Redaktionelle Beispielseiten

Transcription

Redaktionelle Beispielseiten
urlaub!
Special
Entspannung in der Beach-Bar, die
mal „El Último Paraíso“ hieß
April 2012
Oldtimer-Reisen:
Entschleunigen
mit 54 PS
Türkei:
Auf der Sonnenseite
des Booms
Mallorcas
letztes
Paradies
Jetzt ist Ruhe: Warum der
Party-König vom Traumstrand
Es Trenc vertrieben wurde
www.volkswagen.de
Casual Monday,
casual Tuesday,
casual Wednesday,
...
Erst das Vergnügen. Der neue Passat Alltrack.
Machen Sie den Alltag zu einem besonderen Tag. Mit dem neuen Passat Alltrack. Egal ob vor, während
oder nach der Arbeit – dank 4MOTION®-Antriebskonzept, Offroad-Modus und erhöhter Bodenfreiheit
ermöglicht er Ihnen jederzeit eine Auszeit in der Natur. Doch der neue Passat Alltrack zeigt auch
im Großstadtdschungel, was er kann: So sorgen seine zahlreichen Assistenzsysteme für einmaligen
Fahrkomfort. Auch das macht den Alltag weniger alltäglich.
Kraftstoffverbrauch in l/100 km: kombiniert zwischen 8,6 und 5,2, CO2-Emissionen in g/km: kombiniert zwischen 199 und 135.
Abbildung zeigt Sonderausstattung gegen Mehrpreis.
URLAUB
Strand-Leben: Es Trenc auf Mallorca ist
das Paradies – auch ohne wilde Partys
Bis die Trommelbremse glüht: Eine
Oldtimer-Tour durch den Schwarzwald
Bildungsreise nach Kampanien: Wie aus
Grundschülern Weltenbummler werden
Türkei-Boom: Entdeckenswerte Plätze jenseits überlaufener Strände ................................................
4
Auto-Wandern: Mit dem Miet-Oldtimer unterwegs im Süden Deutschlands ........................................ 8
Reise zum Ich: In Klöstern bringen Ferien-Pilger Geist und Seele wieder in Einklang ....................... 12
Glamping: Wenn Camping glamourös wird .......................................................................................... 14
Pizza, Pasta & Pompeji: Eine klassische Bildungsreise – mit Kindern ................................................ 16
London: Wohnen wie bei Freunden während der Olympischen Sommerspiele 2012 .......................... 20
Die Kunst des Klauens: Dr. Langfinger Bob Arno über die Tricks der Taschendiebe ......................... 21
Mallorca: Weil er zu wild feierte, wurde der König des Traumstrands Es Trenc verjagt .................... 22
Trends: Kuschelige Minihotels, Wein-Wellness und eine Pauschalreise für 1,2 Millionen Euro ......... 24
Fotos: Heinz Heiss, Claudio Morelli/beide FOCUS-Magazin, Getty Images
Mein Urlaub: Blues Brother Dan Aykroyd über seine Liebe zum Zugfahren ....................................... 26
FOCUS „urlaub!“
FOCUS Magazin Verlag GmbH, Arabellastraße 23, 81925 München, Postfach 81 03 07, 81903 München, Telefon: 0 89/92 50-0, Fax: 0 89/92 50 - 20 26
Herausgeber: Helmut Markwort
Chefredakteur: Uli Baur
Stellvertetende Chefredakteure: Markus Krischer,
Carin Pawlak
Art Director: Bardo Fiederling
Chef vom Dienst: Sonja Wiggermann
Konzeption & Redaktion: Ellen Daniel, Barbara Jung-Arntz,
Stefan Ruzas
Mitarbeiter dieser Ausgabe:
Jobst-Ulrich Brand, Gregor Dolak, Kathrin Finke, Elke HartmannWolff, Imke Henkel, Sabrina Hoffmann, Helge Sobik, Noelani
Waldenmaier
Titel/Grafik: Kristina Runge
Infografik: Ulrich Gerbert, Stefan Hartmann
Bildredaktion: Rüdiger Schrader; Edith Eberl
FOCUS-Dokumentation/-Schlussredaktion
FOCUS 18/2012
Herstellung: Helmut Janisch, Christoph von Schiber
Bildtechnik: Harald Neumann (Ltg.)
Bildbearbeitung: Reinhard Erler (Ltg.)
Redaktionstechnik: Ingo Bettendorf; Kai Knippenberg
FOCUS „urlaub!“ erscheint in der FOCUS Magazin
Verlag GmbH. Verantwortlich für den redaktionellen
Inhalt: Uli Baur
Die Redaktion übernimmt keine Haftung für unverlangt
eingesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen.
Nachdruck ist nur mit schriftlicher Genehmigung
des Verlags gestattet. Dieses gilt auch für die Aufnahme in
elektronische Datenbanken und Vervielfältigungen
auf CD-ROM. Sofern Sie Artikel aus dem FOCUS-Extra
in Ihren internen elektronischen Pressespiegel
übernehmen wollen, erhalten Sie die erforderlichen
Rechte unter www.presse-monitor.de oder unter Telefon:
0 30/28 49 30, PMG Presse-Monitor GmbH.
Anzeigenverkauf für FOCUS „urlaub!“:
Tina Schäfer, Telefon 0 89/92 50-39 81,
Fax: 0 89/92 50-24 94, [email protected]
Verantwortlich für den Anzeigenteil: Kai Sahlfeld,
Arabellastraße 23, 81925 München,
Telefon: 0 89/92 50-29 50, Fax: 0 89/92 50-29 52.
Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 22,
gültig seit 1. Januar 2011.
Druck: Burda GmbH, Hauptstraße 130, 77652 Offenburg,
Telefon: 07 81/84 01; printed in Germany
Director Operations: Andreas Struck
Director Finance: Vernon von Klitzing
Director Marketing: Ingo Müller
Geschäftsführer: Burkhard Graßmann, Andreas Mayer
Verleger: Dr. Hubert Burda
3
URLAUB
Sonnenseite des
Booms
Die TÜRKEI erwartet in diesem Jahr schon wieder mehr Urlauber.
Wir zeigen entdeckenswerte Plätze jenseits überlaufener Strände
as ist Rekord: 4,8 Millionen Deutsche machten im
vergangenen Jahr Urlaub in der Türkei, 15,3 Prozent mehr als 2010. Aus keinem Land der Welt
kommen mehr Besucher. Und Ertugrul Günay, der
türkische Kultur- und Tourismusminister, rechnet
bei den insgesamt 31,4 Millionen Feriengästen nun abermals mit
einem Plus von zehn Prozent.
Als Reiseland ist die Türkei beliebt wie nie – und seit Beginn
der unruhigen Zeiten in Nordafrika oder Griechenland ist sie
noch beliebter. Jenseits des Strandvergnügens zu günstigen
Preisen bietet die Zweistromregion jede Menge Urlaubsvariatio-
D
4
nen zwischen Natur und Kultur, zwischen Ruhe und Bewegung.
Von der Ballonfahrt über Kappadokien über „blaue Reisen“
auf beschaulichen Segelbooten bis zu Skivergnügen am Palandöken. Mit komfortablen Überlandbussen von Linien wie Varan
oder Ulusoy oder dem ab September neu startenden Zug Transanatolien-Express sind mittlerweile auch entlegene Plätze gut
zu erreichen.
Aber auch an der überlaufenen Mittelmeerküste rund um
Antalya finden sich entdeckenswerte Plätze. Die Bewohner von
Çiralı zum Beispiel haben kürzlich verhindert, dass ein Investor
ihren Strand mit einem Großprojekt bedrängt. Es ist eine Bucht,
FOCUS 18/2012
Foto: mauritius images
Sehnsuchtsort – ohne Beton
Der sandig-steinige Strand
in der Bucht von Olympos von
Çiralı ist 3,5 Kilometer lang.
Er ist ein bedeutendes Brutgebiet für die Meeresschildkröte
Caretta caretta
an der sogar noch Meeresschildkröten ihre Eier ablegen. Çiralı
ist wohl einer der entspanntesten Orte der lykischen Küste: Ein
kurviges Sträßchen windet sich von der Landstraße, die von
Antalya nach Fethiye führt, hinab durch dichtes Grün. Wer die
Abzweigung nicht kennt, rauscht vorbei. Unten im Tal ducken
sich kleine Hotels und Pensionen unter Orangen- und Granatapfelbäumen, davor der Strand. An einem Ende lag in der Antike
die Stadt Olympos, Ruinen im Wald erinnern daran. Am anderen
lodern die ewigen Flammen der „Chimäre“ aus der Erde. Dem
Mythos nach speit ein im Fels gefangener Drache dort Feuer. Tatsächlich entweicht Gas, das sich entzündet. „Am schönsten sieht
FOCUS 18/2012
es in der Dämmerung aus“, empfiehlt Wirt Hasan Altıntas, der
seit 17 Jahren mit seinem Bruder die familiäre „Rüya“-Pension
betreibt und seine Gäste meist persönlich zu umliegenden
archäologischen Stätten oder auch auf die Alm seiner Eltern im
nahen Tahtali-Gebirge fährt.
