Finanzierung von Bildungsinvestitionen in
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Finanzierung von Bildungsinvestitionen in
Univ. Prof. Dr. S. Winter Lehrstuhl für Human Resource Management Ruhr-Universität Bochum Finanzierung von Bildungsinvestitionen in Entwicklungsländern Masterarbeit zur Erlangung des akademischen Grades eines Master of Science (M.Sc.) im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften Vorgelegt am 20.12.2010 Daniel Görner Alsenstraße 31 44789 Bochum Telefonnr.: 0176/70424714 Matrikelnummer: 108004238917 Inhaltsverzeichnis Tabellenverzeichnis ............................................................................................................... III Abkürzungsverzeichnis ..........................................................................................................IV 1 Einleitung .......................................................................................................................... 1 1.1 Problemstellung .......................................................................................................... 1 1.2 Gang der Untersuchung .............................................................................................. 3 2 Prinzipal-Agenten-Theorie .............................................................................................. 5 2.1 Hidden Characteristics ............................................................................................... 5 2.2 Hidden Action ............................................................................................................ 6 2.3 Hidden Intentions/Hold-Up ........................................................................................ 8 3 Nachfrageseitige Formen der Ausbildungsfinanzierung ............................................ 10 3.1 Annuitätendarlehen .................................................................................................. 10 3.2 Einkommensabhängige Finanzinstrumente .............................................................. 12 3.2.1 Income Contingent Loans mit Risk-Pooling/Risk-Sharing .................................. 12 3.2.2 Graduate Tax ........................................................................................................ 16 3.2.3 Human Capital Contracts ..................................................................................... 17 4 Bisherige Erfahrungen der Bildungsfinanzierung in Entwicklungsländern ............ 20 4.1 Kostenteilung und Anforderungen nachhaltig finanzierbarer Bildungssysteme ...... 20 4.2 Einkommensabhängige Bildungsdarlehen in Entwicklungsländern ........................ 21 5 Finanzierung von Bildungsinvestitionen in Entwicklungsländern ............................ 26 5.1 Private Finanzierung staatlicher HCCs im primären und sekundären Bildungssektor .......................................................................................................... 28 5.1.1 Implementierung .................................................................................................. 29 5.1.2 Vertragssicherheit und Risikoallokation .............................................................. 32 5.2 Steuerbasierte Kapitalrückflussmodelle ................................................................... 35 5.2.1 Steuersysteme in Entwicklungsländern ................................................................ 36 5.2.2 Kapitalrückfluss über das Steuersystem ............................................................... 38 5.2.2.1 Einkommenssteuer ....................................................................................... 39 5.2.2.2 Mehrwertsteuer............................................................................................. 43 6 Implikationen für Entwicklungsländer ........................................................................ 49 7 Schlussbetrachtung ........................................................................................................ 51 Literaturverzeichnis ............................................................................................................... 54 II Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Bildungsrenditen nach Einkommensgruppen.......................................................... 26 Tabelle 2: Monetäre Steuerkonformitätskosten ....................................................................... 41 Tabelle 3: Steuermerkmale ausgewählter Entwicklungsländer................................................ 44 Tabelle 4: Durchschnittseinkommen nach Bildungsgrad und MwSt.- Aufkommen ............... 46 III Abkürzungsverzeichnis HCC - Human Capital Contract HECS - Higher Education Contribution Scheme ICL - Income Contingent Loan IV 1 Einleitung 1.1 Problemstellung Der eingeschränkte Zugang zu Bildung sowie mangelnde institutionelle/rechtliche Rahmenbedingungen bei der Durchsetzung von Verträgen sind zwei der Kernprobleme vieler Entwicklungs- und Schwellenländer. Direkte sowie vor allem indirekte Kosten der Ausbildung führen dazu, dass Eltern ihre Kinder früh zur Einkommenssicherung heranziehen müssen und diese somit oft keine Schule besuchen können oder gezwungen sind, diese früh abbrechen. Neben Schulgebühren gehören dazu beispielsweise Unterrichtsmaterialien, Schuluniformen, der Transport zur Schule und zurück sowie Opportunitätskosten des entgangenen Einkommens.1 Kreditmärkte zur Finanzierung etwa von Bildungskrediten sind nur eingeschränkt funktionsfähig und leiden an der mangelnden Durchsetzbarkeit von Vertragsinhalten, Informationsasymmetrien und fehlenden Kreditbesicherungen. 2 Familien ohne entsprechendes Einkommen oder Garantien erfüllen somit nicht die Voraussetzungen der Kapitalüberlassung traditioneller Finanzinstitute, was die Finanzierung der Ausbildung unmöglich erscheinen lässt. Ein alternativer Ansatz wird über das Modell der Mikrokredite verfolgt, welche auf sich selbst durchsetzenden Kreditverträgen, so genannte Self-Enforcing Contracts, basieren. Diese erfordern weder eine rechtliche Durchsetzbarkeit von Verträgen noch Kreditbesicherungen, sondern bedienen sich dem Mittel des sozialen Drucks oder der Verbesserung von Kreditkonditionen über die Zeit bei Einhaltung/Erfüllung des Vertrags (Micro-Rationing).3 Trotz geringer Kreditausfallraten und hoher Renditen sind Mikrofinanzinstitute bislang nicht im Bereich der Ausbildungsfinanzierung in Entwicklungsländern tätig, primär aufgrund der über mehrere Jahre hinweg währenden Kreditbeziehung und der damit einhergehenden Investitionsrisiken. Zusätzlich sehen sich Entwicklungsländer zum einen mit zunehmender räumlicher und beruflicher Mobilität von Arbeitskräften konfrontiert, zum anderen fehlen staatliche Personenerfassungsregister, was die Risiken eines Kreditausfalls prohibitiv hoch erscheinen lässt. Es wird deutlich, dass bislang kein geeignetes Instrument zur Ausbildungsfinanzierung existiert und die verfügbaren Gelder aus dem Bereich der Entwicklungshilfe bei weitem nicht ausreichen, um bevölkerungsübergreifend eine elementare Schulbildung gewährleisten zu können. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich 1 Vgl. Flammer (2009), S. 1f. Vgl. Genicot/Ray (2006), S. 398f. 3 Vgl. Ghosh/Ray (1999), S. 2f. 2 1 daher mit der Frage, inwieweit (private) Investoren einen Beitrag zu Humankapitalakkumulationen leisten können, und nimmt dabei schwerpunktmäßig Bezug auf einkommensabhängige Finanzierungsmodelle, insbesondere sogenannte Human Capital Contracts (nachfolgend HCC). Dabei wird deutlich, dass die den Modellen zugrundeliegenden Annahmen auf ein funktionierendes und effizientes institutionelles Umfeld aufbauen, welches in vielen Entwicklungs- bzw. Schwellenländern in der Regel nicht vorzufinden ist. Der Fokus liegt daher auf sogenannten staatlichen HCCs, in denen Bildungsverträge im Bereich primärer und sekundärer Ausbildung exklusiv zwischen Staat und Investoren, und somit unter Umgehung des direkten Einbezugs Minderjähriger, geschlossen werden. In einem zweiten Schritt wird geprüft, inwieweit die aus der Finanzierung von Bildungsinvestitionen entstehenden Zahlungsverpflichtungen aus Sicht des Staates über das Steuersystem an Investoren zurückgeführt werden können. Dabei werden zunächst international weit verbreitete Einkommens- sowie Mehrwertsteuermodelle dahingehend auf ihre Eignung untersucht, ob sie sich in Entwicklungsländern als Instrument zur Rückführung von Bildungsinvestitionen eignen. Daran anschließend werden die hierfür notwendigen Minimalvoraussetzungen erläutert, die für eine Implementierung staatlicher HCCs unter Verwendung administrativer Strukturen sowie des Steuersystems erforderlich erscheinen. Die zentralen Fragestellungen der Arbeit lassen sich somit wie folgt formulieren: Inwieweit können private Investoren einen Beitrag zur Finanzierung von Bildungsinvestitionen in Entwicklungsländern leisten und wie muss ein Vertrag zwischen Staat und privaten Kapitalgebern ausgestaltet sein, der Individuen einerseits nicht nach Einkommen bzw. der Verfügbarkeit von Sicherheiten diskriminiert, jedoch andererseits Kapitalgebern eine Möglichkeit bietet, von den hohen Renditen zu profitieren, welche durch Bildung erzielt werden können? Welche Rolle sollte der Staat innerhalb des Modells spielen und stellt in Entwicklungsländern das Steuersystem einen geeigneten Weg dar, die Rückführung dieser Investitionen abzuwickeln, ohne dass Regierungen exzessive Subventionen im Bildungssystem vornehmen müssen? Die Frage nach einer nachhaltigen Bildungsfinanzierung hat in den letzten Jahrzehnten weder an Dringlichkeit noch an Aktualität verloren und wie im Verlauf der Arbeit deutlich wird, sind Erfolgsmodelle in Entwicklungsländern eher Ausnahme als Regel. Die bisherige Literatur legte dabei ihren Schwerpunkt mehrheitlich auf eine Verbesserung des Bildungsangebotes, welches in der Vergangenheit größtenteils mithilfe internationaler Entwicklungshilfen finanziert wurde, jedoch nur eine Seite der Medaille darstellt. Vielmehr ist die steigende Nachfrage nach Bildung die wohl größte Herausforderung, mit der sich 2 Regierungen, insbesondere in Entwicklungs- und Schwellenländern, im 21. Jahrhundert konfrontiert sehen. Im breiten öffentlichen Interesse ist der daraus resultierende soziale, kulturelle, politische und gerade wirtschaftliche Nutzen für eine Volkswirtschaft kaum zu überschätzen. Die vorliegende Arbeit soll einen Beitrag dazu leisten, kostendeckende Finanzinstrumente im primären und sekundären Bildungsbereich zu identifizieren und diese unter Berücksichtigung substantieller Defizite innerhalb des Finanzsektors, der Rechtsstaatlichkeit sowie administrativer (Steuer-)Strukturen auf Entwicklungsländer anzuwenden. 1.2 Gang der Untersuchung Um auf die in Kapitel 1.1 formulierten Fragestellungen Bezug nehmen zu können, strukturiert sich die Arbeit wie folgt: In Kapitel zwei wird zunächst die Prinzipal-Agenten-Theorie erläutert, welche als theoretische Grundlage der Arbeit dient und insbesondere auf Probleme von Prinzipal und Agent vor, bei und nach Abschlussverträgen, gleich welcher Art, eingeht. Darauf aufbauend werden in Kapitel drei verschiedene Formen einkommensabhängiger Darlehen vorgestellt und auf ihre Eignung zur Finanzierung von Bildungsinvestitionen untersucht. Dabei soll insbesondere aufgezeigt werden, inwiefern sie sich von traditionellen (Bildungs-)Krediten unterscheiden, welche sowohl in Industriestaaten als auch in Entwicklungsländern die wohl am häufigsten anzutreffenden Finanzierungsinstrumente darstellen. In einem weiteren Schritt soll dabei aufgezeigt werden, welche Modelle den Zugang zu Bildung unabhängig von der individuellen Einkommenssituation ermöglichen und wie sie hinsichtlich ihrer Ausgestaltung auf das Verhalten der involvierten Vertragsparteien wirken. Eine besondere Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Allokation von Kreditbzw. Ausfallrisiken. Kapitel vier skizziert zunächst unter Bezugnahme auf begrenzte monetäre Ressourcen in Entwicklungsländern die Notwendigkeit einer Kostenteilung im Bildungsbereich sowie daraus abgeleitete Anforderungen nachhaltig finanzierbarer Bildungssysteme. Im weiteren Verlauf werden bisherige Implementierungsversuche einkommensabhängiger Darlehen in Entwicklungsländern anhand von konkreten Beispielen dargestellt und in Bezug auf ihre Fähigkeit, Kosten der Ausbildung auf die Profiteure von Humankapitalinvestitionen zu transferieren, untersucht. Kapitel fünf bildet den Hauptteil der vorliegenden Arbeit und stellt das Modell staatlicher Humankapitalverträge vor, welches die Finanzierung primärer und sekundärer Bildung unter Umgehung einer direkten Kreditbeziehung zwischen zum relevanten Zeitpunkt minderjährigem Schüler und Investor ermöglicht und dabei die Vorteile traditioneller 3 Humankapitalverträge beibehält. Am Beispiel öffentlicher Schulen wird anschließend eine konkrete Implementierungsmöglichkeit aufgezeigt und hinsichtlich der sowohl für den Staat als auch für den Investor wichtigen Vertragsparameter Durchsetzungssicherheit und Risikoallokation untersucht. Die Rückführung und Verzinsung privater Investitionen erfolgt in diesem Modell unter Zuhilfenahme des Einkommenssteuersystems, welches zukünftige Einkommen von Absolventen individuell besteuert und somit eine Möglichkeit bietet, Investoren und Regierungen an Bildungsrenditen partizipieren zu lassen. Als alternatives Rückführungsinstrument befasst sich die Arbeit ebenfalls mit der Mehrwertsteuer, welche zwar individuell nicht zuzuordnen ist, jedoch für Entwicklungsländer möglicherweise entscheidende Vorzüge mit sich bringt. Aus den im Verlauf der Arbeit identifizierten administrativen und institutionellen Defiziten werden in Kapitel sechs Implikationen für Entwicklungsländer abgeleitet, welche als Mindestvoraussetzungen einer nachhaltigen und von hohen Bildungsrenditen profitierenden Finanzierung primärer und sekundärer Ausbildung zu verstehen sind. Die Arbeit schließt mit einer Schlussbetrachtung. 4 2 Prinzipal-Agenten-Theorie Innerhalb der Betriebswirtschaftslehre befasst sich die Prinzipal-Agenten-Theorie mit der effizienten Gestaltung von Verträgen zwischen Auftraggeber (Prinzipal) und Beauftragtem (Agent), welche zum Zweck der Erbringung einer geforderten Leistung zwischen den Parteien geschlossen werden. Verträge beschreiben dabei Vereinbarungen zwischen Prinzipal und Agent, die für alle möglichen Fälle einer laufenden Beziehung sowohl zu leistende Beiträge als auch Erfolgsbeteiligungen vor Zustandekommen dieser festlegen.4 Aufgrund unterschiedlich gelagerter Interessen und unvollständiger Informationslage über das Verhalten des Agenten unter Berücksichtigung des Eintritts bestimmter Umweltzustände entstehen dem Prinzipal dabei Kosten, die für das Zustandekommen und den Erfolg der Vertragsbeziehung ausschlaggebend sind.5 Vor diesem Hintergrund fällt der Verifizierbarkeit der vertraglich festgelegten Elemente eine entscheidende Rolle zu. Die nach Vertragsschluss aus der individuellen Nutzenmaximierung hervorgehenden, divergierenden Interessen der Akteure können hierdurch im Sinne der zuvor erzielten vertraglichen Einigung gelöst werden.6 Übertragen auf das der Arbeit zugrunde liegende Finanzierungsmodell von Ausbildungsinvestitionen nimmt der Investor die Rolle des Prinzipals ein, welcher sich per Vertrag verpflichtet, die Kosten der Ausbildung von Schülern zu übernehmen und im Gegenzug einen Anspruch auf Rückzahlung und Verzinsung des eingesetzten Kapitals erhält. Der Empfänger einer Humankapitalinvestition wird als Agent bezeichnet, der sowohl selbst als auch in Gestalt einer Regierung als Vertragspartner agiert und über die im Vertrag festgelegten Konditionen den Nutzen des Prinzipals bestimmt. 2.1 Hidden Characteristics Das Problem der Hidden Characteristics (verborgene Eigenschaften) tritt als eine Form der Informationsasymmetrie auf, bei der der Prinzipal bestimmte Eigenschaften des Agenten, die für den Erfolg der Vertragsbeziehung ausschlaggebend sind, nicht kennt. Dies sind in der Regel Informationen hinsichtlich Qualifikation und Leistungsbereitschaft des Agenten, welche nur diesem allein zur Verfügung stehen. Das Informationsdefizit besteht ex ante vor Abschluss des Vertrags, da zu jenem Zeitpunkt der Prinzipal die Parameter des Kontraktes festlegen muss. Durch die Unsicherheit bezüglich der wahren Eigenschaften erfolgt die 4 Vgl. Fritsch et al. (2007), S. 294ff. Vgl. Jost/Backes-Gellner (2001), S. 45. 