Die Immobilien der Herzöge von Arenberg in den früheren

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Die Immobilien der Herzöge von Arenberg in den früheren
Die Immobilien der Herzöge von Arenberg in den früheren Niederlanden
(von Ende des 18. Jahrhunderts bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts)
(Auszug aus dem Artikel von P.-A. TALLIER)
Es ist illusorisch zu meinen, man könne die Größe des Forstbesitzes des Hauses Arenberg
abschließend einschätzen und die Entwicklung der zahlreichen Parzellen, aus denen sich dieser Besitz
zusammensetzt, genauestens nachvollziehen. Wie jeder andere Immobilienbesitz wandelt sich auch
dieser Forstbesitz ständig durch Käufe oder Verkäufe, die für die Verwaltung eines Vermögens
typisch sind und zum Teil freiwillig erfolgen, zum Teil aber auch das Ergebnis von
Hinterlassenschaften oder politischen Entscheidungen sind. Weitere Veränderungen ergeben sich
jedoch auch aus hier und da vorgenommenen Aufforstungsarbeiten oder Rodungen. Doch im
Unterschied zur gesamten Fläche einer Herrschaft, die mehrere Jahrzehnte lang relativ unverändert
bleiben kann, können sich unter den verschiedenen Bestandteilen unbebauter Flächen (Park,
Weideland, Ackerland, Wälder, Heidelandschaft und Sumpfgebiete usw.) sehr regelmäßig bedeutende
Veränderungen ergeben.
Wie dem auch sei, um die Jahrhundertwende zwischen dem 18. und 19. Jahrhundert besitzt das Haus
Arenberg mehr als 12 005 ha Forst auf dem Gebiet der Französischen Republik, darunter 6 902 ha in
den neun "Departements réunis" (3 069 ha im Departement Dyle [Brabant], 2 020 ha im Departement
Jemappes [Hennegau], 1 122 ha im Departement des Forêts [Luxemburg] – somit also die ungeteilte
Hälfte des Waldes de Neufchâteau – und 691 ha im Departement Ourthe [Lüttich])1. Zum Zeitpunkt
dieser Aufstellung befindet sich dieser Waldbesitz ebenso wie der gesamte übrige Besitz unter
Zwangsverwaltung und wird von der Forstbehörde verwaltet. Nach längerem Hin und Her wird diese
Zwangsverwaltung erst am 6. Brumaire des Jahres XII aufgehoben 2.
Für das Familienoberhaupt, den Herzog Ludwig Engelbert, dessen Besitztümer im Laufe weniger
Jahre drastisch dezimiert wurden (von mehr als 23 000 ha im Jahre 1790 auf weniger als 10 000 ha im
Jahre 1820), bedeuten die Revolution und das Kaiserreich schwierige Zeiten. Die militärischen und
politischen Ereignisse zwingen ihn, sich auf seine Ländereien und Güter im Königreich Niederlande
zurückzuziehen, von denen Heverlee (3 000 ha) und Edingen (1 900 ha) die beiden bedeutendsten
sind. Durch die während der holländischen Periode organisierten Verkäufe der Staatsforste kann sein
Sohn, Herzog Prosper Ludwig 3, seine Besitztümer erneut beträchtlich ausbauen. Innerhalb weniger
Jahre erwirbt er 17 Forste und Wälder mit einer Gesamtfläche von 2 168 ha (darunter die zweite
ungeteilte Hälfte des 2 244 ha großen Waldes von Neufchâteau, der hier mit 1 122 ha berücksichtigt
wird). Er nutzt diese Verkäufe, um den zu den Staatsgütern gehörenden Anteil der Wälder zu kaufen,
die er gemeinschaftlich mit dem Staat besitzt und so Güter zu erwerben, die an die seinigen grenzen
oder sich in ihrer unmittelbaren Nähe befinden. Obwohl ihm die Möglichkeit eingeräumt wird, seine
Käufe in zwölf über ebenso viele Jahre verteilten Raten zu begleichen, zeichnet er sich dadurch aus,
dass er alle seine Erwerbungen sehr schnell vollständig bezahlt.
