Infrastruktur - Deutsch-Russische Auslandshandelskammer / AHK
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Infrastruktur - Deutsch-Russische Auslandshandelskammer / AHK
Inhalt Vorworte Einleitung ..................................................................................................................................... 5 .................................................................................................................................. 9 1. Infrastruktur 1.1 Straßenbau ......................................................................................................................... 12 1.1.1 Zustand des russischen Straßennetzes ................................................................... 12 1.1.2 Projekte und Geschäftschancen ...............................................................................13 1.1.3 Kontaktanschriften ................................................................................................... 19 Schienenwege .................................................................................................................... 21 1.2.1 Zustand ..................................................................................................................... 21 1.2.2 Projekte und Geschäftschancen .............................................................................. 21 1.2.3 Kontaktanschriften ................................................................................................... 26 Flughäfen ........................................................................................................................... 27 1.3.1 Zustand ..................................................................................................................... 27 1.3.2 Projekte und Geschäftschancen .............................................................................. 27 1.3.3 Kontaktanschriften ................................................................................................... 32 Häfen .................................................................................................................................. 33 1.4.1 Zustand ..................................................................................................................... 33 1.4.2 Projekte und Geschäftschancen .............................................................................. 34 1.4.3 Kontaktanschriften ................................................................................................... 38 Allgemeine Kontaktanschriften Infrastruktur ................................................................... 40 „40.000 Ortschaften sind noch nicht an das Straßennetz angeschlossen“ Interview mit Frank Forchert, Generaldirektor OOO Wirtgen International Service ........ 41 „Russland ist der interessanteste Markt für die Deutsche Bahn“ Interview mit Jörg Siedenbiedel, Leiter der Generalvertretung Deutsche Bahn AG ............................................................................................................. 45 „Die Projektsteuerung können auch deutsche Planer übernehmen“ Interview mit Tom Schmidt, Vorsitzender der Geschäftsleitung Hochtief ......................... 49 „Die Häfen Murmansk und Archangelsk haben Perspektive“ Interview mit Wilfried Anders, Leiter der Vertretung Finnlines Deutschland GmbH ........ 52 „Der Know-how-Transfer an den Grenzen findet erst jetzt statt“ Interview mit Olaf Metzger, Managing Director Rhenus Logistics .................................... 55 1.2 1.3 1.4 1.5 ................................................................................................................ 11 2. Energiewirtschaft, Energieeffizienz 2.1 2.2 Der russische Energiemarkt ............................................................................................... 58 Geschäftschancen beim Ausbau der Stromerzeugung ...................................................... 59 2.2.1 Fossile Energieträger und große Wasserkraftwerke ................................................ 59 2.2.2 Erneuerbare Energiequellen ..................................................................................... 65 2.2.3 Wärmeenergie ........................................................................................................... 70 Geschäftschancen bei der Erhöhung der Energieeffizienz ................................................ 71 Kontaktanschriften ............................................................................................................. 84 2.3 2.4 ................................................................. 58 Germany Trade & Invest www.gtai.de 3 Inhalt 2.5 Internetlinks ........................................................................................................................ 86 „Energieeffizienz ist Chefsache des Präsidenten“ Interview mit Interview mit Thomas Hendel, Geschäftsführer der Russisch-Deutschen Energie-Agentur (Rudea) ................................................................. 88 „Der Markt für energieeffiziente Produkte öffnet sich“ Interview mit Dr. Norbert Richter, Russland-Geschäftsführer von Caparol .......................... „In Ostsibirien gibt es große, nicht entdeckte Vorkommen von Öl und Gas“ Interview mit Olaf Klarner, Geschäftsführer Klarenco LLC ............................................... 93 3. Gesundheitswirtschaft 3.1 3.2 ÜbeRubelick zum russischen Gesundheitssektor ............................................................. 97 Pharmaindustrie ............................................................................................................... 101 3.2.1 Pharma-Cluster ....................................................................................................... 105 3.2.2 Internationales Engagement ................................................................................... 107 3.2.3 Kontaktanschriften .................................................................................................. 107 Medizintechnik .................................................................................................................. 109 3.3.1 Diagnosegeräte ....................................................................................................... 112 3.3.2 Nuklearmedizin ....................................................................................................... 112 3.3.3 Weitere perspektivreiche Geschäftsfelder .............................................................. 113 3.3.4 Kontaktanschriften .................................................................................................. 114 Markteinstieg für deutsche Unternehmen im Gesundheitswesen .................................. 116 „Größte Chancen bei Pharmazeutika und medizinischen Verbrauchsmaterialien“ Interview mit Julius Krüger, Direktor International Business Development Fresenius Medical Care .................................................................................................... 117 „In den nächsten Jahren wird der Medizintechnik-Bedarf noch steigen“ Interview mit Andreas Berns, Vice President OOO Siemens, Leiter Healthcare ............. 120 „An einem Prüfzentrum in Russland führt kein Weg vorbei!“ Interview mit Dr. Christoph Dengler, Leiter der deutschen Praxis der Rechtsanwaltskanzlei Mannheimer Swartling ..................................................................123 3.3 3.4 4. Informations- und Telekommunikationstechnik 4.1 Telekommunikationstechnologie .......................................................................................125 4.1.1 Der Telekommunikationsmarkt im ÜbeRubelick ................................................... 125 4.1.2 Projekte und Geschäftschancen in der Telekommunikationsbranche ................... 128 4.1.3 Kontaktanschriften .................................................................................................. 133 Informationstechnologie ................................................................................................... 136 4.2.1 Der Markt heute ...................................................................................................... 136 4.2.2 Projekte und Geschäftschancen ............................................................................. 137 4.2.3 Kontaktanschriften .................................................................................................. 140 Exkurs: Navigation made in Russia „Für Russen ist Kommunikation so wichtig wie das tägliche Brot“ Interview mit Jürg Zehnder, DETECON International GmbH - Regionaldirektor für Russland und die GUS-Staaten ................................................................................... 143 „Das Marktvolumen steigt jährlich um 5 Prozent“ Interview mit Igor Tschupalow, Generaldirektor T-Systems in Russland ....................... 144 4.2 4 ............................................................................................ 97 Modernisierungsoffensive in Russland ...................................... 125 Vorwort Vorwort Grußwort von Rainer Brüderle MdB Bundesminister für Wirtschaft und Technologie Das größte Land der Welt, Russland, will moderner werden. Präsident Dmitri Medwedjew hat eine Modernisierungsoffensive gestartet, die das Land aus seiner einseitigen Rohstoff-Exportabhängigkeit befreien soll. Neben den klassischen Industrien setzt er auf neue, hochinnovative Technologien. So strebt Russland bei Telekommunikation und Informationstechnik einen Platz an der Weltspitze an. Mit dem Ressourcenreichtum des Landes soll sparsamer umgegangen werden. Präsident Medwedjew hat ehrgeizige Ziele zur Erhöhung der Energieeffizienz formuliert. Zudem sollen die Bürgerinnen und Bürger mithilfe einer grundlegenden Verbesserung der medizinischen Versorgung ganz unmittelbar von der Modernisierungsoffensive profitieren. Diese Vorhaben begrüße ich ausdrücklich. Deutschland steht Russland bei seinem Modernisierungskurs zur Seite. Hochmoderne und kreative Unternehmen aus Deutschland bieten in vielen Bereichen Lösungen für die Herausforderungen, vor denen die russische Wirtschaft steht. Insbesondere in Technologiebereichen wie Energieeffizienz, Medizintechnik, Telekommunikation oder Infrastruktur. Zudem nutzen wir die äußerst engen politischen Kontakte zwischen unseren Ländern, um die Zusammenarbeit gerade in Wirtschaftsfragen noch zu intensivieren. Russland bietet deutschen Unternehmen vielfältige Chancen. Allerdings fällt die Marktorientierung im größten Flächenland der Welt vielen Firmen oft nicht leicht. Daher müssen wir das umfangreiche Exportangebot deutscher Unternehmen mit der großen Nachfrage in Russland zusammenbringen. Germany Trade & Invest www.gtai.de 5 Vorwort Hierzu leisten Germany Trade & Invest und die Deutsch-Russische Auslandshandelskammer in Moskau einen wichtigen Beitrag. Die vorliegende Broschüre stellt hunderte von konkreten Projekten der Moskauer Regierung wie auch von privaten Unternehmen anschaulich dar. Ich verstehe die Veröffentlichung auch als guten Beitrag zur Verwirklichung der Außenwirtschaftsoffensive des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Sie wird bei der Anbahnung neuer Kontakte wertvolle Dienste leisten. Hierbei wünsche ich den Leserinnen und Lesern viel Erfolg. Ihr Rainer Brüderle 6 Modernisierungsoffensive in Russland Vorwort Vorwort Grußwort von Dr.-Ing. Heinrich Weiss Vorsitzender der Geschäftsführung der SMS group Präsident der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer (AHK) Mitglied des Aufsichtsrates der Germany Trade & Invest GmbH Der Ruf nach einer grundlegenden Modernisierung der russischen Wirtschaft ist nicht neu – allerdings war der Druck zur Umsetzung noch nie so hoch wie gegenwärtig. Zwar wurden in den letzten Jahren kontinuierlich Verbesserungen der Rahmenbedingungen erzielt, trotz vielfältiger Absichten konnte eine stärkere Diversifizierung der Wirtschaft allerdings noch nicht gelingen. Derzeit stehen Rohstoffe immer noch für rund 80 Prozent der russischen Exporte und finanzieren so im Wesentlichen den Staatshaushalt. Auch wenn die Konjunkturdaten für 2010 vor allem aufgrund der steigenden Rohstoffpreise eine Erholung der russischen Wirtschaft erwarten lassen, scheint Präsident Medwedew nun gewillt, eine neue Wirtschaftsstruktur für sein Land durchzusetzen und die Rohstoffabhängigkeit langfristig zu überwinden. Anlässlich der deutsch-russischen Regierungskonsultationen im Juli in Jekaterinburg betonte der Präsident, dass die aktuell anlaufende Modernisierungsoffensive keine kurzlebige Maßnahme als Reaktion auf die Krise sei und lud speziell deutsche Unternehmen ein, mit ihrem Know-how die russische Wirtschaft zu unterstützen. Die deutsche Wirtschaft als auch die Politik begleiten Russland seit Jahren als stärkster Handelsund Modernisierungspartner. Eine Ausweitung der ohnehin schon intensiven Beziehungen ist für beide Seiten wünschens- und lohnenswert, bedarf aber auch einer Verbesserung der Rahmenbedingungen innerhalb des russischen Wirtschaftssystems. Die Schaffung der „Kommission zur Modernisierung und technologischen Entwicklung der Wirtschaft“, die direkt bei Präsident Medwedew angesiedelt ist sowie das Leuchtturmprojekt der Innovationsstadt Skolkowo als russisches „Silicon Valley“ sind hierbei begrüßenswerte Schritte, allerdings kann ein Wandel und Umdenken in der russischen Wirtschaft hin zu mehr Unternehmertum nicht nur rein sektoral oder regional und damit technokratisch geplant vollzogen werden. Notwendig ist vielmehr auch ein Mentalitätswandel hin zu einer technologie- und leistungsorientierten Gesellschaft. Germany Trade & Invest www.gtai.de 7 Vorwort Hinsichtlich der Verbesserung der Rahmenbedingungen werden aktuell vor allem der Abbau von Bürokratie und Korruption, die Beschleunigung der Zoll- und Visaverfahren sowie der Aufbau eines funktionierenden Rechtssystems forciert. Großvorhaben wie das Privatisierungsprogramm rund 5.000 staatlicher Unternehmen, die Zukunft der oftmals ineffizienten und Wettbewerb verhindernden Staatskonglomerate und der Monostädte müssen weiterhin gelöst werden. Bei den meisten notwendigen Reformvorhaben wird es vor allem darauf ankommen die verkrusteten Behördenstrukturen in Russland aufzubrechen und die dort ansässigen Beamten von der Modernisierung zu überzeugen. Sollte dies mittelfristig gelingen, erscheint das Ziel Präsident Medwedews einer „intelligenten Wirtschaft mit innovativen Produkten“ realisierbar. Für deutsche Unternehmen bieten sich innerhalb dieses groß angelegten Modernisierungsprozesses unzählige Möglichkeiten für erfolgreiche Partnerschaften und Geschäfte in Russland. Hierbei können Sie auf die Unterstützung der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer sowie von Germany Trade & Invest vertrauen, die Ihnen jederzeit gern zur Seite stehen. Ihr Dr.-Ing. Heinrich Weiss 8 Modernisierungsoffensive in Russland Einleitung Einleitung Einleitung Vierhundert neue Arzneimittel, drei große Medizintechnik-Cluster, Windkraft, Sonne, Biomasse, ein eigenes Navigationssystem, Hochgeschwindigkeits-Internet in jedem Dorf und Schnellzüge quer durchs Land - Russland will in Zukunft mit Innovationen statt mit Bohrlöchern und Gas-Pipelines für Schlagzeilen sorgen. Dabei passten die beiden Vokabeln Modernisierung und Russland in der Vergangenheit nur schwer zusammen. Dank der reichen Rohstoffvorkommen spülten die Exporte Geld in die Kassen von Staat und Unternehmen, ohne dass innovative und international wettbewerbsfähige Produkte entwickelt werden mussten. Im Jahr 2008 kamen in Russland auf 10.000 Einwohner nur zwei Patent-Neuanmeldungen, insgesamt waren es 27.700. In Deutschland meldeten Forscher 2008 über 62.000 Patente an, was einer Quote von fast acht Patenten je 10.000 Einwohnern entspricht. Immer noch leidet Russland unter dem Aderlass in Forschung und Entwicklung, den der Nachfolgestaat der untergegangenen Sowjetunion zu verkraften hatte. Über 80.000 Wissenschaftler sollen nach 1990 das Land verlassen haben, weil sie im Ausland bessere Arbeitsbedingungen vorfanden. Nachwuchs schließt nur langsam auf, weil Tüftler und Erfinder nicht zu den attraktivsten Berufsfeldern gehören. Das Durchschnittsalter an der Akademie der Wissenschaft liegt bei weit über 50. Die Finanzausstattung der russischen Forschungsinstitute beläuft sich laut Untersuchungen nur auf 3 bis 5% der Mittel, über die US-amerikanische Forschungsstätten verfügen können. Das macht die maroden Labors kaum attraktiv für junge und frische Köpfe. Nicht anders sieht es in der Privatwirtschaft aus. Während die Politik die mangelnde Innovationsfreude der Unternehmen beklagt, verweisen russische Geschäftsleute auf das fehlende Umfeld für die Entwicklung neuer Produkte. Neben steuerlichen Anreizen vermissen sie auch einen ausreichenden Schutz geistigen Eigentums und die Bereitstellung von Risikokapital. Außerdem sind die administrativen und finanziellen Barrieren für die Markteinführung innovativer Produkte in Russland hoch. Spätestens seit dem tiefen Fall der Wirtschaft im Krisenjahr 2009 ist der Kreml jedoch alarmiert. Präsident Dmitri Medwedjew hat erkannt, dass die reine Fixierung auf den Rohstoffreichtum das Land in eine Sackgasse führt und die Abhängigkeit von den Weltmarktpreisen für Öl, Gas oder Metalle zu hoch ist. Der Kremlchef hat daher die Modernisierung seines Landes zur Chefsache erklärt und auf der politischen Agenda ganz nach oben gesetzt. Allein in den Jahren 2010 bis 2012 sollen umgerechnet rund 20 Mrd. Euro in 38 Schlüsselprojekte fließen, um folgende Branchen international wettbewerbsfähig zu machen: - Informationstechnik und Telekommunikation, - Energieeffizienz, - Medizintechnik und Pharmazie, - Nanotechnologie, - Nukleartechnologie, - Weltraumtechnologie. Germany Trade & Invest www.gtai.de 9 Einleitung Den Großteil der Projektkosten sollen private Investoren schultern, die vom Staat im Gegenzug mit allerlei Vorteilen wie Steuererleichterungen oder Präferenzen bei öffentlichen Ausschreibungen bedacht werden. Um der Wirtschaft einen Innovations- und Wachstumsschub zu verpassen, sind aber auch der Ausbau der Infrastruktur und der Energieerzeugung im größten Land der Erde nötig. All das geht nicht ohne moderne Technologie aus dem Ausland, was auch die russische Regierung anerkennt. Für deutsche Unternehmen bieten Russlands Modernisierungsanstrengungen deshalb beste Geschäftschancen. Denn gerade bei den nun anstehenden Großinvestitionen auf den Gebieten Energieeffizienz, Medizintechnik und Pharmazie, Informationstechnik und Telekommunikation hat Deutschland Technologie, Know-how und Erfahrung anzubieten, die Russland für seinen Innovationssprung braucht. Die vorliegende Publikation gibt einen umfassenden ÜbeRubelick über die Kooperations- und Liefermöglichkeiten bei der Modernisierung Russlands. Sie informiert über anstehende Projekte und Investitionsvorhaben und nennt die wichtigsten Ansprechpartner. Gerade für mittelständische Unternehmen bietet die Broschüre damit eine gute Basis für erfolgreiche Geschäfte mit Russland. 10 Modernisierungsoffensive in Russland Infrastruktur Infrastruktur 1. Infrastruktur Die Erneuerung von Straßen, Schienen, Flughäfen, See- und Flusshäfen steht seit einigen Jahren bereits ganz oben auf der Prioritätenliste der russischen Regierung. Präsident Dmitri Medwedew will die Modernisierung weiter voran treiben. Er stellt die höchsten Qualitätsansprüche - am besten westeuropäische Standards. Die russische Regierung hat Ende 2008 die „Entwicklungsstrategie bis 2030“ verabschiedet. Im Unterprogramm 2010 bis 2015 ist die Marschroute für die kommenden fünf Jahre vorgegeben. Die darin aufgeführten Projekte wurden noch vor Beginn der Wirtschaftskrise geplant. Während die Infrastruktur-Investitionen 2009 sogar rückläufig waren, sind 2010 wieder einige Ausschreibungen angelaufen. Besonders in Sotschi, wo 2014 die olympischen Winterspiele stattfinden, wird Tag und Nacht gearbeitet - an Straßen, Schienen und Häfen. Dasselbe gilt für die Häfen in Sankt Petersburg, die Eisenbahnstrecke in Jakutien und viele weitere Maßnahmen. Aber selbst wenn bis 2015 nicht alle geplanten Straßen-, Schienen-, Flughafen- und Hafenprojekte für rund 12,7 Billionen Rubel verwirklicht werden - auch ein „Modernisierungsprogramm light“ bringt attraktive Geschäftschancen. Deutsche Unternehmen sind favorisierte Partner, an dutzenden Projekten sind deutsche Planer, Architekten und Ingenieure beteiligt. Deutsche Technik fehlt auf keiner größeren Baustelle. Allerdings ist die Konkurrenz stärker geworden. Feilschten zu Boom-Zeiten noch drei oder vier Firmen um den Zuschlag für ein Straßenbauprojekt, sind es jetzt 15, erzählen Moskauer Brancheninsider. Das erhöht den Preisdruck nicht nur auf die Generalauftragnehmer, sondern auch auf deren Subauftragnehmer. Vor allem die Russland-Risikoaufschläge vieler deutschen Baufirmen führten zu Wettbewerbsnachteilen. Wo allerdings wichtige Projekte zeitnah und zuverlässig fertig gestellt werden müssen, gelten deutsche Firmen als favorisierte Partner. Nachdem das Frachtaufkommen bis 2008 stetig gestiegen war, verzeichnete die Transportbranche 2009 einen Rückgang von einem Zehntel. In den ersten Monaten 2010 legten die Umschlagsvolumina jedoch wieder zu. Bis 2015 rechnet das russische Transportministerium in allen Sektoren mit einer deutlichen Zunahme der Frachtvolumina. Je schneller sich der Transportsektor nach der Wirtschaftskrise erholt, desto stärker wird auch der Druck, die geplanten Infrastrukturmaßnahmen umzusetzen. Gütertransporte nach Verkehrsträgern 2009 Verkehrsträger Beförderte Veränderung Fracht- Veränderung Güter 2009 (in % ) *) aufkommen (in % ) *) (in Mio. t) (in Mrd. tkm) Gesamtes Frachtvolumen 7.468,5 -21,0 4.444,8 -10,2 Straßentransporte 5.240,5 -24,0 180,1 -16,7 Schienentransporte 1.108,2 -15,0 1.865,3 -11,9 Schiffstransporte - Binnenschifffahrt 96,9 -35,7 52,6 -17,5 - Hochseeschifffahrt 37,3 6,1 97,5 15,5 Lufttransporte 0,7 -8,6 3,5 -4,0 Pipelines 984,9 -7,7 2.245,8 -8,9 *) gegenüber dem Vorjahr redaktioneller Hinweis: tkm = Tonnenkilometer Quelle: Föderaler Statistikdienst Germany Trade & Invest www.gtai.de 11 Infrastruktur 1.1 Straßenbau 1.1.1 Zustand des russischen Straßennetzes Das russische Straßennetz ist extrem renovierungs- und ausbaubedürftig. Im größten Flächenland der Welt gibt es gerade einmal 750.000 km Straßen mit festem Belag. Zum Vergleich: Im 48mal kleineren Deutschland ist das Transportnetz mit rund 630.000 km annähernd gleich lang - aber um ein dutzendfaches dichter und darüber hinaus wesentlich besser in Schuss. Zum Jahresende 2010 werden 40% aller Straßen in Russland föderalen Status besitzen. Davon ist laut Anatoli Tschabunin, Leiter der föderalen Straßenbaubehörde Rosawtodor, jede vierte massiv überlastet. Russland hat 2009 mehr als 126 Mrd. Rubel (2,9 Mrd. Euro; EZB-Jahresdurchschnittskurs 2009: 1 Euro = 44,14 Rubel) für den Bau und die Instandhaltung von föderalen Straßen ausgegeben. Davon flossen laut Präsident Dmitri Medwedew über 67 Mrd. Rubel - also mehr als die Hälfte - in die Sanierung bestehender Trassen. Fertig gestellt wurden 1.058 km. Zum Vergleich: Zwischen den Jahren 1959 und 1965 asphaltierte die Sowjetunion über 81.000 km. Auch im internationalen Vergleich hinkt Russland heute weit hinterher. BRIC-Konkurrent China hat angekündigt, bis 2020 rund 85.000 km neue Autobahnen bauen zu wollen, also rund 7.000 bis 8.000 km pro Jahr. Länge des russischen Straßennetzes (jeweils zum Jahresende; in 1.000 km) Straßennetz 1990 1995 2000 2005 2006 Autostraßen insgesamt, 884 940 898 858 932 davon öffentliche 1) 455 539 584 581 701 private 429 401 314 277 231 Straßen mit festem Belag, 657 750 752 724 754 davon öffentliche, davon 1) 400 484 532 531 597 föderale Straßen 44 46 47 47 regionale Straßen 3) 440 486 484 465 kommunale Straßen k.A. k.A. k.A. k.A. 85 private Straßen 256 266 220 194 157 2007 963 2008 940 747 216 771 754 185 2) 754 624 49 469 107 147 629 50 456 124 125 2) 1) seit 2006 fließen kommunale Straßen in die Statistik ein; 2) ohne kleine Unternehmen; 3) bis 2006 unter Zuständigkeit der Gebiete der Russischen Föderation Quelle: Föderaler Statistikdienst der Russischen Föderation Die russische Regierung hat zu Hochzeiten der Krise 17 Brücken fertig gestellt, mit deren Bau noch zu Sowjetzeiten oder Anfang der 1990er Jahre begonnen worden war. Doch in vielen Städten entlang größerer Flüsse stellen zu schmale Brücken nach wie vor den größten Engpass im Transportsystem der russischen Föderation dar. Die Verkehrssituation spitzt sich vor allem in Ballungszentren zu - und das selbst zu Zeiten der Wirtschaftskrise, wenn die Warenströme geringer sind als zu Boomzeiten. Denn die Anzahl der zugelassenen Autos steigt ständig. Gar nicht auszudenken, wie sich das Verkehrschaos noch verschlimmert, wenn das Volumen des russischen Automobilmarktes wieder auf über 3 Mio. Kfz pro Jahr 12 Modernisierungsoffensive in Russland steigt. Derzeit sind in Russland 32 Mio. Pkw gemeldet, die meisten davon in den großen Städten. Genau dort werden die zu geringen Infrastrukturinvestitionen der 1990er Jahre sichtbar. Im vergangenen Jahrzehnt hat Russland es - trotz sprudelnder Erdöl- und anderer Rohstoffeinnahmen - versäumt, die Straßen auf westliches Niveau zu heben. Der Fuhrpark hat sich in den vergangenen 15 Jahren verdoppelt. Mittlerweile behindern die Megastaus nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung in den Metropolen Moskau und Sankt Petersburg, sondern auch in anderen Großstädten in den russischen Regionen. In Moskau, wo über 12 Mio. Menschen leben und wohin täglich weitere zwei bis zweieinhalb Millionen Pendler aus den umliegenden Ortschaften fahren, beläuft sich das Straßennetz auf eine Länge von 4.500 km und eine Fläche von 87 Mio. qm. In Berlin ist das Straßennetz mit 5.366 km deutlich länger als in Moskau, doch in der russischen Hauptstadt leben viermal so viele Menschen und es sind auch viermal so viele Pkw zugelassen wie in Berlin. Automobilbestand in Russland (jeweils zum Jahresende; in 1.000 Stück) Bestand 1995 2000 2005 2006 2007 Pkw 14.195 20.247 25.570 26.794 29.405 Lkw 2.937 4.122 4.848 4.929 5.168 Autobusse 513 624 792 824 882 2008 32.021 5.349 894 Quelle: Föderaler Statistikdienst der Russischen Föderation 1.1.2 Projekte und Geschäftschancen Föderale Infrastrukturprojekte Bis zum Jahr 2030 - so sieht es die langfristige Transportstrategie vor - sollen in Russland 20.000 km Schnellstraßen gebaut werden. Dabei gibt es allein um föderale Straßen (entsprechen den deutschen Bundesstraßen). Ganz konkrete Neubau- und Sanierungspläne hat die russische Regierung in ihrem Unterprogramm „Awtomobilnye dorogi 2010 bis 2015“ festgehalten (siehe Tabelle). In diesem Zeitraum sollen 6.200 km föderale Trassen neu gebaut und mehrere Zehntausend Kilometer saniert werden. Die Regierung rechnet mit einem Investitionsvolumen von 4.300 Mrd. Rubel. Für das Jahr 2010 sind im Haushalt der Russischen Föderation 300 Mrd. Rubel für den Bau und die Sanierung von Straßen vorgesehen. Konkrete Maßnahmen überwacht die staatliche russische Straßenbauagentur Rosawtodor. Die Behörde will 2010 knapp 1.000 km föderale Straßen bauen lassen und für 61 Mrd. Rubel mehr als 3.600 km bestehende Trassen renovieren, hat Behördenleiter Anatoli Tschabunin bekannt gegeben. Zu den zentralen Baumaßnahmen 2010 gehören etwa Abschnitte der Strecke von Tschita nach Chabarowsk, der Abschluss der Arbeiten am Autobahnring um Sankt Petersburg, der Baubeginn der Strecke von Moskau nach Sankt Petersburg und auch des zentralen Straßenrings in der Region Moskau. In Sibirien wird die Umgehungsstraße von Nowosibirsk weitergebaut. Dafür stehen 2010 rund 1,6 Mrd. Rubel zur Verfügung; die Ortsumgehung soll 2013 fertig sein. Germany Trade & Invest www.gtai.de 13 Infrastruktur Zu den großen Straßenbauprojekten der nächsten 20 Jahre zählt auch die neue Strecke von Moskau über Uljanowsk nach Jekaterinburg. Die zentrale Baustelle - das war in der Vergangenheit eine 5,8 km lange Brücke über den Fluss Wolga nahe Uljanowsk - wurde 2009 fertig gestellt. Damit sind die Bauarbeiten allerdings noch nicht beendet. Erstens müssten die Zufahrten noch ausgebaut werden. Zweitens fehlt noch das untere Geschoss der doppelstöckigen Brücke. Die Brücke ist eine der Schlüsselstellen der 2.500 km langen Straße. Die neue Trasse soll 2030 fertig sein und eine Alternative bieten zu den föderalen Straßen M5 und M7. Kostenpunkt der gesamten Strecke: 180 Mrd. Rubel. Die bestehende Fernstraße zwischen Moskau und Ufa, die M-7, wird bis 2013 auf dem Abschnitt zwischen den beiden Städten Kasan und Nabereschnye Tschelny grundlegend saniert, sie soll ab 2013 höchsten Qualitätsanforderungen genügen. Diese Modernisierung wird rund 40 Mrd. Rubel kosten. Das Geld kommt aus dem regionalen Haushalt der Republik Tatarstan sowie aus dem föderalen Budget. Föderale Straßenbauprojekte von 2010 bis 2015 (in Mrd. Rubel) 1) Straß Länge in km 2) Kosten Anmerkungen / Besonderheiten in Mrd. Rubel M1 Belarus 3) 97 64,9 Strecke ab MKAD Moskau bis zur belarussischen Grenze M2 Krim 155 50,4 u.a. Umgehungsstraße um Fatesch, zwei Brücken M3 Ukraina 51 18,5 u.a. Abfahrt zur Stadt Brjansk M4 Don 1.517 884,1 u.a. Ortsumgehung von Noworossisk M5 Ural 1.155 203,2 mit Bahnübergängen, Stadtumgehungen, Brücken, etc. M6 Kaspi 86 16,8 M7 Wolga 668 122,2 darunter Ortsumgehungen von Wladimir, Nischni Nowgorod, Nabereschnye Tschelny M8 Cholmogory 44 33,1 mit Ortsumgehung von Jaroslawl M9 Baltija 69 33,2 M10 Skandinavia 37 8,0 Bauzeit: 2013 bis 2015 M11 Narva 95 10,2 Bauzeit: 2011 bis 2015 M18 Kola 39 2,4 Bauzeit: 2010 bis 2013 M20 47 7,7 Straße von Sankt Petersburg über Pskow zur belarussischen Grenze M21 33 5,6 Straße von Wolgograd zur ukrainischen Grenze; Bauzeit: 2012 bis 2015 M23 39 5,6 Straße von Rostow zur ukrainischen Grenze; Bauzeit: 2011 bis 2015 M27 17 43,4 Straße von Dschugba über Sotschi zur georgischen Grenze M29 Kawkas 87 11,6 Bauzeit: 2010 bis 2012 M32 37 1,1 Strecke Samara - Kasachstan 14 Modernisierungsoffensive in Russland (Fortsetzung) Föderale Straßenbauprojekte von 2010 bis 2015 (in Mrd. Rubel) 1) M51, M53, M55 92 13,7 Bauzeit: 2010 bis 2014; darunter die Baikal Nordumgehung von Nowosibirsk Straß Länge in km 2) Kosten Anmerkungen / Besonderheiten in Mrd. Rubel M60 Ussuri 263 27,6 Chabarowsk - Wladiwostok A141 35 8,8 Brjansk zur belarussischen Grenze „Baikal“ 24 3,9 Bauzeit: 2013 bis 2015 A229 41 7,5 Bauzeit: 2011 bis 2012 1P 242 106 13,9 Perm - Jekaterinburg 1P 315 139 19,5 Jekaterinburg - Tjumen; Bauzeit: 2011 bis 2015 A155 16 3,2 Tscherkessk bis zur georgischen Grenze 1P158 14 1,6 Nischni Nowgorod - Saratow; Bauzeit: 2010 bis 2014 „Kawkas“ 11 2,0 Alagir, bis zur georgischen Grenze; Bauzeit: 2011 bis 2012 1P 402 58 6,2 Tjumen - Omsk; Bauzeit: 2011 bis 2015 Weliki Nowgorod 261 49,6 Bauzeit: 2011 bis 2015 - Ust Luga Sankt Petersburg 161 20,0 2011 bis 2015 - Petrosawodsk M 56 Lena 119 1,8 nur Sanierungsarbeiten „Kolyma“ 96 17,6 Jakutsk - Magadan M 56 Jenissei 54 2,7 Bauzeit: 2011 - 2012 „Wiljui“ 423 28,1 von M53 „Baikal“ nach Jakutsk; Bauzeit: 2011 bis 2015 M52 Tshujskij 89 4,3 Bauzeit: von 2011 bis 2012 Trakt Schließung 230 85,9 einzelne unbefestigte Teilstücke der unbefestigter Landstraßen Astrachan-MachatschStraßenstücke kala, Orenburg-Abfahrt von M5, Urwan-Uschtulu; Teile der M54 Jenissei, A155 Tscherkessk-Dombai sollen asphaltiert werden 1) Die Projektliste des russischen Verkehrsministeriums (in russischer Sprache) erhalten Sie kostenlos auf Anfrage bei Germany Trade and Invest unter E-Mail: [email protected]; 2) Länge der zu renovierenden bzw. neu zu bauenden Strecke; entspricht nicht der Gesamtlänge der Magistrale Quelle: Transportministerium der Russischen Föderation Nachdem in den vergangenen Jahren einige Mega-Brückenprojekte fertig gestellt wurden, macht sich die russische Regierung jetzt daran, bestehende Objekte zu erweitern und zu modernisieren. Bis 2015 sollen 148 Brücken auf Vordermann gebracht werden. Dafür sind in der Transportentwicklungsstrategie des Verkehrsministeriums Ausgaben in Höhe von 52,2 Mrd. Rubel eingeplant. Germany Trade & Invest www.gtai.de 15 Infrastruktur Geplanter Neubau, Rekonstruktion und Erneuerung wichtiger Brücken bis 2015 *) Straße Position und Art der Brücken und Überführungen M4 Don Wegebrücken bei km 117+080, und bei km 1.339+895, Brücke uber die Flüsse Don bei km 1.061+569 (links) und Dschubga bei km 1.150+860 M5 Ural Brücke über den Fluss Woblja bei km 133+707 M6 Kaspij Wegebrücke über Schienenweg bei km 127+960 M8 Cholmogory Brücken über Moskwa (km 25+591) und Trubesch (km 139+930), vier Straßenüberführungen M18 Kola Brücke über den Fluss Schuja bei km 437+578 M29 Kawkas Brücke über die Flüsse Assa bei km 611+270 und Baksan bei km 82+775 M51, M53, M55 Baikal Brücke über den Fluss Oka bei km 1626+400 M52 Tshujskij Trakt Eisenbahnwegebrücke bei km 190+786 M54 Jenissei Brücke über die Flüsse Ersin bei km 1.024+012 und Mana bei km 32+779 Neubau einer Brücke in 6-spurige Brücke als Verbindung zwischen den Stadtvierteln Krasnojarsk über den Jenissei Oktjabrski und Swerdlowski. Projektkosten: 20 Mrd. Rubel; 2010 bis 2014. Weitere Infos: www.krskstate.ru/econom M55 Lena Brücke über die Flüsse Mal. Nimnyr bei km 517+758, AtyrBassa bei km 560+786 und Neumnja bei km 614+530 sowie über zwei Seitenarme. Eine Brücke über den Fluss Satyrn bei km 666+975 sowie über mehrere Seitenarme. M60 Ussuri Brücke über die Flüsse Kedrowka, Tschirki bei km 24+034 sowie über zwei Seitenarme. Über den Fluss Monastyrka bei km 589+534 sowie eine Eisenbahnüberführung bei km 668+011 Straße Kolyma JakutienBrücke bei km 608+425 und km 539. Über die Flüsse PjatiMagadan letka bei km 1618, Kolyma bei km 1.579+920, Kulanda bei km 480+942, und vier Quellen A-101 Moskau bis zur Grenze Brücke über den Fluss Desnu bei km 351+426 Weißrusslands A-104 Moskau-Dubna Brücke über den Fluss Ikschanka bei km 54+046 sowie über einen Seitenarm. A-107 Kleiner Moskauer Ring Eisenbahnüberführung bei km 16+250 A-108 Großer Moskauer Ring Wegebrücke über Schienenweg bei 25+950 Straße Tjumen nach Chanty- Brücke über den Fluss Demjanka bei km 429+849 Manijsk 1R-132 Kaluga-Rjasan Brücke über den Fluss Upa bei km 71+567 Nebenstraße nach Odinzovo Brücke über den Fluss Medwedka bei km 8+110 „Wiljui“ Brücken über die Flüsse Kukur (bei km 928+151 und km 982+183), Uguja (km 1048+460) und Tschjornaja (km 1145+526) *) Die Projektliste des russischen Verkehrsministeriums (in russischer Sprache) erhalten Sie kostenlos auf Anfrage bei Germany Trade and Invest unter E-Mail: [email protected] Quellen: Transportministerium der Russischen Föderation, Recherche von Germany Trade and Invest 16 Modernisierungsoffensive in Russland Public Private Partnership-Projekte Im Juli 2009 wurde per Präsidentenerlass eine neue Straßenbaubehörde geschaffen mit dem Namen GK Awtodor. Aufgabe des Staatsunternehmens ist es, zehn PPP-Straßenbauprojekte zu verwirklichen. Zwei davon, die Trasse M1 „Belarus“ von Moskau nach Smolensk sowie die M4 „Don“ von der Hauptstadt zur Hafenstadt Noworossisk, sind im Mai 2010 an die neue Staatsgesellschaft übergeben worden. Geplante Mautstraßenprojekte unter der Koordination der GK Awtodor 1) Projektbezeichnung Länge in km Zeitraum Anzahl / Länge der Mautabschnitte in km Rekonstruktion M1 „Belarus“ 449 2010-2018 2 / 200 Rekonstruktion M3 „Ukraine“ 470 2011-2018 4 / 274 Rekonstruktion M4 „Don“ 1.517 2010-2015 11 / 637 km Neue Auffahrt auf den Mittleren 44 2012-2016 1 / 44 Autobahnring um Moskau von der M7 „Wolga“ mit Ortsumgehung Noginsk Bau der Schnellstraße Moskau626 2010-2018 9 / 626 Sankt Petersburg Bau des zentralen Autobahnrings 314 2010-2018 6 / 314 um Moskau Mautstraße Krasnodar - Abinsk 147 2013-2018 1 / 147 Kabardinka Mautstraße von Kasan über Oren825 2011-2020 k.A. / 825 burg bis zur kasachischen Grenze 2) Mautpflichtige Ortsumgehung der 50 2013-2015 1 / 50 Stadt Wologdy 2) Ringstraße im Kurort Primorsk im 24 2011-2013 1 / 24 Gebiet Kaliningrad 1) Eine Präsentation mit näheren Informationen (in russischer Sprache) erhalten Sie kostenlos auf Anfrage bei GTAI unter E-Mail: [email protected]; 2) Straßenabschnitte im Rahmen des internationalen Transportkorridors Europa - Westchina Quelle: Staatsunternehmen GK Awtodor Die Investitionen, die von GK Awtodor gesteuert werden, belaufen sich bis 2016 auf 1.500 Mrd. Rubel, sagte Behördenleiter Sergei Kostin Anfang April 2010. Mit diesem Geld sollen über 500 km neue föderale Straßen gebaut und 930 km umgebaut oder erneuert werden. Zwei Drittel, also etwa 1 Billionen Rubel, will die russische Regierung aus dem föderalen Haushalt aufbringen. Den Rest der Investitionssumme erhoffen sich die Strategen im Verkehrsministerium von privaten Investoren. Bis 2014 könnten so rund 1.400 km gebührenpflichtige Trassen entstehen und sie sollen nicht bereits nach wenigen Monaten wieder in einem miserablen Zustand sein. Weil die Qualität auch neu angelegter Straßen oftmals unbefriedigend ist, hat Verkehrsminister Igor Lewitin Präsident Medwedew Anfang April 2010 versprochen, neue Trassen nach westeuropäischen Standards bauen zu lassen. Außerdem will der Minister die Bauunternehmen zwölf Jahre für den Zustand verantwort- Germany Trade & Invest www.gtai.de 17 Infrastruktur lich machen. Vor diesem Hintergrund spricht vieles dafür, dass die ausführenden Firmen auf hochqualitative Baumaschinen und erstklassige Materialien zurückgreifen werden. Die erste privat mitfinanzierte öffentliche Straße in Russland entsteht gleich hinter Moskaus Autobahnring, dem MKAD. Konzessionär für den 43 km langen Streckenteil zwischen Kilometer 15 und Kilometer 58 ist ein Konsortium unter der Führung des französischen Konzerns Vinci und dessen Tochtergesellschaft Eurovia. Die Strecke wird die vom Durchgangsverkehr geplagte Satellitenstadt Chimki entlasten und gleichzeitig eine neue Anbindung zum Flughafen Scheremetjewo schaffen. Die Kosten belaufen sich auf 60 Mrd. Rubel, davon werden aus dem Haushalt der Russischen Föderation rund 25 Mrd. Rubel kommen. Die neue Autobahn soll mit acht bis zehn Fahrspuren angelegt werden und eine Höchstgeschwindigkeit von 150 km/h erlauben. Die bestehende Fernstraße M-10 zwischen den beiden Metropolen bleibt als mautfreie Alternative bestehen. Am Rande von Sankt Petersburg soll 2010 ebenfalls mit den Bauarbeiten der Autobahn in Richtung Moskau begonnen werden. Hier übernehmen Stadt und Staat aber vorerst die Finanzierung. Die Einbindung von privaten Investoren beim Infrastrukturbau ist relativ neu. Erstmals tauchte der Gedanke in der Entwicklungsstrategie des Transportsektors von Ende 2008 auf. Danach war in einigen wenigen Regionen lediglich erwägt worden, Gebühren bei der Auffahrt auf bestimmte bestehende Straßenabschnitte zu erheben. Erst mit der Schaffung der GK Awtodor nimmt die PPP-Strategie jedoch Gestalt an. Regionale Projekte In den Regionen stehen darüber hinaus noch eine Reihe weiterer Megaprojekte an. Die Stadtverwaltung von Sankt Petersburg etwa erhöht Jahr für Jahr den Etat für die Sanierung und den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Aus gutem Grund: Laut dem Komitee für Verkehrswesen der Stadt gelten 36% der bestehenden Straßen als unfallgefährdet. Allein für die Behebung der Straßenschäden durch den strengen Winter 2009/2010 waren rund 500 Mio. Euro nötig. In der Hafenstadt stehen aber auch große neue Projekte an, so etwa der Bau des rund 1 km langen Orlowski-Tunnels unter dem Fluss Newa. Rund 60.000 Autos und Lkw sollen den Tunnel Tag für Tag nutzen können. Baubeginn soll noch im Jahr 2011 sein, die Projektkosten werden auf 47,7 Mrd. Rubel beziffert. Neuesten Angaben zufolge soll die Finanzierung von der Stadt Sankt Petersburg, aus dem Föderalen Budget sowie von einem privaten Investor gestemmt werden. Die Stadtverwaltung von Sankt Petersburg hat zudem bereits klare Vorstellungen von den Gebühren für die einmalige Nutzung: Pkw-Fahrer sollen 23 Rubel und Lkw-Fahrer 45 Rubel bezahlen müssen. Die Konzession läuft 30 Jahre lang. Den Zuschlag für den Bau eines westlichen Teils der Ringstraße um Sankt Petersburg von der Kalinin-Straße bis zum Verkehrskreuz am Fluss Jekateringof hat die Gesellschaft OAO Mostootrjad N19 für sich entschieden. Die Kosten belaufen sich auf 4,1 Mrd. Rubel. Dies ist der dritte Bauabschnitt. Der erste wurde zwischen September 2005 und Oktober 2008 vollendet, am zweiten wird voraussichtlich bis Ende 2010 gearbeitet. In Moskau, das nicht minder von Verkehrschaos und Megastaus heimgesucht wird als Sankt Petersburg, sollen in den nächsten Jahren auf sämtlichen Ausfallstraßen aus der Zwölfmillionenmetropole die Ampeln verschwinden. An deren Stelle werden Über- und Unterführungen gebaut. Dafür zuständig ist das Departament doroschno-mostowogo stroitelstwa (Abteilung für den Straßenund Brückenbau). 18 Modernisierungsoffensive in Russland Im Jahr 2010 will die Abteilung für Wirtschaftspolitik und Stadtentwicklung der Stadt Moskau (www.depir.ru) 37 Mrd. Rubel in die Modernisierung und den Ausbau des Straßennetzes investieren. Im Mittelpunkt stehen die Straßen Svenigorodski Prospekt, Leningradskoje Chaussee und der vierte Transportring von der Chaussee Enthusiastov zur Ismailovskoje Chaussee. Finanziert werden diese Projekte aus dem kommunalen Haushalt. In der Moskauer Nachbarregion Wladimir sollen bis 2015 mehr als 39 Mrd. Rubel in die Entwicklung des Straßennetzes investieren werden. Rund 30 Mrd. Rubel fließen in die Rekonstruktion und den Neubau von regionalen und föderalen Straßen einschließlich mehrerer Brücken. Für weitere 9 Mrd. Rubel will die Gebietsverwaltung kommunale Straßen sanieren oder neu bauen. Im Gebiet Kaliningrad entsteht seit 2008 eine 200 km lange Ringstraße, die die Gebietshauptstadt Kaliningrad, den Flughafen Chrabrowo, die Kurorte Swetlogorsk und Seljonogorsk, sowie die Seehäfen Pionersk und Baltijsk miteinander verbinden soll. Ein 26 km langes Teilstück wurde bereits 2009 fertig gestellt. Die Bauarbeiten sollen bis 2015 dauern. Die Kosten für die Trasse, auf der eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h möglich sein soll, belaufen sich auf 38 Mrd. Rubel. Generalauftragnehmer ist die Sankt Petersburger Firma Wysokokatschestwennye Awtomobilnye dorogi. Auch in den sibirischen Urlaubsregionen im Altai-Gebirge wird in den nächsten Jahren eifrig gebaut. Premierminister Wladimir Putin hat Mitte April bekannt gegeben, dass in den beiden Kurorten Altaiskaja dolina sowie in der Republik Burjatien zwischen 2010 und 2013 die Infrastruktur für jeweils 7 Mrd. Rubel ausgebaut werden soll - ein großer Teil davon fließt in den Straßenbau. 