6 Vgl. Jost/Backes-Gellner (2001), S. 13ff. 5 5 Ausgestaltung unter Zugrundelegung von Erwartungswerten über die Verteilung von „guten“ und „schlechten“ Agenten. Das damit einhergehende Risiko für den Prinzipal besteht darin, Verträge mit Agenten abzuschließen, die den an sie gerichteten Anforderungen nicht entsprechen, jedoch vorgeben diese zu erfüllen. „Gute“ Agenten, werden hingegen nicht in den Vertrag einwilligen, da die auf durchschnittlichen Erwartungswerten beruhenden Verträge für sie unter Nutzengesichtspunkten nicht ausreichend lohnenswert sind. Die Gefahr aus Sicht des Prinzipals, systematisch in Verträge mit für ihn unvorteilhaften Agenten einzuwilligen, wird als „adverse Selektion“ bezeichnet und erstmalig von Akerlof (1970) am Beispiel des US Gebrauchtwarenmarkts für Automobile untersucht.7 Die mit verborgenen Eigenschaften einhergehenden Informationsasymmetrien lassen sich sowohl für den Prinzipal als auch für den Agenten über sogenannte Screening- bzw. Signallingverfahren reduzieren. Screening beschreibt den Vorgang, bei dem der Prinzipal unterschiedliche Verträge anbietet, wodurch Agenten gezwungen sind, sofern sie nutzenmaximierend handeln, ihr wahres Leistungsniveau zu offenbaren. Dies geschieht unter der Annahme, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bis dato private Informationen gegenüber dem Prinzipal öffentlich gemacht werden, indem Agenten die für sie optimalen Verträge wählen. Werden private Informationen vor Zustandekommen des Vertrags aktiv von Seiten des Agenten offengelegt und der uniformierten Partei mitgeteilt, so wird dies als Signalling bezeichnet. 8 Eine freiwillige Offenlegung von Charakteristiken setzt jedoch positive Konsequenzen hinsichtlich der Vertragsparameter für den Agenten voraus und wird nur dann vorgenommen, wenn die mit dem Mehraufwand verbundenen Kosten geringer als die zu erwartenden monetären Vorteile ausfallen. Auf der anderen Seite steigt die Glaubwürdigkeit der suggerierten Informationen gegenüber dem Prinzipal mit steigenden Kosten. 2.2 Hidden Action Das Problem verborgener Handlungen (Hidden Action) als Aspekt asymmetrisch verteilter Informationen tritt für den Prinzipal dann ein, wenn er nach Vertragsabschluss die Arbeitsanstrengung des von ihm eingesetzten Agenten nicht unmittelbar beobachten kann (endogenes Informationsdefizit). Aus Sicht des Prinzipals ist zunächst zu beachten, dass der von ihm angebotene Vertrag auch tatsächlich von Seiten des Agenten akzeptiert wird. 7 8 Vgl. Akerlof (1970), S. 488ff. Vgl. Jost/Backes-Gellner (2001), S. 27f. 6 Ausschlaggebend für eine Zustimmung des Agenten ist dabei die sogenannte Outside-Option, welche durch den erzielbaren Nutzen alternativer Vertragsangebote zur Verfügung steht. Der Prinzipal muss hierbei sicherstellen, dass der von ihm angebotene Vertrag das MindestnutzenNiveau der Outside-Option nicht unterschreitet, welches den Reservationsnutzen des Agenten wiederspiegelt. 9 Der zugesicherte Entlohnungsanspruch erfolgt unabhängig von der tatsächlich erbrachten Leistung des Agenten. Vielmehr wird der Prinzipal dem Agenten lediglich einen Vorschlag über den zu wählenden Arbeitseinsatz unterbreiten können, wodurch bei der Gestaltung von Verträgen nur das Ergebnis der durch den Agenten geleisteten Arbeit berücksichtigt werden kann.10 Der Erfolgsgrad der Aufgabenerfüllung ist jedoch nicht nur von der reinen Leistungserbringung dieses, sondern auch von exogenen Faktoren wie beispielsweise der Wirtschafts- oder Branchenlage abhängig. Daraus folgt, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Verhalten und Erfolg der Aufgabenerfüllung für den Prinzipal nicht hergestellt werden kann. Verhält sich der Agent in diesem Fall entgegen des ihm Aufgetragenen und nutzt das Informationsdefizit des Prinzipals dahingehend aus, dass er keine Lohneinbußen fürchten muss, so spricht die Literatur von Moral Hazard (moralisches Risiko). Die Überwindung der Moral-Hazard-Problematik kann aus Sicht des Prinzipals über eine Implementierung von Anreiz-, Überwachungs- und Informationssystemen herbeigeführt werden. Das Ziel von Anreizsystemen besteht in der Belohnung von Verhaltensweisen des Agenten, welche zu einer Harmonisierung mit den vom Prinzipal verfolgten Interessen bzw. Zielen führen. Über eine Erfolgsbeteiligung des Agenten, beispielsweise auf Basis langfristiger Gewinn- bzw. Renditekennzahlen, wird dieser sich zur eigenen Nutzenmaximierung im Interesse des Prinzipals verhalten und sein individuelles Kalkül dahingehend anpassen.11 Dabei muss über den Vertrag jedoch sichergestellt werden, dass sowohl kurz- als auch langfristige Renditebestrebungen ihre Berücksichtigung finden, da sich ansonsten Anreize einer individuellen Einkommensmaximierung zum Schaden des Auftraggebers nicht verhindern lassen. Informationssysteme zur Kontrolle bzw. Beobachtung des Verhaltens dienen der Reduzierung der Unsicherheiten, welche aus dem besseren Informationsstand des Agenten resultieren. Eine vollkommene Aufdeckung von Informationen im Sinne einer First-BestLösung kann es aufgrund des hiermit verbundenen Kosten- bzw. Zeitaufwands nur sehr 9 Vgl. Jost/Backes-Gellner (2001), S. 47ff. Vgl. Jost/Backes-Gellner (2001), S. 46. 11 Vgl. Alparslan (2006), S. 32. 10 7 begrenzt geben, wodurch Informationssysteme in der Regel nur Informationen liefern, die keinen eindeutigen Rückschluss auf die Arbeitsanstrengungen des Agenten zulassen. Die gewonnenen Daten sind somit verzerrt und enthalten Umwelteinflüssen geschuldete Beobachtungsfehler.12 Als Beispiele dienen in diesem Zusammenhang Qualitätskontrollen, Berichte von Wirtschaftsprüfern, Gutachten oder Rechenschaftsberichte, die sowohl aus internen als auch externen Quellen bezogen werden können. In Bezug auf das Verhalten des Agenten sind dabei keine positiven Anreize notwendig, da die vom Prinzipal eingesetzten Mittel der Aufdeckung von Fehlverhalten dienen. Sanktionen werden als Mittel eingesetzt, um aus Sicht des Prinzipals unerwünschtes Handeln zu minimieren und für den Agenten unattraktiv hinsichtlich des ökonomischen Ergebnisses zu gestalten. 2.3 Hidden Intentions/Hold-Up Besteht vor Vertragsschluss von Seiten des Prinzipals Unsicherheit bezüglich der wahren Motive des Agenten, so stellt sich das Problem der Hidden Intentions (verborgene Absichten). Dabei sieht sich dieser der Gefahr bzw. der Unsicherheit ausgesetzt, ob sich der Vertragspartner tatsächlich an die zuvor vereinbarten Absprachen hält. 13 Eine etwaige Leistungszurückhaltung wird zwar durch den Prinzipal registriert, die Angleichung der Interessen scheitert aber an einem nicht glaubwürdig darstellbaren Drohszenario, da durch das Aufkündigen der Vertragsbeziehung entstehende Verluste ökonomisch nicht sinnvoll sind. Sogenannte Sunk Costs entstehen, falls bereits in die eingegangene vertragliche Beziehung investiert wurde, diese jedoch annulliert werden muss. Solche Kosten zu verhindern erfordert ex ante ein hohes Maß an Transaktionskosten und wäre darüber hinaus zwar erkenn-, aber nicht sanktionierbar. Der Unsicherheit geschuldet könnten ökonomisch sinnvolle Investitionen ausbleiben, wodurch Wohlfahrtsverluste hingenommen werden müssen.14 Hold-Up (wörtlich übersetzt: Überfall) kann in einer Beziehung zwischen Gläubiger und Schuldner beispielsweise eintreten, wenn sich dem Agenten Möglichkeiten ergeben, Zahlungen zurückzuhalten. Das kann daran liegen, dass die Einigung in einem ungewissen bzw. wagen institutionellem Umfeld zustande gekommen ist und es für den Prinzipal mit prohibitiv hohen Kosten verbunden wäre, alle denkbaren Umweltzustände oder Entwicklungen im Voraus durchzuspielen und zu regeln.15 Besonders in Entwicklungsländern 12 Vgl. Petersen (1988), S. 66f. Vgl. Neus (2003), S. 95. 14 Vgl. Fritsch et al. (2007), S. 293ff. 15 Vgl. Spremann (1990), S. 569. 13 8 mit begrenzter Rechtssicherheit bzw. Unsicherheit über die Durchsetzbarkeit von Verträgen ist dies ein real zu berücksichtigendes Risiko. Hierbei stellt sich die Frage wie beispielsweise mit von Schuldnern erbetenen Kreditlaufzeitverlängerungen oder Zahlungsaufschiebungen verfahren werden kann. Da der Investor zu diesem Zeitpunkt bereits irreversible Investitionen getätigt hat, wird die Rentabilität des eingesetzten Kapitals durch das Verhalten des Kreditempfängers entscheidend beeinflusst. 9 3 Nachfrageseitige Formen der Ausbildungsfinanzierung Bisherige Bestrebungen von Regierungen im Bildungsbereich befassen sich schwerpunktmäßig mit der Angebotsseite, daher der Verbesserung von Bildungsinstitutionen sowie der Leistung von Schülern. Dabei wird vorausgesetzt, dass Empfänger staatlicher Investitionen bereits Teil des Bildungssystems sind bzw. über unbeschränkten Zugang zu diesem verfügen. Hierbei wird deutlich, dass diese Überlegungen für Entwicklungsländer zu kurz greifen und insofern die Ursachen des Bildungsdefizits unberücksichtigt lassen, als dass nur ein Teil der sich im Schulalter befindenden Kinder auch tatsächlich eine Schule besuchen kann.16 Die im folgenden Kapitel der Arbeit skizzierten Modelle befassen sich daher mit nachfrageseitigen Finanzierungsformen, welche ihr primäres Ziel in der Verbesserung des Zugangs zu Bildung sehen. Nachfrageseitige Finanzierungsmodelle untergliedern sich ferner in traditionelle Kreditverträge, sogenannte Annuitätendarlehen und einkommensabhängige Bildungsdarlehen, welche in Form von Risk-Pooling/Risk-Sharing-Modellen, der Graduate Tax sowie Human Capial Contracts Gegenstand der Untersuchung sind. 3.1 Annuitätendarlehen Die gängigste Form der Kapitalaufnahme zur Finanzierung von Investitionen stellen sogenannte Pfand- bzw. Hypothekenkredite dar, bei denen die Rückzahlung nach der Annuitätenmethode erfolgt. Bei Vertragsschluss werden sowohl Laufzeit als auch der Zinssatz festgesetzt, woraus sich die fixen, üblicherweise monatlich zu zahlenden Raten ergeben. Der Vertrag gilt dabei als erfüllt, sobald der nominale Kreditbetrag inklusive Zinselement vollständig zurückgezahlt wurde. Traditionelle Kredite eignen sich prinzipiell auch zur Finanzierung von Bildung und sind besonders in Ländern mit hohem Einkommen und funktionierenden Finanzmärkten anzutreffen. Diese sogenannten Bildungskredite sind dabei häufig staatlich subventioniert, wodurch vergünstigte Konditionen hinsichtlich der effektiven Verzinsung während des Studiums und innerhalb der Rückzahlungsphase eingeräumt werden.17 Ein generelles Problem bei der Finanzierung von Bildung über Kredite besteht in der Unsicherheit über das zukünftig generierbare Einkommen, welches gegebenenfalls durch den Abschluss erzielt werden kann. Besonders Studenten bzw. Schüler aus einkommensschwachen Familien sind dabei einem hohen Risiko ausgesetzt, da die Aussicht auf eine Erwerbstätigkeit mit hoher Vergütung häufig ungünstiger eingeschätzt wird 16 17 Vgl. Flammer (2009), S. 3f. für eine internationale Übersicht der Kreditkonditionen im Bildungsbereich siehe Usher (2005) 10 und die zuvor festgesetzten Tilgungszahlungen des Kredits eine hohe finanzielle Belastung darstellen können. 18 Hinzu kommt, dass Schuldner, sollten sie nach Beendigung der Ausbildung keine Anstellung finden oder erst mit Verzögerung in den Arbeitsmarkt eintreten, im Falle eines Zahlungsverzugs mit weiteren Kosten wie z.B. Verzugszinsen oder Mahngebühren rechnen müssen, wodurch sich die Kreditsumme weiter erhöht. Bei der Vergabe von Krediten durch Finanzintermediäre spielen Sicherheiten bzw. Bürgschaften eine zentrale Rolle zur Absicherung des Investitionsrisikos. Da jedoch Humankapital als immaterieller Vermögensgegenstand fest mit einem bestimmten Individuum verbunden ist und somit nicht als Sicherheit dienen kann, werden Investoren vor einer Investition zurückschrecken, sollte der Kreditnehmer über keine weiteren Besicherungen verfügen. In der Folge kommt es dazu, dass Kredite überwiegend nur an solche Haushalte vergeben werden, die über entsprechende Vermögensgegenstände verfügen und somit die finanzielle Unterstützung am wenigsten benötigen. Weitere Risiken ergeben sich für den Investor durch Informationsdefizite hinsichtlich der zukünftigen Renditen der von ihm finanzierten Ausbildung. Weder ist es ihm möglich, die Leistungsfähigkeit bzw. die Leistungsbereitschaft vor Vertragsschluss hinreichend feststellen zu können, noch kann der Kreditnehmer diese ihm gegenüber glaubhaft signalisieren. Folglich wird das zusätzliche Risiko in den Kredit eingepreist, was in einem höheren Zinssatz bzw. generell schlechteren Kreditkonditionen resultiert.19 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass traditionelle Kredite für die Finanzierung von Bildung zwar generell geeignet sind, jedoch aufgrund ihrer starren Ausgestaltung gerade einkommensschwache Schichten kaum erreichen werden. Die fehlende Sensitivität gegenüber dem zukünftigen Einkommen führt dazu, dass alle Kreditnehmer, unabhängig vom Erfolg der finanzierten Ausbildung, über einen zuvor festgelegten und somit nicht mehr verhandelbaren Zeitraum den gleichen Betrag zahlen. Staatlich subventionierte Bildungskredite versuchen die Schwächen traditioneller Kredite gegenüber der ärmeren Bevölkerungsschicht zu umgehen, indem beispielsweise Rückzahlungen nur bei Überschreiten einer bestimmten Einkommensgrenze eingefordert werden oder der Zahlungsanspruch von Seiten des Staates bzw. staatlicher Banken nach einer fixen Anzahl von Jahren verfällt. Derartige Beschränkungen erscheinen jedoch widersprüchlich vor dem Hintergrund, dass Bildung als eine Investition in die Zukunft betrachtet wird, aus der signifikante Einkommenssteigerungen 18 19 Vgl. Albrecht/Ziderman (1991), S. 4ff. Vgl. Kirchner (2007), S. 37ff. 11 zu erwarten sind.20 Insofern erscheint es erstrebenswert, Bildungsrenditen und Rückzahlungen über einen längerfristigen Zeitraum aufeinander abzustimmen. 3.2 Einkommensabhängige Finanzinstrumente Im Gegensatz zu Krediten mit annuitätischer Tilgung, berücksichtigen Income Contingent Loans (ICL), oder auch einkommensabhängige Kredite, die Einkommenssituation über den gesamten Zeitraum der Vertragsbeziehung hinweg. Während der Rückzahlungsphase, die sich an die Ausbildung anschließt, wird der Kredit durch einen prozentualen Anteil des monatlichen Einkommens über einen zuvor spezifizierten Zeithorizont hinweg getilgt. Die entscheidende Abgrenzung zu traditionellen Krediten erfolgt über den Schutz, den einkommensabhängige Modelle gegenüber den Kosten, welche mit Investitionsrenditen von Bildungsinvestitionen verbunden sind, bieten. Im Falle einer Phase geringer zukünftiger Einkommen wirkt dieser als „Ausfallversicherung“, sodass dem Finanzierten keine Kosten aus der Nicht-Bedienung seiner Verpflichtung entstehen.21 Gelingt dem Kreditnehmer nach Abschluss der Ausbildung der Berufseinstieg erst mit Verzögerung oder gerät er temporär in den Zustand der Arbeitslosigkeit, so kommt dies de facto einem Zahlungsaufschub gleich.22 Hierdurch werden ebenfalls mögliche Konsumeinschränkungen umgangen, die bei traditionellen Krediten in Kombination mit schwankenden Einkommensströmen auftreten können und für Niedrigeinkommensgruppen von besonderer Relevanz sind. Ein weiterer Vorteil einkommensabhängiger Rückzahlungspläne liegt in der höheren Effektivität, Bildung einem möglichst großen Teil der Bevölkerung zugänglich zu machen als dies durch staatliche Subventionierung von Zinssätzen bei Vorauszahlungen von Studiengebühren möglich ist. Innerhalb der Gruppe von ICLs wird ferner zwischen ICLs mit Risk-Pooling/RiskSharing, Graduate Tax sowie Human Capital Contracts unterschieden, welche sich in Hinblick auf ihre wirtschaftlichen und sozialen Wirkungen unterscheiden. 3.2.1 Income Contingent Loans mit Risk-Pooling/Risk-Sharing ICLs sowohl mit Risk-Pooling als auch Risk-Sharing erlauben es Investoren, Kreditnehmer unterschiedlicher Ausprägung in Kohorten zusammenzufassen, um gegenüber Einzelkrediten das Gesamtrisiko durch Diversifikation zu minimieren. Über das Zusammenführen von 20 Vgl. Oosterbeek/Patrinos (2008), S. 18f. Vgl. Chapman (2008), S. 6. 