Die Entwicklung der Lehre von der Unsterblichkeit der Seele

Transcription

Die Entwicklung der Lehre von der Unsterblichkeit der Seele
[email protected] (Dr. Wolfgang Jung)
Die Entwicklung der Lehre von der Unsterblichkeit der
Seele
! Mythos und Philosophie
Mythos und abendländische Philosophie standen seit jeher im Widerspruch. Der
Mythos besteht aus durch Tradition weitergegebenen Aussagen über das
Werden der Welt, vom Handeln der Götter, Totengeister, Dämonen, usw. Er
erzählt von typischen, exemplarischen Geschehnissen, die sich ständig
wiederholen. Dadurch bekommt der Mensch eine Orientierung über die
Ursachen der Wirklichkeit.
Der Mythos argumentiert nicht, sondern stellt dar, wie man die natürlichen
Begebenheiten zu verstehen hat, entwickelt sich im Laufe der Zeit und wird
weitergegeben an die nächste Generation, so daß sich der einzelne Mensch keine
Gedanken mehr darum machen muß, da alles vorgegeben ist.
Der Philosoph hingegen sucht für sich selber eine logische Erklärung der
Ereignisse, denkt darüber nach und sammelt Argumente. Philosophisches
Denken bedeutet eine Distanzierung des einzelnen gegenüber dem kollektiven
Gefüge. Der abstrakte Verstand des Philosophen versucht die Gesamtheit der
natürlichen Ereignisse in einem logischen Kontext erklären zu können ohne den
naiven Spiegelungen menschlicher Verhältnisse in den göttlichen Bereich
Glauben zu schenken. Ebenso kritisiert sie auch die Trennung in menschlichen
und göttlichen, diesseitigen und jenseitigen Bereich. Konsekutiv lehnt die
Philosophie das Praktizieren ritueller Bräuche ab und oftmals auch die Religion
im Allgemeinen.
Dennoch wurden die Philosophen der Antike von der griechischen Mythologie
natürlich stark beeinflußt, da sie mit ihr vertraut waren. Es kamen auch
Mischformen zustande.
Die Entwicklung der Philosophie des Altertums möchte ich im Folgenden
darstellen.
1
[email protected] (Dr. Wolfgang Jung)
Im mythischen Denken wird die Instanz der Götter als absolut gesehen und nicht
angezweifelt, da man ja gelernt hat, daß es Götter gibt.
Die Philosophen hingegen überschreiten diese Schranke des Denkens und
verlassen sich nicht mehr auf Überlieferungen, sondern nur noch auf ihre eigene
Logik.
# Homer
Homer lebte wahrscheinlich zwischen 750 und 650 v. Chr. und gilt als ältester
epischer Dichter des Abendlandes. Es hieß, er habe “Ilias” und “Odyssee”
geschrieben. Heute wird jedoch vermutet, daß der Verfasser der “Odyssee” ein
anderer war.
In “Ilias” läuft parallel zum menschlichen Geschehen ( z.B. im trojanischen
Krieg ) eine Götterhandlung. Die Götter lenken dort den Lauf der Dinge nach
ihrem Willen.
Homer beeinflußte die griechische Mythologie so stark, daß die Homerische
Religion zur offiziellen Religion wurde. Sie lehrte, daß die Toten zu “blutleeren
Schatten” würden, die ewig und ruhelos die Unterwelt durchwandern, was in der
griechischen Vorstellung damals das schlimmste Übel war, das einem passieren
konnte. Sündern erging es besonders schlimm : In Ketten gelegt mußten sie im
Gefängnis Tartaros schmoren, das mit einem Fluß aus Feuer umgeben war.
Man könnte kurz zusammenfassen : Die Seele ist tot, doch der Körper leidet.
Die Menschen dachten damals, daß der Tod etwas Schlimmes sein muß, da
Götter alles tun, was Spaß macht und unsterblich sind. Wäre der Tod etwas
Schönes, so würden die Götter auch sterben.
Unsterblichkeit der Seele konnte nicht erreicht werden, wohl aber
Unsterblichkeit im Angedenken der künftigen Generationen, welches Heroen
und Weise erlangen, die sich durch besondere Taten oder Entdeckungen
auszeichneten.
