Aktueller Fachartikel zum Thema „Diät bei MS“ im Magazin lidwina

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Aktueller Fachartikel zum Thema „Diät bei MS“ im Magazin lidwina
M A G A Z I N für
Menschen mit und ohne MS
Nr. 3 / Nov. 2012
ABNEHMEN
Diäten auf dem Prüfstand
ALLGÄU
Erholsam und einfach schön
IM BLICK
MS in Film und Fernsehen
BETAPLUS® 2012
Injektionsmanagement –
ein Highlight unter
vielen in 2012
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Copingstrategien helfen
2,50 € Schutzgebühr
Ein besonderer Film
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Impressum
lidwina – Heft 3, November 2012
lidwina erscheint in Deutschland
und den Niederlanden
Verlag und Herausgeber: Kunst- und
Werbedruck, Bad Oeynhausen
Chefredaktion: Friederike Rausch,
M.A. (V.i.S.d.P.)
Redaktion: Michael Grüß,
Jochen Gutjahr, Ann-Madeline Pfister
Autoren dieser Ausgabe:
Dr. Zoltan Biro, Jochen Gutjahr,
Ann-Madeline Pfister,
Friederike Rausch, Wolfgang Zöller
Gestaltung: tack-graphik, Berlin
Druck: Kunst- und Werbedruck,
Bad Oeynhausen
Postanschrift der Redaktion:
Redaktionsservice Friederike Rausch
Christianstraße 56, 50825 Köln
Tel.: 0178 - 402 44 15
E-Mail: [email protected]
lidwina kann kostenfrei
abonniert werden:
Tel.: 0800 - 2 38 23 37
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Mit freundlicher Unterstützung
der Bayer Vital GmbH
www.ms-gateway.de
nun ist es schon wieder so weit – das Jahr neigt sich dem Ende zu
und wir bereiten uns auf die Winterzeit vor. Daher haben wir gerne den Hinweis unseres Lesers Jürgen Klopfer aufgegriffen, der eine
Reise ins Allgäu unternommen hat. Dieser Landstrich Deutschlands
bietet etwas für alle Jahreszeiten. Im Winter lässt es sich dort herrlich entspannen: Die einen mögen’s sportlich, da heißt es „Ski und
Rodeln gut“, die anderen lassen sich vielleicht lieber bewegen und
genießen die herrliche Landschaft während einer Schlittenfahrt. Romantische Weihnachtsmärkte locken die Besucher und das ein oder
andere Geschenk lässt sich hier vielleicht erstehen. Aber auch für die
restliche Zeit des Jahres hat das Allgäu viel zu bieten.
Winterzeit, das ist auch für viele die Zeit, sich mit Kino und Kultur zu
beschäftigen: Hier haben wir einen Hinweis auf einen besonderen
Dokumentarfilm: NORA ist ein Film über eine besondere Familie mit
ihrem ganz speziellen Alltag. Der Film wurde während der Internationalen Filmfestspiele gezeigt und gewann dabei einige Preise.
Das Thema Film begleitet uns in diesem Heft auch noch in einer weiteren Fragestellung: Prof. Dr. Axel Karenberg von der Universität
Köln hat untersucht, wie die Krankheit MS in Filmen dargestellt wird
und mit welcher Zielrichtung sie in den Film- und Fernsehproduktionen auftaucht. Die Ergebnisse stellen wir Ihnen hier vor.
Winterzeit, das ist auch die Zeit, in der Essen nicht nur Nahrung für
den Magen, sondern manchmal auch Nahrung fürs Herz ist. Plätzchen & Co. schmecken ja so gut! Aber wie verliert man die Pfunde,
die sich im Laufe der Zeit auf Hüfte und Bauch angesammelt haben?
Wir haben Dr. Zoltan Biro gefragt, worauf man als MS-Betroffener
bei Reduktionsdiäten achten sollte.
Lassen Sie es sich gut gehen!
Nachdruck, Aufnahmen in Onlinedienste und Internet sowie
Vervielfältigung auf Datenträgern nur mit schriftlicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangt eingesandte Bilder,
Manuskripte und Waren übernehmen wir keine Haftung.
Alle Angaben erfolgen nach bestem Wissen und ohne Gewähr. Leserbriefe werden ggf. gekürzt wiedergegeben.
Wir behalten uns vor, Leserbriefe im Internet unter www.
ms-gateway.de zu veröffentlichen. Die angegebenen Internetadressen wurden vor Drucklegung überprüft. Für
nachträgliche Änderungen übernimmt die Redaktion keine Gewähr. lidwina erscheint drei Mal jährlich.
ISSN 1614-7863
Friederike Rausch
Chefredakteurin lidwina
Stress
abbauen
MS
im Film
Nora –
ein besonderer Film
Manchmal kommt es zu schweren
Krisen und Veränderungen im Leben.
Wie kann man damit umgehen, und wie
entsteht der Stress, den diese Veränderungen mit sich bringen?
Seite 4
Dr. Axel Karenberg hat nachgefragt,
welche Themen dabei bevorzugt
umgesetzt werden und mit welcher
Zielrichtung die Krankheit MS
im Film auftaucht.
Seite 8
NORA ist ein Dokumentarfilm über
eine besondere Familie mit ihrem speziellen Alltag. Der Film hat international Preise gewonnen und läuft in
Deutschland zumeist in Studiokinos.
Seite 14
Diät
bei MS
Allgäu –
zeitlos schön
Gesundheitssystem
gerechter gestalten
Manchmal reicht eine gesunde Ernährung allein nicht aus, um den Polstern an
Hüfte und Bauch zu Leibe zu rücken –
dann ist eine Diät notwendig. Aber worauf sollte man als MS-Patient achten?
Seite 18
Urlaub im Allgäu ist vielfältig, aufregend, anregend erholsam und einfach
schön. Heinz-Jürgen Klopfer, lidwinaLeser und MS-Betroffener, hat uns diesen Landstrich nahegelegt.
Seite 22
Wolfgang Zöller, Patientenbeauftragter der Bundesregierung, erklärt, worin er seine Aufgabe sieht und wo er
besonderen Handlungsbedarf im Sinne
der Patienten sieht.
Seite 25
Rubriken:
Helden des Alltags Seite 13 // BETAPLUS® Seite 16 // Ernährung
Leserforum Seite 31 // Vorschau Seite 32 //
Seite 29 //
4
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Titel
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abb
Copingstrategien helfen.
„Leben heißt, es mit etwas zu tun zu haben – mit der
Welt und mit sich selbst.“1 ... und genau das macht es
uns manchmal so leicht und manchmal so schwer!
Titel
Wir leben in der Welt mit un-
seren Erfahrungen, mit unseren Träumen, mit unseren Wünschen und Erwartungen ans Leben.
Und dann macht uns „das Leben“
manchmal einen Strich durch die
Rechnung: Krankheit, existenzielle
Bedrohung, der Verlust eines geliebten Menschen – es gibt so viele
Gründe für Krisen, wie es Menschen gibt.
Aber das Leben kann sich auch leicht
anfühlen: z.B. mit den Freunden und
nahestehenden Angehörigen, mit unseren Träumen und Wünschen. Die
Welt steckt voller Schönheiten.
Theorie mit praktischem Nutzen
Ein Leben mit Höhen und Tiefen gilt
es zu bewältigen, was die Psychologie als „Coping“ bezeichnet. Und
dieses Coping spielt eine große Rolle
in der Auseinandersetzung des Einzelnen z.B. mit seiner chronischen
Erkrankung und deren Bewältigung.
Zur Bewältigung von Krisen verfügen Menschen über Kraftquellen
– die Ressourcen 2 – aus denen sich
u.a. das individuelle Leben speist.
Die Ressourcen lassen sich in vier
Bereiche einteilen 3:
1. Objektressourcen:
z.B. Kleidung, Auto, Geld, Haus
2. Persönliche Ressourcen: z.B.
Empathie 4, soziale Verantwortung und Netzwerke, Freunde
3. Bedingungsressourcen: z.B.
Autonomie, Beteiligung an
Entscheidungsprozessen,
Familienstand, Arbeitsplatzsicherheit, Gesundheit
4. Energieressourcen:
z.B. Wissen, Zeit, Geld
1
José Ortega y Gasset (1883 – 1955), span.
Philosoph, Soziologe u. Schriftsteller
2
Vgl.: http://de.wikipedia.org/wiki/Ressource
„Eine Ressource ... ist ein Mittel, um eine
Handlung zu tätigen oder einen Vorgang
ablaufen zu lassen.“
3
Vgl.: de.wikipedia.org Ressourcentherorie
4
Vgl.: Duden Fremdwörterbuch, Mannheim
2001: Bereitschaft und Fähigkeit, sich in die
Einstellung anderer Menschen einzufühlen.
lidwina
5
Unsere
KRAFTQUELLEN
Objektressourcen
(Kleidung, Auto, Haus)
Persönliche Ressourcen
(Freunde, Empathie)
Bedingungsressourcen
(Familienstand, Gesundheit)
Energieressourcen
(Wissen, Zeit, Geld)
6
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Titel
COPING
Problemorientiert
Gefühlsorientiert
Bewertungsorientiert
Emotionaler Rettungsschirm
in der persönlichen Krise
Fällt eine der Ressourcen weg, z.B.
durch Krankheit, kann Stress entstehen. Dieser Stress entsteht aber
nicht durch den Wegfall selbst,
sondern durch die Bewertung der
Veränderung. Das heißt, nicht die
chronische Erkrankung allein –
wie z.B. die MS – verursacht den
Stress, sondern die Art, wie wir die
Erkrankung und die Veränderung
für unser Leben bewerten und welche Konsequenzen wir daraus für
die Zukunft ziehen. Die individuellen Reaktionen auf diesen Stress
können sehr unterschiedlich sein:
Bei manchen Betroffenen überwiegen die Depressionen! Daher ist ein
Ziel des Copings und der CopingTrainings, die für chronisch Kranke
und deren Angehörige angeboten
werden5, die vorhandenen persönlichen Kraftquellen zu aktivieren
und mit ihrer Hilfe die Krise zu
meistern.
Wichtig ist es daher, die eigenen
Kräfte zu entdecken und den Lebensmut zurückzuholen! Und damit
wir den Stress beherrschen und er
nicht uns, ist es sinnvoll zu verstehen, „wie wir uns Stress machen.“
Stressmodell nach
Richard Lazarus6
Nach Lazarus entsteht Stress folgendermaßen: Wir werden konfrontiert mit einer Veränderung unserer
Situation und bewerten diese neue
Situation mit ihren möglichen Veränderungen individuell.
