Die Methode der finiten Elemente (FEM)

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Die Methode der finiten Elemente (FEM)
Friedrich U. Mathiak
Die Methode der
finiten Elemente
(FEM)
Einführung und Grundlagen
Die Methode der
finiten Elemente
(FEM)
Einführung und Grundlagen
© Friedrich U. Mathiak
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Neubrandenburg 2007
Hochschule Neubrandenburg
Prof. Dr.-Ing. Friedrich U. Mathiak
Fachbereich:
Bauingenieur- und Vermessungswesen
Postanschrift:
Prof. Dr.-Ing. F.U. Mathiak
Brodaer Straße 2
D-17033 Neubrandenburg
Tel.: (0395) 5693-(0)-301
E-Mail: [email protected]
Literaturverzeichnis
i
/ 1/
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Bathe, K.-J.: Finite - Elemente - Methoden, Springer - Verlag 1986
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Ernst&Sohn 1992
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Ernst&Sohn, 1990
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Finite Elemente Anwendungen in der Baupraxis, Modellierung, Berechnung, Konstruktion, Ernst&Sohn, 1995
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New York 1972
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/ 22/
Wriggers, P.: Nichtlineare Finite-Element-Methoden, Springer - Verlag 2001
ii
F. U. Mathiak
1-1
1 Einleitung
1.1 Allgemeines
Die Methode der finiten Elemente (FEM, englisch: Finite Element Method) ist ein numerisches Berechnungsverfahren, das in weiten Bereichen der Strukturmechanik und der mathematischen Physik und Chemie zum Einsatz kommt (Abb. 1-1).
Abb. 1-1 Einsatzgebiete der FEM
Die Grundgleichungen zur Beschreibung strukturmechanischer Probleme wie Deformationen,
Spannungen, Geschwindigkeiten, Druck, Temperaturen usw., sind gewöhnliche oder partielle
Differentialgleichungen (DGLn) bzw. Differentialgleichungssysteme. Die Lösungen dieser
DGLn haben dabei gewissen Randbedingungen (RB) zu genügen. So wird bekanntlich die
Durchbiegung w(x) eines elastischen Balkens mit der Querlast q(x), der Balkenlänge und
der Biegesteifigkeit EIyy = konst. durch die gewöhnliche DGL 4. Ordnung
1-2
Einleitung
EI yy w IV ( x ) = q( x )
(0 < x < )
Gl. 1-1
beschrieben (Abb. 1-2).
Abb. 1-2 Balken unter Querbelastung
Für den Fall des beidseitig gelenkig gelagerten Balkens unter Querlast q(x) muß die Lösung
w(x) den Randbedingungen
w (0) = w ′′(0) = w () = w ′′() = 0
Gl. 1-2
genügen. Obwohl für viele Problemstellungen der technischen Mechanik das Randwertproblem (RWP) in Form von DGLn bzw. Differentialgleichungssystemen formuliert werden kann,
ist nicht immer eine analytische Lösung auffindbar. In diesen Fällen muß auf Näherungslösungen zurückgegriffen werden, zu denen auch die FEM gehört.
Das Ziel der Näherungsverfahren ist die Transformation der nicht direkt lösbaren Grundgleichungen in mathematisch einfacher zu handhabende Strukturen. Bei der Vorgehensweise nach
der FEM werden DGLn in algebraische Gleichungssysteme übergeführt. Den FEM-Programmen wird dabei aber nicht nur die Lösung der linearen oder auch nichtlinearen Gleichungssysteme überlassen, vielmehr wird versucht, das komplette Verfahren zu automatisieren.
Dieses automatisierte Abarbeiten von zum Teil sehr komplexen Problemen verführt dazu, die
mit einer "black box" erzielten Ergebnisse kritiklos hinzunehmen. Das kann jedoch schwerwiegende Folgen haben, wenn fehlerhafte Rechenergebnisse vom Berechnungsingenieur zu
spät oder überhaupt nicht erkannt werden.
Für den Anwender von FEM-Software ist es deshalb zwingend erforderlich, die strukturmechanischen Hintergründe der Methode zu kennen, damit eine sinnvolle Modellbildung und
Ergebnisinterpretation möglich wird.
In jedem Fall empfiehlt sich zur Kontrolle der Berechnungsergebnisse eine Überschlagsrechnung mit vereinfachten Ansätzen.
F. U. Mathiak
1-3
1.2 Entstehungsgeschichte der FEM
Den Ausgangspunkt der geschichtlichen Entwicklung der modernen Strukturmechanik bildet
die im letzten Jahrhundert entwickelte Theorie der Stab- u. Rahmentragwerke, die sehr eng
mit den Namen Maxwell1, Betti2, Castigliano3 und Mohr4 verbunden ist.
Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts konzentrierten sich die Entwicklungen in der Strukturberechnung auf das Kraftgrößenverfahren, bei dem als Unbekannte nur Kraftgrößen (Kräfte
und Momente) in der Berechnung erscheinen.
Im Jahre 1926 veröffentlichte Ostenfeld /1/ ein Lehrbuch zum Verschiebungsgrößenverfahren, das auch unter der Bezeichnung Deformationsmethode bekannt ist. Als Unbekannte
treten bei diesem Verfahren nur Verschiebungsgrößen auf, also Knotenverschiebungen und
Knotenverdrehungen.
Auch bei der FEM sind die Unbekannten die Verformungsgrößen, womit die Deformationsmethode, wie sie für Stäbe und Balken entwickelt wurde, als Vorläufer der FEM angesehen
werden kann. Da bis in die 1950er Jahre hinein für beide Verfahren die Rechnungen manuell
durchgeführt werden mußten, konnten nur Systeme mit einer geringen Anzahl von Unbekannten gelöst werden.
Bereits im zweiten Weltkrieg begannen einige Forscher, insbesondere in Großbritannien und
den USA, die Kraftgrößenmethode in Matrizenschreibweise so aufzubereiten, daß eine
schnelle Umsetzung in einen Computercode möglich wurde. Die Anwendungsgebiete lagen
hauptsächlich im militärischen Bereich (Luft- u. Raumfahrt). Als Pionier auf dem Gebiet der
FEM kann Zienkiewicz in England angesehen werden. Das Lehrbuch /8/ vermittelt einen sehr
guten Überblick über die FE-Methode.
Ein Forschungsschwerpunkt auf diesem Gebiet bildete sich in Deutschland mit Beginn der
1960er Jahre unter Argyris in Stuttgart am Institut für Statik und Dynamik der Luft- und
Raumfahrtkonstruktionen.
1JamesClerk Maxwell, brit. Physiker, 1831-1879
2Enrico Betti, italien. Mathematiker, 1823-1892
3Carlo Alberto Castigliano, italien. Eisenbahningenieur, 1847-1884
4Christian Otto Mohr, deutscher Statiker u. Bauingenieur, 1835-1918
1-4
Einleitung
Abb. 1-3 Einfach statisch unbestimmtes System, mögliche statisch bestimmte Grundsysteme
Parallel zur Kraftgrößenmethode liefen erste Versuche, auch das Verschiebungsgrößenverfahren für den Computer aufzuarbeiten. Die Vorarbeiten zur Kraftgrößenmethode hatten nämlich
gezeigt, daß die automatische Festlegung der statisch Unbestimmten durch den Computer zu
großen Schwierigkeiten führte. Es zeigte sich dann auch bald, daß die Kraftgrößenmethode
für die automatische Abarbeitung im Rechner ungeeignet ist (Abb. 1-3).
Mit der parallel ablaufenden rasanten Entwicklung der Digitalrechner war die Entscheidung
für die Verschiebungsmethode gefallen, denn bei diesem Verfahren gibt es keine Schwierigkeiten bei der Auswahl eines kinematisch bestimmten Grundsystems.
Etwa Mitte der 1960er Jahre wurden dann die Zusammenhänge zwischen den anschaulichen
Mitteln der Stabstatik hin zu den Variationsprinzipien der Statik, dem Prinzip der virtuellen Kräfte (P.d.v.K.) und dem Prinzip der virtuellen Verrückungen (P.d.v.V.), geknüpft.
Die Aufdeckung dieser Zusammenhänge lieferte der FEM die mathematischen Fundamente,
worauf dann Mitte der 1980er Jahre diese Methode verstärkt von Mathematikern im Hinblick
auf Konvergenz und Genauigkeit untersucht wurde.
Grundlegende Arbeiten zur Lösung kontinuumsmechanischer Aufgaben auf Basis der Variationsrechnung lieferte Ritz bereits im Jahre 1907 und Courant im Jahre 1943.
Auf Courant geht auch der Vorschlag zurück, die Ritzschen Ansätze lokal anzuwenden, also
auf einen Teil des gesamten Lösungsgebietes, und das ist genau die Idee der FEM.
Im Laufe der weiteren FEM- Entwicklungen wurden die klassischen Energieprinzipe der Mechanik erweitert. Verallgemeinerte Prinzipe wurden z.B. von Reißner, Prager und Washizu
F. U. Mathiak
1-5
angegeben. Eine historische Zusammenfassung zur Entwicklungsgeschichte der FEM findet
der interessierte Leser in /5/.
Das umfassende Verständnis für die FEM erfordert Kenntnisse der Variationsrechnung und
der Kontinuumsmechanik. Für ein vertiefendes Studium der FEM werden deshalb die Literaturstellen /6-10/ empfohlen.
1.3 Zugang zur FEM
Der Grundgedanke der FEM besteht darin, das zu untersuchende Gebiet, z. B. die Rahmenkonstruktion nach Abb. 1-4, in eine größere Anzahl einfacher Teilgebiete, die finiten Elemente, zu zerlegen Dieser Prozeß wird in der FEM Diskretisierung1 oder auch Elementierung
(vom Ganzen zum Teil) genannt. Bei einigen Aufgabenstellungen ist die Aufteilung in finite
Elemente bereits vorgegeben, etwa bei Fachwerken oder auch bei Rahmenkonstruktionen, bei
denen die einzelnen Stäbe oder Rahmenteile die Elemente bilden.
Abb. 1-4 Finites Balken-Element eines Rahmentragwerks
Die Anzahl der dabei gewählten Elemente ist grundsätzlich beliebig, allerdings ist zu beachten, daß der Rechenaufwand mit zunehmend feiner werdender Elementierung überproportional steigt.
Im Falle zweidimensionaler Gebiete, etwa bei Scheiben und Platten, wird das Grundgebiet in
Dreiecke, Rechtecke oder allgemeine Vierecke eingeteilt. Auch bei geradlinig begrenzten
1
von mlat. discretus ›abgesondert‹, zu lat. dicernere ›absondern‹, ›unterscheiden‹.
1-6
Einleitung
Elementen kann bei hinreichend feiner Elementierung das Grundgebiet ausreichend angenähert werden. Krummlinig berandete Elemente gestatten eine höhere Güte der Approximation.
Gerade in dieser flexiblen Anpassung des Grundgebietes durch unterschiedliche Elementformen liegt ein großer Vorteil der FE-Methode gegenüber anderen Näherungsverfahren, etwa
dem Finite-Differenzen-Verfahren.
Bei räumlichen Problemen erfolgt die Diskretisierung des Raumes durch Tetraederelemente,
Quaderelemente oder auch krummflächig begrenzte Elemente.