22 Vgl. Kirchner (2007), S. 39f. 21 12 Risiken (Risiko-Pooling) werden Kreditnehmer anhand einer Ausprägung, wie beispielweise des Studienjahrgangs, einer Gruppe zugeordnet. Die Höhe der Verpflichtung jeder Gruppe gegenüber dem Investor entspricht somit der Summe der Einzelkredite. Ausfallrisiken und Glättung der Kreditausschöpfung werden ex post über das Rückzahlungsverhalten der Gruppe herbeigeführt, wodurch Schuldner mit zukünftig hohen Einkommen höhere Beträge zurückzahlen als solche mit geringem Einkommen und somit einen größeren Beitrag bei der Tilgung der „Gruppenschuld“ leisten. Der Beitrag „guter“ Schuldner ist somit letztlich abhängig von der Zahlungsmoral bzw. Ausfallhäufigkeit schlechter Schuldner, was unweigerlich zu den in Kapitel zwei erläuterten Problematiken der adversen Selektion und des moralischen Risikos führt.23 Ersteres impliziert in diesem Zusammenhang, dass zukünftig „erfolgreiche“ Kreditnehmer den Kreditvertrag nicht akzeptieren werden, da dies einer Subvention von säumigen Kreditnehmern innerhalb derselben Gruppe gleichkommen würde, wohingegen schlechte Schuldner einen hohen Anreiz darin sehen werden, in das Kreditverhältnis einzuwilligen.24 Unabhängig von der Ausprägung der Kreditnehmer, kommt dies einer Art Versicherung gleich, da das Risiko gleichmäßig auf eine Vielzahl von Individuen verteilt wird. Das Problem der adversen Selektion lässt sich vermindern, indem die Kohorten möglichst groß gewählt werden, wodurch die zusätzliche finanzielle Belastung für potentiell einkommensstarke Schuldner sinkt, ebenso wie die Sorge, zufällig in einen Pool mit überwiegend schlechten Schuldnern zu geraten. Darüber hinaus führen große Pools dazu, dass Querfinanzierungen innerhalb der Kohorte für den Einzelnen weniger umfangreich und somit offensichtlich sind.25 Denkbar wäre eine Art Ausstiegsklausel für zukünftige Besserverdiener zu implementieren, für den Fall dass diese im Laufe des Kreditvertrags von Versicherten zu Versicherern innerhalb der Kohorte werden. Hierdurch bestünde für diese ein Anreiz das Finanzierungsmodell zunächst zur eigenen Absicherung zu wählen, im Erfolgsfall jedoch nicht überdurchschnittlich belastet zu werden. Der Investor hingegen könnte zur Diversifikation des Ausfallrisikos zunächst weiterhin von diesem Typ Schuldner profitieren, auch wenn ein Ausstieg oder „Freikauf“ vor Ende der geplanten Laufzeit aus dem Kreditverhältnis erfolgen sollte. 26 Aus Sicht einkommensschwacher Kreditnehmer ist der Redistributionseffekt des Risiko-Poolings positiv hervorzuheben, da ein möglicher Zahlungsausfall oder das Nicht-Vorhandensein von Sicherheiten im Gegensatz zu 23 Vgl. Chapman (2006), S. 19f. Nerlove (1975) analysiert die Wirkung von ICLs mit Risikobündelung am Beispiel des sogenannten Yale Plans zur Finanzierung von Studienkrediten. 25 Vgl. Vandenberghe/Debande (2005), S. 24. 26 Vgl. Kirchner (2007), S. 45f. 24 13 traditionellen Krediten nicht per se zum vorzeitigen Ausschluss von Bildungsfinanzierungen führt. Im Gegensatz zur adversen Selektion besteht die Problematik des Moralischen Risikos erst während der Rückzahlungsphase, also nach Abschluss der Ausbildung. Da die monatliche Tilgung des aufgenommenen Darlehens anhand des ausgewiesenen Einkommens bemessen wird, werden erfolgreiche Absolventen einen Anreiz verspüren, dieses so gering wie möglich zu halten bzw. die Höhe des Einkommens bei der Wahl des Jobs zu berücksichtigen. Auf den Risiko-Pool einkommensabhängiger Kredite übertragen, bedeutet dies nun im Umkehrschluss, dass Absolventen, welche auf dem Arbeitsmarkt nur ein geringes Einkommen erzielen können, höhere Beträge zahlen müssen als durch den Erwartungswert der Einkommensverteilung eigentlich prognostiziert. In eben genannten Fall kann jedoch das Versprechen einkommensabhängiger Kredite, Schuldner nicht aufgrund ihres erwarteten Einkommens zu benachteiligen, wegen der gegenteiligen Anreizsituation nur unvollständig umgesetzt werden.27 Bei einkommensabhängigen Krediten mit Risikoteilung (Risk-Sharing) wird das Ausfallrisiko von Einzelkrediten, im Unterschied zur Pooling-Methode nicht auf die Mitglieder innerhalb einer Kohorte, sondern auf alle Steuerzahler einer Volkswirtschaft transferiert. Die mit nicht vollständig zurückgezahlten Darlehen einhergehenden Kosten unterscheiden sich somit durch veränderte Arbeitsmarktbedingungen zwangsläufig zwischen den Kohorten. 28 Durch die Risikoübernahme des Steuerzahlers, zu denen ebenfalls die Profiteure der Bildungsfinanzierung zählen, werden die mit adverser Selektion und moralischem Risiko einhergehenden, negativen Effekte letzterer signifikant reduziert. Kreditnehmer mit hohem erwarteten Einkommen tilgen folglich nur den von ihnen in Anspruch genommenen Kredit, gegebenenfalls erhöht um einen Risikoprämie zur Absicherung gegenüber drohendem Niedrigeinkommen in der Zukunft. Die „Quersubventionierung“ der innerhalb der Kohorte ausgefallenen Darlehen wird über das nationale Steueraufkommen vorgenommen, wodurch Geringverdiener darüber hinaus bei steigenden Ausfallquoten nicht mit höheren Verpflichtungen konfrontiert werden. Unter diesen Umständen werden Individuen nur dann einen traditionellen Kredit einem einkommensabhängigen Kredit vorziehen, wenn sie sich ihrer Fähigkeiten voll bewusst sind und einer Prämie zur Absicherung gegen geringe 27 28 Vgl. Chapman (2006), S. 21. Vgl. Chapman (2006), S. 23. 14 Einkommen keinen oder nur einen geringen Wert zuweisen.29 Mit steigender Risikoaversion und Unsicherheit von Agenten gegenüber der finanziellen Situation in der Zukunft, greifen die Mechanismen der Risikoteilung einkommensabhängiger Kredite in zunehmendem Maße. Trotz der gerade für einkommensschwache Individuen attraktiven Charakteristiken von ICLs, handelt es sich letztlich immer noch um einen Kredit, der nicht per se „günstiger“ ist als traditionelle Darlehen, nur weil die Zahlungen nicht in fixen Beträgen, sondern als Prozentsatz des Einkommens ausgedrückt wird. Die monetäre Belastung für den Kreditnehmer, nicht zu verwechseln mit der „Bewältigbarkeit“ der eingegangenen Zahlungsverpflichtung, errechnet sich über die effektive jährliche Verzinsung bzw. die diskontierten zukünftigen Zahlungsströme. 30 Die Fähigkeit, Rückzahlungen leisten zu können, erhöht sich durch eine Reduzierung des prozentual abzutretenden Einkommens, hat jedoch keine Auswirkungen auf die tatsächlichen Kosten des Kredites, welche über den Barwert definiert werden. Was bei einem traditionellen Kredit einer Verlängerung des Tilgungszeitraums entspräche, führt folglich bei einem einkommensabhängigen Darlehen zu einer Erhöhung des absoluten Rückzahlungsbetrags. Auch dürfen ICLs, wie alle anderen an zukünftige Einkommen gekoppelten Finanzinstrumente, nicht als Substitut von Studiengebühren gesehen werden, sondern vielmehr als eine Art des Aufschubs in die Zukunft. In Bezug auf die Kostenteilung der Ausbildungsgebühren zwischen Student und Eltern unterscheiden sich ICLs jedoch deutlich von traditionellen Krediten. Werden keine starken finanziellen Anreize gesetzt, Vorabzahlungen der Studiengebühren zu leisten, so besteht gerade für einkommensschwache Haushalte der Anreiz, sich für das Modell der ICLs zu entscheiden, wodurch die Kosten der Ausbildung effektiv von einer Kostenbeteiligung der Eltern hin zu einer reinen Belastung des Kindes verlagert werden. Andernfalls wären erstere gezwungen, einen Bankkredit aufzunehmen und sich somit im schlimmsten Falle weiter zu verschulden.31 Darüber hinaus steht und fällt die Attraktivität von ICLs mit dem politischen Willen und/oder der Fähigkeit für die Vertragsdurchsetzung zu sorgen. Kreditgeber, ob privater oder öffentlicher Herkunft, können nur dann von geringeren Ausfallraten und hohen Renditen profitieren, wenn sowohl das Steuer- und Rentensystem als auch das Versicherungswesen an die Herausforderungen der Einziehung von Studienkrediten angepasst werden. Zu den administrativen Herausforderungen zählt zudem die exakte Festsetzung und Bestimmung des 29 Vgl. Chapman (2006), S. 25. Vgl. Johnstone (2004), S. 3f. 31 Vgl. Johnstone (2004), S. 5. 30 15 zu „besteuernden“ Einkommens, um bei Beendigung des Vertragsverhältnisses auf den vereinbarten Rückzahlungsbetrag zu gelangen, ganz gleich ob und in welcher Höhe eine Rendite eingeschlossen ist. 3.2.2 Graduate Tax Bei dieser Form einkommensabhängiger Kredite trägt der Staat zunächst die Kosten der Hochschulausbildung, wodurch während des Studiums keine Gebühren erhoben werden. Im Gegenzug für die Übernahme der Ausbildungsfinanzierung verpflichten sich Studierende, während der gesamten Phase ihrer Erwerbstätigkeit einen fixen, prozentualen Anteil ihres Einkommens als zusätzliche Steuer abzuführen.32 Dabei wird deutlich, dass kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Kosten der Ausbildung und der aus einem lebenslangen Einkommen abgeleiteten Rückzahlung besteht, wodurch erfolgreiche Absolventen im Extremfall mit einem Vielfachenden der in sie investierten Mittel belastet würden.33 Indem die Graduate Tax alle Individuen mit dem gleichen prozentualen Anteil besteuert, reflektiert sie weniger den tatsächlichen hinzugewonnenen Wert der vollzogenen Ausbildung als vielmehr ein politisches Instrument, welches von wechselnden Regierungen und Haushaltsüberlegungen fremdbestimmt wird. Da es sich um eine zusätzliche Einkommensbesteuerung handelt, tritt, ähnlich zu ICLs mit Risikoteilung das Moral-Hazard-Problem auf, bei welchem Individuen mit hohem erwartetem Einkommen einen stark negativen Arbeitsanreiz verspüren werden in das System einzutreten. In einem Land, welches die Absolventen-Besteuerung verpflichtend in das Hochschulsystem implementiert, gilt dies zwar nicht unmittelbar, jedoch droht die Abwanderung hochqualifizierter Arbeitskräfte nach Beendigung der Ausbildung („Brain Drain“), da mit einer Anstellung im Ausland für den Staat bislang keine Möglichkeit besteht, das Einkommen weiterhin zu besteuern.34 Bilaterale Abkommen zwischen Ländern über die Abführung der Steuer in das Heimatland sind zwar theoretisch denkbar, dies käme jedoch einem Feilschen um Kosten der bzw. Wertschöpfung nach der Ausbildung gleich und wäre darüber hinaus mit hohen administrativen Kosten verbunden.35 Durch den verpflichtenden Aspekt der zusätzlichen Besteuerung vermindert sich hingegen der Effekt der adversen Selektion, indem die Rückzahlungsbeträge dem tatsächlichen Durchschnitt der durch Absolventen generierten Einkommen entsprechen und 32 Vgl. Colclough (1990) S. 171f. Vgl. Palacios (2003), S. 19. 34 Vgl. Psacharopoulos (1975), S. 310ff. 35 Vgl. Palacios (2003), S. 20f. 33 16 nicht dem der unteren Einkommensklassen. Im Gegenzug jedoch findet keine Differenzierung der zukünftigen Einkommenseffekte statt, ob und inwieweit diese auf zusätzliche Bildung oder andere Faktoren wie beispielsweise angeborene Fähigkeiten zurückzuführen sind. Folglich sinkt der Anreiz einer zusätzlichen Ausbildung für Individuen, die hohe Einkommen ohne zusätzliche Bildung generieren würden.36 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass für die Finanzierung von Humankapitalinvestitionen eine Absolventensteuer aufgrund der geschilderten Unverhältnismäßigkeit bei der finanziellen Belastung in Relation zu den Ausbildungskosten sowie dem Problem der Abwanderung hochqualifizierter Arbeitnehmer als nicht geeignet angesehen werden muss. Entscheidend für die der Arbeit zugrundeliegenden Überlegungen ist jedoch, dass private Investoren in dem Modell keine Möglichkeit haben, Humankapitalinvestitionen zu tätigen, da Individuen einheitliche und exklusive Verträge mit dem jeweiligen Staat abschließen. Darüber hinaus wären sie insofern politischer Willkür ausgesetzt, als dass Risiken und Renditen für sie keine beeinflussbaren Variablen darstellen. 3.2.3 Human Capital Contracts Das Modell der Human Capital Contracts (HCC) geht in seiner Idee auf den Ökonomen Milton Friedman zurück, der erstmals den Entwurf eines Finanzinstruments vorstellte, welches es Investoren ermöglicht, Anteile am zukünftig zu erwartenden Einkommen von Studenten zu erwerben.37 Palacios (2002) greift diesen Ansatz auf und definiert Human Capital Contracts als „Verträge, durch die Individuen finanzielle Ressourcen zur Finanzierung ihrer Ausbildung erhalten und im Gegenzug auf einen prozentualen Anteil ihres Einkommens innerhalb einer vorher festgelegten Periode nach Abschluss der Ausbildung verzichten.“38 Durch das Recht am zukünftigen Einkommen des Kreditnehmers zu partizipieren, handelt es sich um beteiligungsähnliche Finanzinstrumente, bei denen der Investor, egal ob privater oder öffentlich-rechtlicher Natur, das alleinige Risiko der getätigten Investition trägt. Die entscheidende Abgrenzung zur Graduate Tax erfolgt über die Dauer der Rückzahlungsphase sowie den prozentualen Anteil des Einkommens, welcher dem Investor im Gegenzug der Übernahme angefallener Ausbildungskosten zugesprochen wird. Dieser steht in Abhängigkeit zu dem zuvor während der Ausbildungsphase („Leihperiode“) individuell aufgenommenem 36 Vgl. Palacios (2003), S. 19. Vgl. Friedman/Friedman (2002), S. 1034. 38 Palacios (2002), S. 3. 37 17 Kreditbetrag.39 Dabei lässt sich der erwartete monetäre Nutzen als Ergebnis der Wahl von Studiengängen, der Universität sowie des gewählten Abschlusses ableiten. Der „Preis“ des Vertrags fungiert für den Investor als Parameter der Markterwartungen von Renditen, für den Empfänger der Bildungsinvestition hingegen als das Verhältnis von prozentual abzutretendem Einkommen pro empfangenem Betrag. Für den Fall, dass Bildungsrenditen frei verfügbare Marktinformationen darstellen, ließen sich Informationen über die Ausbildungsqualität bzw. die in Relation gesetzten Kosten der Ausbildung von Universitäten ebenso ableiten, wie Renditen unterschiedlicher Karrierepfade. Hierbei wird ein weiterer Nachteil traditioneller Darlehen im Vergleich zu Humankapitalverträgen ersichtlich. Annuitätendarlehen führen dazu, dass Individuen die Wahl der Universität tendenziell an deren Kosten ausrichten, daher günstigere bevorzugen, um die aufzunehmende Kreditsumme zu minimieren, wohingegen im Falle einer Finanzierung über HCCs der Prozentsatz des abzutretenden Einkommens und nicht die absoluten Kosten ausschlaggebend sind. Dieser richtet sich zum einen am zukünftigen Einkommen, zum anderen an der Vertragslaufzeit sowie den Kosten der universitären Ausbildung aus.40 Aus Sicht der Kreditnehmer sind somit Einrichtungen mit geringen Kosten in Relation zum zukünftig erwarteten Einkommen vorteilhaft. Die Dauer der Ausbildung, bzw. der Zeitraum zwischen Vertragsschluss und Eintritt in das Berufsleben hängt exponentiell mit dem von Investoren geforderten Prozentsatz zusammen, wodurch Universitäten bevorzugt würden, die bei ähnlich erwarteten Einkommen eine geringere Studiendauer offerieren. Davon profitieren sowohl Investoren unter Beachtung des Zeitwerts des eingesetzten Kapitals als auch Studenten über eine Reduzierung entgangener Einkommen.41 Neben der Vergleichbarkeit der Qualität des Studiums lassen HCCs auch Aussagen über die relativen Renditen von Karrierepfaden zu, wodurch Studierende Marktsignale als eine mögliche Entscheidungshilfe bei der Wahl der akademischen/beruflichen Laufbahn nutzen können. Während Gehälter, nach Berufsgruppen und –erfahrung gegliedert, heutzutage bereits als Erwartungswerte vorliegen, müssen diese nur noch dem Zeitwert der Ausbildungskosten gegenübergestellt werden. Bei einer „Einpreisung“ der daraus ersichtlichen Informationen in HCCs, würden die Unterschiede zwischen Karrierepfaden sowohl transparenter als auch bei Veränderungen der relativen Renditen schneller an den Markt kommuniziert. 39 Vgl. Chapman (2006), S. 1460. Vgl. Palacios (2004), S. 74f. 41 Vgl. Ziderman/Albrecht (1995), S. 15ff. 40 18 Humankaptalverträge in Form einkommensabhängiger Kredite sind auch unter dem Aspekt der Umverteilung als positiv zu bewerten, was die gesellschaftliche, aber vor allem politische Akzeptanz einer möglichen Implementierung erhöht. Bezieher hoher Einkommen werden letztlich höhere Zahlungen leisten als Individuen mit geringen Einkommen, wodurch es zu indirekten Subventionen der Kreditnehmer untereinander kommt. Folglich dienen HCCs bildungspolitischen Zielen ebenso wie der Reduzierung von Ungleichheiten zwischen den Einkommensschichten.42 Durch die Finanzierung von Humankapital über private Investoren in Form von HCCs wird ferner das bei Absolventensteuern auftretende Problem eines Zahlungsausfalls bei Abwanderung vermieden, da die vertragliche Verpflichtung über Landesgrenzen hinaus fortbesteht. Vielmehr ergeben sich hieraus potentiell höhere Einnahmen für den Investor, da eine Auswanderung von Absolventen tendenziell an die Erwartung höherer Durchschnittseinkommen geknüpft ist und somit die Investition unter Renditegesichtspunkten an Attraktivität gewinnt.43 Abschließend lässt sich festhalten, dass HCCs innerhalb der Gruppe einkommensabhängiger Finanzinstrumente unter den Gesichtspunkten Bereitstellung des Zugangs zu Bildung und einkommensunabhängigem Wirkungsmechanismus als geeignetes Modell für den weiteren Verlauf der Arbeit identifiziert werden können. Auf Entwicklungsländer übertragen umgehen sie darüber hinaus die Nachteile von ICLs mit Risk-Pooling bzw. –Sharing oder Absolventensteuern bezüglich der Konsequenzen potenzieller Abwanderung sowie drohender unverhältnismäßiger finanzieller Belastungen von Kreditnehmern. 42 43 Vgl. Palacios (2004), S. 76f. Vgl. Flammer (2009), S. 9. 