Das lässt sich in drei Stufen
beschreiben:
1. Stufe: Die primäre Bewertung:
Die Situation ist unbedeutend
oder unwichtig, oder wir empfinden sie als gefährlich oder bedrohlich. Bei einer bedrohlichen Situation entscheiden wir, ob wir sie als
Titel
Wahrnehmungsfilter
(Selektion)
Primäre
Bewertung
Interpretation
des Stressors
positiv
Umwelt
Reize (Stressoren)
Person
gefährlich
Herausforderung, Bedrohung, Verlust
Sekundäre
Bewertung
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7
Coping
Analyse der verfügbaren Ressourcen
Stressbewältigung
emotionsorientiert
Bezug zur
Situation ändern
mangelnde
Ressourcen
Stress
ausreichende
Ressourcen
problemorientiert
Situation selbst
ändern
irrelevant
Neubewertung
Anpassung
und Lernen
Quelle: de.wikipedia.org/wiki/Stressmodell_von_Lazarus
Herausforderung annehmen, als
echte Bedrohung oder als Verlust
erleben.
2. Stufe: In der sekundären Bewertung entscheiden wir, ob wir diese
Situation mit den eigenen Hilfsmitteln / Ressourcen bewältigen können oder nicht. Reichen die eigenen Ressourcen nicht aus, entsteht
Stress.
3. Stufe: Den Stress, der durch die
eigene Bewertung entstanden ist,
können wir positiv auf verschiedene
Arten bewältigen, z.B. durch:
1. problemorientiertes Coping: Es
geht darum, die Situation genau zu
betrachten, konkret nach Problemlösungen zu suchen, sich zu informieren und damit evtl. Handlungsmöglichkeiten zu erschließen.
2. emotionsorientiertes Coping:
Hierbei steht die Bewältigung der
eigenen Gefühle im Vordergrund,
z.B. eine Nacht darüber schlafen,
die Trauer und den Verlust zulassen
und nicht zu verdrängen, über die
Gefühle sprechen.
3. bewertungsorientiertes Coping:
Diese Form des Copings zielt darauf ab, die entstandene Belastung
nicht zu verleugnen, aber neu zu
bewerten und als Herausforderung
zu sehen, die positiven Elemente
deutlich herauszuarbeiten und dadurch Ressourcen zu entdecken und
freizusetzen.
Theorie und Praxis
Das alles klingt sehr theoretisch,
ist es aber eigentlich nicht. Wir tun
es dauernd. Z. B. lesen Sie u.a. die
lidwina, um mehr Informationen
über Ihre MS zu erhalten und damit Symptome oder Veränderungen
besser einordnen zu können oder
schon jetzt Zukunft zu planen.
Sie sprechen mit Angehörigen, mit
Freunden, in verschiedenen sozialen
Netzwerken oder Selbsthilfegruppen über Ihre Gefühle. Das gehört
zur Kategorie „emotionsorientiertes
Coping“: Gefühle zulassen und nicht
verdrängen, sie als etwas Wichtiges
begreifen und damit auch bearbeiten
zu können. Und last not least: Leben
Sie Ihren Alltag so gut es geht: Z.B.
im Umgang mit der Fatigue oder
auch beim Spritzen. Ziel ist es dran
zu bleiben und nicht aufzugeben.
Im wahren Leben passiert vieles
nebeneinander, die Prozesse überlappen sich, und manchmal verlässt
uns die Kraft. Auch das ist „Leben
bewältigen“. Aber vielleicht erhöht
sich die Chance, das eigene Leben
zu bewältigen, wenn wir die Erkenntnisse der Wissenschaft nutzen
und uns und unser Leben immer
besser verstehen. Dann haben wir
es wieder mit dem Leben zu tun –
mit der Welt und mit uns selbst.
5
Z.B. die Stiftung „Lebensnerv“,
www.lebensnerv.de oder das Kompetenznetz
OWL e.V. http://www.ms-kompetenznetz.de
6
Vgl: Die Darstellung des Stressmodells nach
Richard Lazarus basiert auf den Zusammenfassungen unter: http://www.pflegewiki.de/
wiki/Coping
8
lidwina
Wissenschaft
MS
im Film
Wissenschaft
lidwina
❞
In der heutigen Gesellschaft kommen dem
Film im Wesentlichen drei Bedeutungen zu:
Erstens als Massenmedium zur Information
und zur Bewusstseinsbildung; zweitens
– da die Produktion von professionellen
Filmen in der Regel einen erheblichen
technischen und finanziellen Aufwand
bedeutet – eine wirtschaftliche Bedeutung;
sowie drittens als Kunstgattung mit ihren
eigenen unverwechselbaren Aspekten.
❝
Bei der Auseinandersetzung
mit Multiple Sklerose trifft man
immer wieder auch auf das große
Thema der künstlerischen Verarbeitung der Krankheit: Menschen
mit MS arbeiten als Künstler und
verarbeiten so ihre Erkrankung
und die Auswirkungen auf ihr eigenes Leben. Einige der Künstler
schaffen es bis in die hohen Hallen der Kunst, dem Museum oder
in die Charts wie Aaron Solowoniuk, Drummer von „Billy Talent“
oder ganz aktuell Alex Kreutzer,
Frontmann von „sunlit“.
Kino- und Fernsehfilme basieren
auf den aktuellen technischen Möglichkeiten, eine Geschichte mit Hilfe von bewegten Bildern und Ton
zu erzählen. Sie sind Kunstform
wie auch Massenmedium. Ein Film
kann ein Spiegel der Realität sein,
und gleichzeitig kann er die Art der
Betrachtung der Wirklichkeit beeinflussen. Dabei spielen schon seit
den Anfängen der Filmgeschichte
auch die Darstellung und der Umgang mit Krankheiten eine besondere Rolle.
„Film und elektronische Medien
haben in den letzten achtzig Jahren die Art, wie wir die Welt – und
uns selbst – sehen, drastisch verändert; dennoch akzeptieren wir die
Unmengen an Informationen, mit
denen sie uns überhäufen, ohne zu
fragen, wie sie uns vermitteln, was
sie uns vermitteln“1
Nachgefragt
Prof. Dr. Axel Karenberg hat das
nicht länger so hinnehmen wollen,
er hat nachgefragt. Seine Analyse
mit dem Titel „Die MS in Spielfilmen und Fernsehserien“ ist umfassend. An dieser Stelle können wir
nur die Thesen von Dr. Karenberg
zusammenfassend wiedergeben.2
1
Aus: James Monaco: Film verstehen,
Hamburg (1980), S. 7
2
Die grundlegenden Texte wurden veröffentlicht unter: Karenberg Axel: Die Darstellung
der Multiplen Sklerose in Fernsehserien. Der
Nervenarzt, Ausgabe 80 (2009), S. 415 – 421.
Und Karenberg Axel: Die MS in Spielfilmen
und Fernsehserien, Teil 1, together, Ausgabe
03, (2010), S. 3 – 5 und Ders.: together,
Ausgabe 04 (2010), S. 3 – 5
9
10
lidwina
Wissenschaft
Sprachlich orientieren sich die
Filme beim Thema MS eher an der
naturwissenschaftlich-medizinischen Sprache.
Die Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten werden in den
Produktionen eher am Rande behandelt. Zwar werden viele verschiedene Behandlungsmöglichkeiten angesprochen, allerdings keine
wirklich ausgeleuchtet. Der Bogen spannt sich von der Kortisonbehandlung bis zur Traditionellen
Chinesischen Medizin.
Nina – ein Leben mit MS
Hier steht die MS im Mittelpunkt
Karenberg hat hinter die Kulissen
geschaut und erläutert u.a., welche
filmischen / technischen Zwänge
die Darstellung der Erkrankung
beeinflussen, welche Aufgabe die
Darstellung der MS im Film übernimmt und welche gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sich in
der Darstellung von MS spiegeln.
Dabei geht es ihm auch darum,
eine Beurteilung von guter oder
schlechter Darstellung der MS abzulösen vom Verständnis dafür,
welche Funktion die Darstellung
von MS in den unterschiedlichen
Filmen übernimmt.
Bei der Analyse der ca. 40 Filme, in
denen die MS Thema ist, gibt es, so
Karenberg, einige Punkte, die es zu
beachten gilt:
Bei der Auswahl der Symptome, die dargestellt werden, werden
solche ausgewählt, die sich filmisch
gut umsetzen lassen, wie Koordinations- und Sehstörungen.
In den meisten Filmen werden Sachinformationen zur MS
gegeben mit dem Ziel, die sachliche Korrektheit des Streifens zu
belegen.
Insgesamt aber kommt Karenberg
zu dem Schluss: „Alles in allem sind
es nicht mehr als ein paar Häppchen,
die sich auch gar nicht zu einem zusammenhängenden Bild fügen sollen. Der Fachmann spricht hier von
Fragmentierung ...“3
Im Auge des Betrachters
Filmpublikum, das sind viele verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Erwartungen an den
Film. Es sind eben nicht nur Betroffene und Ärzte, die die reale Wiedergabe eines MS-Alltages beurteilen.
Und da im Film eine Fiktion wiedergegeben wird – also eine Darstellung einer eigenen Welt des Films
– geht es den Filmemachern nicht
um eine „wissenschaftliche Dokumentation, sondern sie (die Filme,
Anmerk. des Autors) wollen für ein
breites Publikum spannende Unterhaltung und große Gefühle liefern.“4
Zudem ist das Medium Film eingebettet in einen wirtschaftlichen Hintergrund: „Zunächst müssen Kinofilme und TV-Serien Umsatz bzw.
Quoten machen.“5
Filmische Mittel
Hier gibt es zwei Ebenen, die
die Darstellung von MS im Film
Wissenschaft
beeinflussen: Die Darstellung eines
Inhaltes wird immer auch von den
technischen Möglichkeiten, die ein
Film bietet, beeinflusst. In Bezug
auf die Darstellung von MS werden
häufig Symptome des Krankheitsbildes ausgewählt, die sich filmtechnisch und schauspielerisch gut
umsetzen lassen, z.B. Sehstörungen und Koordinationsprobleme.
Schwieriger, so Karenberg, wird die
Umsetzung von Müdigkeit, Schwindel oder Problemen beim Sprechen.