# Orphik
Neben der offiziellen Homerischen Religion gab es auch die Geheimreligion der
Orphiker, deren Begründer Orpheus sein soll. Die Orphik befasste sich vor
allem mit dem Verbleib der Seele im Jenseits. Sie glaubten an die
2
[email protected] (Dr. Wolfgang Jung)
Unsterblichkeit der Seele, die Seeligkeit im Jenseits und das Ende der
Seelenwanderung, wenn im Leben gewisse ethische Forderungen erfüllt wurden.
Heroen, Halbgötter und Weise gelangten nach dem Tod in die Elysischen
Gefilde : “Blumenübersäte, sonnenglänzende Wiesen, erfüllt von Gesang und
Tanz; hier durften die Gesegneten ihren Lieblingstätigkeiten nachgehen”
Die Mitgliedschaft in der orphischen Geheimreligion ist jedoch auch für
einfache Menschen ein untrüglicher Weg zur Rettung.
! Die Vorsokratiker
# Pythagoras von Samos
Durch Pythagoras ( 572-497 v. Chr. ) fand die orphische Todesvorstellung
Eingang in die Philosophie. Er lehrte, die Seele sei göttlichen Ursprungs, müsse
eine Seelenwanderung, eine Reinigung im Kreislauf der Geburten durchmachen
und vereinige sich schließlich wieder mit dem Göttlichen, wenn sie komplett
gereinigt ist. Zwischen Tod und Geburt liegt immer eine Phase der Reinigung.
Im Leben ist es die Aufgabe des Menschen, diese Reinheit zu erhalten und wenn
möglich zu verbessern. Dadurch kommt man der Vereinigung mit dem
Göttlichen schneller nahe.
Ein schlechter Mensch hingegen muß ruhelos umherstreifen, statt gereinigt zu
werden, um dann, nachdem er im Fegefeuer war, in einem anderen Menschen
oder Tier wiedergeboren zu werden.
Pythagoras gibt praktische Anweisungen, wie man das Leben rein verbringen
kann. Mathematische Vorstellungen galten als höchster Grad der Reinheit, da
Harmonien auf Zahlenverhältnissen beruhen.
Er selber wurde von seinen Anhängern als Inkarnation des Apollons verehrt.
Apollon verkörperte die griechischen Ideale von Schönheit, Recht, Ordnung und
Sühne der Schuld. Pythagoras' Lehre ist also eher theologisch als philosophisch.
# Thales von Milet
Thales von Milet ( ca. 625 - 547 v. Chr. ) gilt als der Begründer der ionischen
Naturphilosophie und damit des wissenschaftlichen Denkens. In einem
revolutionären Schritt gab er die mystische Weltdeutung auf und machte das
3
[email protected] (Dr. Wolfgang Jung)
Wasser als einziges Element zum Ursprung aller Dinge. Seinsgrund des Kosmos
waren für ihn nicht mehr mystische Kräfte, sondern das Wasser.
Wenn alle Dinge eines sind - nämlich Wasser - kann der Tod die Substanz nicht
angreifen, sondern nur verändern. Das führt außerdem zu dem Wissen, daß die
Welt belebt ist und verändert wird, letztendlich jedoch alles wieder in seinen
ursprünglichen Zustand - das Wasser - zurückkehrt.
Der Tod ist folglich nichts furchterregendes, sondern natürlich.
# Anaximander von Milet
Die Lehren des Naturphilosophen Anaximander ( 610 - 546 v. Chr. ), Schüler
von Thales und Begründer der wissenschaftlichen Geographie, beschäftigen sich
mit der Vergänglichkeit der Dinge. Danach haben die Menschen kein
Existenzrecht, und der Tod ist die Strafe dafür, das sie sich genommen haben
was ihnen nicht zusteht. Sie müssen ihr Dasein abbüßen durch Leiden und Tod.