■
KATHRIN FINKE
Eine Woche im Doppelzimmer inklusive Frühstück in der familiären
Pension Rüya ab 350 Euro. Im stilvollen Hotel Olympos Lodge
gibt es das Doppelzimmer inklusive Frühstück ab 175 Euro
5
URLAUB
KO N YA
Wo die Derwische tanzen
Türkis glänzen die Kacheln des Mevlana-Museums. Seine
Kuppel ist das Wahrzeichen Konyas. Unter ihr ruhen die
Überreste des berühmtesten Mystikers des Islam: Dschalaluddin Rumi, genannt Mevlana („unser Meister“). Vor 800
Jahren war er aus Persien in die Sultansstadt Konya gekommen, um den Sufi-Orden der „tanzenden Derwische“ zu
gründen. In wirbelnder Drehung um die eigene Achse („von
rechts nach links um das Herz herum“) suchen sie die Befreiung der Seele zur Wahrheit, die Begegnung mit Gott.
Abends warten rund 1000 Zuschauer im Rund des Mevlana
Kültür Merkezi auf die Sema, das Tanzritual. Zu Beginn wird
darum gebeten, nicht zu applaudieren. Mit hohen Filzkappen auf den Köpfen stellen sich rund 20 Derwische im
Kreis auf. Melancholische Musik erklingt, begleitet von
monotonen Trommelschlägen. Nach mehreren, symbolhaften Phasen des Gebets und der Begrüßung beginnen sich
die Ordensbrüder zu drehen. Eine Hand weist nach oben
zum Himmel, um den Segen zu empfangen, die andere
nach unten, um ihn auf der Erde zu verteilen. Anmutig
sieht das aus, fast wie Ballett.
Das Meram Park Hotel ist eines von vielen modernen Häusern.
Der Eilzug aus Ankara braucht für 306 Kilometer nur 90 Minuten
K APPAD O KI E N
Lust auf eine eigene Höhle mit Swimming-Pool
Groß und voll steht der Mond über dem
Vulkankegel des Erciyes Dagi. Sein
blasser Schein lässt die bizarr geformten
Tuffsteinkegel des Taubentals, gleich
vor der Hotelterrasse, fast außerirdisch
aussehen. Vor 20 Millionen Jahren
wurde Kappadokien geboren. Damals
schleuderten Vulkane tonnenweise Lava
und Asche über die Region. Wind und
Wasser ließen das Vulkangestein erodieren. Irgendwann kam der Mensch und
grub Höhlen in den weichen Fels. Zum
Wohnen, Beten, Tierehalten. Neugierige
sind im Höhlenhotel „Asmalı Cave
House“ der Hessin Evelyn Kopp bestens
aufgehoben. Sie lebt seit 16 Jahren in
Uchisar. Für Romantiker gibt’s gleich
nebenan das luxuriöse Hotel „Argos“
mit Suiten samt eigenem Pool (Foto).
Eine Übernachtung inkl. Frühstück kostet im
Asmali Cave House pro Person ab 45 Euro, im
Hotel Argos ab 110 Euro
6
FOCUS 18/2012
ÄG ÄI S
Großes Wipfelglück
Das Rascheln der Bäume hören, den Wind
spüren, die Sterne sehen: In einem Baumhaus ist die Natur irgendwie näher. Eines der
schönsten Baumhaus-Camps der Türkei befindet sich an der Ägäis-Küste, nicht weit vom
sagenumwobenen Troja. Versteckt unter Kiefern und Olivenbäumen sind die Baumhäuser des „Hizir Kamp“ liebevoll gezimmert und
locker über das große Gelände verstreut. Von
den Hängen des Bergs Ida plätschert ein
Bach herab, ein Bad in seinem klaren, grünen Wasser ist wunderbar erfrischend. Am
Ufer stehen gemütliche Liegen und laden
zum Lesen oder Relaxen ein. Ein Klassiker
unter den immer zahlreicheren BaumhausHerbergen in der Türkei ist „Kadir’s Tree
House“ (Foto). Die verschieden großen Häuser ducken sich wie ein Dorf in das urwaldähnliche Grün hinter der lykischen Küste.
Je nach Ausstattung kostet eine Nacht im Baumhaus
pro Person ab 15 Euro. Empfehlenswert: u. a. Hizir
Kamp, Kadir’s Tree House und Bayram’s Tree House
S AFR A N B O L U
Fotos: Ezequiel Scagnetti/Gran Angular/Agentur Bilderberg, Getty Images,
imago/Seskim Photo, Kadir‘s Tree House
Ein Gewürz für 1001 Nächte
Angebaut wird Safran zwar 20 Kilometer weiter, das Gewürz ist in den
Gassen der Stadt, die zum Unesco-Weltkulturerbe gehört, trotzdem überall. Selbst in Form von Safran-Lokum, einer Süßigkeit, die auch
„Turkish Delight“ genannt wird. Das nordtürkische Safranbolu verströmt
die Atmosphäre von Seidenstraße und von 1001 Nacht. Mit einer Karawanserei und einem 400 Jahre alten Dampfbad namens Cinci Hamam.
Eine orientalische und trotzdem moderne Oase mit „geheimem Garten“ ist das
Hotel Gülevi („Rosenhaus“). Preis pro Person: durchschnittlich 70 Euro
S C H WAR Z E S M E E R
Frischegarantie
beim Fisch
Der von zwei Buchten geschützte Ort
Amasra liegt auf einer Halbinsel. Er ist
einer von vielen Plätzen der Schwarzmeerküste, der Badefreuden an selten
vollen Sandstränden garantiert – und
abends gegrillten Fisch, wie er frischer
nicht sein kann. Im östlichen Abschnitt
der 1200 Kilometer langen Küste warten
Abenteuer wie Jeep-Safaris oder Rafting.
Hotel-Tipp: Grand Amasra Kirazlar, Touren-Tipp
per Zug: www.transanatolienexpress.com
FOCUS
FOC
F
FO
OC
O
CU
US
S1
18
18/
18/2012
8/
8
/2
201
20
01
0
12
7
URLAUB
Entschleunigen
mit
54 PS
„Helene“ ist schon fast 60, auf der Straße aber macht sie noch immer eine Top-Figur:
eine TOUR IM MIET-OLDTIMER durch den Schwarzwald und die Ortenau
8
Foto: Heinz Heiss/FOCUS-Magazin
Genusswandern, oben ohne
Das Armaturenbrett ist
mindestens so schön kurvig
wie die Straßen rund um
den Weinort Durbach: FOCUSRedakteurin Barbara Jung
unterwegs im MG TD Roadster
9
URLAUB
Schöne Aussichten Rund um Schloss Staufenberg wird seit Jahrhunderten Wein angebaut. Getrunken wird er natürlich erst nach der Tour
D
a steht sie nun und sieht
kein Jahr jünger aus, als
sie ist. Mit kühn geschwungenen Kotflügeln, frei stehenden Scheinwerfern, elegantem Edelholz-Armaturenbrett und
diesen niedlichen, puppenstubengroßen
Scheibenwischern, die auf Knopfdruck
eifrig und völlig ineffektiv hin- und herwedeln. Zum Glück sieht es heute nicht
nach Regen aus. Und zum Glück hat uns
der automobile Fortschritt der vergangenen knapp 60 Jahre zwar ABS, ESP,
Servolenkung und größere Scheibenwischer beschert, Grundsätzliches aber
nicht verändert: Rechts aufs Gaspedal
treten, und schon fährt Helene mit quietschenden Reifen vom Hof.
Man sieht es ihr auf den ersten Blick
nicht an. Aber Helene ist ein Sportwagen:
Ein Miet-MG TD Roadster für Schwarzwald-Urlauber, die einen Ausflug machen
wollen in die gute alte Zeit. Auf einer
sofagleichen Sitzbank, mit einem Lenkrad in Fahrradreifengröße, einem Picknick-Korb und gerade mal 54 PS.
„Alle, die mit Helene losfahren, kommen
lächelnd wieder zurück“, sagt Dominic
Müller, Hotelier, Oldtimer-Fan und Helenes Besitzer. Der 39-Jährige hat aus der
Sehnsucht nach den guten alten Dingen
ein Hotelkonzept gemacht. Vor vier Jahren übernahm Müller das Traditionshaus
„Zum Ritter“ im Weinort Durbach und
baute es zum „ersten oldtimergerechten
Hotel an der Badischen Weinstraße“ um
– inklusive Hebebühne, Werkzeug und
befahrbaren Veranstaltungsräumen.