1.1.3 Kontaktanschriften Rosawtodor Federalnoje doroschnoje agentstwo ministerstwa transporta Rossiskoi Federazii (Föderale Straßenagentur des Transportministeriums der Russischen Föderation) ul. Botschkowa 4, 129085 Moskau Tel.: 007 495/687 90 54; Fax: -686 15 50 E-Mail: [email protected], Internet: www.rosavtodor.ru (Auf der Homepage unter dem Unterpunkt „Torgi“ finden sich Ausschreibungen und Projektinfos über den Bau föderaler Straßen oder Brücken und manchmal sogar über die Modernisierung städtischer Straßennetze.) GK Awtodor Die gesamte Strategie des Staatsunternehmens Awtodor gibt es kostenlos bei Anfrage unter E-Mail: [email protected]. Vinci 1, cours Ferdinand de Lesseps, 92851 Rueil-Malmaison Cedex, Frankreich Tel.: 033 1/47 16 35 00, Fax: -47 51 91 02 (einer der Konzessionäre zum Bau eines Teilstücks der neuen Autobahn von Moskau nach Sankt Petersburg) Germany Trade & Invest www.gtai.de 19 Infrastruktur Eurovia 18, place de l’Europe, 92565 Rueil-Malmaison cedex, Frankreich Tel.: 033 1/47 16 38 00, Fax: -47 16 38 01 E-Mail: [email protected], Internet: www.eurovia.fr (einer der Konzessionäre zum Bau eines Teilstücks der neuen Autobahn von Moskau nach Sankt Petersburg) Regierung der Stadt Moskau Department für Straßen- und Brückenbau Nikitski pereulok 5, 125009 Moskau Internet: www.mos.ru Ansprechpartner: Alexandr Lewtschenko (Abteilungsleiter, Tel.: 007 495/956 64 83), Wladimir Resin (1. Stellv. Oberbürgermeister und Leiter der Bauabteilung; Tel: 007 495/957 95 98, Fax: -956 81 40, E-Mail: [email protected]) Ausschreibungen zu Projekten in Wladimir etwa finden sich auch auf der Homepage www.goszakupki.avo.ru (nur auf Russisch). Darunter sind sogar Ausschreibungen über Ausbesserungsarbeiten von Bürgersteigen, den Einkauf von Transportmitteln oder die Sanierung von Brücken. OAO Mostootrjad N19 Prospekt Lenina 77a, 198320 Sankt Petersburg Tel.: 007 812/741 19 27, Fax: -741 70 03 E-Mail: [email protected], Internet: www.mo19.ru Administration des Gebietes Wladimir Department für Transport und Straßenwirtschaft Prospekt Oktjabrskij 21, 600000 Wladimir Internet: www.dtdx.avo.ru Ansprechpartner: Alexandr Romanenko (Direktor des Departments, Tel.: 007 4922/32 49 97, E-Mail: [email protected]) Wysokokatschestwennye awtomobilnye dorogi Pr. Graschdanski 122/5, 195267 Sankt Petersburg Tel.: 007 812/328 89 80, Fax: -324 63 81 E-Mail: [email protected], Internet: www.zaovad.com Ministerium für Wirtschaft und Regionalentwicklung des Krasnojarski krai Prospekt Mira 110, 660009 Krasnojarsk Tel: 007 391/249 33 63, Fax: -221 00 82 Internet: www.krskstate.ru/econom (Das Wirtschaftsministerium koordiniert die Finanzierung des Brücken-Projekts über den Jenissej.) 20 Modernisierungsoffensive in Russland 1.2 Schienenwege 1.2.1 Zustand Das russische Schienennetz ist 86.000 km lang, davon sind rund 37.000 km zwei- oder mehrspurig. Etwas mehr als die Hälfte der russischen Eisenbahnlinien ist elektrifiziert. Dies führt auf manchen Strecken zu erheblichen Verzögerungen, weil mehrfach zwischen E- und Diesellokantrieb gewechselt werden muss. Viele Städte - selbst im Umkreis von Moskau - sind nicht an die Eisenbahn angeschlossen. Noch unterentwickelter ist das Gleisnetz in Gebieten außerhalb des europäischen Kontinents - in Sibirien oder dem Fernen Osten. Die russischen Bahnverbindungen befinden sich im Besitz der russischen Staatsbahn RZD. Dasselbe gilt für die meisten Lokomotiven. Nur bei Frachtwaggons gibt es einen teilweise privatisierten Markt. Der größte private Anbieter von Güterfrachttransporten ist Globaltrans (www.globaltrans.ru). Das Unternehmen verfügt über 21.000 Waggons. Daneben gibt es die RZD-Tochtergesellschaften OAO Perwaja grusowaja kompanija (www.pgkweb.ru) und OAO TransContainer (www.trcont.ru). Auch große Rohstoffkonzerne besitzen eigene Fuhrparks. In entlegenen Regionen Russlands bauen sie Schienenstrecken auf eigene Kosten, treten nach Fertigstellung allerdings die Eigentumsrechte an die RZD ab. So nimmt es nicht Wunder, dass neue Eisenbahnverbindungen oft von russischen Industriekonzernen finanziert werden. Kennzahlen zum russischen Schienenverkehr Schienennetz und 1990 1995 Waggonpark Öffentliches Schienen88 87 netz, in 1.000 km Güterwaggons, in 1.000 k.A. 368 Stück 2000 2005 2006 2007 2008 86 85 85 85 86 464 499 512 526 507 Quelle: Föderaler Statistikdienst der Russischen Föderation 1.2.2 Projekte und Geschäftschancen Zwischen 2010 und 2015 sollen laut dem föderalen Zielprogramm für den Eisenbahntransport knapp 3.000 km Eisenbahnstrecke neu gebaut werden, 2.700 km werden elektrifiziert. Dafür sollen rund 6.270 Mrd. Rubel investiert werden - von staatlicher Seite und privaten Investoren. Die russische Eisenbahn, einer der wichtigsten Bauherren, erwartet dafür bis 2015 aus dem Staatsbudget einen Zuschuss von 400 Mrd. Rubel. Die russische Staatsbahn RZD will zwischen 2010 und 2012 rund 855 Mrd. Rubel in die Erneuerung und Entwicklung der Bahninfrastruktur und des Fuhrparks investieren. Allein für 2010 sind knapp 300 Mrd. Rubel vorgesehen. Zu den Pflichtaufgaben zählen die Modernisierung und der Ausbau der Bahninfrastruktur in Sotschi. Eine neue Eisenbahnverbindung von Adler nach Krasnaja Poljana, Frachtterminals und Bahnhofsgebäude - diese Projekte haben für die RZD absoluten Vorrang. Germany Trade & Invest www.gtai.de 21 Infrastruktur Außerdem will die russische Staatsbahn den Containertransport auf der Transsibirischen Eisenbahnlinie massiv beschleunigen, um vom steigenden Warenaustausch zwischen China und Westeuropa zu profitieren. Bisher ist die Bahn auf der 9.000 km langen Strecke elf Tage unterwegs. Künftig sollen die Containerzüge nur noch sieben Tage benötigen. Während die Züge 2009 mit einer maximalen Geschwindigkeit von 80 km/h unterwegs waren und im besten Fall 1.100 km pro Tag zurücklegen konnten, sollen es 2012 bereits 1.400 km bei einer Maximalgeschwindigkeit von 90 km/h sein. Bis 2015 sollen bei einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h bis zu 1.500 km am Tag zu schaffen sein. Die geplante Bahnverbindung Belkomur von Archangelsk über Syktywkar nach Perm ist auf die Zeit zwischen 2016 und 2030 verschoben worden. Hintergrund: Dem Investor, Rossiskije Shelesnye dorogi fehlt im Augenblick die Kraft, das Milliardenprojekt zu finanzieren. Auf zwei zusammen knapp 800 km langen Bauabschnitten soll eine neue Verbindung zwischen Sibirien und den Häfen Archangelsk und Murmansk entstehen - sie wäre 800 km kürzer als die bisherige Route über Moskau. Wie die russische Nachrichtenagentur PrimeTass meldete, soll die deutsche DB International GmbH an dem Bau beteiligt sein. Das Projekt kostet 100 Mrd. Rubel. Das größte Eisenbahnprojekt in Sibirien ist die Strecke von Tommot nach Nischni Bestjach. Generalauftragnehmer: Holding Transstroi. Rund 670 km der insgesamt 850 km langen Strecke haben das Unternehmen und seine Unterauftragnehmer bereits fertig gestellt. Der Bau soll bis 2013 abgeschlossen sein. Dabei greift der Infrastrukturentwickler regelmäßig auf die Hilfe ausländischer Partner zurück, so Jelena Gurjanowa, zuständig bei Transstroi für die Öffentlichkeitsarbeit: „Vor allem dann, wenn es um besonders schwierige Arbeiten geht“. Der Ausbau der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Sankt Petersburg und Helsinki befindet sich in einem fortgeschrittenen Stadium - bis 2011 soll die Verbindung fertig gestellt sein. Die Gesamtkosten des Projekts belaufen sich auf knapp 80 Mrd. Rubel. Die Russische Staatsbahn hat davon etwa weniger als 52 Mrd. Rubel zu schultern. Der Schnellzug soll künftig nur noch 3,5 Stunden für die gesamte Strecke benötigen, davon eineinhalb Stunden auf russischem Boden. Für die Zukunft wird über weitere Hochgeschwindigkeitsverbindungen nachgedacht. Geprüft werden beispielsweise die Routen Moskau-Tula-Kursk (eventuell ab 2014-2015) und Moskau-MinskBrest (Kooperation mit der Belorussischen Eisenbahn; Teil des Ost-West-Korridors Berlin-Warschau-Minsk-Moskau-Nishnij Nowgorod). Premierminister Putin schlug im April 2010 vor, die Millionenstädte Sibiriens - Nowosibirsk, Krasnojarsk, Omsk - mit Schnellzügen zu verbinden. 22 Modernisierungsoffensive in Russland Geplante Bahnprojekte in der Russischen Föderation Projektbezeichnung Zeitraum Investitionssumme (in Mrd. Rubel) Ausbau der Strecke von Bau von 43,9 Mga nach Iwangorod, 2010 bis 2012 Schienenanschluss an Häfen am finnischen Meerbusen Elektrifizierung der Strecke Ulan Ude - Nauschki Projektierung bis 2014; Elektrifizierung bis 2015 10,4 Brückenübergang über den Fluss Lena im Gebiet der Stadt Jakutsk Bau von 2013 bis 2015 50,0 Bau einer Schnellstrecke von Moskau nach Sankt Petersburg Vorbereitung des Projektes bis 2011 30 Mrd. US$ Bau der Strecke Polunotshnoe - Salechard Bau der Strecke Salechard - Nadym Bau von 2012 bis 2015 Bau seit März 2010 bis 2014 148,2 Brückenübergang über den Fluss Ob im Gebiet der Stadt Salechard Bau von 2010 bis 2015 56,7 Bau der Strecke Bijsk Gorno Altajsk Bau der nordsibirischen Eisenbahnstrecke und Entwicklung der Region Nishnij Priangarja Bau von 2014 bis 2015 Projektierung bis 2015 25,6 65,2 14,7 Anmerkungen / Internet Strecke wird über die Städte Gatschina und _Weimarn verlaufen, allein zwischen 2010 und 2012 investiert RSchD 20,9 Mrd. Rubel Die Strecke wird die Transsibirische Eisenbahn mit der Ulan-Bator-Eisenbahn in die Mongolei verbinden Die Brücke ist für den Schienenverkehr auf einem Fahrgleis und zweispurigen Straßenverkehr ausgelegt. Länge des Übergangs: 3.200 m Auf der neuen Strecke soll eine Spitzengeschwindigkeit von 400 km/h erreicht werden Strecke verläuft über die Stadt Obskaja Finanzierung über den Investitionsfonds der Russischen Föderation und private Investoren; Generalauftragnehmer sind Jamaltransstroi (www.yamaltransstroy.com) und Mostostroi (www.ms12.ru) Die Brücke ist für den Schienenverkehr auf einem Fahrgleis und zweispurigen Straßenverkehr ausgelegt. Die 2.440 m lange Brücke ist nicht elektrifiziert Länge der neuen Strecke beträgt 115 km Gesamtlänge der neuen Strecke beträgt 2002 km Germany Trade & Invest www.gtai.de 23 Infrastruktur Geplante Bahnprojekte in der Russischen Föderation (Fortsetzung) Projektbezeichnung Zeitraum Investitions- Anmerkungen / Internet summe (in Mrd. Rubel) Bau der Strecke Selchin Projektierung 10,9 Gesamtlänge der neuen Nysch bis 2015 Strecke beträgt 582 km Bau der Strecke ProchoBau von 55,9 Gesamtlänge der neuen rowka - Shurawka 2010 bis 2013 Strecke beträgt 748 km Tshertkowo - Batajsk Projektierung der Strecke Abschluss der 31,7 Gesamtlänge der neuen für Schnellzüge Moskau Projektierung Strecke beträgt 659 km; Sankt Petersburg 2010 Entscheidung über Dauer der Bautätigkeiten wird nach Abschluss der Projektierungsphase getroffen Entwicklung des MosBau von 39,4 kauer Transportknotens 2010 bis 2015 Bau einer Umleitung des Bau von 11,6 Gesamtlänge der neuen Saratowsker Eisenbahn2013 bis 2014 elektrifizierten Strecke knotens beträgt 37,5 km Bau einer Umleitung des Bau von 170,0 Gesamtlänge der neuen Omsker Eisenbahnkno2013 bis 2015 elektrifizierten Strecke tens beträgt 295 km Bau einer Umleitung des Bau bis 2015 75,4 Gesamtlänge der neuen Jaroslawsker Eisenbahnelektrifizierten Strecke knotens beträgt 27 km Umbau der Strecke im. Bau seit 71,5 Gesamtlänge der neuen M.Gorkogo -Krymskaja 2007 bis 2014 elektrifizierten Strecke mit Umleitung des Krasbeträgt 72 km; Trasse wird nodarsker Eisenbahnüber Kotelnikowo und Tiknotens chorezkaja verlaufen Bau einer Umleitung des Bau von 10,5 Gesamtlänge der neuen Tschitinsker Eisenbahn2014 bis 2015 elektrifizierten Strecke knotens beträgt 27 km Umbau der EisenbahnProjektierung 17,1 Länge des Tunnels beträgt tunnels unter dem Fluss bis 2012; 7,2 km Amur in der Nähe der Umbau von Stadt Chabarowsk 2013 bis 2015 Abschluss der BauarbeiBau von 23,8 Generalauftragnehmer ist ten an der Strecke Tom2010 bis 2013 das Unternehmen Transmot - Jakutsk (Nischnyi stroi (www.transstroy.ru) Bestjach) Modernisierung von 2010 bis 2015 30 70% der InvestitionssumBahnhöfen in ganz me soll von privaten InvesRussland toren bereit gestellt werden Moskauer Metro 2010 8,0 2010: zwei neue Stationen, 3 km neue Schienen und 100.000 Überwachungskameras; 2011: 3 neue Stationen; 2012: 1 neue Station (www.mosmetro.ru) 24 Modernisierungsoffensive in Russland Geplante Bahnprojekte in der Russischen Föderation (Fortsetzung) Projektbezeichnung Zeitraum Investitions- Anmerkungen / Internet summe (in Mrd. Rubel) Bau des ersten Teils eines 2010 bis 12,0 bis 14,0 Unterirdische U-Bahn U-Bahn-Expresses in etwa 2013 vom Flughafen Pulkowo Sankt Petersburg bis zum Moskowskij Woksal im Stadtzentrum von Sankt Petersburg mit 6 bis 7 Stationen Metrobau in Samara 1. Etappe: 4,6 Die Hauptarbeiten begin2010 bis 2016, nen ab 2013. Auftragsver2. Etappe: gabe und Projektkoordi2017 bis 2020 nation übernimmt das Ministerium für Bau und Kommunalwesen des Gebietes Samara (www.minstroy.samara.ru) *) Die Projektliste mit detaillierter Aufschlüsselung aller geplanten Maßnahmen (in russischer Sprache) erhalten Sie kostenlos auf Anfrage bei Germany Trade and Invest unter E-Mail: [email protected]. Quellen: Transportministerium der Russischen Föderation, Recherchen von Germany Trade and Invest, Unternehmenspläne zitiert bei Wedomosti, Rbk daily, Prime Tass, Expert und Kommersant Die Siemens AG wird - nach einer am 15. Juli 2010 in Jekaterinburg unterzeichneten Vorvertrag)mit der russischen Eisenbahn RZD - bis 2026 insgesamt 22 Rangierbahnhöfe modernisieren und in den nächsten zehn Jahren 240 Regionalzüge im Wert von 2,2 Mrd. Euro liefern. Bei den Zügen handelt es sich um eine spezifische Version des Desiro, der ab 2012 in Russland gefertigt werden soll. Dafür plant Siemens ein gemeinsames Unternehmen mit der RZD-Tochter Aeroexpress. Siemens setzt verstärkt auf die Produktion in Russland. Bereits im Mai 2010 hatte der Industriekonzern gemeinsam mit der russischen Holding OAO Sinara Transport Machines eine Bestellung über 221 GüterzugLokomotiven im Wert von 42 Mrd. Rubel von der russischen Bahn erhalten. Die Loks werden im Joint-Venture beider Unternehmen „Uralskije lokomotivy“ gefertigt. Alstom (Frankreich) liefert die Schnellzüge „Allegro“ (Pendolino SM6) für die Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Sankt Petersburg und Helsinki. Bereits im Jahr 2009 hatte Alstom eine Vereinbarung über strategische Partnerschaft mit dem größten Lok- und Waggonbau-Unternehmen Russlands, ZAO Transmaschholding (TMH), geschlossen. Ende Mai 2010 erhielt die Transmaschholding von der russischen Bahn einen Auftrag über die Lieferung von 200 innovativen Passagier-Elektrolokomotiven vom Typ EP20 im Zeitraum 2012 bis 2020. Dieser Auftrag ist rund 1 Mrd. Euro (ohne MWSt) schwer. Die Lokomotiven werden in einem gemeinsamen Ingenieurbüro von TMH und Alstom konstruiert und im Nowotscherkassker Elektrolokomotiven-Werk gebaut. Deutsche Zulieferer sollten sich an die westlichen Joint-Venture-Partner oder an die Geschäftsführungen der russischen Lokomotiv- und Waggonbauwerke wenden. Auch Bombardier ist in den russischen Eisenbahn-Markt eingestiegen. Anfang Juli 2010 gewann das kanadische Unternehmen die Ausschreibung eines Aktienpakets (50% minus zwei Aktien) von Elteza, einer auf Eisenbahnautomatik, Fernmechanik und Kommunikation spezialisierten Tochterfirma der RZD. Die Auswahl erfolgte entsprechend den Geschäftsplänen von Elteza, die auf zehn Jahre ausgelegt und für die ersten drei Jahre bereits detailliert sind. RZD plant für den Zeitraum zwischen 2010 und 2012 den Verkauf von Aktien von mehr als 30 Tochterfirmen. Dadurch bieten sich weitere Möglichkeiten, im russischen Markt Fuß zu fassen. Germany Trade & Invest www.gtai.de 25 Infrastruktur 1.2.3 Kontaktanschriften OAO Rossiskije Schelesnye Dorogi (RZD) Nowaja Basmannaja uliza 2, 107174 Moskau Tel.: 007 495/262 99 01 E-Mail: [email protected], Internet: www.rzd.ru Vizeabteilungsleiter Investitionstätigkeiten: Dmitri Muchin (Tel.: 007 495/262 02 43) Abteilungsleiter Internationale Beziehungen: Sergej Molgin (Tel.: 007 495/262 16 28) Vizeabteilungsleiter Elektrifizierung und Elektroversorgung: Viktor Losev (Tel.: 007 499/262 50 33) Abteilungsleiter Bauwesen: Aleksei Tichonov (Tel.: 007 499/262 64 07) Rosscheldorprojekt ul. Kalantschewskaja 29, 107078 Moskau Tel.: 007 495/663 00 60, Fax: -663 00 61 E-Mail: [email protected], Internet: www.rzdp.ru (Projektierung und Bau von Eisenbahnstrecken und Hochgeschwindigkeitsstrecken) Rostransmodernisazija uliza Roschdestwenka 1, 103759 Moskau Tel: 007 499/262 82 42, Fax: -262 70 32 E-Mail: [email protected], Internet: www.ppp-transport.ru Kontakt: Igor Sjablizki (Geschäftsführer) (staatlicher Auftraggeber zur Umsetzung des Föderalen Programms der Modernisierung des Russischen Transportsystems) Ministerstwo stroitelstwa i schilischno-kommunalnogo chosjaistwa Samarskoj oblasti (Ministerium für Bau und Kommunalwesen des Gebietes Samara) ul. Samarskaja 146a, 443010 Samara E-Mail: [email protected], Internet: www.minstroy.samara.ru 26 Modernisierungsoffensive in Russland 1.3 Flughäfen 1.3.1 Zustand In Russland gibt es 329 Flughäfen, davon 71 internationale. Die meisten Airports befinden sich laut Luftfahrtbehörde Rosaviazija in einem schlechten Zustand. In der Tat entsprechen nur die wenigsten von ihnen westlichen Standards. Die meisten Start- und Landebahnen sind 20 Jahre alt - oder noch älter. Um die Defizite zu beheben, seien Jahr für Jahr Investitionen von 65 Mrd. bis 70 Mrd. Rubel nötig, heißt es bei Rosaviazija. Kennzahlen rund um die Luftfahrt (jeweils zum Jahresende; in 1.000 km) Kennziffer 1990 1995 2000 2005 2006 Passagierzahlen (Mio.) 91 32 23 37 40 Passagiertransport (Mrd. 159,5 71,7 54,0 85,8 93,9 Passagier-km) Flugzeuge (1.000 Stück) k.A. 8,0 6,5 5,5 5,6 2007 47 111,0 2008 51 122,6 5,6 5,9 Quelle: Föderaler Statistikdienst der Russischen Föderation 1.3.2 Projekte und Geschäftschancen Für das Jahr 2010 erwartet der russische Vize-Transportminister ein Plus bei den Passagierzahlen von 14 bis 15% im Vergleich zum Jahr 2009. Die Passagierzahlen werden voraussichtlich auf über 80 Mio. und die zurückgelegten Passagierkilometer auf über 200 Mrd. steigen. Die anstehenden Investitionen in die Infrastruktur der russischen Flughäfen werden dieser Entwicklung allerdings kaum gerecht. Für das Jahr 2010 sind im Budget der Russischen Föderation 24,3 Mrd. Rubel für die Modernisierung von Flughäfen vorgesehen - fast zwei Drittel weniger, als ursprünglich geplant. Dies ist zu wenig, um die ambitionierten Ziele aus dem strategischen Entwicklungsprogramm bis 2015 in vollem Umfang zu erreichen. Danach sollen in den kommenden fünf Jahren rund 1,25 Billionen Rubel investiert werden: knapp 300 Mrd. Rubel vom russischen Staat, 928 Mrd. Rubel von privaten Investoren und 28 Mrd. Rubel von den Regionen. Im laufenden Jahr 2010 fließen aus dem Staatshaushalt 7 Mrd. Rubel in den Flughafen Sotschi und 3,6 Mrd. Rubel nach Wladiwostok. Die Moskauer Flughäfen erhalten 4,9 Mrd. Rubel. Dagegen bekommen 13 Flughäfen im Fernen Osten und der Baikal-Region zusammen lediglich 2,3 Mrd. Rubel. In Wladiwostok wird der gesamte Flughafen in Vorbereitung auf den APEC-Gipfel 2012 umgebaut. Unter anderem soll bis Herbst 2011 ein neues Passagierterminal (Bruttogeschossfläche: 43.000 qm) errichtet werden. Den Zuschlag für diesen Auftrag mit einem Volumen von rund 105 Mio. Euro hat Hochtief erhalten. Als Generalauftragnehmer fungiert die OOO Korporazija Inshtransstroj. Auftraggeber ist ein internationales Konsortium, zu dem die Betreibergesellschaft des größten Moskauer Flughafens, Scheremetjewo International Airport (Anteil: 50%), gehört. Germany Trade & Invest www.gtai.de 27 Infrastruktur Das Konsortium Northern Capital Gateway übernimmt die Entwicklung, Modernisierung und den Betrieb (Konzession für 30 Jahre) des Flughafens Pulkowo in Sankt Petersburg. Konsortialpartner sind die russische VTB Bank (57,5%), Fraport (35,5%) und die griechische Copelouzos Gruppe (7%). Im Vordergrund stehen der Neubau eines Passagierterminals, die Erweiterung der Vorfeldflächen und die Modernisierung der weiteren Flughafeninfrastruktur. Bereits im Sommer 2010 soll der Grundstein für das neue Terminalgebäude gelegt werden, das bis Ende 2013 fertiggestellt sein soll. Insgesamt werden fast 1 Mrd. Euro investiert, dabei kommen von Fraport nach Unternehmensangaben einschließlich Garantien etwa 170 Mio. Euro. Der Flughafen Pulkowo ist mit 6,8 Mio. Passagieren im Jahr 2009 der viertgrößte russische Flughafen. Die größte private russische Flughafenbetreiber-Gesellschaft Novaport will in den nächsten Jahren sechs Regionalflughäfen übernehmen. In die Airports, an denen das Unternehmen bereits Anteile hält, will Novaport 2010 und 2011 über 1 Mrd. Rubel investieren. Davon fließen 52 Mio. Rubel in den Umbau des Kraftstoff-Komplexes am Flughafen Tolmatschewo in Nowosibirsk. Das Unternehmen lässt für 250 Mio. Rubel ein neues Vorfeld bauen und erwirbt neue Flughafentechnik. Außerdem soll für 80 Mio. Rubel der zweite Bauabschnitt des neuen Frachtterminals abgeschlossen werden. An den Flughäfen Tscheljabinsk, Tomsk und Tschita sollen unter der Regie von Novaport neue Tankanlagen entstehen. Flughafenprojekte in der Russischen Föderation 1) Projektbezeichnung Zeitraum InvestitionsBauarbeiten summe in Mrd. Rubel Modernisierung des Flug- 2010 bis 2013/ 38-39 hafens Pulkowo (Sankt 2015 Petersburg) 28 Rekonstruktion des Flughafens Domodedowo (Moskau) 2010 bis 2015 37,0 Rekonstruktion und Erweiterung des Flughafens Scheremetjewo (Moskau) 2010 bis 2014 35,1 Modernisierungsoffensive in Russland Anmerkungen / Internet Neubau eines Passagierterminals, Erweiterung der Vorfeldflächen, Modernisierung der weiteren Flughafeninfrastruktur (www.pulkovoairport.ru) Verlängerung der zweiten Start- und Landebahn, Ausbau der Passagierterminals, etc. (www.domodedovo.ru) Modernisierung Terminal 1; Bau eines BusinessTerminals für 500 Mio. Rubel durch das Unternehmen Avia-Grupp (www.avia-group.ru); Auftragnehmer für die Sanierung der Landebahn, Rollfeld, Tower, etc.: Transstroy (www.transstroy.ru) Flughafenprojekte in der Russischen Föderation 1) (Fortsetzung) Projektbezeichnung Zeitraum Investitions- Anmerkungen / Internet Bauarbeiten summe in Mrd. Rubel Entwicklung des Flugha2010 bis 2014 28,0 Verlängerung der ersten fens Wnukowo (Moskau) Start- und Landebahn, neue Straßen auf dem Flughafengelände, neue Zugangskontrollen, etc. (www.vnukovo.ru); Generalauftragnehmer für Passagierterminal und Straßen rund um Wnukowo: Transstroi (www.transstroy.ru) Rekonstruktion/ 2010 bis 2012 25,9 Umbau und Verlängerung Ingenieurbau des Flugzweier Start- und Landehafens Sotschi bahnen; Vorfeld, etc.; (Region Krasnodar) 19. Mrd. Rubel aus Staatskasse (www.apsochi.ru) Ausbau des Flughafens 2009 bis 2012 k.A. Neubau der Start- und Knevichy in Wladiwostok Landebahn bis August (Primorskij kraj) 2010, Erneuerung der Flugbefeuerung bis November 2010, Bau eines neuen Passagierterminals bis 31.10.2011 durch Hochtief AG; Generalauftragnehmer: OOO Korporazija Inshtransstroj (www.engtransstroy.com); (http://www.vvo.aero/) Bau des Flughafens 2011 bis 2015 25,0 Verlegung des Flughafens Juschni (Rostow) aus dem Stadtzentrum an den Stadtrand als „A-Klasse-Flughafen“; 10 Mrd. Rubel kommen aus dem föderalen und regionalen Budget; Info bei der Agentur für Investitionsentwicklung des Rostow/Don Gebiet (www.ipa-don.ru) Rekonstruktion des Flug2010 bis 2012 21,4 Terminalumbau für 150 hafens Kolzowo Mio. Rubel bis 2011, Mo(Jekaterinburg) dernisierung der Startund Landebahn, etc. (www.koltsovo.ru) Germany Trade & Invest www.gtai.de 29 Infrastruktur Flughafenprojekte in der Russischen Föderation 1) (Fortsetzung) Projektbezeichnung Zeitraum Investitions- Anmerkungen / Internet Bauarbeiten summe in Mrd. Rubel Rekonstruktion/Inge2010 bis 2014 20,5 Sanierung Vorfeld, neue nieurbau des Flughafens Lagerhalle, etc. Jakutsk (www.airport-yakutsk.ru) Rekonstruktion des Flug2013 bis 2015 16,8 umfangreiche Kapazitätshafens Tolmatschewo erweiterungen (Nowosibirsk) (www.tolmachevo.ru) Rekonstruktion des Flug2010 bis 2013 16,1 u.a. Verlängerung einer hafens Kurumotsch (SaStart- und Landebahn auf mara) 3.500 m, Umbau des Passagierterminals (www.airport.samara.ru) Erweiterung und Moder2013 bis 2015 15,8 davon 6,9 Mrd. Rubel aus nisierung des Flughafens föderalem Budget; Nowyi (Chabarowsk) (www.airkhv.ru) Flughafenbau Irkutsk 2010 bis 2015 15,7 neues Flughafengelände mit Landebahn, Tower, etc. (www.iktport.ru) Renovierung/Ingenieur2010 bis 2013 13,9 Rekonstruktion der beiden bau am Flughafen PaschStart- und Landebahnen, kowski (Krasnodar) neue Beleuchtung (www.airport-krr.ru) Umbau Flughafenkom2013 bis 2015 11,9 Rekonstruktion beider plex Roschino (Tjumen) Landebahnen (www.tjm.aero) Erweiterung des Flug2014 bis 2015 11,3 u.a. Bau einer zweiten hafens Chrabrowo Start- und Landebahn (Kaliningrad) (www.airport-kaliningrad.ru) Rekonstruktion des Flug2013 bis 2015 11,1 Wegen der Universade hafens Kasan 2013 fordert Verkehrsmi(Republik Tatarstan) nister Lewitin Bauabschluss der Terminals 1A und 1B bereits 2012; mehrstöckiges Parkhaus sowie ein Catering-Gebäude geplant (www.airport.kasan.ru) Umbau des Flughafens 2010 bis 2014 10,2 Umbau des Vorfelds sowie Sokol (Magadan) der Start- und Landebahn etc. (www.airport-magadan.ru) Rekonstruktion des 2010 bis 2012 7,8 mehr als 50% der Kosten Flughafens Talagi trägt das föderale Budget (Archangelsk) (www.arhaero.ru) 30 Modernisierungsoffensive in Russland Flughafenprojekte in der Russischen Föderation 1) (Fortsetzung) Projektbezeichnung Zeitraum Investitions- Anmerkungen / Internet Bauarbeiten summe in Mrd. Rubel Bau des Flughafens 2010 bis 2016 7,5 Projektierung und BusiOmsk-Fjodorowka nessplan durch deutsches (Omsk) Konsortium Hochtief AG und Cushman&Wakefield soll Ende 2010 abgeschlossen werden (www.hochtief.de) Flughafenbau Zentralnyi 2010 bis 2013 7,4 Klasse-A-Flughafen mit (Saratow) neuer Start- und Landebahn; 5,2 Mrd. Rubel aus Staatskasse finanziert (www.saravia.ru) Flughafenbau Naltschik 2013 bis 2015 6,4 4,8 Mrd. Rubel aus dem föderalen Haushalt (www.elbrus-avia.ru) Bau und Rekonstruktion 2014 bis 2015 5,8 Neue Start- und LandeFlughafen Ignatjewo bahn wird vom Staat fi(Blagoweschensk) nanziert (www.amurair.ru) Umbau des Flughafens 2014 bis 2015 5,6 www.airaltay.ru Michailowo (Barnaul) Umbau des Flughafens 2014 bis 2015 4,4 Erweiterung des PassaSurgut gier- und Frachtvorfeldes, Modernisierung der Landebahn (www.airport-surgut.ru) Umbau des Flughafens 2010 bis 2012 4,3 www.anapa-airport.ru Anapa (Region Krasnodar) Umbau des Flughafens 2014 bis 2015 4,3 Die Start- und Landebahn Nowyi Urengoi soll auf Staatskosten, das Flughafengebäude mit privaten Mitteln modernisiert werden (www.nuoao.ru) Rekonstruktion/Inge2010 bis 2011 4,3 Bau von Stellplätzen für nieurbau des Flughafens Flugzeuge, neue Straßen Chomutowo innerhalb des Geländes, (Juschno-Sachalinsk) Umbau des Airport-Gebäudes; etc. (www.airportus.ru) Rekonstruktion des Flug2014 bis 2015 3,9 Landebahn, Beleuchtung, hafens Gornyj (Siedlung Vorfeld verbessern etc. Tura, Krasnojarski Krai) Modernisierung des Flug2014 bis 2015 3,8 Rekonstruktion Rollfeld, hafens Balandino Landebahn etc. (Tscheljabinsk) (www.aeroport-74.ru) Germany Trade & Invest www.gtai.de 31 Infrastruktur Flughafenprojekte in der Russischen Föderation 1) (Fortsetzung) Projektbezeichnung Zeitraum Investitions- Anmerkungen / Internet Bauarbeiten summe in Mrd. Rubel Rekonstruktion/Inge2010 bis 2012 3,6 Rekonstruktion des Vornieurbau des Flughafens feldes, der Zurollbahn soUitasch (Machatschkala) wie der Start- und Landebahn (www.dagair.ru) Modernisierung des Flug2011 bis 2012 3,5 www.airportufa.ru hafens Ufa Rekonstruktion des Flug- 1. Etappe 2010 70-80 Mio. Euro Modernisierung Passahafens Strigino bis 2012 (2,7-3,1 Mrd. Ru- gierterminal und Infra(Nischni Nowgorod) bel) struktur; Vorbereitung der Ausschreibung durch Hochtief Airport (www.nnov-airport.ru) 1) Die Original-Projektliste mit detaillierter Aufschlüsselung aller Maßnahmen (in russischer Sprache) erhalten Sie kostenlos auf Anfrage bei Germany Trade and Invest unter E-Mail: [email protected]; 2) für die Bauarbeiten Quellen: Transportministerium der Russischen Föderation, Recherchen von Germany Trade and Invest, Unternehmenspläne zitiert bei Wedomosti, Prime Tass und Kommersant 1.3.3 Kontaktanschriften Föderale Agentur für Lufttransport (Rosawiazija) Leningradski prospekt 37, korpus 2, 125993 Moskau Tel.: 007 499/231 50 09, Fax: -231 56 56 E-Mail: [email protected], Internet: www.favt.ru Novaport ul. 1-ja Frunsenskaja 3A, str. 6, 119146 Moskau Tel.: 007 495/242 04 00, Fax: -644 02 03 E-Mail: [email protected], Internet: www.novaport.ru Avia-Grupp Chimki, Moskowskaja oblast, Internationaler Flughafen Scheremetjewo Tel.: 007 495/578 50 00, Fax: -578 03 74 E-Mail: [email protected], Internet: www.avia-group.ru Flughafen Tolmatschjowo Aeroport Tolmatschjowo, 633104 Nowosibirskaja oblast, g. Ob E-Mail: [email protected], Internet: www.tolmachevo.ru Ansprechpartner: Alexandr Borodin (Generaldirektor; Tel.: 007 383/216 9228, Fax: -222 01 62) Flughafen Kolzowo ul. Sputnikow 6, 620910 Jekaterinburg Tel.: 007 343/264 42 02, Fax: -345 36 73 E-Mail: [email protected], Internet: www.koltsovo.ru 32 Modernisierungsoffensive in Russland 1.4 Häfen 1.4.1 Zustand Der Warenumschlag an den 66 russischen Seehäfen hat sich seit 2002 verdreifacht. Entsprechend intensiv haben die Hafenbetreiber ihre Verladekapazitäten erweitert, neue Terminals gebaut und Anschlüsse an die Bahn oder an föderale Straßen vorangetrieben. Laut Angaben von Verkehrsminister Igor Lewitin sind die Kapazitäten russischer Seehäfen allein im Jahr 2009 um 32 Mio. t gestiegen. Das Unternehmen Business Port prognostiziert für die russischen Seehäfen 2010 ein Plus beim Frachtumschlag von 5 bis 6%. Bereits 2009 ist dieser Sektor um satte 9,2% auf 497 Mio. t gewachsen nachdem der Frachtumschlag auf Schiene und Straße stark zurück gegangen war. Kennzahlen rund um die Schifffahrt in Russland (jeweils zum Jahresende) Kennziffer 1990 1995 2000 2005 2006 Länge Binnenschiff103 84 85 102 102 fahrtswege insgesamt (zum Jahresende, in 1.000 km) davon: für den Frachtverkehr 67 34 42 33 33 ausgebaute Schifffahrtswege (zum Jahresende, in 1.000 km) Hochseefrachtschiffe, k.A. 5.351 3.830 3.514 3.417 in Stück Binnenfrachtschiffe, k.A. 37,0 31,8 31,4 31,3 in 1.000 Stück Hochseepassagierk.A. 158 78 60 61 schiffe, in Stück Flusspassagierschiffe, k.A. 2,3 1,9 2,0 2,0 in 1.000 Stück 2007 102 2008 102 44 48 3.244 3.033 29,5 29,5 60 61 2,0 2,0 Quelle: Föderaler Statistikdienst der Russischen Föderation Germany Trade & Invest www.gtai.de 33 Infrastruktur Warenumschlag russischer Seehäfen 2009 (in Mio. t) Region/Hafen Warenumschlag 2009 Warenumschlag insgesamt, davon 496,9 Nordwest-Häfen 223,9 Primorsk 79,1 Murmansk 37,4 Wysozk 17,3 Ust-Luga 10,4 Großhafen Sankt Petersburg 50,4 Kaliningrad 12,4 Süd-Häfen 180,9 Noworossisk 123,6 Ejsk 4,3 Taman 10,8 Tuapse 18,4 Häfen in Fernost 92,1 Wanino 23,5 Nachodka 15,8 Wladiwostok 15,6 Wostotschnyi 18,9 Veränderung 2009/2008 in % 3,9 11,9 4,7 29,7 8,1 53,2 -16,0 -19,6 13,7 9,0 10,7 7,3 -5,1 14,6 13,9 3,8 4,7 -7,9 Quelle: Assoziazija morskich torgowych portow Die russische Binnenschifffahrt krankt an dem schlecht ausgebauten Schleusensystem. An manchen Stellen der Wolga, etwa bei Nischni Nowgorod, können die Wartezeiten zum Passieren der Schleusen bei bis zu drei Tagen liegen. Kein Wunder: Die meisten Dämme und Schleusen sind zwischen 50 und 70 Jahre in Betrieb. Außerdem fehlt es vielen Binnenhäfen an moderner Technik zum Be- und Entladen der Schiffe. Das traurigste Bild geben jedoch die Schiffe selbst ab. Bei einem Durchschnittsalter von mehr als 30 Jahren gelten sechs von sieben Frachtern als völlig abgenutzt. 1.4.2 Projekte und Geschäftschancen Seehäfen Während andere Transportarten zu Krisenzeiten extreme Einbußen verzeichneten, legte der Frachtumschlag auf Russlands Seehäfen gewaltig zu. Entsprechend dynamisch wachsen die Kapazitäten. Die Betreibergesellschaften blicken auf volle Auftragsbücher und investieren in neue Technik und in die Erweiterung der Kapazitäten. Deswegen rechnet das russische Verkehrsministerium in diesem Sektor in den Jahren 2010 bis 2015 mit 631 Mrd. Rubel Investitionen. Dank dieser Investitionen werden bereits 2010 an Russlands Seehäfen rund 30 Mio. t mehr verladen werden können als im Vorjahr, rechnet Verkehrsminister Igor Lewitin. Bis 2015 sollen die Umschlagskapazitäten sogar auf 770 Mio. t steigen. Das wäre das 1,5-Fache im Vergleich zu 2009. Die Pläne für neue Häfen und Terminals stehen. 34 Modernisierungsoffensive in Russland Auf dem Gelände des Terminals Juschnaja Oserejewka soll der größte Erdölhafen Russlands gebaut werden. Wenn es nach den Plänen des russischen Transneft-Konzerns geht, erhöhen sich die bestehenden Kapazitäten des Kaspiski Truboprowodnyi Konsortium von 33 Mio. auf 100 Mio. t. Transneft vertritt in dem Konsortium die russischen Interessen. Damit wäre der neue Komplex sogar größer als der Erdölhafen Primorsk mit Kapazitäten von 62,4 Mio. t. Die Investitionssumme beziffert Ingosstrach-Investizi-Analyst Jewgeni Schago auf 500 Mio. US$. Im Hafen Ust-Luga bei Sankt Petersburg wurden 2009 mehr als 10 Mio. t Waren umgeschlagen. Bis 2015 sollen die Kapazitäten so stark erweitert werden, dass 17 mal mehr Güter auf-, um- und abgeladen werden können. Seit 2008 sind die Bauarbeiten bereits im Gange, mittlerweile existieren sechs Terminals, im Augenblick wird ein Containerterminal errichtet, außerdem entstehen zwei Flüssiggaskomplexe. Im Herbst 2009 hat die Wneschekonombank den Kredit zur Finanzierung des Projektes auf 550 Mio. US$ erhöht. Der Erdölverarbeiter Mariski NPS im Gebiet Kaliningrad will 15 km von der Gebietshauptstadt entfernt einen Containerterminal bauen, in dem künftig nicht nur eigene Produkte (Kapazität von 220.000 t Polyethylen und Verpackungen aus diesem Kunststoff), sondern auch die anderer Unternehmen verladen werden sollen. Diese Pläne hat das Unternehmen im Frühling 2010 bekannt gegeben. Das Mariski NPS plant Kapazitäten von 800.000 TEU, Containerschiffe mit einer Kapazität von 20.000 t sollen an dem neuen Terminal be- und entladen werden können. Die erste Bauphase für 200.000 TEU könnte noch im 2. Halbjahr 2010 starten und 40 Mio. US$ kosten. Der zweite Bauabschnitt dürfte sich auf 60 Mio. US$ belaufen. Generalauftragnehmer ist Alkonafta. Der Murmansker Seehafen investiert nach umfangreichen Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten im Vorjahr auch 2010 wieder in neue Technik: Für mehr als 10 Mio. Euro sollen zwei neue Kräne und fünf Hubstapler angeschafft werden. Außerdem will die Hafengesellschaft zwei bestehende Kräne aufrüsten lassen. Projekte im Bereich Hochseehäfen in der Russischen Föderation Projektbezeichnung Zeitraum Investitions- Anmerkungen / Internet summe Massive Erweiterung des 2008 bis 2015 über Bau von Container- und Hafens Ust-Luga 2 Mrd. Euro Flüssiggasterminals; Kapazitätserweiterung auf 170 Mio. t; 20%-Beteiligung der deutschen Eurogate (www.ust-luga.ru) Neuer Hafen mit Contai2011 bis 2016 560 Mrd. Euro Investor: OOO Peregrusotner-, Kühl-, Metallschnyi punkt, Kapazitäterminal ten: 4 Mio. t/Jahr (www.p-punkt.ru) Neuer Hafen zum 2011 bis 2014 500 Mio. US$ Kapazitäten: 100 Mio. t Umschlag von Erdöl bei Erdöl pro Jahr; Noworossisk Germany Trade & Invest www.gtai.de 35 Infrastruktur Projekte im Bereich Hochseehäfen in der Russischen Föderation (Fortsetzung) Projektbezeichnung Zeitraum Investitions- Anmerkungen / Internet summe Containerterminal neben Baubeginn: 100 Mio. US$ Kapazität: 200.000 TEU Mariski NPS in Kalininevtl. schon nach erster Bauphase, grad 2. Halbjahr 2010 Erweiterung auf 800.000 TEU geplant; Bau übernimmt Alkonafta; (www.marnpz.ru) Multimodularer Binnen- Baubeginn 2011 313 Mio. Euro Projektierung: hafen in Dmitrow www.litiert.ru; Ansprechpartner: Waleri Arkuscha (E-Mail: [email protected]) Passagierterminal Hafen 2010 77 Mio. Euro DurchführungsgesellSankt Petersburg schaft: Morskoi Fasad; Kapazitätenerweiterung auf 1,2 Mio. Passagiere pro Jahr Verlade-Ausrüstung für 2010 10 Mio. Euro zwei neue Portalkräne soden Hafen Murmansk wie Modernisierung zwei bestehender Kräne; 5 neue Gabelstapler (www.portmurmansk.ru) (Um-)Bau von Infra2013 bis 2015 28,7 Mrd. Rubel davon 2,7 Mrd. Rubel aus strukturobjekten im dem föderalen Haushalt Hafen Wanino Rekonstruktion von sie2010 bis 2013 10 Mrd. Rubel private Investitionen ben Anlegestellen und Vertiefung der Fahrrinne und Liegeplätze in Wysozk Umbau föderaler Immo2010 bis 2013 1,4 Mrd. Rubel Finanzierung aus dem bilien am Hafen Sankt föderalen Haushalt Petersburg Rekonstruktion des 2010 bis 2015 23,6 Mrd. Rubel davon 10,5 Mrd. Rubel aus Sankt Petersburger Seedem föderalen Haushalt kanals sowie des Hafens Formung des Wasser2010 bis 2015 55,7 Mrd. Rubel davon 16,7 Mrd. Rubel aus beckens in Ust-Luga dem föderalen Haushalt; im nördlichen und südlichen Hafenteil Bau eines Flüssiggaster2010 bis 2015 12,5 Mrd. Rubel 3 Mrd. Rubel stellt die rusminals in der Küstenortsische Regierung zur Verschaft Teriberka fügung (Oblast Murmansk) 1. Bauetappe des Tief2010 bis 2015 knapp Kapazität: 6 Mio. Contaiwasserhafens Baltisk 100 Mrd. Rubel ner pro Jahr; 27,8 Mrd. Rubel aus dem föderalen Haushalt 36 Modernisierungsoffensive in Russland Projekte im Bereich Hochseehäfen in der Russischen Föderation (Fortsetzung) Projektbezeichnung Zeitraum Investitions- Anmerkungen / Internet summe Bau eines Hafens in Nabil 2014 bis 2015 7,4 Mrd. Rubel 800 Mio. Rubel aus dem auf der Insel Sachalin föderalen Haushalt Infrastrukturausbau Ha2014 bis 2015 13,2 Mrd. Rubel Projektierung bis 2013; fen Archangelsk 2,3 Mrd. Rubel aus föderalem Haushalt Infrastrukturausbau Ha2014 bis 2015 11,8 Mrd. Rubel 2,6 Mrd. Rubel aus dem föfen Kawkas deralen Haushalt *) Die Projektliste mit detaillierter Aufschlüsselung aller Maßnahmen (in russischer Sprache) erhalten Sie kostenlos auf Anfrage bei Germany Trade and Invest unter [email protected] Quellen: Transportministerium der Russischen Föderation, Recherchen von Germany Trade and Invest, Unternehmenspläne zitiert bei Wedomosti, Rbk daily, Prime Tass, Expert und Kommersant Binnenhäfen Für den Ausbau der innerrussischen Wasserstraßen, die Modernisierung der Häfen und die Aufstockung der Flotte sieht das föderale Entwicklungsprogramm bis 2015 Investitionen in Höhe von 206 Mrd. Rubel vor. Davon sollen über 40 Mrd. Rubel von privaten Investoren kommen. Ziel des Programms ist es, diejenigen Flussabschnitte des Schifffahrtsnetzes im Europäischen Teil Russlands, die nur eingeschränkt nutzbar sind, von 4.900 auf 900 km zu reduzieren. Der russische Staat verspricht sich dadurch einen enormen wirtschaftlichen Vorteil. Des Weiteren sollen Hafenanlagen renoviert, Gebäude instand gesetzt, Terminals modernisiert und mit neuer Technik ausgestattet werden. Außerdem sollen zwischen 2011 und 2015 knapp 100 neue Frachtschiffe erworben werden - teils privat finanziert, teils mit staatlicher Hilfe. Das russische Verkehrsministerium unterstützt den Plan, den Moskauer Nordhafen still zu legen und dafür im 60 km nördlich von Moskau gelegenen Dmitrow einen neuen multimodularen Hafen zu projektieren. Der Ausbau des 110 ha großen Geländes dürfte 12,2 Mrd. Rubel (313 Mio. Euro) kosten und 2011 beginnen. Es liegt nahe der Hauptstraße A 104 zwischen Sankt Petersburg und Moskau und befindet sich am Moskau-Kanal, nur drei Schleusentore von der Wolga entfernt. Daneben verläuft auch die Schienenstrecke zwischen den beiden größten Städten Russlands. Einen Gleisanschluss gibt es auf dem heutigen, 26 ha großen Gelände mitten in Moskau nicht. Geplant sind knapp 100.000 qm Lagerfläche für 133.000 Palletten, sagt der Leiter des Nordhafens Moskau, Waleri Arkuscha. Über 200 Lkw sollen tagtäglich auf dem Areal abgefertigt werden können. Etwas mehr als 40% der Kosten sollen vom Investitionsfonds der Russischen Föderation getragen werden, heißt es auf der Homepage des Logistik-Unternehmens Litier, das die Projektionsarbeiten durchgeführt hat. Germany Trade & Invest www.gtai.de 37 Infrastruktur Projekte im Bereich Hochseehäfen in der Russischen Föderation Projektbezeichnung Zeitraum Investitions- Anmerkungen / Internet summe Multimodularer Binnen- Baubeginn 2011 313 Mio. Euro Projektierung: hafen in Dmitrow www.litiert.ru; Ansprechpartner: Waleri Arkuscha (E-Mail: [email protected]) Staustufe bei Nischni 2011 bis 2015 1 Mrd. Euro Finanzierung durch Nowgorod Staatshaushalt Zweiter Schleusenstrang 2011 bis 2014 7,3 Mrd. Rubel Staatshaushalt: 5,2 Mrd. Rubei der Staustufe bel, private Investoren: Nischne-Swirsk 2,1 Mrd. Rubel Rekonstruktion von 16 2012 bis 2015 13,6 Mrd. Rubel Finanzierung aus dem Staustufen des Moskauföderalen Haushalt Kanals Modernisierung von 2011 bis 2015 40,6 Mrd. Rubel Finanzierung aus dem Flussfahrtswegen im föderalen Haushalt Europäischen Teil der RF Modernisierung von 2011 bis 2015 1,1 Mrd. Rubel Finanzierung aus dem Flussfahrtswegen in Sibiföderalen Haushalt rien und im Fernen Osten Rekonstruktion und Ent2010 bis 2012 2,3 Mrd. Rubel Finanzierung aus dem wicklung des Funknetzes föderalen Haushalt *) Die Original-Projektliste mit detaillierter Aufschlüsselung aller Maßnahmen (in russischer Sprache) erhalten Sie kostenlos auf Anfrage bei Germany Trade and Invest unter E-Mail: [email protected]. Quellen: Transportministerium der Russischen Föderation, Recherchen von Germany Trade and Invest 1.4.3 Kontaktanschriften Rosmorretschflot (Föderale Agentur für See- und Binnenschifffahrt) ul. Petrowka 3/6, 125993 Moskau Tel.: 007/495/626 11 00, Fax: -626 15 62 Internet: www.morflot.ru (Rosmorretschflot setzt das föderale Transportentwicklungsprogramm für die Binnen- und Hochseeschifffahrt um. Unter dem Menüpunkt „Gosudarstwennye sakupki“ finden sich Ausschreibungen von sowie die Resultate der Bieterwettbewerbe.) FGUP Rosmorport ul. Suschtschewskaja 19, stroenije 7, 127055 Moskau Tel.: 007/495/626 14 25, Fax: -626 12 39 E-Mail: [email protected], Internet: www.rosmorport.ru Assoziazija morskich torgowych portow (Verband der Seehandelshäfen) ul. Gapsalskaja 4, 198035 Sankt Petersburg Tel.: 007/812-575 45 20, Fax: -251 33 08 E-Mail: [email protected], Internet: www.morport.com 38 Modernisierungsoffensive in Russland SAO Alko-Nafta Ploschad Pobedy 4A, ofis 520, 236000 Kaliningrad Tel.: 007/4012-71 60 22, Fax: -71 60 20 E-Mail: [email protected], Internet: www.alco-naphtha-ru Mariski NPS (Raffinerie) ul. Komsomolskaja 125, 424004 Joshkarola, Republik Marij El Tel.: 007/8362/68 10 10, Fax: -68 10 09 E-Mail: [email protected], Internet: www.marnpz.ru Caspian Pipeline Consortium (CPC) CPC-R ul. B. Ordynka 40, stroenije 4, Delowoj zentr „Legion-1“, 4. Stock, 119121 Moskau Tel.: 007/495-745 87 70, Fax: -745 87 72 E-Mail: [email protected], Internet: www.cpc.ru Handelshafen Murmansk Portowyj projesd 19, 183024 Murmansk Tel.: 007/8152-48 06 44, Fax: -42 31 27 E-Mail: [email protected], Internet: www.portmurmansk.ru UK Moskoj Fasad ul. Proletarskoj diktatury 6, lit A, ofis 301, 191124 Sankt Petersburg Tel.: 007/812-326 98 03, Fax: -271 05 60 E-Mail: [email protected], Internet: www.mfspb.ru Kompanija Ust-Luga ul. Spalernaja 2, 119187 Sankt Petersburg Tel.: 007/812-334 16 77, Fax: -334 16 75 E-Mail: [email protected], Internet: www.ust-luga.ru OOO Peregrusotschnyj punkt ul. B.Sowetskaja 41, pom. 21-24, 188480 Leningradskaja oblast, g. Kingisepp Tel.. 007/812-335 64 19, Fax: -335 64 15 E-Mail: [email protected], Internet: www.p-punkt.ru OJSC Severny Port (Nordhafen) Leningradskoje Schosse 57, 125195 Moskau Tel.: 007/495-626 16 52, Fax: -626 16 42 Internet: www.northport.ru Kontakt: Generaldirektor Waleri Arkuscha (E-Mail: [email protected]) Assoziajiza portow i sudowladelzew retschnogo transporta Verband der Häfen und Schiffseigentümer des Flussverkehrs Leningradskoje Schosse 59, 125195 Moskau Tel.: 007/495-626 10 07, Fax: -626 10 45 E-Mail: [email protected], Internet: www.apsrt.ru (vertritt die Interessen von 60 russischen Binnenhäfen und 54 Reedereien) Germany Trade & Invest www.gtai.de 39 Infrastruktur Litier Logistic Management Company 1. Derbenewskaja ul. 5, stroenije 2, office 201, 115114 Moskau Tel./Fax: 007/495-663 82 70 E-Mail: [email protected]; Internet: www.litiert.ru 1.5 Allgemeine