Um aber die Aufmerksamkeit der
Zuschauer für den Film zu binden,
gibt es verschiedene Tricks: „Erstens popularisieren, also schwierige Zusammenhänge auf möglichst
einfache und volkstümliche Weise
aufbereiten. Zweitens emotionalisieren, das heißt, die Aufmerksamkeit der Zuschauer auf gefühlsbetonte Aspekte einer Handlung lenken. Und drittens dramatisieren,
sprich Szenenfolgen so gestalten,
dass Konflikte und Spannungen
entstehen, zum Beispiel durch ein
Wechselspiel von Bedrohung und
Erlösung. Das Untermalen eines
Filmabschnittes durch Musik kann
ein weiteres probates Mittel sein,
das zur Bedeutungsaufladung einer
Situation beiträgt.“6
Die filmische Botschaft, so Karenberg, ist an eine Figur gebunden. Die betroffenen MS-Patienten
entstammen den verschiedenen sozialen Schichten. Arm wie Reich,
Künstler wie Sekretärin finden sich
unter den MS-Patienten. Und sie
handeln sehr unterschiedlich. Heute sind es hauptsächlich die „mutigen Kämpfer“7, die sich von ihrer
MS nicht unterkriegen lassen. Nach
Karenbergs Analyse werden die
heutigen MS-Patienten oft nur noch
über die Benennung als MS-Patient sichtbar. „Sie wirken in ihrem
lidwina
❞
Die betroffenen MS-Patienten entstammen den verschiedenen sozialen
Schichten. Arm wie Reich, Künstler wie
Sekretärin finden sich unter den MSPatienten. Und sie handeln sehr unterschiedlich. Heute sind es hauptsächlich
die „mutigen Kämpfer“7, die sich von
ihrer MS nicht unterkriegen lassen.
❝
gesellschaftlichen und beruflichen Leben in keiner Weise eingeschränkt.“8 Karenberg stellt hier die
Frage, ob nicht „gelegentlich ein zu
harmloses und politisch korrektes
Bild der MS gezeichnet wird.“ Die
wehrlosen Opfer der früheren Jahre
sind fast verschwunden.
Welche Form des Dramas
Wichtig für die Auseinandersetzung mit der MS im Film ist auch
die Frage, welche Art der Geschichte hier eigentlich erzählt wird, welches Filmgenre im Vordergrund
steht und zu welcher Zeit die Handlung angesiedelt ist oder der Film
gedreht wurde.
Krankenhaus- oder Arztgeschichten werden sich sicher um mehr
Realitätsnähe in der Darstellung der medizinischen Sachverhalte bemühen müssen als
eine „Seifenoper“. Weitere Genres sind die Medizin-Stories, die
Katastrophengeschichten oder die
Erfolgsgeschichten. Medizin-Stories führen dem Zuschauer die
Brüchigkeit des eigenen Lebens
vor Augen. In der Katastrophengeschichte, z.B. im Film Hillary und
Jackie, werden die Betroffenen von
ihrem Schicksal überrollt, und es
gibt keine Möglichkeit zu entrinnen. Heute ist allerdings die Form
der Erfolgsgeschichte weitaus häufiger: „So schlimm die Krankheit
auch sein mag, sie kann bewältigt
werden, wenn man das Schicksal nur entschlossen in die eigene
Hand nimmt.“9
3
Ebenda, Ausgabe 04, S. 3
4
Ebenda, Ausgabe 03, S. 3
5
Ebenda, Ausgabe 03, S. 3
6
Ebenda, Ausgabe 3/2010, S. 4
7
Ebenda, Ausgabe 3/2010, S. 4
8
Ebenda, Ausgabe 3/2010, S. 4
9
Ebenda, Ausgabe 3/2010, S. 4
11
12
lidwina
Wissenschaft
Die Stärke des Filmes liegt darin, so
Karenberg, die emotionale Innensicht der Helden in Ausnahmesituationen zu schildern und damit für den
Betrachter verständlich zu machen.
Dazu werden in den untersuchten Filmen verschiedene Themenschwerpunkte ausgewählt: Fast die Hälfte
der Filme schildern die Mitteilung
der Diagnose und die Reaktionen der
Betroffenen darauf. Die Erschütterung der einzelnen Person wird an
dieser Stelle deutlich bearbeitet – mit
ihren verschiedenen Auswirkungen
wie, „emotionale Starre über Trauer
und Depression, Angst und Selbstmordgedanken und Rückzug bis zur
Flucht oder Erleichterung, dass etwas
vorher Ungreifbares plötzlich einen
Namen besitzt“.10
Ein weiterer Themenschwerpunkt ist auch die Verarbeitung der
Krankheit durch das Individuum
mit den Fragen: Wie stark verändert mich die Erkrankung und welche Auswirkungen hat die chronische Krankheit auf die Beziehung?
Streit, Trennung, in einigen Fällen
die Belastung für pflegende Angehörige und gemeinsame Bewältigung – alles ist drin.
Opfer oder
handelndes Subjekt?
Die veränderte Darstellung der MSPatienten beruht, so Karenberg, u.a.
auf den gesellschaftlichen und medizinischen Entwicklungen der letzten 20 Jahre und der Verfügbarkeit
wirksamerer medizinischer Therapien, z.B. der Basistherapie. „Zum
anderen haben sich auch die sozialen Verhältnisse verändert, (...). Die
Integration von Betroffenen und
Behinderten, die Stärkung der Patientenrechte sowie die Gründung
von Selbsthilfegruppen und Patientenorganisationen sind Themen, die
es vor 30 Jahren selten ins Kino geschafft haben.“11
Die Friseuse
Eine Filmkomödie von Doris Dörrie
MS im Film, so Karenberg, zeigt
auch, wie sich die gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen in Bezug auf
die MS verändert haben.
Ob hier aber die Realität nachgebildet wird und wie selbst Betroffene die Darstellung der Krankheit in
den einzelnen filmischen Werken
beurteilen, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab und kann
nur schwer allgemeingültig geklärt
werden. Eine amerikanische Studie
der Rezipienten-Forschung von MS
im Film bei Betroffenen hat nachgewiesen: „Produktionen werden
offensichtlich umso positiver bewertet, je näher sie an der eigenen
Symptomatik, am eigenen Verlauf
und an den eigenen Problemen angesiedelt sind.“12
Aufgaben für die Zukunft
Karenberg sieht die Notwendigkeit, hier weiter zu forschen,
um ggf. die Filmemacher besser
beraten zu können. Es ist grundsätzlich richtig, so Karenberg, das
Fernseh- und Kinofilme über das
Thema MS informieren. „Schön
wäre es, wenn dies noch besser gelingen könnte, denn: Filme sind
einfach wie ein fiktives soziales
Labor: Sie bieten den Zuschauern so etwas wie eine Einübung in
eventuelle Bedrohungen – Bedrohungen wie gelähmt zu sein, andere Körperempfindungen zu haben oder schlechter sehen zu können ... Nicht-Betroffene auch über
Leinwand und Fernsehschirm mit
Krankheitserfahrungen bekannt zu
machen, ist ja eine gute und richtige Absicht.“13
10
Ebenda, Ausgabe 04/2010, S. 3
11
Ebenda, Ausgabe 03/2010, S. 4
12
Ebenda, Ausgabe 04/2010, S. 5
13
Ebenda, Ausgabe 04/2010, S. 5
Gutes
lidwina
HELDEN
des Alltags
Schöne Dinge bei
„Nobodyisperfekt“
Nicole Stephani steht
auf modern, farbenfroh
und gut gestaltet.
„Charmefreies sanitätshausbeige“ ist nicht ihr Fall. Sie
möchte, dass ihre Kunden sich in ihrem Laden wohlfühlen. Und erst auf den zweiten Blick erkennen viele
dieser Kunden die eigentliche Zielrichtung der Produktpalette des Hamburger Unternehmens: Große und
kleine Helfer, die den Alltag leichter machen. Z.B. die
transparenten Schnabeltassen, das gebogene Besteck –
für Familien mit Kindern genauso geeignet wie für diejenigen, die beim Essen etwas Hilfe benötigen – oder
den Zwiebelschneider, der mit einer Hand zu bedienen
ist. Und nebenbei sieht vieles auch noch toll aus.
Modernes Design für Hilfsmittel – oft sogar preisgekrönt – statt Sanitätshauscharakter: Das ist ein Auswahlkriterium von Nicole Stephani. Und sie überprüft
selbst, ob die Produkte alltagstauglich sind und halten,
was sie versprechen. Die Angebotspalette umfasst Gegenstände für die Küche, den Haushalt und die Pflege. Und auch das Vergnügen und die Freizeit kommen
nicht zu kurz. Sie weiß schließlich, wovon sie redet:
Bevor sie vor sieben Jahren ihr erstes Ladengeschäft
eröffnete, hat sie als Seniorenberaterin gearbeitet und
dabei erfahren, welche Alltagsprobleme Menschen mit
Einschränkungen zu bewältigen haben. Nicole Stephani ist selbst an Multipler Sklerose erkrankt. Die gelernte Fotografin hat ihren alten Job an den Nagel gehängt
und erfolgreich eine neue Aufgabe gesucht.
Mehr Infos: www.nobodyisperfekt.de
13
14
lidwina
Feuilleton
Ein besonderer Film
Nora ist ein Dokumentarfilm über eine Familie mit drei Kindern: Merit, Gregor
und Nora, mit ihrem Alltag und ihrem Leben. So weit, so gut. Denn dieses Leben
ist gleichzeitig „besonders“ und „normal“: Nora, die Zweitgeborene hat seit ihrer Geburt eine komplexe körperliche und geistige Behinderung. Die Ärzte hatten
dem Kind keine langen Überlebenschancen eingeräumt. Nora ist heute 32.
Der Regisseur Martin Jabs hat
die Familie mehrmals filmisch begleitet: Drei Generationen gemeinsam in einem Haus, in dem Freunde
ein- und ausgehen und die Familie
ihre besondere Situation angenommen hat. Fünf Jahre später trifft er
sie wieder, und vieles hat sich für
die Familie verändert.
Die Geschichte
Es scheint, als ob das Thema Behinderung auch endlich in der Welt
des Kinos eine beständige Größe
wird. NORA ist ein Film, der dieses
Thema aufgreift, der aber im Allgemeinen nur in Studiokinos oder
auf Festivals zu sehen ist. Ich kann
mir nur wünschen, dass diese Dokumentation ein breites Publikum
findet, das hinschaut, in unsere Gesellschaft hinein, die doch das „Anderssein“ zu gern den anderen überlässt – ich wünsche dem Film ein
Publikum, das sich die Frage stellt:
Hätte ICH das geschafft?
NORA zeigt die Lebensumstände
der Familie Eichhorn mit ihrer geistig
und körperlich Schwerstbehinderten
Tochter Nora. Nora kann nicht sprechen, ihre Bewegungen sind unkoordiniert, sie muss gefüttert, gebadet
und unterhalten werden!