Andere Interpretationen behaupten, die Lehre beinhalte nicht, daß die einzelnen
Dinge untergehen müssen, weil sie durch ihre individuelle Existenz Unrecht tun,
sondern weil sie sich gegenseitig Unrecht tun, indem sie einander die
Daseinsmöglichkeiten bestreiten, weshalb sie wieder vergehen müssen um
anderen Platz zu machen. Anaximander hatte die Vorstellung eines unendlichen
und unbestimmbaren “Apeirons”, dem alle Dinge entspringen. Da eine flüchtige,
momentane Existenz keinen großen Wert haben kann, hoffte er nach dem Tod
ins “Apeiron” überzugehen.
Diese Ansicht wurde zum Kern der philosophischen Lehren der Folgezeit. Man
nahm nun seinen individuellen Tod auf sich, betrachtete ihn aber nicht als
sinnlosen Untergang, denn man hoffte, im ewigdauernden Ganzen
eingeschlossen zu bleiben.
Der Unterschied dieser Philosophien zu den indischen Religionen, besteht darin
daß in der Antike die individuelle Seele in ein Ganzes übergeht, aber dabei
individuell erhalten bleibt, was in indischen Religionen nicht der Fall ist.
Es gab noch einige weitere ionische Naturphilosophen. Ihnen allen gemein sind
ihre kosmischen Theorien. Sie nehmen einen Ursprung des Lebens an, den sie in
einem der Elemente oder in einem abstrakten Gebilde vermuten. Die
Gelassenheit der Naturphilosophen gegenüber dem Tod wurde als würdige
Haltung gepriesen.
Anaxagoras ( ca. 500 - 428 v. Chr. ) nahm neben der menschlichen Vernunft
noch eine kosmische Vernunft an und sah in Forschertätigkeit sowie sinnlichen
4
[email protected] (Dr. Wolfgang Jung)
Qualitäten den Lebenszweck. Man sollte die Sicht nicht auf Tod und Sterben
lenken, da man sich ganz mit dem Lebensinhalt beschäftigen sollte.
# Heraklit von Ephesus
Auch Heraklit ( ca. 550 - 480 v. Chr. ) ist beeindruckt von der Unbeständigkeit
und Vergänglichkeit der Dinge. Für ihn ist Veränderung das wichtigste Merkmal
der Wirklichkeit. Weil alles fließt und sich verändert, ist auch der Tod nicht von
Dauer, da die Dinge nach dem Tod in die Ursubstanz des Feuers zurückkehren
und daraus wieder neues gebildet wird. “Aus Allem wird Eins, und aus Einem
Alles"
Heraklit geht davon aus, daß alles Werden ein gerechter, natürlicher Kampf ist,
in dem die Gegner eine Einheit bilden und von einander abhängig sind wie die
Pole eines Magneten. Alle Prozesse sind durch ihre wechselseitige Abhängigkeit
umkehrbar, daß heißt : Aus Tod wird Leben und aus Leben wird Tod. “Das
Leben dieser ist der Tod jener, und das Leben jener der Tod dieser.”
Die Frage nach dem Weiterleben der Seele stellt sich Heraklit nicht, da
Lebendige und Tote, Unsterbliche und Sterbliche identisch sind.
Heraklit ist wahrscheinlich in seinem Denken beeinflußt worden von der damals
verbreiteten Ansicht, daß der Großvater im Enkelkind weiterlebt, was das Leben
als Nachfolge des Todes verstehen läßt.
Er meint, eine Lösung des Todesproblems gefunden zu haben, daß nicht mit den
“schimpflichen Bräuchen der Mysterienkulte” belastet war und dem gesunden
Menschenverstand nicht widersprach. Das naturwissenschaftliche Denken der
Naturphilosophen lehnte er jedoch ab. Sein Verständnis von Ratio folgte nicht
den Naturgesetzen.
# Parmenides von Elea
Laut dem Eleaten Parmenides ( ca. 515 - 445 v. Chr. ) gibt es nur ein Seiendes,
und Nichtseiendes existiert nicht. Es gibt also kein Entstehen oder Vergehen, da
beides die Existenz eines Nichtseienden voraussetzt. Daher ist das Seiende
unvergänglich und unveränderlich. Im Gegensatz zu Heraklit leugnet
Parmenides die Existenz von Veränderungen und damit den Tod. Wenn nichts
geschieht, kann auch nichts sterben. Veränderungen, die wir wahrzunehmen
meinen sind nur Einbildungen.