Kontaktanschriften Infrastruktur Ministerstwo Transporta Rossiskoi Federazii Transportministerium der Russischen Föderation ul. Roschdestwenka 1, stroenije 1, 109 012 Moskau Tel.: 007/495-926 10 00, Fax: -626 91 28 E-Mail: [email protected], Internet: www.mintrans.ru (Das Ministerium ist für die Ausarbeitung und Durchführung der nationalen Transportstrategie zuständig.) Alle staatlichen Ausschreibungen finden sich auf der Homepage www.zakupki.gov.ru. Auf dieser Internetseite können Projektdetails eingesehen sowie Angebote abgegeben werden. Rostransmodernisazija ul. Staraja Basmannaja 11, 109012 Moskau Tel: 007 499/262 82 42, Fax: -262 70 32 E-Mail: [email protected], Internet: www.ppp-transport.ru Kontakt: Igor Sjablizki (Geschäftsführer) (Staatlicher Auftraggeber zur Umsetzung des Föderalen Programms der Modernisierung des Russischen Transportsystems. Auf der Homepage sind zu allen vier Infrastruktursektoren Projektmeldungen aufgeführt.) OOO Transstroi ul. Sadowo-Spasskaja 21/1, 107217 Moskau Tel.: 007 495/777 79 00 (Vorzimmer des Generaldirektors I.N. Kusnezov) Tel.: 007 495/782 05 47, Fax: -782 05 36 (Handelshaus Transstroi - für Lieferung von Bautechnik und Baustoffen) E-Mail: [email protected], [email protected] Internet: www.transstroy.ru (Das Unternehmen ist eigenen Angaben zufolge die größte Aktiengesellschaft Russlands im Bereich Infrastrukturbau. Auf der firmeneigenen Homepage finden sich Informationen zu aktuellen und bereits realisierten Projekten.) Marktforschungsagentur im Bereich Transport und Infrastruktur www.infranews.ru 40 Modernisierungsoffensive in Russland „40.000 Ortschaften sind noch nicht an das Straßennetz angeschlossen“ Interview mit Frank Forchert, Generaldirektor OOO Wirtgen International Service Kann man einen ÜbeRubelick über den Straßenzustand in ganz Russland wagen? Das hängt von der Perspektive ab. Wenn man am „verkehrten“ Ende anfängt, dann sind 40.000 Ortschaften in ganz Russland überhaupt noch nicht an das Straßensystem angeschlossen. Es reicht aber auch schon ein Blick in die Region Moskau: manche Datschensiedlungen sind nur mit Allrad getriebenen Autos zu erreichen. Viele dieser Straßen sind weder asphaltiert noch befestigt; oder der Belag ist in erbarmungswürdigem Zustand. Man muss natürlich auch fragen, wo sich eine Anbindung tatsächlich lohnt. Die Landflucht nimmt seit Jahren zu und auch die Bevölkerungsentwicklung im Allgemeinen ist und bleibt rückläufig. Aber auch in den entwickelten Orten Russlands fehlen Straßen. Moskau, die am weitesten entwickelte Stadt, hat etwas weniger Straßenfläche als Berlin, bei vierfach größerer Bevölkerung und zwei- bis dreimal so vielen zugelassenen Autos. Man kann dieses Fehlen nicht sehen, aber fühlen. In welchem Zustand sind die vorhandenen Straßen? Die meisten Straßen sind nicht ausgebaut, nicht breit genug, qualitativ minderwertig und führen über zahlreiche Engpässe. Vergleichbar mit dem Zustand 1990 in Ostdeutschland, wo alle paar Kilometer ein Bahnübergang kreuzte. Der Bahnübergang ist eine Viertelstunde geschlossen und wird noch manuell bedient. Was ist mit Brücken: eine Erleichterung? Ja, Brücken wären in der Tat eine große Erleichterung. Im Prinzip muss auch eine Brücke nur projektiert und gebaut werden, aber nur wenige Baufirmen sind technisch dazu in der Lage. Außerdem ist bei einer Brücke das finanzielle Risiko größer, die Kontrollen sind ausgeprägter, die Kosten deutlich höher - als wenn man einfach nur eine Straße baut. Für den Bau einer Brücke braucht man Sondertechnik, die über Land transportiert werden muss, Sondergenehmigungen, Brückenbauingenieure, die Garantiezeiten sind deutlich länger und so weiter... Wie realistisch erscheint es, diesen Zustand schnell zu beheben? In China wurden 1999/2000 über 6.000 Kilometer Autobahn gebaut. Physikalisch und logistisch ist ein solches Projekt umsetzbar. Germany Trade & Invest www.gtai.de 41 Infrastruktur Unabhängig von den klimatischen und geologischen Bedingungen? Sicher muss man in Sibirien anders bauen als unter europäischen klimatischen Bedingungen, aber Sibirien ist auch nicht so dicht besiedelt. Es werden nicht viele Straßen gebraucht - es reicht eine breite Straße zwischen den Ortschaften. Technisch ist es möglich. Warum sind die Straßen dann so schlecht? Zuallererst wird nicht nachhaltig genug gebaut. Andererseits mangelt es bei der Ausführung an Qualität. Leider sind auch nicht alle Baufirmen technisch in der Lage, hohe Qualität zu liefern. Die vorhandenen Autobahnen sind auch mitunter keine richtigen Autobahnen. Wenn man die Autobahn nach Sankt Petersburg befährt, stellt man spätestens in der nächsten Ortschaft fest, dass die Autobahn in Wirklichkeit eine Landstraße ist, da man an einer Ampel steht. Wie muss eine Straße denn beschaffen sein, um lange zu halten? Die oberste Schicht abzufräsen und zu erneuern reicht jedenfalls nicht. Jede gute Straße braucht einen Untergrund, eine Tragschicht und eine Decke; dehnungsfähig, wasserundurchlässig und so weiter - Straßenbauer können das genauer sagen. Was führt noch zur schlechteren Standfestigkeit der Straßen? Der wohl extremste Grund ist das Fahren mit Spikes. Sie reißen Stücke aus dem Asphalt. Die Abnutzung nach nur einem Winter ist vergleichbar mit den Spuren auf der LKW-Spur in Deutschland nach fünf bis zehn Jahren. Das bedeutet, dass auf den großen Moskauer Straßen jedes Jahr die Asphaltdecke erneuert werden muss. Warum werden Spikes nicht verboten? Spikes haben in der Tat in der Stadt wenig Effekt, aber außerhalb der Städte sehr wohl: auf Kieswegen, auf festgefahrener Schneedecke, auf unbefestigter Straße. Und, früher fuhren auch in Moskau im Winter die Autos auf festgefahrenem Schnee. Durch den exzessiven Einsatz von Salz und mildere Winter sind die Strassen frei und die Spikes richten Schaden an. In diesem Jahr sind Spikes erstmals in Moskau verboten worden: im Sommer! Das bedeutet aber auch, Straßenbau wird noch lange Zeit ein Thema bleiben? Ja, mit zunehmender Bedeutung, denn wenn der Weg zur Modernisierung erfolgreich sein soll, müssen sehr viel mehr Straßen gebaut werden, müssen die geplanten Industriegebiete erschlossen, die Zufahrten zu Produktionsstätten, Bahnhöfen und Häfen erneuert und verbreitert werden. Die gewünschten ausländischen Investitionen wird man nur dann erhalten, wenn man in die Infrastruktur investiert. Wenn man beispielsweise in China investieren möchte, erhält man zwanzig oder mehr Angebote mit komplett erschlossenen Flächen: Energie, Wasser, Gas, alles steht zur Verfügung. Zum Gebiet führt eine Straße, an der die Beleuchtung bereits installiert ist. In Russland gibt es das nur im Ausnahmefall. 42 Modernisierungsoffensive in Russland Sie liefern, womit man Straßen bauen kann? Wir liefern Straßenfräsen, Asphaltfertiger, Straßenwalzen, Steinbrechanlagen aus der Wirtgen Group und Baumaschinen und Asphaltmischanlagen von Partnern. Aus eigener Produktion verkaufen wir auch Betonfertiger, mit denen man Betonstraßen bauen kann. Wo plant man solche Straßen? Eigentlich überall: auch als Autobahnen. In Deutschland fährt man zu 50 Prozent über Betonautobahnen. Was ist der entscheidende Unterschied? Eine Betonstraße hält länger und ist teurer. Eine Asphaltstraße schont die Reifen etwas mehr, ist aber anfälliger für Witterungseinflüsse. Letztlich stehen sich zwei Philosophien gegenüber, die von Fall zu Fall unterschiedlich entschieden werden. In Russland haben sich Betonstraßen bisher nicht durchgesetzt; erst in allerjüngster Zeit kommt es zu Anfragen nach Betonfertigern. Um eine Vorstellung zu bekommen, was kostet ein Kilometer Straße? Zirka eine Million US-Dollar, abhängig davon wo man baut. In Moskau sind die Qualitätsvorschriften deutlich anders als auf dem Land. Sie produzieren nicht in Russland - warum? Es lohnt sich wirtschaftlich und psychologisch nicht. Der russische Markt allein - selbst mit den ehemaligen Teilstaaten der ehemaligen Sowjetunion - ist als Absatzmarkt zu klein, außerdem ist Russland kein low-cost-Land. Und es gibt einen psychologischen Grund: Das Label „Made in Germany“ gilt in Russland sehr viel. Unabhängig davon sind alle Produktionsbetriebe der Wirtgen Group in Deutschland. Wir agieren in Russland als Vertriebs- und Servicegesellschaft. Wir unterhalten ein Schulungszentrum, ein technisches Zentrum, zahlreiche eigene Mechaniker. Wie entscheidend ist, welche Mischung oder Qualität man verlegt? Der Asphaltfertiger ist in der Lage, verschiedene Materialien zu verlegen. Über die Zusammensetzung des Materials entscheidet der Auftraggeber der ausführenden Baufirma und das Bauamt. Je nach Einsatzgebiet gibt es natürlich spezielle Mischungen - dabei spielt die Erfahrung eine entscheidende Rolle. Über die Qualität des verlegten Asphalts entscheidet das verwendete Mischgut, die Technologie und nicht zuletzt das Wissen der Einbaumannschaft. Wie ist es um Ihre Marktsituation im Bereich Straßenbautechnik bestellt? Unser Vorteil ist, dass wir bereits seit über 30 Jahren am Markt sind. Wir kennen alle Entscheidungsträger und fast alle mit Straßenbau befassten Baufirmen. Wir haben seit Jahren einen gut funktionierenden Service mit Kundendiensttechnikern und Trainern in Russland und der GUS, sowie die größte Werkstatt in Moskau. Aus diesem Grunde sind wir heute Marktführer. Germany Trade & Invest www.gtai.de 43 Infrastruktur Natürlich haben wir auch den Wettbewerb aus Deutschland, den USA und aus Russland. Diesem Wettbewerb stellen wir uns gern. Wir wollen die Besten sein und unserem Ruf als Marktführer gerecht werden. Dafür investieren wir in Ersatzteillager, bilden unsere Kunden aus, schaffen neue Niederlassungen. Damit sind wir wohl am aktivsten am Markt, mit klar und konkret formulierten Zielen. Derzeit erholt sich die Situation nach der Finanzkrise in Russland und wir spüren einen Trend nach oben. Dem wollen wir entsprechen. Wie sehen Sie die geschäftliche Entwicklung mittelfristig in Russland? Wir haben in Russland noch viel zu tun und tun das gerne. Unsere russischen Geschäftspartner sind treu und zuverlässig, weil wir es auch sind. Das Notwendige und Machbare im Straßenbau liegt in der Zukunft und stellt für alle, die Regierung, die lokalen Behörden, die Baufirmen und ihre Lieferanten wie uns, eine Herausforderung da. Unser Unternehmen entwickelt sich mit diesen großen Aufgaben. Wir sind heute bereits 140 Mitarbeiter und zahlreiche Partner arbeiten mit uns. In den kommenden Jahren sehen wir ein hohes Potenzial für eine erfolgreiche geschäftliche Entwicklung. Das Interview führte Jens Böhlmann, AHK Moskau 44 Modernisierungsoffensive in Russland „Russland ist der interessanteste Markt für die Deutsche Bahn“ Interview mit Jörg Siedenbiedel, Leiter der Generalvertretung Deutsche Bahn AG Welche aktuellen Projekte entwickelt die Deutsche Bahn in Russland? Im deutsch-russischen Güterverkehr spielt die Schiene mit zirka zwei % Marktanteil als Verkehrsträger zurzeit nur eine untergeordnete Roll e. Die Marktanteile von Pipeline, Seeschiff und LKW dominieren hier deutlich. Die Deutsche Bahn führt verstärkt Projekte durch mit dem Ziel, die Attraktivität der Eisenbahn zu stärken. Für dieses Ziel arbeiten die Russischen Eisenbahnen RZD und die DB AG seit Jahren eng auf allen Gebieten zusammen. Im Güterverkehr werden beispielsweise folgende Projekte mit der RZD verfolgt: Transport von Zulieferteilen für Volkswagen- und Skoda-Autos aus Deutschland, der Slowakei und Tschechien zum Montagebetrieb in Kaluga. Volkswagen hat die DB und die RZD dafür mit dem „VW Group Award 2009“ als bester Dienstleister ausgezeichnet. Anbindung der europäischen Märkte nach Asien über Logistikterminals: Mit einer Güterverkehrsleistung von 4,9 Billionen Tonnenkilometern ist der russische Transportmarkt einer der größten der Welt und damit der interessanteste für die DB AG. Um den Kunden Tür-zu-Tür-Service anbieten zu können und die Nutzung des Schienengüterverkehrs in multimodalen Transportketten zu verbessern, werden in ganz Europa intermodale Umschlaganlagen ausgebaut. Dazu sind DB und RZD in intensiven Gesprächen. Förderung der interkulturellen Kompetenz: Auch in der Aus- und Weiterbildung bahnt sich eine intensive Zusammenarbeit an, was das jüngst eröffnete Zentrum für internationale Logistik und Supply-Chain-Management an der staatlichen Universität Sankt Petersburg zeigt. Im Personenverkehr arbeiten beide Unternehmen unter anderem an folgenden Projekten: Zusammenarbeit im Hochgeschwindigkeitsverkehr (HGV): DB International war erfolgreich an der Vorbereitung des Hochgeschwindigkeitsverkehrs zwischen Moskau und Sankt Petersburg beteiligt. Die DB erarbeitete das Regelwerk, Normen und Arbeitsvorschriften für den HGV. Aktuell bewirbt sich die DB um die Nachrüstung der Strecke mit Informationstechnik auf den Stationen zur Warnung vor Zugdurchfahrten und die mechanische Sicherung auf den Stationen. DB International verfolgt im Bereich der Bahnhofsentwicklung aktuell diverse Modernisierungsprojekte in ganz Russland, davon fünf in Moskau und fünf Planungsprojekte in Sotschi. Darüber hinaus verfügt DB Schenker über ein flächendeckendes Logistik-Netzwerk in Russland mit einer einhundert-jährigen Tradition - und ist damit sehr erfolgreich. Germany Trade & Invest www.gtai.de 45 Infrastruktur Welche künftigen Projekte sind geplant Wie überall in der Welt folgen wir unseren Kunden mit ihren Geschäften - so auch in den GUS-Staaten. Wir wollen aber auch neue Kunden von unseren Leistungen überzeugen und neue Märkte gewinnen. Insofern planen wir, verstärkt kundenspezifische Transportlösungen am Markt zu etablieren: Beispielsweise verständigte sich DB Schenker BTT GmbH (eine Tochtergesellschaft der DB Schenker Rail) mit TransContainer (Frachttochter der russischen Eisenbahnen) auf eine Vertiefung der Zusammenarbeit im Chemiegüterverkehr. Ein weiteres Beispiel für kundenspezifische Transportlösungen ist der geplante Einsatz von neu entwickelten Automotive Parts Boxes von DB Schenker Rail für Volkswagen. Hintergrund ist, dass die zweite Ausbaustufe des Werkes Kaluga einen eigenen Karosseriebau, eine Lackiererei sowie eine Endmontage umfasst. Damit ändern sich auch die Anforderungen an die Automotive-Experten in erheblichem Umfang. Künftig müssen die Montagesätze in Einzelteilen und Modulen ins Werk und direkt ans Band geliefert werden. Außerdem wird DB Schenker weiter am Ausbau seines bereits flächendeckenden Logistik-Netzwerks arbeiten. Wird sich die Deutsche Bahn - wie ursprünglich geplant - am Ausbau von Transportterminals, Lagerhäusern, Bahnhöfen beteiligen? Die DB AG beteiligt sich bereits an verschiedenen Bahnhofsprojekten in Russland als Berater über ihre Tochterfirma „DB International“. Beide Unternehmen, DB und RZD, arbeiten gemeinsam an der Planung eines neuen Transport- und Logistikzentrums in der Metropolregion Moskau, welches das modernste und innovativste Logistikzentrum mit bi-modaler Anwendung in Russland werden soll. Wird es Überkreuzbeteiligungen zwischen DB und RZD geben? Das ist kein Thema. Warum wird immer noch vergleichsweise wenig per Schiene transportiert? Die Stärke der Eisenbahn gegenüber anderen Verkehrsträgern zeigt sich am ehesten auf langen Transportkorridoren und bei Massengütern. Um diese Stärke auszuspielen, müssen die Grenz-, Zoll-, Verlade- und Spurwechselprozesse, inklusive Reexpedition des Frachtrechts weiter vereinfacht werden. Darüber hinaus ist eine Angleichung der Infrastruktur erforderlich. Daran wird gearbeitet. Die EU hat das auch erkannt und fördert durch Transportkorridore eine bessere Vernetzung im Binnenmarkt und zwischen internationalen Märkten. Ist Olympia 2014 für die Deutsche Bahn ein Thema? Olympia 2014 ist für die DB durchaus ein Thema. Wir arbeiten bereits an der Entwicklung fünf neuer Bahnhöfe in Sotschi für Olympia 2014. Darüber hinaus werden aktiv die Ausschreibungen für Sotschi-Projekte auf der Internetseite der AHK verfolgt. Zudem ist die DB AG als Transportunternehmen in der Firmenliste bei „GK Olimpstroi“, dem staatlichen Koordinator für Baumaßnahmen rund um die Winterspiele, gelistet. 46 Modernisierungsoffensive in Russland Wie steht es um das Projekt TransEurasiaLogistics? Die „Trans Eurasia Logistics GmbH (TEL)“ ist ein Joint Venture zwischen der DB AG und der RZD, um Transporte für den Kunden aus einer Hand anbieten zu können. Seit dem 12.6.2010 gibt es eine Regelzugverbindung zwischen Duisburg und Moskau. Die Verbindung soll in der Startphase zunächst 1x wöchentlich verkehren. Was bringt ein Lehrstuhl in Sankt Petersburg? Das im März 2010 von DB AG und RZD eröffnete Zentrum für internationale Logistik und Supply Chain Management an der Universität Sankt Petersburg ergänzt die bisherigen praxisorientierten Aktivitäten um die Dimensionen Forschung und akademische Lehre. Davon erwarten beide Bahnen innovative Praxislösungen für den Markt. Das Zentrum soll eine Plattform für unternehmensübergreifende Innovations-Kooperationen im Bereich Logistik und Supply Chain Management zugleich werden. Ab sofort finden Lehrveranstaltungen statt. Rund 180 Studenten sollen jährlich ausgebildet werden. Geplant ist auch die Weiterbildung von Mitarbeitern beider Bahnen. Nur so kann dem Mangel an gut ausgebildeten Nachwuchsführungskräften im Bereich Logistik und Supply Chain Management entgegengewirkt und ein gegenseitiges Marktverständnis aufgebaut werden. Deutsche Unternehmen siedeln ihre Produktionen zunehmend in den Regionen an - Vorteile für DB Schenker? Ja, eindeutig. Als Transport- und Logistikunternehmen mit langjähriger Erfahrung auf dem russischen Markt und gleichzeitig führend in Europa, kennen wir die Ansprüche unserer Kunden. So ist es uns möglich, den deutschen Firmen in Russland die gleiche Qualität anzubieten, die sie von anderen Standorten gewohnt sind. Das Schienennetz ist für die Größe des Landes eigentlich nicht ausreichend - Lösung des Problems? Die Lösung liegt in multimodalen Transportketten über intermodale Umschlagsanlagen. Das heißt, nur über eine intelligente Kombination aus mehreren Verkehrsträgern kann dem Kunden Tür-zu-Tür-Service angeboten werden. Konkret könnte das so aussehen, dass der Vor- und Nachlauf von Gütern bis zu bestimmten Sammelpunkten mit Umschlagsanlagen per LKW abgewickelt wird und der Hauptlauf über lange Transportkorridore per Eisenbahn stattfindet. Wie kann die Konkurrenzfähigkeit im Vergleich zu LKW-Transporten hergestellt werden? Es sollten die Grenz-, Zoll-, Verlade- und Spurwechselprozesse weiter vereinfacht werden. Auf diesem Gebiet hat sich in den letzten Jahren bereits viel getan. Erstes Ergebnis aus den vorangegangenen Bemühungen ist das Inkrafttreten der Zollunion ab 1. Juli 2010 zwischen Weißrussland, Kasachstan und Russland. Als größte Herausforderung betrachten wir im Moment, das unterschiedliche Frachtrecht zu beherrschen. In Europa existiert das CIM-Recht, in den GUS-Staaten und in Asien das SMGS-Recht. Insofern gibt es sehr verschiedene Anforderungen hinsichtlich Verladebedingungen und Begleitdokumenten. Ziel ist es, die Anforderungen an Transporte, die grenzüberschreitend zwischen CIM- und SMGS-Ländern verkehren, ein stückweit anzugleichen. Germany Trade & Invest www.gtai.de 47 Infrastruktur Vor diesem Hintergrund wird momentan an der Annäherung der technischen Bedingungen gearbeitet. Damit können Stand- und Wartezeiten an den Grenzen beziehungsweise bei der Zollabfertigung reduziert werden. Darüber hinaus wären weitere Liberalisierungsschritte im Schienengüterverkehr von Vorteil, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. In Deutschland beispielsweise gibt es mehr als 360 Eisenbahnverkehrsunternehmen. Das bedeutet, dass die DB AG mit zahlreichen Wettbewerbern in Konkurrenz steht und sich mit wettbewerbsfähigen Angeboten am Markt behaupten muss. Im russischen Straßenverkehr besteht für in- und ausländische Marktteilnehmer freier Zugang. Im Schienengüterverkehr besteht für ausländische Unternehmen bisher kein Marktzugang. Hier gibt es nur die Möglichkeit als Joint-Venture-Partner eines russischen Unternehmens im Schienenverkehr tätig zu werden. Eine höhere Transparenz bei den Bestimmungen zu Lizenz- und Trassenvergabe sowie zum Trassen-Preissystem wäre wünschenswert. Das Interview führte Jens Böhlmann, AHK Moskau 48 Modernisierungsoffensive in Russland „Die Projektsteuerung können auch deutsche Planer übernehmen“ Interview mit Tom Schmidt, Vorsitzender der Geschäftsleitung Hochtief Wie ist der derzeitige Stand beim Neu- und Ausbau der russischen Flughäfen? Hochtief agiert mit zwei seiner Holding-Strukturen am russischen Markt. Erstens: Als Flughafenbetreiber über die Firma Hochtief Concessions, die wiederum die Hochtief Airport einschließt. Hochtief ist einer der weltweit größten Flughafenbetreiber, dem Anteile an den Flughäfen in Hamburg, Düsseldorf, Athen, Sidney, Tirana und Budapest gehören. Dieser Unternehmenszweig bewegt sich auf dem russischen Markt, um Flughäfen aktiv zu beraten: es werden Masterpläne und Businesspläne zur Umgestaltung oder Modernisierung bestehender Flughäfen entwickelt. Zweitens: Hochtief Russia - also wir - ist Bestandteil der Hochtief Construction, die unter anderem den Bau von Flughäfen und Terminals umsetzt. Das Flughafennetz ist in Russland gut ausgebaut. Größere Neubauten sind, außer in Omsk, momentan nicht geplant. Die Flughafenbetreiber sind an solchen Plänen aber sehr interessiert. In Russland gibt es die Besonderheit, dass die Gebäude dem Betreiber, die Flughafenflächen jedoch dem Staat gehören. Das bedeutet für die Auftragsabwicklung, dass man es immer mit zwei Auftraggebern zu tun hat. Die Flughäfen in den russischen Millionenstädten werden oder wurden fast alle umgebaut oder Umbauten sind in Planung. In Moskau werden die drei großen internationalen Flughäfen Scheremetjewo, Vnukowo und Domodedowo erweitert. In Scheremetjewo ist das Gros der zurzeit geplanten Umbaumaßnahmen geleistet. Die Terminalkapazitäten, die geschaffen wurden sind ausreichend, um die für die Zukunft geplanten Passagierzahlen zwischen 23 und 25 Millionen gut abzufertigen. Das, was noch gebaut werden muss, ist eine zusätzliche Start- und Landebahn. Deutsche Unternehmen sind dabei besonders bei der Flugbefeuerung gefragt. Wer bekommt den Zuschlag für den Bau der Start- und Landebahnen? Die Landebahnen und Flugflächen gehören dem Staat. Meist bekommen den Zuschlag russische Firmen, dabei bisher zum größten Teil Transinshstroj. Das ist eine auf Engineering-Leistungen spezialisierte Firma, die sich eine Alleinstellung bei Flugflächen auf dem Markt erarbeitet hat. Die Qualität ist tadellos. Es kommt deutsche Technik beim Bau der Runways zum Einsatz, zum Beispiel von der Firma Wirtgen. Der ausländische Anteil der Technik in diesem Segment ist sehr hoch. Germany Trade & Invest www.gtai.de 49 Infrastruktur Die meisten Ausschreibungen für den Bau von Terminals laufen über Generalunternehmer, die sich wiederum einiger Subunternehmer bedienen, die dann die notwendige Technik direkt kaufen. Dazu unterhalten diese russischen Firmen mittlerweile auch in Deutschland Einkaufsabteilungen, die direkt beim Hersteller ordern. Nur ein Teil wird noch von Hochtief selbst geordert, wie zum Beispiel Boarding bridges. Dort tritt in den letzten Jahren ThyssenKrupp als Lieferant auf - die können das einfach am besten. Auch für den Bauteil tritt Hochtief nicht mehr direkt mit dem deutschen Hersteller in Kontakt, sondern fordert die Leistung und Qualitäten entsprechend den Spezifikationen über seine Subunternehmer ab. Was passiert augenblicklich in Sankt Petersburg? In Sankt Petersburg gibt es seit April dieses Jahres einen neuen Betreiber für das Northern Gate - daran sind hauptsächlich die VTB-Bank und Fraport beteiligt. Es ist geplant, den Flughafen komplett zu erneuern. Das betrifft sowohl Gebäude, Neben- und Hilfsgebäude als auch die infrastrukturellen Anbindungen und Parkplätze. Die Landebahnen wurden bereits vom Staat erneuert. Für Hochtief ist der Terminalneubau interessant - dafür wird es noch eine separate Ausschreibung geben. Im Osten Russlands? Am Flughafen in Jekaterinburg wird kontinuierlich weiter gebaut. Er verfügt schon über ein komplett neues Terminal und eine komplett neue Flugfläche. In Wladiwostok wird unter anderem ein neues Terminal gebaut - den Zuschlag hat Hochtief erhalten. Der gesamte Flughafen soll bis zum APEC-Gipfel 2012 umgebaut werden. Auftraggeber ist auch hier die Flughafengesellschaft Scheremetjewo, denn der Flughafen Scheremetjewo ist mit über 50 Prozent am Flughafen Wladiwostok beteiligt. Spielt im Fernen Osten das Klima eine besondere Rolle? Das Klima weniger, eher der Baugrund, denn das Terminal wird auf sumpfigem Boden stehen. Einen anderen Platz gab es leider nicht. Eine zweite Herausforderung ist die Logistik, denn man kann nicht alles regional oder lokal beschaffen. Das bedeutet, dass ein Teil der Technik und des Materials per Bahn nach Wladiwostok transportiert werden müssen, zum Beispiel Stahlkonstruktionen. Das letzte Stahlwerk, das in der Lage ist, solche Konstruktionen zu liefern, ist in Nowokusnezk - also rund 3.500 Kilometer entfernt. Die Anlieferung aus China wäre theoretisch möglich, kostet jedoch mehr und wird politisch auch nicht unterstützt, da die Wertschöpfung nach Möglichkeit im Land und in der Region erfolgen soll - es ist eben ein Staatsauftrag. Sie erwähnten Omsk? In Omsk gibt es einen existierenden Flughafen, der sich jedoch mitten im Stadtgebiet befindet. Bei diesem Flughafen stellt sich eher die Frage der Finanzierung: Inwieweit kann zum Beispiel mit den Grundstückserlösen des alten Flughafens der Bau des neuen finanziert werden. Die Flughäfen am Schwarzen Meer stehen alle unter der Kontrolle von Oleg Deripaskas BasEl Aero: Sotschi, Anapa, Gelentschik, Krasnodar. Die Fertigstellung des Terminals in Sotschi erfolgte im vergangenen Jahr. Auch hier hat der Staat bereits das Flugfeld erneuert. 50 Modernisierungsoffensive in Russland Was ist mit den mittelgroßen Flughäfen? Die kleineren Flughäfen in den Regionen sind zumeist in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts nach Einheitsbauweise errichtet worden. Die sehen alle fast gleich aus, egal ob in Tscheljabinsk, Wolgograd oder Pensa... Um den Umbau finanzierbar zu machen, sollte ein Passagieraufkommen von rund einer Million jährlich gewährleistet sein. Das scheint bei vielen nicht realistisch. Ein Grund dafür ist der Mangel an „Billig-Airlines“. Der Flughafen Berlin-Schönefeld hat unter anderem überlebt, weil Easy-Jet ihn als Hauptstandort gewählt hat. Dafür wurde ein funktionaler Terminal mit vermietbaren Flächen gebaut und damit die Passagierzahlen innerhalb kürzester Zeit auf zirka vier Millionen Passagiere mehr als verdoppelt. Wo hätten deutsche Unternehmen Chancen auf Aufträge? Bei den schon beschriebenen Projekten. Beim Ausbau der regionalen Flughäfen wird mit Sicherheit der Versuch unternommen, lokale Firmen zu beauftragen - die Projektsteuerung könnte international sein. Das könnten auch größere - deutsche - Planungsbüros sein. Das Interview führte Jens Böhlmann, AHK Moskau Germany Trade & Invest www.gtai.de 51 Infrastruktur „Die Häfen Murmansk und Archangelsk haben Perspektive“ Interview mit Wilfried Anders, Leiter der Vertretung Finnlines Deutschland GmbH Wie lässt sich die augenblickliche Hafensituation in Russland beschreiben? Der Großhafen in Sankt Petersburg wird mittelfristig weiter ausgebaut. Die Mittel kommen sowohl aus dem Staatsbudget als auch von privaten Investoren. Unter dem Eindruck der Krise wurde zwar nur wenig dafür getan, aber augenblicklich verzeichnen einige Reedereien Zuwachsraten von zehn und mehr Prozent - monatlich - und die Hoffnung besteht, Mitte/Ende nächsten Jahres die Volumina von 2008 wieder zu erreichen. Neben den bestehenden Terminals wird im Augenblick auch der westlichste Hafen Russlands Ust-Luga ausgebaut. Zusätzlich wird der Import nach Russland vom fallenden Euro begünstigt. Ist die Hafeninfrastruktur dem steigenden Aufkommen gewachsen? Der jetzige Stand würde den Anforderungen nicht genügen, aber auch während der Krise wurde der Hafenausbau von privaten Investoren weiter vorangetrieben. Das gilt sowohl für die Terminals als auch für deren Anbindung an das Hinterland. Die Ringstraße um Sankt Petersburg wird bis Ende 2012 fertig gestellt sein. Im Laufe des Jahres wird ein Eisenbahn-Fährterminal samt angeschlossenem Zollterminal eingeweiht und der Container- und RoRo-Hafen in Bronka an der Südküste des Finnischen Meerbusens soll ab 2013 die ersten Schiffe abfertigen - die Haushaltsmittel für die Baggerarbeiten stehen bereit. Insgesamt kann man sagen, dass die russischen Ostseehäfen auf ein zukünftig wachsendes Transportvolumen eingestellt sind. Wie ist es um die Schwarzmeer- und die Pazifikhäfen bestellt? Am Schwarzen Meer sind die Möglichkeiten fast erschöpft, da Russland kaum noch über Küstenlinie verfügt, die geeignet wäre, sie zum Hafen auszubauen. Das Ufer steigt sofort steil an, Terminals zu bauen ist nahezu unmöglich. Häfen ins Wasser zu bauen wäre kostenaufwändig, da die Uferlinie steil ins Meer abfällt. Ausbaufähig wäre nur Noworossijsk - der Hafen ist derzeit voll ausgelastet. Es gibt den Plan, in der Nähe von Anapa einen neuen Hafen zu bauen, allerdings sind dafür bisher keinerlei Haushaltsmittel vorgesehen. Die Pazifikhäfen Wladiwostok, Ochotka und Wostotschny sind derzeit nicht ausgelastet; sie sind für den Containertransport konzipiert und deshalb unmittelbar von den Kapazitäten der Eisenbahn abhängig. Russland möchte sehr gern als Transitland für Containertransporte fungieren, aber Containertransporte sind derzeit per Schiff deutlich billiger als über Land. 52 Modernisierungsoffensive in Russland Aber prinzipiell wären die Häfen für Hochseeschifffahrt ausgelegt? Ja, es mangelt nicht an der Infrastruktur, sondern am Transportaufkommen. Viel interessanter sind jedoch die Nordmeerhäfen Murmansk und Archangelsk, deren Bahnanbindung erneuert und in deren Modernisierung investiert wird. Transporte aus den USA, Kanada und Großbritannien können damit auch über Murmansk abgewickelt werden. Lassen die klimatischen Bedingungen ein Anlaufen dieser Häfen ganzjährig zu? Murmansk und Archangelsk sind relativ eisfrei. Bei der Vielzahl der Projekte, gibt es auch ein deutsch-russisches? Nein, augenblicklich noch nicht. Denn alle diese Projekte sind Infrastrukturprojekte, an denen sich ausländische Firmen nicht beteiligen können, da sie den Grund und Boden nicht erwerben dürfen. Häfen, Flughäfen, Bahnhöfe fallen unter die strategischen Bereiche und unterliegen deshalb besonderen Bedingungen. Eine Beteiligung wäre über eine russische Firma an der Suprastruktur möglich, also beim Hafenbetrieb. Der Betreiber kann die Flächen anmieten und auf der Fläche Kräne, Hafenanlagen, Lagerhallen und Umschlagtechnik aufstellen und bewirtschaften. In UstLuga ist das Bremer Unternehmen EUROGATE mit 20 Prozent am Terminal beteiligt; in Sankt Petersburg betreibt die Firma N-Trans zusammen mit dem finnischen Unternehmen ContainerShips in Kotlin ein Containerterminal. Wie ist die anschließende Infrastruktur ausgebaut - Lager, Containerstellplätze? In Sankt Petersburg ist ein Ausbau abgesehen von den Umprofilierungen bestehender Terminals nicht möglich, weil der Hafen von der Stadtfläche begrenzt wird. Der Trend geht jedoch zu so genannten Hinterland-Terminals (Trockenhäfen), in denen die technische Abfertigung erfolgen soll. Dieses Konzept widerspricht dem Wunsch der Regierung, die Zollabfertigung direkt an die Außengrenzen zu verlagern, hilft aber den Terminalbetreibern bei der Abfertigung der Waren. Wie funktioniert die Zollabfertigung in den Häfen insgesamt? Die Hafenterminals haben eigentlich immer schon als Zollterminals fungiert. Es gibt ein spezielles Zollamt - den Baltischen Zoll - das ausschließlich für die Abfertigung über See ankommender oder abgehender Ladung zuständig ist. Das Vorurteil, der Baltische Zoll sei besonders „schwierig“, hält sich hartnäckig, entspricht aber nicht mehr der Realität. Die Zöllner können Ware nur dann freigeben, wenn andere staatliche Institutionen wie Pflanzenschutz, Veterinärdienst und Transportinspektion ihre Zustimmung gegeben haben. Die Frachtführer machen dabei keinen Unterschied und begründen so den schlechten Ruf der Zöllner. Es ist dennoch ratsam, vor geplanten Transporten die Logistikkette zu checken. Welche Waren werden vorrangig über die Ostseehäfen importiert? Exportiert werden Öl, Stahl, Aluminium, Zink, Schrott, Papier, Rundhölzer, Schnittholz, Sperrholz, Kohle, Düngemittel. Importiert wird alles, was „containerisierbar“ ist. Neben Massengut und Containerladung ist jedoch auch „rollende Ladung“ auf RoRo-Schiffen eine wichtige Transportart von und nach Sankt Petersburg. Mit diesen Schiffen werden neben Lkw, Trailern und Pkw vor allen Dingen Ausrüstung (Schwergut, Übermaßgüter, Maschinen, Anlagen) sowie Papier (die russischen Germany Trade & Invest www.gtai.de 53 Infrastruktur Hersteller können zum Beispiel kein Hochglanzpapier in der gewünschten Qualität produzieren), Schnitt- und Sperrholz, Stahl-, Aluminium- und andere Halbzeuge transportiert. Wirkt sich das Problem der unterschiedlichen Spurbreiten aus? Nicht in den Ostseehäfen, denn dort wird direkt vom Schiff auf die Bahn verladen. Das Projekt einer Eisenbahn-Fährverbindung, das im Entstehen begriffen ist, führt von Saßnitz über Baltijsk nach Ust-Luga. Der Umschlag von europäischen auf russische Waggons erfolgt dabei in Saßnitz. Wichtigste Akteure für Frachtmengen sind die Deutsche Bahn und die Russische Eisenbahn (RZD), weil die Eisenbahnfähren spezielle Anleger benötigen. Für einen Reeder ist eine solche Investition nur interessant, wenn die Betreiber und Frachtführer sich einigen und Garantien geben. Ergeben sich bei der Hafentechnik Möglichkeiten für deutsche Unternehmen? Beim Hafenausbau und der Modernisierung greifen die Investoren und Bauherren sehr oft auf deutsche Technik zurück: bei Containerbrücken, Mobilkränen, Reach Stackern, Gabelstaplern aller Größen, frei tragenden Hallen und natürlich bei allen baulichen Leistungen. Diese Ausrüstung wird in allen Häfen gleichermaßen benötigt. Inwieweit wird bei den geplanten Hafenprojekten auf die Einhaltung der ökologischen Richtlinien geachtet? Allein schon auf Druck der europäischen Nachbarn - insbesondere Finnlands - wird auf die Einhaltung aller ökologischen Standards und Sicherheitsmaßnahmen geachtet. Vor allen Dingen in Primorsk, dem Ölumschlaghafen, der an der Nordseite des Finnischen Meerbusens gebaut wurde, halten sich die Russen peinlich genau an alle europäischen Forderungen. Aber auch alle Investoren bauen und handeln nach den geltenden Richtlinien, weil die Betreiberlizenz davon abhängig ist. Das hat im Umkehrschluss den Nachteil, dass man für ein Investitionsprojekt fast 40 Unterschriften unterschiedlichster Behörden einholen muss. Allerdings ist das in Deutschland nicht wirklich anders. Der einzige Unterschied besteht darin, welches Interesse die russische Seite an einem Projekt hat, dann lassen sich die Prozesse schon dynamisieren. Ein Beispiel: Das dritte Hafenbassin in Baltijsk wurde vom Militär an das Verkehrsministerium übergeben, als ein Fähr- und Containerhafen mit Tiefwasserzugang im Kaliningrader Gebiet als notwendig angesehen wurde. Die gesamte Abstimmungs- und Genehmigungsprozedur hat drei Monate gedauert, weitere vier Monate um den Terminal in Betrieb nehmen zu können! Das Hauptproblem ist, dass in Russland die Wirtschaft stark mit der Politik verwoben ist und politisches Interesse sehr stark das wirtschaftliche Handeln bestimmt. Was sollte man bei all den beschriebenen Projekten grundlegend beachten? Da, wie erwähnt, Ausländer nicht in die Infrastruktur investieren können, ist es sehr sinnvoll die Vergabepolitik der russischen Regierung bei Infrastrukturprojekten aufmerksam zu verfolgen. Mit den Firmen, die dort einen Zuschlag erhalten, können deutsche Firmen dann als Subunternehmer in Kontakt treten. Eine direkte Auftragsvergabe an ein ausländisches Unternehmen ist unwahrscheinlich, weil die russische Regierung natürlich die Haushaltsmittel an einheimische Wettbewerber auslegen wird. Das Interview führte Jens Böhlmann, AHK Moskau 54 Modernisierungsoffensive in Russland „Der Know-how-Transfer an die Grenzen findet erst jetzt statt“ Interview mit Olaf Metzger, Managing Director Rhenus Logistics Ein Brennpunkt bei der Verzollung sind augenblicklich die Zollposten? Ja, denn die Gesetzeslage hat sich verändert. Die Regierung der Russischen Föderation hat entschieden, die Ballungsgebiete zu entlasten und die Kontrolle der Zolleinnahmen zu verstärken. Im vergangenen Jahr wurden deshalb in Moskau und im Gebiet Moskau 45 Zollposten in kurzer Zeit geschlossen. Für unsere Kunden und uns hieß das, Waren die dort gelagert waren, konnten nur mit großer Verzögerung und Aufwand verzollt werden, und Waren die dorthin unterwegs waren, mussten zu anderen Zollstationen umgeleitet werden. Um jedoch dort Waren verzollen zu dürfen, muss der Kunde registriert sein, was wiederum bedeutet, sich mit allen Papieren anmelden zu müssen. Und wie genau wird verzollt? Bevor wir für einen Kunden tätig werden können, brauchen wir alle Dokumente: Handelsverträge, Rechnungen, Zertifikate, Produktbeschreibungen etc. Mit diesen Dokumenten gehen wir zur Zollbehörde und stimmen ab, dass die Waren zu den Konditionen und Preisen, die in den Verträgen festgehalten sind, nach Russland geliefert werden können. Manchmal müssen für Russland noch Zusatzzertifikate erbracht werden. Nach welchen Kriterien wählen sie den Zollposten aus? Wir haben von Anfang an mit mehreren Zollposten gearbeitet, weil einige Zollposten auf bestimmte Waren spezialisiert sind: Es gibt Akzise-Zollposten, die ausschließlich mit Akzise belegte Waren verzollen - diese Waren dürfen nur dort verzollt werden. Wie wichtig Erfahrung ist, macht ein Beispiel deutlich: Vor zehn Jahren haben wir für einen deutschen Hersteller die ersten LKW innerhalb einer Woche verzollt, heute sind es fünf LKW pro Tag innerhalb von drei Stunden. Dabei hat jede Zolldeklaration mehrere Hundert Zolltarifnummern. Es gibt maximal noch Stichproben. Was soll mit der Verlagerung der Zollposten erreicht werden? Ein entscheidender Grund sind die Staus in den Ballungszentren, die im Wesentlichen durch die LKW verursacht werden. Mehrere Hundert LKW, deren Ware für Moskau bestimmt ist, fahren täglich zur Verzollung von Sankt Petersburg und zurück. Neben der Entlastung der Verkehrswege liegt das Ziel in der Verstärkung der Kontrolle über die Einfuhrabgaben. Germany Trade & Invest www.gtai.de 55 Infrastruktur Die Einnahmen durch den Zoll sind ein wesentlicher Bestandteil des Staatshaushaltes, deshalb will der Staat die volle Kontrolle über die Verzollung erlangen und auch die Gebühren einnehmen, die derzeit noch am Staatssäckel vorbei wandern. Verfügen die Zollposten an den Außengrenzen schon über die Infrastruktur zur schnellen Abwicklung der Güter? Das wüssten wir auch gern, denn die Zollposten im Inland wurden geschlossen, bevor die Infrastruktur an den Grenzen etabliert war. Der Hauptwarenstrom aus Westeuropa erreicht Russland über die M1 via Brest, Smolensk. Wir sind in Richtung Staatsgrenze gefahren und haben festgestellt, dass es eine Infrastruktur nur in ersten Zügen gibt. Für die Abfertigung des Warenstromes ist sie weder ausreichend noch geeignet. Pro Tag passieren bis zu 3.000 Transportmittel diese Grenze. Die an den Grenzen existierenden Zollämter sind es gewohnt, Problemverzollungen zu bearbeiten, nicht jedoch korrekt vorbereitete mit allen Dokumenten und allen Zolltarifnummern ausgestattete Ware. Das bedeutet, dass wir die veRubeleibende Zeit bis zur endgültigen Umstellung nutzen, um quasi die Zöllner an eine normale Importverzollung heranzuführen. Die jeweilige Leitung der Zollämter unterstützt uns sogar dabei. Kurz gesagt, ein Transfer des Know-how von den Inlandszollposten an die Grenzen findet erst jetzt statt. Wie sind die Zollämter mit IT ausgestattet? Augenblicklich können die Zollämter den Ansturm in halbwegs vertretbarer Zeit bewältigen. Was man zur Verzollung braucht, ist neben einem Zollposten ein SVX - also ein Lager zur zeitweiligen Aufbewahrung, zum Beispiel für Sammelgüter, die dort in der Zeit der Zollabfertigung bis zu 20 Tage zwischengelagert werden und wo „Problemfälle“ durch den Zoll beschaut werden. Der Preis in einem SVX ist höher als in einem normalen Lager und muss vom Kunden übernommen werden. Praktisch funktioniert das allerdings so, dass der Kunde zuerst alle Begleitdokumente an uns übergibt, wir prüfen das gemeinsam mit dem Zoll und erst dann fährt der LKW los. Wann ist mit einer normalen Abfertigung an den Außengrenzen zu rechnen? Dieser Prozess wird noch einige Jahre in Anspruch nehmen, wobei wir als Spediteur davon auch profitieren, weil es unsere Aufgabe ist, die Probleme des Kunden zu lösen. Augenblicklich betreiben wir mit einem russischen Partner ein SVX, aber perspektivisch wollen wir auch ein eigenes SVX errichten. Wie sind die Bestimmungen für ein solches Lager? Das hängt alles von den Erläuterungen zur Zollunion zwischen Russland, Kasachstan und Weißrussland ab. Steht aber noch nicht fest. Wir stehen - vermittelt über die AHK - mit dem Föderalen Zolldienst (FTS) in Verbindung, um eine Genehmigung zum Bau eines solchen Lagers in Smolensk zu erwirken. Wir sind auch sehr gern bereit, unser internationales Know-how dem FTS zur Entwicklung der Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Wie genau die Regelungen der Zollunion in der Praxis umsetzbar sein werden, wird die Erfahrung zeigen - die Tarife sind bestätigt. Wahrscheinlich werden aber die Tarife vorerst nur innerhalb der Union umgesetzt. Wir gehen davon aus, dass die Zollkontrolle an den Außengrenzen der Union stattfinden wird, die eigentliche Verzollung aber in Russland. 