutachten waren. Für jedes Paper hatten wir drei Gutachter zu finden, und meine Kontakte haben mir diese Aufgabe ungemein erleichtert“, sagt Menth. Persönliche Treffen sind immer noch unverzichtbar Die Würzburger Informatiker kooperieren mit Forschern in USA, Japan, Neuseeland und anderen Nationen: Wie kommunizieren sie, wie halten sie Kontakt? Natürlich schreiben sie E-Mails und führen Telefonate. Sie wären aber keine Informatiker, wenn sie nicht auch andere Wege nutzen würden: zum Beispiel LinkedIn; das ist ein Online-Netzwerk wie Facebook. Bei all den modernen Mitteln sind sicher überhaupt keine Reisen mehr nötig, um Kontakte zu pflegen. Dieser Aussage widerspricht Tran-Gia umgehend und vehement: „Persönliche Treffen sind immer noch unverzichtbar!“ Denn auch bei wissenschaftlichen Kontakten spielen zwischenmenschliche Töne eine große Rolle. Töne wie Wertschätzung und Sympathie, die sich per E-Mail und Telefon nicht übermitteln lassen. „Kontakte sind für mich ein Netz aus Vertrauen“, sagt Professor Tran-Gia. „Ich pflege sie, weil ich es möchte. Nicht weil ich mir etwas davon verspreche.“ Robert Emmerich