1
J. DESCHEEMAEKER, Histoire de la Maison d’Arenberg d’après les archives françaises, Melun, 1969,
S. 256.
2
A. GEUBEL, L. GOURDET, Histoire du pays de Neufchâteau. La Ville - La Seigneurie - Le ban de Mellier,
Gembloux, 1956, S. 70-71 und 133.
3
A. DUCHESNE, «Arenberg Louis Prosper», in Biographie nationale, t. 30, col. 77-79; E. LALOIRE,
Généalogie de la maison princière et ducale d’Arenberg (1547-1940), Brüssel, 1940; E. VANDERVELDE, La
propriété foncière en Belgique, Paris, 1900, S. 155, 180-181.
1
Um 1830 erstreckt sich sein Waldbesitz auf "belgischem" Gebiet über fast 8 500 ha. Die wichtigsten
Waldgebiete und bewaldeten Güter befinden sich in Neufchâteau (2 244 ha Wald), Heverlee (2 235 ha
Wald), Edingen (1 060 ha Wald), Braine-le-Comte (789 ha Wald) und Halle (393 ha Wald).
Anschließend erwirbt Prosper Ludwig noch einige Waldgebiete von beträchtlicher Größe: einen Teil
des Waldes de Soignes (den zweiten Teil des Waldes von Halle mit einer Größe von 202 ha), den
Wald de Haute-Marlagne (817 ha), den ‚grand bois’ de Champlon (318 ha de Wald)4; darüber hinaus
kauft er Wälder aus dem Besitz der Gesellschaft Vedrin (369 ha), zu deren Aktienbesitzern er gehörte.
Durch das Verfahren zur Beschränkung der Nutzungsrechte in dem Wald von Neufchâteau (Verlust
von 744 ha) und zahlreiche Rodungen in anderen Besitztümern gingen in der Zwischenzeit jedoch
mehrere hundert Hektar Wald verloren.
Nichtsdestoweniger besteht der in Belgien gelegene Immobilienbesitz des Prosper Ludwig zur
Eröffnung des Nachlasses zur Hälfte aus Forsten und Wäldern (fast 9 500 ha von insgesamt
18 500 ha), sodass man ihn als einen der größten privaten Waldbesitzer Belgiens betrachten kann 5.
Sieht man von dem in den Ardennen gelegenen Besitz in Neufchâteau ab, dessen Bedeutung mit dem
zunehmenden Verschwinden der in unmittelbarer Nähe gelegenen und mit Holzkohle betriebenen
Schmieden zunächst etwas abnimmt, besitzen diese Wälder im Allgemeinen vielerlei Vorzüge.
Der in der Region Namur gelegene Wald de Haute-Marlagne erfreut sich einer hervorragenden Lage
in unmittelbarer Nähe verschiedener Industrien (Bergwerke, Schmieden, Glaswerke, Kohlebergbau
usw.), der Stadt Namur und einer Wasserstraße. Die übrigen großen Einheiten (Heverlee, Edingen,
Braine-le-Comte, Halle) befinden sich zum großen Teil auf gutem Boden in Provinzen, die über
bereits entwickelte Straßennetze (Brabant und Hennegau) und große Zentren des Holzverbrauchs
(Städte und Industrien) verfügen.
Diese außerordentliche Bestände sind später zwischen seinen Erben aufgeteilt worden, bevor sie dann
zum Ende des Ersten Weltkriegs größtenteils unter Zwangsverwaltung gestellt wurden und
unterschiedliche Schicksale erfuhren.
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Zum Zeitpunkt des Kaufs umfasste das Gebiet von Champlon-Famenne 522 ha, darunter 318 ha Wald.
5
Der Immobilienbesitz im Nachlass des Prosper Ludwig beläuft sich auf 20 866 ha Land in Belgien,
Frankreich, dem Großherzogtum Luxemburg und Holland, darunter etwa 9 500 ha Wald in Belgien.
Zählt man die Wälder des Besitzes in Meysemburg (450 ha im Großherzogtum Luxemburg) und Wallers
(350 bis 400 ha in Frankreich) hinzu, so beläuft sich die gesamte Waldfläche auf 10 350 der 20 866 ha, aus
denen sich der Nachlass zusammensetzt.
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