56 Modernisierungsoffensive in Russland Sehen Sie sich in ihrer Arbeit mit dem Problem Korruption konfrontiert? Wir verzollen an mehreren Zollposten. Diese Zollposten haben Vorgaben, wie hoch ihr Anteil am Gesamtbudget aller Zolleinnahmen sein muss. Zusammen mit unseren Kunden ist der Anteil unserer Waren, die an einem Posten verzollt werden, hoch - das bedeutet, wir können gegenüber der Leitung des Zollpostens unsere Position deutlich machen. Sollten Probleme auftreten, sind wir in der Lage, die Abwicklung auch an einem anderen Zollposten zu organisieren. Augenblicklich drängen viele neue Kunden auf den russischen Markt. Wir weisen jeden Neukunden auf die Wichtigkeit einer ordentlichen Vorbereitung zur Sicherstellung ordnungsgemäßer Verzollungen hin. Neue Firmen bedeuten mehr Fracht, die über die inländische Infrastruktur geleitet werden muss. In welchem Zustand befindet sich diese? Wir wollen in Smolensk verzollen, um dann die Ware direkt nach Zentralrussland, Süden oder Norden zu leiten, aber die Möglichkeiten sind begrenzt. Wir haben eine alternative Route südlich der M1 über Gomel-Brjansk geprüft, aber die Voraussetzungen sind einfach nicht gegeben. Es gibt an dieser Straße weniger Tankstellen, die mit Tankkarten arbeiten, weniger Motels, wenig bewachte Parkplätze, wenig Restaurants und Cafés. In diese Art der Infrastruktur und in den Straßenzustand müssen Milliarden Rubel investiert werden. Gibt es Alternativen zur Straße? Wir haben ein Joint Venture mit dem Hafen im Moskauer Süden, über den wir ganze Züge abfertigen wollen, um die Straße zu entlasten. Außerdem würde es deutlich weniger Geld kosten. Es gibt auch die Wege über See, entweder über Noworossijsk oder Wladiwostok weiter nach Moskau. Wie lange ist die Fracht unterwegs? Unterschiedlich, ein bis zwei Wochen. Was ist mit dem Sankt Petersburger Hafen? Der Petersburger Hafen ist dauerhaft überlastet und kann nicht ausgebaut werden, weil er sich innerhalb der Stadtgrenzen befindet. Außerdem werden zukünftig auch noch Zollstationen in Sankt Petersburg geschlossen, so dass sich dieser Weg zunehmend als Nadelöhr erweist. Wir speditieren neben Sankt Petersburg über Riga, Tallinn oder Klaipeda, wo wir die Dauer und die Art der Abwicklung garantieren können. Das Interview führte Jens Böhlmann, AHK Moskau Germany Trade & Invest www.gtai.de 57 Energiewirtschaft, Energieeffizienz Energiewirtschaft, Energieeffizienz 2. Energiewirtschaft, Energieeffizienz Russland gehört zu den größten Energieproduzenten der Welt, aber auch zu den größten Verschwendern. Das Land verfügt über ein Viertel der Weltgasreserven, ein Fünftel der Kohlevorkommen und über 6% der Weltölreserven. Doch diese reichen Ressourcen machen Versorger und Verbraucher anfällig für einen verschwenderischen Umgang mit Strom und Wärmenergie. Die Energieintensität der russischen Wirtschaft ist fast viermal so groß wie die der deutschen. Konkret heißt das: Um 1.000 US$ Bruttoinlandsprodukt zu erzeugen, verbraucht Russland 0,4 Tonnen Öläquivalent, Deutschland nur knapp über 0,1 Tonnen („Key World Energy Statistics“ für 2007). Erst in jüngster Zeit setzt allmählich ein Umdenken ein. Zum einen haben die Rohstoff- und Energiekonzerne verstanden, dass sie jede im Inland eingesparte Energieeinheit viel teurer auf den Exportmärkten verkaufen können. Zum anderen können Privat- und Industrieverbraucher längst nicht mehr so sorglos mit Strom, Gas, Öl und Wärme umgehen wie in der Vergangenheit, weil die Regierung die Energiepreise jedes Jahr kräftig anhebt. Außerdem ist der Energiesektor Umweltverschmutzer Nummer eins im Land: Nach Angaben der Regierung entstehen mehr als 50% aller Luftschadstoffe, 20% der Abwässer und 70% der Treibhausgase bei der Produktion von Strom und Wärme. Wesentlicher Bestandteil der Modernisierungsstrategie Russlands ist es daher, sparsamer mit den Ressourcen umzugehen und sie zielgerichteter einzusetzen. Präsident Dmitri Medwedjew hat das Ziel ausgegeben, den Primärenergieverbrauch des Landes bis 2020 um 40% zu senken gegenüber dem Niveau des Jahres 2007. Um den wichtigen Energiesektor nachhaltiger, effizienter und ökologischer zu machen, sind enorme Investitionen nötig. Der im Jahr 2009 erstellte Entwurf einer „Energiestrategie der Russischen Föderation bis 2030“ sieht Investitionen von umgerechnet 1,4 Billionen Euro vor, davon allein für den Brennstoff- und Energiebereich 1 Billion Euro. 2.1 Der russische Energiemarkt Die Energiewirtschaft ist für Russlands Volkswirtschaft immens wichtig. Auf sie entfällt ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts, die Hälfte des wertmäßigen Exportvolumens und durch Abgaben, Steuern und Zölle ein hoher Anteil an den Staatseinnahmen. Moskau hat deshalb seine Kontrolle vor allem bei der Rohölförderung und -verarbeitung in den letzten Jahren erhöht. Weitgehend privatisiert dagegen wurde die Stromerzeugung - bis auf Wasser- und Kernkraftwerke. Dabei hat die Regierung auch ausländische Investoren ins Land gelassen, unter anderem E.on (Deutschland), Enel (Italien) und Fortum (Finnland). Gasprom konnte sich ein Drittel Marktanteil sichern. Die Stromfernleitungen veRubeleiben unter staatlicher Kontrolle der Föderalen Netzgesellschaft OAO FSK, die überregionalen Stromleitungsnetze unter Kontrolle der Interregionalen Verteiler-Netzgesellschaften (zusammengefasst zur Holding OAO MRSK). Die neuen Kraftwerksbesitzer mussten sich zu anspruchsvollen Investitionsplänen verpflichten, die allerdings durch die niedrigen Energietarife im Land ein Refinanzierungsrisiko bergen. Die Preise für Elektrizität und Gas werden vom Föderalen Dienst für Tarife (www.fstrf.ru) festgelegt und liegen immer noch erheblich unter Weltmarktniveau. Die Inlandspreise für Elektrizität betragen etwa ein Viertel, für Gas ein Fünftel der Weltmarktpreise. Allerdings sind so genannte „kommer- 58 Modernisierungsoffensive in Russland zielle“ Lieferungen - hauptsächlich Neuanschlüsse - schon heute doppelt so teuer wie der staatlich regulierte Inlandspreis. Das Energieministerium erwartet für 2010 einen durchschnittlichen Anstieg der Preise für Elektroenergie von 13,5 bis 14,0%, für 2011 von 25% gegenüber 2010. Um den Inlandsverbrauch von Gas zu verringern, soll der Anteil von Kernenergie, Wasserkraft und Kohle an der russischen Elektrizitätserzeugung in Zukunft massiv ausgebaut werden. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung zur Erfüllung der von Russland eingegangenen Gasexport-Verpflichtungen in den nächsten Jahren sowie zur Auslastung der neuen Pipelines wie North Stream und South Stream. Erzeugung von Elektro- und Wärmeenergie in Russland Jahr 2005 2006 2007 2008 2009 davon durch Atomkraft durch Wasserkraft Stromerzeugung in Mrd. kWh 953 996 1.016 1.037 992 164 176 Zuwachs in % Erzeugung von Wärmeenergie in Mio. Gigakalorie (Gcal) 2 1.418 5 1.459 2 1.412 2 1.378 -5 1.341 0 6 - Zuwachs in % -1 2 -4 -2 -1 - Quelle: Föderaler Statistikdienst 2.2 Geschäftschancen beim Ausbau der Stromerzeugung 2.2.1 Fossile Energieträger und große Wasserkraftwerke Russlands Stromwirtschaft ist bis auf die Atom- und Wasserkraftwerke komplett privatisiert. Bis Mitte 2008 entstanden aus dem einstigen Monopolisten RAO EES 20 neue Erzeugergesellschaften (6 Großerzeuger-Gesellschaften - OGK - und 14 Territoriale Erzeuger-Gesellschaften - TGK). Sie wurden an private Investoren verkauft, die sich zu einem Ausbau und einer Modernisierung der Kraftwerkskapazitäten verpflichten mussten. Die Regierung ging dabei ursprünglich von einer Verdoppelung des Stromverbrauchs in Russland von 980 Mrd. kWh (2006) auf 1.700 Mrd. bis 2.000 Mrd. kWh im Jahr 2020 aus. Dafür sollte sich die Gesamtleistung der Kraftwerke im Land von 220 GW (2006) auf 350 GW bis 400 GW (2020) erhöhen. Der Investitionsbedarf wurde inklusive Atom- und Wasserkraftwerken auf 7,2 Bill. Rubel geschätzt (damals umgerechnet über 200 Mrd. Euro). Wegen des starken Konjunktureinbruchs im September 2008 und der Energiesparanstrengungen wächst die Stromnachfrage in Russland seit 2008 jedoch nicht mehr so stark wie ursprünglich geplant (4 bis 5% p.a.). Inzwischen gehen Experten nur noch von einem jährlichen Anstieg des Ener- Germany Trade & Invest www.gtai.de 59 Energiewirtschaft, Energieeffizienz gieverbrauchs von maximal 3% für den Zeitraum 2010 bis 2020 aus. Damit würden 2020 im Land 1.300 Mrd. bis 1.400 Mrd. kWh Elektroenergie nachgefragt. Die revidierten Prognosen ergeben somit einen Neubau-Bedarf von Kraftwerkskapazitäten im Umfang von knapp 73 GW in den kommenden zehn Jahren. Zugleich müssten etwa 30.000 Kilometer Stromleitungen und 94.000 MVA Transformatorenleistung zusätzlich installiert werden, hat die Agentur für Prognosen der Energiewirtschaft (APBE) Ende 2009 errechnet. In den vergangenen Jahren blieb der Kraftwerksbau weit hinter den ambitionierten Zielen zurück. Nach Angaben des Energieministeriums wurden 2008 und 2009 jeweils nur 2.000 MW neue Leistung installiert. Für 2010 wird ein Volumen von 6.000 MW erwartet. Das ist nur ein Viertel der ursprünglich avisierten Zusatzkapazitäten. Ungeachtet der notwendigen Kraftwerksneubauten ist der Modernisierungsbedarf in den bestehenden Anlagen immens. Eine Untersuchung der Branchenexperten Teider und IT Energy Analytica hatte Ende 2009 ergeben, dass in den russischen Wärmekraftwerken 77% aller Turbinen und 80% aller Kessel verschlissen sind. Bei Generatoren betrug der theoretisch errechnete Abnutzungsgrad sogar 103%. Nur jede fünfte Turbine könnte ohne Investition weiter betrieben werden. Geplante Effizienzsteigerungen in Russlands Stromwirtschaft Kennziffer 2008 Wirkungsgrad der Kohlekraftwerke, in % 34 Wirkungsgrad der Gaskraftwerke, in % 38 Wirkungsgrad der Kernkraftwerke, in % 32 Brennstoffverbrauch, in Gramm Brenn335 stoffeinheit je erzeugter kWh Verluste bei der Stromübertragung, in % 13 2020 min. 38 min. 50 min. 34 300 2030 min. 41 min. 53 min. 36 270 max. 10 max. 8 Quelle: Energy Forecasting Agency APBE (www.e-apbe.ru) Gute Geschäftschancen bieten sich auch beim Rückbau und der Entsorgung stillgelegter Kraftwerksanlagen. Nach Informationen des Energieministeriums planen die russischen Stromerzeuger, bis 2020 fast 15 GW verschlissene Kapazitäten vom Netz zu nehmen. Dabei handelt es sich überwiegend um Technologie, die seit mehr als 50 Jahren im Einsatz ist und einen sehr geringen Wirkungsgrad hat. Das Energieministerium selbst hält die Stilllegung von rund 30 GW für zweckmäßig. Um an Aufträge für den Ausbau der Stromerzeugung in Russland zu kommen, empfiehlt sich als Einstieg das Internetportal B2B-Energo (www.b2b-energo.ru). Über dieses elektronische Handelssystem wickeln die meisten der großen russischen Energiekonzerne ihre Ausschreibungen und Anschaffungen ab. Die Föderale Stromnetzgesellschaft OAO FSK EES veröffentlicht ihren Beschaffungsbedarf auf der Internetseite www.fsk-ees.ru/custom.html, die Holding MRSK (interregionale Stromnetze) unter www.holding-mrsk.ru/custom/notification/ und www.tzselektra.ru. 60 Modernisierungsoffensive in Russland Russlands Kraftwerksbetreiber im ÜbeRubelick KraftwerksInternetseite HaupteigenZahl der gesellschaft tümer/ StrateKraftwerke / gischer Investor Gesamtkapazität in MW OGK-1 www.ogk1.com FSK EES, 6 / 9.530 RusHydro OGK-2 www.ogk2.ru Gasprom 5 / 8.700 OGK-3 www.ogk3.ru Norilski Nikel 6 / 8.400 OGK-4 www.ogk-4.ru E.on 5 / 8.630 OGK-5 www.ogk-5.com Enel 4 / 8.700 OGK-6 www.ogk6.ru Gasprom 6 / 9.100 TGK-1 www.tgc1.ru Gasprom 25 / 6.200 TGK-2 www.tgc-2.ru Sintes 21 / 2.500 TGK-3 (Mosenergo) TGK-4 www.mosenergo.ru Gasprom 21 / 10.700 www.tgk-4.ru Oneksim 10 / 3.300 TGK-5 www.tgc5.ru KES-Holding 11 / 2.500 Kraftwerksstandorte (Regionen) Jekaterinburg, Orenburg, Moskauer Gebiet, Chanty-Mansijsk, Perm, Jamal-Nenzen Pskow, Jekaterinburg, Stawropol, Tjumen, Tscheljabinsk Burjatien, Kostroma, Komi, Tschita, Tula, Tscheljabinsk Krasnojarsk, Smolensk, Chanty-Mansijsk, Moskauer Gebiet, Perm Twer, Stawropol, Jekaterinburg Rostow-amDon, Leningrader Gebiet, Rjasan, Krasnojarsk, Wologda Murmansk, Karelien, Sankt Petersburg Archangelsk, Wologda, Kostroma, Nowgorod, Twer, Jaroslawl Moskau Belgorod, Brjansk, Woronesch, Lipezk, Kaluga, Kursk, Orjol, Rjasan, Smolensk, Tula Kirow, Mari El, Udmurtien, Tschuwaschien Germany Trade & Invest www.gtai.de 61 Energiewirtschaft, Energieeffizienz Russlands Kraftwerksbetreiber im ÜbeRubelick (Fortsetzung) KraftwerksInternetseite HaupteigenZahl der gesellschaft tümer/ StrateKraftwerke / gischer Investor Gesamtkazität in MW TGK-6 www.tgc6.ru KES-Holding 19 / 3.100 TGK-7 www.votgk.com KES-Holding 28 / 6.900 TGK-8 www.tgk-8.ru Lukoil 27 / 3.600 TGK-9 www.tgk9.ru KES-Holding 26 / 3.300 TGK-10 www.fortum.ru Fortum 12 / 3.100 TGK-11 www.tgk11.com Inter RAO EES, FSK TGK-12 www.kuzbassenergo.ru SUEK TGK-13 www.tgk13.ru SUEK TGK-14 www.tgc-14.ru Energopromsbyt (RZhD) Ewrosibenergo www.eurosib.ru En+ Group GidroOGK (RusHydro) www.rushydro.ru mehrheitlich staatlich 2 / 2.000 11 / 4.400 9 / 2.500 6 / 600 5 / 19.500 26 / 23.000 Kraftwerksstandorte (Regionen) Wladimir, Iwanowo, Pensa, Mordowija, Nischnij Nowgorod Uljanowsk, Samara, Saratow, Orenburg Astrachan, Wolgograd, Dagestan, Rostowam-Don, Stawropol, Krasnodar Perm, Jekaterinburg, Komi Tjumen, Tscheljabinsk Tomsk, Omsk Kemerowo, Altai Krasnojarsk Burjatien, Tschita Krasnojarsk, Irkutsk, Nischnij Nowgorod Nordkaukasus, Wolga-Region, Sibirien, Amurgebiet Quellen: RAO EES, GidroOGK, Wirtschaftszeitschrift „Expert“ Investitionspläne der Stromerzeuger Wasserkraft Für den Bau und Betrieb von Wasserkraftwerken in Russland ist hauptsächlich der Konzern GidroOGK (RusHydro, www.rushydro.ru) zuständig. Ende 2009 betrug die installierte Kapazität in den 53 Objekten des Unternehmens insgesamt 25.300 MW. Die Kraftwerke stehen vor allem entlang der Wolga, im Kaukasus und an den sibirischen Strömen (Jenissej, Angara). RusHydro befindet sich noch mehrheitlich in staatlicher Hand und dies wird wegen der strategischen Bedeutung der Wasserkraftwerke auch in absehbarer Zukunft so bleiben. Damit entfallen die meisten der anstehenden Investitionen in diesem Sektor auf den Staatskonzern. Nur bei einigen Vorhaben, wie den Wasserkraftwerken Bogutschanskaja und Nischnebogutschanskaja sind private Unternehmen beteiligt, die sich so Energiekapazitäten für ihre Produktion sichern wollen (in diesem Fall Rusal für seine Aluminiumschmieden in Sibirien). 62 Modernisierungsoffensive in Russland Einer der größten privaten Stromerzeuger ist die zur En+ Group (Oleg Deripaska) gehörende Ewrosibenergo. Ewrosibenergo betreibt aktuell vor allem große Wasserkraftwerke bei Krasnojarsk und ist für Ausrüstungslieferanten ebenfalls ein wichtiger Ansprechpartner. Das Energieunternehmen will laut russischen Zeitungsmeldungen bis 2020 für 5 Mrd. Euro neue Kapazitäten von 5.000 MW aufbauen. Dazu gehören neben Staudämmen auch ein zusätzlicher 400 MW-Block im Wärmekraftwerk Awtosawodsk bei Nischni Nowgorod. Neubauprojekte ab 300 MW für Stromerzeugung durch Wasserkraft in Russland Bezeichnung Region Kapazität in MW Geplanter Zeitraum für Inbetriebnahme Gezeitenkraftwerke Mesenskaja PES Archangelsk 4.000 2016 bis 2020 Tugurskaja PES Chabarowsk 3.580 2016 bis 2020 Pumpspeicherwerke Pumpspeicherwerk Leningrader Gebiet, Fluss 1.560 2011 bis 2015 Leningradskaja Schapscha Pumpspeicherwerk Wladimir, Fluss Kljasma 800 2016 bis 2020 Wladimirskaja Pumpspeicherwerk Kursk 465 2011 bis 2015 Kurskaja Pumpspeicherwerk Moskauer Gebiet, Fluss 660 2011 bis 2020 Wolokolamskaja Sestra Pumpspeicherwerk Twer, Fluss Tudowka 1.300 2016 bis 2020 Zentralnaja Wasserkraftwerke Agwali Dagestan, Fluss Andijskoje 220 2011 bis 2015 Kojsu Inchojskaja Dagestan, Fluss Andijskoje 200 2016 bis 2020 Kojsu Labinskaja Krasnodar, Fluss Laba 600 2011 bis 2015 Mokskaja Burjatien, Fluss Witim 1.410 2016 bis 2020 Telmamskaja Irkutsk, Fluss Mamakan 450 2016 bis 2020 Nischnebogutschanskaja Krasnojarsk, Fluss Angara 600 2016 bis 2020 Motyginskaja Krasnojarsk, Fluss Angara 1.320 2016 bis 2020 Krapiwinski gidrousel Kemerowo, Fluss Tom 300 2011 bis 2015 Tuwinskie GES Tywa, Fluss Bolschoi 1.500 2016 bis 2020 Jenissej Nischneburejskaja Amurskaja Gebiet, Fluss 321 2011 bis 2015 Bureja Gramatuchinskaja Amurskaja Gebiet, Fluss 300 2011 bis 2015 Seja Kankunskaja Jakutien, Fluss Timpton 1.300 nach 2020 Quelle: Generalschema für die Errichtung von Objekten für die Elektroenergie bis 2020 (in der Fassung vom Februar 2008, aktualisiert Frühsommer 2010) Germany Trade & Invest www.gtai.de 63 Energiewirtschaft, Energieeffizienz Neubauprojekte für Kraftwerke auf Kohle- oder Gas-Basis in Russland Bezeichnung Region Kapazität Geplanter in MW Zeitraum für Inbetriebnahme Kohlekraftwerke Medweschegorskaja TES Nowgorodskaja TES Murmanskaja TEZ-2 Kaluschskaja TES Petrowskaja TES 64 2.640 2016 bis 2020 TGK-1 Nowgorod Murmansk Kaluga Moskauer Gebiet (Schatura) Mutschkapskaja TES Tambow Mordowskaja GRES Republik Mordowien Nikolskaja GRES Pensa Kamyschinskaja TES Wolgograd Rostowskaja TES Rostow-am-Don Serowskaja TES-2 Swerdlowskaja Gebiet Talizkaja TES Swerdlowskaja Gebiet Wawoschskaja TES Udmurtien Olon-Schibirskaja Burjatien TES Baikalskaja TES Irkutsk Nowokusnezkaja TES Kemerowo Kusbasskaja TES Kemerowo Beresowskaja TES Krasnojarsk Omskaja TEZ-6 Omsk Charanorskaja TES-2 Tschita Tataurowskaja GRES Tschita Neues KohlekraftSachalin werk Sachalin Urgalskaja TES Chabarowsk TES Chabarowski Chabarowsk Krai Gaskraftwerke TEZ Parnas Sankt Petersburg 1.980 540 450 2.640 2011 bis 2015 2011 bis 2015 2011 bis 2020 2011 bis 2020 TGK-2 TGK-1 TGK-4 TGK-3 1.980 2.640 2.640 1.320 2.640 660 1.320 1.320 3.600 2011 bis 2020 2011 bis 2020 2011 bis 2020 2011 bis 2015 2011 bis 2020 2011 bis 2015 2011 bis 2015 2011 bis 2015 2011 bis 2015 TGK-4 TGK-6 TGK-6 TGK-8 OGK-6 OGK-2 TGK-9 TGK-5 TGK-14 660 660 660 3.300 600 2.400 1.200 900 2011 bis 2020 2011 bis 2015 2016 bis 2020 2011 bis 2020 2011 bis 2020 2011 bis 2015 2011 bis 2015 2011 bis 2020 3.600 2.640 2011 bis 2015 2011 bis 2020 TGK-14 TGK-12 TGK-12 TGK-13 TGK-11 TGK-14 TGK-14 Sachalinenergo DGK DGK 400 2011 bis 2015 Mostowskaja TES Noworossijskaja TES TEZ Beresniki Urengoiskaja TES-2 1.600 400 400 1.200 2011 bis 2020 2011 bis 2015 2011 bis 2015 2011 bis 2015 Modernisierungsoffensive in Russland Karelien Regionaler Stromversorger und voraussichtlicher Betreiber Krasnodar Krasnodar Perm Tjumen EwroSib Energo TGK-8 TGK-8 TGK-9 TGK-10 Neubauprojekte für Kraftwerke auf Kohle- oder Gas-Basis in Russland (Fortsetzung) Bezeichnung Region Kapazität Geplanter Regionaler in MW Zeitraum Stromfür Inbetrieb- versorger und nahme voraussichtlicher Betreiber Dampfgenerator Autonomer Kreis der 1.200 2011 bis 2015 TGK-10 (PGU) Tarko-Sale Jamal-Nenzen TES Irkutsk Irkutsk 450 2015 bis 2020 TGK-14 Neues Gaskraftwerk Sachalin 800 2011 bis 2015 SachalinSachalin energo Kraftwerke auf Basis von Begleitgas aus der Ölförderung PGU Orenburg Orenburg 800 2011 bis 2015 Norden des Gebiets Irkutsk 300 2011 bis 2020 Irkutsk (Ust-Kutski oder Kirenski rajon) Werchnetschonskaja Irkutsk 200 2011 bis 2015 TGK-14 PGU Anmerkungen: TES = Wärmekraftwerk (russ. Teplowaja elektrostanzija, Stromerzeugung); TEZ = Heizkraftwerk (russ. Teploelektrozentral, Stromund Wärmeerzeugung), GRES = großes, überregional bedeutendes Wärmekraftwerk (russ. Gosudarstwennaja rajonnaja elektrostanzija, Stromerzeugung); PGU = Gas- und Dampf-Kombikraftwerk (russ. Parogasowaja ustanowka, Strom- und Wärmeerzeugung) Quelle: Generalschema für die Errichtung von Objekten für die Elektroenergie bis 2020 (in der Fassung vom Februar 2008, aktualisiert im Frühsommer 2010) 2.2.2 Erneuerbare Energiequellen In der Regierungsverordnung Nr. 1-r vom 8.1.2009 wird die Notwendigkeit des Einsatzes erneuerbarer Energiequellen für die Sicherheit der Stromversorgung in Russland unterstrichen. Doch bislang spielen alternative Energien in der Energiebilanz mit Ausnahme der Wasserkraft nur eine untergeordnete Rolle. Ihr Anteil liegt bei unter 1% der gesamten Stromproduktion. Solar- und Windkraft werden gegenwärtig kaum genutzt, allenfalls Holz (Pellets) und Biomasse können in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. Im Bereich der Agrarrohstoffe setzt sich der Trend - ausgehend von einem niedrigen Niveau - zur verstärkten Nutzung von Biogas, -diesel und -ethanol fort. Ursprünglich hatte Russland geplant, bis 2020 den Anteil erneuerbarer Energiequellen (ohne große Wasserkraftwerke ab 25 MW Leistung) auf 4,5% der gesamten Stromproduktion zu erhöhen. Das wären 18,5 GW zusätzliche Leistung. Da bislang die staatliche Förderung von Wind, Sonne oder Geothermie kaum in Gang gekommen ist, wird dieses Ziel schwer zu erreichen sein. Experten rechnen mit maximal 1,4 GW Stromleistung aus erneuerbaren Energiequellen. Bis Oktober 2010 soll eine Regelung für die Einspeisevergütung beschlossen werden. Germany Trade & Invest www.gtai.de 65 Energiewirtschaft, Energieeffizienz Potenzial für die Nutzung von erneuerbaren Energien in Russland (in Mrd. kWh) Energiequelle Technisch Wirtschaftlich machbares Potenzial sinnvolles Potenzial Insgesamt 70.915 8.254 Kleine Wasserkraftwerke 372 205 bis 25 MW Leistung Windräder 6.517 33 Geothermie 34.905 335 Biomasse-Heizkraftwerke 412 203 Gezeitenkraftwerke 253 62 Photovoltaik 2.714 435 Solarwärme 25.742 6.982 Quelle: Forschungszentrum NIZ Atmograf, Moskau (Vortrag am 23.4.2010 in Moskau) Die Federführung bei großen Projekten für erneuerbare Energiequellen soll der staatliche Wasserkraftkonzern RusHydro übernehmen. Das Unternehmen hat neben seinen großen Staudämmen auch Pläne für Kraftwerke auf Basis von Geothermie und Windkraft. OAO RusHydro (RusGidro) Ansprechpartner: Pawel Alexandrowitsch Ponkratjew, Direktor der Abteilung für erneuerbare Energiequellen uliza Architektora Wlasowa 51, 117393 Moskau Tel.: 007/495/225 32 32, ext. 1826 E-Mail: [email protected], Internet: www.rushydro.ru Wasserkraftprojekte in Süd-Russland Mit kleinen Wasserkraftwerken wollen die südrussischen Gebiete Rostow-am-Don und Stawropol ihre Umweltbilanz bei der Stromversorgung verbessern. Wie von EU-Experten im Rahmen eines Tacis-Programms ermittelt, könnten in beiden Regionen an bestehenden Wasserwirtschaftsobjekten Generatoren eingebaut und wirtschaftlich betrieben werden. In Südrussland kostete Strom für Industrieverbraucher mit 4,6 Eurocent je Kilowattstunde schon 2008 deutlich mehr als im landesweiten Durchschnitt (3,5 Eurocent). Laut Tacis-Studien könnten mit Wasserkraft in kleinen Anlagen bis 25 MW jährlich rund 4 Mrd. kWh Elektroenergie im Süden Russland erzeugt werden. Der Regionalverwaltung Rostow-am-Don wurden 16 Projekte mit Kapazitäten zwischen 0,7 MW und 17 MW vorgeschlagen. Bei einer Gesamtleistung von 67 MW wäre pro Jahr im Gebiet ein Ertrag von 570 Mio. kWh Strom möglich. Die nötigen Investitionen liegen nach Tacis-Berechnungen bei etwa 73 Mio. Euro. Für den Stawropolski krai haben die EU-Experten 14 Standorte vorgeschlagen, an denen sich der Bau von kleinen Wasserkraftwerken lohnt. Die Gesamtleistung liegt bei ungefähr 50 MW, die jährliche Ausbeute bei 480 Mio. kWh. 66 Modernisierungsoffensive in Russland Ministerstwo promyschlennosti i energetiki Rostowskoi oblasti (Ministerium für Industrie und Energie des Gebiets Rostow) Minister: Sergej Alexandrowitsch Michalew 344050 Rostow-am-Don, uliza Sozialistitscheskaja 112 Tel.: 007/863/240 18 31, Fax: -240 19 02 E-Mail: [email protected], Internet: www.donland.ru Ministerstwo promyschlennosti, transporta, energetiki i swjasi Stawropolskogo kraja (Ministerium für Industrie, Transport, Energie und Telekommunikation des Stawropolski krai) uliza Lermontowa 155/1, 355004 Stawropol Ansprechpartner: Iwan Nikolajewitsch Sokolow (Leiter des regionalen Zentrums für Energieeinsparung) Tel.: 007/8652/94 06 83 E-Mail: [email protected], Internet: www.stavminprom.ru Windkraft Nach Berechnungen des russischen Windenergie-Verbands RAWI gab es Ende 2009 landesweit Pläne für den Bau von 6.000 MW Leistung durch Windkraft. Dazu gehörten Vorhaben im Leningrader Gebiet (75 MW), in der Region Kaliningrad (62 MW) und in Kalmückien (300 MW). Außerdem wurden Investitionen in den Regionen Krasnodar, Stawropol, Karatschajewo-Tscherkessien, Wolgograd, Altai und Jakutien angekündigt. Internationale Geldgeber warten auf klare Signale und Vergütungsgarantien, um Projekte in Russland zu starten. So hat der britisch-russische Venture-Fonds I2BF (www.i2bf.com) erklärt, innerhalb von fünf Jahren rund 80 Mio. Euro in die Errichtung von Windkraftanlagen im Leningrader Gebiet und Murmansker Gebiet investieren zu wollen. Auch ein Werk zur Herstellung von Turbinen sei geplant, teilte das Unternehmen mit. Ein Impulsgeber für die Entwicklung der Windkraft sind internationale Großereignisse, die Russland in den nächsten Jahren ausrichten wird. Entlang der Schwarzmeerküste rund um Sotschi, den Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2014, sollen große Windparks mit bis zu 1.000 MW Gesamtleistung entstehen. Siemens und Vestas haben sich bereits als Lieferanten, aber auch als Projektinitiatoren in Stellung gebracht. So hat die Siemens AG am 15.7. 2010 in Jekaterinburg eine Absichtserklärung über die Lieferung von Windkrafttechnik unterzeichnet. Siemens will bis zum Jahr 2015 Windturbinen mit einer Gesamtleistung von 1.250 MW in Russland installieren. Zum Asien-Pazifik-Gipfel 2012 (APEC) in Wladiwostok soll die bis dahin größte Windkraftanlage Russlands errichtet werden. Mit einer Gesamtleistung von 36 MW und einer jährlichen Einspeisung von 95 Mio. kWh soll der Windpark den Strombedarf der Stadt am Stillen Ozean zu 7% decken. Die Investitionskosten beziffern Experten auf 70 Mio. Euro. Das Projekt soll Russlands WasserkraftHolding RusHydro koordinieren. Beteiligen wollen sich auch die japanischen Unternehmen Mitsui und J-Power. Perspektivisch soll die Leistung der Windparks im Primorski krai 200 MW erreichen. Germany Trade & Invest www.gtai.de 67 Energiewirtschaft, Energieeffizienz RusHydro untersucht außerdem Standorte in den Regionen Krasnodar, Komi, Kalmückien und entlang der Wolga für mögliche Windkraftanlagen. Im Gebiet Murmansk plant die niederländische Windlife Energy BV einen 200-MW-Windpark (300 Mio. Euro Investitionen, www.windlifeenergy.com). Die Bauarbeiten sollen 2012 beginnen. Die Sankt Petersburger Russki weter will 110 Mio. Euro in eine 100-MW-Anlage im Nordwesten Russlands stecken. Rossijskaja Assoziazija Wetroindustrii (Russischer Verband der Windindustrie) Präsident: Igor Michailowitsch Brysgunow Poljustrowski projesd 60, 195197 Sankt Petersburg Tel.: 007/812/324 31 62, Fax: -324 48 84 E-Mail: [email protected], Internet: www.rawi.ru Geothermie Auf dem Gebiet der Geothermie bieten vor allem der Süden Russlands und die seismisch aktive Halbinsel Kamtschatka gute geologische Voraussetzungen. Hier gibt es auch die ersten Versuchsanlagen. Der Wasserkraftkonzern RusHydro betreibt derzeit nach eigenen Angaben zwei Geothermie-Kraftwerke nahe des Mutnowski-Vulkans, rund 120 Kilometer entfernt von der Gebietshauptstadt Petropawlowsk-Kamtschatski. Die Kapazität liegt bei 60 MW, wobei ein Ausbau auf 300 MW möglich ist. Außerdem plant RusHydro, bei der Ortschaft Wiljutschinsk Thermalquellen zur Erzeugung von Wärmeenergie zu nutzen (Informationen: www.geotherm.rushydro.ru). Im Krasnodarski krai kümmert sich das Zentrum für Energieeinsparung und neue Technologien (www.kubancentr.com) im Auftrag der Gebietsverwaltung um Projekte zur Nutzung von Erdwärme. Geplant sind ein halbes Dutzend Kraftwerke. Den Bau der Anlagen übernimmt das Unternehmen OAO Jugeoteplo. Das Geothermie-Potenzial in der Region wird auf 100 MW Stromerzeugung und 1.500 MW Wärmeenergie geschätzt. Solarenergie Die erste große Photovoltaik-Anlage in Russland soll im Kaukasus-Kurort Kislowodsk entstehen. Das Projekt mit einer Gesamtleistung von 12,3 MW (6,5 MW Wärmeenergie, 5,8 MW Stromerzeugung) wird vom Stawropoler Unternehmen Sfinks-9 koordiniert. Die Gesamtkosten liegen bei 3 Mrd. Rubel, wovon mindestens ein Drittel aus öffentlichen Haushalten finanziert werden soll. Daneben will Russland zunehmend in die Produktion von Solarmodulen einsteigen. Einer der Hauptfinanziers für solche Projekte ist die für die Entwicklung der Nanotechnologie zuständige Staatsholding Rusnano (www.rusnano.com). Bis Ende April hatte das Unternehmen bereits mehrere konkrete Projekte auf den Weg gebracht. Einige Beispiele: - Produktion von Solarmodulen in Nowotscheboksarsk (20,1 Mrd. Rubel Investitionen bis Ende 2011, Privatinvestor: Renowa, Produktionskapazität: 120 MW pro Jahr); - Produktion von Solarmodulen in Stawropol (5,7 Mrd. Rubel Investitionen bis 2015, Privatinvestoren: Valey Pearls Holding und Solnetschny potok, Produktionskapazität: 80 MW pro Jahr); 68 Modernisierungsoffensive in Russland - Produktion von Solarmodulen in Schuwalowo bei Sankt Petersburg, (Investitionen: 5,7 Mrd. Rubel, Privatinvestor: Module Solar AG, Produktionskapazität ab 2013: Solarmodule mit einer Leistung von 75 MW pro Jahr); - Produktion von Solarmodulen im Gebiet Krasnodar (Investitionen: 4,8 Mrd. Rubel, Privatinvestoren: Solnetschny weter und NPF Kwark, Produktionskapazität ab 2012: Solarmodule mit einer Leistung von 120 MW pro Jahr); - Produktion von Solarmodulen in Moskau (600 Mio. Rubel Investitionen bis 2012, Privatinvestor: Kwant, Produktionskapazität: 240 Quadratmeter Photovoltaik-Module pro Jahr); - Silicium-Produktion zur Herstellung von Solarzellen im Gebiet Krasnojarsk (Schelesnogorsk, zusammen mit Osteuropabank EBRD); - Produktion von Monosilan und polykristallinem Silicium für die Solarindustrie in Usole-Sibirskoje bei Irkutsk (10,6 Mrd. Rubel Investitionen, Privatinvestor: Nitol, Produktionskapazität ab 2010: 3.500 Tonnen Silicium und 200 Tonnen Monosilan pro Jahr) OOO Sfinks-9 Staromarjewskoje schosse 16, 355000 Stawropol Tel.: 007/8652/28 07 09, Fax: -29 88 97 E-Mail: [email protected], Internet: www.sfinks9.ru Rosnano c/o Sergej Borisowitsch Mostinski (Direktor für internationale Zusammenarbeit) uliza Nametkina 12A, 117420 Moskau Tel.: 007/495/542 44 44, Fax: -542 44 34 E-Mail: [email protected], Internet: www.rusnano.com Markteinstieg für deutsche Unternehmen im Bereich erneuerbare Energien Deutsche Unternehmen, die sich für den Bereich erneuerbare Energien in Russland interessieren, können sich an die Deutsche Energieagentur (dena) wenden. Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) Regenerative Energien Chausseestr. 128a, 10115 Berlin Tel.: 030/72 61 65 - 600, Fax: 030/72 61 65 - 699 E-Mail: [email protected] Internet: www.dena.de/themen/thema-international/ Energieforum Russland - www.energieforum.ru (Informationsangebot der dena zu den Themen Energieeffizienz und Nutzung erneuerbarer Energiequellen in Deutschland und Russland) Exportinitiative Erneuerbare Energien (Träger: Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, dena) www.exportinitiative.de, www.exportinitiative.bmwi.de, www.renewablesb2b.com Germany Trade & Invest www.gtai.de 69 Energiewirtschaft, Energieeffizienz 2.2.3 Wärmeenergie Die Wärmewirtschaft wurde nach 1990 in vielen russischen Regionen vernachlässigt. Folgen sind ein hoher Abnutzungsgrad des Wärmeleitungsnetzes und der Heizkessel, hohe Betriebskosten (steigender Gaspreis), das Fehlen eines einheitlichen Verwaltungssystems und Schwierigkeiten beim Netzzugang. In Moskau gibt es zudem Überkapazitäten durch mehrere Produzenten. Deshalb wurde ein neuer Entwurf des Gesetzes „Über die Wärmeversorgung“ in die Staatsduma eingebracht, der in Kürze in zweiter Lesung beraten werden wird (Stand: Anfang Juli 2010). Das Gesetz soll die Rechtsbeziehungen zwischen Produzenten, Lieferanten und Verbrauchern von Wärmeenergie regeln. Hauptziel des Gesetzes ist „die Bestimmung der Regeln des Betriebs von Wärmeversorgungssubjekten, die diese zur Sicherstellung einer möglichst qualitativ hochwertigen, wirtschaftlichen und verlässlichen Wärmeversorgung veranlasst“. Experten aus der Energiebranche erwarten, dass die Fassung der ersten Lesung vollständig überarbeitet und das Gesetz ganz auf die Modernisierung des Wärmeversorgungssystems ausgerichtet wird. Es sollen Kriterien für die zentrale Beheizung (zwei und mehr Gebäude) und dezentrale Beheizung (maximal ein Gebäude) festgelegt werden, außerdem Kriterien zur Anwendung der Ko-Generation (Produktion von Wärme und Elektrizität durch ein Energieobjekt), sowie Kriterien zur Bestimmung der Baudichte, bei der der Betrieb von Heizkesseln ineffektiv wird. Experten fordern zudem, im Gesetz Maßnahmen festzulegen, die es gestatten, einen geregelten Wettbewerb auf dem Wärmeenergiemarkt zu schaffen, und Korrekturen einzuführen, denen zufolge das Eigentumsrecht an der Wärme bei den Produzenten liegt und nicht bei den Netzbetreibern, wie es derzeit der Fall ist. Außerdem wird vorgeschlagen, ein einheitliches Verteilerzentrum zu schaffen, welches die Kooperation der Produzenten koordiniert. Des Weiteren sollen durch das Gesetz die Befugnisse der staatlichen und kommunalen Behörden im Bereich Regulierung und Kontrolle der Wärmeenergieversorgung festgelegt werden. Die Regierung und die Energieproduzenten gehen davon aus, dass die Verabschiedung des Gesetzes „Über die Wärmeversorgung“ die Reform der kommunalen Wärmewirtschaft beschleunigt und erleichtert, wodurch der Bereich für Investitionen attraktiver wird. Derzeit gelten Investitionen in die Wärmewirtschaft als sehr viel riskanter als zum Beispiel Investitionen in die Stromwirtschaft. Ein erstes Projekt mit deutscher Beteiligung im Bereich Wärmeversorgung gibt es bereits. Im Rahmen des Energiespar-Programms „Sieben Schritte zu Wärme und Licht“ der Ural-Region Swerdlowsk hilft BASF der Hauptstadt des Gebiets, Jekaterinburg, bei der Modernisierung einer 2 km langen Fernwärmetrasse. Die für die Isolierung der Rohrleitung eingesetzten Materialien stellt Elastokam her, ein Joint Venture von Nishnekamskneftechim und Elastrogran, einer Tochterfirma von BASF. 70 Modernisierungsoffensive in Russland 2.3 Geschäftschancen bei der Erhöhung der Energieeffizienz Billige Energie gehört in Russland der Vergangenheit an. Die Preise für Strom und Heizung ziehen jedes Jahr kräftig an. Laut der Agentur für Prognosen der Energiewirtschaft (APBE) steigen die Tarife für 1 kWh Strom für Endverbraucher bis 2013 um 83% auf 3,11 Rubel (im Vergleich zu 2009). Ab 2011 wird der Großhandel mit Energie vollständig liberalisiert. Nur noch die Tarife für private Haushalte werden dann reguliert. Damit steigt der Druck für die Verbraucher, in Energie sparende Maßnahmen zu investieren. Druck kommt aber auch von oberster Stelle aus dem Kreml. Die Bedeutung der Energieeffizienz für die russische Wirtschaft wurde von offizieller Seite erstmals 2008 durch Präsident Medwedjew öffentlichkeitswirksam hervorgehoben. Seitdem ist sie zum Schlüsselthema der russischen Energiepolitik geworden. Der Kremlchef hat das Ziel ausgegeben, bis 2020 den Energieverbrauch des Landes um 40% zu senken (bezogen auf 2007). Die Umsetzung steckt zwar noch in den Anfängen, wurde aber durch die Verabschiedung des Föderalen Gesetzes Nr. 261-FZ vom 23.11.2009 „Über die Energieeinsparung und die Erhöhung der Energieeffizienz“ erheblich beschleunigt. Im Gesetz sind enge Zeitpläne festgeschrieben: Bis 1.1.2011 müssen alle Gebäude und andere Bauwerke, für deren Betrieb Energieressourcen verbraucht werden, mit Zählern für den Strom-, Gas-, Wärme- und Wasserverbrauch ausgestattet sein. Für Wohnhäuser gilt der 1. 1.2012. Seit 1.1.2010 sind öffentliche Einrichtungen, Institutionen und Behörden (Verwaltungsgebäude, Krankenhäuser usw.) verpflichtet, ihren Verbrauch von Wasser, Erdgas, Heizöl, Diesel und anderen Brennstoffen, Wärme- und Elektroenergie im Laufe von fünf Jahren auf nicht weniger als 15% der Menge, die tatsächlich im Jahr 2009 von ihnen verbraucht wurde, zu verringern, dabei für jeden der genannten Energieträger mit einer jährlichen Verringerung der Menge von nicht weniger als 3%. Bis 15.5.2010 mussten staatliche und kommunale Institutionen einschließlich Unternehmen mit staatlicher Beteiligung Programme zur Energieeinsparung und zur Erhöhung der Energieeffizienz beschließen. Das Gesetz ordnet die Durchführung von Energieaudits (energetitscheskoje obsledowanie) an. Im Rahmen der Energieaudits sollen der Energieverbrauch und das Einsparpotenzial ermittelt, die Standardmaßnahmen festgelegt und ein entsprechender Kostenvoranschlag gemacht werden. Die Energieaudits haben grundsätzlich freiwilligen Charakter. Für staatliche Behörden, Unternehmen mit staatlicher Beteiligung sowie Unternehmen mit einem hohen Energieverbrauch (Ausgaben von jährlich mehr als 10 Mio. Rubel für Energieressourcen) sind die Energieaudits jedoch obligatorisch. Die obligatorischen Energieaudits sind erstmals bis zum 1.1.2012 und danach mindestens einmal alle fünf Jahre durchzuführen. Über die Ergebnisse des Energieaudits wird ein Energiepass (energetitscheskij pasport) ausgestellt, an dessen Kennziffern in den Folgejahren die Entwicklung der Energieeffizienz abgelesen werden kann. Damit entsteht ein neuer Markt für Serviceunternehmen, die entsprechende Gutachten erstellen. Energieaudits dürfen nur von Unternehmen durchgeführt werden, die Mitglied einer entsprechenden Selbstregulierungsorganisation im Sinne des Föderalen Gesetzes Nr. 315-FZ „Über Selbstregulierungsorganisationen“ sind. Die „Branchenübergreifende Assoziation für Energieeffizienz und Normierung“ (MAEN) vereinigt Energieauditoren; Mitglieder sind 15 große Selbstverwaltungsorganisationen im Bereich Energieaudit (mehr Informationen: http://portal-energo.ru/ blog/energy_audit, Register der Energieauditoren: http://portal-energo.ru/auditors/, http://maenrf.ru). Germany Trade & Invest www.gtai.de 71 Energiewirtschaft, Energieeffizienz Eine Neuerung des Energieeffizienz-Gesetzes ist der Begriff des „Energieservicevertrags“ (energoserwisny dogowor). Damit können nun auch in Russland Contracting-Gesellschaften (energoserwisnyje kompanii - ESKO) gegründet werden, die in Effizienzmaßnahmen von Unternehmen und Verwaltungen investieren und sich über die eingesparten Energiekosten refinanzieren. Zum 1.1.2011 wird russlandweit der Handel von Glühlampen mit einer Leistung von 100 Watt und mehr verboten. Ab 1.1.2013 dürfen Glühlampen mit 75 Watt und ab 1.1.2014 auch Glühlampen mit 25 Watt nicht mehr verkauft werden. Ab 1.4.2011 dürfen keine Glühlampen mehr öffentlich beschafft werden. Der massenweise Einsatz von Energiesparlampen setzt aber auch deren umweltverträgliche Entsorgung voraus. Der Chef der staatlichen Verbraucherschutzbehörde Rospotrebnadsor, Gennadi Onischtschenko, warnte bereits vor den Gefahren, die von den Quecksilberrückständen in Energiesparlampen ausgehen. Er schlägt ein umfassendes Sammel- und Verwertungssystem vor. Geht es nach den Vorstellungen von Präsident Medwejew, so sollte gleich zum Einsatz von Leuchtdioden übergegangen werden. Alle russischen Regionen und Gemeinden müssen bis zum 1.8.2010 Programme zur Energieeinsparung und Erhöhung der Energieeffizienz beschließen. Die Regionalverwaltungen sind aufgefordert, dem Präsidenten bis Ende 2010 erste Resultate ihrer Anstrengungen auf dem Gebiet der Energieeffizienz vorzuzeigen. Das erhöht den Druck in den Administrationen, Investitionsmaßnahmen auf den Weg zu bringen. Bis Anfang Juli 2010 hatten bereits 23 Regionen Pilotprojekte ergriffen. Einsparpotenzial im Rahmen des Regierungsprogramms „Energieeffizienz“ Einsparpotenzial 2010-2015 Einsparung an Primärenergie (Mio. Tonnen 300 Brennstoffeinheiten) Einsparung an Erdgas (Mrd. cbm) 110 Einsparung an Strom (Mrd. kWh) 235 Senkung des Bedarfs an neuen Kraftwerkskapa14 zitäten (GigaWatt) Senkung des Ausstoßes von Treibhausgasen 660 (Mio. Tonnen Äquivalent CO2) Einsparung an Energiekosten aller Verbraucher 2.560 (Mrd. Rubel) Einsparung an Haushaltsmitteln für Erwerb und 256 Subventionierung von Energieressourcen (Mrd. Rubel) Einnahmen durch zusätzlich möglichen Export 40 von Erdöl, Ölprodukten und Erdgas (Mrd. US$) Wirtschaftliches Potenzial durch die Senkung 9,3 des Ausstoßes an Treibhausgasen (Mrd. US$) 2010-2020 1.000 330 640 25 2.200 9.590 547 130 Anmerkung: ohne Berücksichtigung erneuerbarer Energiequellen Quelle: Vortrag Sergej Michailow (Russisches Energieministerium) auf der Fachkonferenz EMBIZ in Moskau am 10.11.2009 Um diese Einsparziele zu erreichen, soll die Energieeffizienz in allen Bereichen der Wirtschaft erhöht werden: 72 Modernisierungsoffensive in Russland 31 - Energiewirtschaft (Strom, Öl, Gas und Begleitgas) - Wärmeversorgung und Systeme der kommunalen Infrastruktur - Wohnungswirtschaft - Industrie, Landwirtschaft und Transport - öffentlicher Sektor (föderale, regionale und kommunale Ebene) In die Pflicht genommen werden sollen folgende Gruppen (= potenzielle Kunden): - öffentliche Einrichtungen, Institutionen und Behörden, - staatliche und private Unternehmen, - Eigentümer von Gebäuden, - Privatverbraucher. Vorrangige Handlungsfelder beim Energiesparen Erzeugung von Elektro- und Wärmeenergie Effizienzsteigerung bei der Energieerzeugung Nutzung erneuerbarer Energiequellen Modernisierung der bestehenden Kraftwerke Erdwärme, Geothermalquellen Einführung von energieeffizienten Technologien Sonnenenergie Steigerung des Wirkungsgrades Windenergie Umstellung auf neue Brennstoffarten Wasserenergie Weiterentwicklung von Steuersystemen Übertragung und Verteilung von Elektro- und Wärmeenergie Stromleitungen Wärmeleitungen Germany Trade & Invest www.gtai.de 73 Energiewirtschaft, Energieeffizienz Übertragung und Verteilung von Elektro- und Wärmeenergie (Fortsetzung) Einsatz von modernen Materialien und Konstruktionen bei den Fernleitungen Einsatz von modernen Dämmsystemen für die Isolierung der Leitungen Einführung von modernen elektrotechnischen Beseitigung von technischen und kommerAnlagen ziellen Verlusten Leistungsaufnahme-Kontrolle Einbau von Wärmezählern Optimierung der Stromübertragung Beseitigung von technischen und kommerziellen Verlusten Energieeffiziente Technologien in der Industrie Maßnahmen zur Energieeinsparung in der Industrie Einführung von neuen Technologien und Anlagen Effizienzsteigerung bei Prozessen Sekundäre Nutzung der Industriewärme Flächennutzungs-Management (z.B. Hallenflächen) Energieeffiziente Technologien im Transport (Personenverkehr / Frachtverkehr) Eisenbahn, Flugzeug, Lkw, Schiffe, Pipelines Steigerung der Betriebseffizienz bei bestehenden Transportarten Anwendung von modernen Lösungen zur Verkehrssteuerung Senkung des Brennstoff- und Energieverbrauchs Modernisierung der kommunalen Energieinfrastruktur Fernwärmeversorgung, Heizkraftwerke, Kesselanlagen Beurteilung des Zustands der Wärmeversorgungssysteme in jeder Region Einführung von Erfassungsgeräten/-systemen (Zählern) Modernisierung der kommunalen Versorgung mit Wärme und Heißwasser Einführung von Technologien, die auf der Nutzung von erneuerbaren Energiequellen basieren 74 Modernisierungsoffensive in Russland Beleuchtung von Straßen und Gebäuden Unterbereiche Maßnahmen zum Energiesparen Straßenbeleuchtung Energiesparlampen oder Leuchtdioden anstelle von Glühlampen Heimbeleuchtung Moderne Lichtquellen anstelle veralteter Leuchten Beleuchtung von Büro- und Verwaltungsgebäuden, Krankenhäusern etc. Beleuchtungssteuerung Beleuchtung von Flughäfen, Häfen und ähnlichen Objekten Beleuchtungssteuerung Energieeffiziente Technologien in Gebäuden Wohn- und Verwaltungsgebäude / Produktionsgebäude Einführung von Energiespar-Contracting Verbesserung der Wärmedämmung der Gebäude Einführung von Zähleinrichtungen und intelligenten Steuersystemen Austausch der Beleuchtung, automatische Steuerung der Beleuchtung Modernisierung der Leitungsnetze für Strom, Wärme und (Heiß-)Wasser Modernisierung der Raumheizsysteme Dezentralisierung der Wärmeversorgung Nutzung von Solar- und Geothermalenergie An der Umsetzung des föderalen Gesetzes „Über die Energieeinsparung und die Erhöhung der Energieeffizienz“ hapert es zur Jahresmitte 2010 allerdings. Auf der Sitzung des Präsidiums der Regierung am 21.6.2010 stellte Premier Wladimir Putin verärgert fest: „Von 40 Verordnungen und Erlassen wurden bis 1.6.2010 nur 16 beschlossen.“ Vertreter des Ministeriums für Energie und des Ministeriums für Industrie und Handel begründeten die Verzögerungen bei der Erfüllung des Aktionsplans mit „Schwierigkeiten beim Abstimmungsprozess“. Die fehlende Einigung bei einigen Rechtsakten behindert die Verabschiedung anderer. Ein weiteres Problem besteht darin, dass das Wirtschaftsministerium noch keine Muster für die Energieserviceverträge ausgearbeitet hat. Das Gesetz selbst enthält keine Ausführungen zum Inhalt der Verträge und sieht keine Mechanismen zum Schutz der Rechte der Investoren vor. Das Hauptproblem ist jedoch das Fehlen eines klaren finanziellen Mechanismus für die Implementierung des Gesetzes. Die Regierung soll laut Wirtschaftszeitung „Kommersant“ Schwierigkeiten damit haben, das Energiespar-Programm in vollem Umfang zu finanzieren. Dadurch steht hinter Germany Trade & Invest www.gtai.de 75 Energiewirtschaft, Energieeffizienz der Höhe der Subventionen für die Projekte der Regionen und Kommunen ein Fragezeichen. Schlecht steht es auch um die im Gesetz versprochenen steuerlichen Anreize für Unternehmen (Verwendung von Hochrechnungsfaktoren zu den normalen Abschreibungen, Steuergutschriften für Investitionen, Erstattung von Zinsen auf Kredite für Projekte zur Energieeinsparung) - das Finanzministerium ist nicht bereit, diese zu gewähren. Lediglich mit den Staatsgarantien für Kredite zur Realisierung von Energiespar-Projekten erklärten sich die Hüter der Staatskasse einverstanden. Außerdem ist noch unklar, wie das Schema der Zielvereinbarungen zur Energieeinsparung zwischen Unternehmen und Verwaltung funktionieren soll. Dennoch oder gerade deshalb mahnte Premier Putin, die Durchführung der Arbeiten zum Energiesparen im öffentlichen Sektor müsse noch im laufenden Jahr 2010 beginnen. Alle Ebenen der Verwaltung (Föderation, Regionen, Kommunen) müssten bei der Planung ihrer Budgets für 2011 Gelder zur Realisierung des Energiespar-Programms vorsehen. Russische Experten meinen jedoch: „Die Implementierung des Gesetzes im Budgetjahr 2010 haben wir bereits versäumt.