Innerhalb des Elementgebietes wird dann für die gesuchte Funktion ein problemgerechter
Näherungsansatz gewählt. Für Stäbe und Balken eignen sich besonders Polynome. Die Höhe
des Polynomgrades entscheidet über die Güte der Approximation der gesuchten Funktion. Bei
zweidimensionalen Problemen kommen lineare, quadratische oder auch höhergradige Polynome zum Einsatz. Die Art des Ansatzes wird dabei im Wesentlichen durch zwei Faktoren
bestimmt, einerseits durch die Form des Elementes und andererseits durch die physikalische
Fragestellung.
Die gewählten Ansatzfunktionen müssen gewisse Stetigkeitsforderungen erfüllen, die sich aus
dem physikalischen Problem ergeben. Stetigkeit der gesuchten Zustandsgröße innerhalb des
Elementgebietes ist in der Regel durch die Ansatzfunktion sichergestellt. Problematischer ist
die Forderung nach Stetigkeit an den Elementübergängen. Bei einem einfachen Dehnstab,
dessen gesuchte Funktion die Stabachsverschiebung ist, reduziert sich die Forderung auf Stetigkeit in der Verschiebung an den Elementübergängen. Diese Stetigkeit wird C0-Stetigkeit
genannt. Bei Balkenelementen wird für die Durchbiegung w eine höhere Stetigkeit gefordert.
Neben der Stetigkeit in w, muß, um Knicke in der Biegelinie zu vermeiden, beim Übergang
von einem Element zum anderen zusätzlich Stetigkeit in w' gefordert werden (C1-Stetigkeit).
Bei zweidimensionalen Problemen ist mindestens Stetigkeit der Ansatzfunktionen längs gemeinsamer Elementkanten zu fordern. Elemente, deren Ansatzfunktionen die geforderten Stetigkeiten erfüllen, heißen konform1.
Um die Stetigkeitsforderungen an den Elementgrenzen zu erfüllen, müssen die Ansatzfunktionen, bzw. auch deren Ableitungen, an bestimmten Stellen des Elementes, den Knoten, ausgedrückt werden. Die Funktionswerte (Verschiebungen, Verdrehungen) der Näherungsansätze
an diesen diskreten Stellen werden Knotenvariable oder auch Knotenfreiwerte genannt. Mit
den Knotenvariablen als Koeffizienten erscheinen dann die Ansatzfunktionen als Interpolationsfunktionen2, die in der FE-Methode auch Formfunktionen genannt werden.
1
2
spätl. ›gleichförmig‹, ›ähnlich‹
lat. ›Umgestaltung‹, ›Veränderung‹
F. U. Mathiak
1-7
In der analytischen Mechanik wird gezeigt, daß sich die Knotenverschiebungen als Folge der
äußeren Belastungen und der vorgeschriebenen Randwerte nicht beliebig einstellen. Vielmehr
besagt der Satz vom Extremum des elastischen Potentials1, daß von allen denkbaren Verschiebungszuständen Derjenige der wirklich eintretende ist, für den die Energiegröße Π, die
auch elastisches Potential genannt wird, einen stationären Wert annimmt. Die Anwendung
dieses Prinzips gestattet uns unter Verwendung von Näherungsansätzen für die Zustandsgrößen die direkte Herleitung der Elementsteifigkeitsmatrizen und Elementlastvektoren.
Nach der Zerlegung des Grundgebietes in finite Elemente erfolgt dann wieder der Zusammenbau sämtlicher Elemente zum Gesamttragwerk (vom Teil zum Ganzen). Ein wichtiger
Schritt in der FE-Methode ist der Übergang von lokalen zu globalen Koordinaten und damit
von den lokalen Knotenvariablen zu globalen Systemfreiheitsgraden. Dieser Übergang erfolgt
durch problemabhängige Transformationsgleichungen. An den Systemknoten werden die angrenzenden lokalen Knotenvariablen den globalen Systemfreiheitsgraden gleichgesetzt, womit der Zusammenhang (geometrische Kompatibilität) einer allgemeinen Struktur eingeschränkt an den Knoten realisiert ist. Auch an dieser Stelle äußert sich der Näherungscharakter der FE- Lösung, denn nur die analytische Lösung berücksichtigt das lokale Gleichgewicht
und die Kompatibilität der Verformungen.
Nach dem Zusammenbau aller Elemente liegt oft ein sehr großes Gleichungssystem vor, dessen Lösung die globalen Knotenfreiwerte (Verschiebungen, Verdrehungen) liefert, aus denen
durch Rückrechnung die Elementkraftgrößen (Spannungen) ermittelt werden. Es ist selbstverständlich, daß dieses Verfahren, bei dem sehr große Datenmengen anfallen, übersichtliche
und effektive Algorithmen verlangt. Die Formulierung erfolgt konsequenterweise in Matrizenschreibweise. Von entscheidender Bedeutung für die Güte eines FE-Programms sind die
implementierten Gleichungslöser. In kommerziellen Programmsystemen kommen zur Lösung
der linearen Gleichungssysteme direkte Verfahren2 zum Einsatz, zu denen die klassischen
Eliminationsverfahren nach Gauß und Cholesky gehören. Bei sehr großen Gleichungssystemen werden aus Gründen der Rechenzeitersparnis iterative Lösungsverfahren (Jakobi- oder
Gauß-Seidel-Verfahren, Verfahren der konjugierten Gradienten, Mehrgitterverfahren) verwandt, die die gesuchte Lösung als Grenzwert einer Folge von Näherungen ermittelt. Bei den
iterativen Verfahren ist im Gegensatz zu den direkten Verfahren die permanente Speicherung
der Systemmatrix i.a. nicht erforderlich, was es ermöglicht, sehr große Gleichungssysteme
mit minimalem Speicherbedarf zu lösen. Die Abspeicherungs- und Lösungsalgorithmen be1
falls ein solches überhaupt existiert
die deshalb so bezeichnet werden, weil im Laufe des Rechenprozesses direkt auf Elemente der Systemmatrix
und des Belastungsvektors zugegriffen werden muß
2
1-8
Einleitung
rücksichtigen dabei die bei der FE-Methode anfallende spezielle Form der Systemmatrizen,
die eine ausgeprägte Band- bzw. Hüllenstruktur aufweisen.
Die enormen Entwicklungen auf den Gebieten der Rechnerhardware, der Bereitstellung leistungsfähiger Algorithmen auf den Gebieten der Lösung großer linearer und nichtlinearer
Gleichungssysteme sowie der Datenvorbereitung und der Ergebnisdarstellung, haben der FEMethode in den letzten Jahrzehnten zum Durchbruch verholfen.
Zur Darstellung der wesentlichen Zusammenhänge wird zur Einführung ein ebenes Fachwerk
betrachtet. Fraglos läßt sich dieses Beispiel auf herkömmliche (manuelle) Art schneller berechnen, allerdings erlaubt der hier vorgestellte Lösungsweg die Darstellung der speziellen
Vorgehensweise der FEM. Die Auswahl eines einfachen Beispiels hat zusätzlich den Vorteil,
daß die Ergebnisse mit geringem Aufwand durch Handrechnung kontrolliert werden können,
und die einzelnen Rechenschritte eine ingenieurmäßige Interpretation ermöglichen.
F. U. Mathiak
2-1
2 Ein einfaches Beispiel
Für das in Abb. 2-1 abgebildete (statisch bestimmte) Fachwerk sind die Stabkräfte und die
Knotenverschiebungen unter den angegebenen äußeren Kräften gesucht.
Abb. 2-1 Ebenes Fachwerk, System und Belastung
Ein finites Fachwerk-Element besteht aus einem Stab mit konstanten Querschnittswerten. Der
Stab kann voraussetzungsgemäß nur Normalkräfte (Zug oder Druck) übertragen. Das setzt
voraus, dass äußere Kräfte nur über die Gelenke eingetragen werden dürfen. Eine Belastung
des Stabes durch Schüttkräfte längs der Stabachse, die mit der Fachwerktheorie im Einklang
stehen, betrachten wir an dieser Stelle nicht.
Das dargestellte Fachwerk besitzt n = 5 Knoten und m = 7 Elemente. Ein Fachwerkstab entspricht bei unserem einfachen Beispiel einem finiten Element. Zur geometrischen Beschreibung des Systems werden problemgerechte kartesische Koordinaten (x,y) eingeführt, deren
Ursprung sinnvoll gewählt wird. Um Knoten und Elemente voneinander unterscheiden zu
können, werden die Knotennummern in Kreise und die Elementnummern in Quadrate geschrieben. Die Reihenfolge der Knoten- und Elementnummerierung kann dabei weitestgehend
beliebig vorgenommen werden1.
1
Die Auswirkung einer beliebigen Knotennumerierung auf die Bandbreite (und damit auf die Rechenzeit) des
resultierenden Gleichungssystems werden wir später behandeln.
2-2
Elastische Lagerung und schiefe Randbedingungen
Der Pfeil bei der Elementbezeichnung soll die Orientierung des Elementes mit Anfangs- und
Endpunkt anzeigen.
Abb. 2-2 Fachwerk mit n = 5 Knoten und m = 7 Elementen
Jedes FE-Modell enthält eine Knotendatei (Tabelle 2-1) und eine Elementdatei1 (Tabelle
2-2). In der Knotendatei werden jedem Knoten die globalen Koordinaten in einer einheitlichen
Längeneinheit (LE)2 zugeordnet.
Knotennummer
1
2
3
4
5
x–Koordinate [cm]
0
540
1080
270
810
y-Koordinate [cm]
0
0
0
468
468
Anfangsknoten
1
2
4
1
2
2
3
Endknoten
2
3
5
4
5
4
5
Tabelle 2-1 Knotendatei
Elementnummer
1
2
3
4
5
6
7
Tabelle 2-2 Elementdatei
Die Orientierung eines Elementes mit Anfangs- und Endknoten und die Verknüpfung der Elemente untereinander entnehmen wir der Elementdatei. Weitere Eingabedaten sind:
1
die auch Koinzidenztabelle genannt wird
Längeneinheit, z.B. mm, cm, m usw.
2LE:
F. U. Mathiak
2-3
a) Stabquerschnittswerte und Materialeigenschaften
A:
Querschnittsfläche (hier: A = 10,8 cm2)
E:
Elastizitätsmodul
(hier: E = 21000 kN/cm2)
b) Angaben über die äußeren eingeprägten Knotenlasten
P4 x = 4kN
P4 y =− 5kN
c) Geometrische Randbedingungen
v1x = v1y = v 3 y = 0 cm
Auf Basis der Knotendatei können noch die Stablängen und die Winkellagen der Elemente
berechnet werden.
( e ) = (x (je ) − x i( e )) 2 + (y(je ) − yi( e )) 2
sin α ( e ) =
y (je ) − y (i e )
(e)
; cos α ( e ) =
Gl. 2-1
x (je ) − x (i e )
(e)
2.1 Das Elastizitätsgesetz für einen geraden Stab
Zur Herleitung der allgemeinen Gleichungen auf Stabebene ist ein globales Koordinatensystem ungeeignet. Wir führen deshalb eine lokale Koordinate X(e) mit Ursprung im Stabanfangspunkt i derart ein, dass die X(e)-Achse mit der Stabachse des betrachteten Stabes zusammenfällt (Abb. 2-3).
´
Abb. 2-3 Positivbild für die Verschiebungen und die Schnittkräfte
2-4
Elastische Lagerung und schiefe Randbedingungen
Die Elementknotenverschiebungen in lokalen Koordinaten werden im Vektor
(e)
 U iX