19 4 Bisherige Erfahrungen der Bildungsfinanzierung in Entwicklungsländern 4.1 Kostenteilung und Anforderungen nachhaltig finanzierbarer Bildungssysteme In zunehmendem Maße und hervorgerufen durch Erfahrungen ausufernder Kosten von Bildungssystemen, setzt sich international zunehmend die Auffassung durch, Individuen über eine zeitlich verschobene, zukünftige Einkommenspartizipation an den Kosten einer ihnen zugutekommenden Ausbildung zu beteiligen. Bildungsfinanzierung erweist sich in vielen Ländern, insbesondere Niedrigeinkommens- und Entwicklungsländern, als finanziell nicht ausreichend nachhaltig, um Individuen einen breiten Zugang zu Bildung zu gewährleisten. Ausschlaggebend in diesem Zusammenhang sind die Determinanten „Bezahlbarkeit“ sowie Zugang zu privaten Ressourcen.44 Eine adäquate und nachhaltige Ausbildungsfinanzierung erfordert die Minimierung staatlicher Subventionen auf zumindest ein Niveau, welches durch Steuereinnahmen des Staates getragen werden kann. Dies umfasst sowohl Verluste aus Kreditverträgen, welche zwar bedient werden, jedoch über die effektive Verzinsung die zugrundeliegenden Kosten einschließlich Verwaltungsaufwand nicht decken, als auch Verluste durch Zahlungsausfälle, bei denen Kreditnehmer nicht fähig oder gewillt sind, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen.45 In besonderem Maße gilt dies in Volkswirtschaften mit stark begrenzten Steuerkapazitäten sowie politisch und sozial notwendigen Alternativinvestitionen, welche untereinander im Wettbewerb um knappe Staatseinnahmen stehen. Des Weiteren gilt es effektiv wiedereinbringbare Bildungskreditbeträge gegenüber dem Markt für privates Kapital zu öffnen. Dieser sollte durch hohe Ersparnisse sowie eine adäquate Risikoeinschätzung und –bepreisung die Quelle jeglicher kreditähnlicher Finanzinstrumente sein. Der mangelnde Zugang zu Kapital für die Finanzierung von Bildung ist in Entwicklungsländern sowohl auf begrenzte Spielräume bei der Verwendung staatlicher Haushaltsmittel als auch auf Schwierigkeiten bei der Akquise privater Investitionen zurückzuführen.46 Der Zugriff auf private Ressourcen im Sinne einer Kostenbeteiligung von bzw. –verlagerung hin zu den Profiteuren der Bildung ist gerade im Bildungsbereich ein vielschichtiger sowie politisch problematischer Komplex und führt aus Sicht des Staates nicht zwangsläufig zu einer Entlastung der Ausgabenseite. Ist dieser mit eingegangenen Verpflichtungen bezogen auf die Subventionierung des Effektivzinses, der zu leistenden Rückzahlungen oder mit Garantien bei Zahlungsausfällen verbunden, so verhalten sich 44 Vgl. Johnstone (2004), S. 4. Vgl. Johnstone/Marcucci (2007), S. 2. 46 Vgl. Johnstone/Marcucci (2007), S. 5f. 45 20 private Investitionen praktisch wie öffentliche Ausgaben, wenn auch in Form zukünftiger und durch Einkommen bedingter Verbindlichkeiten. In Bezug auf die Kostenteilung innerhalb des Bildungssystems werden Eingriffe in mehrere Stufen untergliedert. Diese reichen von Reduzierungen bisheriger Subventionsleistungen wie umfangreicher Stipendien- bzw. anderer Unterstützungsprogramme mit eher geringen Auswirkungen auf der Ausgabenseite über Dual-Track-Modelle, in welchen Gebühren für jene Studenten erhoben werden, die sich erfolglos um kostenlos bereitgestellte Studienplätze beworben haben, bis hin zu einer direkten Beteiligung von Studenten über einkommensabhängige Kreditrückführungsprogramme mit aufschiebender Zahlungswirkung. Je geringer die damit verbundenen fiskalischen Auswirkungen sind, desto höher die politische Akzeptanz von Bildungsreformen innerhalb der Regierung und damit die Wahrscheinlichkeit einer raschen Implementierung.47 Darüber hinaus wird deutlich, dass der Grund von Kostenteilungsbestrebungen in Entwicklungsländern weniger auf den theoretisch begründeten Annahmen potenziell höherer Effizienzen oder dem Gerechtigkeitsaspekt beruht als vielmehr in der schieren Notwendigkeit, alternative, nicht-staatliche Einnahmequellen zu erschließen.48 4.2 Einkommensabhängige Bildungsdarlehen in Entwicklungsländern Seit Mitte der 1990er Jahre wurden in Entwicklungsländern eine Vielzahl von Reformanstrengungen bezüglich der Finanzierung tertiärer Bildung unternommen. Unter Mithilfe sowohl internationaler Organisationen wie der Weltbank, regionaler Entwicklungsbanken als auch Expertengruppen aus dem akademischen Umfeld lag der Fokus der Anstrengungen auf der Möglichkeit, ICLs als Form der Kostenteilung zwischen Staat und Studierenden zu implementieren. Als Beispiele hierfür werden Indonesien (1995 und 1998), Äthiopien (2000), Namibia (1996), Ruanda (2001), die Philippinen (2002 und 2003) sowie Mexiko (2003) angeführt.49 Eine Vielzahl der Länder orientierte sich dabei am australischen HECS-Modell (Higher Education Contribution Scheme), welches im Jahre 1989 als erstes seiner Art von staatlicher Seite eingeführt wurde. Dass dieses jedoch nicht als Blaupause für andere Länder dienen kann, zeigen internationale Beispiele wie Neuseeland, Schweden, USA oder Südafrika, welche wie Australien ebenfalls zu den entwickelten Ländern gezählt werden können. Die dort implementierten Modelle beinhalten zwar die Merkmale klassischer ICLs, 47 Für eine Übersicht der Kostenteilungsstufen in Entwicklungsländern siehe Johnstone (2004) Vgl. Johnstone (2004), S. 4 49 Vgl. Chapman (2006), S. 1472. 48 21 sprich eine einkommensabhängige Rückzahlung von Studiengebühren mit aufschiebender Wirkung für den Empfänger, unterschieden sich jedoch bezüglich der festgesetzten Vertragsmodalitäten teils signifikant voneinander, beispielweise über den Umfang der Finanzierung (reine Studiengebühren oder zusätzlicher Einbezug von Lebenshaltungskosten), den Grad staatlicher Subventionen gemessen über die Abweichung von Effektivzins zu Marktzins oder Buy-out Optionen. Somit wird deutlich, dass nahezu unendlich viele Variationen von ICLs denkbar sind, die an die individuellen Bedürfnisse eines Landes angepasst werden können bzw. angepasst werden müssen. Mit besonderen Herausforderungen sehen sich Regierungen in Entwicklungsländern konfrontiert, welche in der Regel weder über effiziente und verständliche (Einkommens-) Steuersysteme verfügen noch auf nationale Gesundheits- oder Rentensysteme zurückgreifen können.50 Äthiopien begann 1990 unter Mithilfe der Weltbank die Möglichkeit der Kostenteilung im tertiären Bildungssektor zu untersuchen. Als ausschlaggebende von Seiten der Politik angeführte Begründung der Reform wurden private Renditen der universitären Ausbildung von geschätzt bis zu 27% pro Ausbildungsjahr angeführt. Ausschlaggebend bei der Wahl des Finanzierungsmodells war neben der Effizienz öffentlicher Verwaltungsstrukturen auch das vorherrschende Steuersystem. Zwar kennzeichnet sich das Land durch einen soliden Verwaltungsapparat, jedoch herrschen komplexe und schwer überschaubare Beziehungsgeflechte zwischen der Zentralregierung und lokalen Behörden, welche sich negativ auf die steuerliche Gesetzgebung auswirken.51 In der Folge fiel die Wahl auf eine einheitliche Graduate Tax als einfachste zu implementierende Form einkommensabhängiger Finanzinstrumente, welche im Jahr 2003 eingeführt wurde. Rückzahlungen von Absolventen in Höhe von 10% des zukünftigen Einkommens erfolgten dabei über das Sozialversicherungssystem, dessen primäre bisherige Aufgabe in der Verwaltung von Rentenansprüchen öffentlich Bediensteter Personen lag und welches bereits über ein individuelles numerisches Identifikationsverfahren verfügte. Neben staatlichen Einrichtungen wurden speziell private ausländische Unternehmen verpflichtet, Registrierungen bei involvierten Behörden vorzunehmen, um Rückzahlungen von Bildungsdarlehen ihrer Angestellten über das System gewährleisten zu können. Ebenfalls einbezogen wurden privatisierte Staatsbetriebe sowie internationale NGOs. Zahlreiche Ausnahmeregelungen beispielsweise für Lehrer sowie Fachkräfte führten jedoch dazu, dass bereits nach kurzer Zeit ca. 35% der Absolventen von ihren Rückzahlungsverpflichtungen 50 51 Vgl. Johnstone (2004), S. 9f. Vgl. Chapman (2006), S. 1473 22 befreit waren. Als Anreiz für Studenten zur Leistung von fortlaufenden Vorauszahlungen wurden Abschläge in Höhe von 5% auf das durchschnittlich erwartete Einkommen eingeräumt.52 Ebenfalls unter Mitwirkung der Weltbank ließ die Namibische Regierung die Einführung einkommensabhängiger Bildungskredite prüfen, welche anstelle des vorherigen Stipendienprogramms für Studenten mit zukünftiger Beamtenlaufbahn treten sollte. Das vorgestellte Modell verfolgte zwei Ansätze der finanziellen Unterstützung und setzte darüber hinaus Anreize bezüglich der Wahl des Studiengangs. Über ein Stipendienprogramm wurden zum einen Studenten der untersten Einkommensschicht unterstützt, zum anderen jene, welche sich für einen Studiengang entschieden hatten, der von der Regierung als strategisch wichtig hinsichtlich der Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt identifiziert wurde.53 Die Bereitstellung einkommensabhängiger Ausbildungskredite richtete sich somit an alle Studenten, welche nicht den oben genannten Kategorien entsprachen, und umfasste entweder die Finanzierung von Studiengebühren oder in Form umfangreicherer Kredite zusätzlich Kosten der unmittelbaren Lebenshaltung. Wie Äthiopien verfügte Namibia über kein Steuersystem, welches die Rückführung zukünftiger Einkommen von Absolventen hinreichend zu gewährleisten vermochte und setzte folglich ebenfalls auf bereits bestehende Strukturen in Form des Sozialversicherungssystems. Dieses verfügte sowohl über individuelle Identifikationsnummern als auch über computergestützte Dokumentationssysteme. Bei Überschreitung einer definierten Einkommensgrenze erfolgen Rückzahlungen auf Basis registrierter Beschäftigungslöhne. Reformpläne liegen ebenfalls für Ruanda vor, welche einkommensabhängige Darlehen als Alternative zur vergünstigten Vorauszahlung von Studiengebühren vorsehen. Im Gegensatz beispielsweise zu der Mehrzahl sub-saharischer Staaten Afrikas herrscht dort eine für alle Bürger gültige numerische Registrierungspflicht, welche spätestens ab dem 18. Lebensjahr in Kraft tritt und eine wichtige Voraussetzung bezüglich der administrativen Durchführbarkeit einkommensabhängiger Bildungskredite darstellt. Universitäten könnten bestehenden Akten folglich bei Immatrikulation von Studenten weitere Daten wie Studiendauer, kummulierte Kosten der Ausbildung oder die zusätzlich entstehende prozentuale Einkommensbelastung der Kredittilgung hinzufügen. Darüber hinaus verfügt Ruanda über ein hinreichend funktionsfähiges Steuersystem, wodurch Rückzahlungen über einen Quellenabzug durch den Arbeitgeber vorgenommen werden könnten. Ähnlich zu dem 52 53 Vgl. Worldbank (2003) S. 19ff Vgl. Chapman (2006), S. 1475. 23 namibischen ICL- bzw. dem äthiopischen Reformvorhaben einer Graduate Tax bestehen jedoch bis heute Zweifel an der tatsächlichen Fähigkeit staatlicher Organe, die Rückführung von Krediten hinreichend durchzusetzen. Des Weiteren mangelt es Regierungen an konkretem Reformwillen, welcher unabdingbar für eine erfolgreiche Implementierung einkommensabhängiger Bildungsfinanzierung ist.54 Erfahrungen aus Ghana belegen die Gefahren, welche mit der Verwendung des Sozialversicherungssystems anstelle des Steuersystems zur Rückführung von Bildungskrediten verbunden sind. Das in den 1990er Jahren initiierte ICL-Modell musste bereits nach wenigen Jahren durch zunehmende Kreditausfälle seitens ehemaliger Studenten aufgegeben werden, da dies beinahe zu einem Kollaps des Sozialversicherungssystems führte.55 Auf der anderen Seite zeigt das Beispiel, dass nicht zwangsläufig Steuerbehörden Rückzahlungen von Bildungskrediten erheben müssen, sondern diese Aufgabe prinzipiell von beliebigen Institutionen mit Zugriff auf Einkommensströme vorgenommen werden kann. 56 Dem begrenzten Rahmen der Arbeit geschuldet, beschränken sich nachfolgende Untersuchungen jedoch auf Steuersysteme. Gemessen an den in Kapitel 4.1 definierten Kriterien stellen die vorgestellten Reformanstrengungen in afrikanischen Ländern gegenüber bisherigen traditionellen Bildungskrediten insofern einen Fortschritt dar, als dass die zukünftige Einkommenssituation von Absolventen Berücksichtigung findet und hierdurch die Gefahr von Kreditausfällen in der Theorie reduziert wird. Durch den Mechanismus der Kostenbeteiligung mittels aufgeschobener Rückzahlungen sind aus Sicht des Staates zwar weiterhin beträchtliche Investitionen in das tertiäre Bildungssystem notwendig, jedoch stehen diesen zukünftig höhere zu erwartende Erlöse gegenüber. Kritisch anzumerken ist die hohe Zahl der Ausnahmeregelungen, welche die finanzielle Nachhaltigkeit der Modelle generell in Frage stellt. Eine Kompensation der entgangenen zukünftigen Einnahmen erfolgt somit zwangsläufig über erhöhte prozentuale Beteiligungen zahlungspflichtiger Absolventen, wodurch die Last nicht gleichmäßig, sondern auf eine verringerte Basis von Studenten verteilt wird. Um den breiten Zugang über alle Einkommensschichten hinweg gewährleisten zu können und die Kreditausfallwahrscheinlichkeit möglichst gering zu halten, sind staatliche Subventionen unausweichlich, welche in ihrer Höhe zudem schwer kalkulierbar sind. Deutlich wird auch, dass besonders in Entwicklungsländern Studenten hohe Anreize darin sehen, nach 54 Vgl. Chapman (2006), S. 1478. Vgl. Salmi/Hauptman (2006), S. 43. 56 Vgl. Palacios (2004), S. 142. 55 24 Beendigung der Ausbildung abzuwandern und so bei höheren zu erwartenden Löhnen einer Rückzahlung der in sie getätigten Investition zu entgehen. Inwieweit Regierungen dahingehend Sanktionierungen vornehmen können oder sollten, ohne Individuen in ihren Freiheitsrechten zu beschneiden, ist eine der zentralen Herausforderungen, vor denen Länder, unabhängig von ihrer Entwicklungsstufe, stehen. Äthiopien beispielsweise setzt in diesem Zusammenhang auf Restriktionen bei der Ausstellung von Auslandsvisa an Absolventen, um das Verlassen des Landes vor vollständiger Rückzahlung staatlicher Forderungen zu unterbinden.57 Auch bei einem Verbleib im Land können unterschiedliche Faktoren dazu führen, dass eine einkommensabhängige Kapitalrückführung nicht stattfindet. Multiple und somit schwer nachvollziehbare Einkommensströme oder die Beschäftigung innerhalb der Schattenwirtschaft erschweren eine exakte Bestimmung von Gehältern, die wiederum dafür ausschlaggebend sind, ob Zahlungen überhaupt geleistet werden müssen, oder ob sie unterhalb einer etwaig festgelegten Einkommensgrenze liegen. Die damit einhergehenden Marktverzerrungen sind auch unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit als nicht wünschenswert zu erachten, da Rückzahlungen nur von einem Teil der Kapitalempfänger durchsetzbar sind, wohingegen der informelle Arbeitsmarkt über eine (Quer)Subventionierung finanziert werden muss. Absolventen, die eine Karriere im tendenziell schlecht bezahlten Staatsdienst einschlagen und somit effektiv zu Rückzahlungen verpflichtet werden können, müssen somit für zu erwartende Zahlungsausfälle zukünftig erfolgreicher Jungunternehmer aufkommen.58 Kritisch betrachtet werden sollte ebenfalls die Einmischung von Regierungen in die Wahl des Studienfaches über hierbei gewährte Vergünstigungen oder Stipendienprogramme. Diese Form der Anreizsetzung impliziert zum einen langfristige Arbeitsmarktverzerrungen, zum anderen einen Anstieg der finanziellen Belastung staatlicher Haushalte und verringert folglich den Grad der Kostenteilung, welcher als wesentliches Argument der Einführung einkommensabhängiger Finanzierungsformen vorgebracht wird. Selbst wenn die mit ICLs in Entwicklungsländern einhergehenden Verzerrungen minimiert oder umgangen werden könnten, so weisen die vom Staat gehaltenen Kreditforderungen praktisch keinen Marktwert auf und verfehlen das definierte Ziel, private Ersparnisse zu erschließen. Es ist daher fraglich, ob ICLs in Entwicklungsländern signifikante, zusätzliche Einnahmen über die Beteiligung von Schülern bzw. Studenten an den Kosten der Ausbildung generieren können, die notwendig sind, um Unterinvestitionen in Bildung zu verhindern. 57 58 Vgl. Chapman (2006), S. 1475. Vgl. Johnstone (2004), S. 10. 