“ Markteinstieg für deutsche Unternehmen Um deutsche Technologielieferanten bei den Vorhaben zur Erhöhung der Energieeffizienz und der Nutzung erneuerbarer Energien besser zu positionieren, wurde im Juli 2009 die RussischDeutsche Energieagentur (Rudea) gegründet (siehe Interview). Die Rudea erstellt für russische Regionen Konzepte zur Energieeinsparung. Die Agentur hatte bis Anfang April 2010 bereits Vereinbarungen mit den Gebieten Astrachan, Tomsk, Kurgan, Tscheljabinsk, Swerdlowsk, ChantyMansijsk und dem Autonomen Kreis der Jamal-Nenzen zur Ausarbeitung von Projektvorschlägen getroffen. Deutsche Hersteller von Energiespartechnik sollten sich auch direkt an die Unternehmen in Industrie, Transport und Landwirtschaft sowie die Gebietsverwaltungen in Russland wenden. Dabei sollten komplette Lösungen für die Industrie, Straßenbeleuchtung oder öffentliche Gebäude angeboten werden. Anbieter von einzelnen technischen Komponenten (wie Stromzählern) gibt es bereits in Russland. Die Geschäftschancen sind am besten in den Bereichen: - Stromerzeugung und Stromübertragung, - Modernisierung von Industrieunternehmen, - Modernisierung von Gebäuden. Mit der Erkundung der Marktchancen für ihre Produkte sollten deutsche Unternehmen bereits jetzt beginnen, sich aber aufgrund der Startschwierigkeiten bei der Implementierung des Gesetzes „Über die Energieeinsparung und die Erhöhung der Energieeffizienz“ auf längere Anlaufzeiten bei Projekten einstellen. Finanzierung von Projekten Angesichts der Bedeutung des Themas für den russischen Markt sind inzwischen auch viele internationale Organisationen und Finanzinstitute auf dem Gebiet Energieeffizienz aktiv. Die zur Weltbank gehörende International Finance Corporation (IFC) zum Beispiel will in den nächsten drei Jahren im Rahmen des „Russia Sustainable Energy Finance Programm“ rund 400 Mio. Euro für Projekte im Land bereit stellen. Bei Pilotvorhaben auf Kamtschatka wurden unter anderem Kindergär- 76 Modernisierungsoffensive in Russland ten und Schulen modernisiert. Durch die eingesparten Energiekosten amortisieren sich die Investitionen von 250 Mio. Rubel innerhalb von viereinhalb Jahren, erklärte die zuständige Projektleiterin. Das Geld wird nicht direkt von der IFC, sondern via Partnerbanken vergeben, zum Beispiel Center-Invest Bank (Rostow-am-Don) und Tatfondbank (Republik Tatarstan). Der Zugang kann entweder über die IFC selbst gesucht werden oder über russische Banken, die das Programm in Anspruch nehmen, beziehungsweise über die potenziellen Kunden - russische Unternehmen, die entsprechende Investitionen planen. Interessenten sollten sich bei der IFC melden. Das Programm wird über Büros in Moskau, Sankt Petersburg, Jekaterinburg, Rostow-am-Don und Nisehnij Nowgorod geführt. Auch die Europäische Union engagiert sich für das Thema Energieeffizienz in Russland. Brüssel finanziert noch bis Ende 2010 ein Programm, das die Regionalverwaltungen bei der Einführung von Technologien berät und ihnen hilft, Investoren für Energiesparprojekte zu gewinnen. Pilotregionen sind die Gebiete Swerdlowsk, Twer und Rostow-am-Don. Das Projekt führt ICF International durch. Außerdem hat die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) die „Russian Sustainable Energy Financing Facility“ (RUSEFF) aufgelegt. Dieses Kreditprogramm wird durch einen speziellen Aktionärsfonds der EBRD und das deutsche Bundesministerium für Umweltschutz und Reaktorsicherheit gespeist. Ziel ist die Finanzierung von Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz und zur Nutzung von erneuerbaren Energiequellen. Zielgruppe für die Kreditvergabe sind private russische Unternehmen. Die Darlehen von 500.000 bis 6,5 Mio. US$ mit einer Laufzeit bis zu 5 Jahren werden über Partnerbanken wie die Center-Invest Bank und die Promswjasbank vergeben. Projekte zu Erhöhung der Energieeffizienz im Nordwesten Russlands können auch mit Hilfe von Krediten der Nordic Environment Finance Corporation finanziert werden (www.nefco.org/projects/energy_saving). Diese arbeitet dabei ebenfalls mit Partnerbanken, wie ZAO KB Svenska Handelsbanken, zusammen. Bislang wurden Heizungen in Schulen und Kindergärten (inkl. Verlegung isolierter Rohrleitungen) modernisiert sowie Straßenbeleuchtungen auf Energiesparlampen umgerüstet. In Zusammenarbeit mit der Rudea sind auch die KfW Bankengruppe, Commerzbank, Deutsche Bank, Sberbank (Leiter der Direktion für die Verwaltung von Projekten im Bereich Energieeffizienz: Wsevolod Gawrilow), Wneschekonombank, Wneschtorgbank und Gazsprombank bereit, Projekte zu finanzieren. Die Absicherung der Geschäfte kann über Export- und Investitionsgarantien der Bundesrepublik Deutschland (www.agaportal.de) erfolgen. Finanzierung des Regierungsprogramms „Energieeffizienz“ (in Mrd. Rubel) Finanzmittel Insgesamt 1. Etappe 2. Etappe 2010 bis 2015 2016 bis 2020 Gesamtvolumen für Projekte zur 10.459 4.071 6.388 Steigerung der Energieeffizienz (ohne erneuerbare Energiequellen) darunter: Mittel aus dem föderalen Haushalt 855 285 570 Mittel aus regionalen Haushalten 957 419 538 Sonstige Finanzierungsquellen 8.647 3.363 5.280 Quelle: Russisches Energieministerium (März 2010) Germany Trade & Invest www.gtai.de 77 Energiewirtschaft, Energieeffizienz Wohnungswirtschaft Das Einsparpotenzial bei russischen Gebäuden ist enorm. Nach einer Studie von McKinsey entfallen 36% des Energieverbrauchs und knapp ein Drittel der Treibhausgase im Land auf Immobilien, davon die Hälfte auf Wohnhäuser. Gründe für diese schlechte Bilanz sind die niedrigen Energiepreise und das Bestreben, möglichst schnell möglichst viel Wohnraum zu schaffen. Als Folge verbrauchen die Plattenbauten in Moskau heute mehr als doppelt so viel Wärmeenergie wie ein Wohnhaus im klimatisch vergleichbaren Finnland. Die langfristige Konzeption zur sozio-ökonomischen Entwicklung Russlands sieht vor, dass sich die Wohnfläche pro Einwohner bis 2030 auf 42 Quadratmeter nahezu verdoppelt. Die Gesamtfläche der nicht für Wohnzwecke genutzten Gebäude soll sich um 56% erhöhen. Damit steigt der Energieverbrauch aller Immobilien im Land um 40% von 346 Mio. Tonnen Treibstoffeinheiten (2005) auf 483 Mio. Tonnen (2030). Während ein Passivhaus in Deutschland nur 0,03 Gcal (Gigakalorie) Wärmeenergie je Quadratmeter und Jahr verbraucht, liegt der Durchschnittswert selbst bei neu errichteten Gebäuden in Moskau laut McKinsey bei 0,17 Gcal. Dabei sehen die russischen Baunormen eine Obergrenze von 0,09 Gcal vor. Oft fehlt in Russland die Planungs- und Projektierungskompetenz für Niedrigenergiehäuser. Auch die Bauleute haben meist nicht die nötige Ausbildung, um Gebäude fachgerecht nach neuesten Effizienz-Aspekten zu errichten. Das gilt selbst für einfache Arbeiten wie den Einbau von Thermofenstern. 78 Modernisierungsoffensive in Russland Wie schwer es ist, Wohnraum in Russland energieeffizient zu sanieren, zeigte ein Pilotprojekt der deutschen Initiative Wohnungswirtschaft Osteuropa (IWO) in Sankt Petersburg. Am Beispiel eines Zwölfgeschossers aus dem Jahre 1984 mit 214 Wohneinheiten sollte die energetische Sanierung eines typischen russischen Plattenbaus organisiert werden. Als Bremsklötze erwiesen sich die komplizierte Antragsprozedur für Zuschüsse aus dem föderalen Sanierungsfonds für Wohnraum und die Unwilligkeit der Wohnungseigentümer, sich an den Kosten zu beteiligen. Es hat sich auch gezeigt, dass es bislang in Russland kaum spezialisierte Planer, Poliere oder Baufacharbeiter für solche Modernisierungsvorhaben gibt. Hier könnten deutsche Unternehmen ebenso ihre Dienstleistungen einbringen wie bei der Verwaltung von Mehrfamilienhäusern. Nach Informationen der IWO sind von den drei Milliarden Quadratmetern Wohnraum in Russland über die Hälfte dringend sanierungsbedürftig. Dabei hat die Regierung inzwischen die Gesetzesgrundlagen geschaffen, um Eigentümer-Genossenschaften finanziell bei der Renovierung der Wohnhäuser zu unterstützen. Bis zu 95% der Sanierungskosten am Gemeinschaftseigentum können über staatliche Zuschüsse finanziert werden. Dafür wurde ein eigener Fonds zur Förderung der Reform der Wohnungs- und Kommunalwirtschaft (Föderales Gesetz Nr. 185-FS vom 21.7.2007, www.fondgkh.ru) gegründet, der mit einem Vermögen von umgerechnet 6,5 Mrd. Euro ausgestattet wurde. Bis Anfang April 2010 hatte der Fonds bereits Förderanträge aus rund 3.200 russischen Gemeinden bearbeitet. Sie betrafen fast 90.000 Gebäude mit einer Wohnfläche von rund 350 Mio. Quadratmeter. Für die Sanierung wurden Zuschüsse von 130 Mrd. Rubel bewilligt, bei Gesamtkosten von rund 170 Mrd. Rubel. Rein rechnerisch würde die Sanierung der 90.000 Gebäude damit etwa 12 Euro je Quadratmeter Wohnraum kosten. Das allerdings reicht lediglich für kleinere Instandsetzungsmaßnahmen, die für deutsche Technologielieferanten kaum Geschäftschancen eröffnen. Wie das deutsche Pilotprojekt in Sankt Petersburg gezeigt hat, kostet die komplette und wirtschaftlich schlüssige Sanierung eines typischen Plattenbaus in einer russischen Großstadt zwischen 200 und 250 Euro je Quadratmeter Wohnfläche. Dazu gehören die Dämmung von Fassaden, Dach und Keller sowie die Strangsanierung. Trotz Zuschüssen aus dem Fonds zur Reformierung der Wohnungswirtschaft bleibt für den Wohneigentümer eine Finanzierungslücke von etwa 25% der Gesamtkosten. Das liegt an der Eigenbeteiligung von 5% und daran, dass die Fenstererneuerung generell nicht bezuschusst wird. Der Eigentümer einer 50 Quadratmeter großen Plattenbauwohnung müsste also rund 3.000 Euro aus eigener Tasche zahlen. Dafür spart er monatlich 20 Euro bei den Energiekosten. Trotzdem können sich gerade Rentner und einkommensschwache Familien die Sanierungskosten kaum leisten; die Akzeptanz zur Kreditaufnahme ist aufgrund des hohen Zinsniveaus gering. Daran scheitert meist das Gesamtprojekt. Germany Trade & Invest www.gtai.de 79 Energiewirtschaft, Energieeffizienz Einsparpotenziale bei russischen Gebäuden (Zeitraum bis 2030) Maßnahme Jährliches Kosten Einsparpotenzial Einsparpotenzial in Mrd. Euro in Mrd. Euro in Mio. t Brennstoffeinheiten Einbau von Thermostaten in beste31 11 28 henden und neu zu bauenden Wohnungen Einfache Maßnahmen zur Verbes72 11 24 serung der Wärmeisolierung in bestehenden Wohngebäuden (bessere Abdichtung von Wärmebrücken, mechanische Belüftungssysteme) Kernsanierung der Gebäude 50 74 26 (Einbau von Thermofenstern, Isolierung Boden- und Kellerbereiche, Fassadendämmung) Anwendung energieeffizienterer 67 90 28 Technologien und Materialien beim Neubau von Gebäuden Quelle: Studie „Energoeffektiwnaja Rossija“, McKinsey (Herbst 2009) Föderale Projekte Energieeffiziente Stadt (Beispiele: Workuta, Jekaterinburg, Tjumen) Energieeffizientes Stadtviertel (Beispiele: Tomsk, Kasan, Moskau) Energieeffiziente Schule Energieeffizientes Krankenhaus Energieeffizientes Heizkraftwerk Initiative Wohnungswirtschaft Osteuropa (IWO) e.V. Ansprechpartner: Bernhard Schwarz, Projektleiter Friedrichstraße 95, 10117 Berlin Tel.: 030/2067 98 02, Fax: -2067 98 04 E-Mail: [email protected], Internet: www.iwoev.org Exkurs: Neuer Trend am russischen Markt: „grüne“ Gebäude Ausländische Unternehmen in Russland sind zunehmend interessiert an Bürogebäuden, die ökologischen Standards entsprechen. Mitte Januar 2010 hat das russische Umweltministerium die Kriterien für eine freiwillige ökologische Zertifizierung von Immobilien gebilligt. Von den Bauherren genutzt werden meist der britische BREEAM-Standard oder der amerikanische LEED-Standard, obwohl inzwischen auch der deutsche Standard bei der zuständigen russischen Behörde registriert ist. Zu den Vorgaben, die „grüne“ Gebäude erfüllen müssen, gehören: 1. Heizungssysteme bei Neubauten haben den beiden höchsten Energieeffizienz-Klassen zu entsprechen; 2. Einsatz von Bewe- 80 Modernisierungsoffensive in Russland gungsmeldern für Licht; 3. automatische Türschließsysteme; 4. Einbau einer zweiten Eingangstür etc. Zur Förderung des nachhaltigen Bauens hat sich in Moskau der „ Green Building Council Russia“ gegründet. Die meisten Technologien und Materialien für „grüne“ Gebäude müssen importiert werden, weil es keine eigene Produktion in Russland gibt. Das betrifft moderne Heizungssysteme oder Belüftungsanlagen ebenso wie effiziente Regel- und Steuertechnik für Gebäude. Für deutsche Technologieanbieter ergeben sich durch diesen Trend neue Geschäftsmöglichkeiten im Bausektor. Green Building Council Russia Guy Eames, Geschäftsführer Tupolev Plaza II, office 302 15/22 Tupolev Embankment, 105120 Moskau Tel.: 007/495/778 53 70 E-Mail: [email protected], [email protected] Internet: www.rugbc.org Ausgewählte Projekte zur Erhöhung der Energieeffizienz in den Regionen Moskau Moskau gilt als aussichtsreichster Standort für die Realisierung von Energiespar-Projekten, weil die Stadt über die beste Finanzausstattung verfügt und Energie hier zugleich verhältnismäßig teuer ist. Russlands Hauptstadt verbraucht jährlich 50 Mrd. kWh Strom, fast 100 Mio. GCal Wärmenenergie und rund 30 Mrd. Kubikmeter Gas. Ein Schwerpunkt der Maßnahmen wird die Sanierung der 4.000 Kilometer langen Fernwärmetrassen in der Stadt sein, die zu 15% verschlissen sind. Das kommunale Programm zur Energieeinsparung in den Jahren 2009 bis 2011 sieht Ausgaben von 117 Mrd. Rubel vor. Das in den 1950er Jahren entstandene Allrussische Ausstellungszentrum WWZ soll zum energieeffizienten Pilotbezirk ausgebaut werden. Dabei sollen unter anderem erneuerbare Energiequellen die Energieversorgung des Geländes sicherstellen. Um Technologien auf dem Gebiet der Energieeffizienz und erneuerbaren Energien zu präsentieren, soll ab Mitte 2010 in Moskau ein entsprechendes Ausstellungs-, Beratungs- und Schulungszentrum eröffnen. Initiator ist das Moskauer Unternehmen AEnergy. Zielgruppe sind Endverbraucher, Baufirmen, Projektanten und Beamte aus den Bau- und Planungsbehörden. Hier können auch deutsche Hersteller ihre Technologien präsentieren. Administrazija goroda Moskwa (Stadtverwaltung Moskau) Departament topliwno-energetitscheskogo chosjaistwa goroda Moskwy (Abteilung für die Brennstoff- und Energiewirtschaft) uliza Bolschaja Bronnaja 14, 123104 Moskau Tel.: 007/495/609 05 89, Fax: -609 07 74 E-Mail: [email protected], Internet: www.depteh.ru Germany Trade & Invest www.gtai.de 81 Energiewirtschaft, Energieeffizienz Jekaterinburg Die Ural-Metropole Jekaterinburg und das umliegende Gebiet Swerdlowsk zählen zu den eifrigsten Umsetzern des Programms zur Erhöhung der Energieeffizienz in Russland. Dabei wurden bereits deutsche Partner wie Siemens, BASF, Viessmann, E.on und die Russisch-Deutsche Energieagentur Rudea mit ins Boot geholt. BASF will unter anderem bei der Sanierung der Wärmeleitungen in Jekaterinburg helfen. Der Wohnbezirk Chimmasch soll dabei Vorbildcharakter bekommen. Nach Siemens-Berechnungen sind in der Schwerindustrie-Region rund 3,6 Mrd. Euro nötig, um den Energieverbrauch bis 2020 um die Hälfte zu senken. Ministerstwo energetiki i ZhKCh Swerdlowskoi oblasti (Ministerium für Energie und Wohnungswirtschaft des Swerdlowsker Gebiets) Ansprechpartner: Alexander Nikolajewitsch Tschistjakow (Leiter der Abteilung für Energie sparende Technologien) Oktjabrskaja ploschtschad 1, 620014 Jekaterinburg Tel.: 007/343/362 18 E-Mail: [email protected], Internet: http://energy.midural.ru Tjumen Die westsibirische Stadt Tjumen hat einen 40 Hektar großen, zentrumsnahen Bezirk ausgewählt, in dem beispielhaft Wohngebäude energieeffizient saniert werden sollen. Dazu gehören 45 Wohnhäuser mit knapp 5.200 Wohnungen, eine Schule, ein Kindergarten und eine Poliklinik mit Neugeborenen-Station sowie Eigenheime und sonstige Immobilien. Die Stadtverwaltung hat eine Bestandsaufnahme der Energieversorgung und des -verbrauchs in dem Bezirk durchgeführt. Besonders schwierig sei es gewesen, die Wohnungseigentümer zu überzeugen, sich an dem Projekt zu beteiligen, erklärt ein Verwaltungsmitarbeiter. Die Finanzierung der Maßnahmen erfolgt über eine Contracting-Agentur, die sich durch die eingesparten Energiepreise finanziert. Die Stadt Tjumen übernimmt die Kosten für die Zinszahlungen. Geplant ist der Einbau von Wasser- und Heizungszählern, der Austausch der Beleuchtung, die Fassadendämmung und die Verglasung der Balkone. Administrazia goroda Tjumeni (Stadtverwaltung Tjumen) Ansprechpartner: Michail Leonidowitsch Namjatow (Abteilungsleiter für Energiespar-Politik) Perwomajskaja uliza 20, 625036 Tjumen Tel.: 007/3452/510 618, Mobil: 007/922/488 06 02 E-Mail: [email protected], Internet: www.tyumen-city.ru Nowotscheboksarsk Die in der Republik Tschuwaschien gelegene Industriestadt Nowotscheboksarsk will bis 2012 ein Konzept zur energetischen Sanierung aller öffentlichen Gebäude erstellen. Damit soll der Kommunalhaushalt langfristig entlastet werden. Vorgesehen ist unter anderem der Einbau von automatischen Temperaturmessgeräten und Zuluftventilatoren (72 Mio. Rubel), die Gebäudesanierung (Fenster, Leitungssysteme) für 140 Mio. Rubel und ein Austausch der Beleuchtungsmittel (15 Mio. Rubel). Gleichzeitig sollen 520 Mehrfamilienhäuser in Tscheboksary mit Zählern für die Wärmeversorgung ausgestattet werden und neue Leitungssysteme bekommen. Insgesamt rechnet die Stadtverwaltung mit Kosten von über 1 Mrd. Rubel für die Energieeffizienz-Maßnahmen. 82 Modernisierungsoffensive in Russland Administrazija goroda Nowotscheboksarsk (Stadtverwaltung Nowotscheboksarsk) Ansprechpartner: Wjatscheslaw Wladimirowitsch Wolgin (Vize-Bürgermeister) 429951 Nowotscheboksarsk, uliza Winokurowa 14 Tel.: 007/8352/73 84 26, Fax: -74 00 47 E-Mail: [email protected], Internet: http://gov.cap.ru/main.asp?govid=82 Workuta Der Stromkonzern KES-Holding will bis 2015 bis zu 40 Mrd. Rubel investieren, um eine effizientere Nutzung von Wärmeenergie in verschiedenen Regionen zu erreichen. Dazu gehört auch Workuta. Die Stadt im Hohen Norden ist ein Modellprojekt des Programms „Energieeffiziente Stadt“, an dem zunächst fünf Städte teilnehmen (Workuta, Tjumen, Appatity, Kasan, Perm). Zu den Investitionsvorhaben gehören die Optimierung der Wärmeversorgung, die Neuanschaffung von Heizungsanlagen und intelligenten Zählern. Dafür sollen im Zeitraum 2010 bis 2015 rund 1,5 Mrd. Rubel investiert werden. Als weitere Standorte für Pilotprojekte hat die KES-Holding Ischewsk und Kamensk-Uralski (Oblast Swerdlowsk) auserkoren. Administrazija goroda Workuta (Stadtverwaltung Workuta) Otdel ekonomiki i raswitija ZhKCh (Abteilung für Ökonomie und Wohnungswirtschaft) Leiterin: Irina Alexejewna Fenewa 169900 Workuta, Ploschtschad Zentralnaja 7 Tel.: 007/82151/335 24 Internet: www.mayor.vorkuta.ru Verringerung der Verluste beim Energietransport Russlands Regierung schätzt die Stromverluste beim Leitungstransport auf durchschnittlich 11%. Die Holding OAO MRSK, die für die zwischenregionalen Stromnetze und Verteilung der Elektroenergie zuständig ist, plant in den kommenden acht bis zehn Jahren Investitionen von 2,85 Bill. Rubel. Damit soll die erschreckend hohe Verschleißquote bei Stromleitungen, Transformatoren und Verteilerstationen (knapp 70%) verringert werden. Wie Experten berechnet haben, müsste die Hälfte der zwei Millionen Kilometer langen Leitungsnetze, die MRSK kontrolliert, erneuert werden. Hinzu käme der Austausch von 250.000 Transformatoren und Verteilern. Große Verluste entstehen auch beim Gastransport. Hier geht das Energieministerium davon aus, dass pro Jahr etwa 59 Mrd. Kubikmeter Gas allein dafür notwendig sind, um die Pipelines zu betreiben. Mit neuen Röhren, die einem höheren Druck stand halten, sollen die Transportverluste um 20 Mrd. Kubikmeter verringert werden. Holding MRSK (betreibt das zwischenregionale Stromnetz) Ulanski pereulok 26, Gebäude 1, 107996 Moskau Tel.: 007/495/710 53 33 E-Mail: [email protected], Internet: www.holding-mrsk.ru Germany Trade & Invest www.gtai.de 83 Energiewirtschaft, Energieeffizienz Begleitgas / Grubengas Jährlich werden in Russland rund 14 Mrd. Kubikmeter Begleitgas, das bei der Förderung von Öl entsteht, einfach verbrannt. Großes Potenzial für mehr Energieeffizienz bietet die kommerzielle Nutzung dieses Brennstoffs. Bis 2012 müssen alle russischen Rohstoffkonzerne mindestens 95% des Gases auffangen und verarbeiten. Noch 2009 wurde laut russischem Energieministerium ein Fünftel des Begleitgases abgefackelt und der Rest energetisch genutzt. Einer der Vorreiter auf diesem Gebiet ist der Rohstoffkonzern TNK-BP. Er will verstärkt in die Stromerzeugung einsteigen und dabei das Begleitgas nutzen. Dafür sind drei Gaskraftwerke geplant: in den Gebieten Irkutsk (300 MW), Orenburg (400 MW) und auf der Halbinsel Jamal (200 MW). Anfang März 2010 wurden dafür Machbarkeitsstudien erstellt. Russische Experten gehen davon aus, dass die Installation von 1 kW Kraftwerkskapazität auf Basis von Begleitgas unter Nutzung von Importtechnologie rund 1.300 Euro kostet. Auch beim Grubengas, das bei der Rohstoffförderung im Bergbau entsteht, sind Investitionsprojekte geplant. Nach Angaben des Forschungszentrums Uglemetan werden jährlich über 2 Mrd. Kubikmeter Methan im russischen Bergbau freigesetzt, davon mehr als die Hälfte im Kusbass-Kohlebecken. Das entspricht dem gesamten Gasverbrauch in der wichtigsten russischen Kohleregion. Wie Uglemetan berechnet hat, könnte mit dem Einsatz von Entgasungsbohrlöchern und Vakuumpumpen das entweichende Grubengas wirtschaftlich in kleine Gaskraftwerke umgeleitet werden. Neben dem Sicherheitsrisiko spricht auch der Energiegehalt für eine wirtschaftliche Nutzung dieses Rohstoffs. Die Investitionskosten schätzen die Experten auf knapp 10 Mio. Euro je Schacht. ANO Uglemetan Ansprechpartner: Denis Nikolajewitsch Sastrelow 650036 Kemerowo, uliza Tereschkowoi 41 Tel./Fax: 007 3842 / 39 42 39 E-Mail: [email protected], Internet: www.uglemetan.ru 2.4 Kontaktanschriften Russisch-Deutsche Energieagentur (Rudea) Geschäftsführer: Thomas Hendel 1-y Kasatschi pereulok 7, 119017 Moskau Tel.: 007/495/730 20 67, Fax: -730 2067 ext. 205 E-Mail: [email protected], Internet: www.rudea-energy.com Exportinitiative Energieeffizienz Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Referat Öffentlichkeitsarbeit Scharnhorststrasse 34- 37, 10115 Berlin Tel.: 030/18615-6300/-6301, Fax: -18615-5300 E-Mail: [email protected] Internet: www.efficiency-from-germany.info 84 Modernisierungsoffensive in Russland Ministerstwo Energetiki Rossijskoi Federazii (Ministerium für Energie der Russischen Föderation) Department für staatliche Energiepolitik und Energieeffizienz Direktor: Sergej Alexejewitsch Michailow uliza Schtschtschepkina 42, 107996 Moskau Tel.: 007/495/631 84 02 E-Mail: [email protected], Internet: http://minenergo.gov.ru Agentstwo po prognosirowaniju balansow w elektroenergetike (Agentur für Prognosen der Energiewirtschaft, APBE) prospekt Andropowa 22, Business-Center Nagatinski 115533 Moskau Tel.: 007/495/710 55 77, Fax: -710 64 99 E-Mail: [email protected], Internet: www.e-apbe.ru Zentr po effektiwnomu ispolsowaniju energii (Zentrum für effiziente Energienutzung) uliza Nowotscherjomuschkinskaja 41, a/ja 30, 117418 Moskau Tel.. 007/499/128 84 91, Fax: -128 93 53 E-Mail: [email protected], Internet: www.cenef.ru KES-Holding (Kompleksnye energetitscheskie sistemy) Komplex WegaLajn 143421 Moskowskaja oblast, Krasnogorski rajon Tel.: 007/495/980 59 00, Fax: -980 59 08 E-Mail: [email protected], Internet: www.ies-holding.com TNK-BP Department für Energieprojekte Ansprechpartner: TNK-BP-Vizepräsident Pawel Strunilin uliza Arbat 1, 119019 Moskau Tel.: 007/495/777 77 07 (ext. 2512) E-Mail: [email protected], Internet: www.tnk-bp.ru Zentrum für Energieeffizienz und erneuerbare Energiequellen (Moskau) c/o AEnergy Frau Irina Kewbrina Moskau, Kilometer 51 des Autobahnrings MKAD, Abfahrt Otschakowo-Saretschje Tel.: 007/495/710 79 07 E-Mail: [email protected], Internet: www.aenergy.ru International Finance Corporation (IFC) c/o Jana Sergejewna Gorbatenko Leiterin des Programms für Investitionen in Ressourceneffizienz und sauberere Produktion uliza Bolschaja Moltschanowka 36, Gebäude 1 121069 Moskau Tel.: 007/495/411 75 55, ext. 2310, Fax: -411 75 72 E-Mail: [email protected], Internet: www.ifc.org/russia/energyefficiency Germany Trade & Invest www.gtai.de 85 Energiewirtschaft, Energieeffizienz ICF International (Consulting im Auftrag der EU für Energieeffizienzprojekte in Russland) Projektleiter: Albert Zweering Twerskaja Sastawa 3, office 454; 125047 Moskau Tel.: 007/495/333 66 41 E-Mail: [email protected], Internet: www.icfinternational.ru Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung Russian Sustainable Energy Financing Facility (RUSEFF) pereulok Sivtsev Vrazhek 29/16 (underground station „Smolenskaja“) 4th Floor, Office 415 119002 Moskau Tel.: 007/499/241 23 98, Fax: -241 27 73 E-Mail: [email protected], Internet: www.ruseff.com Internet: www.ebrd.com/pages/country/russia.shtml, www.necenter.ru Commit Jug (Consulting für Energieeffizienz-Projekte und erneuerbare Energien in Süd-Russland) Ansprechpartner: Andreas Täuber uIiza Karassunskaja 121, 350000 Krasnodar Tel.: 007/861/2533 729, Fax: -2621 228 E-Mail: [email protected], Internet: www.sotchi-2014.info 2.5 Internetlinks Arbeitsgruppe für Energieeffizienz bei der Präsidenten-Kommission für die Modernisierung und technologische Entwicklung der russischen Wirtschaft Ministerium für Energie der Russischen Föderation Russische Energie Agentur Agentur für Energieeinsparung und erneuerbare Energiequellen Zentrum für effiziente Nutzung der Energie Forschungs- und Projektierungsinstitut VNIPIenergoprom *) Portal Energieeffizientes Russland Portal für Energie- und Ressourceneinsparung (veröffentlicht einen monatlichen Newsletter) Portale rund ums Energiesparen Energiesparen im Gebiet Tscheljabinsk 86 Modernisierungsoffensive in Russland http://i-russia.ru/energy/ http://minenergo.gov.ru/activity/energoeffektivnost/ http://rosinf.ru/ www.naevi.ru www.cenef.ru www.vnipiep.ru www.energosber.info www.energosovet.ru http://portal-energo.ru http://energo-zone.ru www.ecoidea.ru www.energosber.74.ru (Fortsetzung) Nachrichten aus der Energiebranche Fernwärme Ko-Generation Fachmessen in Russland www.eprussia.ru www.energyland.info www.rosteplo.ru www.combienergy.ru www.exponet.ru/index.en.html *) hat unter anderem das städtische Zielprogramm „Energiesparen in der Stadt Ufa in den Jahren 2009-2013 und in der Perspektive bis 2020“ ausgearbeitet Germany Trade & Invest www.gtai.de 87 Energiewirtschaft, Energieeffizienz „Energieeffizienz ist Chefsache des Präsidenten“ Interview mit dem Geschäftsführer der Russisch-Deutschen Energie-Agentur (Rudea), Thomas Hendel Herr Hendel, Russland will bis 2020 rund 40 Prozent seines Primärenergieverbrauchs einsparen. Ist dieses Ziel innerhalb eines Jahrzehnts realistisch? Wenn man berücksichtigt, dass jedes in Russland gefertigte Produkt bei der Produktion bis zu fünfmal mehr Energie verbraucht als ein vergleichbares westeuropäisches Produkt, dann ist das realistisch. Seit Anfang 2009 ist das Thema Energieeffizienz in Russland nicht nur Priorität, sondern auch Chefsache des Präsidenten und des Premierministers. Deshalb gibt es eine reale Chance, diese Programme umzusetzen. Warum verbraucht denn Russland so sehr viel mehr Energie als klimatisch vergleichbare Länder wie Finnland oder Schweden? Länder mit den meisten Ressourcen im Energiebereich gehen am großzügigsten damit um. Eines der größten Probleme Russlands ist, dass die Energieträger bis zum heutigen Tag vergleichsweise günstig sind. Deshalb macht es nicht viel Sinn, in Effizienztechnologien zu investieren. Länder wie Finnland, Schweden oder Deutschland haben viel weniger Ressourcen und müssen Energieträger importieren. Deshalb haben wir uns früh daran gewöhnt, mit Energie sparsam umzugehen. Investitionen in Einsparvorhaben waren bei uns wirtschaftlich sinnvoll. Wie wollen Sie Russlands Privatverbraucher und Unternehmen davon überzeugen, angesichts der niedrigen Energiepreise in Maßnahmen für sparsameren Verbrauch zu investieren? Auch in Russland sind Energieträger nicht mehr so unbegrenzt vorhanden wie vor zehn oder zwanzig Jahren. Außerdem steigen die Energiepreise und werden es auch weiter tun. Im industriellen und im Verwaltungsbereich tun die Ausgaben für Energie den Verbrauchern schon heute weh. Bei privaten Wohnungen ist Energie auch teurer geworden. Wir können ganz stark davon ausgehen, dass sich die Preise in den nächsten Jahren signifikant erhöhen werden. Das erzeugt einen starken finanziellen Anreiz, Projekte umzusetzen. Welche Aufgabe spielt die Rudea dabei? Wir erstellen einerseits Beratungsleistungen für die Regierung und für die Regionalverwaltungen, um die Rahmenbedingungen für Energieeffizienz-Technologien zu schaffen. Dazu gehören Gesetzesvorlagen, Verordnungen oder Ausschreibungsbestimmungen. Auf der anderen Seite ist Aufgabe der Rudea, massenhaft und flächendeckend Projekte zu initiieren und umzusetzen. Dabei begleiten wir die Unternehmen entweder dabei neue Technologien einzusetzen, oder wir implementieren selbst Projekte mit russischen und deutschen Partnern. Dabei hilft die Dena (Deutsche Energieagentur), deutsche Technologielieferanten zu finden. Andererseits hat die Rudea, mit der 88 Modernisierungsoffensive in Russland Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer einen gemeinsamen Arbeitskreis Energie gegründet, an dem mehr als 60 Unternehmen teilnehmen. Dort stellen wir unsere Projekte vor und wollen Firmen akquirieren, die diese Projekte umsetzen können. Gibt es schon erste konkrete Vorhaben, die Rudea in Russland begleitet? Die Rudea hat in den letzten Wochen eine Vielzahl von Verträgen zur Umsetzung von Energieeffizienz-Projekten unterzeichnet. So zum Beispiel Verträge zur Modernisierung der MRSK Ural (Stromverteilergesellschaft, Jekaterinburg), OAO Uralchimmasch (Maschinenbau, Jekaterinburg), Ischorskie sawody (Maschinenbau, Sankt Petersburg). Mit vielen bedeutenden Industrieunternehmen befinden wir uns in zielgerichteten Verhandlungen. In den letzten Wochen haben wir im Auftrag der Administrationen Chanty-Mansijsk, Jamal, Kurgan, Tjumen, Tscheljabinsk und Swerdlowsk regionale Energieeffizienz-Programme erarbeitet. Dabei werden entsprechende Projekte aufgezeigt, nach Prioritäten bis 2020 gruppiert und Schritt für Schritt in die Realisierung überführt. Was sehen die Verträge vor? Bei den Strategien analysieren wir den Ist-Zustand einer Region. Wir identifizieren Projekte, vorhandene alternative Energiequellen, wie zum Beispiel Bioenergie, Wind, Sonne, Geothermie. Man baut einen regionalen Plan zur Modernisierung der gesamten regionalen Wirtschaft auf, inklusive der Industriebetriebe, Bauten, Heizsysteme, Wärme- und Stromnetze, und bringt dann ganz konkrete Projekte in die Umsetzung. Wir zeigen, mit welchen konkreten Technologien man den Primärenergieverbrauch in der Region drastisch senken kann. Wir nennen aber auch die entsprechenden Partner für solche Projekte. Im zweiten Teil des Vertrages geht es dann um die konkrete Umsetzung. Dazu gehören unter anderem auch Management-Maßnahmen, also die Reorganisation des Processing, und Investitionsvorhaben, um neue Technologien einzusetzen. Wo sehen Sie für deutsche Unternehmen die größten Geschäftschancen in Russland? Kurzfristig sehen wir die größten Chancen heute bei der Stromerzeugung, bei Heiztechnik und der Modernisierung von Industrieunternehmen. Mittelfristig gibt es sehr große Chancen bei der Sanierung von administrativen und öffentlichen Gebäuden wie Schulen, Krankenhäusern oder Kindergärten sowie bei Bürokomplexen. Schwieriger ist es im Bereich der Wohngebäude, weil es hier in der Regel sehr viele Eigentümer gibt, die in der Regel nicht organisiert sind. Das wird sich aber entwickeln über Betreiber-Gesellschaften, die diese Gebäude verwalten und mit denen man Contracting-Verträge abschließen kann. Diese Contracting-Gesellschaften investieren dann in Energieeffizienz und generieren über einen langfristigen Vertrag ihren Return-on-Investment aus den Einsparungen. Wir versuchen, erste Contracting-Agenturen am russischen Markt zu platzieren und arbeiten dabei sehr eng mit der Gasprombank und der Sberbank zusammen. Wie können deutsche Anbieter von Effizienztechnologien in den russischen Markt kommen? Erstens schlage ich natürlich vor, sich ganz konkret an die Rudea zu wenden. Wir werden mit den russischen Regionen gemeinsam Energieeffizienz-Strategien umsetzen und Projekte realisieren. Neben der Rudea kann man sich auch direkt an die russischen Regionalverwaltungen wenden oder an russische Industriebetriebe. Germany Trade & Invest www.gtai.de 89 Energiewirtschaft, Energieeffizienz Der Markt für Technik zum Einsparen von Energie ist perspektivisch riesig. Glauben Sie, dass in Russland auch eine eigene Produktion entsteht oder wird das weiter durch Importe abgedeckt? Es ist der Wille der russischen Regierung, einen Know-how- und Technologietransfer vorzunehmen und so viel wie möglich im Lande zu produzieren. Das heißt nicht, dass die russischen Unternehmen diese Technik im Alleingang produzieren sollen. Hier sind Partnerschaften und Joint Ventures erwünscht und empfohlen. Wir haben in Jekaterinburg mit russischen Firmen gesprochen, die neue Heizsysteme und effiziente Beleuchtungssysteme produzieren. Die wollen ganz konkret mit deutschen Partnern kooperieren, die in diesem Bereich Weltspitze sind. Wenn Sie Beleuchtungssysteme nach Sibirien liefern, exportieren Sie 70 Prozent Luft. Es hat den Eindruck, als ob das Thema Energieeffizienz in Russland vor allem von oben - also von staatlicher Seite aus - gesteuert wird. Kommt die Privatwirtschaft auch untereinander ins Geschäft? Auf dem Territorium der Russischen Föderation gibt es wenig Know-how im Bereich Energieeffizienz. Als Rudea haben wir Shareholder, die uns beauftragt haben, entsprechende Pilotprojekte umzusetzen. Deshalb arbeiten wir zielgerichtet mit den Administrationen der Regionen zusammen. Ich kann Ihnen aber sagen, dass es eine Vielzahl von russischen Unternehmen gibt, die sich heute im Bereich Energieeffizienz engagieren, die Contracting-Agencies gründen und in den Regionen direkt auf die Industriebetriebe zugehen und entsprechende Projekte realisieren. Das Interview führte Gerit Schulze, Germany Trade & Invest 90 Modernisierungsoffensive in Russland „Der Markt für energieeffiziente Produkte öffnet sich“ Der deutsche Farbenhersteller Caparol produziert seit 2009 in Russland Trockenmörtel, mineralische Putze, Klebe-, Spachtelund Armierungsmassen und nutzt diese Materialien für sein Wärmedämm-Verbundsystem. Russland-Geschäftsführer Dr. Norbert Richter spricht im Interview mit Germany Trade & Invest über die Nachfrage nach energieeffizienten Lösungen sowie über den lokalen Wettbewerb. In Russland wird Energieeffizienz mittlerweile groß geschrieben zumindest auf politischer Ebene. Wie weit klaffen Anspruch und Wirklichkeit auseinander? Richter: Qualitäts- und Ökologiebewusstsein steigen. Das ist ein ganz realer Trend. Das stellen wir im Farbgeschäft seit Jahren fest. Und bei der Energieeffizienz ist es genauso. Ich bin mir sicher: Die Wärmedämmung von Fassaden wird sich durchsetzen. Staat oder private Häuslebauer - wer ist die treibende Kraft? Richter: Viele russische Wohnungsbaugesellschaften hängen am Tropf des Staates. Sie stellen Wohnungen für Soldaten oder junge Familien fertig. Ihre Budgets für den sozialen Wohnungsbau sind derart strikt begrenzt, dass eine qualitativ hochwertige Fassadendämmung nicht finanzierbar ist. Die Initialzündung müsste schon von ganz oben verordnet werden. Also investieren eher Privatleute in eine moderne Wärmedämmung? Richter: Bei den meisten russischen Privatkunden ist nicht der Preis erstrangig, sondern die Qualität. Da können wir punkten. Aber auch die großen Developer könnten ihre Strategien schon bald ändern - ändern müssen. Wenn diese überhaupt Energieeffizienz im Plan haben, dann kaufen sie bislang selbst billige Dämmmaterialien ein. Zertifizierte Systeme wie wir sie anbieten, leisten sich nur wenige. Im Gegensatz zu unseren Produkten lassen sich mit dieser improvisierten Wärmedämmung jedoch keine 30 Prozent Heizkosten sparen. Darum werden die großen Bauunternehmen wenigstens langfristig umschwenken müssen. Denn die Energiepreise steigen, und auch der Verbrauch. Gar nicht auszudenken, wie das Bewusstsein für energieeffizientes Bauen steigen würde, installierte man in allen Haushalten Heizungsmessgeräte, Wasser- und Stromzähler! Sie rechnen also mit einer stark steigenden Nachfrage? Richter: In den nächsten Jahren werden wir uns natürlich noch keine goldene Nase verdienen. Aber mittel- bis langfristig rechnen wir mit überdurchschnittlich starkem Wachstum. Zumindest werden sich unsere Wärmedämm-Verbundsysteme ebenso dynamisch entwickeln wie unsere Farb-Sparte. Wegen des riesigen Nachholbedarfs rechne ich sogar mit noch besseren Steigerungsraten. Germany Trade & Invest www.gtai.de 91 Energiewirtschaft, Energieeffizienz Produzieren Sie deshalb vor Ort? Richter: Das ist zumindest ein Grund. Schließlich entwickelte sich der Markt bis 2008 schon sehr gut, einige Projekte standen an, wurden 2009 aber auf Eis gelegt. Erst seit Beginn des Jahres 2010 geht es wieder vorwärts. Ein zweiter Grund ist der russische Markt an sich. Das ist - strategisch gesehen - der wichtigste Auslandsmarkt für Caparol. Und drittens versprechen wir uns als lokaler Produzent bessere Chancen bei der Auftragsvergabe. Das Interview führte Bernd Hones, Germany Trade & Invest Kontaktanschrift OOO Caparol Generaldirektor: Dr. Norbert Richter Awangardnaja uliza 3, 125493 Moskau Tel.: 007 495/660 08 49, Fax: -645 57 99 E-Mail: [email protected], Internet: www.caparol.ru 92 Modernisierungsoffensive in Russland „In Ostsibirien gibt es große, nicht entdeckte Vorkommen von Öl und Gas“ Interview mit Olaf Klarner, Geschäftsführer Klarenco LLC Was hat Ihre Firma, Klarenco, mit Energieeffizienz zu tun? Wir beraten Öl- und Gasfirmen bei der effektiven Suche nach und Förderung von Energieträgern, aus denen später Energie erzeugt wird. Woher wissen Sie, wo sie suchen müssen? Für die Exploration von Kohlenwasserstoffen sind vier Faktoren ausschlaggebend: Ein Medium, in dem Öl oder Gas gespeichert werden kann, ein so genannter „Abdecker“, der die Lagerstätte nach oben abschließt, ein Muttergestein, in dem Gas oder Öl entstehen kann - das organische Material muss buchstäblich gekocht werden - und eine Struktur, in der das Öl oder Gas akkumulieren kann. Um mit einiger Wahrscheinlichkeit zu finden, was man sucht, wird hauptsächlich die Methode der Seismik angewendet - akustische Wellen werden durch den Erdmantel gesendet und übertragen Informationen von den geologischen Formationen. Daraus ergeben sich Rückschlüsse zur Strukturbildung und auch zu den anderen Faktoren. Sie stellen Vermutungen an? Im Prinzip ja, wir bewerten so genannte GPOS (geological probability of success) und EPOS (economic probability of success) - die geologische und wirtschaftliche Sinnhaftigkeit einer Suchbohrung und der späteren Erschließung. Geologisch kann durchaus Öl oder Gas vorhanden sein, ob die Erschließung der Fündigkeit wirtschaftlich ist, steht auf einem anderen Blatt Ab wann ist es denn sinnvoll zu explorieren? Das hängt davon ab, was unter- und oberirdisch notwendig ist, um eine Fündigkeit zu entwickeln: wie viele Bohrungen müssen zur optimalen Entölung abgeteuft werden, wie sind die Zuflussraten, was für Förder- und Aufbereitungsanlagen sind notwendig, wie ist die Infrastruktur entwickelt. Die einfach zu erschließenden Strukturen sind gefunden. Die augenblicklich zu erkundenden Strukturen und Felder liegen zunehmend in größeren Teufen oder schwer zugänglichen Gebieten, in denen die Infrastruktur in aller Regel erst geschaffen werden muss. Wo gibt es noch Potenzial in Russland? Ich bin der Überzeugung, dass es in Ostsibirien große, nicht entdeckte Vorkommen an Öl und Gas gibt. Rosneft, Surgutneftegas, TNK BP und Gazprom sind sehr aktiv bei der Suche. Es stellt sich jedoch das Problem der Infrastruktur, die sich erst im Aufbau befindet. Die neue Öl-Pipeline nach Germany Trade & Invest www.gtai.de 93 Energiewirtschaft, Energieeffizienz Wladiwostok dynamisiert die Bemühungen deutlich. Der erste Strang ist fast durchgehend fertig. Ein zweiter Strang und eine Gaspipeline sind in Planung. Russland könnte dann als Swing-Producer agieren - also Öl und Gas nach Westen wie nach Osten leiten. Ein zweites Areal sind die Schelfgebiete Russlands, insbesondere im Nordmeer. Dort hat Russland bisher verhältnismäßig wenig Untersuchungen durchgeführt. In den vergangenen Jahrzehnten wurden durchaus in der Barent-, der Laptjew- und der Karasee Bohrungen abgeteuft, die auch vielversprechende Ergebnisse erbrachten. Für russische Firmen sind Offshore-Entwicklungen jedoch relatives Neuland, da bisher die Reichtümer an Öl und Gas auf dem Land im Vordergrund standen. Ein anderer Aspekt sind die enormen Kosten einer Offshore-Entwicklung. Üblicherweise werden diese Kosten und auch das Risiko, dass bei der Suche und der Entwicklung immer vorhanden ist, in einem Konsortium, bestehend aus mehreren Partnern, verteilt. Tauchen Öl und Gas immer gleichzeitig auf? Nein, es gibt reine Öl- und reine Gasfelder, Ölquellen mit Begleitgas, und es gibt auch Felder, die Öl und Gas in Wechsellagerung aufzeigen. Was passiert mit dem Begleitgas, das aus dem Bohrloch kommt? Der russische Staat hat Gesetze erlassen, damit das Gas nicht mehr abgefackelt, sondern genutzt wird. Allerdings muss das Gas aufgefangen, gereinigt und transportiert werden. Ein Teil wird auch zur Eigenversorgung mit Energie benutzt. Ob sich eine kommerzielle Verwertung lohnt, hängt von der Menge, der geographischen Lage und der Marktsituation ab. Kann man das Gas verflüssigen? Prinzipiell ja. In der Regel lohnt sich das jedoch nur bei größeren Mengen. Schtokman oder Sachalin II sind bekannte Beispiele dafür, dass Gas verflüssigt wird. Diese Variante des Abtransportes von Gas gewinnt auch in Russland immer mehr an Bedeutung. Im Falle einer gut entwickelten Infrastruktur mit vorhandenen Gaspipelines besteht die Möglichkeit, das Gas zu sammeln und per Pipeline zu transportieren. Ob die Vermarktung wirtschaftlich ist, hängt von den konkreten Bedingungen ab. Es gibt aber auch die Variante, das Gas zu re-injizieren. Das Gas wird mit entsprechendem Druck in die Lagerstätte zurück gepumpt. Ziel ist es, zuerst das Öl zu fördern und mit der Re-injektion einen höheren Entölungsgrad zu erreichen. Auch bei dieser Methode ist es eine Frage der Wirtschaftlichkeit im konkreten Fall. Apropos Öl, wieso geht bei der Förderung und dem Transport so viel Öl „verloren“? Öl verdunstet, wie andere Flüssigkeiten auch. Erdöl ist ein Gemisch aus unterschiedlich langen Kohlenwasserstoffketten, die kürzeren verflüchtigen sich dabei schneller als die langkettigen Kohlenwasserstoffe. 