Der Film porträtiert das Chemnitzer Arztpaar mit ihren drei Kindern: Merit, die Große, Nora,
die Mittlere, Gregor der Jüngste, der Großmutter, der helfenden
Feuilleton
Begleiterin Frau Marziniak und vielen Freunden und Ungenannten. Die
Familie hatte für diese Situation gute
Bedingungen: Ein Haus, Freunde,
eine Betreuerin, ein gutes soziales
Umfeld und keine finanziellen Nöte.
Das kann auch anders sein! Aber:
Die Familie gibt es so nicht mehr!
NORA ist auch ein Film über den
Ehemann Klaus Eichhorn, mit seinen Sorgen um Nora;
Eichhorns Frau und seine Mutter sterben. Nora
überlebt die beiden. Das
Alter der Mutter und das
Krebsleiden von Regina
Eichhorn, Noras Mutter,
trafen Klaus Eichhorn,
Merit und Gregor Eichhorn in dieser besonderen Situation schwer und
folgenreich.
NORA ist auch die Geschichte einer Frau und
Mutter, die bis zur Geburt
von Nora glaubte zu wissen, dass
so ein Schicksal immer nur anderen widerfährt und die Geschichte
einer Mutter, die absurde Schuldgefühle zu bewältigen hat. „Warum ist
mein Kind schwerstbehindert?“
NORA ist kein Film über Hilfe und
Dankbarkeit, denn Dankbarkeit
konnten und können die Eichhorns,
Frau Marziniak und die Freunde weder erhoffen noch erwarten.
Nora lebt in ihrer Welt! Was Nora
aufnimmt erschließt sich der Familie nicht, aber: Nora lacht oft und
viel! Nora, die Delfingeräusche
aber keine Klaviermusik mag, lacht
noch immer!
NORA, das Mädchen, das allein
nicht lebensfähig ist, das Kind, dessen Lebenserwartung nach der Gewissheit der schweren Behinderung
nur sehr gering eingeschätzt und
auf sechs Jahren „begrenzt“ wurde,
ist heute 32 Jahre und hat ihre Mutter und ihre Großmutter überlebt!
Der Regisseur
„Wie komme ich aus der Nummer
wieder heraus“, fragte sich Martin
Jabs, der Regisseur, nachdem der
Studienfreund und jüngerer Bruder
von Nora, Gregor Eichhorn, ange-
fragt hatte, ob Jabs einen Film über
seine schwerstbehinderte Schwester
drehen möchte. Er kam viele Jahre
nicht heraus aus dieser „Nummer“!
Martin Jabs begleitete Nora und
ihre Familie sieben Jahre.
„Man kann schon sagen, die Eltern haben das zusammen gerockt“,
sagt Jabs. Das soll heißen: „Sie haben die Ärmel hochgekrempelt und
ihre Tochter akzeptiert, wie sie ist.
Die Mutter mit viel Emotionen, der
Vater mit Pragmatismus, beide mit
viel Liebe.“
Und Jabs? „Klar ist dieses Leben
lebenswert!“, antwortet er, als man
ihn fragte, ob ein behindertes Leben lebenswert sei? „Regina, Noras
Mutter, hat gesagt: Wenn es dein
Kind ist, ist es einfach dein Kind
und dann wirst du es lieben.“
lidwina
Es ist überwältigend zu sehen, was
bedingungslose Liebe vermag!
Der Redakteur
Es ist ein zutiefst ehrlicher Film über
bedingungslose Liebe und darüber,
was eine schwere Behinderung eines
Familienmitgliedes mit der Familie und den einzelnen Mitgliedern,
den Freunden und Bekannten macht!
NORA ist kein Film, der voller Bewunderung über Aufopferungen von Familienmitgliedern erzählt, sondern
über Liebe. Und genau das
rührt mich an und alle, die
ich nach dem Film sprach.
NORA hat auch etwas mit
mir gemacht: Mir bleibt die
nachhaltige Erkenntnis, dass
außergewöhnliche Umstände immer passieren können,
also auch mir! Ich wünsche,
dass dieser Film dazu beiträgt, Wesentliches von Unwesentlichem unterscheiden
zu können! Und ich wünsche
mir, dass dieser Film einem großen
Zuschauerkreis erschlossen wird.
Die 70-minütige Dokumentation,
die 2010 das erste Mal in Polen gezeigt wurde, fand inzwischen ihr
Publikum in vielen europäischen
Ländern, so in Russland, Tschechien, Griechenland, Armenien und
auch in Deutschland.
Jochen Gutjahr
Redakteur lidwina
Mehr Infos: www.nora-film.de
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lidwina
BETAPLUS®
BETAPLUS®
2012
Die Behandlung chronischer Erkrankungen erfolgt in der Regel
auch „chronisch“: Medikamenteneinnahme, therapeutische Übungen
und vieles andere mehr muss regelmäßig von den Betroffenen geleistet werden. Durch diese regelmäßige, basistherapeutische Behandlung
der MS stehen die Chancen gut,
die Anzahl der Schübe zu verringern und damit den Krankheitsfortschritt zu verlangsamen. Es handelt sich hierbei also um eine Art
präventive Behandlung. Allerdings
ist es nicht immer einfach, die Behandlung konsequent durchzuhalten
und erfordert von den Betroffenen
viel Disziplin: Manchmal vergisst
man die Medikamenteneinnahme,
manchmal weiß man nicht mehr,
welche Einstichstelle an der Reihe
ist, manchmal fehlt die Zeit, sich
über die Fortschritte der MS-Forschung zu informieren. Und manchmal ist man einfach nur deprimiert
darüber, erkrankt zu sein. Moderne
Patientenbetreuungssysteme kennen diese Probleme der Betroffenen
und versuchen, sie darin zu unterstützen, einen möglichst „normalen“ Alltag zu führen. Dazu ist es
auch sinnvoll, technische Neuerungen oder neue wissenschaftliche Erkenntnisse auf ihre Alltagstauglichkeit und den besonderen Nutzen für
MS-Patienten zu überprüfen, um
den Patienten mit diesem Service
das Leben zu erleichtern. Im Jahr
2012 ist in diesem Zusammenhang
einiges Neue an Serviceleistungen
von BETAPLUS® dazugekommen.
Reisen Sie mit uns noch einmal gedanklich durch das BETAPLUS® Jahr 2012:
myBETAapp®
Der mobile und persönliche Injektionsmanager erinnert MS-Patienten, die das Basistherapeutikum
des Unternehmens Bayer verwenden, an die nächste Injektion und
schlägt ihnen nach dem Rotationsprinzip neue Injektionsstellen
vor. Die App bietet Ihnen als MS-
BETAPLUS®
­ atient eine neue und moderne Art
P
des Injektionsmanagements. Steuern Sie Ihre Therapie von überall und vereinfachen Sie somit Ihr
Therapiemanagement.
Die App steht Ihnen als Download-App für iPhone, iPod Touch
und iPad und seit diesem Jahr auch
als mobile Web-Anwendung für
Android-, Blackberry- und AppleSmartphones zur Verfügung.
lidwina
Mit einem frischen und modernen
Layout startete die lidwina in das
Jahr 2012. Aber nicht nur äußerlich hat sich etwas getan. Auch im
Innenteil hat sich einiges geändert. Das Thema Ernährung bietet seit diesem Jahr eine Rubrik
mit spannenden Informationen
zum Thema „gesunde Ernährung“
und liefert immer wieder leckere Kochrezepte zum Nachkochen.
Eine Umfrage mit 100 Preisen und
einem sehr positiven Feedback für
die lidwina waren das Highlight
im Sommer. Alle Ergebnisse können Sie in der nächsten Ausgabe
der lidwina nachlesen.
Rolli-Kurt
Neue interessante Geschichten
von Rolli-Kurt können Sie wieder
regelmäßig auf der MS-Gateway
lesen. Rolli-Kurt ist selbst an MS
erkrankt und berichtet auf seine
eigene, humorvolle Art von seinem Alltag mit der Krankheit MS
und dem „normalen“ Leben, ohne
in die Ecke der „Benachteiligten“
gestellt zu werden. Seine ersten
Geschichten wurden bereits 2007
veröffentlicht.
❞
Der mobile und persönliche Injektionsmanager
erinnert MS-Patienten,
die das Basistherapeutikum des Unternehmens
Bayer verwenden, an
die nächste Injektion.
❝
Rückrufwunsch
Sie möchten, dass unser Serviceteam Sie zu einem bestimmten
Zeitpunkt anruft? Dies ist seit 2012
möglich. Auf der MS-Gateway finden Sie ein Rückrufwunschformular, das Sie einfach ausfüllen und
abschicken müssen. Ein Serviceteammitarbeiter ruft Sie dann innerhalb der Gesprächszeiten zu Ihrem gewünschten Zeitpunkt an.
BETAPLUS®-Film
Kennen sie schon unseren
BETAPLUS®-Film? In diesem
kurzen Film erzählen MS-Patienten, wie sie ihren Alltag mit der
lidwina
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Krankheit meistern und welche
Unter­stützung sie von BETAPLUS®
erhalten. Sehen können Sie diesen
Film im BETAPLUS®-Bereich der
MS-Gateway.
CogniFit®
Dieses bestehende Online-Tool hält
Ihre grauen Zellen fit. Geplant ist,
in einer Kooperation mit CogniFit®,
im Laufe des kommenden Jahres
spezielle Trainings für MS-Patienten in diesem Tool zur Verfügung
zu stellen. Trainieren Sie täglich,
um ihren persönlichen Highscore
zu knacken.
BETAPLUS® 2013
Auch im kommenden Jahr können Sie sich auf BETAPLUS® freuen: Mit aktualisierten Broschüren,
Weiterentwicklung der bestehenden
Medien sowie einem Relaunch der
MS-Gateway ist bei BETAPLUS®
vieles los. Seien Sie gespannt ...