25 5 Finanzierung von Bildungsinvestitionen in Entwicklungsländern Die bisher untersuchten Modelle zur Finanzierung von Bildungsinvestitionen legen ihren Schwerpunkt auf den tertiären Bildungssektor, insbesondere den der universitären Ausbildung. Es handelt sich hierbei um Finanzinstrumente, unabhängig davon, ob traditioneller oder einkommensabhängiger Natur, die zwischen staatlichen oder privaten Investoren und einem zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses volljährigem Individuum eingegangen werden. Übertragen auf Entwicklungs- oder Schwellenländer wird jedoch deutlich, dass die bisherigen Überlegungen zu kurz greifen: Im Gegensatz zu entwickelten Industrieländern, welche in der Mehrzahl auf ein durch Steuermittel finanziertes primäres und sekundäres Bildungssystem in Kombination mit der allgemeinen Schulpflicht setzen, verhindern Armut und marode Staatsfinanzen den elementaren Zugang zu Bildung für eine Vielzahl von Kinder. Der frühe und umfassende Zugang zu Bildung ist jedoch eine essentielle Voraussetzung, um Bildungsrenditen im späteren Verlauf der Ausbildung überhaupt erzielen zu können.59 Tabelle 1: Bildungsrenditen nach Einkommensgruppen Ländergruppen nach ProKopf-Einkommen Ø Pro-Kopf- Soziale Renditen (in %) Private Renditen (in %) Einkommen (US$) Primär Sekundär Tertiär Primär Sekundär Tertiär 22.530 13,4 10,3 9,5 25,6 12,2 12,4 2.996 18,8 12,9 11,3 27,4 18,0 19,3 363 21,3 15,7 11,2 25,8 19,9 26 7.669 18,9 13,1 10,8 26,6 17,0 19,0 Hocheinkommen (≥9266 US$) Mittlere Einkommen (7569265 US$) Niedrigeinkommen (≤755 US$) Welt Quelle: Psacharopoulos/Patrinos (2002); Eigene Darstellung Wie aus Tabelle 1 zu entnehmen, weisen insbesondere primäre und sekundäre Ausbildungsabschnitte hohe zu erwartende Renditen auf. Sowohl Individuen selbst können über private Renditen als auch der Staat bzw. die Allgemeinheit kann über soziale Renditen einen hohen monetären Nutzen aus Bildungsinvestitionen erzielen, was die Notwendigkeit innovativer Formen der Bildungsfinanzierung in diesen Ländern unterstreicht.60 In Anbetracht 59 Vgl. Flammer (2009) S. 10. Bemerkung: Private Renditen übersteigen soziale Renditen zum einen aufgrund von Subventionen der öffentlichen Hand, zum anderen durch üblicherweise in Schätzungen nicht berücksichtigte Sozialleistungen bzw. – Transfers. 60 26 der Tatsache, dass trotz verstärkter internationaler Anstrengungen weiterhin 113 Millionen Kinder weltweit im Grundschulalter keine Schule besuchen können, wovon 94% in Entwicklungsländern leben, richtet sich der Fokus der Arbeit auf den primären und sekundären Bildungssektor. 61 Die zentrale Herausforderung an ein Modell zur nachhaltigen Finanzierung primärer und sekundärer Bildung liegt folglich zum einen darin, dass weder ein Staat noch private Investoren direkte Verträge mit Minderjährigen in Bezug auf deren Zukunft abschließen kann bzw. sollte. Des Weiteren scheitern bisherige Implementierungsversuche einkommensabhängiger Darlehen an der Durchsetzungsfähigkeit bzw. an einem konsequenten Durchsetzungswillen seitens Regierungen in Bezug auf Rückzahlungsforderungen, was dazu führt, dass private Investoren nicht ohne weiteres bereit sein werden, die Investitionsrisiken innerhalb deutlich langwierigerer Vertragsbeziehungen der elementaren Bildung zu tragen. Im Einschulungsalter einsetzend können sich Vertragslaufzeiten, welche ebenfalls später einsetzende Rückzahlungen umfassen, über mehrere Jahre oder Jahrzehnte erstrecken, wodurch eine Modelllösung unter staatlicher Administration vorteilhafter erscheinen mag. Darüber hinaus profitiert dieser besonders von Externalitäten in Form sozialer Erträge, die sich positiv auf die Entwicklung der Volkswirtschaft auswirken.62 Unter Berücksichtigung der Besonderheiten im Umgang mit elementarer Bildung, wird nachfolgend das Modell staatlicher Humankapitalverträge skizziert, welches die private Finanzierung von primärer und sekundärer Bildung unter staatlicher Administration ermöglicht. Im Anschluss an die Modellerläuterung wird am Beispiel öffentlicher Schulen eine mögliche Implementierung dargestellt und im Anschluss aus Sicht involvierter Vertragsparteien in Bezug auf Fragen nach Vertragssicherheit und Risikoallokation untersucht. Kapitel 5.2 analysiert im Anschluss die Eignung der Einkommens- und Mehrwertsteuer als fiskalpolitisches Instrument, private Bildungsinvestitionen über zukünftige Steuereinnahmen bildungsfinanzierter Schüler rückzuführen. 61 62 Vgl. Glewwe/Kremer (2005), S. 948. Vgl. Palacios (2004), S. 151f. 27 5.1 Private Finanzierung staatlicher HCCs im primären und sekundären Bildungssektor Das auf Palacios (2004) zurückgehende Modell staatlicher Humankapitalverträge macht sich die Vorzüge von HCCs gegenüber traditionellen Krediten zunutze und überträgt die vormals zwischen Investor und Student geschlossenen Ausbildungsverträge auf ein System staatlicher Bildungspolitik mit Finanzierung durch private Investoren. Ähnlich dem in Kapitel 3.2.3 beschriebenen Grundmodell „verkauft“ hierbei der Staat einen Teil seiner zukünftigen Einkommenssteuererlöse von Absolventen für einen zuvor festgelegten Zeitraum an Investoren. Diese wiederum fungieren im Gegenzug als Kapitalgeber und finanzieren über getätigte Investitionen unmittelbar die Ausbildung von Schülern. Für den Staat stellt der Verkauf zukünftiger Steuererlöse somit eine Möglichkeit dar, ohne Schuldenaufnahme ein Modell zu finanzieren, welches langfristig das Potenzial bietet, zusätzliche Steuererlöse generieren zu können.63 Unter Verwendung der in staatlichen HCCs implizierten Einkommenssteuer, beträgt der maximale Einkommenssatz, den der Staat dabei abtreten kann, dem effektiven Einkommenssteuersatz eines Individuums, da nur auf diesen ein Anspruch besteht. Staatliche Humankapitalverträge ermöglichen in der Theorie positive Renditen für beide Vertragsparteien. Aus Sicht des Staates entspricht der Investitionswert der Differenz zwischen dem Barwert der Steuerzahlungen eines Individuums mit und ohne Ausbildung abzüglich der an Investoren abzutretenden Steueranteile. Sowohl das (steuerpflichtige) Einkommen, als auch der Grad der Steuerhinterziehung sowie sonstige länderspezifische Steuerregelungen bestimmen hierbei, ob und in welcher Höhe der Staat positive soziale Renditen aus der Bildungsfinanzierung erzielt. Die von Investoren geforderte Beteiligung am zukünftigen Einkommen kann größer, kleiner oder gleich der von der Regierung durch zusätzliche Bildung erzielten Rendite sein, wodurch der Nutzen für den Staat von der im Vertrag vereinbarten Beteiligung des Investors abhängt.64 Über den „Verkauf“ zukünftiger Steuererlöse kann in einem Modell staatlicher Humankapitalinvestitionen neben dem Investor auch der Staat von hohen Renditen primärer und sekundärer Bildung profitieren, ohne dabei Gefahr zu laufen, diese mit zusätzlicher Schuldenaufnahme finanzieren zu müssen. Indem sich die vom Staat an den Investor weitergereichten prozentualen Steuereinnahmen nach den tatsächlich gezahlten Steuern ehemaliger Profiteure der Ausbildungsfinanzierung richtet, besteht zu keiner Zeit die Gefahr, vereinbarte Zahlungen nicht leisten zu können.65 Sehen sich 63 Vgl. Palacios (2004), S. 152. Vgl. Palacios (2004), S. 153. 65 Vgl. Palacios (2004), S. 151. 64 28 in nicht-staatlichen HCCs Schüler bzw. Studenten mit der Unsicherheit über das eigene zukünftige Einkommen konfrontiert, so besteht für Investoren sowie den Staat nun ebenfalls das Risiko einer ungewissen Wertentwicklung der Bildungsinvestition hinsichtlich der zu erwartenden Steuereinnahmen. Diese sind beispielsweise von Faktoren wie dem zu versteuernden Einkommen, Steuerbetrug oder –flucht, Abwanderung sowie anderen Einflüssen der direkten Besteuerung abhängig. Indem ein Investor Kapital für Bildungsinvestitionen bereitstellt, kauft er dem Staat dieses Risiko ab. Im Gegenzug für das übernommene Risiko fordert er eine zusätzliche Prämie, welche in die prozentuale Beteiligung am Steueraufkommen der durch ihn finanzierten Schüler eingepreist wird.66 Für den Investor besteht anschließend die Möglichkeit, das Risiko über den Kapitalmarkt bzw. innerhalb eines Portfolios zu diversifizieren. Im Erfolgsfalle der vom Staat initiierten Bildungsmaßnahmen entwickeln sich die Renditen beider Vertragsparteien in die gleiche Richtung, da die in der Vergangenheit finanzierten Schüler nun durch ihre Ausbildung die Chance auf einen höher vergüteten Berufseinstieg haben und dementsprechend auch mit höheren absoluten Einkommenssteuerzahlungen zu rechnen ist. Von den daraus resultierenden Mehreinnahmen des Staates profitiert der Investor in selbem Maße, da durch seine prozentuale Beteiligung am Einkommen des Absolventen höhere Erlöse generiert werden.67 Im Umkehrschluss fällt die Einkommensbeteiligung entsprechend geringer aus, sollte dem Schüler nach der Ausbildung zunächst kein oder nur ein unterbezahlter Berufseinstieg gelingen. Aufgrund der exklusiven Vertragsbeziehung zwischen Staat und Investor wird bei reibungsloser Durchführung der Ausbildungsfinanzierung und planmäßigem Ausbildungsverlauf für Schüler und ihre Eltern nicht ersichtlich, aus welcher Quelle das Kapital der primären und sekundären Schulbildung stammt. Gleiches gilt für die daran anschließende berufliche Laufbahn, in welcher die prozentuale Besteuerung des Einkommens nicht höher ausfällt als bei Individuen, welche nicht über private Bildungsinvestitionen finanziert wurden.68 5.1.1 Implementierung Zunächst gilt es festzustellen, welche primären und sekundären Schulen für die Implementierung staatlicher Bildungsverträge in Frage kommen. Öffentliche Schulen bieten 66 Vgl. Palacios (2004), S. 152f. Vgl. Palacios (2004), S. 153. 68 Vgl. Palacios (2004), S. 158. 67 29 sich dabei aus mehreren Gründen an: Sie unterstehen zum einen direkt der staatlichen Bildungspolitik, weshalb Reformen bzw. strukturelle Veränderungen im Zuge der Implementierung staatlicher HCCs formalrechtlich keine Hindernisse darstellen, zum anderen finanzieren sie sich bereits über öffentliche Mittel, wodurch eine Umstellung auf staatliche HCCs ohne hohe Kosten zu bewerkstelligen ist. Des Weiteren besteht im Optimalfall bereits eine Schnittstelle zwischen Schulen und staatlichen Ministerien in Form einer übergeordneten administrativen Verwaltung.69 Wichtig für das Ziel eines möglichst umfassenden und für jedes Kind zugänglichen bzw. bezahlbaren Schulsystems ist zudem, dass, im Gegensatz zu privaten Einrichtungen, an öffentlichen Schulen keine Selektion von Schülern über prohibitiv hohe Schulgebühren vorgenommen wird. Hierüber kann der Staat gewährleisten, dass das Modell der staatlichen HCCs allen Einkommensschichten zugänglich gemacht werden kann. Um in die private Ausbildungsfinanzierung einbezogen werden zu können, müssen öffentliche Schulen in regelmäßigen Abständen vor Schuljahresbeginn Informationen an die entsprechenden staatlichen Ministerien liefern. Diese umfassen die jährlichen Kosten der Schulbildung sowie die Anzahl der Schüler in den unterschiedlichen Stufenjahrgängen. Nach Einsicht der verfügbaren Informationen können Investoren ihre Angebote für die Kostenübernahme der Ausbildung abgeben, welche Angaben über die Anzahl der finanzierten Schüler an einer ausgewählten Bildungseinrichtung, den Zeitraum der Unterstützung und die im Gegenzug dafür geforderte prozentuale Beteiligung am zukünftigen Einkommenssteueraufkommen umfassen. Staat und Investor schließen hierbei einen Standardvertrag, in welchem nur die Einkommenssteuerbeteiligung, Schülerzahl und Schule als Variablen definiert sind.70 Da staatliche HCCs ähnlich zu nicht-staatlichen Humankapitalverträgen Marktinformationen über das Verhältnis von gebotener Ausbildungsqualität in Relation zu den Kosten von Bildungseinrichtungen liefern, werden Investoren anhand dieser Parameter die geforderte Bildungsrendite für die finanzielle Übernahme der Ausbildung als prozentuale Beteiligung zukünftiger Steuereinnahmen festsetzen. Indem dieser Prozess zwischen Staat und Investoren vor Eintritt in die Ausbildung vonstatten geht, kann sichergestellt werden, dass für jedes Kind, welches einen Platz an einer dieser öffentlichen Schule erhält, im Vorfeld finanzielle Ressourcen bereitgestellt wurden. Diese erstrecken sich zunächst über ein Jahr und werden in der Folge um jeweils ein weiteres verlängert, sofern der Schüler die Schule regelmäßig und „erfolgreich“ besucht und von Investorenseite weitere 69 70 Vgl. Palacios (2004), S.154f Vgl. Palacios (2004), S. 156f 30 Angebote der Finanzierung vorliegen.71 Indem theoretisch beliebig viele Investoren Angebote der Bildungsfinanzierung vorlegen können kann der Fall eintreten, dass Schüler im Verlauf ihrer Schullaufbahn indirekt Kapital von verschiedenen Investoren erhalten und sich deren vom Staat eingeforderte zukünftige Einkommenssteuerbeteiligungsquote im Zeitverlauf verändert. Legen mehrere Investoren Angebote für die Finanzierung einer bestimmten Anzahl Schüler einer bestimmten Schule vor, so verhält sich der Staat als Auktionator, wobei intuitiv derjenige Investor den Zuschlag erhält, welcher die geringste Steuerbeteiligung fordert.72 Denkbar sind in diesem Zusammenhang zwei Arten der Zuschlagserteilung. Werden Zuschläge nach dem Verfahren „Jeder erhält, was er bietet“ erteilt, so werden die in einer Schule zu finanzierenden Plätze von der geringsten Forderung ausgehend sukzessive vergeben, wodurch verschiedene Investoren in einer Schule zu unterschiedlichen Prozentsätzen investieren können. Eine andere Möglichkeit seitens des Staates wäre es, nach dem Prinzip „Jeder zahlt gleich viel“ zu verfahren, wodurch der Staat zur weiteren Kalkulation eine Gewichtung der einzelnen geforderten Renditen zu einer Gesamtrendite vornehmen würde.73 Unabhängig vom Verfahren sollte das Ziel des Staates im Sinne eines umfassenden Zugangs zu Bildung lauten, die Auktion solange durchzuführen, bis jeder Schulplatz finanziert ist, unabhängig davon wie hoch die Forderungen der zuletzt zugeteilten Investoren lauten. Indem Kapitalgeber unterschiedlich hohe Gebote für öffentliche Schulen abgeben, bringen sie ihre Einschätzung über das Verhältnis von Ausbildungsqualität zu kosten zum Ausdruck. Wird diese beispielsweise bei Schule A höher eingeschätzt als bei Schule B, so ist damit die Erwartungshaltung verbunden, dass Absolventen von Schule A zukünftig höhere Einkommen generieren werden, wodurch folglich der Staat durch höhere individuelle Steuererlöse und der Investor durch seine Beteiligung zusätzlich profitieren. Aus einem guten Verhältnis von Qualität zu Kosten kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass beispielsweise Schule A günstig im Sinne der absoluten Ausbildungskosten je Schüler ist. Vielmehr kann es sich hierbei um die teuerste Ausbildung handeln, von welcher sich Investoren jedoch überproportional hohe Einkommen erwarten. Im Umkehrschluss bedeuten höhere Forderungen bezüglich der Steuerbeteiligung nicht, dass die Ausbildung an der entsprechenden Schule die teuerste in absoluten Werten darstellt, sondern dass zukünftig erwartete Einkommen der Absolventen relativ gesehen niedriger eingeschätzt werden. Über die von Investoren geforderten Einkommensbeteiligungen lassen sich in staatlichen HCCs 71 Vgl. Palacios (2004), S. 154 Vgl. Palacios (2004), S. 155 73 Vgl. Palacios (2004), S. 155 72 31 Informationen herausfiltern, die wie Marktpreise öffentlicher Schulen fungieren und unter diesen eine Art Wettbewerb um Investorengelder generieren, wie er unter normalen Umständen im öffentlichen Bildungssektor nicht zu finden wäre. Aus Sicht des Staates ist dies durchaus positiv zu bewerten, da die Preise der Ausbildung an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen. Darüber hinaus würden mittel- bis langfristig durch steigende Kosteneffizienz staatliche Haushalte entlastet bzw. steuerliche Mehreinnahmen erzielt. Im Erfolgsfalle können staatliche HCCs auch die Entwicklung privater Schulen nach sich ziehen bzw. diese fördern und so eine steigende Bildungsnachfrage seitens der Bevölkerung decken.74 Staatliche HCCs sind durch ihre exklusive Vertragsbeziehung zwischen Staat und Investoren für die Finanzierung primärer und sekundärer Bildung prädestiniert, da zu keiner Zeit direkte Berührungspunkte zwischen Schüler bzw. deren Eltern und Kapitalgebern existieren. Wichtig ist dies vor dem Hintergrund, da das Abschneiden des Schülers während der Ausbildung neben der Qualität der Bildungseinrichtung den größten Einfluss auf die zukünftigen Erlöse des Investors hat. Die bei nicht-staatlichen HCCs oft kritisierte „Nähe“ zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer wird folglich vermieden, wodurch weder Eltern noch der Schüler selbst sich externem Leistungsdruck ausgesetzt sehen.75 Indem der Staat das bereitgestellte Kapital samt einkalkulierter Rendite über Beteiligungen an zukünftigen Einkommensteuererlösen zurückführt, wird der Finanzierte zu keinem Zeitpunkt einer Mehrbelastung ausgesetzt und profitiert von einem Bildungssystem, dass ohne private Beteiligung durch staatliche Budgetrestriktionen in Entwicklungsländern nicht aufrecht zu erhalten wäre. 5.1.2 Vertragssicherheit und Risikoallokation Wie aus den bisherigen modelltheoretischen Überlegungen hervorgeht, stellen staatliche HCCs nicht nur eine geeignete Form der Finanzierung von Bildungsinvestitionen in Entwicklungsländern dar. Sie übertragen auch die in Kapitel 3 identifizierten Vorzüge einkommensabhängiger Finanzinstrumente, insbesondere die traditioneller HCCs, auf den primären und sekundären Bildungssektor. Indem Verträge, im Unterschied zu nichtstaatlichen HCCs, nicht einzeln zwischen Schülern und Investoren geschlossen werden müssen, tritt der Staat nun als einziger Vertragspartner gegenüber den Investoren auf und bündelt die von Absolventen geleiteten Rückzahlungsströme, wodurch einmalige Zahlungen 74 75 Vgl. Palacios (2004), S. 158. Vgl. Palacios (2004), S. 157f. 32 in der jeweiligen Periode an Investoren erfolgen können. Da Rückflüsse ehemaliger Schüler über das Steuersystem bzw. als prozentualer Anteil der zu leistenden Steuerabgaben erfolgen und die Steuerpflicht für alle Individuen unabhängig von der letztendlichen Finanzierungsform besteht, wird das in der Vertragstheorie bestehende Problem der adversen Selektion umgangen. Adverse Selektion kann nur dann auftreten, wenn Empfänger von Humankapitalinvestitionen die Option besitzen, Vorzüge einer in sie getätigten Investition in irgendeiner Form zurückzuhalten. 