In der Oldtimer-Szene ist der „Ritter“ schon kein Geheimtipp mehr. Wer
10
Baujahr:
Leistung:
Hubraum:
Höchstgeschw.:
0–100 km/h:
Höchstdrehzahl:
Preis:
1953
54 PS
1,3 l
133 km/h
24 Sekunden
5200 (U/Min.)
ca. 42 000 Euro
aber keinen eigenen Klassiker besitzt,
kann hier mit Helene die Langsamkeit entdecken. Oder auch ziemlich
schnell ziemlich steile Berge herunterbrettern und hoffen, dass die Trommelbremse das mitmacht. „Helene macht
eigentlich alles mit“, meint Müller. „Die
kann jeder fahren.“
Das Verdeck bleibt natürlich offen, für
die kühlen Schwarzwald-Kurven hat
Helene eine Decke an Bord. Es geht durch
zartgrüne Weinberge, durch das Kinzigtor im Städtchen Gengenbach, hinauf
Richtung Schwarzwald. Der Fahrtwind
weht, der Motor brummt, es ist eine so
ursprüngliche Art des Reisens, dass man
vor lauter Begeisterung eigentlich nach
jedem Abbiegen vergisst, den Blinker
manuell wieder in die Ausgangsposition
zu stellen. Was soll’s, selbst den eiligsten Autofahrern auf der Gegenfahrbahn
zaubert Helene ein Lächeln ins Gesicht.
Oldtimer haben in Deutschland einen
Sympathie-Bonus. Sie sind Männertraum, Statussymbol – und in unsicheren
Börsenzeiten auch eine Wertanlage zum
Anfassen. Müller bedient mit seinem
4-Sterne-Superior-Oldtimer-Hotel diesen Trend: Jedes Jahr nimmt die Anzahl
der Autos, die das sogenannte H-Kenn-
zeichen als historisch wertvoll ausweist,
auf Deutschlands Straßen um gut zehn
Prozent zu.
Mit dem MG TD Roadster bietet Müller genau das richtige Fahrzeug für entspanntes Oldtimer-Wandern für Anfänger: Der britische Zweisitzer verzeiht mit
seiner einfachen und robusten Technik
jeden Fehler. Nur beim Anfahren am Berg
fühlt man sich wie in der ersten Fahrstunde. Nach drei Versuchen stottert Helene jaulend los, in der nächsten Kurve
schnurrt sie dann wieder zufrieden.
Oben bei Schloss Staufenberg angekommen, darf sie sich trotzdem erst einmal ausruhen. Die Aussicht über die
Reblandschaft ist ohnehin viel zu schön,
um gleich weiterzufahren. OldtimerWandern in der Ortenau ist ein Genuss
für alle Sinne. Nirgendwo in Deutschland werden so viele Spitzenweine produziert wie in Durbach. Kein Wunder,
dass auch „Ritter“-Sommelier Ronny
Weber im Gemäuer unter dem Hotel
einen ambitionierten Weinkeller betreut.
Getrunken werden seine Schätze natürlich erst, wenn Helene am Abend auf
ihrem Tiefgaragenparkplatz steht.
Ringelbach, Waldulm, Mummelsee. Wer
mag, kann sich treiben lassen durch die
Idylle Badens und das seltene Gefühl
genießen, einfach nur Auto zu fahren,
ohne irgendwann irgendwo ankommen zu müssen. Die Straußwirtschaften
der Weingüter laden jetzt im Frühling
zu Flammkuchen und Winzervesper ein
– wenn der bunte Besen draußen hängt,
ist die Strauße geöffnet.
Wer ein Ziel braucht, der kann im Hotel
aus neun Roadbooks wählen und die
FOCUS 18/2012
Fotos: Heinz Heiss/FOCUS-Magazin
MG TD ROADSTER
Schnitzeljagd der Oldtimer-Fans ausprobieren: ohne Navigationsgerät und Karte
den Weg anhand von Richtungspfeilen,
den sogenannten Chinesenzeichen, finden. Die Gegend zwischen Straßburg,
Freiburg und Stuttgart bietet nicht nur
diverse Oldtimer-Museen und legendäre
Rennstrecken wie Solitude und Schauinsland, sondern auch eine europaweit einzigartige Dichte von Sterne-Restaurants.
Glücklicherweise gehört auch der
„Ritter“ dazu. Bei Austern, „rückwärts“
gebratenem Chateaubriand und Riesling
vom Weingut nebenan erzählt Gastgeber
Dominic Müller am Abend, dass Helene
ihren Namen von der vormaligen Hotelbesitzerin hat. Dass der „Ritter“ einmal eine Postkutschenstation war und
an welchem Tisch die Herren Kohl und
Mitterrand 1988 auf die deutsch-französische Freundschaft angestoßen haben.
Sein Haus hat eine lange Tradition.
1656 wurde die Herberge zum ersten
Mal urkundlich erwähnt. Heute verbindet sich hier auf angenehm schnörkellose Art historische und moderne Hotelarchitekur. Auch ein ausgezeichnetes
Spa ist auf mehreren Etagen geschickt
in das verwinkelte Fachwerkhaus integriert und bietet müden Oldtimer-Wande-
rern – was auch sonst – Traubenkernmassagen. Die hat sich jeder verdient, der
Helene ein paar Stunden lang durch den
Schwarzwald gelenkt hat.
Denn Auto fahren ohne ASB, ESP und
Servolenkung ist anstrengend. Und das
ist das Schöne daran: ein Tag ohne Wegfahrsperre, Anschnall-Warnsignale, elektronische Fensterheber, ScheibenwischerAutomatik, Becherhalter aus Plastik
und die Stimme aus dem Navigationsgerät. Wie entspannend. Sicherheitsgurte
hat Helene natürlich auch nicht.
■
BARBARA JUNG
Oldtimer-Wandern
Altes Blech, neuer Trend
MEHR ALS 200 000 OLDTIMER SIND IN
DEUTSCHLAND ANGEMELDET, Tendenz
steigend. Und die wollen ausgefahren werden. Auf den Szene-Messen „Retro Classics“
in Stuttgart und „Techno Classica“ in Essen
stellen sich immer mehr Oldtimer-Hotels vor.
FRANKREICH
Dominic Müller war einer der Ersten, der das
passende Hotel zum Trend anbot. Wer mit
eigenem Oldie anreist, kann ihn im „Ritter“
trocken unterstellen. In den Sechzigern war
das Haus auch ein Omnibusunternehmen mit
entsprechender Garage. Ein hoteleigener
8
5
Gernsbach
STUTTGART
Calw
Sindelfingen
TOUR 5
Nördlicher
Schwarzwald
„Das kleine
Einmaleins“
Das Oldtimer-Wochenende mit zwei Übernachtungen kostet ab 390 Euro pro Person
Zuffenhausen
Gaggenau
Baden-Baden
Mercedes-Bus, Baujahr 1963, erinnert an die
alten Zeiten. Der kann als Konferenzbus
gemietet werden – für Tagungen im Grünen.
8
Böblingen
81
Durbach
Tübingen
Reutlingen
Roadster Helene und Bus Wilhelm
gehören zum Hotel – Wilhelm muss
allerdings mit Chauffeur gemietet werden
Drei Beispiele aus der Roadbook-Bibliothek des Hotels: Die Touren führen auf meist ruhigen
Nebenstrecken durch reizvolle Natur und sind alle an einem Tag zu schaffen, Pausen inklusive
Hotelier Dominic Müller erklärt FOCUSRedakteurin Barbara Jung, wo’s langgeht
Oberkirch
TOUR 3
Freudenstadt
Zell-Weierbach Oppenau
Horb am Neckar
„Besuch
bei Ferdinand“
inand“
Bad Peterstal
Ortenberg
Biberach
81
Wolfach
Schiltach
Balingen
TOUR 2
„Schüsselerlebnis“
Hornberg
FOCUS 18/2012
Schramberg
15 km
11
URLAUB
Himmlische Ruhe
In der Abtei Plankstetten
können Sinnsucher auf Zeit
einkehren. (Unten von links:)
in kargen Zellen leben, mit
den Fratres beten, in der
Umgebung joggen und in der
Klosterschenke deftig essen
12
FOCUS 18/2012
Die Reise zum Ich
Fotos: Bernhard Huber/FOCUS-Magazin
W
er den Weg zum Glauben und zu sich selbst
sucht, muss in aller
Herrgottsfrühe aufstehen. Morgens um sieben trifft eine Hand voll Katholiken in der
romanischen Klosterkirche zusammen.