Ann-Madeline Pfister
Patientenkommunikation
Bayer HealthCare Deutschland
Infos zu allen BETAPLUS®Hightlights 2012: www.ms-gateway.de
BETAPLUS®-Hotline: 0800 – 2 38 23 37 (gebührenfrei)
Mo. – Fr. 08:00 bis 20:00 Uhr; Sa. 09:00 bis 13:00 Uhr
Mehr Infos:
www.ms-gateway.de
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lidwina
Schwerpunkt
Diät
Bewertung von Diäten
Bevölkerungsgruppen, die besonders häufig tierische Nahrungsmittel wie Fleisch, Eigelb, Milchfett
oder Butter zu sich nehmen, erkranken häufiger an MS, als diejenigen, die vermehrt Fisch essen. Hier
hat man weitere Untersuchungen
durchgeführt und festgestellt, dass
die Arachidonsäure (nur in tierischen Fetten vorkommend) im Körper zu Eicosanoiden umgewandelt
wird, welche dann entzündungsfördernd wirken. Bekannt ist, dass
eine vorwiegend lakto-vegetarische
Ernährung die Zufuhr an Arachidonsäure reduziert und dass hochwertige „Fischöle“ (die Omega3-Fette) im Körper die Umwandlung von Arachidonsäure in die entzündungsfördernden Eicosanoide
hemmen.
Zudem wurde festgestellt, dass ein
Vitamin-D-Mangel das Auftreten
der MS begünstigt und den Verlauf verschlechtert, indem es die
Schubhäufigkeit zu erhöhen vermag. Eine optimale Zufuhr an Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen sowie sekundären Pflanzenstoffen reduziert den oxidativen
Stress im Körper. Dabei wirken die
Vitamine A, C und E als Radikalfänger und können möglicherweise die Entzündung eindämmen.
Selen, Kupfer und Zink verbessern
die Wirksamkeit antioxidativer Enzyme und können immunologische
Erkrankungen positiv beeinflussen.
Schwerpunkt
lidwina
Ernüchternd muss man bis heute feststellen, dass es eine
spezielle Diät, die eine Heilung bei der MS bewirkt, nicht
gibt! Aber anhand von Studien konnte durchaus ein Zusammenhang zwischen den Ernährungsgewohnheiten und
der Häufigkeit des Auftretens von Multipler Sklerose gefunden werden.
bei MS
Selen hat hier eine besondere Bedeutung, da es die Wirkung von
Vitamin E verstärkt. Vitamin B12
und Folsäure wirken sich ebenfalls
günstig auf die Nervenfunktion aus.
Aber kein MS-Patient sollte unkontrolliert Fischölkapseln (Omega-3-Fette), Vitamin-E-, C-, und
A-Kapseln, Selen, Kupfer und
Zink, Vitamin B12 und Folsäure
einnehmen. Vitaminmangel in
unseren Breitengraden ist relativ
selten. Daher sind nur bei entsprechenden Allergien oder laborchemisch nachgewiesenem Mangel
solche Vitaminsubstitutionen
sinnvoll. Es kann dabei zu Überdosierungserscheinungen kommen! Fischölkapseln können den
Cholesterinspiegel erhöhen, zu
Blutungsneigung führen und die
Immunabwehr schwächen. Vita­
min A und E können zu Leberund Nierenschädigungen führen;
Vitamin C zur Bildung von Nierensteinen, Vitamin D kann Herzrhythmusstörungen und ebenfalls Nierensteine auslösen. Selen,
Kupfer und Zink wiederum können zu Vergiftungserscheinungen
führen und Vitamin B12 und Folsäure sind bekannt für Leber- und
Hautschädigungen, zudem können
sie einen Mangel an anderen Vitaminen herbeiführen.
Eine ausgewogene, möglichst vollwertige Ernährung (abwechslungsreiche Kost, viel frisches Gemüse
und Obst, weniger Fleisch und Fett)
ist am sinnvollsten. Zusätzlich sollte man nicht rauchen und jeden Tag
an die frische Luft gehen, um den
Vitamin-D-Spiegel nicht absinken
zu lassen.
MS, Übergewicht und
Reduktionsdiäten?
Immer wieder steht die Frage im
Raum, was ist zu tun, wenn sich
durch mangelnde Bewegung, Kortisontherapie und Frustessen doch
einige Pfunde zu viel auf Hüften
und Bauch angelagert haben? Heilversprechen und das Versprechen
im Schlaf abzunehmen gibt es unendlich viele: Diäten die keine
Umstände machen, ganz von selbst
funktionieren und keine Umstellung meiner Ernährungsgewohnheiten erfordern – das Angebot an
Diäten ist vielfältig und kaum zu
überblicken: Da stehen die „Brigitte-Diät“, neben der „Faustformel“
dem Angebot der „Weight Watchers“, den Eiweißdrinks aus der
Apotheke oder den Appetitzüglern, erworben über das Internet.
Aber welche nützt wirklich und
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lidwina
Schwerpunkt
was können die Betroffenen mit
etwas Übergewicht und MS denn
nun wirklich tun, um überflüssige
Pfunde los zu werden?
Gewichtsabnahme
Seit meiner Diagnose MS habe ich ca. 25 kg
zugenommen, teilweise durch Frustessen,
viele psychische Probleme (Scheidung wegen Krankheit) und Kortisonstoßtherapien.
Ich wollte schon öfter abnehmen, habe
viele Diäten ausprobiert, doch meist kam
der Jo-Jo-Effekt, und ich habe wieder zugenommen. Ich wollte endlich mal an Gewicht verlieren. Obwohl ich viel Fisch, Geflügel und Gemüse esse, sozusagen gesund
ernähre, hat es nicht geklappt.
Nun möchte ich nochmals Gewicht verlieren
und halte mich nach wie vor an meine geänderten Essensgewohnheiten. Mein Ziel ist
es, nochmals 10 kg zu verlieren. Jetzt bin ich
bei 17,5 kg angelangt. Ich habe meine Ernährung jetzt in meinem Kopf drin, und zum
Einkaufen brauche ich auch keine Liste mehr.
17,5 Kg
Marion Kellerer
hat seit über 10 Jahren die Diagnose Multiple
Sklerose und ist Leiterin der MS-Selbsthilfegruppe
Sonnenschein in Ingolstadt. Anfang 2011 hat sie
mit dem Abnehmen begonnen.
Diäten auf dem Prüfstand1
Die oben genannten Diäten unterscheiden sich durch das Prinzip der
Kalorienreduktion für den Körper.
Denn genau dies führt dazu, gemeinsam mit einigen anderen Faktoren, dass wir an Gewicht verlieren.
Appetitzügler
Diese Medikamente, denn darum
handelt es sich, sollten wenn überhaupt nur unter ärztlicher Aufsicht
eingenommen werden.2 Sie wirken
nicht im Magen, sondern direkt auf
das Gehirn und lösen dort das Signal „Kein Appetit aus.“ Die Nebenwirkungen, die verursacht werden
können, sind erheblich und teilweise gesundheitsgefährdend und
können süchtig machen. Hier ist
oberste Vorsicht geboten, und dies
ist kein Weg, langfristig die eigenen
Pfunde unter Kontrolle zu bringen.
Ganz abzuraten ist von dem Kauf
solcher Appetitzügler im Internet.
Crash- und Wunderdiäten
Wer den Abnehmwilligen verspricht, dass innerhalb kürzester
Zeit viele Kilos purzeln werden,
der arbeitet auch mit dem eingebauten Jo-Jo-Effekt: Häufig basieren diese Diäten auf einer einseitigen Ernährung, die bestimmte Stoffwechselprozesse in Gang
setzen sollen. Aber meist ist es
nur die Fähigkeit des Betroffenen
zur kurzfristigen Disziplin, die
zum Gewichtsverlust führt. Am
Ende der Diät steht die Rückkehr
zu den alten Essgewohnheiten und
damit meist zu einer schnellen
Rückkehr zum alten Gewicht –
der sogenannte Jo-Jo-Effekt. Zudem besteht bei diesen Diäten die
Schwerpunkt
Gefahr der Nährstoffunterversorgung, die gerade für Menschen,
die an MS erkrankt sind, nicht gesundheitsförderlich ist.
Formula-Diäten
Sie basieren auf dem Prinzip, dass
mit Hilfe eines Breis oder eines
Granulates, das alle Nährstoffe beinhaltet, eine Sättigung des Körpers
erreicht wird. Kurzfristig ist hiermit
eine Gewichtsreduktion zu erreichen, und die Nährstoffversorgung
ist auch gesichert. Allerdings ist
„Essen“ für uns alle aber mehr als
nur die pure Nahrungsaufnahme.
Auch die Sinne wollen beim Essen
befriedigt werden. Eine solche Diät
ist sehr teuer und eine langfristige
Umstellung der Essensgewohnheiten erfolgt nicht.
Gut
behandeln
Die Klinik Selzer
„Lassen Sie sich gut behandeln!“ – das ist das Motto der
Neurologischen Klinik Selzer
in Baiersbronn. Seit über 50
Jahren hat sich die Klinik u.a.
auf die Behandlung von Multiple Sklerose Patienten spezialisiert. Für jeden Patienten wird
ein eigenes Therapieprogramm
erstellt. Dies hilft, optimale Behandlungserfolge zu sichern.
Diese Wirkung wird noch unterstützt durch die komfortablen Zimmer und das wohnliche Ambiente des Hauses.
www.selzer.de
lidwina
Diäten-Check:
Appetitzügler nur in Absprache mit dem Arzt
Diäten auf Ausgewogenheit überprüfen
Einseitige Diäten meiden (Jo-Jo-Effekt)
WeightWatchersoder Brigitte-Diät
Diese beiden Beispiele stehen für
Diät-Konzepte, die auf einer langfristigen Umstellung der eigenen
Ernährungsgewohnheiten basieren.
In der Regel liegt diesen Diäten eine
ausgewogene Ernährung zugrunde: Frische Zutaten, frisch zubereitet nach den Gesichtspunkten einer
kalorienreduzierten Kost. Langfristig führt dies zu einer Umstellung
der Ernährung. Die Zubereitung des
Essens gewinnt an Aufmerksamkeit,
und der Abnehmwillige lernt selbst,
eigenverantwortlich seine Nahrung
so zusammenzustellen, dass er in
Zukunft ein gutes Gleichgewicht
zwischen kalorienreichen und kalorienarmen Lebensmitteln findet.
Bei den gruppenorientierten Diätclubs wie „WeightWatchers“ o. Ä.
geht es darum, sich gegenseitig zu
coachen und zu motivieren. Häufig hilft das dabei, durchzuhalten.
Mittlerweile gibt es in vielen Städten
und Gemeinden freie Diätclubs. Ziel
solcher Clubs ist es, gemeinsam die
Hürden zu meistern und die Pfunde
zu schmelzen. Vieles dreht sich dabei auch um Sport und Vergnügen.
Die Diäten, die, wie z.B. die Brigitte-Diät als Diätbuch im Handel
erhältlich sind, basieren eben auch
auf der Idee, dass eine gute und gesunde Ernährung auch zu Hause
am eigenen Herd gelingen kann und
diejenigen, die Abnehmen möchten,
sich disziplinieren können.
