Griechische Portraikunst: Versuch eines Resümées

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Griechische Portraikunst: Versuch eines Resümées
Griechische Portraikunst: Versuch eines Resümées
Überlieferung:
– griechische Originale aus Bronze (z. B. Köpfe von Porticello und Antikythera
sowie weitaus seltener Marmor (sog. Philosoph von Delphi), sichere Benennungen
nur über inschriftlich benannte Repliken möglich; Aussagen über das Original
erfordern das Verfahren der Kopienkritik
Datierung:
– mittels Kopienkritik muß zunächst der Versuch erfolgen, Zutaten der Kopisten
auszuscheiden, anschließend ist das Bildnis stilistisch einzuordnen
Funktion:
– hinsichtlich der Funktion sind die römischen Kopien von den griechischen
originalen zu scheiden: so waren die Bildnisse in Griechenland in der Regel als
Grabmonumente, Weihgeschenke oder öffentliche Ehrenstatuen aufgestellt,
welches unmittelbare Auswirkung auf jede Interpretation ihrer Aussageabsicht
haben muß; in Rom dagegen findet man häufig das Phänomen, daß die Bildnisse
auf Büsten/ Hermen reduziert wurden und in Form von Galerien Aufstellungen
fanden (auf diese Weise konnte der Besitzer einer Villa oder eines Hauses sein
Interesse an griechischer Bildung demonstrieren
Griechische Portraikunst: Versuch eines Resümées
Zentrale Aspekte griechischer Portraitkunst: Archaische Zeit
– Beginn der rundplastischen Bildniskunst in Griechenland
– im ihrem Erscheinungsbild sind Porträts typologisch streng
gebunden und setzen sich nicht vom Menschenbild der Archaik
ab
– Haupterscheinungsformen sind Kuroi und Korai; bei Männern
wird der gesunde, kräftige Körper betont, welcher leistungsfähig
ist
– Differenzierungen lassen sich an den Grabstelen beobachten.
An deren Bildnissen wird insbesondere die Vergegenwärtigung
der sozialen Rolle, welche die dargestellte Person inne hatte,
hevorgehoben
– Das keine oder kaum im heutigen Sinne individualisierende
Züge Verwendung fanden hat seine Ursprünge v. a. darin, daß
die Bildnisse nur die Züge enthalten, welche in ihrer
Entstehungszeit als darstellungswürdig angesehen wurden
Griechische Portraikunst: Versuch eines Resümées
Zentrale Aspekte griechischer Portraitkunst: Klassische Zeit
– es lassen sich zum ersten mal Bildnisse
beobachten, welche den heutigen
Maßstäben von Individualität gerecht
werden (Themistokles, Pindar)
– Es lassen sich ab klassischer Zeit
jedoch die Stränge der
individualisierenden und idealisierenden
Bildnisse (Perikles) gleichermaßen
greifen
– Es standen unterschiedliche
Möglichkeiten zur Verfügung, Menschen
in Bildnisse umzusetzen. Das realistische
Individualporträt, welches wir heute meist
als einzige Porträtform akzeptieren ist nur
eine Spielart
Griechische Portraikunst: Versuch eines Resümées
Zentrale Aspekte griechischer Portraitkunst: Hellenistische Zeit
– Zeit durch neue Leitbilder
gekennzeichnet, welche insbesondere in
der Person Alexanders des Großen
greifbar werden: die Bartlosigkeit wird
prägend, Dominanz individueller Bildnisse
– Alexanders Leitbild setzt sich nicht nur für
seine Nachfolger durch, sondern ist auch in
anderen Bildnissen greifbar (z. B.
Menander)
– vor dem Hintergrund des neuen
Bürgerbildes konnte sich eine spezifische
Philosophenikonographie herausbilden (m.
E. überzeugende These von Ralf von den
Hoff; abgelehnt dagegen von D. Piekarski
und N. Himmelmann)
Griechische Portraikunst: Versuch eines Resümées
Was ist auf Basis der betrachteten Bildnisse ein griechisches Porträt und
wie ist es zu verstehen?
– ab klassischer Zeit konnten bestimmte Bildnisse naturalistischer
aussehen als andere. Nach den Bildnissen der griechischen Klassik wird
deutlich, daß im Gegensatz zur Neuzeit, in der das realistische
Individualporträt eine allgemeine Tendenz ist, diese Form in der Antike
nur eine Darstellungsmöglichkeit neben anderen war
– der auf Erkennbarkeit und Ähnlichkeit basierende Porträtbegriff ist eine
sehr späte Erscheinung (der Neuzeit) und daher rückwirkend auf die
Antike kaum anwendbar
– sinnvoller scheint, den Porträtcharakter einer Darstellung aus den
Intentionen der Darstellungen abzuleiten (positive Darstellung im Bildnis):
ein Individuum wird mit seinem Bildwerk nicht über eine nicht
nachweisbare Ähnlichkeit verbunden, sondern die intendierten Aussagen,
welche eine Statue gegenüber einer Öffentlichkeit über es machen kann
– eine Porträtdefinition für antike griechische Porträts kann nur dann
operabel sein, wenn sie die Darstellungsabsicht als Kriterium anwendet