76 Vielmehr findet die zwischen Staat und Investoren geschlossene Vereinbarung im Optimalfall ohne deren Wissen statt. Jedoch impliziert die Beteiligung an zukünftigen Steuereinnahmen, dass Absolventen auch tatsächlich in der Volkswirtschaft verbleiben und dort einer registrierten Erwerbstätigkeit nachgehen. In diesem Punkt teilen staatliche HHCs nicht die Vorzüge des HCC-Grundmodells in Bezug auf die Gefahr einer Abwanderung nach Beendigung der Ausbildung. Zwar werden Profiteure von Humankapitalinvestitionen keinen Anreiz verspüren, Rückzahlungen zu umgehen, da diese Teil der bestehenden Forderungen des Fiskus sind, jedoch besteht im Falle einer Abwanderung keine Möglichkeit der Kapitalgeber, an höheren Einkommen ehemaliger Schüler zu partizipieren. Auch ist es nicht möglich, die in der Vergangenheit entstandenen Forderungen in einen anderen, wie auch immer gelagerten, Kreditvertrag zu überführen, da der Finanzierte über die in ihn getätigten Investitionen zu keiner Zeit informiert war und folglich auch nie in eine formelle Verpflichtung eingewilligt hat. Aus Investorensicht herrscht innerhalb eines Vertrags mit Regierungen hinreichende Sicherheit bezüglich der Durchsetzbarkeit von Zahlungen, da diese als Forderungen des Fiskus klassifiziert sind und nur eine effektive Einbringung dieser Forderungen die nachhaltige Entlastung staatlicher Haushalte herbeiführen kann. 77 Hierbei wird jedoch deutlich, dass Investoren auf der anderen Seite mit dem Risiko bezüglich der Fähigkeit und/oder dem politischen Willen von Regierungen konfrontiert werden, die individuelle Steuerschuld von Absolventen zu bestimmen und durchzusetzen. Die daraus resultierende Informationsasymmetrie kann von Investorenseite nur dann verringert werden, wenn diese über hinreichende Drohpotenziale verfügen. Zunächst erscheint es fraglich, inwieweit private Wirtschaftssubjekte gegenüber staatlichen Autoritäten Disziplinierungsmaßnahmen durchsetzen können. Aus der Vertragstheorie geht hervor, dass wenn der Kreditgeber über ein angebotsseitiges Monopol verfügt, das Risiko nicht-konformem Verhaltens bereits dadurch 76 77 Vgl. Palacios (2004), S. 157ff. Vgl. Palacios (2004), S. 144f. 33 reduziert wird, dass, bei Nichteinhaltung der festgelegten Rückzahlungen, ein Fortbestehen der Vertragsbeziehung unwahrscheinlich wird und somit der Zugang zu Kapital für den Agenten in der Zukunft verwehrt bleibt. Bedienen jedoch weitere Anbieter die Nachfrage nach Kapital, so greift der soeben skizzierte Disziplinierungsmechanismus nicht mehr, solange es nicht zu einer Art Austausch der Kreditgeber untereinander kommt.78 Staatliche HCCs implizieren jedoch eine Interaktion zwischen Staat und Investoren unter Zuhilfenahme von Marktmechanismen und bilden somit ebenfalls zwangsläufig Risiken bezüglich der Durchsetzbarkeit staatlicher Steuerforderungen gegenüber Profiteuren der Bildungsinvestitionen ab. Unter der Annahme, dass Regierungen in Entwicklungsländern das Ziel einer nachhaltigen Finanzierung des Bildungssystems verfolgen, wird vorausgesetzt, dass es zu einer Interessenharmonisierung bei der Generierung zusätzlicher Steuererlöse bzw. Effektivitätssteigerung bei der Durchsetzung genereller Steueransprüche kommt. Kann der Staat nicht glaubwürdig dahingehende Reformanstrengungen signalisieren, werden private Kapitalgeber keinen Anreiz darin sehen, in staatliche HCCs zu investieren, da sie zwar bereit sind, Risiken über die Ungewissheit zukünftiger Einkommensströme von Absolventen zu tragen, nicht jedoch administrative Risiken der Steuererhebung sowie generelle rechtliche oder politische Risiken.79 Wie bereits angedeutet, resultieren zusätzliche Kreditrisiken aus dem politischen Willen von Regierungen, vertraglich zugesicherte Steuerbeteiligungen auch tatsächlich in vollem Umfang weiterzuleiten bzw. aus der Gefahr, dass diese ihre Rückzahlungen unvermittelt einstellen. Staatliche HCCs gehen zwangläufig mit tiefen Eingriffen in die Fiskalpolitik einher, da Rückzahlungen an private Kapitalgeber, bestehend aus Tilgungs- und Zinskomponente, zu Lasten bestehender Steuereinnahmen gehen und letztlich der Staat in vollem Umfang für die bereitgestellten Mittel aufkommen muss. 80 Daher gilt es für Regierungen abzuwägen, ob eine langfristige Bindung von Steuererlösen an den Bildungssektor finanziell realisierbar ist und mit welchen Einschränkungen beispielweise bezüglich Investitionen in Infrastruktur, soziale Sicherungssysteme oder das Gesundheitswesen auf der Ausgabenseite kalkuliert werden muss. 78 Vgl. Ghosh/Ray (1999), S. 2f. Vgl. Palacios (2004), S. 148f. 80 Vgl. Palacios (2004), S. 159. 79 34 5.2 Steuerbasierte Kapitalrückflussmodelle Obwohl Entwicklungsländer durch unzureichende und korruptionsanfällige Verwaltungsstrukturen sowie den stark ausgeprägten informellen Sektor nur über eine geringe Steuerbasis verfügen, so sind sie doch neben Handelszöllen die wichtigste Einnahmenquelle staatlicher Haushalte. Hinsichtlich der finanziellen Realisierbarkeit drängt sich jedoch die Frage auf, inwieweit bestehende Einkommenssteuersysteme in Entwicklungsländern den Erfordernissen entsprechen, die mit einer Implementierung staatlicher HCCs verbunden sind. Untersuchungen deuten zwar darauf hin, dass Länder, welche sich schwerpunktmäßig auf die direkte und somit individuelle Besteuerung von Einkommen, Gewinnen und Kapital konzentrieren eine höhere Leistungsfähigkeit bei der Generierung von Steuererlösen aufweisen, als solche, deren Einnahmenseite sich primär aus der indirekten Besteuerung von Gütern, Waren und Dienstleistungen speist.81 Jedoch bleibt zu untersuchen, inwieweit dies ebenfalls für die Rückführung privater Investitionen in dem oben beschriebenem Modell seine Gültigkeit bewahrt. Das folgende Kapitel untersucht, inwieweit sich bei staatlichen HCCs die Einkommenssteuer als direkte sowie die Umsatz- bzw. Mehrwertsteuer als indirekte Steuer eignen, den vertraglich festgesetzten Kapitalrückfluss von Absolventen gewährleisten zu können. Von hoher Relevanz ist dabei zum einen der Stellenwert unterschiedlicher Arten der Besteuerung innerhalb der Volkswirtschaft bezüglich der Fähigkeit, signifikante Erlöse auf der Einnahmenseite zu erzielen, zum anderen zu ermitteln, welche administrativen Kosten mit der Durchsetzung dieser verbunden sind. Im weiteren Verlauf des Kapitels erfolgt daher zunächst eine dahingehende Analyse des Einkommenssteuersystems, welches in den bisherigen Überlegungen zu kostendeckenden Bildungsinvestitionen Berücksichtigung findet und intuitiv Bildungsrenditen über zukünftige Einkommenszuwächse abbildet, an denen Individuen, der Staat sowie Investoren partizipieren können. Als denkbare Alternative wird daran anschließend eine Rückführung unter Zuhilfenahme der indirekt erhobenen Mehrwertsteuer diskutiert und anhand eines Implementierungsbeispiels verdeutlicht. Zunächst werden jedoch in einem einführenden Kapitel allgemeine Merkmale bestehender Steuersysteme und deren Bedeutung innerhalb unterentwickelter Volkswirtschaften dargestellt. 81 Vgl. Gupta (2007), S. 12 35 5.2.1 Steuersysteme in Entwicklungsländern Das in Kapitel 5.1 vorgestellte Modell staatlicher Humankapitalverträge geht in weiten Teilen von Annahmen über die Funktionsfähigkeit nationaler Steuersystemen aus, wie sie in der Mehrzahl der entwickelten Staaten vorzufinden sind. Im Gegensatz dazu weisen Entwicklungsländer hinsichtlich der Art und Struktur der Besteuerung deutliche Defizite auf, woraus sich negative Folgen für die Finanzierung des Staatshaushalts ergeben und Ressourcen für Investitionen beispielsweise im Bildungs- und Infrastrukturbereich sowie dem Sozialversicherungs- und Rentensystem stark eingeschränkt sind. Deutlich wird dies bereits anhand der Relation von Steuererlösen zur gesamtwirtschaftlichen Leistung: Liegt der Steueranteil gemessen am BIP in Entwicklungsländern bei rund 18%, so erreichen Industrieländer ein etwa um den Faktor zwei höheres Verhältnis.82 Die volkswirtschaftliche Bedeutung des primären Sektors, insbesondere der Landwirtschaft, sowie die Anzahl der in der Schattenwirtschaft operierenden Unternehmungen führen dazu, dass staatliche Steuereinnahmen sich weitgehend auf Einfuhrzölle sowie die Mehrwert- bzw. Umsatz- und Verbrauchsbesteuerung stützen. Individuell erhobene Einkommenssteuern also Instrument der direkten Besteuerung spielen sowohl bezogen auf das BIP als auch das gesamte Steueraufkommen eine nur untergeordnete Rolle in Entwicklungsländern.83 Da die genannten, schwer zu besteuernden Sektoren einen Großteil der Wirtschaftsleistung unterentwickelter Länder ausmachen, ist der erreichbare bzw. besteuerbare Bevölkerungsteil aus Sicht der Finanzbehörden entsprechend gering. Einkommenssteuererlöse konzentrieren sich weitestgehend auf die Unternehmens- bzw. Gewinnbesteuerung innerhalb des formellen Sektors, wozu beispielsweise staatlich kontrollierte oder im Inland ansässige Konzerne aus dem Ausland zählen. In Ermangelung verlässlicher komparativer Daten in Entwicklungsländern wird geschätzt, dass deren Beiträge sich nicht selten auf bis zu 90% der gesamten Einkommenssteuern belaufen. 84 Geringe Steuererlöse aus der individuellen Einkommenssteuer erklären sich weitestgehend dadurch, dass beispielsweise Versicherungs- und Rentenbeiträge sowie Kapitalerträge das zu versteuernde Einkommen mindern und multiple Einkommensströme nur unzureichend erfasst werden können. Entwicklungsländer, welche über einen administrativen Apparat sowie durchsetzbare Steuererhebungsmechanismen 82 Vgl. Bird (2010), S. 191. Vgl. Bird (2010), S. 192f. 84 Vgl. Bird (2006), S. 1658f. 83 36 verfügen, beschränken sich in der Regel auf eine Quellenbesteuerung, durch die der effektiv zu zahlende Einkommenssteuersatz jedoch weit unter dem anderer Einkommensarten liegt.85 Bei Betrachtung der Unterschiede zwischen vorausgesagten steuerpolitischen Strategien und beobachteten Ist-Zuständen in Entwicklungsländern liegt der Schluss nahe, dass nur durch einen Strategiewechsel die Ineffizienzen innerhalb des Steuersystems vermindert werden können. Internationale Finanzinstitutionen wie Weltbank und IWF verweisen auf Empfehlungen für Entwicklungsländer, wonach Handelszölle und Inflationsraten möglichst reduziert und Staatseinnahmen zunehmend über die Umsatzsteuer realisiert werden sollten. 86 Gordon (2009) untersucht dabei die Faktoren, welche ausschlaggebend dafür sind, warum sich Steuersysteme in Entwicklungsländern so deutlich von denen in Industrieländern unterscheiden. Die primär auf die Besteuerung von Unternehmenstätigkeiten gerichtete Studie lässt dabei Rückschlüsse auf allgemeine administrative Probleme der Erhebung von Steuern in diesen Ländern zu. Regierungen sind bei der Durchsetzung von Steuern auf Informationen von Banken angewiesen, um zum einen steuerpflichtige Unternehmen zu identifizieren, und zum anderen den Umfang der Steuerschuld feststellen zu können. 87 Daraus abgeleitet können Forderungen nur dann gestellt werden, wenn Unternehmen vom formellen Finanzsektor Gebrauch machen, daher ihre Geschäfte nicht in bar, sondern über Bankkonten abwickeln. Entscheidungsvariablen von Unternehmen für den Eintritt in den formellen Sektor sind einerseits der durch Regierungen festgesetzte Steuersatz, andererseits der Nutzen aus dem über Finanzintermediäre bereitgestellten Zugang zum Kapitalmarkt. Letzterer ist in Bezug auf die Liquiditätsversorgung in Hocheinkommensländern von existentieller Bedeutung für den Fortbestand einer Unternehmung, wirkt jedoch in Entwicklungsländern aufgrund der Dominanz informeller Finanzmarktstrukturen als Disziplinierungsinstrument nur unzureichend. Für Länder, in denen die „Androhung“ eines Ausweichens auf andere Finanzierungsquellen als Bankkredite zu geringe Anreize setzt und Banken nur in geringem Maße zur Geltendmachung staatlicher Steuerforderungen beitragen, wird der Anteil generierter Steuererlöse in Relation zum BIP weiterhin gering bleiben, da die Steuerbasis nicht signifikant wächst.88 85 Vgl. Tanzi/Zee (2000), S. 308ff. Vgl. Newberry/Stern (1987), S. 117. 87 Vgl. Gordon/Li (2009), S. 864. 88 Vgl. Gordon/Li (2009), S. 858ff. 86 37 5.2.2 Kapitalrückfluss über das Steuersystem Das Modell staatlicher Humankapitalverträge bietet Investoren die Möglichkeit, an zukünftigen Einkommen der finanzierten Schüler über die Einkommenssteuer zu partizipieren. Hierbei wird jedoch vorausgesetzt, dass Absolventen bei Eintritt in das Berufsleben auch tatsächlich ihrer Steuerverpflichtung nachkommen, wodurch der Staat die an sie gerichteten Verbindlichkeiten bedienen kann. Wie bereits dargestellt, profitieren durch eine effektive Besteuerung von Absolventen mit Bildungsfinanzierung sowohl der Staat als auch beteiligte Investoren von Bildungsrenditen finanzierter Schüler. Ersterer über das zusätzliche Steueraufkommen, welches mit höheren Einkommen ehemaliger Schüler verbunden ist, letztere über die innerhalb der Steuer implementierte Beteiligung. Die Anforderungen an ein Steuersystem zur Rückführung von privaten Investitionen innerhalb staatlicher Humankapitalverträge sind vielfältig und erfordern ein differenziertes Abwägen von Kosten und Nutzen seitens staatlicher Entscheidungsträger. Alm (2004) formuliert die Anforderungen an ein Steuersystem, unabhängig vom Entwicklungsstand eines Landes und der Form der Besteuerung, wie folgt: Steuern sollten sowohl angemessen, als auch nicht verzerrend wirken. Es muss gewährleistet werden, dass sich adäquate Erlöse erzielen lassen und die Steuer als „einfach“ im Sinne einer geringen Komplexität ausgestaltet ist. Darüber hinaus sollten Steuersysteme das gesamtwirtschaftliche Wachstum fördern und stabilisierend auf dieses wirken.89 Die Untersuchung der Ausgestaltungsfaktoren ist dabei stets mit einem Trade-off zwischen unterschiedlichen Wirkungsmechanismen verbunden: Zum einen ist von Bedeutung, wie sich diese auf den Steuerertrag auswirken, welcher sich als Bruttoertrag abzüglich Administrations- und Durchsetzungskosten definiert. Darüber hinaus gilt es zu berücksichtigen, wie sich die Wahl des Steuersystems auf die individuelle Steuerlastenverteilung auswirkt, welche sich aus der allgemeinen Steuerlast zuzüglich Kostenbelastungen aus der Sicherstellung der Befolgung sowie von Kosten der Nicht-Einhaltung von Steuerverpflichtungen errechnet. Neben dem Steuerertrags- sowie Gerechtigkeitsaspekt ist ebenfalls der Effekt auf das individuelle Verhalten von Haushalten und Unternehmen hinsichtlich Konformität bzw. Durchsetzung gegenüber der Besteuerung zu berücksichtigen.90 Die Erhebung aller Arten von Steuern ist mit Kosten für Regierungen, den Steuerzahler sowie weitere Gruppierungen innerhalb der Volkswirtschaft verbunden. Dabei zeigt sich, dass Regierungen, die mit geringen administrativen Kosten Steuern generieren, gegenüber Ländern 89 90 Vgl. Alm/Wallace (2004a), S. 3. Vgl. Alm (1996), S. 125ff. 38 mit hohen administrativen Kosten in ihren Wachstumsperspektiven deutlich bevorteilt sind. Durchschnittlich wird ein Prozent der gesamten Steuererlöse in entwickelten Ländern für die Erhebung von Steuern aufgewendet, während der Anteil in Entwicklungsländern geschätzt deutlich höher liegt.91 Kapitel 5.2.2 untersucht dabei sowohl die Einkommenssteuer als auch die Umsatzsteuer primär danach, ob die aus staatlichen HCCs zu erwartenden Mehreinnahmen in ihrer Höhe ausreichend sein können, um die Steuerausfälle zu kompensieren, welche durch Zahlungen an private Investoren entstehen. In welchem Umfang Einkommensund Mehrwertsteuersysteme in Entwicklungsländern Erlöse generieren können und Kosten für die Volkswirtschaft verursachen, wird nachfolgend untersucht. 