U (e) =  ( e ) 
 U jX 
Gl. 2-2
und die Stabendkräfte im Vektor
FiX( e ) 
F (e) =  ( e ) 
FjX 
Gl. 2-3
zusammengefasst. Die Kraft- und Verformungsgrößen sind über ein Werkstoffgesetz miteinander verknüpft. Unterstellen wir Hookesches1 Material und fordern, dass längs der Stabachse
keine zusätzlichen Lasten eingetragen werden, dann gilt im einaxialen Fall
σ ( e ) = E ( e )ε ( e ) = E ( e )
(e)
FjX
∆ ( e ) E ( e ) ( e )
(e)
=
(U
−
U
)
=
jX
iX
( e)
(e)
A (e)
Gl. 2-4
und damit
(e)
jX
F
E (e ) A( e) (e )
(e)
=
(U jX − U iX
)
( e)
Gl. 2-5
Das Kraftgleichgewicht in Richtung der lokalen X-Achse fordert
(e)
FiX( e ) + FjX
= 0 → FiX( e ) = −
E( e) A (e ) (e )
(U jX − U (iXe ) )
(e)
Gl. 2-6
Mit Gl. 2-5 und Gl. 2-6 kann der Vektor der Stabendkräfte unter Berücksichtigung von Gl.
2-4 in Matrizenschreibweise auch in der Form
FiX( e )  E ( e ) A ( e )
 (e)  =
(e)
FjX 
( e)
 1 − 1  U iX 


− 1
1  U (jXe ) 

Gl. 2-7
geschrieben werden, oder auch symbolisch
F (e) = C(e) ⋅ U (e)
1
Robert Hooke, engl. Naturforscher, 1635-1703
Gl. 2-8
F. U. Mathiak
2-5
In Gl. 2-8 bezeichnet
C
(e)
E ( e) A (e )
=
(e)
 1 − 1
− 1 1


Gl. 2-9
die symmetrische Elementsteifigkeitsmatrix des Stabes in lokalen Koordinaten. Dieses für
eine konstante Dehnsteifigkeit E(e)A(e) hergeleitete Stabelement besitzt folgende Eigenschaften:
1. Der Verschiebungsverlauf längs der Stabachse ist linear und durch die Stabendverschiebungen eindeutig bestimmt.
2. Die Dehnungen und Schnittkräfte verteilen sich konstant über die Stablänge.
2.2 Transformation auf globale Koordinaten
Ein Blick auf Abb. 2-1 zeigt, dass jeder Stab eine andere Lage in Bezug auf das globale Koordinatensystem besitzt. Um die Wichtung jedes einzelnen Stabes im Gesamtsystem zu erfassen, muss das Werkstoffgesetz Gl. 2-8 vom lokalen in das einheitliche globale Koordinatensystem transformiert werden. Die Stabendkräfte transformieren sich bei einer Drehung des
Koordinatensystems um den Winkel α ( e ) allgemein wie folgt (Abb. 2-3)
FiX( e ) = Fix( e ) cos α ( e ) + Fiy( e ) sin α ( e )
Gl. 2-10
(e)
FjX
= Fjx( e ) cos α ( e ) + Fjy( e ) sin α ( e )
und in Matrizenschreibweise mit den Abkürzungen c( e ) := cos α ( e ) ; s ( e ) := sin α ( e )
 F  c
 =
F   0
(e)
iX
(e)
jX
(e)
s
(e)
0
0
c( e )
 Fix( e ) 
 Fix( e )  c( e )
 (e) 
 ( e)   (e )
Fiy
s
0   Fiy 
⋅
⇔  ( e)  = 
(e )   (e) 


 0
Fjx
s  Fjx
 (e) 
 ( e)  
 Fjy 
 Fjy   0
0 
 (e)
0  FiX 
 (e) 
c ( e )  FjX 

s ( e ) 
Gl. 2-11
Da auch die Verschiebungen Vektorcharakter haben, gelten für diese dieselben Transformationsgesetze wie für die Kräfte.
2-6
Elastische Lagerung und schiefe Randbedingungen
U

 U
(e)
iX
(e)
jX
 c
=
  0
( e)
s
(e)
0
0
c( e )
 u (ixe ) 
 u (ixe )  c( e )
 ( e) 
 ( e)   (e )
0   u iy 
 u iy  = s
⋅
⇔

(
e
)
 u (jxe )   0
s ( e )   u jx 
 ( e) 
 ( e)  
 u jy 
 u jy   0
0 
 ( e)
0   U iX 
 ( e) 
c( e )   U jX 

s ( e ) 
Gl. 2-12
Gl. 2-11 und Gl. 2-12 entsprechen folgenden symbolischen Darstellungen:
F (e) = T(e) ⋅ f (e)
⇔
f (e) = T(e)T ⋅ F (e)
U (e) = T(e) ⋅ u (e)
⇔
u (e) = T(e)T ⋅ U (e)
Gl. 2-13
mit
f (e)
 Fix( e ) 
 u (ixe ) 
 (e) 
 ( e) 
Fiy 
u iy 
c ( e )
(e)
(e)


= (e ) ; u = ( e) ; T = 
 Fjx 
 u jx 
 0
 (e) 
 ( e) 
 Fjy 
 u jy 
(e)
s
0
0
c(e)
0
; T(e)T
(e) 
s 
c ( e )
 (e)
s
=
 0

 0
0 

0 
c( e ) 

s ( e ) 
Gl. 2-14
Im Einzelnen sind:
f (e) :
Vektor der Stabendkräfte in globalen Koordinaten
u( e) :
Vektor der Stabendverschiebungen in globalen Koordinaten
T( e ) : Element-Transformationsmatrix
Mit den obigen Gleichungen lässt sich das in lokalen Koordinaten formulierte finite Elastizitätsgesetz Gl. 2-8 unter Beachtung der Transformationsbeziehungen Gl. 2-13 auf das globale
Koordinatensystem transformieren. Mit F (e) = C(e) ⋅ U (e) nach Gl. 2-8 folgt in Schritten:
F (e) = C(e) ⋅ U (e) = C(e) ⋅ T(e) ⋅ u (e)
und weil nach Gl. 2-13 T( e ) T ⋅ F ( e ) = f ( e ) gilt, erhalten wir den Zusammenhang
T( e ) T ⋅ F ( e ) = f ( e ) = T(e)T ⋅ C(e) ⋅ T(e) ⋅ u (e)
Schreiben wir abkürzend
k (e) = T(e)T ⋅ C(e) ⋅ T(e)
Gl. 2-15
dann erkennen wir das Elastizitätsgesetz in globalen Koordinaten
k (e) ⋅ u (e) = f (e)
Gl. 2-16
Ausmultiplizieren von Gl. 2-15 führt auf die symmetrische globale Elementsteifigkeitsmatrix
F. U. Mathiak
2-7
k (e) =
E (e) A (e )
(e)

c(e)2
 (e) (e )
 s c
 − c(e)2
 (e) (e )
− s c
s ( e)c(e )
s ( e) 2
− s ( e)c(e )
− s ( e) 2
− c( e ) 2
− s (e )c(e)
c( e ) 2
s (e )c(e)
− s ( e ) c( e ) 

− s(e)2 
s ( e ) c( e ) 

s ( e ) 2 
Gl. 2-17
Für den Stab 4 errechnen wir z.B. mit α ( 4) = 60° → sin α ( 4 ) = 0,866; cos α ( 4) = 0,500 die folgende globale Elementsteifigkeitsmatrix:
k ( 4)
0,433 − 0,250 − 0,433
 0,250

0,750 − 0,433 − 0,750
EA  0,433
=
0,250
0,433
− 0,250 − 0,433


0,433
0,750
 − 0,433 − 0,750
Damit führt z.B. eine alleinige Verschiebung des Stabendes U (jx4) = 1 zu den Stabendkräften
Fix( 4) 
0,433 − 0,250 − 0,433 0
 0,250
 − 0,250
 ( 4) 




0,750 − 0,433 − 0,750 0 EA  − 0,433
Fiy  = EA  0,433
[KE]
=
Fjx( 4) 
0,250
0,433 1
− 0,250 − 0,433
 0,250
 ( 4) 

 


0,433
0,750 0
Fjy 
 − 0,433 − 0,750
 0,433
2.3 Aufbau der Gesamtsteifigkeitsmatrix des freien unverbundenen Systems
Die Elastizitätsgleichung Gl. 2-16 für den Einzelstab ist nun für sämtliche Stäbe des Systems
anzuschreiben. Das Ergebnis ist ein Gleichungssystem von m Vektorgleichungen (m = Anzahl
der Stäbe)
k (1) ⋅ u(1) = f (1)
k (2) ⋅ u(2) = f (2)
Gl. 2-18
k (m) ⋅ u(m) = f (m)
die zunächst unabhängig voneinander sind. Das Gleichungssystem Gl. 2-18 lässt sich auch in
Hypermatrixform1 darstellen:
1
hyper...[griech. hypér ›über‹, ›über – hinaus‹]
2-8
Elastische Lagerung und schiefe Randbedingungen
k (1) 0