94 Modernisierungsoffensive in Russland Aber wo genau wird das Öl verloren? Wenn das Öl aus der Bohrung kommt, muss es von eingetragenem Wasser und anderen Verunreinigungen befreit werden, dabei geht ein gewisser, kleiner Prozentsatz verloren. Wenn der Prozess jedoch exakt operiert wird, sind die Mengen gering. Allerdings sind auch die Pipelines nicht alle auf dem neuesten Stand. Warum wird das Öl nicht direkt vor Ort raffiniert? Eine Raffinerie lohnt sich nur dort, wo das Einzugsgebiet entsprechend groß genug ist. Insofern sind die existierenden Raffinerien strategisch gut positioniert. Diese Standorte werden nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgewählt. Welche Effizienzpotenziale können denn im Förderungsprozess noch gehoben werden? Ein großes Potenzial besteht bei der Art, wie ein Feld entwickelt wird. Es ist in Russland übliche Praxis bei der Feldesentwicklung, das so genannte Rasterbohren anzuwenden. Dabei wird über das Feld ein Raster gelegt, an dessen Knotenpunkten Bohrlöcher eingebracht werden, unabhängig davon, ob die geologische Analyse dort Öl vermuten lässt oder nicht. Das bestehende Regelwerk spielt da eine wichtige Rolle. Allerdings gibt es neue, ausgearbeitete Entwürfe des Regelwerkes, die eine Abkehr vom Rasterbohren vorsehen. Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung; in diesem Sinne muss weiter gearbeitet werden. Ein anderer Aspekt ist die russische Klassifikation von Reserven, die sich von westlichen Klassifikationen unterscheidet. In Russland existieren unter anderem die Kategorien C1 und C2, international P1 und P2. Die unterschiedliche Art und Weise der Klassifizierung ergibt nach bisheriger Erfahrung einen Unterschied von zirka 30 Prozent weniger Reserven bei der gleichen Lagerstätte. Dies ist bei der gemeinsamen Erschließung von Lagerstätten bedeutsam. Auch hier gibt es neue, ausgearbeitete Entwürfe, die eine Annäherung der unterschiedlichen Systeme vorsehen. Diese sollten baldmöglichst in die Praxis umgesetzt werden. Wie viele Bohrungen müssen pro Feld gesetzt werden? Bei der Exploration gilt ein weltweiter Durchschnitt von eins zu sieben: von sieben gebohrten Bohrungen wird eine ökonomisch fündig. In Gebieten, die man gut kennt, steigt die Fundwahrscheinlichkeit. In Russland liegt die Fundrate aufgrund der relativ hohen Reservendichte etwas höher. Bei der Feldesentwicklung hängt die Anzahl der Bohrungen von der Größe des Feldes und den Eigenschaften des Reservoirs ab. Je besser ein Reservoir, umso weniger Bohrungen werden benötigt. Es gilt auch: eine gute geologische Analyse des Feldes führt zur Reduzierung der Bohrungsanzahl und damit zur Senkung des Investments. In welcher Größenordnung entstehen Explorationskosten? In Abhängigkeit von den Bedingungen wie Teufe, geologische Verhältnisse, Remoteness, Überdruck in der Formation, Vorkommen von Schwefelwasserstoff - kann eine Bohrung auf dem Lande leicht 20 Millionen US-Dollar und mehr kosten. Offshore können die Kosten pro Bohrung, insbesondere bei größeren Wassertiefen, schnell auf 120 Millionen US-Dollar und mehr steigen. Die Betriebskosten einer Plattform wie der Deep Water Horizon im Golf von Mexiko (Leasingnehmer BP) belaufen sich auf 500.000 bis 750.000 Dollar pro Tag. Germany Trade & Invest www.gtai.de 95 Energiewirtschaft, Energieeffizienz Woher kommt das Geld für die Bohrungen? Das Geld kommt in der Regel von den Mitgliedern eines Konsortiums, da eine Firma allein solche enormen Kosten und Risiken nicht tragen kann oder will. Gerade bei Offshore-Bohrungen (Tiefwasser) gilt eine Fundwahrscheinlichkeit von 20 Prozent als gut. In Russland ist das Prinzip des „risk and cost sharings“ weiter ausbaufähig. Häufig entwickeln die Firmen die Felder alleine. Ein Grund dafür ist die bestehende Gesetzeslage. Zum Beispiel haben im Offshore-Bereich (mit Ausnahme des Kaspischen Meeres) nur Gasprom und Rosneft das Anrecht auf eine Lizenz. Da die Suche und auch die spätere Feldesentwicklung in diesen Gebieten immense Kosten mit sich bringen, steht die Frage, ob diese Firmen das alleine schultern wollen. Ministerpräsident Putin hat angekündigt, dass der Zugang zu Jamal und dem Schelf transparent und für ausländische Firmen einfacher sein wird. Dies ist sehr zu begrüßen. Die internationale Kooperation wäre auch für alle Beteiligten von Vorteil. Das Schtokman-Feld in der Barentssee ist dafür ein gutes Beispiel. Welche Vorkommen an Öl und Gas sind in Russland vermutlich noch zu finden? Es gibt Schätzungen dieser Art. Jedoch bringt der zum Teil geringe Untersuchungsgrad in manchen Gebieten auch gewisse Ungenauigkeiten mit sich. Auf jeden Fall geben die bisher durchgeführten Untersuchungen und Entdeckungen Anlass zur Hoffnung, dass noch große Vorkommen auf ihre Erschließung warten. Das Interview führte Jens Böhlmann, AHK Moskau 96 Modernisierungsoffensive in Russland Gesundheitswirtschaft Gesundheitswirtschaft 3. Gesundheitswirtschaft 3.1 ÜbeRubelick zum russischen Gesundheitssektor Die Lebenserwartung in Russland ist niedrig. Sie liegt im Durchschnitt zwölf Jahre unter den Vergleichswerten in Westeuropa. Zwar konnte Russland auf diesem Gebiet in den letzten Jahren durchaus Erfolge erzielen, nicht zuletzt dank der Milliardeninvestitionen im Rahmen des Nationalen Projekts „Gesundheit“. Dennoch: Die SteRubelichkeitsrate je 1.000 Einwohner betrug 2009 in Russland 14,2 Menschen, im EU-Durchschnitt lag sie bei 9,6 Menschen. Neben einer hohen Zahl an Verkehrstoten, Alkoholtoten und Selbstmorden spielt dabei vor allem die schlechte Krankenbetreuung eine Rolle. Nur 4% der russischen Wirtschaftsleistung werden für die Gesundheitsversorgung aufgebracht. In Westeuropa liegt dieser Wert bei 8 bis 10% des Bruttoinlandsprodukts. Studien des Verbands internationaler Pharmahersteller in Russland (AIPM) haben ergeben, dass Russland jährlich ein Fünftel seines Bruttoinlandsprodukts durch den schlechten Gesundheitszustand seiner Bürger verliert. Lagen die volkswirtschaftlichen Kosten 2007 bei 270 Mrd. US$, so könnten sie laut AIPM bis 2020 auf über 500 Mrd. US$ steigen. Besonders die geringe Arbeitsproduktivität in Russland und die geringe Beschäftigungsquote sind Folgen des hohen Krankenstandes. Seit 2005 ist die Verbesserung der medizinischen Versorgung eines von vier nationalen Vorrangprojekten in Russland (neben dem Wohnungsbau, Bildungssystem und der Agrarwirtschaft). Allein 2010 fließen im Rahmen dieses nationalen Projekts 145 Mrd. Rubel aus dem Staatshaushalt in den Gesundheitssektor. Dieses Volumen soll in den kommenden Jahren leicht steigen. Premierminister Wladimir Putin bekräftigte Ende April 2010 vor dem Parlament, dass die Verbesserung der Gesundheitsversorgung „staatliche Priorität Nummer eins“ sei. Jede dritte Klinik im Land sei dringend renovierungsbedürftig, vielen Einrichtungen fehle die Technik für medizinische Untersuchungen, kritisierte der Regierungschef. Nach Putins Worten sollen in den nächsten zwei Jahren 2011 und 2012 zusätzlich 460 Mrd. Rubel in den Gesundheitssektor fließen. Der Großteil davon ist für die Modernisierung der Polikliniken und Krankenhäuser bestimmt (300 Mrd. Rubel). Außerdem will der Staat die Gehälter des medizinischen Personals anheben, die Verpflegung der Patienten verbessern und für eine effizientere Arzneimittelausgabe sorgen (136 Mrd. Rubel). Die veRubeleibenden 24 Mrd. Rubel werden für den Einsatz von moderner Informationstechnik im Gesundheitswesen verwendet. Dazu zählen die Anschaffung von Computern, die stärkere Verbreitung der Telemedizin, elektronisches Dokumenten-Management und die Einführung einer elektronischen Gesundheitskarte in der Pflichtkrankenversicherung. Diese Maßnahmen sind eingebettet in eine Gesundheitsreform. Die staatliche Pflichtkrankenversicherung (russ.: obligatorische medizinische Versicherung - OMS) wird von einem steuerfinanzierten auf ein beitragsfinanziertes System umgestellt. Außerdem wird zu einem Volltarif übergegangen. Die Mittel für das beschriebene Investitionsprogramm sollen hauptsächlich über eine Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge hereinkommen. Sie steigen ab 2011 von 3,1 auf 5,1% des Bruttolohns und werden in Russland ausschließlich von den Arbeitgebern getragen. Das Beitragsaufkommen lag 2009 bei rund 240 Mrd. Rubel. Für die Jahre 2011 und 2012 sollen 2% der Versicherungsprämien für das Investitionsprogramm reserviert werden. Da private Kliniken die Möglichkeit bekommen sollen, Behandlungen im Rahmen der OMS abrechnen zu können, werden auch sie verstärkt in Medizintechnik investieren. Germany Trade & Invest www.gtai.de 97 Gesundheitswirtschaft Gleichzeitig soll das nationale Projekt „Gesundheit“ fortgeführt werden. Eine neue Konzeption soll im Herbst 2010 vorgelegt werden. Prioritäten im Gesundheitswesen für den Zeitraum 2010 bis 2020: - Verbesserung der medizinischen Versorgung der Bevölkerung auf dem Land und in den kleinen Städten, - High-Tech-Medizin und Einführung neuer Technologien für die Heilung schwerer Erkrankungen, - Modernisierung der Schnellen Medizinischen Hilfe (Erste Hilfe), - Maßnahmen zur Verringerung und Behandlung von arbeitsbedingten Traumata und Berufserkrankungen, - Kampagne für eine gesunde Lebensführung (gegen Tabak und Alkohol). Um ins Stocken geratene Projekte in den Regionen anzuschieben, stellt die Regierung schon 2010 neben den laufenden Maßnahmen knapp 1 Mrd. Rubel extra für die Modernisierung und den Neubau von Krankenhäusern im ganzen Land bereit. Damit sollen 14 Einrichtungen unterstützt werden, welche bislang nicht in den föderalen oder regionalen Zielprogrammen berücksichtigt wurden. Krankenhausprojekte, die 2010 zusätzliche staatliche Subventionen erhalten Region Objekt Kontakt Moskauer Gebiet Bau einer Chirurgie-Abteilung im www.dmitrov-reg.ru Städtischen Krankenhaus Dmitrow (150 Betten) Republik Dagestan Bau eines Perinatalzentrums mit 200 http://xacavurt.ru Betten in Chasawjurt Republik Mordowija Bau des Republikanischen Kranken- www.e-mordovia.ru hauses in Saransk Archangelsk Bau eines Gebiets-Krankenhauses in www.dvinaland.ru Archangelsk Woronesch Erweiterungsbau für das Gebietswww.govvrn.ru Kinderkrankenhaus Nr. 2 in Woronesch (150 Betten) Leningrader Gebiet Modernisierung der Chirurgie im www.priozersk.lenobl.ru Zentralen Bezirkskrankenhaus Priosersk 98 Modernisierungsoffensive in Russland Krankenhausprojekte, die 2010 zusätzliche staatliche Subventionen erhalten (Fortsetzung) Krasnodarski Krai Modernisierung des Regions-Kran- http://admkrai.krasnodar.ru kenhauses Nr. 1 („Otschapowski“) in Krasnodar Region Objekt Kontakt Stawropolski Krai Modernisierung der Geburtsklinik in www.pyatigorsk.org Pjatigorsk Irkutsk Modernisierung des Zentralen BeE-Mail: [email protected], zirkskrankenhauses in Kutulik (155 Tel.: 007/39564 / 37132 Betten) Irkutsk Modernisierung des Zentralen E-Mail: [email protected], Bezirkskrankenhauses in Bochan Tel. 007/39538 / 25 162 (155 Betten) Republik Altai Modernisierung des Zentralen www.shebalino-altai.ru Bezirkskrankenhauses mit Poliklinik in Schebalino Republik Altai Modernisierung des Zentralen www.ust-koksa-altai.ru Bezirkskrankenhauses mit Poliklinik in Ust-Koksa Republik Altai Modernisierung des Zentralen www.koshagach.ru Bezirkskrankenhauses in KoschAgatsch Astrachan Modernisierung des städtischen www.astrgorod.ru Krankenhauses Nr. 3 („Kirow“) Quelle: Verordnung der Regierung der Russischen Föderation vom 23.4.2010 Nr. 284, veröffentlicht am 30.4.2010, in Kraft getreten am 8.5.2010 Weitere Projekte zum Bau von Krankenhäusern Sankt Petersburg Projektierung und Bau einer Rehabilita(Vorort: Puschkin) tions- und Wiederherstellungs-Klinik (200 Betten) und eines Wohnheim-HotelTrakts; FGU Wissenschaftliches Forschungsinstitut für Kinderorthopädie „G.I. Turner“ der Föderalen Agentur für High-Tech-Medizin (Ministerium für Gesundheitswesen und soziale Entwicklung); Investition: 1,5 Mrd. Rubel; Projektlaufzeit: 2010 bis 2013 Sankt Petersburg Bau eines multifunktionalen medizinischen Zentrums an der föderalen staatlichen Hochschule „Militär-Medizinische Akademie „S.M. Kirow“; Träger des Projekts: Verteidigungsministerium Gebiet Lipezk Bau eines neuen chirurgischen Trakts der onkologischen Ambulanz (aus Mitteln des regionalen Budgets unter Herbeiziehen privater Investitionen) www.rosturner.ru www.milru, http://vmeda.spb.ru/ http://www.admlr.lipetsk.ru/ rus/zdr/index.php Quelle: Pressemeldungen Germany Trade & Invest www.gtai.de 99 Gesundheitswirtschaft Um die Versorgung mit Medizintechnik und Arzneimitteln langfristig sicherzustellen und sich unabhängiger von Importen zu machen, strebt Moskau eine stärkere Lokalisierung der Produktion an. Bis zu 80% der in Russland verbrauchten Medikamente und Medizintechnik stammen heute noch aus dem Ausland. Bis 2020 soll der Anteil bei Arzneimitteln auf 50% sinken. Ein Mittel, ausländische Unternehmen zum Aufbau einer russischen Fertigungsstätte zu bewegen, sind Präferenzen bei öffentlichen Ausschreibungen. Im Erlass Nr. 427 vom 5.12.2008 hat das Wirtschaftsministerium festgelegt, dass russische Arzneimittel und Medizintechnik bei Ausschreibungen um bis zu 15% teurer sein dürfen als Importwaren, um dennoch den Zuschlag zu bekommen. Der Erlass gilt zunächst bis Ende 2010. Daneben stellt die russische Regierung Steueranreize, zinsvergünstigte Kredite und die Bereitstellung von Gewerbeflächen in Aussicht, wenn ausländische Hersteller eine Produktion in Russland aufbauen. Daneben mischt Moskau über die staatseigenen Unternehmen Rusnano (www.rusnano.com) und Rostechnologii (www.rostechnologii.ru) im Pharmasektor mit. So ist der staatliche Mischkonzern Rostechnologii angehalten, sich stärker in der Arzneimittelherstellung zu engagieren. Die Holding will in Samara eine „Pharma City“ für 4,5 Mrd. Rubel bauen, in der pro Jahr 200 Mio. Packungen Tabletten produziert werden können. Auch die staatlichen Banken sollen mitmachen. Der Regionale Venture-Fonds der staatlichen Vneschtorgbank (VTB) hat Anfang 2010 Anteile an Bentus Laboratories übernommen, einem Moskauer Hersteller von Desinfektions- und Hautpflegemitteln. Das Unternehmen plant in den nächsten eineinhalb Jahren den Aufbau einer weiteren Produktionsstätte in Pereslawl-Salesski. Ungeachtet aller Lokalisierungs-Bemühungen wird Russland auf Jahre hinaus auf Importe von Arzneimitteln und Medizintechnik angewiesen bleiben. Deutschland ist dabei ein bevorzugter Lieferant. Die deutschen Branchenvertreter haben sich bereits an Industrieminister Viktor Christenko gewandt, um ihre Sorgen bezüglich der angestrebten Lokalisierung darzulegen. Sie erinnern daran, dass für die Ansiedlung von internationaler Hochtechnologie ein gewisses Marktvolumen notwendig sei, das der russische Staat durch garantierte Einkäufe lokal hergestellter Produkte sicherstellen sollte. Außerdem müsse die Regierung für die Infrastruktur sorgen, also bei der Standortsuche helfen, den Anschluss an Versorgungsleitungen sicherstellen, die Genehmigungsverfahren vereinfachen und die Zertifizierungsprozesse für Medizintechnik und Arzneimittel verschlanken. Weiterhin fehlten in Russland ein effizientes Ausbildungssystem für hoch qualifizierte Fach- und Forschungskräfte und ein ausreichender Rechtsschutz von Patenten, kritisieren die deutschen Marktteilnehmer. Sie bemängeln auch, dass Unternehmen, deren Grundkapital mehrheitlich in ausländischer Hand ist, nicht immer als lokale Produzenten anerkannt seien und entsprechend bei öffentlichen Ausschreibungen benachteiligt würden. 100 Modernisierungsoffensive in Russland 3.2 Pharmaindustrie Russlands Pharmamarkt hat gegenüber dem Westen noch enormes Aufholpotenzial. Während ein US-Amerikaner pro Jahr durchschnittlich Arzneimittel für über 700 US$ konsumiert und ein Deutscher für über 400 US$, so liegt dieser Wert in Russland lediglich bei 82 US$ (Angaben des russischen Markforschers DSM Group). Weit verbreitet ist die Selbstmedikation. Rund 70% der Arzneimittelausgaben bezahlen die russischen Bürger aus der eigenen Tasche. Der Großteil der Medikamente wird in den Apotheken rezeptfrei ausgegeben. Russlands Arzneimittelmarkt war 2009 eine der wenigen Wachstumsbranchen des Landes. Die Medikamentenverkäufe sind laut DSM Group wertmäßig um nominal 17,6% auf 538 Mrd. Rubel gestiegen, nach physischem Volumen stagnierten sie (einschließlich so genannter Para-Pharmazeutika wie Nahrungsergänzungsmittel und Heilkosmetika). Auf klassische Arzneimittel entfiel ein Volumen von 422 Mrd. Rubel (13,3 Mrd. US$). Für 2010 wird ein wertmäßiger Zuwachs auf RubelBasis von 11% prognostiziert. Ein wichtiger Akteur am Markt ist der russische Staat, der über das DLO-Programm (kostenlose Abgabe von Arzneimitteln an sozial schwache Bevölkerungsschichten) etwa ein Viertel aller Medikamentenverkäufe finanziert. Bislang wird das Pharmageschäft vor allem von ausländischen Anbietern dominiert. Die russischen Arzneimittel-Importe hatten 2009 laut Zollbehörde ein Volumen von 8,7 Mrd. US$ (2008: 9,2 Mrd. US$). Während Importarzneien wertmäßig einen Marktanteil von 80% in Russland haben, kommen sie beim physischen Volumen nur auf 32%. In Zukunft wird der Medikamentenabsatz kräftig wachsen, glauben die Autoren der „Strategie zur Entwicklung der Pharmaindustrie der Russischen Föderation bis 2020“. Das Dokument wurde Ende 2009 von Industrieminister Viktor Christenko bestätigt. Demnach wird sich das Umsatzvolumen bis 2020 vervierfachen. Wie Mitte 2010 bekannt wurde, sollen aus dem Staatshaushalt insgesamt 120 Mrd. Rubel bereit gestellt werden, um die Branchenziele zu erreichen. Germany Trade & Invest www.gtai.de 101 Gesundheitswirtschaft Wichtigste Einflussfaktoren auf dem Markt 2010-2013: - Preisregulierung für die lebensnotwendigen und wichtigen Arzneimittel (seit 1.4.2010) - Gesetz über den Umlauf von Arzneimitteln (ab 1.9.2010) - Folgen der Reform der Krankenversicherung (ab 1.1.2011) - Nationales Projekt „Gesundheit“ - finanzielle Ausstattung des Nachfolgeprogramms (Konzeption soll im Herbst 2010 vorgestellt werden) - Einführung des Standards GMP (bis 2014) - Arzneimittel-Versicherung (Wseobschtschij system lekarstwennogo strachowanija) wird gegenwärtig diskutiert. Der Entwurf sieht vor, dass der russische Staat einen Teil der Kosten für die Medikamente, die per Rezept verschrieben wurden, erstattet. Bei der Regulierung des Arzneimittelmarktes räumt Russlands Regierung dem Segment der „lebensnotwendigen und wichtigen Medikamente“ besondere Bedeutung ein. Dazu werden rund 500 Arzneimittelwirkstoffe (gemeinfreie Namen) mit 6.000 Handelsmarken gezählt. Auf sie entfallen ungefähr 30% des russischen Pharmamarktes. Ein Drittel der lebenswichtigen Medikamente stammen bislang aus dem Ausland. Die Hersteller dieser Arzneimittel müssen die Höchstpreise für diese Produkte (Fabrikabgabepreis) in Rubel obligatorisch registrieren - anderenfalls ist der Handel auf dem russischen Markt illegal. Die Gebietskörperschaften des Landes bestimmen dann durch Festsetzung der Groß- und Einzelhandelsaufschläge den Einzelhandelspreis, der je nach Region unterschiedlich sein kann. Zusätzlich zur Liste der lebensnotwendigen Medikamente hat das Gesundheitsministerium im Dezember 2009 eine Liste von 57 „strategischen Arzneimitteln“ aufgestellt. Dabei handelt es sich um Wirkstoffpräparate, bei denen es für ein so großes Land wie Russland mit seinen 142 Mio. Einwohnern wichtig ist aus Gründen der Sicherstellung der Arzneimittelversorgung für die Bevölkerung auch in Krisenzeiten, dass es eine Produktion für diese Präparate im Land selbst gibt und Russland nicht völlig von Importen abhängig ist. Da diese Präparate derzeit nicht oder nicht in ausreichender Menge in Russland produziert werden, soll ein Programm der Import-Substitution beginnen. Das Ziel ist, entsprechende lokale Produktionen einzurichten. Dabei hat die Regierung deutlich gemacht, dass es ihr langfristig nicht als ausreichend erscheint, nur Arzneimittel in Russland zu verpacken. Man möchte den vollen Produktionszyklus im eigenen Land haben - von der Herstellung des Wirkstoffes bis zur Herstellung des Endprodukts. Das russische Ministerium für Industrie hat dafür ein Zielprogramm aufgestellt und ist bereit, ausländische Investoren bei der Ansiedlung zu unterstützen. Laut Aufsichtsbehörde für den Gesundheitssektor Rosdrawnadsor gab es Anfang April 2010 in Russland 460 Arzneimittelproduzenten. Etwa 60 davon waren in staatlicher Hand. Das Produktionsvolumen lag 2009 bei 96 Mrd. Rubel (3 Mrd. US$), was einem nominellen Wertzuwachs von rund 28% entsprach. Im 1. Quartal 2010 konnte die Branche weiter zulegen und ihren Ausstoß auf Rubel-Basis gegenüber der Vorjahresperiode um fast 60% steigern. 102 Modernisierungsoffensive in Russland Daher verwundert es nicht, dass russische Hersteller für internationale Konzerne interessante Übernahmekandidaten sind. Zwischen 2005 und 2009 wurden acht große Pharmaunternehmen von ausländischen Wettbewerbern übernommen (unter anderem Nishfarm und MakizFarma - von Stada, Akrichin - von Health Tech Corp.). Allerdings ist die Mehrzahl der russischen Produzenten nach Meinung von Marktkennern für eine Übernahme uninteressant, weil zu große Investitionen in eine Umstellung auf westliche Qualitätsstandards notwendig wären. Andererseits haben auch die russischen Produzenten in den letzten Jahren und Jahrzehnten einige Medikamente entwickelt, denen Experten gute Marktchancen einräumen. Erst 2009 hatte die Stada-Tochter Nishfarm beim russischen Hersteller Mir-Farm für 15 Mio. Euro die Rechte an fünf Präparaten gegen gynäkologische Erkrankungen erworben. Grundsätzlich aber sind die Forschungsaktivitäten der russischen Pharmabranche deutlich geringer als im Westen. Deshalb sehen Experten die ambitionierten Ziele der Pharmastrategie sehr kritisch. Laut dem Dokument sollen Russlands Medikamentenforscher bis 2020 mehr als 400 Patente auf neue biologisch aktive Substanzen anmelden. Bis zu zwei Drittel der Arzneimittel sollen in einem Jahrzehnt Originalpräparate, also Neuentwicklungen, sein. Doch für Forschung, Entwicklung und Produktionsaufbau sind in der Pharmastrategie umgerechnet nur 3,4 Mrd. US$ vorgesehen. Das würde nach westlichen Maßstäben lediglich für drei bis vier neuartige Wirkstoffe reichen. Pläne für die Entwicklung und Produktion von Generika und innovativen Präparaten in Russland Maßnahme Ziel Gesamtkosten (Mrd. Rubel) Entwicklung, nichtklinische Studi- mehr als 400 Patente auf biologisch 64,6 en und klinische Tests neuer, inno- aktive Substanzen, Entstehung von vativer Präparate 200 innovativen Kleinunternehmen Produktionsaufbau für Substanzen Lizenzproduktion von über 40 inno15,0 und fertige Pharmaprodukte sowie vativen, synthetisch hergestellten Lizenzerwerb für synthetische inno- Präparaten vative Produkte Entwicklung und Produktion von Aufbau einer Produktion von syn5,4 Substanzen und Fertigmedikamen- thetischen Generika für bis zu 150 ten (synthetische Generika) internationale Freinamen in vorrangig kleineren Unternehmen Entwicklung und Produktion von Aufbau einer Produktion von Bio5,4 Substanzen und Fertigmedikamen- Generika für bis zu 30 internationaten (Bio-Generika) le Freinamen in vorrangig kleineren Unternehmen Produktionsaufbau und Lizenzer- Aufbau von zehn modernen Werken, 10,8 werb für Hightech-Bio-Generika die den Inlandsbedarf an allen biotechnologischen Präparaten decken sollen Sonstige Ausgaben k.A. 5,0 Quelle: „Strategie zur Entwicklung der pharmazeutischen Industrie Russlands bis 2020“ Germany Trade & Invest www.gtai.de 103 Gesundheitswirtschaft Liste der vorgeschlagenen Projekte für die Aufnahme in das „Register der vielversprechenden Projekte im Bereich der pharmazeutischen und medizintechnischen Industrie des Ministeriums für Industrie und Handel der Russischen Föderation“ Beispiele für Projekte Antragsteller R&D-Center für pharmazeutische und biotechnologische OOO Ifar / Tomsk Entwicklung Nanotechnologie in der Pharmakologie. Pharmakologische OOO Tomsker Regulation des Energiestoffwechsels pharmazeutische Fabrik Entwicklung und Einrichtung der Produktion eines MediZAO Generium kaments zur Behandlung der Bluterkrankheit „rekombinanter Gerinnungsfaktor VIIIª Erstellen eines neuen antiviralen Medikaments auf der ZAO Institut Neue Grundlage des Protein-Konjugats von alpha-Fetoprotein Medizinische Technologien und Interferon Quelle: www.minprom.gov.ru/special/modern/2 Lieferchancen für deutsche Unternehmen ergeben sich auch durch die erzwungene Modernisierung der bestehenden Pharmafabriken. Bis Herbst 2010 will Russland Regeln für die Anwendung des internationalen Produktionsstandards Good Manufacturing Practice (GMP) formuliert haben. Bis 2014 dann sollen alle einheimischen Pharmaproduzenten nach GMP arbeiten. Russische Experten rechnen damit, dass pro Fabrik durchschnittlich 5 Mio. Euro für die Umrüstung der Produktionsanlagen notwendig sind. Das zuständige Industrieministerium beabsichtigt, den Unternehmen dafür 36 Mrd. Rubel Subventionen aus dem Staatshaushalt zur Verfügung zu stellen. Mit den Mitteln sollen 75 Medikamentenhersteller und 80 Medizintechnik-Produzenten finanziell bei ihren Modernisierungsanstrengungen unterstützt werden. Nach Informationen der Zeitung „Kommersant“ wandte Anfang 2010 etwa jeder zehnte russische Arzneimittelhersteller den GMP-Standard an, weitere 40% hatten einzelne Produktionsbereiche, in denen diese Richtlinien beim Fertigungsprozess beachtet werden. Zwar stimmen viele Normen des GMP-Standards schon heute mit den russischen Normen GOST und SNiP überein. Doch gerade die Anforderungen an Reinräume sind ungleich höher, was neue Investitionen in Luftfilter, Einlass-Schleusen, Temperatur- und Druckregler notwendig macht. Zudem ist eine entsprechende Monitoring-Ausrüstung für die Überwachung der Höchstwerte notwendig. Weiterhin muss das Personal der Fabriken für die neuen Standards bei der Produktion geschult werden. Im Laufe des Jahres 2010 ist in jedem der sieben Föderationsbezirke die Eröffnung eines Kontrolllabors geplant, das die Einhaltung der Qualitätsstandards von Arzneimitteln überprüfen soll. 104 Modernisierungsoffensive in Russland 3.2.1 Pharma-Cluster Wenn Russland bis 2020 tatsächlich die Hälfte seines Medikamentenbedarfs selbst herstellen will, müssen eine Reihe neuer Fabriken aus dem Boden gestampft werden. An verschiedenen Standorten sollen regionale Schwerpunkte der Arzneimittel-Produktion entstehen, unter anderem in Moskau, Sankt Petersburg, Jaroslawl, Nowosibirsk, Stawropol und Jekaterinburg. Im Moskauer Gebiet bekommt der Forschungs- und Produktionskomplex ChimRar in Chimki (www.chemrar.ru) Subventionen für den Ausbau der Generika-Herstellung und für die Entwicklung neuer Arzneimittel, die bislang importiert werden müssen. Für das Projekt mit Gesamtkosten von 5,1 Mrd. Rubel sind bis 2012 noch 4,3 Mrd. Rubel (100 Mio. Euro) Investitionen nötig. Die Nanotechnologie-Korporation Rusnano wird bis zu 1,2 Mrd. Rubel beisteuern. Daneben soll in Moskau der Cluster für Biotechnologie und Biomedizin „Biocity“ entwickelt werden (Beteiligte: ZAO Binnopharm, Biologische Fakultät der Moskauer Staatlichen Universität „M.W. Lomonossow“, Wissenschaftliche Forschungsinstitute der Russischen Akademie der Wissenschaften RAN und RAMN, NP Biomak, Wissenschaftliches Konsortium „Orchimed“ und andere). Im Ort Puschkino bei Sankt Petersburg siedeln sich derzeit gleich fünf Hersteller an und investieren jeweils 20 Mio. bis 50 Mio. US$: Pharm-Holding (Proteinpräparate), Geropharm (www.geropharm.ru; Präparate für Ophtalmologie, Neurologie, Insulin), Biokad (www.biocad.ru; Originalund Generika-Präparate für Urologie, Onkologie, Neurologie), Samson-Med (www.samsonmed.ru; Gefriertrocknung von Injektionsstoffen) und Neon (Injektionslösungen). Das Gebiet Kaluga bemüht sich derzeit sehr aktiv um die Ansiedlung weiterer Arzneimittel-Hersteller. Bereits seit 2006 gibt es das Werk von Hemofarm in Obninsk, einer Stadt im Norden des Gebiets, wo auch ein Zentrum für Nuklearmedizin zur Behandlung von Krebserkrankungen besteht und ausgebaut werden soll. Vor kurzem vor Ort investiert hat die Berlin-Chemie AG (Menarini Group, Italien). Neuester Zugang ist Novo Nordisk, die ein Werk für Insulinpräparate im Technopark Grabtsevo errichten wird (Investition: 80 Mio. bis 100 Mio. US$, Zeitraum 2010/2011). Ebenfalls in Obninsk entwickelt die OOO Obninskaja farmazevtitscheskaja kompanija derzeit das Diagnosesystem für Myokardinfarkte „Kardiomarker“. Die Gebietsverwaltung Stawropol will rund um die bestehenden Pharmahersteller Eskom, Biokom (beide mit Projekten für Nanoarzneimittel), Mikrogen, Puls+, St.-Medifarm, Stawropolskaja biofabrika sowie das Pest-Forschungsinstitut einen Pharma-Cluster bilden. Dafür werden ein 50 Hektar großes Gelände zur Schaffung des Technoparks „Pharmazeutika“ ausgewiesen und spezielle Venture-Fonds zur Bereitstellung von Risikokapital aufgelegt. An drei Hochschulen der Region können derzeit Arzneimittel-Experten ausgebildet werden: Pjatigorsker Staatliche Akademie für Pharmazeutik, Stawropoler Staatliche Akademie für Medizin und Medizinisch-biologisch-chemische Fakultät der Stawropoler Staatlichen Universität. Das Gebiet Jaroslawl wurde vom Industrieministerium als eine Pilotregion für die Entwicklung der Pharmabranche im Land auserkoren. Dort wollen die drei Unternehmen R-Farm, Nycomed und NTfarma bis 2014 umgerechnet über 130 Mio. Euro in neue Produktionsstätten stecken. R-Farm ist vor allem ein Großhändler, stellt aber auch Arzneimittel gegen Infektionskrankheiten und Diabetes her. Das Werk von NTfarma entsteht mit Mitteln der russischen Staatsholding Rusnano. Außerdem soll in Jaroslawl Personal am Zentrum für wissenschaftliche Forschungen und Vorbereitung von Kadern für die pharmazeutische Industrie ausgebildet werden. Gemeinsam mit dem Unternehmen R-Pharm will die Gebietsverwaltung Jaroslawler Studenten eine Ausbildung an führenden Universitäten der USA und Praktika in westlichen Unternehmen ermöglichen. Germany Trade & Invest www.gtai.de 105 Gesundheitswirtschaft Rund um das sibirische Nowosibirsk investieren ebenfalls mehrere Hersteller in neue Produktionsstätten. Das Moskauer Unternehmen ABOLmed (www.abolmed.ru) produziert dort bereits Arzneimittel und plant im Ort Kujbyschew eine Fabrik zur Herstellung von Substanzen für BreitbandAntibiotika (Investition: 70 Mio. bis 90 Mio. US$). Auch R-Farm (www.r-pharm.com) will seine Fertigung in der Region Nowosibirsk ausbauen. In der von Valenta übernommenen Fabrik Nowosibchimfarm sollen Antibiotika in Ampullen, Immun- und Onkologie-Präparate hergestellt werden. Daneben möchten auf den Zug der Bildung von Pharma-Clustern aufspringen die Regionen Perm (unterstützt von der Medizinischen Akademie Perm), Wolgograd (Firma Wolgopharm) und Swerdlowsk (Pläne für einen Pharmazie-Cluster „Ural“, Firmen Medsynthes und Holding Junona) sowie die Republik Tatarstan (OAO Tatchimfarmpreparaty - Einrichtung einer Produktion von biopharmazeutischen Präparaten und Zusammenarbeit mit dem serbischen Pharma-Hersteller Galenika für die Modernisierung der Produktion von Augensalben, Salben und Gels; Russisch-mexikanisches Gemeinschaftsunternehmen zur Produktion von Arzneimitteln). Trotz der genannten regionalen Schwerpunkte gibt es in Russland noch keine Arzneimittel-Cluster im klassischen Sinne, in denen ein breites Produktions- und Forschungsspektrum sowie eine spezielle Fachkräfteausbildung vorhanden wäre. Besondere Synergie-Effekte durch Arbeitsteilung lassen sich in den regionalen Schwerpunkten daher bislang nicht erzielen. Viele Ausgangsstoffe für die Pharmaproduktion (rund 70%) müssen importiert werden. Für die Ansiedlung in den auf Arzneimittel spezialisierten Gewerbegebieten sprechen aber Steuervergünstigungen, Zinssubventionen und Präferenzen bei regionalen öffentlichen Beschaffungen. Ein wichtiger Finanzier für Projekte in der Pharmaindustrie ist die russische Staatsholding Rusnano (www.rusnano.com). Sie wurde geschaffen, um der Nanotechnologie im Land zum Durchbruch zu verhelfen und marktfähige Produkte zu entwickeln. Auswahl von Projekten, die Rusnano im Pharmasektor unterstützt: - Aufbau eines Zentrums für vorklinische Tests neuer Nanosubstanzen und nanomedizinischer Präparate in Dubna bei Moskau (Schaffung einer Forschungsinstitution, die auf Kontrakt-Basis vorklinische Studien nach GLP-Standard durchführt; Investition: 1,6 Mrd. Rubel im Zeitraum 2010 bis 2015; Beteiligte: Rosnano, Uralsib, OOO Investment Advisory Group; Partner: Lovelace Respiratory Research Institute, New Mexico/USA; Projektant: Henningson, Durham & Richardson International); - Entwicklung von innovativen Medikamenten zur Behandlung von Alterskrankheiten wie Grüner Star und Herz- und Gefäßerkrankungen (Investition: 1,8 Mrd. Rubel, Marktreife bis 2016, Projektpartner: OOO Mitotech, www.mitotech.ru); - Produktion von Nanomedikamenten zur Krebsbehandlung (Investition: 3,9 Mrd. Rubel, Marktreife bis 2014, Projektpartner: Blochin-Forschungszentrum für Onkologie in Moskau, www.ronc.ru; Pharmahersteller Medsintez aus Jekaterinburg, www.medsintez.com); - Entwicklung von preisgünstigen Antibiotika zur Geschwulst-Behandlung und von Antirheumatika (Investition: 831 Mio. Rubel, Markteinführung bis 2015, Projektpartner: Orechowitsch-Forschungsinstitut für biomedizinische Chemie, www.ibmc.msk.ru; OOO EkoBioFarmDubna); - Entwicklung von Grippe-Impfstoffen, Immunitätsaktivatoren, Biopräparaten zur Bekämpfung von Blutarmut und Sklerose (Investition: 1,5 Mrd. Rubel, Projektpartner: OOO NTfarma, http:// ntfarma.ru/). 106 Modernisierungsoffensive in Russland 3.2.2 Internationales Engagement Unabdingbar für den Erfolg der „Pharmastrategie 2020“ ist ein Engagement ausländischer Arzneimittelhersteller. Nur durch Kapital-, Technologie- und Know-How-Transfer aus dem Westen wird es Russland gelingen, seine Industrie zu modernisieren und wettbewerbsfähiger zu machen. In den letzten Monaten gab es einige viel versprechende Projektankündigungen ausländischer Unternehmen in Russland. Nach Angaben des Verbands der internationalen Pharmaproduzenten in Russland (AIPM) denken aktuell rund 20 ausländische Konzerne über eine eigene Produktion im Land nach. Experten gehen davon aus, dass sich eine Fertigung vor Ort ab einem Jahresumsatz von 500 Mio. US$ rechnet. Sanofi-Aventis will im Gebiet Orjol eine Produktionslinie für Insulinstifte aufbauen. Bereits im Frühjahr 2010 hatte das Unternehmen die Mehrheit am russischen Insulinhersteller Bioton Wostok im Gebiet Orjol übernommen. Die französische Gruppe Servier hat bei Podolsk im Moskauer Gebiet eine Fertigung von Präparaten zur Behandlung von Herz- und Gefäß-Krankheiten, Diabetes, Krebs und Nervenerkrankungen errichtet. Die norwegische Nycomed beabsichtigt, im Gebiet Jaroslawl eine Arzneimittelproduktion aufzubauen (120 Mio. sterile Lösungen in Ampullen und 2 Mio. Tabletten pro Jahr). Dafür sind in einem Zeitraum von fünf Jahren Investitionen von 80 Mio. Euro vorgesehen. Ein weiterer nordeuropäischer Investor, Novo Nordisk (Dänemark), plant im Industriegebiet Grabzewo bei Kaluga die Herstellung von Insulin (Investition: bis zu 100 Mio. US$). Ebenfalls in Grabzewo will der italienische Pharmakonzern Menarini Group eine Fabrik errichten. Das Unternehmen ist in Osteuropa über die Tochterfirma Berlin-Chemie aktiv und will nach Angaben der Gebietsverwaltung Kaluga über 30 Mio. Euro in der Region investieren. Die schwedisch-britische AstraZeneca plant für 2011 den Beginn einer Generika-Produktion in Russland. Das Unternehmen Teva aus Israel investiert im Gebiet Pskow 100 Mio. US$ in den Aufbau einer Pharmaproduktion. Das teilte die Regionalverwaltung Ende Juni 2010 mit. Das Unternehmen erzielt derzeit einen Jahresumsatz von 280 Mio. US$ in Russland und peilt bis 2015 einen Wert von 1 Mrd. US$ an. 3.2.3 Kontaktanschriften Assoziazija Rossijskich farmazewtitscheskich proiswoditeljej (ARFP) (Verband der Russischen Pharmahersteller) uliza Nagatinskaja 3a, 117105 Moskau Tel.: 007 495/231 42 53, Fax: -54 E-Mail: [email protected], Internet: www.arfp.ru Germany Trade & Invest www.gtai.de 107 Gesundheitswirtschaft Association of International Pharmaceutical Manufacturers (AIPM) (Verband der internationalen Pharmaproduzenten in Russland) Geschäftsführer: Wladimir Grigorjewitsch Schipkow Trjochprudny pereulok 9, Gebäude 2, Büro 313, 123001 Moskau Tel.: 007 495/933 70 40, Fax: -933 70 41 E-Mail: [email protected], Internet: www.aipm.org Rossijskaja assoziazija aptetschnych setej (Russischer Verband der Apothekenketten) Otschakowskoje schosse 10, Korpus 2, Gebäude 1, 119530 Moskau Tel.: 007 495/797 90 36, Fax: -797 86 88 E-Mail: [email protected], Internet: www.raas.ru Aptetschnaja Gildija (Apotheken-Gilde) uliza Profsojusnaja 66, Gebäude 1, Büro 604, 117393 Moskau Tel.: 007 495/785 07 25, Mobil: 007 916/028 46 48; Fax: -785 48 40 Pharmexpert Ansprechpartner: David Melik-Gussejnow (Market Research Director) Profsojusnaja uliza 57, 117420 Moskau Tel.: 007 495/786 25 40, Fax: -330 89 43 E-Mail: [email protected], Internet: www.pharmexpert.ru DSM Group (Marktforschung und Consulting im Pharma- und Medtech-Sektor) uliza Jamskogo polja 7, Gebäude 2, 125040 Moskau Tel.: 007 495/780 72 63, Fax: -65 [email protected], Internet: www.dsm.ru Elektronische Ausschreibungen für den Kauf von Arzneimitteln www.sberbank-ast.ru www.roseltorg.ru www.zakazrf.ru 108 Modernisierungsoffensive in Russland 3.3 Medizintechnik Der russische Markt mit seinen über 140 Millionen Einwohnern und knapp 7.000 Krankenhäusern bietet für deutsche Hersteller von Medizintechnik ein enormes Potenzial. Nach Schätzungen des russischen Gesundheitsministeriums sind die Hälfte der Krankenhausausrüstungen im Land mehr als zehn Jahre alt. Rund 98% der medizinischen Einrichtungen sind noch in staatlicher Hand. Neuanschaffungen der Kliniken hängen daher direkt von den regionalen oder föderalen Haushalten ab. Wegen der Wirtschaftskrise und dadurch gesunkenen Steuereinnahmen nahm das Investitionsvolumen im Jahr 2009 deutlich ab. Nach Angaben der Wirtschaftszeitschrift „Expert“ schrumpfte das Marktvolumen für Medizintechnik und medizinische Produkte 2009 um über ein Drittel auf 2,5 Mrd. US$ (2008: 4,0 Mrd. US$). Berechnungen von Germany Trade & Invest haben einen etwas höheren Wert ergeben. Wie die nachstehende Tabelle zeigt, hatte Russlands Markt für Medizintechnik 2009 einen Wert von 3,4 Mrd. US$. Russlands Markt für Medizintechnik (Mio. US$; Veränderung in %) Kennziffer 2007 2008 Lokale Produktion 1) Import Export Marktvolumen 2) 800 3.300 139 4.000 760 4.400 133 5.000 2009 Veränderung 2009/2008 505 -34 3.000 -32 97 -27 3.400 -32 1) Position „Medizintechnik und Teile“ laut Rosstat; 2) rechnerisch: lokale Produktion + Import - Export (Abweichungen durch Rundung) Quellen: Rosstat, Zollstatistik, Berechnungen von Germany Trade & Invest Ebenso wie im Arzneimittelbereich will Moskau die Abhängigkeit von Importen auch bei Medizintechnik verringern. Dabei sollen ausländische Hersteller, die sich in Russland mit Produktionsstätten ansiedeln, durch einige Vorteile geködert werden: - Steuererleichterungen, - Präferenzen bei öffentlichen Ausschreibungen, - Erstattung der Einfuhrumsatzsteuer für Produktionsanlagen. Das für die Entwicklung von Medizintechnik und Pharmazeutik zuständige Ministerium für Industrie und Handel unterstützt Investitionsprojekte finanziell und hat Ende 2009 die ersten Vorhaben gebilligt. Dabei fällt auf, dass die Antragsteller vor allem aus drei Regionen kommen: Moskau und Moskauer Gebiet / Selenograd, Sankt Petersburg sowie Tomsk / Nowosibirsk. In diesen Gebieten bestehen wichtige Forschungsinstitute, die sich mit der Entwicklung von medizinischen Geräten und Pharma-Produkten befassen. Daher sollen in diesen drei Regionen nach dem Willen der russischen Regierung Medizintechnik-Cluster entstehen. Russland hofft, durch die Verwirklichung der Investitionsprojekte einen Großteil seiner Importe durch Inlandsprodukte substituieren zu können. Das gilt etwa für Magnetresonanz- und KernspinTomographen, die bislang überhaupt noch nicht im Land hergestellt werden. Auf Unterstützung Germany Trade & Invest www.gtai.de 109 Gesundheitswirtschaft durch die Regierung kann zum Beispiel das Tomsker Unternehmen Elektropuls (www.electropulse.ru) setzen, das Geräte zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen herstellt. Nach Firmenangaben seien die Elektropuls-Geräte nur halb so teuer wie vergleichbare Importausrüstung. Das Unternehmen rechnet daher mit staatlichen Zuschüssen für die Erweiterung seiner Produktionsanlagen. Insgesamt sind dafür noch 8 Mrd. Rubel nötig. Weitere Projekte, für die bereits eine Zustimmung des Industrieministeriums vorliegt, sind die Entwicklung von Diagnostikapparaten für Schäden bei der Blutgerinnung oder die Produktion von UV-Scannern. Solche Geräte entwickelt die Moskauer Gesellschaft Isomed. Nach Firmenangaben wurden zwischen 2006 und 2008 in Russland 11.000 UV-Scanner angeschafft, zum überwiegenden Teil Importmodelle. Wenn sich diese Praxis fortsetzt, drohe Russland eine völlige Abhängigkeit von ausländischen Lieferungen auf diesem wichtigen Gebiet der medizinischen Diagnostik, schrieb Isomed in der Antragsbegründung an das Industrieministerium. Zusammen mit anderen einheimischen Herstellern wie Spektromed oder Bioss sollte das Entwicklungspotenzial für die Produktion von UV-Scannern daher gebündelt werden. Dabei seien auch ausländische Investitionen willkommen, so Isomed. In Protwino (Moskauer Gebiet) soll ab 2010 ein Zentrum für Ionenstrahl-Therapie entstehen, in dem jährlich 1.500 Krebskranke behandelt werden könnten. Es wäre das erste Zentrum seiner Art in Russland, Erfahrungen aus Deutschland, Italien oder den USA sollen ausdrücklich übernommen werden. Russlandweit seien fünf bis sechs solcher Einrichtungen nötig, hat der Projektinitiator Institut fisiki wysokich energi (Institut für Hochenergie-Physik) - berechnet. Großen Nachrüstungsbedarf gibt es auch auf dem Gebiet der Positronen-Emissions-Tomographie (PET). Dieses bildgebende Diagnoseverfahren kommt bislang erst in sieben Kliniken in Russland (Moskau, Sankt Petersburg, Tscheljabinsk) zum Einsatz. Laut Gesundheitsministerium sollen bis 2016 mindestens 16 Gesundheitseinrichtungen über PET-Geräte verfügen. Aktuelle Investitionsprojekte für Medizintechnik in Russland (Auswahl) Projekt Antragsteller / Gebiet Internetseite oder E-Mail Entwicklung von Ausrüstungen OAO NIIPP, Tomsk www.niipp.ru und Diagnosegeräten für Neugeborenen-Stationen Entwicklung von Wund- und anti- Sibirische Staatliche Mediziniwww.ssmu.ru septischem Verbandsmaterial auf sche Universität, Tomsk Basis von Nanofasern Entwicklung von Ausrüstungen SAO Elektronika Sibiri, Tomsk [email protected] für Polymerase-Kettenreaktion (PCR) Radiologiezentrum für HerzFGUP Sawod Medradiopreparat, www.zmrp.ru Kreislauf- sowie onkologische Uljanowsk Erkrankungen Produktion von Diagnosegeräten Rossiski nowy uniwersitet, www.rosnou.ru für die Kardiologie Moskau 110 Modernisierungsoffensive in Russland Aktuelle Investitionsprojekte für Medizintechnik in Russland (Auswahl) (Fortsetzung) Projekt Antragsteller / Gebiet Internetseite oder E-Mail Technopark zur Entwicklung von OAO TWMT, Pensa [email protected] Medizinprodukten (u.a. für Gefäßchirurgie, Herzklappen-Prothesen, Endoprothesen etc.) Entwicklung und MarkteinfühOOO PKF Isomed, Moskau www.izomed.ru rung von UV-Scannern Pilotprojekt für eine Ionenstrahl- Institut fisiki wysokich energi, www.ihep.ru Therapie sowie Serienproduktion Moskauer Gebiet von niedrig dosierten Röntgenapparaten Schaffung eines Zentrums für Fisiko-chimitscheski institut ime- www.nifhi.obNeutronen-Therapie ni Karpowa, Kaluga ninsk.ru Entwicklung und Serienprodukti- Forschungsinstitut NIIEFA, www.niiefa.spb.su on von Gamma-Tomographen Sankt Petersburg Schaffung eines TelemedizinSAO Medizinskie technologii, www.mtl.ru Diagnosesystems für Radiologie Moskau in der Region Krasnojarsk Aufbau einer Produktion von RNZ Kurtschatowski institut, www.kiae.ru Magnetresonanz-Tomographen Moskau und NMR-Spektrometern (Kernspinresonanz) Produktion von Laserchirurgie- Institut obschtschej fisiki imeni www.gpi.ru Geräten Prochorowa, Moskau Entwicklung eines preisgünstigen NII Meschdunarodny tomografit- www.tomo.nsc.ru und einfach zu bedienenden scheski zentr, Nowosibirsk „Volks-Tomographen“ Quelle: Ministerium für Industrie und Handel Neben dem Industrieministerium unterstützt im Bereich Medizintechnik auch die Staatsholding Rusnano einzelne Investitionsprojekte. Hier einige Beispiele: - Produktion von Erbium-Lasern, unter anderem als Perforatoren mit eingebautem Glucometer für Diabetes-Patienten sowie zur Blutanalyse (Investition: 1,4 Mrd. Rubel, Projektpartner: OOO Inschenerny Zentr Novych Technologii (Ingenieurzentrum für neue Technologien), www.ntec-company.ru; Realisierungszeitraum 2009 bis 2013); - Serienproduktion von künstlichen Herzklappen (Investition: 1,5 Mrd. Rubel, Projektpartner: Roskardioinvest, www.roscardioinvest.ru; Ausbau der Produktion von heute 500 Stück auf 40.000 Herzklappen im Jahr 2019; aktueller Bedarf in Russland: bis zu 60.000 Stück); - Entwicklung und Produktion von Geräten zur Messung der Blutgerinnung (Investition: 1,1 Mrd. Rubel, Projektpartner: OOO Gematologitscheskaja korporazija, OOO Medizinskie innovazii; geplanter Beginn der Serienproduktion ab Herbst 2012); - Aufbau eines Forschungs- und Produktionskomplexes für Technologien zur Blutplasmareinigung (Investition: 2,7 Mrd. Rubel, Projektpartner: Trackpore Technology, www.trackpore.ru; Realisierungszeitraum: fünfeinhalb Jahre). Germany Trade & Invest www.gtai.de 111 Gesundheitswirtschaft 3.3.1 Diagnosegeräte Besonders bei Diagnosegeräten haben Russlands Hospitäler enormen Nachholbedarf. Schätzungen gehen davon aus, dass in den Krankenhäusern und Kliniken des Landes mindestens 3.000 bis 3.500 Computertomographen (CT) fehlen. Von den derzeit vorhandenen 1.500 Geräten soll ein Viertel nicht mehr funktionieren. Bei Magnetresonanz-Tomographen (MRT) wird der aktuelle Anschaffungsbedarf auf 1.400 bis 2.000 Apparate geschätzt. Der Bestand beläuft sich derzeit auf 450 Geräte. Laut Zeitschrift „Expert“ entfällt die Hälfte des Marktvolumens auf Diagnoseapparate wie Computertomographen, Röntgen-, Magnetresonanz- oder Ultraschallgeräte. Experten rechnen damit, dass der russische Markt für solche Untersuchungstechnik schon 2010 deutlich wächst: von 32,3 Mrd. Rubel (2009) auf über 37 Mrd. Rubel. Für 2015 wird bereits ein Volumen von 75 Mrd. Rubel erwartet. Russische Unternehmen haben lediglich bei Röntgenapparaten und digitalen Fluorographen für Routineuntersuchungen eine bedeutende Marktposition. Die wichtigsten Hersteller sind Elektron, Amiko und Medizinskie technologii. Bei komplizierteren, computergesteuerten Geräten jedoch fehlt eine Inlandsproduktion. 