5.2.2.1 Einkommenssteuer Individuelle Einkommenssteuern werden in nahezu allen hochentwickelten Ländern erhoben und stellen neben der Besteuerung des Konsums eine wichtige Erlösquelle staatlicher Haushalte dar. Während in einigen Staaten unterschiedliche Einkommensströme separat besteuert werden, fassen andere Lohn- und Kapitaleinkommen sowie Erträge auf Grund und Boden zunächst zusammen, um hieraus die Gesamtsteuerschuld abzuleiten.92 Mit welchen Problemen sich Entwicklungsländer bei der Erhebung der Einkommenssteuer konfrontiert sehen, zeigt sich gegenüber entwickelten Staaten bereits anhand der Steuerbasis innerhalb der Bevölkerung. In Industriestaaten liegt der Einkommenssteuern abführende Bevölkerungsanteil in Relation zur Gesamtbevölkerung bei durchschnittlich 46%, mit Variationen zwischen 25% und 78%, wohingegen in Entwicklungsländern lediglich weniger als 5% der Einkommen zum Steueraufkommen beitragen (Variation: 0,4% - 12%).93 Geringe Einkommenssteuererlöse lassen sich im Wesentlichen auf zwei Faktoren zurückführen. Kosten sowie zusätzlicher Arbeitsaufwand, die Wirtschaftssubjekten aus der Konformität erlassener Steuergesetzte entstehen, führen zu Anreizen, Steuern zu umgehen oder Einkommensströme zu verschweigen. Für den Staat sind zum einen administrativen Kosten der Steuererhebung von Bedeutung, zum anderen der Aufwand, der Finanzbehörden bei der Durchsetzung steuerlicher Ansprüche gegenüber Individuen entsteht. Schätzungen bezüglich der direkten oder indirekten administrative Kosten in Entwicklungsländern unterscheiden sich je nach Effizienz 91 Vgl. Gallagher (2004), S. 9. Vgl. Volkerink (2009), S. 9f. 93 Vgl. Bird/Zolt (2004), S. 33. 92 39 des Steuerapparats. Erhebungen in Indien beziffern diese beispielsweise auf 2,5% der effektiven Erlöse.94 Die zu berücksichtigenden Kosten für Steuerzahler setzten sich primär aus Ausgaben der Steuerkonformität zusammen. Individuen bzw. Unternehmen, die einer gesetzlichen Berichts- oder Meldeverpflichtung verpflichtet sind, beispielsweise Arbeitgeber durch die Abführung von Einkommenssteuern ihrer Angestellten oder Banken über den Einzug und die Weiterüberweisung von Steuern an den Staat, entstehen Kosten der Befolgung von Steuergesetzen. Studien über den Umfang der zusätzlichen finanziellen Belastung des privaten Sektors legen nahe, dass sich bereits in Industrieländern die Kosten der Sicherstellung und Einhaltung von Steuergesetzen auf das Zwei- bis Sechsfache dessen belaufen, was dem Staat an direkten administrativen Kosten entsteht.95 Konformitätskosten setzten sich im Wesentlichen aus dem zeitlichen Arbeitsaufwand der Informationsbeschaffung, der Erlangung von Fachwissen im Zusammenhang mit der Steuergesetzgebung, sowie Anpassungen innerhalb der Buchhaltungssysteme, Datengewinnung und –übermittlung sowie Kosten für externe Berater zusammen. 96 Verglichen mit Industrieländern, in welchen auf verlässliche Informationen seitens staatlicher Organe zurückgegriffen werden kann und entsprechende Infrastrukturen einen schnellen Datenaustausch erlauben, summieren sich die Konformitätskosten der Einkommenssteuer in Entwicklungsländern auf ein Vielfaches. In einer Studie über Indien beziffern Chattopadhyay und Das-Gupta (2002) die Mehrkosten gemessen an den tatsächlich erhobenen Einkommenssteuern auf rund das Zehnfache. Zwar können hieraus keine allgemeingültigen Werte für andere Entwicklungsländer abgeleitet werden, jedoch zeigt sich, dass beispielsweise das indische Einkommenssteuersystem aufgrund seiner hohen Komplexität und Intransparenz nicht als Modelllösung dienen kann. Die unüberschaubare Anzahl an Ausnahmebewilligungen und Zugeständnissen in Kombination mit einem stark progressiv ausgestalteten Nominalsatz führen dazu, dass Wirtschaftssubjekte einen hohen Anreiz verspüren, Abgaben über den Umweg der Schattenwirtschaft zu umgehen. In diesem Zusammenhang wird die dem Entwicklungsstand unangemessen komplexe Ausgestaltung des Steuersystems ersichtlich, wie sie jedoch in einer Vielzahl von Niedrigeinkommensländern auszumachen ist.97 94 Vgl. Chattopadhyay/Das-Gupta (2002), S. 38. Vgl. Evans (2003), S. 71ff. 96 Vgl. Bird/Zolt (2004), S. 42f. 97 Vgl. Chattopadhyay/Das-Gupta (2002), S. 64. 95 40 Die Daten für Indien zeigen darüber hinaus, dass bei registrierten Arbeitnehmern der Anteil der Steuerkonformitätskosten gemessen an den individuellen Einkommenssteuererlösen im Durchschnitt bei 4,4% (14,3% inklusive Kosten des zeitlichen Mehraufwands) und gemessen am registrierten Einkommen bei 0,5% liegt. Im Vergleich dazu ist die Besteuerung von Nicht-Einkommen um ein vielfaches aufwendiger, sowohl bezogen auf die monetären als auch dem zusätzlichen Zeitaufwand geschuldete Kosten. Hier betragen die durchschnittlichen Anteile 20,3% (56,3%) respektive 6%. Werden Ausreißerwerte in die Beobachtung einbezogen, wie sie gerade in ländlichen Bereichen vieler Entwicklungsländer zu beobachten sind, so übersteigen die Durchschnittswerte bei den Nicht-Einkommensströmen die tatsächlichen Steuererlöse und legen nahe, dass diese Länder mit sehr hohen Ineffizienzen bei der Identifikation und Erhebung von direkten Steuern abseits der Quellenbesteuerung zu kämpfen haben.98 Tabelle 2 listet die wichtigsten Einflussfaktoren der Konformitätskosten auf, welche durch Wirtschaftssubjekte getragen werden müssen und verdeutlicht, dass Aufwendungen für Nicht-Einkommen vor allem durch stark ansteigende Dokumentationskosten, Zahlungen an Steuerberater sowie Kosten der Informationsakquise entstehen. In absoluten Zahlen sind diese rund sechzehnmal mal so hoch.99 Tabelle 2: Monetäre Steuerkonformitätskosten Dokumentation Steuerplanung und Recherche Einreichung von Steuererstattungen Beziehen individueller Steuernummern Steuerberatung Weitere Kosten (z.B. Kontroll-, Steuererstattungskosten) Gesamt Gehalt 9,0% 21,0% 17,8% 6,7% 39,0% 6,5% Nicht-Gehaltseinkommen 43,6% 2,8% 6,3% 0,4% 36,8% 10,1% 100% 100% Quelle: Chattopadhyay/ Das-Gupta (2002), Daten für Indien; Eigene Darstellung In Anbetracht der hohen Beschäftigung von Arbeitskräften innerhalb des primären Wirtschaftssektors und der Vielzahl selbstständiger Kleinunternehmer, welche in der Regel keine Buchführung über erzielte Erlöse führen, können diese Einkommensströme von Behörden nicht erfasst und als Steuerbemessungsgrundlage verwendet werden.100 Unter dem Gesichtspunkt einer gerechten Lastenverteilung innerhalb der Bevölkerung ist die individuelle Einkommenssteuer folglich kritisch zu betrachten, da nur ein geringer Bevölkerungsteil zu 98 Vgl. Chattopadhyay/Das-Gupta (2002), S. 23. Vgl. Chattopadhyay/Das-Gupta (2002), S. 24. 100 Vgl. Bird/Zolt (2004), S. 8. 99 41 Steuerzahlungen herangezogen werden kann. Über staatliche HCCs finanzierte Absolventen müssten folglich von Behörden des Fiskus nachverfolgt und unter Androhung von Sanktionen angehalten werden, detaillierte Auflistungen über eigene Verdienste zu erstellen, um Steuerforderungen überhaupt durchsetzen zu können. Erfolgt eine Anstellung nach Abschluss der Ausbildung hingegen innerhalb des öffentlichen Dienstes, eines Staats- oder ausländischen Privatunternehmens, so lassen sich Gehälter, gegebenenfalls unter Androhung juristischer Schritte exakt bestimmen und daraus abgeleitete Steuerforderungen formulieren. Neben administrativen Kosten des Verwaltungsapparats und Konformitätskosten von Steuerzahlern sowie dritter Parteien, sind Effizienzkosten der Besteuerung von Bedeutung für die Kosten/Nutzenanalyse im Kontext staatlicher HCCs mit Kapitalrückführung über das Steuersystem. Einkommenssteuern beeinflussen Individuen hinsichtlich ihrer Entscheidungen wie viel sie zu arbeiten bereit sind. Dabei gilt: Je höher die Besteuerung des formellen Sektors, desto attraktiver wird ein Eintritt in den informellen, nicht besteuerten Sektor. Nach Abzug von Steuern sinkt das verfügbare Einkommen von Individuen, wodurch gerade einkommensschwache Haushalte gezwungen sind, mehr Arbeit anzubieten um den Einkommenseffekt zu kompensieren und so das Existenzminimum zu sichern. Über diesen hinaus hinaus entscheidet der Substitutionseffekt, welcher die Veränderung relativer Preise wiederspiegelt, über den Gesamteinfluss der Einkommensbesteuerung auf das Arbeitsverhalten von Individuen und das Ausmaß zu erwartender Effizienzverluste. In einem effizienten Gleichgewicht ohne Steuern führt folglich eine Steuererhebung zu Anpassungsentscheidungen, welche den potentiellen Output der Volkswirtschaft reduzieren können. Das Ausmaß der Effizienzverluste wird in Industrieländern auf mindestens 20-30% der Steuererlöse geschätzt und übersteigt sowohl entstehende Steuerkonformitätskosten als auch administrative Kosten um ein Vielfaches.101 Obwohl nicht unmittelbar sichtbar, sind potentiell entgangene Outputsteigerungen gleichbedeutend mit potentiellen Wohlfahrtsverlusten. Ein weiterer Einflussfaktor bezüglich der Effizienzkosten stellt die Ausgestaltung der individuellen Einkommenssteuer dar, unterschieden nach progressiver oder uniformer Besteuerung. Aus Sicht des Staates sind dabei potentiell höhere Steuererlöse bei Unterteilung in unterschiedlich gestaffelte Einkommensklassen mit den verzerrenden Effekten höherer Steuersätze abzuwägen. Als generelle Regel gilt, dass bei einer Verdoppelung des Steuersatzes die Effizienzkosten um den Faktor vier zunehmen.102 Eine allgemeingültige Einschätzung für Entwicklungsländer ist aufgrund der unterschiedlich gelagerten Probleme 101 102 Vgl. Bird/Zolt (2004), S. 43f. Vgl. Bird/Zolt (2004), S. 45. 42 und Herausforderungen nicht ohne weiteres möglich, jedoch liegt die Vermutung nahe, dass eine progressive Besteuerung massive Anreize zur Verschleierung z.B. von Kapital- oder sonstigen Einkommensströmen setzen würde und Steuerbehörden mit der Aufdeckung dieser schlicht überfordert bzw. die damit verbundenen zusätzlichen Kosten prohibitiv hoch wären. Nach Alm (2004) sollte für Entwicklungsländer die individuelle Einkommenssteuer in Form konstanter Grenzsteuersätze über breit definierte und in feste Einkommensarten unterteilte Bemessungsgrundlagen erhoben werden. Des Weiteren wird suggeriert, Ausnahmeregelungen auf ein notwendiges Minimum zu beschränken und unterschiedliche Einkommensarten mit ähnlichen Sätzen zu besteuern.103 Die in Kapitel 4 dargestellten Finanzierungspläne wie auch das Beispiel HECS in Australien zeigen, wenn auch im Bereich tertiärer Bildung, dass sich die individuelle Einkommenssteuer grundsätzlich als Instrument eignet, um angefallene Ausbildungskosten über die in der Zukunft erzielten Einkommen ehemaliger Schüler zurückzuführen. Jedoch stehen viele Entwicklungsländer vor der Herausforderung, die Effizienz des Steuersystems zunächst deutlich erhöhen zu müssen, um über die zukünftigen Erlöse das von privaten Investoren zur Verfügung gestellte Kapital inklusive Zinselement entsprechend der im Vertrag festgelegten Konditionen bedienen zu können. Gesetzt die Annahme, dass individuelle Einkommenssteuern ein geeignetes Mittel der Rückführung von Humankapitalinvestitionen darstellen, so zeigen bisherige Beispiele, dass Regierungen in Entwicklungsländern nicht über ausreichende Kapazitäten verfügen, um beispielsweise im Bereich der Bildungspolitik Ressourcen für die Schulausbildung von Kindern aus einkommensschwachen Haushalten bereitzustellen. 5.2.2.2 Mehrwertsteuer Alternativ zu den bisherigen Überlegungen, die Rückführung privater Bildungsinvestitionen als Teil der Einkommenssteuer vorzunehmen, stellt auch die Mehrwertsteuer ein denkbares Modell dar. In einer Mehrzahl der Entwicklungsländer verursacht die Erhebung von Konsumsteuern, wie beispielsweise über Zölle, Verbrauchssteuern oder Mehrwert/Umsatzsteuern, deutlich geringere Kosten als eine Besteuerung individueller Einkommen. Der Grenzertrag getätigter Investitionen in administrative Ressourcen zur Konsumbesteuerung ist darüber hinaus substanziell größer als jener aus Investitionen zur 103 Vgl. Alm/Wallace (2004a), S. 27. 43 Effizienzsteigerung individueller Einkommenssteuern.104 Aus Tabelle 3 geht hervor, dass aus der Mehrwertsteuer erzielte Erlöse gerade in unterentwickelten Ländern für einen Großteil staatlicher Steuereinnahmen verantwortlich sind und die der individuellen Einkommensbesteuerung deutlich übersteigen. Mit steigendem Entwicklungsgrad hingegen nehmen die Bedeutung der direkten Besteuerung sowie die gesamten Steuereinnahmen in Relation zum BIP zu. Tabelle 3: Steuermerkmale ausgewählter Entwicklungsländer Indiv. Einkommenssteuer Steuereinnahmen Mehrwertsteuer in % des BIP Höchstsatz in % In % ges. St. Steuersatz in % In % ges. St. Burkina Faso 11,8 25 1,7 18 37,3 Ghana 19,6 25 14,8 15 25,5 Kenia 16,6 30 18,1 16 (14) 30,1 Namibia 30,1 35 24,6 15 26,2 Nigeria 5 32 20 5 24 Südafrika 25,6 29 30,1 14 27,3 Sambia 16,1 35 39,8 17,5 28,6 Quelle: Volkerink (2009); Eigene Darstellung Im Gegensatz zur Einkommenssteuer richtet sich die Mehrwertsteuer nicht nach den Einkommen von Individuen sondern nach dem Konsum steuerpflichtiger Güter.105 Hieraus leitet sich ab, dass die prozentuale Belastung unabhängig von der Höhe des Einkommens erfolgt und rein durch das individuelle Konsumverhalten bestimmt wird. Über den Abzug von Zwischenerzeugnissen und Investitionsgütern gestaltet sich die Mehrwertsteuer üblicherweise als Konsumsteuer, welche der Konsument in der finalen Phase der Gütererstellung zahlt.106 Die Verwendung der Mehrwertsteuer zur Rückführung von privaten Bildungsinvestitionen erscheint in Entwicklungsländern zunächst aus unterschiedlicher Sicht sinnvoll. Als zentraler Bestandteil bisheriger fiskalischer Reformen wurde die Mehrwertsteuer in mehr als 130 Ländern weltweit implementiert, darunter in vielen der ärmsten Länder beispielsweise Dreiviertel aller sub-saharischer Staaten Afrikas. Speziell diese Länder sehen sich zunehmend einem der Handelsliberalisierung geschuldeten Wegbrechen staatlicher Zolleinnahmen konfrontiert, die unter Zuhilfenahme der Mehrwertbesteuerung kompensiert 104 Vgl. Bird (2006), S. S5f. Die Umsatzsteuer verhält sich nur dann als finale Konsumsteuer, wenn sie sämtliche inländischen Verkäufe registrierter Unternehmen sowie Importe umfasst, sowie gewährleistet, dass eine vollständige Anrechnung bzw. Erstattung der getätigten Warenkäufe registrierter Steuerzahler stattfindet. 106 Vgl. Go et al. (2005), S. 2. 105 44 werden soll. 107 Dabei wird argumentiert, dass bei entsprechender Ausgestaltung bzw. Umsetzung die Mehrwertsteuer eine besonders effiziente Form der Erlöszuführung staatlicher Haushalte darstellt. Im Gegensatz zur Einkommenssteuer beschränkt sich der Staat hierbei rein auf seine Verwaltungsfunktion, ist also nicht gezwungen, Individuen bzw. Unternehmen und deren Transaktionen zu registrieren, um Steueransprüche geltend machen zu können. Als unmittelbares Problem der direkten und individuellen Besteuerung von Wirtschaftssubjekten wurden Wirtschaftsaktivitäten innerhalb der Schattenwirtschaft identifiziert, welche sich in Entwicklungs- und Schwellenländern auf Werte zwischen 30 und 60% des BIP belaufen.108 Unter Verwendung der Mehrwertsteuer lassen sich Steuereinnahmen selbst dann erzielen, wenn diese rein auf Bartransaktionen beruhen und somit den Steuerbehörden weitestgehend unbekannt bleiben.109 Somit werden in einem Modell staatlicher HCCs auch jene Absolventen „unbewusst“ Tilgungen in Form von Steuerzahlungen vornehmen, die keiner registrierten Tätigkeit nachgehen, jedoch Konsumgüter kaufen bzw. Dienstleistungen des besteuerten Wirtschaftskreislaufs in Anspruch nehmen.110 Beispiele der direkten Bildungsfinanzierung über Konsumsteuern beschränken sich nach Kenntnisstand des Autors auf das Bildungssystem Ghanas, wo im Jahr 2000 mit dem Ziel der Verbesserung primärer, sekundärer und tertiärer Bildung über zusätzliche Investitionen der Ghana Education Trust Fund aufsetzte wurde. Dieser zeigt, wie Mehrwertsteuereinnahmen, ohne Umweg über nationale Haushalte, für die gezielte Finanzierung von Bildungsinvestitionen genutzt werden können. Im Zuge der Einführung einer Mehrwertsteuer auf Güter und Dienstleistungen in Höhe von 12,5%, werden 20% der generierten Steuereinnahmen an einen speziell hierfür gegründeten Stiftungsfonds zur Finanzierung von Bildungsinvestitionen transferiert. Die Leitung des Fonds erfolgt durch von der Regierung berufene, jedoch unabhängige Vorstandsmitglieder, welche dem Parlament in regelmäßigen Abständen Bericht über die Verwendung des zugeführten Kapitals erstatten müssen.111 Gegenüber individuellen Einkommenssteuern, welche exakt quantifizierbar sind und, wie im Verlauf von Kapitel 5 dargestellt, über das staatliche Steuersystem an private Investoren in Höhe der in HCCs vereinbarten Beteiligung weitergeleitet werden können, ist die Mehrwertsteuer nur schwer Konsumenten zuzuordnen. Hierfür wäre es notwendig, jeden steuerpflichtigen Konsumvorgang mit einer Registrierung bzw. Identifizierung des 107 Vgl. Keen/Lockwood (2010), S. 1f. Vgl. Bird (2006), S. 26. 109 Vgl. Alm (2004b), S. 18ff 110 Vgl. Fedeli (1998), S. 388ff. 111 Vgl. Atuahene (2009), S. 31f. 108 45 Konsumenten bzw. Profiteurs staatlicher HCCs zu verbinden, was jedoch weitreichende Fragen bezüglich der Durchführbarkeit in Entwicklungsländern aufwirft und mit hohen technischen und administrativen Kosten verbunden ist. Wie jedoch kann unter Verwendung der Mehrwertsteuer sichergestellt werden, dass zusätzliche Konsumausgaben derjenigen Absolventen, welche von Humankapitalinvestitionen profitiert haben, möglichst präzise durch den Staat quantifiziert und im Anschluss an Investoren transferiert werden? Eine denkbare Vorgehensweise bestünde darin, einkommensabhängige Schätzungen der Konsumquoten von Absolventen, mit den in Kapitel 5.1.1 erläuterten, von Investorenseite getätigten Schätzungen über zukünftig zu erwartende Einkommen von Schülern einer bestimmten Schule zu verknüpfen. Ein Beispiel verdeutlicht diesen Zusammenhang: Tabelle 4: Durchschnittseinkommen nach Bildungsgrad und MwSt.