(2)
 0 k
 0
0

0
 0
 0
0

0
 0
 0
0

0
0
0
0
0
0
0
0
(3)
k
0
0
0
(4)
0 k
0
0
(5)
0
0 k
0
0
0
0 k (6)
0
0
0
0
0  u (1)  f (1) 
    
0  u (2)  f (2) 
0  u (3)  f (3) 
    
0  ⋅ u (4)  = f (4) 
0  u (5)  f (5) 
    
0  u (6)  f (6) 
k (7)  u (7)  f (7) 
Gl. 2-19
oder symbolisch
k ⋅u = f
Gl. 2-20
Die Hypervektoren und -Matrizen in Gl. 2-20 haben folgende Dimensionen1:
f:
k:
u:
[4m × 1]
[4m × 4m]
[4m × 1]
Gl. 2-21
Die formale Aneinanderreihung der Stabendkräfte im Vektor f und der Stabendverschiebungen im Vektor u berücksichtigt noch nicht die Systemeigenschaften des gekoppelten Systems.
Dies kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass die Gesamtsteifigkeitsmatrix k des freien
unverbundenen Systems nur auf der Hauptdiagonalen besetzt ist und somit alle Gleichungen
entkoppelt sind. Im Folgenden werden die Systemgleichungen schrittweise miteinander verbunden.
2.4 Berücksichtigung der geometrischen Kompatibilität
Im Fachwerk nach Abb. 2-1 sind die Einzelstäbe an den Knoten fest miteinander verbunden.
Diese Tatsache ist bisher nicht berücksichtigt worden. Wir betrachten als Ausgangspunkt für
die folgenden Untersuchungen die geometrischen Verhältnisse am Knoten 4 (Abb. 2-4).
1
Das Symbol [4m x 1] bezeichnet eine Matrix mit 4m Zeilen und einer Spalte. In diesem Falle handelt es sich
also um einen Spaltenvektor.
F. U. Mathiak
2-9
Abb. 2-4 Geometrische Kompatibilität am Knoten 4
Soll der Körperzusammenhang an diesem Knoten gewahrt bleiben, so muss die Knotenverschiebung identisch sein mit den Stabendverschiebungen der angrenzenden Stäbe, also
(4)
(6)
v 4 = u (3)
i = uj = uj
Gl. 2-22
Dieselben Überlegungen lassen sich für die restlichen Knoten anstellen. Die Auskunft, welcher Stab an welchem Knoten beginnt oder endet, gibt uns die Elementdatei.
Hinweis: Ein wichtiger Schritt auf dem Wege der FE-Formulierung unseres Problems ist an
dieser Stelle der Übergang von den Stabendverschiebungen auf die Knotenverschiebungen.
Fassen wir sämtliche Knotenverschiebungen im Knotenverschiebungsvektor
 v1 
v 
 2
v = v3 
 
v4 
 v 5 
[2n × 1]
Gl. 2-23
zusammen, dann kann die Kopplung der Knotenverschiebungen v mit den Stabendverschiebungen u(e) wie folgt dargestellt werden:
2-10
Elastische Lagerung und schiefe Randbedingungen
u (1)
 1
i
 (1)  
u j   0
u (2)
 0
i
 (2)  
u j   0
u (3)  0
i
 (3)
 
u j   0
u (4)  1
i
u =  (4)  = 
u j   0
 (5)  
u i   0
u (5)
 0
j
 (6)  
u i   0
u (6)  0
j
 (7)
 
u i   0
u (7)  0
 j  
0 0 0 0
1 0 0 0
1 0 0 0

0 1 0 0
0 0 1 0
  v1 
0 0 0 1  
v2
0 0 0 0  
 ⋅ v3 
0 0 1 0  
v4
1 0 0 0  
  v 5 
0 0 0 1

1 0 0 0
0 0 1 0

0 1 0 0
0 0 0 1
Gl. 2-24
oder kürzer in symbolischer Schreibweise:
u = A⋅v
Gl. 2-25
Die Zuordnungsmatrix A in Gl. 2-25 stellt eine Hypermatrix mit den folgenden Submatrizen
dar
1 0 
1=

0 1 
[2 × 2]
Gl. 2-26
0 0
0=

0 0
[2 × 2]
Die Einheitsmatrix 1 ist nur auf der Hauptdiagonalen mit einer Eins besetzt, sie liefert die
identische Abbildung. Die Nullmatrix 0 enthält an jeder Stelle eine skalare Null.
Die Zuordnungsmatrix A, die in jeder Zeile nur eine 1 enthält, hat lediglich Booleschen1 Charakter, d.h. sie enthält nur zwei Informationen, die mechanisch wie folgt gedeutet werden:
0
für
Kopplung zwischen Stabendpunkt und Knotenpunkt ist nicht vorhanden
1
für
Kopplung zwischen Stabendpunkt und Knotenpunkt ist vorhanden
1
George Boole, brit. Mathematiker und Logiker, 1815-1864
F. U. Mathiak
2-11
In Gl. 2-24 erkennen wir in der 4. Spalte der Matrix A die Zuordnungsaussage nach Gl. 2-22
wieder. Die Vektoren und Matrizen in Gl. 2-25 haben die Dimensionen:
u:
A:
v:
[4m × 1]
[4m × 2n ]
[2n × 1]
Gl. 2-27
2.5 Einbau der äußeren eingeprägten Kräfte
Die an einem Fachwerkknoten angreifenden Kräfte lassen sich in zwei Gruppen einteilen:
1. Die äußeren Kräfte, die als bekannt vorausgesetzt werden können, wenn es sich um eingeprägte Kräfte handelt. Unterliegt der Knoten jedoch gewissen Lagerungsbedingungen, so
treten diese äußeren Kräfte als Reaktionskräfte1 auf, die zunächst unbekannt sind.
(e)
(e)
2. Die als Folge des Schnittprinzips2 auftretenden Stabendschnittkräfte ( Fi , Fj )
Wir betrachten in einem ersten Schritt die freien Knoten des Systems, die also keinen Lagerungsbedingungen unterworfen sind. Neben der geometrischen Kompatibilität müssen selbstverständlich die Gleichgewichtsbedingungen erfüllt sein.
Abb. 2-5 Kraftgleichgewicht am Knoten 4
1
2
Die Berücksichtigung dieser Kräfte erfolgt in einem späteren Rechengang
Das Schnittprinzip geht auf Leonhard Euler zurück.
2-12
Elastische Lagerung und schiefe Randbedingungen
Es leuchtet sofort ein, dass, wenn jeder Knoten für sich im Gleichgewicht ist, auch das Gesamtsystem im Gleichgewicht sein muss. Von den drei Gleichgewichtsbedingungen in der
Ebene (zwei Kraft- und eine Momentengleichgewichtsbedingung) verbleiben an einem Knoten nur die beiden Kraftgleichgewichtsbedingungen, da das Momentengleichgewicht von
vornherein erfüllt ist.
Wir betrachten zur Herleitung der Kraftgleichgewichtsbedingungen wieder die Verhältnisse
am Knoten 4. Abb. 2-5 zeigt den freigeschnittenen Knoten mit dem dort herrschenden Kraftzustand. Die beiden äußeren eingeprägten Kräfte P4! x und P4! y (s.h. Abb. 2-2) wurden zum
resultierenden Kraftvektor P4! zusammengefasst. Nach dem Schnittprinzip wirken die Stabendkräfte in entgegengesetzter Richtung auf die Knoten, was durch ein Minuszeichen berücksichtigt wurde. Fassen wir die Stabendschnittkräfte am Knoten 4 im Vektor
p 4 = Fi(3) + Fj(4) + Fj(6)
Gl. 2-28
zusammen, so lautet das Kraftgleichgewicht
P4! − p 4 = 0
→ p 4 = P4!
Gl. 2-29
Um das Kraftgleichgewicht für alle Knoten des Systems zu formulieren, führen wir den Knotenkraftvektor
p 1 
p 
 2
p = p 3 
 
p 4 
p 5 
[2n × 1]
ein, der mittels einer Zuordnungsmatrix B durch die Stabendschnittkräfte in der Form
Gl. 2-30
F. U. Mathiak
 p 1  1
p   0
 2 
p = p 3  =  0
  
p 4   0
p 5  0
2-13
0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0
1 1 0 0 0 0 0 1 0 1 0 0
0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 1
0 0 0 1 0 0 1 0 0 0 1 0
0 0 0 0 1 0 0 0 1 0 0 0
Fi(1) 
 (1) 
Fj 
Fi(2) 
 (2) 
Fj 
F (3) 
i
0  (3) 
Fj 
0  (4) 
Fi
0 ⋅  (4) 
 Fj 
0  (5) 
Fi
1  (5) 
Fj 
 (6) 
Fi 
F (6) 
 j(7) 
Fi 
F (7) 
 j 
Gl. 2-31
erscheint, oder ausgedrückt in symbolischer Schreibweise:
p = B ⋅ f = AT ⋅ f
Gl. 2-32
wobei die Beziehung B = A T sofort aus einem Vergleich von Gl. 2-31 mit Gl. 2-24 geschlossen werden kann. Die 4. Zeile in Gl. 2-31 entspricht offensichtlich der Gleichgewichtsbedingung nach Gl. 2-28. Mit dem in globalen Koordinaten dargestellten Vektor der äußeren
Knotenlasten
 P1! 
 !
P2 
!
p = P3! 
 !
P4 
P ! 
 5
[2n × 1]
Gl. 2-33
können wir das Kraftgleichgewicht an sämtlichen Knoten des Systems letztendlich wie folgt
schreiben:
p = p!
Gl. 2-34
A T ⋅ f = p!
Gl. 2-35
bzw. mit Gl. 2-32
2-14
Elastische Lagerung und schiefe Randbedingungen
2.6 Aufbau der Gesamtsteifigkeitsmatrix des ungebundenen Systems
Wir eliminieren aus Gl. 2-35 mittels Gl. 2-18 die Stabendschnittkräfte f und ersetzen diese
durch die Stabendverschiebungen u, also
A T ⋅ k ⋅ u = p!
Gl. 2-36
Die Stabendverschiebungen u in Gl. 2-36 lassen sich mit Gl. 2-25 durch die Knotenverschiebungen v ausdrücken
A T ⋅ k ⋅ A ⋅ v = p!
Gl. 2-37
Mit der Steifigkeitsmatrix des freien ungebundenen Systems
[2n × 2n ]
K = AT ⋅ k ⋅ A
Gl. 2-38
kann Gl. 2-37 auch in der Form
K ⋅ v = p!
Gl. 2-39
geschrieben werden. In Gleichung Gl. 2-39 treten als Unbekannte nur noch die Knotenverschiebungen v auf. Ausrechnen von Gl. 2-38 liefert mit
1
0