5
[email protected] (Dr. Wolfgang Jung)
Die Denkergebnisse von Heraklit und Parmenides waren jedoch noch weit
entfernt vom Versprechen einer persönlichen Unsterblichkeit oder der Befreiung
der Seele, das als das Typische an der antiken Philosophie gesehen wird.
# Empedokles
Die Lehren des Empedokles ( ca. 483 - 425 v. Chr.) sind sehr widersprüchlich
und bestehen aus einer Mischung pythagoräischer Unsterblichkeitslehren und
naturwissen-schaftlicher Theorien. Sie verkünden die Seelenwanderung und den
göttlichen Ursprung der Seele. Gleichzeitig ist der Ursprung aller Dinge eine
Mischung der vier Elemente ( Wasser, Feuer, Erde, Luft ). Werden und
Vergehen erklärte Empedokles als Mischung und Trennung dieser Elemente,
verursacht durch Anziehung und Abstoßung, Liebe und Haß.
# Demokrit
Nach der Lehre des Leukipp ( um 440 v. Chr.) zerfallen Tiere bei ihrem Tode
wieder in ihre Atome. Sein Schüler Demokrit ( 460 - 371 v. Chr.) lehrte dann die
Sterblich-keit der Seele, da die Atome der Seele nach dem Tod nicht mehr
zusammen halten. Trotzdem sollte man - wie bei Anaxagoras - den Tod als
notwendigen Teil des Lebens nicht fürchten und die Aufmerksamkeit dem
Leben widmen. Dennoch sah Demokrit auch die Leiden, die mit dem Sterben
einhergehen. Demokrits Lebensziel war die “Eudemia", die Freude, die
hauptsächlich durch Bildung entsteht. Übermäßiger Genuß hingegen führe zu
Unglück.
!
Sokrates
Der Athener Sokrates ( ca. 496 - 399 v. Chr.) sah ein, daß der Mensch endlich
und bedingt ist. Seine Größe bestehe darin, dieses Menschenlos verantwortlich
auf sich zu nehmen und dem Tod seine ganze Charakterstärke
entgegenzustellen.
Nachdem ein Gericht Sokrates' Todesurteil verkündet hatte, wies er die Richter
darauf hin, daß er dem Tod leicht entgangen wäre, wenn er gewollt hätte. Jedoch
würde ein Fortleben bedeuten, der Schlechtigkeit nicht entgehen zu können.
Er maß es sich nicht an zu behaupten, er wüßte, was nach dem Tode passiert.
Zur Wahl stellte er vielmehr zwei Möglichkeiten : Der Tod kann entweder ein
6
[email protected] (Dr. Wolfgang Jung)
“schlafloser Traum" sein, oder “Versetzung und Umzug der Seele von hinnen an
einen anderen Ort." Die Todesfurcht, die den Tod als größtes Übel erscheinen
läßt, ist jedoch unbegründet. Denn als “traumloser Schlaf” wäre der Tod ein
“wunderbarer Gewinn”. Es gibt außerdem kein “größeres Gut” als die
Auswanderung an einen ( besseren ) Ort. Außerdem gibt es eigentlich gar keine
Angst vor dem Tode, sondern nur vor dem Sterben, aber die wenigsten erkennen
dies.
Die Hoffnung auf ein besseres Leben nach dem Tode ist wahrscheinlich der
Hauptaspekt in Sokrates' Lehren. Er verweist auch auf die Natürlichkeit des
Todes. Wichtig war es ihm, bei seinen Mitmenschen eine angenehme
Erinnerung zu hinterlassen. Außerdem kritisierte er die kosmologischen
Spekulationen der Naturphilosophen, die alles rational beweisen wollten, aber
letztendlich doch keine Beweise hätten.
Sokrates' Lehre hingegen ist auf Übereinstimmung von begründetem Wissen
und Handeln ausgerichtet, aber er versuchte auch mit rhetorischen Mitteln seine
Gesprächspartner von seinen Ideen zu überzeugen, jedoch ohne sie zu
überreden. Vielmehr versucht er sie zur Einsicht zu bringen.