Wer Hilfe und Unterstützung benötigt, der findet sie aber auch bei
sehr seriösen Adressen im Internet.
Viele Krankenkassen bieten persönlich Coaching-Systeme an, die
bei Fragen zum Thema Diät oder
Ernährung ganz speziell auf Ihre
Bedürfnisse eingehen und sie dabei
unterstützen.
Tricks und Kniffe, wie man mit
Heißhungerattacken und schwierigen Ernährungsphasen umgeht,
werden in diesen Reduktionsdiäten
in der Regel vermittelt.
Dr. med. Zoltan Biro
Neurologische Klinik Selzer
GmbH & Co. KG, Baiersbronn
1
Informative und gut verständliche Tipps zum
Abnehmen und einzelnen Diäten
www.wdr.de/tv/quarks/global/pdf/diaet.pdf
2
Kritische Stellungnahmen bezüglich
Appetitzüglern und deren Einnahme:
appetitzuegler.org
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lidwina
Reisen
Allgäu
Jederzeit schön
Jung oder Alt, Familie oder Single, Sommer oder Winter – ganz egal. Im Allgäu findet jeder sein Plätzchen für einen gelungenen Urlaub: Sanfte sattgrüne Wiesen, Seen, die im Sommer zum Baden einladen, eine verzauberte Berglandschaft im Winter mit unterschiedlichen Wintersportangeboten, Kultur und
Shoppen. Das Allgäu ist ein bisschen spleenig und doch bodenständig, barock
und modern, relaxed und hellwach!
Reisen
lidwina
Heiß geliebt ist im Sommer auch
das klare Wasser der vielen Allgäuer
Seen. Die nahen Berge und sanften
Hänge kann man auf verschiedene
Arten erklimmen. Unter dem Aspekt
„Allgäu barrierefrei“ hat sich eine
Menge bewegt: Es gibt viele barrierefreie Wanderrouten, Unterkünfte,
Kulturdenkmäler und Shoppingmeilen. Aber trotzdem: Die eigene Information vor dem Antritt des Ausfluges oder der Reise hilft, unschöne
Überraschungen zu vermeiden.
Dieser Vielseitigkeit entsprechen
auch die regionalen Grenzen – sie
sind fließend. Der Fluss Lech gilt
vielen als die östliche Grenze, im
Westen ist es die gedachte Linie von
Biberach bis Ravensburg. Die Bodenseeregion wird teilweise noch
mit zum Allgäu gerechnet, und wie
eine Nase ragen die Allgäuer Alpen
mit der Region um Oberstdorf nach
Österreich hinein.
Urlaub fürs ganze Jahr
Die verschiedenen Landschaften machen das Allgäu zu einer
Urlaubsregion, die das ganze Jahr
etwas zu bieten hat.
Im Frühling sind die sanften Wiesen in den Tälern grün und laden
zum Wandern und Verweilen in einem der vielen Landgasthöfe ein,
während in den Bergen der Skizirkus Saison hat. Im Herbst wird das
Vieh von den Bergweiden getrieben.
Im Dorf angekommen, wird es vom
Hirten geschieden und den jeweiligen Besitzern wieder zugewiesen.
Dieser „Viehscheid“ wird in den
Dörfern und Städten groß gefeiert.
Stadt, Land, Fluss
Z. B. Kempten: Die Umgebung rund
um Kempten gilt als die Kernzone
des touristischen Allgäus.1 Die Stadt
Kempten ist eine der ältesten der Republik. Sie geht zurück auf eine keltische Siedlung und mauserte sich
dann zu der Hauptstadt der römischen Provinz Raetia. Und in den folgenden Jahrhunderten war sie Freie
Reichsstadt und Stiftstadt. Der Reichtum der Stadt gründet auf dem Handel und die Produktion verschiedener
auch landwirtschaftlicher Güter. Das
produzierte Leinen z.B. wurde sogar
bis nach Südamerika verschifft.2
1
Vgl.: Köthe Friedrich: Allgäu,
Reise-Know-How-Verlag,2012
2
Ebenda
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lidwina
Reisen
Spickzettel
Weitere Infos
zum Allgäu
www.allgaeu.info
Seite mit vielen Informationen
zum Allgäu. Informationen
zu verschiedenen Sportarten,
Veranstaltungshinweise und
Übernachtungsmöglichkeiten.
www.skywalk-allgaeu.de
Barrierefreier Erlebnis-Pfad
www.am-postwaeldle.de,
www.natko.de
Ein Anbieter barrierefreier Unterkünfte. Auf dieser Homepage finden sich Hinweise zu
Unterkünften, ausführliche Informationen, Beschreibungen
von Pisten und Wintersportmöglichkeiten im Allgäu.
www.allgaeuerurlaubsportal.de
Dieses Portal schafft ebenfalls
einen guten Überblick über die
verschiedenen Anbieter und Urlaubsmöglichkeiten im Allgäu.
Köthe, Friedrich: Allgäu
Dieser kompakte Reiseführer gibt einen guten Überblick
über die Landschaften und
Aktivitäten.
Entsprechend dieser städtischen
Historie gibt es in Kempten vieles zu entdecken: Das Rathaus
von 1474 mit der bemerkenswerten Fassadenmalerei, das noch bis
Anfang des 20. Jahr­­hunderts als
städtischer Getreidespeicher diente, die Bürgerpaläste der verschiedenen Epochen. Die Basilika und
die Residenz mit ihrer Orangerie
und den im Rokokostil eingerichteten Prunk­räume sind die monumentalsten Gebäude der Stadt.
Im Archäologischen Park wird
die römische Geschichte der Stadt
rekonstruiert.
Oder wie wär´s mit Füssen: Auch
dies ist eine alte römische Siedlung
mitten in den Hügeln des Allgäus
am Fluss Lech gelegen. Romantisch zeigt sich die Stadt mit ihren
vielen spätgotischen und barocken
Bürgerhäusern. Und über allem
thront das Kloster St. Mang und
das Hohe Schloss. Wer bayerisches
Barock liebt, kommt hier auf seine
Kosten. Vielen gilt die Ausstattung
des Klosters als besonders sehenswert. Für die Kunstinteressierten sei gesagt: In der Bayerischen
Staatsgemäldesammlung im Hohen
Schloss sind u.a. Bilder von Hans
Holbein d.Ä. ausgestellt.
Kirchen und Schlösser
Walt Disneys Vorlage für ein
Schloss finden die Besucher in der
direkten Nachbarschaft von Füssen: das Schloss Neuschwanstein3
des legendären Königs Ludwig II.
und Hohenschwangau, erbaut von
König Maximilian II. Richard Wagner und seine Motive sind auf Neuschwanstein an vielen Stellen verewigt. Die Lage und die Architektur
dieses Schlosses ist beeindruckend
– auch für die, die den zuckersüßen
Stil nicht so mögen. Schloss Hohenschwangau ist sehr viel „normaler“
gestaltet, aber auch sehenswert.
Ferien auf dem Bauernhof
Frische Milch direkt aus dem Stall.
Tagsüber mit Tieren toben und auf
den grünen Wiesen spielen. Urlaub
mit Kindern auf Heidis grünen Hügeln und Hängen! Und die Eltern
können sich selbst auch etwas Gutes
gönnen. Das Angebot im Allgäu für
diese Art von Ferien, bei denen jeder in der Familie auf seine Kosten
kommt, ist riesig.
Wandern, Ski und Rodeln gut!
Auch das ist das Allgäu: Vielfältige
Möglichkeiten für sportliche Betätigungen wie z.B. Wandern. Viele
Wanderwege sind auch für Menschen
mit Behinderungen ausgerüstet. Ein
ganz besonderes Event für Schwindelfreie ist der Skywalk in Scheidegg
im Westallgäu. Hier bewegt man sich
auf der Höhe der Baumkronen.
Wintersport ist ein fester Bestandteil des Allgäu-Tourismus. Die Allgäuer Alpen – speziell die Region
um Oberstdorf herum – bieten für
alle Ski- und Wintersportbegeisterte entsprechende Möglichkeiten.
Das gilt auch für Menschen, die an
MS erkrankt sind. Mittlerweile hat
sich auch im Allgäu ein Angebot
entwickelt, das auf die Bedürfnisse
von Menschen mit Einschränkungen eingeht. Es reicht von Nordic
Walking über Langlaufski und Abfahrtski auf einfachen Hängen bis
hin zum Monoski für Wagemutige
und Biski für diejenigen, die doch
mehr Unterstützung benötigen.
Und wer´s ganz entspannt möchte,
der lässt andere Sport treiben und
bucht eine der Pferdekutschfahrten
durch die winterliche Landschaft.
3
In den Schlössern Neuschwanstein und
Hohenschwangau sollten sich Besucher mit
Rollstuhl aus organisatorischen Gründen
vorher anmelden.
Gesellschaft
Das Gesundheitssystem
als gerecht empfinden
Aufgaben und Ziele des Patientenbeauftragten
der Bundesregierung
lidwina
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lidwina
Gesellschaft
Wolfgang Zöller
MdB, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange der
Patientinnen und Patienten
Deutschland verfügt über eines der besten
Gesundheitssysteme der Welt. Die Entwicklung von Hightechprodukten in der Medizintechnik, von innovativen Arzneimitteln und
neuen Behandlungsmethoden verbessert
die medizinische Versorgung jeden Tag ein
Stückchen mehr. Für Patientinnen und Patienten ist das Gesundheitssystem in vielen Punkten aber nicht mehr nachvollziehbar.
Hier sehe ich Handlungsbedarf.
Mein Ziel ist, dass das Gesundheitssystem wieder als gerecht
empfunden wird. Ich stehe deshalb
für alle Bürgerinnen und Bürger
als Ansprechpartner zur Verfügung. Patientinnen und Patienten,
die sich an mich wenden, bekommen kurzfristig eine verständliche Antwort. Mein Team und ich
wollen den Menschen einen Weg
aufzeigen, wie sie zu ihrem Recht
kommen können. Die Anliegen
der Patientinnen und Patienten
werden außerdem in meiner Geschäftsstelle systematisch ausgewertet. Aus dem regen Gedankenaustausch mit Patientinnen und
Patienten, aber auch allen anderen Beteiligten im Gesundheitswesen, ergeben sich wichtige Hinweise für die Weiterentwicklung des
Gesundheitssystems.