A T = 0

0
0
0
1
0
0
0
0
1
0
0
0
0
0
1
0
0
0
0
0
1
0
0
0
0
0
1
1
0
0
0
0
0
0
0
1
0
0
1
0
0
0
0
0
0
0
1
0
1
0
0
0
0
0
0
1
0
0
0
1
0
0
0
0
0

0
1
[2n × 4m]
Gl. 2-40
sowie unter Berücksichtigung der weitgehenden Symmetrieeigenschaften der Elementsteifigkeitsmatrix
k
(e)
(e)
k 11
=  (e)
k 21
in Schritten:
(e)
(e)
  k 11
k 12
 =  (e)
k (e)
− k 11
22 
(e)

− k 11
;
(e) 
k 11

k
(e)
11
E (e) A (e )
=
(e)
 c( e ) 2
 (e) (e )
s c
s( e )c ( e) 

s(e ) 2 
Gl. 2-41
F. U. Mathiak
2-15
AT ⋅ k =
k 111
 1
k 21
 0

 0
 0

k 112
k
1
22
0
k
2
11
2
21
0
k
2
12
2
22
0
4
k 11
0
4
k 12
0
0
0
0
0
k
5
11
0
k
0
5
12
k
6
11
0
k
0
6
12
0
0
0
k
0
k
0
0
3
k 11
0
3
k 12
0
k 421
0
k 422
0
0
0
0
0
k 621
0
k 622
7
k 11
0
0
0
0
k 321
k 322
0
0
k 521
k 522
0
0
k 721
[2n × 4m]
0 

0 
Gl. 2-42
7 
k 12

0 
k 722 
und unter Berücksichtigung von Gl. 2-41
 1
4
 k 11 + k 11


1
 − k 11


T
K = A ⋅k ⋅ A = 
0


4
 − k 11



0

− k 111
0
4
− k 11
0
2
− k 11
6
− k 11
5
− k 11
2
− k 11
2
7
+ k 11
k 11
0
7
− k 11
6
− k 11
0
5
− k 11
7
− k 11
5
+
k 111 + k 11
2
6
+ k 11
k 11
3
4
+ k 11
+
k 11
6
k 11
3
− k 11
3
− k 11
3
5
+ k 11
k 11
7
k 11












+


Gl. 2-43
[2n × 2n ]
Mit den Werten unseres Beispiels erhalten wir
−1
0,43
0
0
0 − 0,25 − 0,43
0
0
 1,25
 0,43
0,75
0
0
0
0 − 0,43 − 0,75
0
0

 −1
−1
0
2,5
0
0 − 0,25
0,43 − 0,25 − 0,43


0
0
0
1,5
0
0
0,43 − 0,75 − 0,43 − 0,75

−1
0
0
0
1,25 − 0,43
0
0 − 0,25
0,43
EA 
K=


0
0
0
0 − 0,43
0,75
0
0
0,43 − 0,75

− 0,25 − 0,43 − 0,25
−1
0,43
0
0
1,5
0
0


0,43 − 0,75
0
0
0
1,5
0
0
− 0,43 − 0,75

−1
0
0 − 0,25 − 0,43 − 0,25
0,43
0
1,5
0


0
0 − 0,43 − 0,75
0,43 − 0,75
0
0
0
1,5

[10 ×10]
Gl. 2-44
2-16
Elastische Lagerung und schiefe Randbedingungen
1. Verschiebung des Systems in Richtung der globalen x-Achse
v sing,1
1 
0 
 
1 
 
0 
1 
= 
0 
1 
 
0 
 
1 
0
2. Verschiebung des Systems in Richtung der globalen Koordinatenachse y
v sing,2
0
1
 
0
 
1
0
= 
1
0
 
1
 
0
1
3. Verdrehung des gesamten Systems um die globale z-Achse mit dem Winkel ϕ
v sing,3
 − 01 sin α 1 
 cos α 
1
 01
− 02 sin α 2 


 02 cos α 2 
 − 03 sin α 3 

=ϕ
 03 cos α 3 
− sin α 
4
 04

 04 cos α 4 


 − 05 sin α 5 
 05 cos α 5 
F. U. Mathiak
2-17
Das freie System besitzt Verschiebungszustände, so genannte Starrkörperverschiebungen oder
Starrkörpermoden, die verzerrungsfrei ohne äußere Beanspruchungen durchgeführt werden
können. Wir bezeichnen diese Lösungen als singuläre Lösungen vsing, für die gilt:
K ⋅ v sing = 0
Gl. 2-45
Im ebenen Fall lassen sich genau drei Starrkörperbewegungen angeben, zwei Verschiebungen
und eine Verdrehung.
Zum Nachweis von vsing,3 betrachten wir Abb. 2-6. Der Vektor r1 = 01 [cosα 1 ; sinα 1 ] mit dem
Neigungswinkel α1 in der Ausgangslage wird um den Winkel ϕ in
r1' = 01 [cos(α 1 + ϕ); sin(α 1 + ϕ)]
gedreht.
Abb. 2-6 Starrkörperdrehung um den Punkt 0 mit dem Winkel ϕ
Seine Länge 01 bleibt dabei konstant. Der Punkt P1 verschiebt sich um
v 1 = r1' − r1 = 01 [cos(α 1 + ϕ) − cosα 1 ; sin(α 1 + ϕ) − sinα 1 ]
Gl. 2-46
in den Punkt P1' . Unter Berücksichtigung der Additionstheoreme
cos (α + β) = cos α cos β − sin α sin β
sin (α + β)= sin α cos β + cos α sin β
geht Gl. 2-46 über in
v 1 = 01 [cos α 1 (cos ϕ − 1) − sin α 1 sin ϕ;sin α 1 (cos ϕ − 1) + cos α 1 sin ϕ]
Für kleine Drehwinkel ϕ kann Gl. 2-47 noch vereinfacht werden. Mit
Gl. 2-47
2-18
Elastische Lagerung und schiefe Randbedingungen
sin ϕ ≈ ϕ
cos ϕ ≈ 1
Gl. 2-48
erhalten wir den linearisierten Verschiebungsvektor
v 1,lin = ϕ 01 [− sin α 1 ;cos α 1 ]
Gl. 2-49
mit dem sich v sing,3 darstellen lässt.
2.7 Einbau der geometrischen Randbedingungen
Abb. 2-7 Gefesseltes System
Zur Ausschaltung der drei im vorigen Kapitel behandelten Starrkörperbewegungen müssen
mindestens ebenso viele geometrische Zwangsbedingungen formuliert werden. Um unser System äußerlich statisch bestimmt zu lagern, verhindern wir deshalb durch entsprechende Fesseln genau drei Starrkörperbewegungen (Abb. 2-7), nämlich zwei Verschiebungen und eine
Verdrehung. Als Folge der Fesselung des Körpers treten in den Fesselstäben, die als dehnstarr
( EA → ∞ ) angenommen werden, Reaktionskräfte auf, die zunächst unbekannt sind. Das System reagiert damit auf die vorgegebenen geometrischen Zwangsbedingungen. Treten in der
Ebene weniger als 3 (im Raum weniger als 6) Reaktionskräfte auf, so handelt es sich um eine
instabile Lagerung. Es sind dann Bewegungen möglich, die in der Statik unerwünscht sind1.
Für den Fall, dass mehr als 3 (im Raum mehr als 6) Reaktionskräfte auftreten, ist das System
1
Dieser Fall kann allerdings auch bei Vorhandensein von mehr als 3 (bzw. im Raum mehr als 6) Reaktionskräften auftreten, wenn die Lagerung in ungeeigneter Weise vorgenommen wurde.
F. U. Mathiak
2-19
kinematisch stabil. Die geometrischen Lagerungsbedingungen unseres Beispiels entnehmen
wir direkt der Abb. 2-7
v1x = v1y = v 3y = 0
Gl. 2-50
und damit
 v1 x   0 
v   0 

 1y  
v 2 x  v 2 x 
 


v 2 y  v 2 y 
v3x  v3x 
=

v=
v3 y   0 
v  v 
 4x   4x 
v 4 y  v 4 y 
 


v 5 x  v 5 x 
v 5 y   v 5y 
 


Gl. 2-51
Diese Knotenverschiebungen sind also bekannt und brauchen deshalb nicht mehr berechnet zu
werden. Auf die Fesselung dieser Knoten reagiert das System mit den noch unbekannten Reaktionslasten R 1x ,R 1y ,R 3 y in den Fesselstäben. Gl. 2-39 geht dann über in
0,43
0
0
0 − 0,25 − 0,43
0
0   0   0   R 1x 
−1
 1,25
 


 0,43
0,75
0
0
0
0 − 043 − 0,75
0
0  0   0   R 1y 

 −1
0
2,5
0
0 − 0,25
0,43 − 0,25 − 0,43  v 2 x   0   0 
−1


     
0
0
0
1,5
0
0
0,43 − 0,75 − 0,43 − 0,75  v 2 y   0   0 

0
0
0
1,25 − 0,43
0
0 − 0,25
0,43  v3x   0   0 
−1
EA 


⋅  =   +
0
0
0
0 − 0,43
0,75
0
0
0,43 − 0,75  0   0   R 3 y 

− 0,25 − 0,43 − 0,25
0,43
0
0
1,5
0
0  v 4 x  P4 x   0 
−1


     
0,43 − 0,75
0
0
0
1,5
0
0  v 4 y   P4 y   0 
 − 0,43 − 0,75
 

0
0 − 0,25 − 0,43 − 0,25
0,43
0
1,5
0  v5 x   0   0 
−1


 

0
0 − 0,43 − 0,75
0,43 − 0,75
0
0
0
1,5  v5 y   0   0 
Gl. 2-52
oder in symbolischer Schreibweise
K ⋅ v = p! + a
mit der rechten Seite
Gl. 2-53
2-20
Elastische Lagerung und schiefe Randbedingungen
 0 
 0 
 