Burn-out-Patienten, Sinnsucher, Aussteiger auf Zeit. Beim Gebet bilden sich
kleine Dampfwolken vor ihren Mündern.
Die Fratres der oberpfälzischen Benediktiner-Abtei Plankstetten zelebrieren
die Messe. Die Pilger beten ein Vaterunser im frühjahrskalten Gotteshaus. Die
Spuren ihres Atems in der Luft sind ein
Anzeichen: Ihre Seelen mögen ausgebrannt sein – aber sie glimmen noch.
In Scharen finden die Deutschen wieder
in die geistlichen Zentren, unter ihnen
zuletzt auch Bayerns Ministerpräsident
Horst Seehofer oder Ex-Bundespräsident
Christian Wulff. „Viele Leute gehen ins
Zen-Kloster oder zur chinesischen Meditation“, erklärt der Plankstettener Abt
Beda Maria Sonnenberg, „dabei bietet
unser eigener Kulturkreis ganz Ähnliches seit Jahrhunderten.“ Nur sei die
Spiritualität eben in der fortschreitenden
Säkularisation in Vergessenheit geraten.
Da das Heer der Ausgepowerten und
Ausgebrannten wächst, erwirtschaften
die benediktinischen Klöster bereits die
Hälfte ihrer Einnahmen mit speziellen
Angeboten für diese Menschen.
Die Plankstettener Abtei bietet Kurse
zur Burn-out-Prävention, „Oasentage“,
Besinnungswochen – je nach Bedürfnis
und freier Zeit der Herbeigeströmten.
Die Leute können auch einfach nur einige Tage für sich im Kloster einkehren,
am Leben der Mönche teilnehmen und
Ruhe für sich und ihre Gefühle suchen.
Die Reise ins Innere: ein Urlaubsangebot der anderen Art, fern vom Druck des
Arbeitsalltags, aber auch weit abseits der
Annehmlichkeiten moderner WellnessHotels. Die Kemenaten im Gästehaus der
Abtei sind spartanisch eingerichtet. Kein
Fernseher, kein Telefon. Als einziges Buch
liegt die Bibel auf dem Nachttisch. Getreu
FOCUS 18/2012
Beten, wandern,
schlemmen – göttlich!
In bayerischen Klöstern
bringen Ferien-Pilger
Geist und Seele wieder
in Einklang
der benediktinischen Glaubensregel „ora
et labora“ (Bete und arbeite) ermöglicht
das Kloster die Teilnahme an Gottesdiensten und Gebeten. Schon zur Nachtwache
Vigil um fünf Uhr früh und dann alle drei
Stunden bis zur Komplet am Abend.
Zwischen den zwanzigminütigen Andachtszeiten, bei denen die Mönche Psalmen in gregorianischen Chorälen intonieren, kann jeder Gast die Zeit nach
seinem Gusto nutzen. Im zum Kloster
gehörenden Landgut kann er mitanfassen, Schweineställe ausmisten und im
Sommer bei der Ernte helfen. Oder in stiller Einkehr an seinen Seelennöten laborieren. „Die meisten nutzen die Stunden
für sich“, sagt Abt Beda. Viele gehen in
der malerischem Umgebung wandern
oder radeln am Main-Donau-Kanal entlang. Zudem bietet Schwester Conrada
außergewöhnlichen Zeitvertreib: Kurse in
mittelalterlicher Kalligrafie, Ikonenmalerei oder meditativem Tanz, der ebenfalls
aus der jahrhundertealten Tradition der
Benediktiner und Franziskaner stammt.
Je nach Jahreszeit können die auf Zeit
Eingekehrten „fasten und wandern“, nach
uralten Kräuterrezepten kochen oder
selbst Choräle singen lernen. Wer sich
mit dem Abt gut stellt, den lädt er in die
Klosterbibliothek und diskutiert mit ihm
sehr angeregt über Gott und die Welt.
Ein geistiger, wenn nicht gar geistlicher
Urlaub – auch von unseren sehr erlebnisorientierten Feriengewohnheiten.
Im Mittelpunkt der „Einkehr im Kloster“ steht der strenge Rhythmus des
dortigen Lebens. „Das gibt einem Halt
und Stärke, die im hektischen Leben
abhanden kommen“, sagt ein Stuttgarter Architekt, der vor dem Termindruck seiner Selbstständigkeit für einige Tage nach Plankstetten geflohen ist.
Am besten gefällt ihm, dass neben dem
Bet- und Arbeitstag das leibliche Wohl
nicht zu kurz kommt. Mit Zutaten aus
dem eigenen Bio-Landgut bereitet der
Klosterkoch Deftiges nach oberpfälzischen Rezepten. Einen sensationellen
Schweinsbraten oder Rahmschwammerl mit Semmelknödel. Ein Gast aus
Osnabrück schwärmt: „Das gefällt mir
an Bayern – einerseits stramme Katholiken, andererseits gute Esser.“
Viele deutsche Klöster bieten solche Auszeiten, manche sogar mit Sauna- und
Kneipp-Kuren. Andere wie die Benediktiner-Abtei Ottobeuren gestalten die
innere Einkehr eher karg, aber dennoch barock: Das monumentale Kloster
auf dem Hügel über dem Ort im Allgäu gilt als „Escorial von Schwaben“.
Küche und Kommunikation der verschlossenen Mönche beschränken sich
auf das Nötigste. Dafür kann der Pilger
in der Kirche und im gesamten Kloster
ein komplett erhaltenes Ensemble der
Barock-Baukunst bestaunen. Malereien
und Deckenstuckaturen von der Basilika
bis in die entlegenen Gästezimmer.
Unweit des Klosters hat der Maler Diether Kunerth, 71, sein Atelier. Er selbst
bezeichnet sich zwar nicht als gläubigen Katholiken. Doch der Barock auf
dem Klosterberg hat ihn von Jugend an
inspiriert. „Das ist etwas anderes als im
Internet unserer Zeit, wo der Rahmen
des Computerbildschirms die Bilderwelt begrenzt. Der Barock in der Kirche
dagegen lässt die Bilder über ihren Rand
treten und in die Welt schwappen.“ Derzeit errichtet die Gemeinde für Kunerth
unterhalb des Klosters ein Museum. Der
Kontrast zwischen Barock und Moderne
wird ab 2013 sichtbar.
■
GREGOR DOLAK
13
URLAUB
Luxus unterm Zeltdach
Zelten ist wieder in, aber mit weichem Bett und eigener Dusche.
Man spricht von Glamping, wenn Camping glamourös wird
B
eim Gedanken an Camping werden
Jugenderinnerungen wach: endlos
scheinende Ferien im Freien. Der Duft
von Freiheit und Abenteuer, wenn auf
dem leise zischenden Gaskocher die
Spaghettisauce kochte.
Viele Menschen um die 40 schwärmen
wieder von den Urlauben ihrer Jugend. Sie
haben die Nase voll von Bettenburgen
und All-you-can-eat-Büfetts. „Vor allem
gut situierte Urlauber mit Kindern wünschen sich Ferien nah an der Natur“,
stellt Eike Wenzel, Leiter des Heidelberger Instituts für Trend- und Zukunftsforschung in einer aktuellen Studie fest.
Rucksäcke und die alte Zeltausrüstung
bleiben jedoch im Keller. Denn auf einen
gewissen Komfort, wie ein bequemes
Bett, wollen die neuen Natururlauber
doch nicht verzichten.
Für diese Klientel hat die Tourismusindustrie das „glamouröse Camping“,
kurz Glamping, erfunden. Web-Seiten
wie goglamping.net oder glampinghub.
com führen zu komfortablen OutdoorUnterkünften auf der ganzen Welt. Neben
voll ausgestatteten Mietzelten können
14
das auch hölzerne Baumhäuser, bunte
Zirkuswagen oder nostalgische Caravans sein. Schon ab 250 Euro pro Woche
bekommt man Zelte mit eigenem Badezimmer und Küche. Für etwas mehr sind
sogar Mikrowelle und Kaffeemaschine
inklusive. „Das ist Luxusurlaub für die
Ikea-Familie“, meint Wenzel.
Glamping-Ziele
in Europa
Mongolische Jurten im Süden von
Portugal, mitten in der Wildnis:
www.eco-lodgebrejeira.com
Lodge-Zelte mit Himmelbett und
Badewanne in „4 Mori“ auf Sardinien:
www.selectcamp.de
Indianer-Tipis in Nordfrankreich:
www.camping-les-moulins.com
Urlaub in Safarizelten in „Camping
Eden“ am Gardasee: eurocamp.de
Einer der Pioniere des Glampings ist
der 69-jährige Alain Dominique Perrin.
Mehr als 30 Jahre stand der Franzose an
der Spitze des Luxuskonzerns Cartier.