Dafür hat er eine Technik ( Mäeutik = Hebammenkunst )entwickelt : Zuerst
überführt er den Gesprächspartner mithilfe gezielter Fragen der Unwissenheit(
Elenktik = Kunst der Überführung), um dann durch weiteres Fragen die richtige
Erkenntnis, die in jedem Menschen im Verborgenen liegt, ans Licht zu bringen (
Protreptik = Kunst der Hinwendung ).
Seine Mitmenschen überzeugte er schließlich durch sein Handeln und die
Souveräni-tät, mit der er seinen eigenen Tod hingenommen hat, davon, daß man
keine Todesfurcht haben und dem Tod mit Charakterstärke entgegentreten muß.
!
Platon
Platon (auch Plato /Aristokles; ca. 428 - 348 v. Chr.) war ein Schüler des
Sokrates, der Bekanntschaft mit den Pythargoreern und dem Eleaten und
Mathemathiker Euklid machte. Von Sokrates übernimmt er die Hoffnung auf ein
- wenn möglich besseres - Leben nach dem Tode, während er von den
Pythagoreern die Idee der Unsterblichkeit übernimmt, ohne sie jedoch als
Vereinigung mit dem Göttlichen zu betrachten. Der Tod bedeutet für ihn
weiterhin die Befreiung der Seele aus dem Gefängnis des Körpers.
Seine Argumente für die Annahme der Unsterblichkeit lauten :
7
[email protected] (Dr. Wolfgang Jung)
- Die Seele existiert schon vor der Geburt. Diese Behauptung ist begründet mit
der Lehre , daß alles Wissen und Lernen Erinnerung ist an Ideen ( Ideenlehre
! ) die man vor der Geburt in einem Kosmos erfährt (vgl. die Erkenntnis bei
Sokrates : liegt im Verborgenen, ist aber schon vorhanden).
- Es gibt ewige und unwandelbare Ideen. Da die Seele sie begreifen kann, muß
sie selber ewig und göttlich sein.
- Die Seele beherrscht den Körper und ähnelt damit den unsterblichen Göttern.
- Die Seele ist einfach. Da sie nicht zusammengesetzt ist, kann sie auch nicht
zerfallen.
- Das Wesen der Seele ist das Leben, also das Gegenteil des Todes. Deshalb
kann sie ebensowenig sterben, wie Feuer kalt werden kann.
- Die Seele bewegt sich selbst. Sie ist der Ursprung des Lebens und der
Bewegung. Deshalb kann sie niemals aufhören sich zu bewegen und zu
leben.
Sehr wichtig für Platon war auch die Idee des Guten. Da nicht alle Menschen
sich an die Ideen zurückerinnern können oder einfach nicht daran denken, muß
es laut Platon auch ein Totengericht im Jenseits geben, das jedoch nicht über die
Unsterblichkeit entscheidet.
! Die Nachwelt Platons
Aristoteles :
Aristoteles ( 384 - 322 v. Chr.) war zwar Schüler Platons, stand seinen Ideen
später aber sehr skeptisch gegenüber. Er gilt als Begründer der logischen
Denkweise, orientierte sich ganz am Diesseits und leugnete die Ideenlehre. Für
ihn entsteht Wissen aus Erfahrung im Diesseits, und nicht wie bei Platon aus
Erinnerung an Pränatales. Körper und Seele lassen sich nicht trennen. Der
Mensch soll sich am Diesseits orientieren und lebt nur in seinen Nachkommen
weiter, seine Seele jedoch nicht.
Epikur :
Epikur ( 341 - 270 v. Chr.) nimmt die Ansichten des Demokrit wieder auf : Die
Seele zerfällt beim Tod wieder in ihre Atome. Der Tod läßt sich also
mechanisch erklären, womit er seinen Schrecken verliert. Seiner Meinung nach
sind die Götter glücklich und kümmern sich nicht um die Menschen oder die
Ordnung der Welt, weswegen auch kein Eingriff der Götter befürchtet werden
muß. Der Tod geht uns eigentlich sowieso nichts an, da wir Gut und Böse nach
8
[email protected] (Dr. Wolfgang Jung)
dem Tod nicht mehr wahrnehmen können, da uns mit dem Tod die
Wahrnehmungsfähigkeit abhanden kommt.