 0 
 
 0 
 0 
p! =  
 0 
P 
 4x 
 P4 y 
 0 
 
 0 
und
 R 1x 


 R 1y 
 0 


 0 
 0 

a=
R 3y 
 0 


 0 


 0 
 0 
Gl. 2-54
Der Vektor a auf der rechten Seite von Gl. 2-53 enthält die noch unbekannten Lagerreaktionskräfte, was die direkte Lösung dieses Gleichungssystems erschwert. Das System Gl. 2-52 lässt
sich offensichtlich um die Anzahl der bekannten Knotenverschiebungen reduzieren. Dazu
fassen wir die eingeprägten Knotenverschiebungen (Index !) und die noch unbekannten freien
Knotenverschiebungen (Index F) wie folgt zusammen
 v1x  0
 
v =  v1y  = 0
 v 3 y  0
 
!
v 2x 
v 
 2y 
 v 3x 


F
v = v 4x 
v 4y 


 v 5x 
v 
 5y 
Gl. 2-55
Durch Umsortieren geht der Knotenverschiebungsvektor v dann über in den Knotenverschiebungsvektor
v 2x 
v 
 2y 
 v 3x 
 
v 4x 
F
 vˆ   v 4 y 
vˆ =  !  =  
 vˆ   v 5 x 
v 
 5y 
 v 1x 
v 
 1y 
 v 3 y 
Gl. 2-56
Sortieren wir die Vektoren der rechten Seite p! und a in gleicher Weise um, so erhalten wir
F. U. Mathiak
2-21
 P2 x 
 
 P2 y 
 P3x 
 
pˆ ! =  P4 x 
P 
 4y 
 P5 x 
P 
 5y 
 R 1x 


pˆ =  R 1y 
R 3 y 


R
Gl. 2-57
Im Vektor p̂ R sind die unbekannten Auflagerreaktionslasten zusammengefasst, und der Vektor p̂ ! enthält die bekannten eingeprägten Knotenkräfte. Die rechte Seite von Gl. 2-53 geht
dann über in
 P2 x 


 P2 y 
 P3x 


 P4 x 
 pˆ !   P4 y 

pˆ =  R  = 
P
ˆ
p


5
x
 
P 
 5y 
 R 1x 


 R 1y 
R 3y 


Gl. 2-58
Das ursprüngliche Gleichungssystem ist dann äquivalent zu
ˆ ⋅ vˆ = pˆ
K
Gl. 2-59
oder ausgeschrieben
 K 3,3
K
 4, 3
 K 5, 3

 K 7,3
 K 8, 3

 K 9, 3
K
 10,3
 K1,3
K
 2, 3
 K 6,3
K 3, 4
K 3, 5
K 3, 7
K 3,8
K 3, 9
K 3,10
K 3,1
K 3, 2
K 4, 4
K 4 ,5
K 4, 7
K 4,8
K 4 ,9
K 4,10
K 4,1
K 4, 2
K 5, 4
K 5, 5
K 5, 7
K 5 ,8
K 5, 9
K 5,10
K 5,1
K 5, 2
K 7, 4
K 7 ,5
K 7,7
K 7 ,8
K 7 ,9
K 7,10
K 7,1
K 7, 2
K 8, 4
K 8, 5
K 8, 7
K 8, 8
K 8, 9
K 8,10
K 8,1
K 8, 2
K 9, 4
K 9 ,5
K 9,7
K 9,8
K 9, 9
K 9,10
K 9,1
K 9, 2
K10, 4
K10,5
K10,7
K10,8
K10,9
K10,10
K10,1 K10, 2
K1, 4
K1,5
K1, 7
K1,8
K1,9
K1,10
K1,1
K1, 2
K 2, 4
K 2 ,5
K 2, 7
K 2,8
K 2 ,9
K 2,10
K 2,1
K 2, 2
K 6,4
K 6, 5
K 6, 7
K 6,8
K 6, 9
K 6,10
K 6,1
K 6, 2
K 3,6   v 2 x   P2 x 
K 4,6   v 2 y   P2 y 
K 5, 6   v3x   P3x 

   
K 7 ,6   v 4 x   P4 x 
K 8,6   v 4 y   P4 y 

⋅  = 
K 9,6   v5 x   P5 x 
K10, 6   v5 y   P5 y 

   
K1,6   v1x   R1x 
K 2,6   v1y   R1y 

   
K 6, 6   v3 y  R 3 y 
2-22
Elastische Lagerung und schiefe Randbedingungen
bzw. in verkürzter Schreibweise durch Einführung von Submatrizen
ˆ
K
11
ˆ
K 21
ˆ   v F  p F 
K
12
⋅  =  
ˆ
K 22   v !  p R 
Gl. 2-60
Mit den Werten unseres Beispiels sind
0
− 1 − 0,25
0,43 − 0,25 − 0,43
 2,5

0
1,5
0
0,43 − 0,75 − 0,43 − 0,75

 −1
0
1,25
0
0 − 0,25
0,43
EA


ˆ =
K
− 0,25
0,43
0
1,5
0
−1
0
11

 0,43 − 0,75
0
0
1,5
0
0


−1
0
1,5
0
− 0,25 − 0,43 − 0,25
 − 0,43 − 0,75
0,43
0
0
0
1,5

ˆ
K
12
0
0
 −1

0
0
0


0
0 − 0,43
EA 

=
− 0,25 − 0,43
0

 − 0,43 − 0,75
0


0
0
0,43


0
0 − 0,75

ˆ
K
21

EA 
=


−1
0
0
0
ˆ
K
22
0
 1,25 0,43
EA 
=
0,43 0,75
0

 0
0 0,75
0 − 0,25 − 0,43
0
0 − 0,43 − 0,75
0 − 0,43
0
0
0
0
0
0
0,43 − 0,75
Ausmultiplizieren von Gl. 2-60 ergibt
ˆ ⋅ vF + K
ˆ ⋅ v! = p F
K
11
12
F
ˆ ⋅v +K
ˆ ⋅ v! = pR
K
21
22
Gl. 2-61
In der ersten Zeile von Gl. 2-61 sind nur die freien Knotenverschiebungen vF unbekannt. Die
Auflösung liefert1
ˆ −1 ⋅ [p F − K
ˆ ⋅ v! ]
vF = K
11
12
1
ˆ −1 ist gesichert (hier ohne Beweis).
Die Existenz von K
11
Gl. 2-62
F. U. Mathiak
2-23
Sind aus Gl. 2-62 die freien Knotenverschiebungen berechnet worden, so lassen sich aus der
2. Zeile von Gl. 2-61 sofort die Lagerreaktionsgrößen ermitteln
ˆ ⋅ vF + K
ˆ ⋅ v!
pR = K
21
22
Gl. 2-63
Die Zahlenrechnung liefert für unser Beispiel mit v! = 0 (starre Auflager) die Knotenverschieˆ −1 ⋅ p F (in LE)
bungen v F = K
11
1,000
0,750 − 0,433
0,750 − 0,144  0
 5,165  v 2 x 
 1,000 − 0,289
 − 7,309  v 



 − 0,289
1,833 − 0,577 − 0,577
1,000
0,000
1,000  0
  2y 


 6,887   v3 x 
 1,000 − 0,577
2,000
1,000 − 0,577
1,000 − 0,577   0


  

 
vF =
0,750 − 0,577
1,000
1,875 − 0,505
1,375 − 0,361 ⋅  4,0 =
10,026 =  v 4 x 


EA
EA
 − 8,479  v 4 y 
 − 0,433
1,000 − 0,577 − 0,505
1,292 − 0,216
0,542 − 5,0
  


 

0,000
1,000
1,375 − 0,216
1,875 − 0,072  0
 6,582  v5 x 
 0,750
 − 4,152  v 
 − 0,144
1,000 − 0,577 − 0,361
0,542 − 0,072
1,292  0
  5y 


2.8 Ermittlung der Auflagerreaktionsgrößen
Da nun alle Knotenverschiebungen vorliegen, kann Gl. 2-63 ausgewertet werden. Unter Berücksichtigung von v ! = 0 , wir sprechen in diesem Fall von homogenen Verschiebungsrandbedingungen, verbleibt
ˆ ⋅ vF
pR = K
21
Gl. 2-64
Die numerische Auswertung liefert

EA 
p =


R
−1
0
0
0
0 − 0,25 − 0,43
0
0 − 0,43 − 0,75
0 − 0,43
0
0
 5,165
− 7,309


 6,887 − 4,00  P1x 
0
0

 

0
0 ⋅
10,026 =  2,018  =  P1y 

EA
 − 8,479  2,982  P3 y 
0,43 − 0,75
 


6
,
582


 − 4,152


Gl. 2-65
2-24
Elastische Lagerung und schiefe Randbedingungen
Mit Gl. 2-65 ist das Kraft- u. Momentengleichgewicht am Gesamtsystem erfüllt.
2.9 Ermittlung der Stabkräfte
Die zur Dimensionierung des Fachwerks erforderlichen Stabkräfte erhalten wir aus folgender
Nachlaufrechnung. Sind die Knotenverschiebungen bekannt, so lassen sich die Stabkräfte
aus dem Elastizitätsgesetz Gl. 2-8 sofort ermitteln. Es gilt:
F (e) = C(e) ⋅ U (e) = C(e) ⋅ T(e) ⋅ u (e) = C(e) ⋅ T(e) ⋅ A (e) ⋅ v
Gl. 2-66
Für den Stab 4 mit α ( 4 ) = 60° → sin α ( 4) = 0,866; cos α ( 4) = 0,500 ergibt z.B. eine Zahlenrechnung: F(4) = C(4) ⋅ T(4) ⋅ A (4) ⋅ v
C(4) =
EA  1 − 1
− 1 1
0
0 
0,500 0,866
T(4) = 
0
0,500 0,866
 0
und unter Beachtung1 von Gl. 2-24
1

0
4
A =
0

0
0
1
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
1
0
0
0
0
1
0
0
0
0
0