Heute verwandelt er karge Campingplätze in traumhafte Naturparks. Sein
Vorzeigeobjekt ist „Les Moulins“ auf der
französischen Atlantikinsel Noirmoutier.
Dort ließ er die engen Mobile-Homes
und alles aus Plastik entfernen, pflanzte
2500 Bäume und errichtete großzügige
Logde-Zelte und Indianer-Tipis mit Dielenböden und Holzmöbeln. Viele Unterkünfte haben Heizung und fließend
Warmwasser.
„65 Prozent meiner Gäste waren noch
nie campen“, sagt Perrin. Seine Gäste sind
meist um die 40, haben Kinder und verdienen gut. 1500 bis 2000 Euro pro Woche
bezahlen Perrins Urlauber in der Hochsaison für ein Top-Zelt. Dafür werden sie frühmorgens von Vogelgezwitscher und den
ersten Sonnenstrahlen geweckt und können vom Bett direkt an den Strand gehen.
Der typische Glamping-Kunde, so
Trendforscher Eike Wenzel, legt aber
auch großen Wert auf ökologischen Tourismus und gesundes Essen. Da wundert
es nicht, dass auch der britische Ernährungspapst und Fernsehkoch Jamie
Oliver mit seinen vier Kindern am liebsten luxuriösen Zelturlaub verbringt. ■
NOELANI WALDENMAIER
FOCUS 18/2012
Foto: Joris van Egmond
Schlummern wie die Nomaden Im unberührten Hinterland der Algarve wohnen Natururlauber in mongolischen Jurten
Buchung.
Landung.
Brandung.
Europa
Hin + Zurück
ab
99
€
Online oder im
Reisebüro buchen
lufthansa.com
*
URLAUB
Pizza,
Pasta &
Pompeji
Eine klassische Bildungsreise
nach Kampanien – geht das auch
mit Grundschülern? Und ob!
Wie aus kleinen Touristen belesene
Weltenbummler werden
16
FOCUS
FOC
FO
F
OC
O
CU
US
S 18/2012
18
18/
18
8/
/201
20
20
01
12
B
Schnellspurt durch die Antike
Julian, Valentin und Tim beim Toben
in Pompeji. Hier gibt’s nicht nur
Tempel und Theater. Genauso interessant sind antike Fast-FoodRestaurants. Michel aus Frankfurt
(unten) führt im Hotelpool seine
entspannte Rolle rückwärts vor
FOCUS
F
FO
OC
O
C US
U S 18/
1
18
18/2012
8/
8
/201
20
01
0
12
Münchner Spezialist für Kultururlaub
Touren, die er für Familien mit Kindern
zwischen sechs und 14 Jahren anbietet. Die Reise an den Golf von Neapel
und ins Cilento heißt „Pizza, Pasta &
Pompeji“, dauert eine Woche und findet über Ostern statt. Sieben kleine
Touristen zwischen sieben und 13 werden von zehn Erwachsenen begleitet. Es
sind Mütter und Väter, zwei Opas und
eine Oma.
Die Gruppe wird am Flughafen Neapel-Capodichino von Ulrike Scheffbuch
in Empfang genommen. Wie es sich für
eine Studiosus-Reiseleiterin gehört, ist
Scheffbuch studierte Kunsthistorikerin.
Ihre Italienischkenntisse sind brillant.
Als Studentin ist sie monatelang kreuz
und quer durch Bel Paese getrampt:
„Damals ging das noch, praktisch jeder
nahm Anhalter mit. Wenn man Glück
hatte, wurde man zum Abendessen in
die Familie eingeladen.“
Italien-Fans heute reisen erheblich
luxuriöser. Mit Chauffeur Paolo steht
ein nagelneuer Bus zur Verfügung. Zwei
4-Sterne-Hotels sind für die Gruppe
gebucht, eines in der Kleinstadt Pozzuoli,
mit fantastischem Ausblick auf den
Golf von Neapel und die Insel Ischia.
Die zweite Unterkunft ist ein mit Pool
und Fußballplatz ausgestattetes Landgut
südlich von Neapel im Cilento.
Die beiden Hotels sind womöglich
nicht die allerschicksten in Kampanien.
Für Kinder eignen sie sich prächtig. Das
„Gli Dei“ in Pozzuoli liegt angenehm
entrückt vom Verkehrsgestampfe der
Großstadt Neapel. Kellner decken den
Speisesaal mit weißen Damast-Tischdecken ein. Auch die Kindertafel. Fallen
Gläser um, serviert Oberkellner Antonio
mit unerschütterlicher Grandezza neue.
Hier im Süden hat man einen Ruf zu
verteidigen. Ist Italien nicht seit Menschengedenken das Wohlfühlland der
Bambini?
Die Reise ist eng getaktet. Wer körperliche Erholung braucht und sich auch
einmal richtig ausschlafen will, sollte
woanders buchen. In diesen acht Tagen
stehen neben den Klassikern Pompeji,
Paestum, Capri und Velia eine Wanderung an den Krater des Vesuv, die Schwefelfelder von Solfatara, das Kap von
Palinuro und der Besuch eines Bauernhofs im Hinterland auf dem Programm.
Über so viel Wissensdurst staunen die
17
Fotos: Claudio Morelli/FOCUS-Magazin
eim Jupiter! Mit dem Wetter
haben die kleinen Germanen
kein Glück. Es gießt in Strömen, als sie Neapel erreichen.
Auf dem Vesuv liegt fingerdick Schnee. Die Bootsfahrt nach Capri ist
eine Prüfung auf Herz und Magen. Später
kommt eiskalter Wind dazu, und in Elea
(Velia), der antiken Stadt des Parmenides,
weint der Himmel. Ist es ein Zufall, dass
die Wolkendecke ausgerechnet in Pompeji aufreißt und der Tempel des Apollon
in goldenem Licht erstrahlt?
Dann lässt sich die Sonne doch noch
blicken: in Paestum, der von Griechen
gegründeten antiken Stadt am Golf von
Salerno. „Die Götter machen nur dann
blauen Himmel, wenn man alle Tempel
besichtigt hat“, witzelt der zehnjährige
Michel. Und lässt sich am Abend zufrieden in den Hotelpool fallen.
Wir sind auf einer „FamilienStudienreise“ von Studiosus. So nennt der
URLAUB
UR
U
RL
LA
AU
UB
B
Italiener. „Wenn unsere Schulklassen
nur halb so viel Disziplin hätten“, sagt
Bruno, der die Gruppe zu den Schwefeldampf-Fontänen von Solfatara führt und
ihr dort das Geheimnis der sich millimeterweise anhebenden Erdkruste erklärt.
Bradyseismus? Nach der Besichtigung
haben auch die kleinsten Teilnehmer
verstanden, was das ist. Starke sinnliche
Eindrücke vertiefen das Gelernte. „Es
stinkt, als ob der Teufel gepupst hätte“,
fasst Valentin aus München seine Eindrücke in der Solfatara zusammen.
Dumme Fragen? Gibt es nicht! Der
Umgangston ist freundlich und respektvoll. Reiseleiterin Ulrike kriegt das vom
ersten Tag an hin, mit ihrer erdig-humorvollen Art. Die größeren Kinder lästern
nicht, wenn die Kleinen drollige Sachen
sagen. Dafür bleiben die Kleinen auch
dann geduldig, wenn die Dinge einmal
ihren Horizont übersteigen.
Wer trotzdem eine Ohrenpause
braucht, klinkt sich aus. Beobachtet
Ameisen, sammelt Steine, balanciert
über Mauerstümpfe oder legt sich ins
Gras. Didaktische Zauberstücke liefert
Ulrike Scheffbuch nicht. Sie erklärt,
fragt und liest vor. Die „Zebrasteifen“
von Pompeji sind so eine Sache, die alle
begeistert. Es wird lebhaft diskutiert, ob
die kniehohen Schrittsteine, die in der
18
Antike zum Schutz der Fußgänger vor
üblen Abwässern aufgestellt wurden, in
Asterix-Heften vorkommen. Und wenn
ja, in welchen?
Auch die Schnellrestaurants von Pompeji, Thermopolia genannt, lassen keinen kalt. Ob das eine Art McDonald’s
war, will Vinzent aus Leipzig wissen.
„Absolut vergleichbar“, nickt Ulrike.
„Nur dass es keine Hamburger, sondern eher eine Art Bohneneintopf gab.“
Auf dem Landgut „Parmenide“ in Casal
Velino, der Unterkunft für den zweiten
Teil der Reise, dürfen die Kinder selbst
»Großeltern
wollen ganz viel
Bildung. Eltern
sehen ihre
gestressten Kinder
auch gern mal
ausspannen«
Ulrike Scheffbuch
über unterschiedliche Erwartungen
bei Familienreisen
gemachte Pizza in den Holzofen schieben. Der Hotelier ist auch Bauer. Und
Erdbeer-Großproduzent! Täglich rollen
zwei dicke Laster vom Hof. Wer Lust hat,
kann sich auf den Feldern auch Zuckerschoten pflücken.