Die Ältere Stoa :
(Materialismus)
Zenon von Kition ( 335 - 265 v. Chr.), Begründer der stoischen
Philosophenschule,
konzipierte das praktische Ideal der Apathie, das nach dem Tode eintritt, aber
schon vorher angestrebt wird. Mit Apathie ist ein Zustand der Seele gemeint, in
der sie von Leidenschaften nicht mehr verwirrt werden kann und jenseits von
Furcht, Begierde, Trauer und Lust steht, wodurch Seelenfrieden und die
Erkenntnis des Guten eintreten. Nach Zenon ist der größere Teil der
Seelenmaterie vergänglich, doch die Vernunft als feine Materie soll erhalten
bleiben ( Materialismus).
Die Mittlere Stoa :
Für Poseidonios (130 - 51 v. Chr.) verbreitete die Sonne ihre Wärme, ihr Licht
und ihre Klugheit durch das ganze Weltall. Obwohl die Seele von der
Körperlichkeit, von den Leidenschaften und Begierden verunreinigt wird, bleibt
sie göttlich ( Pythagoras ! ), da sie Teil eines Gottes ist. Die wichtigste Aufgabe
des Menschen besteht darin, sich von seinem Körper zu befreien. (Anmerkung :
Viele Philosophen nahmen sich das Leben; insbesondere viele stoische
Philosophen suchten den Freitod. )
Cicero (106 - 43 v. Chr.) zweifelt, kommt dann aber zu der Überzeugung, daß
der Tod nicht zu fürchten sei, denn “der größte Beweis dafür, daß die Natur
selbst stillschweigend für die Unsterblichkeit der Seele plädiert, ist, daß alle
Menschen sich die größten Sorgen darüber machen, was nach ihrem Tode
geschehen wird.” Der Gedanke an den Tod soll jedoch nicht davor abschrecken
seine gesamte Kraft dem Interesse des Staates und der Familie zu widmen.
Die Jüngere Stoa :
(Abkehr vom Materialismus)
Für Seneca ( 4 v.- 65 n.Chr.) ist die Beschäftigung mit den Texten der
Philosophen maßgeblich. Denkmale zerfallen, aber der Weisheit, die man durch
das philosophische Studium erlangt, kann kein Abbruch getan werden. Die
Philosophen “werden dir den Weg zur Ewigkeit anweisen um dir zu dem Platz
9
[email protected] (Dr. Wolfgang Jung)
verhelfen, von dem dich niemand verdrängen wird." Das ist der Weg zur
Unsterblichkeit.
Epiktet ( 60 - 117 n. Chr.) war der Ansicht, es gäbe kein Übel auf der Welt, da
alles einen Vorteil hat. Es ist besser würdevoll zu sterben, als zu jammern, doch
darf man sehnsuchtsvoll nach einer besseren Existenz in Gott streben.
!
Das Todesverständnis im Wandel der Zeit
Die Lehre von der Unsterblichkeit der Seele wird häufig als die antike
Philosophie dargestellt. Es heißt, alle Philosophen nach Platon hätten seine
Lehre im Kern über-nommen.
Meiner Meinung nach spaltet sich die antike Philosophie aber in zwei Lager, an
deren Spitze Platon und Aristoteles stehen.
Das Christentum des Mittelalters ist von Platons Lehren stark beeinflußt
worden.
Das Volk wurde mit Hilfe der Verheißung eines schönes Lebens, wenn sie sich
auf Erden der göttlichen Ordnung unterwerfen, vom Adel unterdrückt.
Dieser jedoch orientierte sich am Diesseits und führte ein ausschweifendes
Leben. Vor allem mit der Renaissance, der Wiederentdeckung der Antike,
nahmen die Gelehrten die Lehren des Aristoteles wieder auf, was auch Folgen
bis in die Neuzeit hat.