0
0

0
sowie den Knotenverschiebungen

0


0

 5,165


− 7,309
 6,887 


v=
0
EA 
 10,026


 − 8,479


 6,582
 − 4,152
1
Die Matrix A(4) filtert aus den Knotenverschiebungen v die dem Stab 4 zugeordneten Stabendverschiebungen
F. U. Mathiak
2-25
führt das Ausmultiplizieren die Stabkräfte in lokalen Koordinaten
F
(4)
FiX( 4)   2,33
=  ( 4)  = 
 [kN]
FjX   − 2,33
Gl. 2-67
Die in diesem Einführungsbeispiel beschriebene Vorgehensweise liefert im Sinne der Stabwerkstheorie die exakten Ergebnisse, was den Näherungscharakter der FE-Methode nicht zum
Vorschein kommen lässt.
Das ist bei komplizierteren Tragwerken anders, etwa bei dünnen Flächentragwerken wie
Scheiben, Platten und Schalen. Hier lassen sich die Elementsteifigkeitsmatrizen nicht immer
exakt angeben. Die angenäherten Elementsteifigkeitsmatrizen führen dann auch zu einem angenäherten Tragwerksmodell.
Abb. 2-8 Allgemeiner Berechnungsablauf nach der FE-Methode
2-26
Elastische Lagerung und schiefe Randbedingungen
Die Herleitung der Finite-Element-Gleichungen in Matrizenschreibweise eignet sich sehr gut
zur numerischen Abarbeitung auf digitalen Rechenanlagen. Die Abb. 2-8 zeigt den prinzipiellen Ablauf einer FE-Berechnung. Im Wesentlichen ist dieser grob abgefasste Ablauf für alle
FE-Programme identisch. Die interne Abarbeitung ist damit unabhängig vom betrachteten
Problem. Lediglich die systemabhängigen Eingabedaten ändern sich.
2.10 Hinweise zur programmtechnischen Umsetzung
In kommerziellen Programmsystemen folgt der Ablauf der Berechnung nicht in allen Einzelheiten dem Weg, der in den vorangegangenen Kapiteln vorgestellt wurde. Der Grund für eine
modifizierte Vorgehensweise liegt in dem Wunsch begründet, möglichst Speicherplatz und
Rechenzeit einzusparen. Betrachten wir beispielsweise die Systemsteifigkeitsmatrix des freien
ungebundenen Systems nach Gl. 2-44, dann stellen wir fest, dass diese Matrix symmetrisch ist
und eine Bandstruktur aufweist. Außerhalb dieses Bandes ist die Matrix nur noch mit Nullen
besetzt. Unter der Bandbreite einer Matrix S verstehen wir im Folgenden die kleinste Zahl B,
so dass
s ik = 0 für alle i,k mit i − k > B
Gl. 2-68
Die Bandbreite der Systemmatrix wird bestimmt durch die größte Differenz der globalen
Knotennummern innerhalb eines Elementes. Außer von der Knotennummerierung hängt die
Bandbreite direkt von der Anzahl der Freiheitsgrade je Knoten ab. Es gilt:
B = (D + 1)F
B:
D:
F:
Bandbreite
Größte Differenz der Knotennummern am Element
Freiheitsgrade je Knoten (hier F = 2)
Die Bandbreite des Systems nach Abb. 2-2 ist B = 8 (s.h. Tabelle 2-3).
Element
1
2
3
4
5
6
7
D
2–1=1
3–2=1
5–4=1
4–1=3
5–2=3
4–2=2
5–3=2
B
(1 + 1)2 = 4
(1 + 1)2 = 4
(1 + 1)2 = 4
(3 + 1)2 = 8
(3 + 1)2 = 8
(2 + 1)2 = 6
(2 + 1)2 = 6
Tabelle 2-3 Ermittlung der Bandbreite für das Fachwerk nach Abb. 2-2
Gl. 2-69
F. U. Mathiak
2-27
Die Bandbreite kann für dieses Beispiel durch Umnummerierung der Systemknoten noch reduziert werden, wie die Rechnung für das System nach Abb. 2-9 zeigt.
Abb. 2-9 Reduzierung der Bandbreite durch Umnummerierung der globalen Knoten
Element
1
2
3
4
5
6
7
D
3–1=2
5–3=2
4–2=2
2–1=1
4–3=1
3–2=1
5–4=1
B
(2 + 1)2 = 6
(2 + 1)2 = 6
(2 + 1)2 = 6
(1 + 1)2 = 4
(1 + 1)2 = 4
(1 + 1)2 = 4
(1 + 1)2 = 4
Tabelle 2-4 Ermittlung der Bandbreite für das Fachwerk nach Abb. 2-9
In diesem Falle ist B = 6 und damit kleiner als 8
Abb. 2-10 Systemmatrix für Abb. 2-2 (B = 8)
Abb. 2-11 Systemmatrix für Abb. 2-9 (B = 6)
Die im Kap. 2.6 dargestellte Methode des Aufstellens der Systemsteifigkeitsmatrix K unter
Zuhilfenahme der Zuordnungsmatrix A hat zwar einen hohen pädagogischen Wert, wird aber
in der programmtechnischen Umsetzung so nicht durchgeführt. Der Grund liegt darin, dass für
große Systeme das Aufstellen dieser Matrix, die ja nur Nullen und Einsen enthält, einerseits
erhebliche Rechenzeit erfordert und andererseits sehr speicherplatzintensiv ist. Wesentlich
schneller und eleganter ist das Arbeiten mit Indexvektoren. Dazu werden für unser Fachwerk
2-28
Elastische Lagerung und schiefe Randbedingungen
zunächst die Unbekannten im Systemverschiebungsvektor v in Vj umbenannt und von j = 1
bis 10 durchnumeriert
v T = [v 1
v2
[
= v 1x
= [V1
v3
v 1y
V2
v 2x
V3
v4
v5 ]
v 2y
V4
v 3x
V5
v 3y
V6
V7
v 4x
V8
v 4y
V9
v 5x
V10 ]
v 5y
]
Der Index entspricht dann der Position des Freiheitsgrades im Systemverschiebungsvektor v.
Ungerade Indizes (2j-1) korrespondieren mit den x-Verschiebungen und gerade Indizes (2j)
mit den y-Verschiebungen.
Elementnummer
Anfangsknoten
Endknoten
1
1
2
2
2
3
3
4
5
4
1
4
5
2
5
6
2
4
7
3
5
Tabelle 2-5 Elementdatei für das Fachwerk nach Abb. 2-2
Zur Aufstellung der Element-Indexvektoren benötigen wir auch hier die Elementdatei. Die
Zuordnung von 2 ⋅ 2 = 4 Elementfreiheitsgraden des Vektors der Stabendverschiebungen in
globalen Koordinaten zu 2 ⋅ 5 = 10 Systemfreiheitsgrade des Knotenverschiebungsvektors v
erfolgt wieder beispielhaft für das Element 4. Der Anfangsknoten ist der Systemknoten 1 und
der Endknoten ist der Systemknoten 4. Damit treten am Element 4 die folgenden Systemknotenverschiebungen auf
u (4)
 u ix( 4 )   v1x   V1 
 (4)     
v1y
u iy
V2
=  (4)  =   =  
 u jx   v 4 x   V7 
 (4)     
 u jy   v 4 y   V8 
womit sich der Element-Indexvektor I(4) = [1 2 7 8] herleiten lässt. Die Indexberechnung,
die zu diesem Indexvektor führt, ist in den Folgezeilen dargestellt:
1 = 2 ⋅1 − 1
(x-Richtung)
2 = 2 ⋅1
(y-Richtung)
7 = 2 ⋅ 4 −1
(x-Richtung)
8 = 2⋅4
(y-Richtung)
F. U. Mathiak
2-29
Sämtliche Informationen für das Element 4, die in der Zuordnungsmatrix A enthalten sind,
sind jetzt auch Bestandteil des Element-Indexvektors I(4). Im Einzelnen erhalten wir für die
Elemente folgende Indexvektoren
Elem. 1
Elem. 2
Elem. 3
Elem. 4
Elem. 5
Elem. 6
Elem. 7
[1234]
[3456]
[ 7 8 9 10 ]
[1278]
[ 3 4 9 10 ]
[3478]
[ 5 6 9 10 ]
Tabelle 2-6 Indexvektoren der Elemente 1-7 für das Fachwerk nach Abb. 2-2
Der Einbau der Elementsteifigkeitsmatrix in die Systemsteifigkeitsmatrix wird in Abb. 2-12
exemplarisch für das Element 4 gezeigt.
Abb. 2-12 Einbau der Elementsteifigkeitsmatrix des Elementes 4 in die Systemsteifigkeitsmatrix
Nach dem Einbau sämtlicher Elementsteifigkeitsmatrizen in die Systemsteifigkeitsmatrix erhalten wir die Struktur nach Abb. 2-13. Die Systemsteifigkeitsmatrix hat die Dimensionen
[2n × 2n ] , sie ist symmetrisch und zeigt die ermittelte Bandbreite B = 8. Um Speicherplatz zu
sparen, wird in kommerziellen Programmsystemen nur die obere Rechtsdreiecksmatrix (oder
auch untere Linksdreiecksmatrix) abgespeichert.
Unter Berücksichtigung der Bandstruktur bietet sich noch eine von Abb. 2-13 abweichende
Abspeicherung der ungebundenen Systemsteifigkeitsmatrix an. Dabei werden die Hauptdiagonalelemente in die 1. Spalte geschrieben und die rechts neben der Hauptdiagonalen positionierten Matrixelemente entsprechend nach links verschoben.
2-30
Elastische Lagerung und schiefe Randbedingungen
Abb. 2-13 Symmetrische [10 × 10] Systemsteifigkeitsmatrix
Abb. 2-14 Speicherung der Systemsteifigkeitsmatrix als Bandmatrix [10 × 8]
F. U. Mathiak
2-31
Die Matrixelemente unterhalb der Treppenkurve werden mit Nullen aufgefüllt. Diese reduzierte Matrix hat dann nur noch den Speicherbedarf von [2n × B] . Damit reduzieren sich auch
die Rechenoperationen zur Auflösung des Gleichungssystems, das nun jedoch einen Gleichungslöser für Matrizen mit Bandstruktur benötigt.
An der rechten Seite, der Lastseite, hat sich bis jetzt nichts geändert. Was noch fehlt, ist der
geschickte Einbau der Verschiebungsrandbedingungen in das Gleichungssystem. Die dazu im
Kap. 2.7 vorgestellte Methode erfordert eine i.a. umfangreiche Umspeicherung in der Systemsteifigkeitsmatrix und im Lastvektor. Diese Umspeicherungen benötigen bei großen Systemen
erhebliche Rechenzeit. Wird die Systemsteifigkeitsmatrix als Bandmatrix abgespeichert, dann
ist eine Umspeicherung in Form von Zeilen- und Spaltentausche ohnehin nicht möglich. Deshalb wird hier ein anderer Weg beschritten. Um den folgenden Algorithmus zu verdeutlichen,
wird das Gleichungssystem
K ⋅ v = p! + a
Gl. 2-70
betrachtet (s.h. Gl. 2-53) und gezeigt, wie eine vorgegebene Verschiebungsrandbedingung
ohne Umspeicherung der Systemmatrix in das Gleichungssystem eingebaut wird. Die rechte
Seite besteht aus den eingeprägten Knotenlasten p! und den noch zu bestimmenden Auflagerreaktionskräften a.
Ist die zu berücksichtigende Verschiebungsrandbedingung homogen, etwa Vi = 0, dann genügt
es, in der Steifigkeitsmatrix die i-te Zeile und Spalte durch Nullen und das Diagonalelement
Kii durch eine Eins zu ersetzen (Abb. 2-15).
K KK
 kT
 Ki
 K TKl
k Ki
K ii
k Li
K KL   v K  p!k   0 
 
k TLi  Vi = 0 =  p!i  + a i 
K LL   v L  p!L   0 
K KK
→  0
 K TKl
0 K KL   v K  p!k 
 