3.3.2 Nuklearmedizin Im Bereich der Nuklearmedizin sieht das Gesundheitsministerium grundsätzlich großen Nachholbedarf. Onkologische Erkrankungen gehören zu den wichtigsten Todesursachen im Land, die Zahl der Krebsfälle hat in den letzten zehn Jahren um 14% zugenommen. Auf 100.000 Einwohner kommen etwa 330 Krankheitsfälle. Mitte 2010 waren in Russland 2,5 Millionen Patienten mit onkologischen Erkrankungen registriert (1,8% der Bevölkerung). Bei der Mehrzahl wird die Krankheit in einem sehr späten Stadium diagnostiziert. Bestand und Bedarf an Diagnosegeräten Gerät Gamma-Tomographen Positronen-Emissions-Tomographen (PET) / Zyklotron Linearbeschleuniger Ausrüstungen für Brachytherapie Gamma-Knife Aktueller Bestand 150 7 Verschleißgrad 80% 28% Bedarf Neuanschaffungen 270 90 80 150 2 80% 90% k.A. 400 300 100 Quelle: Vortrag von Gesundheitsministerin Tatjana Golikowa am 29.4.2010 Nach Angaben des Gesundheitsministeriums werden in Russland nur 7 von 1.000 Einwohnern pro Jahr mit Hilfe von radioaktiven Substanzen untersucht (USA: 40, Japan: 25). Dabei müssen sich drei Millionen Einwohner einen Therapieplatz für radionuklide Behandlungen teilen. In Deutschland kommen auf 200.000 Einwohner durchschnittlich ein bis zwei Plätze. 112 Modernisierungsoffensive in Russland Russland will sowohl bei der Produktion von Radiopharmazeutika als auch von Geräten zur Diagnostik von Krebserkrankungen den Rückstand zum Westen aufholen. Dafür soll das Gesundheitsministerium mit der Atomenergiebehörde Rosatom zusammen arbeiten. Allein 2010 fließen rund 560 Mio. Rubel in Projektierungs- und Modernisierungsarbeiten der beiden Werke für radioaktive medizinische Präparate in Moskau und Obninsk (www.zmrp.ru). Die Unternehmen sind die führenden Hersteller von Radiopharmazeutika in Russland. Bis 2016 sollen 8 föderale, 78 regionale und 7 Onkologie-Zentren auf Bezirksebene mit moderner Technik ausgerüstet werden, um eine flächendeckende Krebsvorsorge zu gewährleisten. Beispielsweise soll in Kasan, Hauptstadt der Republik Tatarstan, für 637 Mio. Rubel ein regionales Onkologie-Zentrum entstehen. Wegen der Weite des Landes sind auch mobile Untersuchungseinrichtungen im Gespräch. Die Standorte Dmitrowgrad (Gebiet Uljanowsk), Obninsk (Kaluga) und Tomsk (Sibirien) sollen zu Zentren für Nuklearmedizin werden. Der Bau des Zentrums in Dimitrowgrad mit 460 Betten wird 13,9 Mrd. Rubel kosten und noch 2010 beginnen; geplante Inbetriebnahme im Jahr 2013. Internationale Hersteller haben die Zeichen der Zeit erkannt und organisieren eigene Produktionen in Russland. US-Konzern General Electric (GE) will noch 2010 mit dem russischen Partner ZAO Medizinskie technologii (www.mtl.ru) eine Fertigung von Computertomographen (GE Healthcare BrightSpeed) in Moskau organisieren. Eine entsprechende Vereinbarung unterzeichneten beide Unternehmen Ende November 2009. Der geplante Ausstoß liegt bei 15 bis 20 Einheiten im 2. Halbjahr 2010. Es ist vorgesehen, die Produktpalette perspektivisch auch auf MRT-Geräte (Magnetresonanz), Ultraschall-Apparate und andere Technik auszuweiten. Philips hat auf die Initiative des Wettbewerbers reagiert und im Mai 2010 mit dem Forschungs- und Produktionskomplex Elektron (http://electronxray.com) aus Sankt Petersburg eine Kooperationsvereinbarung unterschrieben. Gemeinsam wollen die beiden Unternehmen moderne Diagnosetechnik für den russischen Markt entwickeln und produzieren (Investition bis 2013: 600 Mio. Rubel). Der erste Computertomograph des Gemeinschaftsunternehmens soll schon im Herbst 2010 auf den Markt kommen. Die Fertigungskapazität liegt, wie bei General Electric, bei 100 Geräten pro Jahr. Perspektivisch ist auch die Entwicklung von Magnetresonanz-Tomographen (MRT), Ultraschallgeräten und Angiographie-Systemen geplant. Bis jedoch in Russland eine ausreichende eigene Inlandsproduktion an Medizintechnik zustande kommt, ist die Anschaffung importierter Produkte unumgänglich. 3.3.3 Weitere perspektivreiche Geschäftsfelder Gute Geschäftschancen sehen Experten auch im Bereich der Telemedizin. Da eine flächendeckende Versorgung mit medizinischen Fachkräften in der Tiefe des Landes unmöglich und unbezahlbar ist, hat Präsident Medwedjew die Entwicklung der notwendigen IT-Infrastruktur angemahnt. Damit sollen Ferndiagnose, Konsultationen zwischen Ärzten, Fachärzten und Patienten sowie Fortund Weiterbildung über große Distanzen ermöglicht werden. Nach Angaben des Russischen Verbands der Telemedizin (RAT) gibt es in Russland bereits 110 telemedizinische Zentren, 20 davon in Moskau. Einer der Vorreiter bei der Schaffung von Infrastruktur für Telemedizin ist die Russische Eisenbahn RZhD, die auf diese Weise ihre konzerneigenen Kliniken besser vernetzen will. Beim Aufbau der Zentren hat RZhD auf das Moskauer Unternehmen NVision Group (http://telemedicine.nvisiongroup.ru) gesetzt. Germany Trade & Invest www.gtai.de 113 Gesundheitswirtschaft Ein interessanter Abnehmer für deutsche Medizintechnik sind zudem die Privatkliniken. Der schlechte Zustand der öffentlichen Krankenhäuser, lange Warteschlangen, fehlender Service und veraltete Technik spielen privaten Anbietern von Gesundheitsleistungen immer mehr Kunden zu. Besonders in Moskau und den anderen zehn Millionenstädten des Landes sind mehrere Klinikketten entstanden. Bislang bieten die meisten Privatkliniken aber nur einfache Diagnosedienste wie Ultraschall-, Blut- oder Röntgenuntersuchungen an. Vollwertige Krankenhäuser mit OP- und Reha-Abteilung sind seltener. Einer der größten privaten Anbieter in Russland ist die Unternehmensgruppe Medsi, die landesweit nach eigenen Angaben über 90 Kliniken betreibt und jährlich eine halbe Million Patienten betreut. Fresenius Medical Care hat Ende Juni 2010 den privaten Betreiber von fünf Dialysekliniken KNC übernommen. KNC versorgt derzeit als alleiniger Anbieter mehr als 1.000 Patienten in fünf Dialysekliniken in der am Schwarzen Meer gelegenen Region Krasnodar. Diese gehört mit einer voraussichtlichen Zunahme der Patientenzahlen um jährlich über 10% zu den wachstumsstärksten Regionen für Dialysedienstleistungen in ganz Russland. Mit dem Kauf von KNC will Fresenius Medical Care die Präsenz im wachsenden Markt für Dialysedienstleistungen in Russland verstärken. Dort benötigen derzeit über 20.000 Patienten eine regelmäßige Nierenersatztherapie. Fresenius Medical Care betreibt derzeit fünf Dialysekliniken mit rund 570 Patienten. Auch die Anbieter von privaten Krankenversicherungen bauen eigene Krankenhäuser, um ihren Kunden einheitliche Qualität bei der Behandlung zu bieten und zugleich die Ausgaben kontrollieren zu können. So plant die zur Allianz gehörende Versicherungsgruppe Rosno den Aufbau einer Klinikkette in Russland. Wettbewerber Ingosstrach betreibt unter dem Label „Bud Sdorow“ (www.7828882.ru) bereits fünf Häuser in Moskau, Saratow und Sankt Petersburg und plant weitere in Nowosibirsk, Kasan, Ufa und Krasnodar. Nach Untersuchungen der Discovery Research Group entfallen etwa 60% des Privatmedizin-Marktes in Russland auf stomatologische Dienstleistungen und 20% auf Gynäkologie. Weitere 10% nehmen Diagnostik- und Laboruntersuchungen ein; 6% der Bereich Kosmetologie/Körperpflege. 3.3.4 Kontaktanschriften Ministerstwo promyschlennosti i torgowli Rossijskoi Federazii (Ministerium für Industrie und Handel der Russischen Föderation) Departament chimiko-technologitscheskogo kompleksa i bioinschenernych technologi (Abteilung für den chemisch-technologischen Komplex und Biotechnologien, zuständig für Ansiedlung von Pharma- und Medizintechnikproduzenten) Abteilungsleiter: Dmitri Walerjewitsch Kolobow Kitaigorodski proesd 7, 109074 Moskau Tel.: 007 495/632 84 63, Fax: -251 95 34 E-Mail: [email protected], Internet: www.minprom.gov.ru 114 Modernisierungsoffensive in Russland Ministerstwo sdrawoochranenija i sozialnogo raswitija Rossijskoi Federazii (Ministerium für Gesundheitsschutz und soziale Entwicklung der Russischen Föderation Departament meschdunarodnogo sotrudnitschestwo (Abteilung für internationale Zusammenarbeit) Abteilungsleiter: Iwan Iwanowitsch Dubow Rachmanowskij pereulok 3, 127994 Moskau Tel.: 007 495/625 11 40, Fax: -694 02 12 Internet: www.minzdravsoc.ru iMeda (International Medical Device Manufacturers Association) (Verband der ausländischer Medizintechnik-Hersteller in Russland) uliza Krasnoproletarskaja 16, Gebäude 1, 127473 Moskau Tel.: 007 495/232 49 55 E-Mail: [email protected], Internet: www.imeda.ru Rossijskaja assoziazija predprijati po remontu i prodasche medizinskoi techniki (RAPMED) (Russischer Verband der Reparatur- und Handelsunternehmen für Medizintechnik) uliza Dubininskaja 98, office 534, 115093 Moskau Tel./Fax: 007 495/958 28 55 E-Mail: [email protected], Internet: www.rapmed.ru Rossijskaja assoziazija telemediziny (RAT) (Russischer Verband für Telemedizin) uliza Dubininskaja 53, Gebäude 5, 115054 Moskau Tel.: 007 495/641 12 12, Fax: -11 E-Mail: [email protected], Internet: http://telemedicine.nvisiongroup.ru/telemed Federalnaja sluschba w sfere sdrawoochranenija i sozialnogo raswitija (Föderaler Dienst auf dem Gebiet der Gesundheitserhaltung und sozialen Entwicklung, Rosdrawnadsor) Slawjanskaja ploschtschad 4, Gebäude 1, 109074 Moskau Tel.: 007 495/698 45 38 E-Mail: [email protected], Internet: www.roszdravnadzor.ru Privatmed (Vereinigung der privaten Medizinzentren und Kliniken) Koschewnitscheskaja uliza 7, Gebäude 1, 115114 Moskau Tel.: 007 495/234 04 54 E-Mail: [email protected], Internet: www.privatmed.ru Medsi (Privatklinik-Kette) Generaldirektor: Alexander Wladimirowitsch Ledowski Grusinski pereulok 3a, 123056 Moskau Tel.: 007 495/254 44 36, Fax: -93 E-Mail: [email protected], Internet: www.medsi.ru Germany Trade & Invest www.gtai.de 115 Gesundheitswirtschaft OAO SK Rosno (Versicherungsgesellschaft, plant Aufbau einer Kette von Privatkliniken) Ansprechpartner: Boris Tawakkoli (Senior Relationship Manager) Oserkowskaja nabereschnaja 30, 115184 Moskau Tel.: 007 495/956 21 05, ext. 2951 E-Mail: [email protected], Internet: www.rosno.ru 3.4 Markteinstieg für deutsche Unternehmen im Gesundheitswesen Arbeitsgruppe „Gesundheit“ bei der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer in Moskau Fünf Themenfelder: - Produktion von Medizintechnik und Arzneimitteln - Ausbildung von medizinischem Fachpersonal - Qualitätsstandards - Management von Einrichtungen des Gesundheitswesens - Strukturreform des Gesundheitswesens Kontakt: René Harun, Bereichsleiter Mitgliederbetreuung, Tel.: 007-495/234 49 53, E-Mail: [email protected] 116 Modernisierungsoffensive in Russland „Größte Chancen bei Pharmazeutika und medizinischen Verbrauchsmaterialien“ Interview mit Julius Krüger, Direktor International Business Development Fresenius Medical Care und Leiter der AG Gesundheitswirtschaft bei der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer Wie stellt sich die augenblickliche Situation in der russischen Gesundheitswirtschaft dar? Grundsätzlich positiv, aber der Sektor ist augenblicklich durch die neue gesetzliche Situation auch von einigen Unsicherheiten geprägt. Ein bereits verabschiedetes Gesetz regelt die preisliche Gestaltung im Bereich Pharma. So dürfen zum Beispiel Groß- und Zwischenhändler je nach Region nur noch bis zu 15% auf die registrierten Abgabepreise aufschlagen. Der eigentliche Hintergrund bestand in einer Budgetregulierung und dem Schutz der einheimischen Hersteller. Aus meiner Sicht wird dieses Ziel nicht erreicht, da durch die neue Gesetzgebung einheimische Hersteller eher benachteiligt werden. Ein weiteres - noch nicht verabschiedetes - Gesetz soll den Einfluss der Pharmaindustrie einschränken. Beispielsweise soll geregelt werden, dass Pharmavertreter ärztliches Personal nicht während der Arbeitszeit aufsuchen und die Ärzte nicht an Fortbildungsveranstaltungen teilnehmen sollen, die durch die Pharmaindustrie organisiert werden. Natürlich ist es wichtig, dass die Beziehungen zwischen Pharmaunternehmen und medizinischem Personal an ethischen Verhaltensregeln, der so genannten Compliance, ausgerichtet sind. Ein Gesetz wie das oben genannte kann aber dazu führen, dass die Ärzte von wichtigen Informationen abgeschnitten werden und ihre Weiterbildung im internationalen Maßstab zurückbleibt. Insgesamt war die Pharmaindustrie von der Krise weniger als andere Branchen betroffen und es lässt sich ein Aufwärtstrend erkennen. Die stärkere Einflussnahme auf das Handeln der Pharmaindustrie gilt für wen? Es gilt für die gesamte Branche, unabhängig davon, ob der Hersteller aus dem In- oder Ausland kommt. Der Staat plant grundlegende Strukturreformen im Gesundheitswesen. Was genau ist geplant? Es soll zuallererst ein neues Tarifsystem etabliert werden. Das bedeutet, dass der Gesundheitsfonds künftig seinem Namen gerecht wird, und Leistungen im Rahmen der medizinischen Grundversorgung nach einem Leistungskatalog abgerechnet und den Gesundheitseinrichtungen bezahlt werden sollen. Dies ist grundsätzlich sehr positiv zu bewerten. Bis dato stehen Umfang und Höhe der Leistungen allerdings noch nicht genau fest. Das gilt sowohl für staatliche Krankenhäuser als auch für private Gesundheitseinrichtungen. Germany Trade & Invest www.gtai.de 117 Gesundheitswirtschaft Wann macht es für ein Unternehmen Sinn in Russland zu produzieren? Das muss natürlich jedes Unternehmen individuell für sich beantworten. Der politische Wille besteht in einer verstärkten nationalen Produktion. Allerdings ist noch nicht klar, wie ein entsprechender Anreiz zur Ansiedlung einer Produktion aussehen kann. Das russische Gesundheitsministerium hat schon im vergangenen Jahr postuliert, dass die 100 wichtigsten Präparate im Land produziert werden sollen. Das Know-how zu deren Produktion kommt allerdings größtenteils aus dem Ausland. Die AG Gesundheitswirtschaft der AHK befindet sich im Dialog mit dem Industrieministerium, um die Eckpunkte einer möglichen Zusammenarbeit für deutsche Unternehmen auszuloten. Wir rechnen mit guten Chancen, auch für deutsche Firmen, sich an solchen Projekten beteiligen zu können. Gibt es Unterschiede zwischen dem Vorgehen des Industrieministeriums und dem der die Investitionen begleitenden Regionen? Die Regionen bemühen sich generell um Investitionen, im Industrieministerium gibt es jedoch eine eigene Abteilung, die nur damit betraut ist, im Bereich Gesundheitswirtschaft die Investitionen zu fördern und zu begleiten. Es gibt jeweils eine Abteilung für Pharma und für Medizintechnik. Wir hatten bereits einen Vertreter des Ministeriums in einer AG-Sitzung zu Gast. Derzeit bemühen wir uns weiter im Dialog mit dem Ministerium, um noch konkretere Informationen zu erhalten, wie sich die deutsche Wirtschaft an diesem Programm beteiligen kann. Gibt es Regionen, in denen sich Pharmaunternehmen verstärkt ansiedeln? Es gibt einerseits die Sonderwirtschaftszonen, deren Attraktivität sich in erster Linie aus ihrer Zollpolitik ergibt. Andererseits gibt es zahlreiche engagierte Regionen, wie zum Beispiel Kaluga oder die Gebiete Moskau und Leningrad, die mit einer industriefreundlichen Ansiedlungs- und Investitionspolitik bereits einige Erfolge im Werben um ausländische Investoren erzielen konnten. Für welche Firmen der Gesundheitswirtschaft lohnt sich der Gang nach Russland? Die größten Chancen liegen im Bereich Pharmazeutika und medizinische Verbrauchsmaterialien, weil der russische Markt im internationalen Vergleich betrachtet noch deutlich unterversorgt ist und somit ein hohes Wachstumspotenzial aufweist. Global gesehen ist Russland vom Marktvolumen her natürlich noch nicht mit den großen etablierten Absatzmärkten Westeuropas oder den USA vergleichbar. Aber der Wachstumstrend ist unverkennbar. Bei Medizingeräten lohnt sich eine Produktion in Russland oftmals nicht, da die Stückzahlen für ein komplettes Werk meist nicht ausreichend sind. Es kommt eher eine Endmontage in Betracht. Hier gilt es aber die zollrechtlichen Vorschriften zu beachten, weil es teilweise teurer ist, die Einzelteile einzuführen als das gesamte Produkt. Insgesamt kommt erschwerend hinzu, dass die Kreditzinsen in Russland immer noch erheblich über denen Westeuropas liegen und die Inflation höher ist. Wie erschließt man dann den Markt: Mergers and Acquisitions? Unbedingt! Augenblicklich ist es der bessere Weg. Es gibt Fachkräfte, vorhandenes Know-how, Lizenzen, die notwendige Infrastruktur. Das alles müsste man bei einem Greenfield-Projekt erst entwickeln. Die Fachkräfte werden traditionell an bestimmten Universitäten im Land ausgebildet, deshalb ist die Kooperation meiner Ansicht nach der Königsweg zur Markterschließung. 118 Modernisierungsoffensive in Russland Im Zuge der Marktschutzmaßnahmen gilt in Russland ein Gesetz, nachdem inländische Hersteller im Vergabeverfahren um bis zu 15 % teurer anbieten dürfen. Welche Auswirkungen hat dieses Gesetz? Zunächst muss man sagen, dass das Gesetz nicht immer stringent angewendet wird. Es soll natürlich die Unternehmen unterstützen, die im Land investiert haben, und diese ermutigen, dies auch weiterhin zu tun. Im konkreten Fall unseres Unternehmens wirkt sich das Gesetz grundsätzlich positiv aus, denn für die Peritonealdialyselösungen, die wir in Russland produzieren, haben wir nur einen Mitbewerber, und der produziert nicht in Russland. Allerdings ist dieses Gesetz zeitlich zunächst bis Ende 2010 begrenzt, und ich glaube kaum, dass bei einem WTO-Beitritt Russlands solche Marktschutzmaßnahmen dauerhaft zu halten sein werden. Wie ist es um das medizinische Wissen der Ärzte und des medizinischen Personals bestellt? Moderne Medikation erfordert permanente Weiterbildung. Grundsätzlich ist der Wissensstand der Ärzte gut. Prinzipiell ist auch die universitäre Ausbildung nicht schlecht. Allerdings variiert der Kenntnisstand abhängig von den Regionen. Dort kommt noch das Problem der flächendeckenden Versorgung hinzu. Ähnlich wie in Deutschland fehlt es an Ärzten auf dem Land. Unabhängig davon müssen Ärzte über den neuesten Stand pharmazeutischer Produkte informiert werden, und dem steht das beschriebene neue Gesetz entgegen. Was ist aus den anspruchsvollen Plänen zum Bau hochmoderner Kliniken geworden? Ein Teil der Projekte wurde bereits realisiert, die Verantwortung dafür ist aber letztes Jahr aus dem Gesundheitsministerium an die Staatsholding Rostechnologii übertragen worden. Sie führt das Projekt mit staatlichen Geldern zu Ende. Woher kommen die Wettbewerber, mit denen sich die deutsche Gesundheitswirtschaft in Russland messen muss? Bei den qualitativ hochwertigen und technisch anspruchsvollen Produkten sind die Hauptwettbewerber amerikanische und europäische Hersteller. Es gibt mittlerweile aber auch eine breite Palette indischer und chinesischer Importe, die jedoch eher im Wettbewerb mit den russischen Herstellern stehen. Allerdings gab es in der Vergangenheit immer wieder Qualitätsprobleme mit diesen Herstellern - es entscheidet sich also nicht nur über den Preis, denn die Folgekosten liegen oftmals deutlich über dem Einsparpotenzial. Als wie effektiv erweist sich der direkte Draht über die AG Gesundheitswirtschaft der AHK zum Ministerium? Es ist der richtige und Erfolg versprechende Weg, auch wenn wir uns wünschen würden, noch intensiver mit dem Ministerium über anstehende Maßnahmen in Diskussion treten zu können. Das Interview führte Jens Böhlmann, AHK Moskau Germany Trade & Invest www.gtai.de 119 Gesundheitswirtschaft „In den nächsten Jahren wird der Medizintechnik-Bedarf noch steigen“ Interview mit Andreas Berns, Vice President Siemens OOO, Leiter Healthcare Wie stellt sich der Markt für Medizintechnik nach der Krise dar? Bis 2008 gab es jährlich Steigerungen im zweistelligen Bereich im Markt für Medizintechnik. 2009 setzte die genau entgegen gesetzte Entwicklung ein. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt halten wir die Krise für fast überwunden. Augenblicklich werden sehr viele Ausschreibungen für Projekte lanciert. Relevant für die Jahresentwicklung wird es in der Regel ab April, denn vorher bewegt sich kaum etwas im Markt. In welchen Bereichen sind die Investitionen besonders massiv? Immer noch im Hochtechnologie-Bereich, High-tech-Medizintechnik, in der Bild gebenden Technik, bei der Infrastruktur von Krankenhäusern - Hardware hat immer noch oberste Priorität. Aber auch im Bereich Krankenhaus-Management herrscht großer Nachholbedarf: Schulung des Personals, Schulung des Managements wird insbesondere von unserem Hause immer im Paket mit angeboten. Auch der Bereich IT-Infrastruktur wächst stark. Darüber hinaus lässt sich eine Tendenz des Übergangs vom staatlichen Gesundheitswesen zum privaten Gesundheitssektor feststellen. Den Beginn einer solchen Entwicklung markiert immer die Zahnmedizin, jetzt folgen Diagnostikeinrichtungen, dabei besonders Labortechnik und Bild gebende Technik. Mittlerweile wollen Patienten nicht zu jeder Behandlung ins Ausland fahren, deshalb schaffen Privatunternehmer diese Technik an, auch wenn die eigentliche Behandlung oft noch im Ausland durchgeführt wird. Diese Investitionen kommen aus dem In- oder Ausland? Nach unserer Erfahrung sind es inländische Investoren - vor allen Dingen Unternehmen, die zusammen mit einem Arzt in einer Region eine Klinik oder ein Diagnostikzentrum aufbauen. Wie verteilen sich die Gelder auf den staatlichen und privaten Sektor? Die privaten Krankenversicherungen kooperieren mit solchen Zentren, die staatliche Krankenversicherung übernimmt nur teilweise die Behandlungskosten. Bleiben diese Leistungen damit Besserverdienenden vorbehalten? Nein, denn wenn ein Betroffener auf den einzigen Computer- oder den einzigen Magnet-Resonanz-Tomographen (MRT) im Umkreis von 500 Kilometern angewiesen ist, dann wird der Patient die im Zentrum vorhandene Technologie nutzen - so rechnet der Unternehmer. Das geht so weit, dass die Zentren für die umliegenden Ortschaften kostenlose Transportmittel zur Verfügung stellen, um die Patienten zur Untersuchung zu bringen. 120 Modernisierungsoffensive in Russland Wie ist es um die Ausstattung der Krankenhäuser insgesamt bestellt? Es gibt zum Beispiel durchschnittlich mehr Krankenhausbetten als in Europa. Trotzdem gilt der medizinische Standard in Russland als ungenügend? Ja, denn das noch immer in weiten Teilen des Landes bürokratische System ist sehr belastend. Eine Behandlung, die in Deutschland stationär an einem Tag gemacht würde, braucht in Russland teilweise eine Woche oder mehr. Für eine CT- oder MR-Diagnose müssen verschiedenste Instanzen durchlaufen werden, um in den Genuss einer Diagnose zu kommen. Deswegen boomt der Privatsektor so stark. Wir können nur dazu beitragen, dass das Personal unsere Apparaturen sachlich gut bedienen kann und zu mehr als 50 % seiner Funktionalität nutzt - so wie es teilweise heute schon der Fall ist. Die Ärzte werden nach westlichem Vorbild intensiv und regelmäßig geschult. Wie ergiebig ist der russische Markt unter den obwaltenden Bedingungen? Die zu Beginn der 1990er Jahre gelieferten Geräte und Ausrüstungen sind 15 bis 20 Jahre alt und müssen ausgetauscht werden; der Markt wird sich auf dem heutigen Niveau kontinuierlich weiterentwickeln. In den nächsten Jahren wird der Bedarf eher noch ansteigen. Welche Wirkung hat das Nationale Projekt „Gesundheit“ auf diese Entwicklung? Dieses Projekt trägt maßgeblich dazu bei, das System zu verbessern. Leider ist das Projektmanagement nicht immer sehr effizient - teilweise wurden Objekte auf die „grüne Wiese“ gestellt, ohne vorher sicherzustellen, dass auch genügend Ärzte zur Verfügung stehen. Spüren Sie den zunehmenden Marktprotektionismus auch im Bereich Medizintechnik? Es gibt eine generelle Tendenz, die Produktion und die Wertschöpfung im Land zu etablieren. Für einen Medizintechnikhersteller sind die in Russland anzunehmenden Stückzahlen jedoch nicht effizient genug, um eine Produktion zu rechtfertigen. Russland ist kein low-cost-Land; es hat aus betriebswirtschaftlichen Gründen einfach keinen Sinn, solche Produktionen nach Russland zu verlagern. An wen werden Ausschreibungen vergeben: an Generalauftragnehmer, die dann weiter vergeben? Ja, wir nehmen an Ausschreibungen mit Generalauftragnehmern teil, denn die Gesamtprojekte beinhalten mehr als die Medizintechnik - das Gebäude, die Betonkonstruktionen, bauliche Modernisierungen und so weiter. Wir verkaufen an Business-Partner, die dann wiederum das Gesamtspektrum des Krankenhauses und im Wesentlichen die Finanzierung abdecken können. Würde ein Joint Venture lohnen? Wir produzieren für die gesamte Welt Computertomographen in wenigen Werken. So machen es auch unsere Mitbewerber. Eine lokale Wertschöpfung für diese Art von High-tech-Equipment ist einfach unwirtschaftlich. Germany Trade & Invest www.gtai.de 121 Gesundheitswirtschaft Haben die deutschen Mittelständler eine realistische Chance auf diesem Markt? Ja, absolut. Die meisten deutschen Hersteller sind hoch spezialisiert, und der russische Markt ist ein High-end-Markt. Das bedeutet, dass qualitativ hochwertige Produkte in Russland gekauft werden. Während der Krise sind Firmen aus Asien mit sehr aggressiven Angeboten in den Markt eingedrungen, aber unser Segment bleibt nichtsdestotrotz attraktiv, auch wenn die Preise sinken. Qualität ist ein Unique selling point (Alleinstellungsmerkmal) in Russland. Was sind im Bereich Medizintechnik in nächster Zeit die größten Projekte? In den nächsten fünf Jahren wird die Nachfrage im Bereich Onkologie sehr stark sein, Neubau und Modernisierung von Krankenhäusern, Spezialkliniken werden auf der Agenda stehen. In der nächsten Dekade der IT-Bereich - die Infrastruktur ist immer noch weitestgehend nicht vorhanden, und unter dem Gesichtspunkt der immer noch frühen SteRubelichkeit die Gebiete Fürsorge, Pflege, Vorsorge und gesunde Lebensweise. Das Interview führte Jens Böhlmann, AHK Moskau 122 Modernisierungsoffensive in Russland „An einem Prüfzentrum in Russland führt kein Weg vorbei!“ Deutsche Pharmafirmen müssen sich im Russlandgeschäft gewaltig umstellen. Bei der Anerkennung klinischer Prüfungen und auch bei der Produktion schreibt die russische Regierung Lokalisierung vor. Rechtsanwalt Dr. Christoph Dengler, Pharmaexperte und Leiter der deutschen Praxis der internationalen Kanzlei Mannheimer Swartling, gibt im Interview mit Germany Trade and Invest praktische Tipps und zeigt die zentralen Gesetzesbaustellen auf. Vom Krankenhausbau bis zum Import und der Produktion von Medikamenten und Medizintechnik - im Augenblick werden fundamentale Gesetzesänderungen diskutiert. Was kommt auf deutsche Pharmafirmen zu? Es gibt eine Reihe von Entwürfen, an denen das Gesundheitsministerium arbeitet. Etwa am sehr umstrittenen Medizinprodukte-Gesetz sowie am Gesetzesentwurf über Orphan Drugs. Außerdem verfasst das Ministerium den Entwurf zur Regulierung von Außendienstbesuchen. Ich warte mit Spannung auf den Herbst. Dann soll der Entwurf vorgestellt werden soll. Es geht um die Frage, was Außendienstmitarbeiter in Zukunft dürfen und was verboten ist. Die russischen Kartellbehörden hatten schon bei den Kommentierungen zum neuen Arzneimittelgesetz versucht, Besuche von Pharmavertretern bei Ärzten und medizinischen Fachmitarbeitern einzuschränken. Apropos Arzneimittelgesetz, das tritt am 1. September 2010 in Kraft? Ganz richtig! Das Gesetz „Über den Umlauf von Arzneimitteln“ bringt veränderte detaillierte Regelungen zur Zulassung von Arzneimitteln, zur staatlichen Regulierung von Preisen, bis hin zu ausführlichen Vorschriften bei klinischen Prüfungen. Einige Experten kritisieren, dass etwa klinische Prüfungen aus Deutschland in Russland nicht mehr anerkannt würden. Das ist so nicht richtig. Die internationale Regel besagt, dass die Ergebnisse klinischer Prüfungen im Ausland im Rahmen der Zulassung dann anerkannt werden, wenn sie gemäß dem Standard der „Guten Klinischen Praxis“ durchgeführt werden. Das wird durch Inspektionen überprüft. Gemäß dem neuen russischen Arzneimittelgesetz sollen aber nur noch solche Ergebnisse von internationalen klinischen Prüfungen anerkannt werden, die zumindest teilweise in Russland durchgeführt worden sind. Herr Dengler, Sie haben früher viele Jahre in der Rechtsabteilung des forschenden Pharmaunternehmens Boehringer Ingelheim gearbeitet. Hätte Ihnen diese Regelung damals Kopfschmerzen bereitet? Na ja, es ist bedauerlich, aber man muss sich eben auf die neue Situation einstellen. Die Unternehmen sollten die klinischen Prüfungen auf Russland mit mindestens einem Prüfzentrum ausdehnen. Wenn dies nicht möglich ist, etwa wenn die klinischen Prüfungen bereits abgeschlossen worden sind, muss man sie teilweise wiederholen. Da reicht auch ein kleinerer Umfang. Germany Trade & Invest www.gtai.de 123 Gesundheitswirtschaft Erwarten sie einen solchen Lokalisierungszwang auch bei der Produktion von Arzneimitteln? Ja. Bisher kann nur keiner genau sagen, ab welchem Fertigungsgrad ein Arzneimittel als „hergestellt in Russland“ gilt. Da ist es mit der Rechtssicherheit für deutsche Firmen aber nicht weit her. Bisher kann ich noch keinem Unternehmen klare und feststehende Kriterien nennen. Es kursieren immer wieder Zahlen von 15 bis 30 % lokalen Fertigungsgrades, zum Teil auch in Abhängigkeit vom Produktionsstart. Aber man bekommt keine Richtschnur an die Hand. Klar ist jedoch: Russland will nicht mehr einfach nur teure ausländische Produkte kaufen, sondern mehr Hightech-Industrie im Land ansiedeln. Die Regierung zwingt ausländische Unternehmen dazu, einen Teil der Wertschöpfungskette vor Ort zu „lokalisieren“ und auf diese Weise die innovative Industrie im Land zu fördern. Was sind die Vorteile, wenn ein Produkt als russisches angesehen wird? Da gibt es viele Vorteile, von der Teilnahme an staatlichen Ausschreibungen bis hin zu Zollprivilegien bei der Einfuhr von benötigten Rohmaterialien im Gegensatz zu wohl höheren Zollsätzen gleichartiger Konkurrenzprodukte, die nach wie vor im Ausland hergestellt werden. Dann sehen Sie also eine klare Tendenz für die Zukunft: Die deutschen Arzneimittelexporte nach Russland werden sinken, dafür nimmt die lokale Fertigung auf diesem dynamischen Markt weiter zu? Das ist das Ziel der russischen Regierung, und darauf wird es hinauslaufen. Das Interview führte Bernd Hones, Germany Trade and Invest Kontaktanschrift Mannheimer Swartling Sweden House, Malaya Konyushennaya 1/3a 191186 Sankt Petersburg Tel.: 007 812/335 23 00, Fax: -01 Internet: www.mannheimerswartling.se/en/Contact-database/Dr-Christoph-Clemens-Dengler Ansprechpartner: Dr. Christoph C. Dengler (E-Mail: [email protected], Mobil: 007 921/181 66 78) 124 Modernisierungsoffensive in Russland Informations- und Telekommunikationstechnik 4. Informations- und Telekommunikationstechnik 4.1 Telekommunikationstechnologie Russland will die führende Position in der Welt bei der Entwicklung von Informationstechnologien und Software erobern. Die heimischen Telekommunikationsnetze sollen dem neuesten Stand der Technik entsprechen. Doch im Augenblick hängt die russische Telekom-Industrie westlichen Staaten noch hinterher. Schuld daran hatten nicht zuletzt die Regulierungsbehörden. Sie verzögerten die nötigen gesetzlichen Voraussetzungen für die Schaffung moderner Netze und zukunftsweisender Technologien auf dem Telekommunikationsmarkt. Bürokratische Barrieren verhinderten jahrelang, dass russische Netzbetreiber und Dienstleister in Moskau und anderen Regionen ein 3G-Netz entwickelten. Präsident Dmitri Medwedew musste höchstpersönlich intervenieren, damit die längst überfälligen Rahmenbedingungen für 3G geschaffen werden konnten. Die Folge: Im Dezember 2009 erhielten Russlands Telekom-Konzerne die Erlaubnis für die Implementierung der 3G-Technologie in Moskau. Bei der nächsten Entwicklungsstufe, 4G, soll das größte Land der Welt nicht mehr hinterher hinken. Medwedew will bereits 2010 die ersten 4G-Zonen verwirklicht sehen. Der russische Binnenmarkt für Telekommunikationsdienstleistungen wachse um wenigstens 15% jährlich. In einigen Fällen seien es sogar 30%. Dieser Trend betreffe aber nur Großstädte, räumte Medwedew ein. Moderne IT-Technologien müssten aber im ganzen Land verbreitet werden. Damit nicht genug: In kürzester Zeit soll es Medwedew zufolge in Russland ein System von Fördermaßnahmen geben, das die wissenschaftliche Forschung beflügelt und die Entwicklung von Produktideen bis zur Marktreife vorantreiben hilft. Auch wenn bei staatlichen Ausschreibungen heimische Hersteller am längeren Hebel sitzen - das Modernisierungstempo bringt gute Chancen für deutsche Zulieferer und Consultants. Denn im ganzen Land wird investiert in neue Ausrüstung, bessere Netze und größere Übertragungsraten. Aber die Konkurrenz schläft nicht: Der chinesische Telekomausrüster Huawei etwa dürfte 2009 rund 630 Mio. US$ Umsatz in Russland erzielt haben. Auch der französische Alcatel-LucentKonzern ist gut im Geschäft. 4.1.1 Der Telekommunikationsmarkt im ÜbeRubelick Die Einnahmen aus Telekommunikations- und Postdienstleistungen sind im Jahr 2009 in Russland um 2,9% auf 1.272,9 Mrd. Rubel gestiegen. Das hat der Statistikdienst der Russischen Föderation mitgeteilt. Der elektronische Funkverkehr - dazu gehört auch die Mobiltelefonie - legte um 2,3% auf 554,4 Mrd. Rubel zu. Das stärkste Plus verzeichnete der elektronische Dokumentenversand mit +20,7%; er erreichte ein Volumen von 133,9 Mrd. Rubel. Der Umsatz im Bereich Verbindungsaufbau stieg um 10,1% auf 177 Mrd. Rubel. Dagegen gaben Russlands Bürgerinnen und Bürger 2009 nur noch 115,3 Mrd. Rubel für Fern- und Auslandsgespräche aus. Die Einnahmen aus Orts- und Münzferngesprächen blieben mit 142,8 Mrd. Rubel stabil. Germany Trade & Invest www.gtai.de 125 Informations- und Telekommunikationstechnik Die wichtigsten Telekommunikationsunternehmen im ÜbeRubelick (in Mrd. Rubel, nominale Veränderung) Unternehmen/Internet Umsatz 2008 Umsatz 2009 Veränderung 2009/2008 in % MTS 254,8 311,0 22,0 Wympelkom 251,6 275,3 9,4 Swjasinwest 252,9 271,9 7,5 Megafon 175,5 181,8 3,6 Transtelekom 27,5 24,3 -12,0 Tele2 26,0 31,6 11,0 *) Sinterra 13,1 14,9 13,5 Meschregionalnaja Transittelekom 21,2 13,6 36,0 Sky Link 8,3 11,0 32,5 Akado 7,8 8,9 14,1 Tattelekom 5,3 5,7 7,3 *) inflationsbereinigt Quellen: Cnews analytics, Tele2-Unternehmensangaben Kennzahlen zum russischen Telekommunikationsmarkt 2008 2009 Veränderung 2009/2008 in % VAS-Dienste im 3,1 3,9 27 Bereich Mobilfunk (in Mrd. US$) Internetnutzer (in Mio., zum Periodenende) darunter: Breitbandnutzer (in Mio., zum Periodenende) Quellen: IKS-Consulting, ASM-Holding 126 Modernisierungsoffensive in Russland Anmerkungen Den größten Anteil hat MTS, gefolgt von Megafon und Wympelkom 45,4 59,7 32 9,7 13,2 36 Für 2010 werden 16 Mio. Nutzer prognostiziert Kundenstamm der drei wichtigsten Mobilfunkanbieter (in Mio. Abonnenten) Kundenstamm zum 31.12.2007 zum 31.12.2008 zum 31.12.2009 zum 30.4.2010 MTS 57,6 64,6 69,3 69,7 Wympelkom 51,6 47,7 50,9 50,8 Megafon 35,5 43,3 50,2 52,1 Quelle: ASM-Consulting Zum Jahr 2014 erwarten Branchenexperten ein Volumen von 3,5 Mrd. US$ für Dienstleistungen rund um das mobile Internet. Jeder zehnte Russe dürfte bis dahin vom Mobiltelefon beziehungsweise Smartphone aus Onlinedienste nutzen, glauben die Analysten von Frost & Sullivan. Das wären fünf mal so viele Nutzer wie heute. Germany Trade & Invest www.gtai.de 127 Informations- und Telekommunikationstechnik Am höchsten ist die Internet-Dichte in Moskau: 59% aller Haushalte sind das World Wide Web angeschlossen. In Sankt Petersburg haben immerhin 57% aller Haushalte einen Zugang. Einige föderale Bezirke sind dagegen noch stark rückständig. In Sibirien verfügen gerade einmal 28% aller Haushalte über einen Internetzugang. Aber gerade die russischen Regionen zeichnen sich durch ein schwindelerregendes Wachstum aus. Im Ural stieg die Anschlussquote das Internet 2009 um 30%, im nordwestlichen Föderal-Bezirk lag das Wachstum sogar bei 35%. 4.1.2 Projekte und Geschäftschancen in der Telekommunikationsbranche Endlich westliche Standards bei den Übertragungsraten, neue Telefonstationen, digitales Radio und Fernsehen sowie neue Frequenzbereiche - das sind die prioritären Projekte der russischen Regierung im Bereich Telekommunikation. Dafür dürften Angaben der Behörde zufolge bis 2015 knapp 164 Mrd. Rubel investiert werden. Davon kommen über 76 Mrd. Rubel aus dem Haushalt der Russischen Föderation, heißt es beim Telekom-Ministerium. Den Rest bringen private Investoren auf. Die Chancen stehen gut, denn am Telekommunikationsmarkt gibt es mittlerweile drei sehr erfolgreiche private Operatoren, die in den vergangenen Jahren massiv vom explodierenden Marktwachstum profitiert haben und bereit sind, Milliarden Euro in den technologischen Fortschritt zu investieren. Geschäftschancen bringt das technologische Upgrade auf LTE-Netze. Tele2-Rossija-Chef Dmitri Straschnow glaubt, dass bis 2012 oder spätestens 2013 mehr als 2,5 Mrd. US$ in die neue Technologie investiert werden. Mehr als 30.000 Basisstationen müssten gebaut werden, damit die Menschen in den größeren Kommunen in Russland angeschlossen werden könnten. In den darauffolgenden Jahren werde das Netz auch auf entlegenere Gebiete ausgeweitet, prognostiziert der Telekom-Experte. 