Das GKVVersorgungsstrukturgesetz
Zentrale Aufgabe des Gesundheitswesens ist es, den Zugang der Patientinnen und Patienten zu qualitativ
hochwertigen medizinischen Leistungen sicherzustellen. Das setzt an
erster Stelle den Zugang zu Ärztinnen und Ärzten und insbesondere
zu Hausärztinnen und Hausärzten
voraus. Mit den Maßnahmen des
GKV-Versorgungsstrukturgesetzes
haben wir deshalb die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass auch
in strukturschwachen Gebieten in
Zukunft weiterhin genügend Ärztinnen und Ärzte für eine wohnortnahe, bedarfsgerechte medizinische
Versorgung zur Verfügung stehen.
Dabei habe ich mich von Beginn
an auch dafür eingesetzt, Anreize im Vergütungssystem zu setzen. Das GKV-Versorgungsstrukturgesetz enthält hierzu eine Reihe
von Maßnahmen, z.B. die Herausnahme von Leistungen aus der
Gesellschaft
Mengenbegrenzung und die Möglichkeit für Preiszuschläge für besonders förderwürdige Leistungen
sowie Leistungen von besonders
förderungswürdigen Leistungserbringern in strukturschwachen Gebieten. Ein weiterer wesentlicher
Bestandteil des Gesetzes ist die
Flexibilisierung der medizinischen
Versorgung etwa durch die sektorenübergreifende Organisation des
ärztlichen Notdienstes zur Delegation ärztlicher Leistungen. Das GKVVersorgungsstrukturgesetz steuert
damit Engpässen in der Versorgung
rechtzeitig entgegen.
Gleichzeitig verbessert es gezielt
die Versorgung der Patientinnen
und Patienten. So wird unter anderem schrittweise ein Sektoren
verbindender neuer Bereich der
ambulanten spezialfachärztlichen
Versorgung eingeführt. Darin können bestimmte spezialfachärztliche
Leistungen unter gleichen Qualitäts- und Vergütungsbedingungen
sowohl von Krankenhausärzten als
auch von niedergelassenen Vertragsärzten erbracht werden. Eine
bestmögliche Versorgung der Versicherten steht dabei im Mittelpunkt
und nicht mehr die Frage, wer die
Leistung erbringt. Darüber hinaus
erhält der Gemeinsame Bundesausschuss ein neues Instrument zur Erprobung von Untersuchungs- und
Behandlungsmethoden, deren Nutzen noch nicht mit hinreichender
Evidenz belegt ist. Patientinnen und
Patienten erhalten so schneller Zugang zu Innovationen.
Das Patientenrechtegesetz
Neben dem Zugang zu medizinischer Versorgung ist es mir wichtig,
auch den Zugang zu Informationen
über die Leistungen, die Qualität,
die Preise und nicht zuletzt auch
über die Rechte und Pflichten der
Beteiligten sicherzustellen. Denn
Versicherte und Patienten bekommen im deutschen Gesundheitssystem immer mehr Eigenverantwortung. Das gilt für Fragen der Therapie ebenso wie bei der Finanzierung
von Gesundheitsleistungen. Gleichzeitig sind Patientinnen und Patienten ihre Rechte aber nicht immer
klar. Denn die Rechte der Patienten sind in einer Vielzahl von Vorschriften in verschiedenen Rechtsbereichen geregelt. Zum Teil sind
die Regelungen lückenhaft, zum
Teil ergibt sich die Rechtslage auch
aus Richterrecht. Die Bundesregierung hat sich in ihrer Koalitionsvereinbarung deshalb verpflichtet, eine
gesetzliche Regelung der Rechte
von Patientinnen und Patienten zu
schaffen.
Ich habe mehrere 100 Gespräche
mit Patienten, aber auch allen anderen Beteiligten im Gesundheitswesen zu den Inhalten des Patientenrechtegesetzes geführt. Deshalb
weiß ich: Der jetzt vorgestellte Entwurf des Patientenrechtegesetzes
stellt keine Gruppen gegenüber und
lässt niemanden außen vor. Mit ihm
werden die Rechte von Patientinnen
und Patienten in Deutschland erstmalig in einem Gesetz gebündelt.
In der seit vielen Jahren laufenden
Diskussion wird damit eine greifbare Lösung vorgelegt: Transparenz und Rechtssicherheit werden
hergestellt, die tatsächliche Durchsetzung der Rechte von Patientinnen und Patienten wird verbessert.
Der Gesetzentwurf zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen
und Patienten wurde am 23. Mai
2012 vom Bundeskabinett beschlossen. Nach dem parlamentarischen
Verfahren im Herbst soll das Patientenrechtegesetz noch in diesem
Jahr in Kraft treten. Der von Bundesministerium für Gesundheit und
lidwina
Bundesministerium der Justiz unter
meiner Beteiligung erarbeitete Gesetzentwurf sieht insbesondere vor:
Aufnahme des Behandlungsvertrags in das Bürgerliche
Gesetzbuch
Patientinnen und Patienten können
damit künftig im Gesetz nachlesen, welche Rechte sie gegenüber
dem Behandler, also dem Arzt oder
dem Zahnarzt, aber auch gegenüber
dem Physiotherapeuten, der Hebamme oder dem Heilpraktiker haben. Wichtige Rechte sind dabei das
Recht auf Aufklärung und Information – auch darüber, dass die Kosten einer Behandlung möglicherweise nicht von der Versicherung
übernommen werden, der Anspruch
auf Einsicht in die Behandlungsunterlagen und die Notwendigkeit
der Einwilligung in die Behandlung. Damit wird eine langjährige Forderung von Patientenorganisationen erfüllt. Festgeschrieben
wird außerdem, in welchen Fällen
bei einem Behandlungsfehler der
Arzt oder die Ärztin die Beweislast
trägt. Das ist der Fall insbesondere
bei groben Behandlungsfehlern und
bei Befund­erhebungsfehlern, wenn
sich ein Risiko verwirklicht, das für
den Behandelnden voll beherrschbar war, und wenn der Behandelnde
für die vorgenommene Behandlung
nicht geeignet und befähigt war.
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lidwina
Gesellschaft
Effektive Qualitätssicherung
durch Risikomanagement- und
Fehlermeldesysteme
Unser Ziel muss es sein, Behandlungsfehler so weit wie möglich zu
vermeiden. Ein wichtiger Faktor
dafür ist es, aus Fehlern und vor allem auch aus Vorfällen, in denen
es beinahe zu einem Fehler gekommen wäre, zu lernen. Risikomanagement- und Fehlermeldesysteme bieten hierfür eine Struktur und
stellen sicher, dass der Austausch
über Fehler und Beinahe-Fehler zu
einem festen Bestandteil des Behandlungsgeschehens wird. Durch
ein patientenorientiertes Beschwerdemanagement können dabei die
Sichtweise und die Erfahrungen der
Patientinnen und Patienten einfließen. Die Vereinbarung von Vergütungszuschlägen für Krankenhäuser, die sich an einrichtungsübergreifenden Fehlermeldesystemen
beteiligen, soll dazu einen finanziellen Anreiz setzen.
Mehr Unterstützung bei
Behandlungsfehlern
Die Krankenkassen sollen zukünftig ihre Versicherten bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen aus Behandlungsfehlern
unterstützen. Ein entsprechender
Anspruch auf Unterstützung besteht bei Pflegebedürftigen. Bisher war diese Unterstützung in
das Ermessen der Krankenkassen
gestellt. Eine wichtige Unterstützungsleistung ist dabei zum Beispiel die Erstellung eines medizinischen Gutachtens zur Frage des
Behandlungsfehlers.
Schnellere Entscheidung
über Leistungen durch die
Krankenkasse
Krankenkassen müssen künftig Anträge auf Leistungen zügig bearbeiten: Entscheiden sie nicht innerhalb
von drei Wochen nach Antragseingang bzw. innerhalb von fünf Wochen, wenn eine Stellungnahme des
Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung eingeholt wird,
können Versicherte der Krankenkasse eine Frist zur Entscheidung
setzen. Nach Ablauf der Frist können sie sich dann die Leistung selbst
beschaffen und erhalten die Kosten
von der Krankenkasse erstattet.
Widerrufsrechte
Versicherte erhalten das Recht, ihre
Entscheidung für eine Teilnahme an
der hausarztzentrierten Versorgung,
der besonderen ambulanten ärztlichen Versorgung und der integrierten Versorgung innerhalb von zwei
Wochen zu widerrufen. Damit können sie ihre Entscheidung nochmals
in Ruhe überdenken und sich gegebenenfalls ergänzend informieren.
Stärkung der
Patientenbeteiligung
Die Beteiligungsrechte der Patientinnen und Patienten werden unter
anderem im Bereich der Bedarfsplanung ausgebaut. Das stellt sicher,
dass die Sicht der Patienten auch in
dem wichtigen Punkt der Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung berücksichtigt wird.
Umfassende Informationen für
Patientinnen und Patienten
Die ausdrückliche Regelung der
Rechte der Patientinnen und Patienten im Gesetz ist nur eine von
mehreren Maßnahmen, die notwendig sind, um Transparenz über diese
Rechte herzustellen. Denn die Rechte der Patientinnen und Patienten
Damit schafft das Patientenrechtegesetz die Voraussetzung für einen faireren
Umgang auf Augenhöhe.
Das dient dem Ziel aller Bemühungen im Gesundheitswesen: der optimalen medizinischen Versorgung.
werden auch weiterhin an unterschiedlichen Stellen im Gesetz geregelt sein. Zusätzlich soll daher der
Patientenbeauftragte der Bundesregierung die Rechte der Patientinnen
und Patienten umfassend zusammenstellen und die Bevölkerung
hierüber informieren. Das Patientenrechtegesetz wird so dem gegenseitigen Vertrauen zwischen Patienten, Krankenkassen und Ärzten ein
neues und zeitgemäßes Fundament
geben. Die Rechte der Patienten werden weiterentwickelt, erstmals zusammenhängend geregelt und für jedermann unkompliziert nachlesbar.
Damit schafft das Patientenrechtegesetz die Voraussetzung für einen faireren Umgang auf Augenhöhe. Das
dient dem Ziel aller Bemühungen im
Gesundheitswesen: der optimalen
medizinischen Versorgung.
Ernährung
lidwina
Vitaminbomben
Nahrungsergänzungsmittel unter der Lupe
Künstlich hergestellte Mineralstoffe und Vitamine finden wir – schön verpackt – in den
Regalen der Supermärkte und Drogerieketten, obwohl es eigentlich keine Mangelernährung geben dürfte, wenn – ja, wenn wir
uns ausgewogen ernähren.1
„Nahrungsergänzungsmittel sind Produkte, die aus
Nährstoffen oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung in konzentrierter Form bestehen. Das können Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente, Aminosäuren, aber auch
Ballaststoffe, Pflanzen oder Kräuterextrakte sein.“2 Die
Deutsche Gesellschaft (DGE) für Ernährung hat hierzu eine sehr klare Haltung: Ausnahmeweise sollten nur
„Folsäure (in der Schwangerschaft, Anmerk. d. Verf.)
zur Prophylaxe eines Neuralrohrdefektes und jodiertes
Speisesalz zur Vorbeugung eines Jodmangels“3 die Ernährung ergänzen.