Quellenverzeichnis :
-
anonym : Apologica Sokratoys. http://www.referate.at
anonym : Die Philosophie der Stoa. http://www.referate.at
anonym : M. Tullius Cicero - Leben und Werk. http://www.fundus.org
Barloewen, Constantin von : Der Tod in den Weltkulturen und
Weltreligionen. München, 1996
Choron, Jaques : Der Tod im abendländischen Denken. BRD, 1967
Digel, Werner; Kwiatkowski, Gerhard : Meyers Großes Taschenlexikon in
24 Bänden. Mannheim, 1981
Gensler, Andé : Seneca. http://www.fundus.org
Scherer, Georg : Das Problem des Todes in der Philosophie. Darmstadt, 1988
( 1 1979 )
10
[email protected] (Dr. Wolfgang Jung)
- Sigmund, Martin : Aristoteles und seine Philosophie.
http://members.aol.com/mSig97/aristote.htm
- Vierecke, Andreas : Tod ( Philosophie). http://cpw-online/tod.htm
11
[email protected] (Dr. Wolfgang Jung)
Mythos :
-
$%
Homer
Orphiker
Verständnis natürlicher Begebenheiten wird vorgegeben
wird weitergegeben an nächste Generation
Instanz der Götter wird absolut gesehen
%Einzelner muß nicht mehr
darüber nachdenken
& Menschen meinen
Orientierung über die
Ursachen der Wirklichkeit
zu bekommen
Philosophie :
12
[email protected] (Dr. Wolfgang Jung)
Einzelner
-
auf der Suche nach Erklärung der Wirklichkeit für sich selbst
denkt darüber nach
sammelt Argumente
versucht Gesamtheit der Vorgänge in logischen Kontext zu
bringen
& Philosoph meint Einsicht in
die kosmischen Begebenheiten und Verständnis über
Sein und Nichtsein zu
erlangen
Ontologie :
Lehre von Wesen und
Eigenschaft des Seienden
# Homer
- 750 - 650 v. Chr.
- Ilias + Odyssee ?
13
[email protected] (Dr. Wolfgang Jung)
- Homerische Religion
= offizielle Religion
- Götter lenken menschliches Schicksal
- wenn sterben schön wäre, würden die Götter auch sterben
% nach dem Tod :
Seele ist Tod / Körper leidet
Achill : Lieber Tagelöhner als
König der Unterwelt
#
Pythagoras
-
527 - 497 v. Chr.
Seele ist göttlichen Ursprungs
wird nach jedem Tod und vor jeder Wiedergeburt gereinigt
wenn sie ganz rein ist, vereinigt sie sich wieder mit dem
Göttlichen
- Ziel des Lebens : Reinheit zu erhalten oder zu verbessern
- Mathematik : höchster Grad der Reinheit
- schlechte Menschen werden nicht gereinigt
# Orphik
- Begründer : Orpheus
- Geheimreligion
- Unsterblichkeit der Seele,
Seeligkeit im Jenseits,
Ende der Seelenwanderung,
wenn ethische Forderungen
erfüllt sind
- Heroen, Halbgötter und Weise kommen nach dem Tod in die
Elysischen Gefilde
- Mitgliedschaft bei den Orphikern % Weg zur Rettung
14
[email protected] (Dr. Wolfgang Jung)
#
Thales von
Milet
- 625 - 547 v. Chr.
- Begründer der ionischen Naturphilosophie
- keine Götter
- Wasser als Ursprung aller Dinge und Seinsgrund des Kosmos
- Leben : Veränderungen des Wassers
% Tod kann Substanz nicht
angreifen
% keine Furcht
#
Anaximander
-
610 - 546 v. Chr.
Schüler von Thales
Menschen haben kein Existenzrecht
Leiden und Tod als Strafe dafür, daß sie sich genommen haben,
was ihnen nicht zusteht
- Dinge bestreiten sich einander die Daseinsmöglich-keiten
- müssen anderen Platz machen
- Individuum entspringt und vergeht wieder ins Apeiron
( = unendliches, unbestimmbares Ganzes )
# Heraklit
- 550 - 480 v. Chr.
15
[email protected] (Dr. Wolfgang Jung)
- Veränderung als Merkmal der Wirklichkeit
- Tod nur Veränderung
% natürlich
- Ursubstanz : Feuer
- Lebenige = Tote
- Sterbliche = Unsterbliche
- Großvater lebt im Enkelkind weiter
# Anaxagoras
-
500 - 480 v. Chr.
menschliche Vernunft parallel zu kosmischer Vernunft
Blick auf das Leben und nicht auf das Sterben richten
Lebenssinn: Forschertätigkeit und sinnliche Qualitäten
# Parmenides
- 515 - 445 v. Chr.