128 Modernisierungsoffensive in Russland Eines der größten Investitionsprojekte der kommenden drei Jahre in Russland treibt das unlängst gegründete Unternehmen Swjasdorinwest voran. Initiator ist die Staatsholding Rostechnologii. Sie hält ein 25%-Aktienpaket an dem Telekommunikationskonzern, der künftig bestehenden Anbietern Konkurrenz machen soll. Dazu verlegt das Unternehmen entlang bestehender Autostraßen mehr als 5.000 km Kabel. Im 2. Halbjahr 2010 soll die Projektdokumentation abgeschlossen sein. Dann kann der erste Teil der Verlegung des Fernnetzes von der finnischen Grenze über Moskau nach Astrachan und weiter nach Kasachstan beginnen. Ende 2011 könnte die neue Leitung fertig sein. Danach beginnt die Erweiterung von der weißrussischen Grenze über Moskau nach Samara und schließlich zur Grenze nach Kasachstan. Die Projekte sollen Ende 2012 fertig gestellt sein und dürften zusammen 550 Mio. US$ kosten. Die russische Regierung, die Assoziation der russischen regionalen Netzbetreiber sowie die Telekom-Konzerne selbst prüfen im Augenblick die Einführung der Number Portability. Also die Möglichkeit, die eigene Nummer bei Anbieterwechsel beizubehalten. Russlandweit dürfte diese IT-Systemerweiterung 500 Mio. US$ kosten. Allein bei Russlands größtem Telekommunikationsunternehmen MTS würden sie mit 127 Mio. US$ zu Buche schlagen. Diskutiert wird nicht nur die Übertragung der Mobilfunknummer, selbst Festnetznummern sollen Telekomkunden künftig im Rahmen eines Anbieterwechsels „mitnehmen“ dürfen. Geschäftschancen für Telekomausrüster ergeben sich auch bei der Ausstattung von Flugzeugen. Künftig sollen Passagiere russischer Airlines an Bord ihr Mobiltelefon benutzen dürfen. Das hat die zuständige Kontrollbehörde, Goskomissija po radiotschastotam, im Februar 2010 entschieden. Bereits ab 2011 könnte auf S7- und Transaero-Flügen zum ersten Mal die Nutzung von Mobiltelefonen möglich sein. S7 hat das Unternehmen Meschregionalnyi Transit Telekom (MTT) mit der technischen Lösung für die Bordnetzwerke beauftragt. MTT-Geschäftsführer Eldar Rasrojew schätzt die Kosten auf 200.000 bis 500.000 US$ pro Flugzeug. Wie viel diese Dienstleistung die Passagiere kosten soll, steht noch nicht fest. Auf internationalen Flügen müssten sie mit mindestens 5 US$ pro Minute rechnen. Die größte russische Airline, Aeroflot, ist da schon einen Schritt weiter. Zusammen mit dem Provider Megafon bietet die Fluggesellschaft seit Anfang Juni 2010 Handyempfang in einem Linienflieger zwischen Moskau und London an. Ab 2012 oder spätestens 2013 sollen Jahr für Jahr 19 Mio. Aeroflot-Passagiere in 115 Flugzeugen auf dem eigenen Smartphone Internet nutzen, telefonieren oder SMS/MMS schreiben und empfangen können. Der russische Telekommunikationskonzern Rostelekom wird in den kommenden fünf Jahren für die komplette Datenübertragung, das interne Kommunikationssystem sowie Infrastruktur-Voraussetzungen im Zusammenhang mit der Bezahlung von kommunalen Gebühren beim russischen Postmonopolisten Potschta Rossi verantwortlich zeichnen und dafür 5,23 Mrd. Rubel erhalten. Damit nicht genug: Künftig könnte die russische Post auch die Bereiche IP-Telefonie sowie die Verwaltung der IT-Infrastruktur ausschreiben. Geschäftschancen für deutsche Unternehmen ergeben sich bei der Vernetzung der künftigen Olympiazone rund um Sotschi. Darunter fallen die Kurorte entlang der Küste, sowie die Austragungsorte der Sportveranstaltungen. Das Unternehmen OAO Juschnaja telekommunikazionnaja Kompanija (JuTK) wird 185 Mio. US$ für die Verlegung von Glasfaserleitungen investieren. Weiterhin dem baut JuTK 2010 für rund 600 Mio. Rubel das Breitbandnetz im gesamten Krasnodarski krai aus. Damit will das Unternehmen die Zahl der ADSL-Breitbandanschlüsse auf 68.000 Stück erhöhen. Weiterhin sollen in mehr als 800 Hochhäusern optische Kabel mit Ethernet-Technik verlegt Germany Trade & Invest www.gtai.de 129 Informations- und Telekommunikationstechnik werden. Ein neues Projekt der Telekommunikationsfirma ist die Ausstattung von Neubauwohnungen mit der modernen ETTH-Hochgeschwindigkeitstechnologie. Häuser mit mehreren Wohnungen sollen mit der Voice over IP-Technologie ausgerüstet werden. JuTK gehört zur SwjasinwestGruppe. Insbesondere beim Breitbandanschluss liegt Russland im Augenblick noch hinter den westlichen Ländern: Gerade einmal 11 Mio. Haushalte verfügen über einen Zugang zu diesem Hochgeschwindigkeitsnetz. Bis 2014 soll sich das schlagartig ändern, dann dürften 35 Mio. Haushalte mit insgesamt 94 Mio. Menschen einen Breitbandanschluss haben, 70% mehr als 2010. Diese Prognose vertritt das Marktforschungsunternehmen Nesawisimyi obsor prowaiderow. Die Kosten für das NetzUpgrade dürften sich auf bis zu 10 Mrd. US$ belaufen. Dazu kommen 2 Mrd. Rubel für die Bereitstellung der Dienstleistungen. In der Republik Komi verfügen rund 100.000 Haushalte über einen Breitband-Internetanschluss. Das Unternehmen Sewero-Sapadnyi Telekom will 2010 rund 230 Mio. Rubel in den Ausbau der Telekominfrastruktur in der Republik stecken. Neben der Erweiterung des Breitbandnetzes soll die Digitalisierung des Telefonnetzes voranschreiten, im Augenblick liegt der Digitalisierungsgrad bei 84%. Die Aktiengesellschaft Zentralnyi Telegraf will für 260 Mio. Rubel ihr bestehendes Breitbandnetz optimieren, um dadurch noch mehr Nutzer zu gewinnen. Die wichtigste Investition ist die Erweiterung der Datenübertragungsrate von 10 auf 40 Gbit pro Sekunde entlang des Moskauer Transportrings. OAO Zentralnyi Telegraf hat in der Stadt und im Umland von Moskau rund 176.000 Nutzer. Rostelekom-Generaldirektor Anton Kolpakow will die Installation drahtloser Breitbandnetze mit der neuesten 4G-Technologie vorantreiben. Möglich sei auch die Ausstattung mit einem WimaxNetz der dritten Generation. Er aber befürworte das „progressivste und modernste Netz“, sagte der Unternehmenschef gegenüber der russischen Presse im April 2010. Rostelekom hat im März 2010 die Ausschreibung für die Ausrüstung von 38 Regionen der russischen Föderation mit Breitbandzugang gewonnen. Sollte Rostelekom tatsächlich auf Technologie der vierten Generation setzen, so kämen im Augenblick als Ausrüster nur ausländische Unternehmen in Betracht. Denn derzeit vermag kein russischer Hersteller Breitbandnetz-Technik mit der neuesten 4G-Technologie zu produzieren. Zu den Ausschreibungsbedingungen zählt allerdings die Verwendung von Technik made in Russia. Ende 2009 hatte Präsident Dmitri Medwedew Telekommunikationsminister Igor Schegoljew vorgeschlagen, sofort auf die 4G-Technologie zu setzen und nicht erst den vollständigen Ausbau eines flächendeckenden 3G-Netzes abzuwarten. Wer als Technikanbieter an dem 30 Mrd. Rubel teuren Projekt partizipieren will, dessen Produkte müssen mindestens 30% local content aufweisen, 2011 sollen es sogar 40% sein. Ab 2012 muss der Anteil russischer Wertschöpfung an der Telekommunikationsausrüstung bei mindestens 50% liegen. Ausländischen Unternehmen, die sich in Russland mit ihrer Produktion ansiedeln wollen, verspricht das Telekom-Ministerium staatliche Subventionen, Garantien, Kredite und Steuervergünstigungen. Importzölle auf Ausrüstung für die Produktion sowie Bauteile sollen entfallen, dafür soll Telekomausrüstung aus dem Ausland mit Strafzöllen belegt werden, droht das Industrie- und Handelsministerium. Die größte Dynamik werden künftig nicht mehr die Metropolen Moskau und Sankt Petersburg aufweisen. Wesentlich besser entwickeln dürften sich in den nächsten Jahren andere Städte in den Re- 130 Modernisierungsoffensive in Russland gionen. Dort werden die Internetanbieter auch die größten Investitionsanstrengungen unternehmen. Dazu gehören etwa Swjasinwest und Wympelkom. Aber auch Komstar will eigenen Angaben zufolge 2010 wieder auf Vorkrisenniveau investieren. Während Komstar früher nur in Städten mit einer Bevölkerung von über 200.000 Einwohner in die Entwicklung des Breitbandes investierte, kommen seit 2010 auch 100.000 Einwohner-Städte in Frage. Künftig will das Unternehmen in 200 Städten präsent sein (bislang bietet der Operator Breitbandanschlüsse in 70 Städten an). Wympelkom offeriert Breitbandzugang bisher in 67 Städten, 2010 sollen zehn weitere Städte angeschlossen werden. Breitbandzugänge fürs Internet via Mobiltelefon soll es zukünftig nicht nur in 200 Städten in den Regionen geben, sondern auch in 40 Ortschaften im Umland von Moskau. Komstar will in rund 40 Städtchen, Elitesiedlungen und entlang zentraler Zufahrtsstraßen zur Hauptstadt in die WimaxTechnologie investieren. Vierzig Ortschaften - Firmenangaben zufolge soll das nur die erste Etappe sein. In den kommenden Jahren werden weitere millionenschwere Investitionen folgen. Neben Komstar-OTS gehören auch Skartel (mit dem Label Yota) sowie Sinterra zu den wichtigsten Playern auf dem Markt für mobiles Wimax. Auch Komstar befürwortet den Einsatz von LTE-Technologien. Neben den „Großen Drei“ - MTS, Wympelkom und Megafon - bekunden zudem Sky Link und Tele2 Interesse am Ausbau der Netze der vierten Generation. Kein Wunder: Denn bereits mit der Vorgängertechnologie 3G werden Russlands Anbieter ausgezeichnete Geschäfte machen. Die 3G-Dienstleistungen dürften MTS im Jahr 2018 rund 1,4 Mrd. US$ in die Kasse spülen, Wympelkom werde mit dieser Technologie etwas mehr als 1 Mrd. US$ Umsatz erzielen, glauben Uralsib-Analysten. Das zuständige Ministerium Minkomsvjazi hat sechs 4G-Testzonen für die Erprobung der neuen LTE-Technologie ausgewiesen. Dazu gehören Moskau, Sankt Petersburg, die Regionen Kostroma, Swerdlowsk und Rostow am Don sowie der Primorski Krai. Die Behörde verspricht sich dadurch gleiche Bedingungen bei künftigen Ausschreibungen für die Lizenzen für Drahtlosnetze. Neben der staatlichen Swjasinwest (Rostelekom) haben bereits MTS, Wympelkom und Megafon Interesse an einer Beteiligung an den Testgebieten angemeldet. Geplante Investitionen in Russlands Telekommunikationsbranche InvestitionsUnternehmen Investitions- Anmerkungen / Internet vorhaben summe Projekt Festnetzbetrei50 Mrd. Rubel Ausstattung aller Haushalte mit „Sozialna rosetka“ ber in 39 Regiobis 2015 Funkanschlüssen für Telefon, nen; in Moskau: Fernsehen, Radio, Internet sowie Moskowskaja gomit einem Notrufsignal - neben rodskaja radioMGRS sollen weitere Anbieter leitranslationnaja tungsgebundener Dienste in den 38 setj (MGRS) größten Städten Russlands entsprechend aufrüsten 3G, Breitband, Wympelkom 1,5 Mrd. Euro Anlageinvestitionen 2010: Ausrüsregionale Expantung für 3G-Netze, Anschluss von sion mehreren Millionen Haushalten an Breitbandnetze; Investitionen in zehn neuen Regionen Germany Trade & Invest www.gtai.de 131 Informations- und Telekommunikationstechnik Geplante Investitionen in Russlands Telekommunikationsbranche (Fortsetzung) Breitband, Fest- Swjasinwest 46 Mrd. Rubel Anlageinvestitionen 2010: Ausbau netz Breitbandnetze (24 Mrd. Rubel), Übertragungsleitungen (15 Mrd. Rubel), Festnetztelefonie (3,8 Mrd. Rubel) InvestitionsUnternehmen Investitions- Anmerkungen / Internet vorhaben summe IP- und MPLS- Rostelekom 288 Mio. Euro Finanzierung über Eigenkapital Netze (SwjasinwestTochter) 4G-Ausrüstung Rostelekom und 30 Mrd. Rubel 4G-Technologie in 39 russischen regionale Regionen; Ausrüstung aus lokaler Tochterfirmen Produktion (2010: 30% lokaler Anteil; 2011: 40% lokaler Anteil; 2012: 50% lokaler Anteil und höher) Glasfasernetze Juschnaja tele5,1 Mrd. Rubel Das Unternehmen steigert das und Breitband kommunikazionInvestitionsvolumen 2010 um 19% naja kompanija gegenüber Vorjahr; das Geld fließt überwiegend in neue Netze und Dienste Erweiterung der Tele2 700 Mio. US$ Investitionen des MobilfunkNetzkapazitäten Discounters von 2010 bis 2011 Telefonkabel mit Swjasdorinwest 550 Mio. US$ Verbindung von Finnland und Be5.000 km Länge larus durch Russland bis Kasachstan; Bauarbeiten sollen im 2. Halbjahr 2010 beginnen und Ende 2012 abgeschlossen werden Modernisierung Sky Link 400 Mio. US$ Bis Ende 2010 soll ein modernes bestehender LTE-Netz aufgebaut werden (bei Netze, Aufbau Zustimmung vom Telekomministe4G-Testnetze rium) Wimax-Ausbau, Skartel 300 Mio. bis 350 Skartel ist bereits in 5 Regionen LTE Mio. US$ (2010) vertreten, Ausbau Wimax in 15 weiteren Städten; 100 Mio. US$ sollen in 4G-Technologie fließen; bis 2016 will Skartel 2 Mrd. US$ in LTE-Technologie investieren 3G-Ausbau, Megafon 1,3 Mrd. Euro offizieller Sotschi-Sponsor; TeleGlasfasernetze, komausrüstung wird bei Huawei Datenverarbeiund Nokia Siemens Networks tungszentren gekauft 3G, 4G, DatenMTS 2,6 Mrd. US$ Ausbau des Breitbands und der verarbeitungs(allein 2010) Netze in den Regionen (das ist bezentren reits heute eine Stärke von MTS); Ab 2012 sollen auch 4G-Netze entstehen 132 Modernisierungsoffensive in Russland Geplante Investitionen in Russlands Telekommunikationsbranche (Fortsetzung) Netzausbau Sinterra 1,7 Mrd. Rubel „organische“ Entwicklung der Tochterunternehmen Wimax-Expansion Enforta 25 Mio. US$ im Jahr 2010: Wimax-Ausbau in 25 Regionen InvestitionsUnternehmen Investitions- Anmerkungen / Internet vorhaben summe Expansion in 130 Komstar Investment 2010: Investments in Städten ab weitere russische 20% des 100.000 Einwohner Städte Umsatzes aus dem Jahr 2009 Einführung von Ausschreibung 30 Mrd. Rubel bis 2012: Wimax in 40 russischen Wimax, regionale durch MinkomsvRegionen (Ausrüstung aus RussExpansion jazi land) E-Government Haushalt der Re1 Mrd. Rubel Aus diesem Haushaltstitel sollen „Elektronische publik Tatarstan auch neue Computer und NoteGesellschaft“ books bezahlt werden Digitales Minkomsvjazi 122 Mrd. Rubel Programm zur Entwicklung von Fernsehen bis 2015 TV- und Radiosendungen der Russischen Föderation von 2009 bis 2015 Neues Satelliten- Minkomsvjazi k.A. Bis 2014 sollen drei leichte Satellisystem für 2 Mio. ten ins All befördert und ein Netz Abonnenten von Bodenstationen aufgebaut werden Quellen: Ria Nowosti, Wirtschaftszeitungen „Rbk daily“, „Wedomosti“ und „Kommersant“, Unternehmensmeldungen, Interviews mit Experten von Germany Trade & Invest, Wirtschaftsjournal „Expert“, Cnews.ru, Telekommunikationsministerium Im russischen Wirtschaftsministerium wird im Augenblick eifrig an den Plänen für einen nationalen Netzbetreiber gebastelt - ähnlich der Pläne in Australien. Bis dato verfügen neben Rostelekom, Transtelekom, Sinterra und Meschregionalnyi Transit Telekom auch MTS, Wympelkom und Megafon über eigene Fernleitungen. Das Projekt befindet sich in den Kinderschuhen, für 2010 sind im russischen Haushalt keine Mittel dafür vorgesehen. Insgesamt, so Marktexperten, dürfte ein nationales Fernleitungsnetz rund 50 Mrd. US$ kosten. Ein nationaler Netzbetreiber könnte künftig die Diskriminierung beim Netzzugang verhindern. 4.1.3 Kontaktanschriften Ministerium für Fernmeldewesen und Massenmedien der Russischen Föderation (Minkomsvjazi) ul. Twerskaja 7, 125375 Moskau Tel.: 007 495/771 81 00 E-Mail: [email protected], Internet: www.minkomsvjaz.ru OAO Megafon Kadaschewskaja nabereshnaja 30, 115035 Moskau Tel.: 007 495/980 19 70, Fax.: -49 E-Mail: [email protected], Internet: www.megafon.ru Germany Trade & Invest www.gtai.de 133 Informations- und Telekommunikationstechnik Ansprechpartner: Per Ulof Schestedt, Direktor für Strategie Larisa Tkatschuk, stellvertretende Geschäftsführerin für Kommerz Wympelkom Group 4. Krasnoproletarskaja nabereshnaja, 127006 Moskau Tel.: 007 495/725 07 00, Fax: 007 909/991 79 03 E-Mail: [email protected], Internet: www.vimpelcom.com Ansprechpartner: Josef Vinatzer (Vize-Präsident, International Business Development) Mattias B. Hertzmann (Vize-Präsident und Chefstratege) OAO Swjasinwest ul. Pljuschtschicha 55, str. 2, 119121 Moskau Tel.: 007 495/727 04 73, Fax: -75 E-Mail: [email protected], Internet: www.svyazinvest.ru Generaldirektor: Jewgenij Jurtschenko Comstar-United Telesystems Petrowskij bulwar 12, str. 3, 127051 Moskau Tel.: 007 495/956 00 00, Fax: -07 E-Mail: [email protected], [email protected] Internet: www.comstar.ru OAO Rostelekom ul. 1-ja Twerskaja-Kamskaja 14, 125047 Moskau Tel.: 007 499/972 82 93, Fax: -22 E-Mail: [email protected], Internet: www.rt.ru OAO Jushnaja Telekommunikazionnaja kompanija (JTK) ul. Karasunskaja 66, 350000 Krasnodar Tel.: 007 861/253 20 56, Fax: -25 30 Internet: www.stcompany.ru Sewero-Sapadnyj Telekom ul. Gorochowaja 14/26, 191186 Sankt Petersburg Tel.: 007 812/595 45 56, Fax: -710 62 77 E-Mail: [email protected], Internet: http://nwtelecom.ru Generaldirektor: Wladimir Akulitsch Tele2 Rossija Nowinskij Bulwar 8, business-centre Lotte, 121099 Moskau Tel.: 007 495/229 84 00, Fax: -01 E-Mail: [email protected], Internet: www.ru.tele2.ru Sky Link ul. Worontzowskaja 20, 109044 Moskau Tel.: 007 495/973 09 73 E-Mail: [email protected], [email protected] Internet: www.skylink.ru 134 Modernisierungsoffensive in Russland Assoziazija regionalnych operatorow swjasi (Assoziation der regionalen Betreiber für Telekommunikation) c/o Juri Dombrowskij, Präsident ul. Suschtschjowskaja 21-23, str. 1 ABW, 127030 Moskau Tel.: 007 499/973 50 78 E-Mail: [email protected], [email protected] Internet: www.rrto.ru OAO Swjasdorinwest Ploschtschad Borby 15, 127055 Moskau Tel.: 007 495/642 67 02 Meschregionalnyi transit telekom (MTT) ul. Marxistskaja 22, 109147 Moskau Tel.: 007 495/789 39 39, Fax: -69 E-Mail: [email protected], Internet: www.mtt.ru S7 Airlines 633104 gorod Ob 4, Nowosibirskaja oblast Tel.: Moskau 007 495/777 99 99, Frankfurt-Main 0049 69/133 898 88 Internet: www.s7.ru OAO AK Transaero 142015 Moskau Gebiet, Domodedowskij rajon, Flughafen „Domodedowo“ Tel.: 007 495/788 80 80 E-Mail: [email protected], Internet: www.transaero.ru OAO AK Transaero Vertretung in München „Albatros“ Hans-Thonauer-Str. 23, München Tel.: 0049 89/579-676 28, Fax: -558 26 E-Mail: [email protected] OAO Zentralnyi Telegraf ul. Twerskaja 7, 125375 Moskau Marketing Abt. Tel.: 007 495/504 38 65, Fax: -580 39 91 E-Mail: [email protected], Internet: www.cnt.ru OOO Skartel ul. Rusakowskaja 13, 107140 Moskau Tel.: 007 495/926 75 84 Internet: www.yota.ru Enforta ul. Mischina 56, str. 2, 127083 Moskau Tel.: 007 495/739 75 59 E-Mail: [email protected], Internet: www.enforta.ru Germany Trade & Invest www.gtai.de 135 Informations- und Telekommunikationstechnik 4.2 Informationstechnologie 4.2.1 Der Markt heute Russland weist weltweit die stärkste Dynamik beim Wachstum der Zahl der Suchanfragen im Internet auf, russische Softwareentwickler gehören zu den erfolgreichsten in Europa und russische Investmentgesellschaften übernehmen dank ihrer Milliarden-Scheckbücher ausländische Provider, Softwareentwickler und erfolgreiche Internetseiten-Betreiber. Nach Schätzungen der Firma 1C wurden im Krisenjahr 2009 auf dem russischen Markt für IT-Produkte 12,5 Mrd. US$ umgesetzt - rund 32% weniger als 2008, sagte 1C-Direktor Boris Nuralijew. Davon entfielen 6,5 Mrd. US$ auf Computer und andere IT-Hardwareprodukte, ein Minus von einem Drittel im Vergleich zum Vorjahr. Softwarefirmen verzeichneten einen Umsatzrückgang um 41% auf 1,9 Mrd. US$, der Markt für IT-Dienstleistungen schrumpfte um ein Fünftel auf 4,1 Mrd. US$. Nach Information von 1C kauften Unternehmen ein Drittel aller Softwareprodukte (655 Mio. $) und Privatleute ein Viertel (462 Mio. US$); der Rest des Marktes für Computerprogramme entfällt auf Software zur allgemeinen Verwendung (765 Mio. US$ bzw. 40%). Markt für Informationstechnik in Russland im Jahr 2009 (Mrd. US$, Veränderung in %) Kennzahl Marktvolumen Veränderung 2009 (Mrd. US$) 2009/2008 in % IT-Markt gesamt 12,5 -32 davon: Hardware 6,5 -35 Software 1,9 -41 davon: Computer- und Videospiele 0,6 k.A. IT-Dienstleistungen 4,1 -20 Quellen: 1C (zitiert bei PrimeTass), Industrie- und Handelsministerium der Russischen Föderation Etwas niedrigere Marktvolumina, aber auch ein geringeres Minus - das Telekommunikationsministerium Minkomsvjazi beziffert das Marktvolumen des russischen IT-Markts für das Jahr 2009 auf 496,5 Mrd. Rubel, also rund 11,2 Mrd. US$. Das entspricht einem Minus im Vergleich zu 2008 von 7,7%. Am stärksten haben Softwarehersteller unter der Krise, der Kaufzurückhaltung der Konsumenten und den Sparprogrammen der Firmen gelitten. Neben dem Unternehmen 1C schätzt auch Igor Borowikow, Geschäftsführer beim Unternehmen Softline, dass die Nachfrage nach Software in Russland um 40 bis 45% zurück gegangen ist. Für 2010 prognostiziert er ein klares Wachstum in diesem Segment. Der IT-Markt als Ganzes dürfte 2010 um rund 20% zulegen. Im Gegensatz zu den klassischen IT-Feldern haben Produzenten von Sicherheitssystemen für Server und Rechner das Geschäftsjahr 2009 sogar mit einem leichten Plus abgeschlossen. Und das trotz des beachtlichen Ausgangsniveaus: Denn im Jahr 2008 waren die Umsätze der 30 größten 136 Modernisierungsoffensive in Russland Branchenfirmen um 67,5% auf 23,9 Mrd. Rubel (654 Mio. Euro; Jahreswechselkurs: 1 Euro = 36,54 Rubel) gestiegen. Auch wenn 2009 etliche Firmen auf kostengünstige Standardsoftware für ihre Datensicherheit umgestiegen seien, so hätten vor allem Banken in hochmoderne Sicherheitslösungen investiert, sagt der Direktor der Informationssicherheits-Abteilung bei der EnvisionGroup, Dmitri Ogorodnikow. Der IT-Experte schätzt das Branchenwachstum daher auf rund 10%, für 2010 seien sogar 30% möglich, wird er im Nachrichtenmagazin „Profil“ zitiert. Der russische Markt für Computer-Hardware ist 2009 je nach Nische um 13 bis 54% zurückgegangen, sagt Artjom Genijew, Produkt-Manager bei der Firma Aiti. Einige Unternehmen hätten fast keine Umsätze erzielt. Für 2010 rechnet er mit einer leichten Markterholung, aber erst ab der zweiten Jahreshälfte. Mit der Hardware dürfte auch das Marktvolumen des elektronischen Dokumenten-Managements wieder schneller steigen. Weg vom Papier und hin zum elektronischen Datenaustausch - dieser Trend ließ sich selbst durch die Krise nicht aufhalten. Im Jahr 2009 lag das Wachstum noch bei 1 bis 5%, für 2010 erwarten Marktkenner bei Cnews Analytics sogar ein Plus von mindestens 10%. Das Volumen des Marktes zur Erstellung und Pflege von Internetseiten lag 2009 in Russland bei 7,2 Mrd. Rubel. Das waren 1,5 mal mehr als 2008, schreiben die Experten des CMS Magazine. Russlands zehn umsatzstärkste IT-Unternehmen (Umsatz in Mrd. Rubel) Unternehmen Umsatz 2009 Veränderung Anmerkungen/Internet 2009/08 in % Nazionalnaja kompjuter46,3 -2,2 www.ncc.ru naja korporazija Sitroniks 32,0 -34,4 www.sitronics.ru Lanit 27,8 -11,7 www.lanit.ru Technoserv 23,9 -23,3 www.technoserv.ru Krok 17,5 -5,5 www.croc.ru R-Style 17,5 -4,1 www.r-style.ru IBS 15,7 -39,6 www.ibs.ru Envision Group 10,9 1,5 www.envision.ru Compulink Group 10,9 -55,9 www.compulink.ru Ai-Teko 10,7 4,8 www.i-teco.ru Quelle: Wirtschaftsjournal „Expert“ 4.2.2 Projekte und Geschäftschancen Im Programm der Regierung zur Unterstützung und Fortentwicklung von Informations- und Kommunikationstechnologien sind öffentliche Gelder in Höhe von 71 Mrd. Rubel (knapp 1,7 Mrd. Euro; 1 Euro = 42,73 Rubel) vorgesehen, davon 56,7 Mrd. Rubel aus dem föderalen Budget und 14,5 Mrd. Rubel aus den regionalen Haushalten. In die IKT-Infrastruktur werden 39,8 Mrd. Rubel, in IKT-Technologien 8,1 Mrd. Rubel und in Informations- und Kommunikationstechnologien zum Schutz der Bevölkerung über 10 Mrd. Rubel fließen. Ein zentrales Anliegen ist die Erweiterung verschiedener staatlicher Dienstleistungen für die Bürger via Internet (E-Government). Germany Trade & Invest www.gtai.de 137 Informations- und Telekommunikationstechnik Ein weiteres IT-Projekt der russischen Regierung ist die Finanzierung eines neuen Supercomputers, mit dessen Hilfe sich 10 bis 15% aller staatlichen Aufgaben bewerkstelligen lassen. Mit der Umsetzung ist die Staatsholding Rosatom beauftragt worden und hat dafür 1,1 Mrd. Rubel erhalten. Weil der beste russische Rechner an der staatlichen MGU-Universität nicht mehr zu den schnellsten Geräten der Welt gehört, soll er qua Präsidentenerlass für 100 Mio. US$ aufgerüstet werden - auf 1.000 Teraflop pro Sekunde. Nötig sind neue Prozessoren, Speicher und eine bessere Energieversorgung des Superrechners. Die Auftraggeber hoffen darauf, dass sich derart leistungsstarke Rechner auch in der freien Wirtschaft einsetzen lassen, etwa bei Erderkundungsarbeiten in der Erdöl- und Gasindustrie. Zum heutigen Zeitpunkt zahlen russische Unternehmen ihren ausländischen Geschäftspartnern 600 Mio. bis 700 Mio. US$ für diese Leistungen, weil ihnen die entsprechende Hard- und Software fehlt. Interesse am russischen IT-Markt hat die International Finance Corporation (IFC, gehört zur Weltbank) durch den Kauf eines 2,5%-Aktienpaketes der Firma Asteros zum Ausdruck gebracht. Darüber hinaus stellt die IFC dem russischen Unternehmen einen Kredit von 20 Mio. US$ zur Verfügung. Das Geld will das Unternehmen in neue Outsourcing-Center zur Datenverarbeitung investieren sowie in die Expansion in den russischen Regionen. Das Investment liegt voll im Trend: Marktexperten erwarten, dass der Anteil des IT-Outsourcings am gesamten IT-Markt Russlands von 23% im Jahr 2009 auf 30% zum Jahr 2012 steigen dürfte. Auch der Fonds Aurora Russia Limited aus Großbritannien glaubt an den russischen IT-Markt. Wie Ende Januar 2010 bekannt wurde, hat das Unternehmen 20 Mio. US$ in die Firma OSG investiert. Diese ist auf die Bereiche Datenspeicherung, Datenverarbeitungssysteme und sicheres Löschen wichtiger Dokumente spezialisiert und verfügt über 18 Standorte in Russland. Mikrochips für Bank- und Sozialversicherungskarten, Schaltkreise für die Flugzeuge, Satelliten und Raumschiffe sowie Chips für Autos und Mobiltelefone - die Regierung setzt alles daran, in den nächsten Jahren die eigene Halbleiterproduktion auf den neuesten Stand der Dinge zu bringen. Die beiden führenden russischen Unternehmen, Angstrem und Sitroniks, haben dafür in den vergangenen Jahren hohe Finanzspritzen vom Staat erhalten - und dieses Geld in neue Produktionsanlagen aus Westeuropa investiert. Im Jahr 2009 zahlte die Staatsholding etwa 6,5 Mrd. Rubel an Sitroniks, um die Halbleiterproduktion auf Vordermann zu bringen. Die Sitroniks-Tochter Mikron hat bereits zu Sowjetzeiten Halbleiter produziert - vor allem für die Rüstungsindustrie. Allerdings hinkt das Unternehmen der Konkurrenz aus Deutschland, den USA, der VR China und Korea (Rep.) um Jahre hinterher, erzählt ein deutscher Marktexperte gegenüber Germany Trade & Invest. Angstrem ist ebenfalls bereits seit geraumer Zeit am russischen Markt tätig und verfügt über ein ausgezeichnetes Designbüro für Halbleiterchips, lässt aber in Asien fertigen. Beides würde Präsident Medwedew gerne ändern. Für technologische Weiterentwicklungen und den Ausbau sowie die Modernisierung der Produktion rechnen beide Unternehmen daher künftig mit Finanzierungshilfen, Krediten und Subventionen von Staatsseite - und mit entsprechenden Aufträgen von der öffentlichen Hand. So wie etwa bei der Einführung des biometrischen Reisepasses. Ausschreibungsgewinner war Mikron. 138 Modernisierungsoffensive in Russland Auch bei Computern soll künftig nicht nur die Hülle aus Russland stammen, sondern auch die zentralen Komponenten. Ein wichtiger Anbieter, das Unternehmen Kraftway, kauft seit Anfang der 1990er Jahre weltweit Motherboards, Festplatten, Arbeitsspeicher, Batterien und Kühler ein und schraubt alles in Russland zusammen. Bei dem Supercomputer, den Kraftway nun liefern soll, werden Komponenten aus Russland gefordert. Auch dafür kommen Mikron und Angstrem in Frage. Geplante Modernisierungsinvestitionen in Russlands IT-Branche 2010 Investitionsvorhaben Investitionssumme 2010 Anmerkungen / Internet Zentren für die 200 Mio. US$ Projekt des Unternehmers Datenverarbeitung Aleksandr Samonow; Finanzierung über neuen Investfonds und Kredite; Suche nach Partnern läuft Zentren für die 219 Mio. US$ Swjasinwest plant zwei Datenverarbeitung Datenverarbeitungszentren in Moskau und Sankt Petersburg Entwicklung von Supercom4,2 Mrd. Rubel, davon 3,4 Anwendung im Flugzeugbau putern und Grid-Technologie Mrd. Rubel aus dem Haus- (Projektinfos unter halt www.i-russia.ru) Projekt E-Learning 1 Mrd. Rubel Das Geld kommt aus dem föderalen Haushalt E-Government 3,1 Mrd. Rubel von Staats- Ziel ist die Bereitstellung der seite und 401 Mio. Rubel von internen Netze, von MonitoRostelekom, 2011 sollen ring-Systemen und der nötiweitere Mittel folgen gen Infrastruktur Bau einer Produktionsstätte 1,24 Mrd. Rubel Das private Unternehmen für Sensoren und Mikro(Produktionsstart 2012, Avangard wird von Rosnano systeme Endausbau bis 2015 mit 550 Mio. Rubel unterstützt Produktion von Hoch630 Mio. Rubel Gemeinschaftsprojekt von frequenz-Transpondern Sistematika und Rosnano für RFID-Transponder Ausbildung von IT- und 320 Mio. Rubel Finanzierung durch private Softwarespezialisten und staatliche Stellen IKT-Dienstleistungen im 147 Mio. Rubel z.B. Verfassung von MedizinMedizin- und Gesundheitsdatenbanken etc. (zuständig: bereich Russisches Gesundheitsministerium) Sicherheits-IKT 196 Mio. Rubel FSB Russland Quellen: Minkomsvjazi, CNews, Modernisierungsplattform www.i-russia.ru Germany Trade & Invest www.gtai.de 139 Informations- und Telekommunikationstechnik 4.2.3 Kontaktanschriften Die wichtigsten Unternehmen der IT-Branche sowie aktuelle Brancheninfos und umfangreiche Studien finden sich auf der Homepage von Cnews Analytics (www.cnews.ru). Cnews veröffentlicht etwa Ratings mit den umsatzstärksten IT-Ausrüstern für den russischen Banken- und Versicherungssektor. OAO Nazionalnaja kompjuternaja korporazija (Nationale Computer-Gesellschaft AG) Osennij Bulwar 23, 121609 Moskau Tel.: 007 495/781 37 -19, Fax: -16 E-Mail: [email protected], Internet: www.ncc.ru Merlion ul. Scheremetjewskaja 47, 127521 Moskau Tel.: 007 495/981 84 84 E-Mail: [email protected], Internet: www.merlion.ru OAO Sitroniks ul. 3-ja Twerskaja-Jamskaja, 39/5, str. 1, 125047 Moskau Tel.: 007 495/225 00 -30, Fax: -36 E-Mail: [email protected], Internet: www.sitronics.ru Techoserv ul. Junosti 13a, 111395 Moskau Tel.: 007 495/790 79 79, Fax: -648 08 07 E-Mail: [email protected], Internet: www.technoserv.ru Lanit ul. Dobroslobodskaja 5, str. 1, 105066 Moskau Tel.: 007 495/967 66 50, Fax: 007 499/261 57 81 E-Mail: [email protected] IBS Dmitrowskoje schosse 9B, 127434 Moskau Tel.: 007 495/967 80 -80, Fax: -81 E-Mail: [email protected], Internet: www.ibs.ru 140 Modernisierungsoffensive in Russland Exkurs: Navigation made in Russia Russische Navigationstechnik aufs Mobiltelefon - bereits Ende 2010 sollen russische Bürgerinnen und Bürger die neue Glonass-Satellitentechnik tagtäglich nutzen können. Laut Glonass-Chefkonstrukteur Juri Urlitschitsch existiert der entsprechende Chip bereits: „In Kürze sehen wir Mobiltelefone mit Glonass“. Um die Navigationsdienste flächendeckend anbieten zu können, befinden sich zurzeit 23 russische Satelliten im Weltall. Davon sind 21 aktiv, zwei dienen als Reserve. Im Laufe des Jahres 2010 werden weitere sechs Satelliten ins All befördert. Bereits zu Sowjetzeiten gab es ein satellitengestütztes Navigationssystem - allerdings nur das Militär. Der Auftrag kam vom Verteidigungsministerium. Für die kommerzielle Nutzung fehlt derzeit noch die entsprechende Infrastruktur zu Lande. Wie die Wirtschaftszeitung „Rbk daily“ aus Unternehmenskreisen erfahren hat, sollen dafür im Jahr 2010 rund 100 Mio. US$ ausgegeben werden. Außerdem will das Unternehmen Nawigazionno-informazionnye sistemy (NIS), der föderale Betreiber von Glonass in Russland, 1,5 Mrd. Rubel in Technoparks in Moskau und Sankt Petersburg investieren, wo Ausrüstung, Chips und Software für die Satelliten gefertigt werden sollen. Hersteller von Navigationsgeräten müssen sich vorsehen. Russland erwägt die Einführung von horrenden Strafzöllen auf Navigationssysteme, die ausschließlich GPS und nicht das russische Glonass-System unterstützen. Im Jahr 2009 wurden laut Angaben von MTS rund 400.000 Navigationssysteme verkauft. Experten prognostizieren in den kommenden Jahren ein gewaltiges Marktwachstum. NIS ist der heimische Markt nicht groß genug. Bis 2013 will der Konzern einige Branchenunternehmen in den BRIC-Staaten, in Asien und dem Nahen Osten übernehmen. Die ersten Kunden der Glonass-Technologie sollen aber sicher aus Russland kommen: Dazu dürften Transport- und Katastrophenschutzbehörden sowie mobile Polizeieinsatzkräfte gehören. Kontaktanschrift OAO Nawigazionno-informazionnye sistemy (NIS) ul. 8. Marta 10, str. 1, 127083 Moskau Tel.: 007 495/723 83 -13, Fax: - 14 E-Mail: [email protected], Internet: www.rtisystems.ru Germany Trade & Invest www.gtai.de 141 Informations- und Telekommunikationstechnik „Für Russen ist Kommunikation so wichtig wie das tägliche Brot“ Russlands Telekommunikationsmarkt bietet hohes Wachstum. Deshalb investieren die wichtigsten Branchenunternehmen und der Staat in schnellere und dichtere Netze sowie modernste Technologien, sagt Jürg Zehnder, DETECON International GmbH - Regionaldirektor für Russland und die GUS-Staaten. Im Interview mit Germany Trade & Invest verrät der Telekom-Experte die Eigenheiten des russischen Marktes, das Potenzial für deutsche Zulieferer und welche Gesetze das Wachstum sogar noch beschleunigen könnten. Herr Zehnder, Sie beraten russische Ministerien und TelekomProvider. Was lernen Behörden und Telekom-Giganten von Ihnen? Der russische Telekommunikationsmarkt wächst mit hohem Tempo trotz weltweiter Finanzkrise. Heute haben zirka 7 % der Haushalte einen Breitband-Anschluss. Bis 2015 sollen es laut Regierungsplänen 60 % sein. Außerdem sollen Gebiete ohne Netzabdeckung so schnell wie möglich erschlossen werden. Das fordert niemand geringerer als Präsident Dmitri Medwedew. Er will die erforderlichen Rahmenbedingungen setzen, um Anreize zu schaffen, damit sich beispielsweise über globale Breitbanddienste nicht nur Telekommunikations-, sondern auch andere Wirtschaftspotenziale realisieren lassen. Die Mittel hierzu sind Technologien wie Glasfaser, xDSL, 3G, WiMAX und LTE. Auch die drei großen privaten Anbieter MTS, Wympelkom und Megafon investieren Jahr für Jahr hohe Summen in diese Technologien. Als global agierende ICT-Management-Beratung haben wir weltweit bereits in vielen Staaten Fest- und Mobilfunknetze mit aufgebaut, optimiert und mit neuen Technologien ausgerüstet. Hierzu gehört beispielsweise auch die Beratung hinsichtlich strategischer und technologischer Anforderungen von neuen multimedialen Services im Breitband-Internet. Kundenbindung - damit ist es in Russland nicht weit her. Das stimmt. In Deutschland wechseln gerade einmal um die 20 % der Nutzer ihren Mobilfunkanbieter pro Jahr. In Russland liegt die Quote bei über 30 %. Die Menschen sind extrem preisempfindlich und wenig loyal zu ihren Betreibern. Weil in Russland zwischen den verschiedenen Regionen noch nationale Roaming-Modelle existieren, besitzen die Nutzer in der Regel mehrere SIM-Karten, meist von verschiedenen Betreibern. Effektivere Kundenbindungssysteme werden allerdings schon von verschiedenen Betreibern ausgearbeitet und könnten den Markt verändern. Ein Grund für die rasante Erfolgsgeschichte des schwedischen Anbieters Tele2? Einer, aber nicht der wichtigste. Tele2 ist zurzeit der einzige Mobilfunkdiscounter in Russland und bedient mittlerweile 15 Mio. Kunden. Tendenz steigend. Tele2 ist in den Gebietshauptstädten erfolgreich. Aber was ist mit den Russinnen und Russen fernab der Ballungszentren? Da gibt es oft noch nicht einmal Festnetz. 142 Modernisierungsoffensive in Russland Es wäre unsinnig, in ganz Russland Glasfaserkabel zu verlegen. Denn selbst ein Bankautomat an einem entlegenen Ort in Sibirien lässt sich, wenn die Topographie keinen Strich durch die Rechnung macht, mit herkömmlicher 2G-Telekommunikation ans Netz bringen. Glasfaserkabel sind außerdem teuer. Viel sinnvoller ist ein Technologien-Mix. Genau das versucht die russische Regierung jetzt. Sogar Datentransfer via Satellit ist im Gespräch und wird geprüft. Kein Wunder: Telekommunikation, sprich Kommunikation zu Familie und Freunden ist für die meisten Russen so wichtig wie das tägliche Brot. Außerhalb der Ballungszentren sollte zunächst Sprache verfügbar sein und im zweiten Schritt auch Breitband. Dies erfordert jedoch die Unterstützung der Regulierungsbehörden. Telefonieren übers All, Drahtlos-Internet mit moderner Breitband-Technologie - wie steht es bei solchen Milliardenprojekten um die Geschäftschancen deutscher Ausrüster? Zwar sind die Investitionen in Russland beträchtlich, aber im Volumen und den Projektbeschreibungen nicht so hoch und differenziert wie in Westeuropa. Bei existierenden Projekten sollen nach Vorstellung der Regierung russische Ausrüster zum Zug kommen. Das macht es für deutsche Anbieter sicher schwierig, zudem ja auch die Konkurrenz aus China mit günstigen Preisen punkten kann. Welche regulativen Fortschritte erwarten Sie künftig? Der Gesetzgeber könnte mehr Wettbewerb und Transparenz schaffen. Zum Beispiel, dass sich potenzielle Betreiber ohne eigenes Netz bei den großen Betreibern mit Netz zu fairen Preisen einmieten können, so wie es in der EU vielfach anzutreffen ist. Welche Rolle spielt E-Government in Russland? E-Government, aber auch E-Commerce - das zahlt sich in keinem Land der Welt so stark aus wie in Russland. Denken Sie nur an die weiten Strecken in den Regionen, um persönlich bei der Steueroder Meldebehörde ein Dokument abzugeben. Sankt Petersburg macht da im Augenblick große Fortschritte: Die Verwaltung verteilt Chips an ihre Bürgerinnen und Bürger, womit diese ein breites Spektrum an Verwaltungsfragen mit ein paar Mausklicks lösen können. Ich bin überzeugt, dies wird sich durchsetzen. Das Interview führte Bernd Hones, Germany Trade & Invest Kontaktanschrift DETECON International GmbH Kotelnitscheskaja nabereshnaja 29, 115172 Moskau Tel.: 007 495/661 78 34 E-Mail: [email protected], Internet: www.detecon.ru DETECON ist eine global agierende Management-Beratung mit Fokus auf Informations- und Kommunikationstechnologien. Germany Trade & Invest www.gtai.de 143 Informations- und Telekommunikationstechnik „Das Marktvolumen steigt jährlich um 5 %“ Interview mit Igor Tschupalow, Generaldirektor T-Systems in Russland Welche strategische Ausrichtung verfolgt T-Systems in Russland? Die Basis für unsere Strategie ist der Auftritt auf dem russischen Markt - wir sind auf russische Marktführer und globale agierende Firmenkunden konzentriert, die in Russland vertreten sind. Die zweite Richtung ist das Software-Entwicklungszentrum, das so genannte „Nearshore“: Eine industrielle Plattform, die dazu dient, Herstellern in Deutschland zu mehr Effizienz zu verhelfen. Das Entwicklungszentrum befindet sich in Sankt Petersburg und ist eine von vier Filialen, die „T-Systems“ nutzt, um eigene Kosten zu reduzieren. Drittens wollen wir uns bald in Richtung System-Integration vergrößern, vor allem in den Bereichen Gesundheitswirtschaft, Automobil- und Fertigungsindustrie. Kann T-Systems allein am Markt handeln oder geht es nur mit einem russischen Partner? Das ist eine gute Frage. Im Moment sind wir in Russland ohne einen russischen Partner tätig. Wir sind bisher unter den IT-Unternehmen auf dem russischen Markt nicht sehr bekannt. Wenn man die Liste der Top-IT-Unternehmen betrachtet, wäre T-Systems in dieser Liste ganz am Schluss. Marktführer in Russland sind die größten russischen Systemintegratoren und IT-Unternehmen. Momentan beschäftigt uns der Bereich, in dem wir tätig sind, jedoch suchen wir auch nach Wegen unseren Marktanteil zu erhöhen. Ein lokaler Partner könnte uns da helfen. Reichen die Kapazitäten der Rechenzentren, der Serverstrukturen, der Leitungen und der Netze aus, um dem zu erwartenden Boom standzuhalten? Ich glaube, dass es wenige Daten-Zentren von guter Qualität in Russland gibt, jedoch kann dieser Mangel durch Zentren in Europa ersetzt werden. Was versteht man unter dem Stichwort „intelligente Netze“? Ein Beispiel für „intelligentes Netz“ kann die Lösung von MPLS liefern, die es im Endeffekt ermöglicht, die Ausgaben der Kunden zu reduzieren und die Qualität der Leistungen zu erhöhen. Im Bereich Voice-Services kann man durch diese Lösung den Datenfluss in den Vordergrund stellen, indem man eine Sonderspur anlegt, die nicht mit anderen Datenflussarten besetzt ist. Außerdem kann ein Provider durch diese Lösung eine unbeschränkte Anzahl virtueller Benutzer auf ein reales Netz übertragen, was letztlich die Kosten der Kunden senkt. Dies wird mit einem System von intelligenten Routern gewährleistet. 144 Modernisierungsoffensive in Russland In der Strategie der Deutschen Telekom gehören die intelligenten Netze zu den Schwerpunkten. So ist es unter anderem geplant, die intelligenten Netze im Bereich Energie- und Gesundheitswirtschaft, Multimedia und Automobilindustrie einzusetzen. Welche Klientel ist für T-Systems interessanter: Groß-, Geschäfts- oder Privatkunden? Wir arbeiten nicht im B2C Bereich. T-Systems ist ein Teil der Deutschen Telekom, die nur Firmenkunden hat. Welche Branchen sind für T-Systems als Kunden besonders interessant und warum? Der Schwerpunkt unserer Tätigkeit ist auf russische Großkunden und Niederlassungen der westlichen Firmen - globale Firmenkunden von T-Systems - ausgerichtet. Als Beispiel kann ich Tochtergesellschaften der weltbekannten Großunternehmen in der Automobilindustrie nennen, die nach russischen Maßstäben keine sehr großen Unternehmen sind. Außerdem auf die Branchen Öl und Gas, Telekommunikation, Bergbau und Gewinnung von mineralischen Düngemitteln, Maschinenbau und die Gesundheitswirtschaft. T-Systems bietet vielfältigste Lösungen für ICT: Gesundheitswirtschaft, Energiesektor, öffentliche Verwaltung, Maut-Systeme, Car-ICT etc. Wo liegen in Russland derzeit die größten Möglichkeiten? Meiner Ansicht nach wird das allgemeine Marktvolumen - dies ergeben auch Marketingstudien jährlich um fünf % steigen. Das größte Potenzial sieht man in der Entwicklung der Infrastruktur für Datenzentren und -banken. Daneben wird sich auch der Outsourcing-Markt weiterentwickeln, unter anderem im Bereich der Arbeitsplatzbetreuung - hier erwartet man das höchste Wachstumstempo. Allerdings ist das Potenzial nicht besonders hoch. Mittel- und langfristig wird es sicher das Gesundheitswesen sein, weil der Staat in diesem Sektor erhebliche Mittel bereitstellt. Außerdem ist eine Modernisierung in dieser Branche nötig. Nicht zu vergessen ist der Energiesektor, der zunehmend eine wichtige Rolle spielen wird. Diese beiden Industriezweige würde ich aus den Industrien, die Sie genannt haben, auswählen. Werden sich perspektivisch SAP-Lösungen auch in Russland etablieren lassen? Welche Lösungen gibt es bis dahin? Der Marktanteil von SAP-Lösungen auf dem ERP-Markt liegt bei 50 bis 60 %. Die Frage ist jedoch, wie man die lizenzierte Version von SAP in neue Bereiche erweitern kann. Das ist ein aktuelles Thema, das nicht nur SAP betrifft, sondern auch uns. Der Trend ist die Förderung von neuen Produkten, das heißt andere branchenspezifische Lösungen zu nutzen, die auf SAP basieren. Und ich denke, dieser Trend wird sich auch in Zukunft weiter fortsetzen. Wie realistisch ist es, in Russland Aufträge aus dem öffentlichen Sektor zu bekommen? Um es diplomatisch auszudrücken würde ich sagen, dass wir Aufträge durch russische Partner bekommen könnten. Germany Trade & Invest www.gtai.de 145 Informations- und Telekommunikationstechnik Welche Rolle spielt für Sie das Thema E-Governance? Im Prinzip haben wir ausreichend Erfahrung in diesem Bereich, weil wir in Deutschland für zwei Bundesländer im Bereich des „E-Government“ tätig waren. Welcher Chatdienst wird künftig in Russland genutzt werden? Ich denke, dass Facebook und Twitter bald mit unseren lokalen Netzwerken konkurrieren werden. Sie sind bereits auf unserem Markt vertreten und ich bin der Meinung, ihr Marktanteil wird weiter wachsen. Wie ist es um den Nachwuchs im Sektor Telekommunikation und Internettechnologie in Russland bestellt? In Bezug auf den Telekommunikationssektor ist es schwierig, eine Aussage zu treffen. Der Trend, der auch durch viele Studien bestätigt wird, ist, qualifiziertes Personal ist schwer zu finden. Die Qualität der Fachleute, die von den Universitäten abgehen, wird von Jahr zu Jahr schlechter. „Computertechnologien“ erfordern ein sehr hohes Niveau der Ausbildung. Die Frage wird also sein, wie der Staat das Problem lösen kann, ob er mit der Wirtschaft zusammen die Ausbildung von IT-Spezialisten unterstützen wird. Eines ist klar: Die Anforderungen für Spezialisten werden immer höher, die Qualität und Anzahl von Spezialisten nimmt jedoch ab. Folglich werden Dienstleistungen immer teurer. Das Interview führte Jens Böhlmann, AHK Moskau 146 Modernisierungsoffensive in Russland Kontakt Impressum Herausgeber: Germany Trade and Invest Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH Agrippastraße 87-93 50676 Köln, Tel.: +49 (0)221 2057-0 Fax: +49 (0)221 2057-212 E-Mail: [email protected] Internet: www.gtai.de Autoren: Bernd Hones, Gerit Schulze (gtai Moskau); Jens Böhlmann (AHK Moskau) Redaktion/Ansprechpartnerin: Edda Wolf, Tel.: 0221/20 57-214, E-Mail: [email protected] Redaktionsschluss: Juli 2010 Preis: 45,00 Euro Bestell-Nr.: 15364 Alle Rechte vorbehalten.© Nachdruck - auch teilweise - nur mit vorheriger ausdrücklicher Genehmigung. Trotz größtmöglicher Sorgfalt keine Haftung für den Inhalt. Hauptsitz der Gesellschaft: Friedrichstraße 60, 10117 Berlin Geschäftsführer: Dr. Jürgen Friedrich, Michael Pfeiffer Vorsitzender des Aufsichtsrates: Dr. Bernd Pfaffenbach, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Registergericht: Amtsgericht Charlottenburg Registernummer: HRB 107541 B Gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und vom Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Bundesländer aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages. Deutsch-Russische Auslandshandelskammer (AHK) 1. Kasatschi pereulok 7, 119017 Moskau Tel.: (+7 495) 234 49 50, Fax: (+7 495) 234 49 51 E-Mail: [email protected] Internet: www.russland.ahk.de Die Deutsch-Russische Auslandshandelskammer (AHK) ist die Interessenvertretung der deutschen Wirtschaft in der Russischen Föderation. Sie ist der erste Ansprechpartner für alle Fragen zum russischen Markt, Lobbyist und Dienstleister von der Analyse des Marktes bis zur Unternehmensgründung.