-Aufkommen Ausbildungsdauer Bildungsgrad Ø Jahresein- MwSt.-Aufkommen kommen in EUR (Steuersatz 16%112) Männer Frauen Männer Frauen Primär Ausbildung, nicht abgeschlossen 0 – 4 Jahre 1284 684 205 109 Abschluss primäre Ausbildung 5 Jahre 1560 900 250 144 Sekundäre Ausbildung, nicht abgeschlossen 6 – 10 Jahre 1728 1164 276 186 Abschluss sekundäre Ausbildung 11 Jahre 2400 1668 384 267 Tertiäre Ausbildung, nicht abgeschlossen 12 – 15 Jahre 3144 2220 503 355 Tertiärer Bildungsabschluss und höher 16 Jahre 6264 3792 1002 607 Quelle: Núñez/Sánchez Torres (2002), Daten für Kolumbien Mit der Höhe der geforderten Beteiligung am zukünftigen Einkommen von Schülern einer Schule bringt der Investor zunächst seine Einschätzung über die Relation von Ausbildungsqualität zu Kosten zum Ausdruck. Die Qualität der Bildungseinrichtung sowie die individuelle Leistungsfähigkeit sind wichtige Einflussfaktoren der zukünftig von Schülern dieser Schule zu erwartenden Einkommen, welche wiederum maßgeblich für die dem Staat zufließenden individuellen Konsumsteueraufkommen sind. Tabelle 4 verdeutlicht in diesem Zusammenhang durchschnittlich zu erwartende Einkommen in Abhängigkeit des Bildungsgrades. Unter der Annahme, dass ein mithilfe staatlicher HCCs finanzierter Schüler einen sekundären Bildungsabschluss erreicht, welchen er ohne die in ihn getätigte Investition nicht hätte erlangen können, so verdoppelt (bzw. für Frauen verdreifacht) sich das zukünftig zu erwartendes Einkommen nahezu. 113 Eine einkommensunabhängige und somit weder 112 113 Vgl. US Commercial Service (2010) Vgl. Núñez/Sánchez Torres (2002), S. 47. 46 progressive noch regressive Konsumquote von 100% unterstellt, lassen sich Bildungsrenditen als zusätzlich generierte Steuererlöse des Staates ausdrücken. Werden die erwarteten Mehreinnahmen aus dem zusätzlichen Konsum von Absolventen, unter Außerachtlassung direkter Steuern, mit Bildungsfinanzierung durch das Finanzministerium an einen Bildungsfonds, beispielsweise nach dem Vorbild Ghanas weitergereicht, so ließen sich aus diesem die in primäre und sekundäre Bildung investierenden Kapitalgeber bedienen. In der Realität jedoch mindern Steuerineffizienzen die durch Konsumsteuern generierten Erlöse. Eine im Vergleich zu Industrieländern geringere Leistungsfähigkeit der Mehrwertsteuer in Entwicklungsländern ist jedoch nicht nur auf die Ausgestaltung der Steuer, sondern auch auf Unterschiede zwischen den theoretischen Anforderungen an die Steueradministration und den in der Praxis beobachtbaren Institutionen zurückzuführen. Zwar handelt es sich bei der Mehrwertsteuer prinzipiell um eine eigenverantwortliche Steuer, bei der Wirtschaftssubjekte ihre Steuerschuld selbst errechnen und dann den zuständigen Behörden melden. Jedoch müssen von Seiten des Staates zuvor notwendige Konditionen erfüllt sein, um diese Eigenverantwortlichkeit implementieren zu können.114 Dazu gehören einfache, klare und stabile Steuergesetze sowie eindeutige und unkomplizierte Handlungsweisen bei der Registrierung, Dokumentation, Zahlung und Erstattung besteuerter Waren und Dienstleistungen. Von hoher Bedeutung sind darüber hinaus regelmäßige Überprüfungen und die ausnahmslose Verfolgung bzw. Sanktionierung von Steuersündern.115 Indem viele Niedrigeinkommensländer diese Konditionen nicht oder nur in Teilen erfüllen, fallen Erlöse aus der Mehrwertsteuer deutlich geringer aus, als anhand der gesetzlich verankerten, idealtypischen Besteuerung vorausgesagt und in Staatshaushalten eingeplant. Instabile Steuergesetze sind des Weiteren dahingehend anfällig, als dass sie von der Zentralregierung als auch von Lokalbehörden als industriepolitisches Instrument verwendet werden können oder über Steuergeschenke dem Zweck der Korruption dienen. Als Gradmesser der Leistungsfähigkeit von Steuersystemen werden Effizienzkennzahlen herangezogen, welche im Unterschied zu Produktivitätskennzahlen dem unterschiedlich hohen Einfluss informeller Wirtschaftsaktivitäten in Volkswirtschaften Rechnung tragen. Die Effizienz der Mehrwertsteuer errechnet sich dabei als Verhältnis der Erlöse in Prozent des privaten Konsums geteilt durch den Steuersatz und stellt den Erlös je Einheit bei einer einheitlichen Besteuerung des gesamten Konsums dar. 116 Volkerink (2009) beziffert die 114 Vgl. Bird (2006), S. 19. Vgl. Ebrill et al. (2001), S. 141. 116 Vgl. Bird (2006), S. 12f. 115 47 Effizienz der Mehrwertsteuererhebung in sub-saharischen Staaten auf 25-47% und identifiziert folgende korrelierende Einflussfaktoren: Die Effizienz der Konsumbesteuerung steigt mit zunehmendem Entwicklungsgrad einer Volkswirtschaft. Des Weiteren zeigt sich, dass ein geringer Anteil der schwer zu besteuernden Landwirtschaft sich ebenfalls positiv auf die Effizienz auswirkt, ebenso wie eine hohe urbane Konzentration der Bevölkerung sowie der Grad der Offenheit gegenüber ausländischem Kapital und Güterimporten.117 Die vorgestellte Mehrwertsteuer bietet alternative gerade im Kapitalrückführung Hinblick auf staatlicher HCCs Entwicklungsländer über die gegenüber Einkommenssteuern weitreichende Vorzüge bezüglich Effizienz der Steuererhebung sowie Kosten der Durchsetzung seitens administrativer Stellen. Zwar gestaltet sich die Zuordnung von HK-Investitionen und Steuererlösen im Vergleich zur individuellen Einkommensbesteuerung weitaus schwieriger, jedoch ist im Gegenzug mit deutlich höheren Steuererlösen zu rechnen, welche hinsichtlich der nachhaltigen Finanzierung staatlicher HCCs von vorrangiger Bedeutung sind. 117 Vgl. Volkerink (2009), S. 22f. 48 6 Implikationen für Entwicklungsländer Die Einführung staatlicher HCCs in Entwicklungsändern setzt voraus, dass neben der Berücksichtigung von länderspezifischen Gegebenheiten, vor allem eine Reihe von administrativen Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Als zentrale Elemente einkommensabhängiger Darlehen werden dabei zum einen Herausforderungen bei der Registrierung und Weiterverfolgung an staatlichen HCCs partizipierender Schüler zum anderen die Funktionsfähigkeit des Steuersystems zur Rückführung privater Bildungsinvestitionen formuliert. Erfahrungen aus entwickelten Ländern zeigen, dass die für eine Implementierung notwendigen Voraussetzungen bereits gegeben sind und der zusätzlich zu erwartende administrative Aufwand sowie die daraus resultierenden Mehrkosten weniger ein Hindernis darstellen als vielmehr Fragen nach der politischen Durchsetzbarkeit sowie den Kreditkonditionen.118 Essenziell für eine Rückführung auf Basis der Einkommenssteuer in Entwicklungsländern ist zunächst, Schüler spätestens bei Eintritt in das Schulsystem mit eindeutigen Zuordnungsmerkmalen auszustatten, welche über den Ausbildungs- und Erwerbszeitraum eine Zuweisung von Investitionen und daraus abgeleiteten Zahlungsverpflichtungen ermöglichen. Hierfür kommen etwa Personalausweise oder Sozialversicherungsnummern in Frage, die eine verlässliche Identifizierung von Individuen ermöglichen und im Optimalfall ab Erreichen eines bestimmten Alters für Staatsbürger verpflichtend sind. Bei Eintritt von Schülern in ein System staatlicher HCCs können diese verwendet werden, um die im Laufe der Ausbildung akkumulierten privaten Investitionen sowie die zugrundeliegenden 119 dokumentieren. Schulen in prozentualen Einkommenssteuerbeteiligungen zu Diese Aufgabe sollte nach Möglichkeit von partizipierenden öffentlichen Koordination mit staatlichen Behörden übernommen werden. Der Dokumentationsvorgang erfordert ein hohes Maß an Transparenz, insbesondere um Investoren und Staat einen Einblick in Kosten/Nutzen-Profile von Schulen und zukünftigen Einkommenspotenzialen finanzierter Individuen gewährleisten zu können und eine Beeinflussung relevanter Zahlen durch involvierte Parteien auszuschließen. In Hinblick auf eine exakte Bestimmung erzielter Einkommen ehemaliger Schüler gilt es darüber hinaus, möglichst viele, gerade größere Unternehmen bei mit staatlichen HCCs betrauten Steuerbehörden zu registrieren. Im Sinne einer Mindestvoraussetzung sollte dies minimalerweise auf den öffentlichen Dienst, staatlich kontrollierte Unternehmen sowie im 118 119 Vgl. Chapman (2008), S. 7f. Vgl. Chapman (2006), S. 1482. 49 Land ansässige multinationale Unternehmen zutreffen, da deren Steuerkonformität ohne größeren Kostenaufwand bewerkstelligt werden kann.120 Bezüglich einer Verwendung der Mehrwertsteuer zur Rückführung privater Investitionen besteht die größte Herausforderung in einer möglichst exakten Schätzung zukünftiger Einkommen sowie zusätzlicher Konsumausgaben der von staatlichen HCCs profitierenden Schüler. Diese müssten im Zeitverlauf und mit zunehmenden Erfahrungswerten präzisiert werden, um die Höhe der prozentualen Abführung an den Gesamtsteuereinnahmen entsprechend festsetzen zu können. In diesem Zusammenhang ist eine exakte Dokumentation der Anzahl involvierter Schüler, deren aktueller Stand innerhalb des Bildungssystems sowie gegebenenfalls bereits erlangter Abschlüsse notwendig. Eine generelle Herausforderung für Entwicklungsländer besteht in Bezug auf die Effizienz der Steuersysteme. Steuergesetze sollten möglichst einfach ausgestaltet sowie klar und verständlich formuliert sein, um Anreize bezüglich der Steuerkonformität zu schaffen.121 Darüber hinaus gilt es die Durchsetzung von Forderungen gegenüber Wirtschaftssubjekten zu forcieren, auch wenn dies mit hohen zusätzlichen Kosten verbunden ist und sich zunächst negativ auf der Kostenseite auswirkt. 120 121 Vgl. Chapman (2006), S. 1483. Vgl. Alm (2004), S. 5f. 50 7 Schlussbetrachtung Kernpunkt der vorliegenden Arbeit ist die Frage, inwieweit alternative Formen der Finanzierung sich eignen, einer breiten Bevölkerungsschicht in Entwicklungsländern den Zugang zu primärer und sekundärer Bildung zu ermöglichen. Im Vergleich mit traditionellen Krediten wurde dabei die konzeptionelle Überlegenheit einkommensabhängiger Darlehen in Bezug auf die Einkommenssituation von Kreditnehmern zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses sowie im Anschluss an die Ausbildungsphase herausgestellt. Indem Rückzahlungen prozentual an zukünftige Einkommensströme gekoppelt werden, sind Schuldner zu jedem Zeitpunkt in der Lage, Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, wodurch Kreditausfallrisiken weitestgehend minimiert werden und der Unsicherheit individueller Bildungsrenditen Rechnung getragen wird. Unter dem Aspekt der Einkommensglättung sowie der aus Kreditverträgen resultierenden finanzielle Belastung zeigte sich ferner, dass HCCs gegenüber Risikobündelungs- bzw. Risikoteilungsmodellen sowie der Graduate Tax für die Anwendung in Entwicklungsländern als am ehesten geeignet anzusehen sind. Auf Basis dieser Erkenntnisse wurden bisherige Formen einkommensabhängiger Bildungskredite in Entwicklungsländern untersucht und deren konzeptionelle Schwächen aufgezeigt, eine effektive Kostenteilung bzw. den Transfer anfallender Kosten hin zu den Profiteuren der Ausbildung vorzunehmen. Im Zentrum der Kritik standen dabei Inkonsistenzen in Bezug auf die Gleichbehandlung von Individuen sowie die nur unzulängliche Durchsetzung staatlicher Forderungen gegenüber Absolventen. Eine Vielzahl unterschiedlich gelagerter Ausnahmeregelungen führen in Entwicklungsländern dazu, dass zu beobachtende exzessive Subventionen innerhalb des Bildungssystems letztlich zu Lasten der ursprünglichen Zielsetzung gehen. Unter Berücksichtigung der Befunde der Prinzipal-Agenten-Theorie und der Schwächen bisheriger Modellimplementierungen in Entwicklungsländern wurde in Kapitel 5 das Modell staatlicher HCCs diskutiert, welches zum einen Rechtssicherheit bei der Einhaltung und Durchsetzung von Verträgen bietet, zum anderen bisherige Modelle um die Fähigkeit ergänzt, privates Kapital innerhalb des Bildungssektors zu akquirieren. Darüber hinaus konnten die Vorzüge einkommensabhängiger Darlehen auf die Finanzierung primärer und sekundärer Bildung transferiert werden, indem der Staat anstelle minderjähriger Schüler exklusive Verträge mit Investoren schließt und hierdurch weiterhin seiner bildungspolitischen Verantwortung nachkommt. Durch die indirekt gestaltete Einbeziehung von Individuen, welche im Regelfall in Unkenntnis über private Bildungsinvestitionen verbleiben, besteht zu 51 keinem Zeitpunkt die Gefahr, dass Investoren Leistungsdruck bezüglich der zu erzielenden Renditen ausüben, jedoch kommt es somit auch zu keinen zusätzlichen Anreizen von Schülern, besondere Leistungsbereitschaft innerhalb des Bildungssystems zu zeigen. Durch die Partizipation von Investoren an zukünftigen Einkommen, die in Form einer prozentualen Beteiligung des individuellen Steueraufkommens erfolgen, kann eine Interessenharmonisierung zwischen Staat und Investoren herbeigeführt werden, bei der beide Vertragsparteien von Bildungsrenditen des primären und sekundären Bereichs profitieren. Auf der anderen Seite wurde deutlich, dass bei in staatlichen HCCs involvierten Schülern weder mit dem Problem der adversen Selektion noch mit Moral Hazard zu rechnen ist, da in Bezug auf die Ausbildungsphase und die zukünftige Steuerlast kein Unterschied zu nichtfinanzierten Schülern besteht. In Hinblick auf die Nachhaltigkeit des Finanzierungsmodells rückt im Verlauf der Arbeit die administrative Rolle des Staates in den Vordergrund. Wie in Kapitel 5.2 dargestellt, bestehen in Entwicklungsländern weitreichende Defizite bezüglich der Erhebung direkter und indirekter Steuern, wodurch die effektive Steuerbasis erheblich eingeschränkt wird. Die primäre Herausforderung des Staates liegt folglich darin, gegenüber Absolventen bei Eintritt in die Erwerbstätigkeit Steuerforderungen formulieren und diese durchsetzen zu können. Das in staatlichen HCCs Verwendung findende Einkommenssteuermodell erscheint in Industrieländern aufgrund seiner intuitiven Verknüpfung von Einkommen und Bildungsrenditen erstrebenswert und ohne größeren administrativen Aufwand umsetzbar. Bezogen auf Entwicklungsländer wurde jedoch deutlich, dass hierdurch erzielte Steuereinnahmen bislang kaum ausreichen dürften, um staatliche HCCs langfristig tragbar zu machen. Die als alternatives Rückführungsinstrument diskutierte Mehrwertsteuer erscheint aus Effizienzgesichtspunkten durchaus vorteilhaft, da sie zumindest partiell den informellen Wirtschaftssektor zu besteuern vermag und somit nicht vollständig von registrierten Einkommen innerhalb des öffentlichen Sektors oder multinationaler Unternehmen abhängig ist. Auf der anderen Seite setzt die Verwendung der Mehrwertsteuer präzise Schätzungen in Hinblick auf zukünftige Einkommen von Absolventen, Konsumquoten sowie zu erwartenden Mehreinnahmen der Konsumbesteuerung voraus. Die Verwendung von Steuersystemen innerhalb staatlicher HCCs impliziert jedoch generell tiefe Eingriffe in die Fiskalpolitik souveräner Staaten, was ein potentiell ausschlaggebendes Hindernis des politischen Reformwillens darstellt. In Hinblick darauf müssen Verträge zwischen Staaten und Investoren juristisch unanfechtbar und frei von Interpretationsspielräumen sein. Wie aus Kapitel 6 hervorgeht, sind speziell in 52 Entwicklungsländern eine Vielzahl von Voraussetzungen zu erfüllen, bevor eine Implementierung staatlicher HCCs vorgenommen werden kann. Somit werden mittelfristig nur wenige Niedrigeinkommensländer, welche zumindest partiell bereits über entsprechende Verwaltungsstrukturen sowie eindeutige Identifikationsmerkmale ihrer Staatsbürger verfügen, in der Lage sein, derartige Reformen durchzuführen. Die Ergebnisse der Arbeit geben jedoch Grund zu der Annahme, dass innovative Formen der Bildungsfinanzierung ein geeignetes Mittel darstellen können, um der steigenden Nachfrage nach elementarer Bildung in Entwicklungsländern nachzukommen. Unter Einbeziehung des Staates sowie privater Kapitalgeber kann hierdurch ein breiter und von individuellen Einkommensverhältnissen unabhängiger Bildungszugang bereitgestellt werden, der nachhaltig dazu beiträgt, Armut zu verringern und Entwicklungsprozesse zu beschleunigen. 53 Literaturverzeichnis Akerlof, G.A. (1970): The Market for "Lemons": Quality Uncertainty and the Market Mechanism, In: The Quarterly Journal of Economics 84 (3), S. 488–500. Albrecht, D./ Ziderman, A. (1991): Deferred Cost Recovery for Higher Education. Student Loan Programs in Developing Countries. Washington, D.C. Alm, J. 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