- Nichtseiendes existiert nicht
- Veränderungen sind
Einbildung
% es gibt kein Entstehen oder
Vergehen
#
Empedokles
-
483 - 425 v. Chr.
Seelenwanderung
göttlicher Ursprung der Seele
Ursubstanz : Mischung der vier Elemente
Werden und Vergehen als Mischung und Trennung der
Elemente, verursacht durch Liebe und Haß
% widersprüchlich
16
[email protected] (Dr. Wolfgang Jung)
#
Demokrit
- 460 - 371 v. Chr.
- Atome der Seele zerfallen nach dem Tod
%die Seele stirbt
- Lebensziel : gemäßigte Freude,
die durch Bildung entsteht
# Platon
-
428 - 348 v. Chr.
Schüler Sokrates
Ideenlehre ( Wissen = Erinnerung an Pränatales)
Unsterblichkeit der Seele
Hoffnung auf besseres Leben nach dem Tode
Tod = Befreiung der Seele aus dem Gefängnis des Körpers
#
Epikur
- 341 - 270 v. Chr.
- Seele löst sich in Atome auf
%keine Furcht, da mechanisch/
natürlich
- Götter kümmern sich nicht um die Menschen
% Der Tod geht uns nichts an, da wir mit dem Tod die
Wahrnehmungsfähigkeit verliern.
# Sokrates
- 496 - 399 v. Chr.
Tod :
- entweder schlafloser Traum
17
[email protected] (Dr. Wolfgang Jung)
- oder Umzug der Seele an einen besseren Ort
&wunderbarer Gewinn
- Tod mit Charakterstärke gegenübertreten
- Übereinstimmung von begründetem Wissen und Handeln %
Sokrates' Tod
- Gesprächspartner soll selber Einsicht erlangen, die in jedem
verborgen ist
# Aristoteles
-
384 - 322 v. Chr.
Schüler Platons
Orientierung am Diesseits
leugnet Ideenlehre
Wissen entsteht aus Erfahrung im Diesseits
Körper und Seele sind untrennbar
Seele stirbt
Mensch lebt in Nachkommen weiter
! Die Ältere Stoa
# Zenon
-
335 - 265 v. Chr.
nach Tod : Ideal der Apathie
Apathie = Seelenfrieden, Erkenntnis des Guten
Materialismus : Vernunft als feine Materie bleibt erhalten
! Die Mittlere Stoa
18
[email protected] (Dr. Wolfgang Jung)
#
-
Poseidonios
130 - 51 v. Chr.
Sonne verbreitet Klugheit
Körper verunreinigt, aber Seele bleibt göttlich
Aufgabe des Menschen : Befreiung vom Körper
# Cicero
- 106 - 43 v. Chr.
- Natur plädiert für Unsterblichkeit der Seele, da Menschen sich
darum Gedanken machen
- Kraft dem Interesse des
Staates und der Familie
widmen
! Die Jüngere Stoa
# Seneca
- 4 v. - 65 n. Chr.
-
Weisheit, die durch das philosophische Studium erlangt wird,
überlebt
%Weg zur Unsterblichkeit
# Epiktet
- 60 - 117 n. Chr.
- es gibt kein Übel auf der Welt
- würdevoll sterben
19
[email protected] (Dr. Wolfgang Jung)
- Sehnsucht nach besserer Existenz in Gott
20
[email protected] (Dr. Wolfgang Jung)
Die Entwicklung der Lehre von
blichkeit der Seele
der Unsterblichkeit der Seele
Mystik&
&Vorsokratiker &Sokrates
&Platon
Furcht %Leugnen %Hoffnung
%Unsterbvor dem des Todes/
auf besseres
lichkeit
Tod
Gelassenheit Leben
der
Seele;
gegenüber
Befreiung
Tod
vom
Körper
Das Todesverständnis im Wandel der
Antike
&
Platon
%
Mittelalter
Christentum
21
[email protected] (Dr. Wolfgang Jung)
(einfaches
Volk)
Aristoteles
&&&
%
Gelehrte, Adel
( Renaissance)
Neuzeit
22