Lebensmittel oder Arzneimittel
Nahrungsergänzungsmittel sind Lebensmittel und keine Arzneimittel! Und diese Unterscheidung hat erhebliche Konsequenzen: Der Gesetzgeber schreibt für Arzneimittel wesentlich strengere Kontrollen vor als für
Lebensmittel. Zudem sind die Hersteller selbst für die
Sicherheit dieser „Nahrungsmittel“ zuständig. Da es
sich bei den isolierten Vitaminen & Co. aber um Substanzen handelt, die wirksam in den Stoffwechsel eingreifen, ist Vorsicht geboten. Ganz besonders bei solchen, die über das Internet gekauft werden. Deren Zusammensetzung ist häufig kaum nachvollziehbar.
Wasserlöslich oder Fettlöslich?
Die Rufe der Warner werden immer lauter, da die langfristige Einnahme von einigen Vitaminen oder Mineralstoffen zu einer erheblichen Belastung des Körpers führen kann: Vitamine werden in zwei Gruppen aufgeteilt:
1
Vgl.: www.dge.de
2
Vgl.: www.bfr.bund.de/
3
Vgl.: www.dge.de: DGE - special 02/2000 vom 29.06.2000,
Ergebnisse der Jahrespressekonferenz der DGE 2000.
29
30
lidwina
Ernährung
fettlösliche und wasserlösliche. Fettlösliche Vitamine
werden im Fettgewebe und der Leber gespeichert. Der
Körper kann diese Vitamine bei Bedarf abrufen. Werden langfristig zusätzlich Vitamine zugeführt, kann es
zu einer Überversorgung des Körpers mit unerwünschten Nebenwirkungen kommen. Zu den fettlöslichen
Vita­minen gehören die Vitamine A, D, E, K. Diese finden Sie bspw. in Leber, pflanzlichen Ölen, Nüssen, Eiern, grünblättrigem Gemüse und dem Tageslicht.
Die wasserlöslichen Vitamine B1, B2, B5, B6, B12, C,
H(Biotin), Folsäure, Niacin werden nicht im Körper gespeichert und müssen demnach regelmäßig zugeführt
werden. Sie kommen in Fleisch-, Fisch- und Vollkornprodukten sowie Zitrusfrüchte und Gemüse vor.4
Gesättigt oder bedürftig!
Die einhellige Meinung der Experten lautet: Gesunde Menschen, die sich ausgewogen ernähren, benötigen keine Nahrungsergänzungen. Aber was ist mit
Menschen, die z.B. an MS erkrankt sind? Immer wieder stellen MS-Patienten die Fragen, ob es medizinisch
sinnvoll ist, die Ernährung mit bestimmten Vitaminen
und Mineralien zu ergänzen. In der Diskussion sind dabei vorrangig: Kalzium, Vitamin D und Vitamin E.
½h
100 %
Tagesbedarf Vitamin D
Kalzium ist verantwortlich für feste Knochen und Zähne. Wir nehmen es über die Nahrung auf. Es findet
sich in Milch und Milchprodukten, aber auch in einigen pflanzlichen Lebensmitteln wie bspw. Grünkohl
wieder. Der Kalziumspiegel des Körpers muss immer gleich bleiben, da sonst schwerwiegende Krankheitssymptome auftreten können. Und an dieser Stelle
kommt das Vitamin D ins Spiel: Es steuert den Kalziumhaushalt und verleiht dadurch den Knochen und
Zähnen ihre Stabilität. Vitamin D wird selbstständig
unter Einfluss von UV-Strahlen gebildet, kann aber
auch durch Lebensmittel wie fetten Fisch, Leber und
Eigelb aufgenommen werden. Am einfachsten ist es jedoch, einen täglichen Spaziergang unter freiem Himmel einzulegen. Eine halbe Stunde täglich reicht, um
den Vitamin-D-Bedarf zu decken! Gleichzeitig tun Sie
auch etwas für Ihr körperliches Wohlbefinden.
Untersuchungen zeigen, dass bei MS-Patienten die Knochendichte und der Vitamin-D-Spiegel „im Durchschnitt
niedriger ist, was zu einer Osteoporose führen kann.
Gründe hierfür können zu geringe Kalzium- und Vitamin-D-Zufuhr, zu wenig Bewegung, Rauchen, seltener
Aufenthalt im Freien und wiederholte Kortisontherapien
sein.“5 Eine Unterversorgung mit Vitamin D und Kalzium kann medizinisch nachgewiesen werden. „Ein relativer Vitamin-D-Mangel kommt dagegen nicht selten vor
und wird mit Erkrankungen wie MS, Bluthochdruck Diabetes, Infektneigung und Hauterkrankungen in Verbindung gebracht. Eine Zufuhr von bis zu 50 mg (Erwachsene) wird als ungefährlich angesehen.“6 Es liegen aber
bisher keine aussagekräftigen Studien vor, ob durch die
Zufuhr von Kalzium und Vitamin D Effekte auf die MS
und die Anzahl der Schübe bewirkt wird.7
Grundsätzlich sollte gelten: Vor der Einnahme von
Nahrungsergänzungen gemeinsam mit dem Arzt klären, ob eine solche zusätzliche Zufuhr erforderlich ist
und welche Präparate sinnvoll sind. Eine Nahrungsergänzung sollte eine ERGÄNZUNG zu einer ausgewogenen Ernährung bleiben und sie nicht ersetzen!
4
Vgl.: http://www.lebensmittellexikon.de
5
Vgl.Schwarz, Stefan; Leweling, Hans: Kalzium und Vitamin D
bei Multipler Sklerose: lidwina 1/08, S. 10
6
Ebenda
7
Ebenda, S. 12


Leserforum

lidwina
direkt nach dem positiven Test abgesetzt. Die Schwangerschaft verlief super. Bei Fragen konnte ich mich immer an Frau Dr. Hellwig wenden, die für alles, wirklich
für alles, ein offenes Ohr hatte.



  ✒

Ich find es sehr, sehr wichtig, dass mehr Frauen an die ✒
 ❤ 
ser Studie teilnehmen, um anderen Frauen den Mut zu
 ❤ 
geben, auch mit MS schwanger zu werden. Es ist nicht
schwer und tut nicht weh. Man meldet sich dort an,

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wird ab und an mal angerufen, die Daten werden an

onym verwendet. Das war´s. Mit wenig Einsatz kann

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man helfen, MS und Schwangerschaft etwas durchsich
 ✒
tiger zu machen.

❤

 ❤ 



Leserforum
Mit wenig Einsatz helfen
(...) mein Name ist Daniela und ich bin 31 Jahre alt. Den
Bericht Multiple Sklerose und Kinderwunsch in der aktuellen lidwina haben ich mit Freude gelesen. Endlich
mal ein positiver wissenschaftlicher Artikel, eine Ermutigung für Frauen mit MS. Als ich mich mit diesem
Thema beschäftigt habe, bin ich im Internet leider nur
auf negative Berichte von Eltern und deren Kinder gestoßen, es gab kaum fachliche Literatur dazu.
Ich selber habe vor 2 Jahren die Diagnose bekommen,
3 Monate nach unserer Hochzeit, mitten in unseren
Träumen vom Eigenheim. Das Eigenheim haben wir so
geplant, das wir im Fall der Fälle nicht mehr umbauen
müssen. Also alles ebenerdig und rollstuhlgerecht. Den
Traum von einer „richtigen“ Familie mit Kindern wollten wir nicht aufgeben. Nach Rücksprachen mit meiner
Neurologin und Kontaktaufnahme mit Frau Dr. Hellwig, Bochum, bin ich dann unter meinem MS-Medikament schwanger geworden. Das Medikament hab ich
Unser Sohn ist heute 4 Monate alt, top fit, unser Sonnenschein und ganzer Stolz. Bisher hab ich noch keinen, toi, toi, toi, weiteren Schub gehabt, obwohl ich
auch nur 6 Wochen lang gestillt habe. Angefangen mit
der Basistherapie hab ich allerdings jetzt erst wieder, 4
Monate nach Lucas Geburt.
Daniela, per E-Mail
Glücksgefühl Ahoi!
(...) Da wir seit mehreren Jahren unseren Urlaub auf einem Reiterhof am Plauer See verbringen, machte mich
der Artikel über den Segelverein „Plauer-Haie“ sehr
neugierig. Und so nutzte ich kürzlich meinen Aufenthalt dort für einen Besuch der Marina. Ich wurde sehr
freundlich empfangen und man nahm sich Zeit, mir alles zu zeigen und Fragen zu beantworten. Anfangs war
mir das Ganze wenig geheuer, aber verlockend war es
schon. Als vor mir ein Querschnittsgelähmter eine Probefahrt antrat und ich sah, welche große Unterstützung
er erhielt, wollte ich es auch ausprobieren und schon
saß ich allein im Segelboot, hielt die Pinne und 3 Leinen und steuerte der Sonne entgegen. Wow, was für ein
Gefühl von Freiheit!
Anfangs begleitete mich ein Schlauchboot und wies
mich in die Technik ein und danach kreuzte ich über
den Plauer See und ließ mir den Wind um die Ohren
pusten. Als ich nach über einer Stunde mit einem riesengroßen Glücksgefühl wieder an Land kam, wurde ich ganz selbstverständlich zu Klönschnack, Kaffee
und Keksen eingeladen. Danke für den Tipp, und ich
komme gerne 2013 wieder.
Torsten, per E-Mail
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Vorschau März 2013
Herzensangelegenheit „Job“
Ob es Beruf ist oder Berufung – das entscheidet man selbst. Die
Suche nach dem richtigen Arbeitsplatz ist auf jeden Fall spannend. Es gibt verschiedene Hilfen, um der Lösung des Problems
ein Stück näherzukommen.
Manchmal beeinträchtigt die MS auch das Gleichgewicht.
Die Gründe hierfür können vielfältig sein. Und es
gibt immer verschiedene Möglichkeiten, diese Beeinträchtigung zu behandeln.
81147884 | BETA lidwina 3|2012
Alles im Lot?