Käse-Gourmets kommen auf dem Bauernhof der Familie Salomone in Caselle
in Pittari auf ihre Kosten. Hier wird die
Milch für den Caciocavallo am offenen
Feuer gerührt, dann müssen die weißen
Ballen aus der Molke gefischt werden.
Das macht Spaß und erweitert den kulinarischen Horizont. Gegen Ende der Reise werden Weltenbummler gesichtet, die
lässig Polpo und Miesmuscheln ordern.
Groß ist die Verblüffung der Eltern
und Großeltern am letzten Abend: Unter
Anleitung der stillen Caroline haben
die Kinder heimlich ein Bühnenstück
geschrieben und tragen es mit verteilten
Rollen vor. Der Text orientiert sich unverkennbar am Brief des Zeitzeugen Plinius,
der dem Geschichtsschreiber Tacitus
vom Sterben der Menschen in Pompeji
berichtet. Plinuis’ Brief war auf der Busfahrt zum Vesuv vorgelesen worden und
hatte mächtig Eindruck gemacht. Stolz
grinsen die Rabauken. Ob Reisen bildet?
„Aber hallo!“
■
ELLEN DANIEL
FOCUS 18/2012
Fotos: Claudio Morelli/FOCUS-Magazin
Käse machen mit den Salomones
Hausgemachter Käse – auf den kleinen
Bauernhöfen im Hinterland des Cilento
ist das eine alltägliche Sache.
Gymnasiast Julian aus Düsseldorf (r.) hat
Augen für alles Schöne. Auf dem Forum
von Pompeji wird er bei Apollon fündig.
Kampanien für Kinder
Napoli & mehr
NEAPEL
Pozzuoli
Avellino
Vesuv
Pompei
Golf von Neapel
I T A L I E N
Salerno
Eboli
Capri
Polla
Golf von Salerno
Paestum
Agropoli
Nationalpark
Cilento/Vallo
di Diano
Tyrrhenisches
Meer
Elea (Velia)
Casal Velino
20 km
CLUB NOBILIS
TÜRKEI, VOLLPENSION
ab
€
964*
ROSA. ROTE BRILLE SEIT ROBINSON.
Überrasche dich selbst: in deinem ROBINSON CLUB. Alle Informationen und den
aktuellen Katalog findest du im TUI Reisebüro oder unter www.robinson.com
* Preis p. P. und Woche im DZ, inkl. Flug und Transfer, ausgewählte Termine im Juni 2012, Mindestaufenthalt 1 Woche.
Sapri
DIE TOUR NACH NEAPEL
und in den Cilento ist ein
Klassiker unter den FamilienStudienreisen von Studiosus.
Sie findet mehrmals pro Jahr
statt. Es sind 14 weitere Ziele
für Familien im Angebot. Darunter Rom, Istanbul, Israel
und Südafrika. StudiosusReiseleiter sind in der Regel
exzellente Landeskenner.
Das hat seinen Preis:
8 Tage für einen Erwachsenen mit Kind im Doppelzimmer 2700 Euro inkl. Lufthansa-Flug und Halbpension.
www.studiosus.com
URLAUB
Urlaub, wo andere daheim sind Die Italienerin Benedetta Leone ist eine von 3000 Vermietern, die in Großbritannien Social Travelling anbieten
London
bei
Freunden
Die Stadt rüstet sich für
Olympia, Hotels sind
ausgebucht. Social
Travelling ist die Lösung
– auch wenn man sich
das Bad mal mit den
Vermietern teilen muss
120 Euro
kostet eine Nacht in
diesem Doppelzimmer
eines Londoner
Stadthauses.
Buchbar ist es im
Web-Portal Wimdu
D
ie Küche ist mit mittelbraunem Holz
aus den 40er-Jahren vertäfelt. In
der Mitte des Raumes steht ein antiker
Tisch voller Lebensspuren. „Natürlich
koche ich für Gäste“, sagt Benedetta
Leone. „Ich bin Italienerin!“
Durch das hohe Sprossenfenster blickt
man hinaus ins Freie auf eine Idylle
mit knorrigem Baum und Kirchturm.
„Am Morgen hören wir die Glocken“,
erzählt Benedetta Leone. „Wir sind zwar
mitten in London, aber wenn man aus
dem Küchenfenster sieht, kommt man
sich vor wie auf dem Land.“
Seit einem Jahr wohnt die 32-Jährige
mit ihrem Mann Alessandro und der zweijährigen Tochter Nora in dem kleinen
Stadthaus in Islington. Es liegt am Anfang
eines Gässchens voller Boutiquen, kleiner Restaurants und Cafés. Familie Leone
hat das Haus von einem Antiquitätenhändler gemietet. Manche seiner Schätze füllen jetzt ihre Räume. Einige weitere alte Stücke stammen von Benedetta
Leones Mutter, die auch mit Antiquitäten
handelt. Von ihr hat die Italienerin eine
Lebensart übernommen: „Meine Mutter vermietet schon seit Langem Zimmer
ihres Hauses in der Toskana an Gäste.
Das ist ein Lebensstil, eine Philosophie,
mit der ich aufgewachsen bin.“
Benedetta Leone ist Teil einer neuen
Bewegung, die rasant wächst und „Social
Travelling“ heißt. Statt unpersönlicher
Hotelzimmer bieten Online-Börsen wie
Airbnb, Wimdu oder Couchsurfing individuelles Wohnen in privaten Räumen.
Auf Wunsch sogar mit Familienanschluss.
„Reisen wie ein Einheimischer“ nennt es
Wimdu, über die die Familie Leone ein
Zimmer für 120 Euro anbietet.
Die deutsche Firma Wimdu, erst vor
einem Jahr gegründet, vermittelt rund
50 000 Wohngelegenheiten in mehr als
100 Ländern. Allein in Großbritannien
bietet die Web-Seite – rechtzeitig zu den
Olympischen Sommerspielen in London –
über 3000 verschiedene Unterkünfte an.
Der ebenfalls erst vier Jahre alte US-amerikanische Konkurrent Airbnb wurde 2011
bereits auf eine Milliarde Euro taxiert.
Reisende bezahlen die persönliche Note
freilich zuweilen mit einer Einbuße an
Komfort. Benedetta Leone vermietet
ein großes, aber niedriges Doppelbettzimmer im Keller. Fenster gibt es keine. Dafür ist das ausladende Sofa die
Kopie eines Designerentwurfs aus den
40er-Jahren. Und Fremdeln sollte man
bei Leones nicht: Das Bad, zwei Treppen
höher, müssen sich die Gäste mit der
Familie teilen. Aber so ist das nun mal,
bei Freunden.
■
IMKE HENKEL
20
FOCUS 18/2012
»Stehlen macht high«
Die Kunst des Klauens studiert Bob Arno. Seinen Lebensunterhalt
verdient der Schwede als Sicherheitsberater, Autor und Comedian
Seit 40 Jahren verdienen Sie Ihren
Lebensunterhalt mit Taschendiebstahl,
ohne kriminell zu sein.
Wie wird man Sicherheitsberater und
Comedian in Sachen Trickbetrügerei?
Ich habe als junger Mann den Vietnamkrieg fotografiert und dabei Asien
bereist. Dort habe ich Trickbetrüger
beobachtet, fotografiert und diese
Geschichten erzählt. Die US-Armee
hat mich gebeten, Soldaten in den
Militärcamps zu zeigen, wie sie sich
vor Diebstahl schützen können. Weil
ich die Aufmerksamkeit der Soldaten nicht gewinnen konnte, habe ich
ein Programm entwickelt, bei dem
ich Tricks vorführe und das Publikum
bestehle. So begann meine Karriere als
Taschendieb.
Wie schätzen Sie Ihre Fertigkeiten ein?
Fotos: Graham Trott/Focus-Magazin
Illustration: P. Stemmler/FOCUS-Magazin
Ich bin weltweit einer der Besten,
wenn es darum geht, nicht erwischt zu
werden. Es mag sicher abgebrühtere
Diebe geben als mich. Dafür haben
sie nicht meine Raffinesse, die Fähigkeit, Gesichter zu deuten und Körperbewegungen zu studieren. Aber ich
bestehle ausschließlich Diebe, um mit
ihnen ins Gespräch zu kommen.
Wie reagieren die, wenn sie
erwischt werden?
Die Taschendiebe sind nicht im
Geringsten eingeschüchtert. Sie haben im Lauf der Zeit einen kriminellen Charakter entwickelt und sich
ein dickes Fell zugelegt. Ich habe mit
sehr vielen Trickbetrügern auf der
ganzen Welt gesprochen, und nicht
wenige haben mir erzählt, dass sie
nach einem Raub ein High wie im
Drogenrausch empfinden. Viele Diebe können deshalb, auch wenn sie
die Möglichkeit bekommen, einen
ehrlichen Beruf auszuüben, nicht mit
dem Klauen aufhören. Damit will ich
keineswegs sagen, dass alle Langfinger zu ihrem Vergnügen oder aus freiem Willen stehlen. Kriminelle Organisationen aus Osteuropa beispielsweise
zwingen Jugendliche zum Stehlen.
FOCUS 18/2012
Verraten Sie uns ein paar Tricks?
Eine Person setzt sich im Restaurant
mit dem Rücken zu Ihnen. Wenn Sie Ihre
Jacke über den Stuhl gehängt haben,
legt der Dieb seine ebenfalls über seine Stuhllehne. Nun kann er ungesehen
mit seiner Hand unter seine Jacke fahren
und Ihr Portemonnaie aus Ihrer Jacke ziehen. In Spanien kann es passieren, dass
jemand mit einem Drahtkleiderbügel Ihre Tasche
unter dem Stuhl hervorangelt. In Italien bieten
Diebe gern Gratistickets
für Clubs an. Während
sie die über den Tisch
halten, greifen sie
das darunterliegende Handy. In Deutschland sollte man in
Zügen vorsichtig sein.
Welche Sicherheitstipps haben Sie noch?
Das Risiko, bestohlen zu werden, lässt
sich mit ein paar Verhaltensregeln
minimieren. Das Wichtigste: Seien Sie
aufmerksam. Ich empfehle neuartige
Sicherheitsunterwäsche mit Taschen.
Immer nur wenig Bargeld bei sich tragen. Unbedingt die Telefonnummer
für das Sperren der Kreditkarten bei
sich haben. Bevor man ins Ausland
fährt, sollte man sich dringend über
die Sicherheitslage informieren.
■
INTERVIEW: ELKE HARTMANN-WOLFF
Dr. Langfinger
Bob Arno, 71
Schon als Kind war Bob Arno
von Trickbetrug fasziniert.
Der gelernte Fotograf lebt in
Phoenix/Arizona. Sein eBook
„Travel Advisory“ liefert
weitere Sicherheitstipps.
21
URLAUB
»Es geht darum, was
einer hier veranstalten will
und welchen Ruf er hat«
Onofre Bonet Gari
Bar-Betreiber
Bar jeder Sünde
Er war König am Es Trenc, dem Paradiesstrand auf Mallorca. Dann wurde Esteban
Sánchez verjagt, weil er zu wüst feierte. Jetzt hat er eine neue Bar eröffnet
22
E
Vertrieben aus
dem Paradies
Einst Regenten am
Traumstrand. Jetzt
muss das Ehepaar
Sánchez seine Gäste
abseits bewirten
In den Jahren zuvor machten seine
Beach-Partys Schlagzeilen. Weiße Sangria aus Cava-Sekt, Melonensaft, Rum und
Cointreau floss in Strömen, während ein
DJ einen Höllenlärm veranstaltete. Der
Internet-Filmkanal YouTube ist voll von
Bewegtbild-Erinnerungen an diese Feste. Dabei waren der Gemeinde die Partys mit mehr als 1000 Gästen im Naturschutzgebiet ein Gräuel. Die kleine Bar
war dafür nicht ausgelegt, das Mini-Klo
quoll über. Die Gäste trampelten in den
streng geschützten Dünen herum.
„Es geht nicht allein darum, wie viel
einer für die Lizenz bietet, sondern auch,
was er hier veranstalten will und welchen Ruf er hat.“ Das sagt Onofre Bonet
Gari, der nun den Laden leitet, der mal
Esteban Sánchez’ ultimatives Paradies
war und inzwischen viel schlichter „Chiringuito del Medio“, Bar in der Mitte,
heißt. Beach-Partys gibt es hier seitdem nicht mehr. Und um ganz sicher zu
gehen, durfte Bonet Gari anfangs sogar
nur bis 18 Uhr öffnen. „Damit kommst du
nie auf deine Kosten“, hat er gesagt und
Verlängerung ausgehandelt. Schließlich
muss er an die 177 000 Euro pro Jahr an
Gebühren bezahlen, wie es heißt. Inzwischen darf er ausschenken, solange der
Badebetrieb läuft und es noch nicht dunkel ist. Nur immer schön gesittet.
Die Gemeinde Campos verdient nicht
schlecht daran, dass die Urlauber auf
der Insel diesen Strand besonders lieben. Selbst die Verleiher der Strandliegen und Schirme an den Playas Es Trenc,
Ses Covetes, Sa Ràpita und Els Estanys
müssen sich jährlich neu bewerben und
Gebote für ihre Konzessionen abgeben.
Dieses Jahr fährt Campos damit mehr
als 1,2 Millionen Euro ein – viel Geld,
vor allem in Zeiten der Wirtschaftskrise.
Esteban Sánchez aber kann nicht ohne
ultimatives Paradies sein. Er hat es neu
eröffnet, will es wieder krachen lassen. Ohne dass Lizenzgebühren an die
Gemeinde nötig wären. Knapp zwei
Kilometer entfernt, an der Stichstraße
zum Strand in Ses Covetes, außerhalb
des Naturschutzgebiets. Mit demselben
Logo, demselben Namen, viel Musik.
Nur leider nicht sehr paradiesisch: mit
Blick auf die gegenüberliegende Bauruine. Sie soll abgerissen werden. Eines
Tages. Wegen der Natur.
■
HELGE SOBIK
23
Fotos: H. Schwarzbach/dpa, Helge Sobik
s muss ein blödes Gefühl
in der Magengegend sein:
ungefähr so, wie wenn der
liebe Gott Adam und Eva
nur deshalb aus dem Paradies vertrieben hätte, um dort ein neues
Pärchen einziehen zu lassen. Eines, das
nicht die halbe Nacht lang Musik aus den
Boxen dröhnen lässt. Eines, das nach den
Partys auch aufräumt. Eines, das achtsamer mit der Natur umgeht.
34 Jahre lang war Esteban Sánchez der
Adam im Paradies – bis sein Pachtvertrag
im siebten Himmel nicht mehr verlängert wurde. Jetzt hat er gewaltig Wut im
Bauch und flucht auf die, die ihm das
angetan haben. Als es geschah, fiel er aus
allen Wolken – obwohl sich das Gewitter
bereits am Horizont zusammengebraut
hatte. Trotzig hockt er jetzt da, abseits
vom Strand gegenüber einer Bauruine
aus Beton und schimpft auf den lieben
Gott – in seinem Fall gemeinschaftlich
verkörpert durch ein paar Lokalpolitiker.
Der Mann mit dem grauen Wuschelhaar und dem weit aufgeknöpften Hemd
war Betreiber der legendären BeachBar „El Último Paraíso“ am Strand von Es
Trenc an der Südküste von Mallorca. Der
Name war kaum Übertreibung, denn dies
ist der schönste und längste unverbaute
Strand der Insel, feinsandig, fast schneeweiß, dazu von Dünen gesäumt. Wer hin
will, muss mit gehörigem Abstand parken – und den Rest zu Fuß gehen. Oder
mit der Jacht kommen und das letzte
Stück schwimmen. Kein Hinderungsgrund für die Sonnenhungrigen und Bierdurstigen. Auch nicht für die prominenten unter ihnen, wie Mick Jagger, der
gern mal vorbeischaut.
Nur drei sogenannte Chiringuitos gibt
es hier – und das „El Último Paraíso“ in
der Mitte. Fast jeden Strandflaneur verschlägt es über kurz oder lang hierher.
Und es sind viele. Die Bars gehören der
Gemeinde Campos, zu deren Verwaltungsgebiet Es Trenc zählt. Die Betreiber
sind Pächter und müssen
sich alle zwölf Monate
neu um die Konzession
bewerben. Jahre lang
war das ein Automatismus, kein wirklicher
Wettbewerb, bis Sánchez
sich verzockte und ein
anderer die Bar im Paradies übertragen bekam.
URLAUB
FLU G H AFE N - H O TE LS
Boarding completed!
Sie heißen Sleepbox, No1 Traveller, Sams oder Napcab,
und sie stehen im Abflugbereich von Flughafen-Terminals
wie München, Moskau, London oder Neu-Delhi: Schlafkabinen, die stundenweise gemietet werden können.
Nach einem viel versprechenden Start der Minihotels
wurden im Münchner Flughafen Anfang März nun vier
weitere Boxen aufgestellt. Auf rund vier Quadratmetern
gibt es Bett, Fernseher, Schreibtisch – und WLAN-Anschluss.
In London erwarten müde Passagiere zudem noch ein
kleines Bad mit Dusche und eine Minibar.
Je nach Komfortstufe, Flughafen und Tageszeit kostet
das Angebot zwischen sieben und 28 Euro pro Stunde.
Informationen zu den Schlafkabinen unter www.napcabs.net,
www.sleepbox.com oder www.no1traveller.com
Reise-Trends
Kuschelige Betten im Flughafen, prosperierende Design-Hotels,
ein Minister-Plädoyer für Wein-Wellness und Pauschalreisen für 1,2 Millionen Euro
LO N D O N
Pauschalreise
mit Glamour
25HOURS
Wenn 24 Stunden zu wenig sind
Gewöhnlich sind sie nicht: die voll ausgestatteten Proberäume für Bands. Die
Rabatte für Gäste bis 25 Jahre – oder auch für Mini-Fahrer. Die Kooperationen
mit Modemarken wie Levi’s und mit wilden Künstlern. Mittlerweile gibt es fünf
Häuser der Design-Hotelkette 25Hours. Zwei in Hamburg, zwei in Frankfurt,
eins in Wien. Nun folgen auch noch Zürich (Foto) und 2013 Berlin. Die Quartiere im Vintage-Stil sind günstig und stylish. Ungewöhnlich genug.
Das feine „Goring“-Hotel, in dem sich
die Middletons vor der Hochzeit von
Kate und William einquartiert hatten,
feiert das Thronjubiläum von Königin
Elizabeth II mit einem Pauschaltarif: vier
Nächte, Champagner, Jubilee-Dinner,
Bentley mit Chauffeur und Kutschfahrt
entlang der Krönungsroute von 1952 für
1,2 Millionen Euro. Ein maßgefertigter
Diamantring von De Beers ist inklusive.
Alles übers „Goring“ unter www.thegoring.com
Zimmer ab 95 Euro. Buchungen und Details: www.25hours-hotels.com
24
FOCUS
FOC
FO
F
OC
O
C US
U S 18/2012
18
1
18/
8/
8 201
2 2
20
INTERVIEW
»Wein ist für mich Wellness von innen«
Der Wellness- und Gesundheitstourismus
boomt. Wie stellt sich Deutschlands beliebteste Urlaubsregion Bayern darauf ein?
Unsere Kurbäder haben schon vor einiger Zeit ihr Image entstaubt, um nicht
mehr nur klassische Kurgäste, sondern
auch ein jüngeres Publikum anzusprechen – seit Kurzem auch mit einer
eigenen Internet-Seite.
Was ist in Bayern besser als bei günstigeren
Konkurrenten wie Tschechien oder Spanien?
Unser Fachpersonal. Natürlich muss
das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmen, aber wer etwas für seine Gesundheit tun will, der ist oft auch bereit, für
hochwertige Leistung mehr zu bezahlen. Außerdem haben wir den Trend zur
Nachhaltigkeit früh erkannt und den
gesamten Tourismus hohen ökologischen Standards angepasst.
Ihre Heimat Franken verbucht
erstaunliche Erfolge bei chinesischen
Touristen – mit Zuwachsraten von
38 Prozent. Machen die auch Wellness?
Die sind auf Rundreise durch Deutschland oder Europa und besuchen unterwegs das schöne Franken. Außerdem
boomt der Messestandort Nürnberg.
Dorthin kommen auch immer mehr
Geschäftsleute aus Asien. Darauf sind
wir natürlich stolz.
Und wie enstpannt sich ein
Innenminister im Urlaub?
Im Sommer geht’s natürlich mit der
Familie ein paar Tage ans Mittelmeer,
aber der schönste Wellness-Urlaub
für mich ist eine Tour auf dem WeinRadweg durch Franken.
Oder ein Wochenende in der MainRegion mit Freunden, wo ich mir dann
auch das eine oder andere Glas des
guten Frankenweins gönne. Wellness
von innen, sozusagen.
Interview: S. Hirsch / B. Jung
GRÜNE WEITEN.
ERGREIFENDE SCHÖNHEIT.
Fotos: dapd, mauritius images, 25hours hotels
Genussmensch
Bayerns Innenminister
Joachim Herrmann,
55, leitet auch den
Tourismusverband
Franken
JE T Z T
FÜR
SC H O N E N MM
DEN KO INTER
DEN W N
BUCHE
NECKERMANN MACHT’S MÖGLICH.
FASZINATION PUR !
· Erleben Sie die „reiche Küste“:
Beeindruckende Nationalparks,
imposante Vulkane
· Faszinierend artenreiche Tierund Pflanzenwelt
· Entspannung im kleinen Strandhotel unter deutscher Leitung
RUNDREISE
COSTA RICA
Höhepunkte Costa Ricas
8-tägige Rundreise ab/bis San José,
7 Nächte im Doppelzimmer,
Verpflegung laut Programm,
z. B. am 11. 06.12
Hotel Pochote Grande nnn
14 Nächte im Standard-Zimmer, Frühstück,
z. B. am 10. 06.12 mit Condor ab Frankfurt
p. P. ab
645,– €
Beratung und Buchung in Ihrem Reisebüro, unter www.neckermann-reisen.de oder 01803/88 88 55*
p. P. ab
1.518,– €
* 0,09 €/Min. aus dem Festnetz, Mobilfunk max. 0,42 €/Min.
URLAUB
Hollywood-Star
und Tiefstapler
»Ich will
trödeln«
Dan Aykroyd, 59,
Schauspieler und Comedian,
sitzt oft stundenlang im
Zug. Und das ganz freiwillig
26
AUFGEZEICHNET
VON SABRINA HOFFMANN
I
ch liebe das: in den Zug steigen, losfahren und so lange wie möglich sitzen
bleiben. Es könnte tagelang so weitergehen. Nicht weil ich etwa Flugangst hätte.
Nein, mein Vertrauen in die Technologie
ist groß. Ich war schon an Bord eines
Kampffliegers und eines B-25-Bombers.
Im Flugsimulator saß ich sogar am Steuer
eines Großraumflugzeugs. Ich mag die
Luftfahrt, aber ich fliege sowieso schon
so viel. Wenn ich kann, bleibe ich lieber
am Boden.
Zug fahren gibt mir die Ruhe, die ich auf
Reisen brauche. Der Schlaf ist großartig.
Der Zug ist wie eine Wiege, er schaukelt
hoch und runter, hin und her. Ich steige
ein, wache zwölf Stunden später auf und
frage mich, wo der Tag geblieben ist. Es
ist eine Auszeit, wie ein Kokon. Mein Alltag spannt mich auch mit fast 60 noch
ganz schön ein. Ich pflege meine Ehe.
Meine Frau Donna und ich sind seit 29
Jahren verheiratet. Ich kümmere mich um
meine drei Töchter, oft bin ich mit den
Blues Brothers auf Tour. Und ich mache
meinen Crystal Head Vodka.
Wenn noch Zeit bleibt, fahre ich im
Privatwaggon eines Freundes durch die
Gegend. Er stammt aus den 20er-Jahren. Der Besitzer sammelt indische Kunst
und viktorianische Möbel, hat das Innere
damit ausgestattet. Es gibt einen Speiseraum, eine Küche und eine Aussichtsplattform am Ende des Zuges mit einer
kleinen Bank, auf der man sitzen kann.
In der kühlen Morgenluft dort zu sitzen ist
schön, zum Beispiel bei einer Fahrt durch
die Sierra Nevada Mountains. Da gibt es
nichts anderes als Pinienwälder. Wir sind
still und schauen einfach zu, wie die Schienen im Nebel verschwinden. Ich mag es
nicht, schnell zu reisen. Ich will trödeln.
Durch das Zugfenster kann ich mir
dabei in Ruhe Deutschland anschauen
und stelle fest: Das könnte auch Kanada
sein. Felder, Bäume, Straßen, Bauernhöfe. Die Menschen versuchen, sich ihren
Unterhalt zu verdienen und ein gutes
Leben zu führen.
Das mag ich so am Zugreisen. Ich fahre quasi durch die Hinterhöfe der Leute.
Industrielle Technologien aus einer anderen Zeit ziehen an mir vorbei, meisterhaft gebaute Eisenbahnbrücken. Das sind
oft Orte, an denen keine Straße entlangführt.
■
FOCUS 18/2012
Foto: P. Francis/Getty Images
Bei der R-’n’-B-Gruppe Blues Brothers
überließ Dan Aykroyd seinem Freund
John Belushi den Vortritt im Rampenlicht, im Kinoerfolg „Ghostbusters“
(1984) dem Komiker Bill Murray.
Aykroyd schrieb das Drehbuch