1
0   Vi  =  0 
0 K LL   v L  p!L 
Abb. 2-15 Einbau einer homogenen Randbedingung in das Gleichungssystem
Wird weiterhin in die i-te Zeile der rechten Seite des Gleichungssystems eine Null gesetzt,
dann ist nun offensichtlich die geforderte Verschiebungsrandbedingung Vi = 0 Bestandteil des
Gleichungssystems. Die eingeprägte Knotenlast p!i ist selbstverständlich vor dem Nullsetzen
der rechten Seite zu sichern.
2-32
K KK
 kT
 Ki
 K TKl
Elastische Lagerung und schiefe Randbedingungen
k Ki
K ii
k Li
K KL   v K  p!k   0 
 
k TLi   Vi ≠ 0 =  p!i  + a i 
K LL   v L  p!L   0 
K KK
→  0
 K TKl
0 K KL   v K  p!k  k Ki Vi 
 
1
0   Vi  =  Vi  −  0 
0 K LL   v L  p!L   k Li Vi 
Abb. 2-16 Einbau einer inhomogenen Randbedingung in das finite Gleichungssystem
Liegt eine inhomogene Randbedingung Vi ≠ 0 vor (Abb. 2-16), dann sind die Verhältnisse
verwickelter. Nun ist zu beachten, dass die Knotenvariable Vi in allen Gleichungen einen Beitrag zur rechten Seite liefert, der dem Vi-fachen des i-ten Spaltenvektors von K entspricht.
Demzufolge ist zunächst von der rechten Seite, bis auf die i-te Zeile, die mit der bekannten
Verschiebung Vi multiplizierte i-te Spalte der Steifigkeitsmatrix abzuziehen. Diese nun auf
der Lastseite auftretenden Größen werden generalisierte Knotenkräfte genannt. Sodann
werden die i-te Zeile und die i-te Spalte in der Systemmatrix sowie die i-te Zeile des Auflagerkraftvektors zu Null gesetzt (ai = 0) und abschließend die Verschiebungsrandbedingung als
Identität ( Vi = Vi ) in die i-te Zeile des Gleichungssystems geschrieben. Auch hier ist vorher
wieder die eingeprägte Knotenlast p!i zu sichern. Aus numerischen Gründen wird die i-te Zeile mit einem positiven Faktor α multipliziert, der etwa die Größenordnung der übrigen Matrixelemente besitzt. Der Wert für α ist geeignet zu wählen.
K KK
 0

 K TKl
0 K KL   v K   p!k  k Ki Vi 


α
0   Vi  = αVi  −  0 
0 K LL   v L   p!L   k Li Vi 
Abb. 2-17 Numerische Stabilisierung des Gleichungssystems mit dem Faktor α
Dieser Prozess muss für jede Verschiebungsrandbedingung durchgeführt werden. Die Reihenfolge spielt dabei keine Rolle. Aus dem so modifizierten Gleichungssystem werden die Systemknotenverschiebungen ermittelt, mit denen dann die Auflagerreaktionsgrößen sofort berechnet werden können. Aus Gl. 2-70 folgt nämlich
a = K ⋅ v − p!
Gl. 2-71
Hinweis: Da die Steifigkeitsmatrix und der Vektor der eingeprägten Kräfte durch den Einbau
der Verschiebungsrandbedingungen verändert werden, müssen diese zur späteren Berechnung
der Auflagerkräfte und der Elementzustandsgrößen vorher gesichert werden.
F. U. Mathiak
2-33
Der große Vorteil der hier beschriebenen Vorgehensweise zum Einbau der Randbedingungen
liegt darin, dass die Gesamtsteifigkeitsmatrix und die rechte Seite des Gleichungssystems unabhängig von den Randbedingungen aufgebaut werden können. Ein kleiner jedoch unbedeutender Nachteil der Methode besteht darin, dass sich die Ordnung des Gleichungssystems,
trotz bekannter Knotenverschiebungen, nicht verringert. Dieser Nachteil ist deshalb nicht gravierend, da bei größeren Systemen der Anteil der durch Randbedingungen vorgeschriebenen
Knotenverschiebungen im Vergleich zu den unbekannten Knotenverschiebungen in der Regel
sehr klein ist.
2.11 Optimale Nummerierung der Systemknoten
Die bisherigen Hinweise haben gezeigt, dass die globale Knotennummerierung einen wesentlichen Einfluss auf die Größe des resultierenden Gleichungssystems hat. Die Anzahl der wesentlichen Rechenoperationen (Multiplikationen, Divisionen) zur Lösung eines linearen Gleichungssystems der Größe [ n × n ] liegt etwa bei 1 / 3 n 3 . Die dazu benötigte Rechenzeit hängt
also entscheidend von der Größe der Systemmatrix ab. Aus diesem Grunde ist es bei großen
Systemen wichtig, die Knotennummerierung im Sinne einer geringen Bandbreite möglichst
optimal zu wählen. Für diese Aufgabe wurden Algorithmen entwickelt, die auf Basis einer
vorgegebenen Knotennummerierung und Elementverknüpfung eine optimalere Nummerierung der Systemknoten liefern sollen. In diesem Zusammenhang wird auf die Arbeiten von
/16/, /17/ und /18/ verwiesen. Die in den genannten Literaturstellen beschriebenen Algorithmen basieren auf heuristischen1 Prinzipien und liefern deshalb nicht zwangsläufig die günstigste Lösung. Die auf grafentheoretischen Überlegungen basieren Optimierungsalgorithmen
laufen in Computerprogrammen für den Benutzer im Hintergrund ab. Nachdem z.B. von einem Netzgenerator eine Knotennummerierung vorgeschlagen wurde, wird diese dann vom
Optimierungsalgorithmus im Sinne einer günstigeren Bandbreite geändert. Als positiven Nebeneffekt geben diese Algorithmen dem Anwender wertvolle Hinweise zur geschickten manuellen Knotennummerierung.
1
zu griech. heurískein ›finden‹, ›entdecken‹, die Kunst, wahre Aussagen zu finden
F. U. Mathiak
3-1
3 Elastische Lagerung und schiefe
Randbedingungen
In Konstruktionen des Bauwesens können Knotenlagerungen auftreten, die von den bisher
betrachteten Fällen der freien oder der starren Lagerung abweichen. Die im Folgenden betrachteten Fälle beziehen sich auf
1. Elastische Lagerungen und
2. Schiefe Randbedingungen.
Unter elastisch gelagerten Knoten werden Systemknoten verstanden, die federnd gelagert
sind. Schiefe Randbedingungen1 treten an denjenigen Knoten auf, deren Bewegungsrichtungen eingeschränkt sind und nicht mit den globalen Achsen übereinstimmen.
Prinzipiell lassen sich Federlagerungen und auch schiefe Randbedingungen (Abb. 2-1) durch
ergänzende Stäbe realisieren. Das ist insbesondere bei denjenigen Programmen ein probates
Mittel, die eine direkte Berücksichtigung dieser Lagerungen nicht zulassen.
Abb. 3-1 Ebenes Fachwerk, Federlagerung und schiefe Randbedingung
1
die in der englischsprachigen Literatur skew constraints genannt werden
3-2
Elastische Lagerung und schiefe Randbedingungen
Im Falle einer Federlagerung am Knoten 2, etwa in globaler y-Richtung, wird im Zusatzstab 8
eine Dehnsteifigkeit eingestellt, die der vorgeschriebenen Federsteifigkeit kf entspricht, also
kf =
EA
. Bei Vorgabe der Stablänge ist dann EA = k f zu wählen.
Etwas anders liegen die Verhältnisse bei schiefen Randbedingungen, wie sie am Knoten 3 zu
beobachten sind. Soll numerisch eine starre Lagerung in Richtung der Achse des Stabes 9
realisiert werden, dann ist dessen Dehnsteifigkeit numerisch hoch anzusetzen. Aufgrund der
hohen Steifigkeit des Stabes verhält sich diese näherungsweise wie ein starrer Körper, der nur
noch eine Drehung um den Fußpunkt 7 ausführen kann. Damit bei Unterstellung kleiner Verformungen der Bogen durch die Tangente gut approximiert wird, ist dann der Stab nur noch
hinreichend lang zu wählen.
Bei allen Lagerungen unterstellen wir übrigens eine beidseitige Bindung, ein Abheben der
Konstruktion von den Lagern soll also nicht möglich sein.
3.1 Elastische Lagerung
Das Erweitern des FE-Modells durch zusätzliche Stäbe kann vermieden werden, wenn die
Federsteifigkeit beim Aufstellen der Systemsteifigkeitsmatrix sofort berücksichtigt wird. Wir
beschränken uns im Folgenden auf linear elastische Federlagerungen. Unter einer linear elastischen Feder verstehen wir ein idealisiertes mechanisches Gebilde, bei dem eine angreifende
Kraft F eine Auslenkung s hervorruft. In der Feder stellt sich eine Kraft Ff ein, die der Verlängerung bzw. der Verkürzung proportional ist. Es gilt:
Ff = k f s
Gl. 3-1
und wir nennen
kf =
Ff
s
die Federkonstante, eine für jede Feder charakteristische Größe.
[k f ] =
Masse
;
( Zeit) 2
Einheit : kgs − 2 =
N
m
Gl. 3-2
F. U. Mathiak
3-3
Ist beispielsweise ein Systemknoten auf einer Feder gelagert, deren Achse mit der Orientierung der Verschiebung Vi identisch ist, dann führt eine Verschiebung dieses Knotens in positiver Richtung Vi zu einer Reaktionskraft
Ff ,i = − k f , i Vi
Gl. 3-3
die im finiten Gleichungssystem zunächst auf der Seite der Knotenlasten erscheint.
K KK
 kT
 Ki
 K TKl
k Ki
K ii
k Li
K KL   v K  p!k   0  p!k   0  p!k   0 
 
 
 
k TLi   Vi  =  p!i  + a i  =  p!i  + Ff , i  =  p!i  −  k f , i Vi 
K LL   v L  p!L   0  p!L   0  p!L   0 
Wie diese Lagerung in der Systemsteifigkeitsmatrix zu berücksichtigen ist, erkennen wir sofort, wenn wir die zweite Zeile des obigen Gleichungssystems ausmultiplizieren. Wir erhalten
k TKi v K + K ii Vi + k TLi v L = p!i − k f , i Vi
Bringen wir die Federkraft auf die linke Seite und fassen zusammen, dann folgt
k TKi v K + (K ii + k f ,i )Vi + k TLi v L = p!i
Die elastische Lagerung eines Systemknotens in Richtung des i-ten Systemfreiheitsgrades
wird also realisiert, indem zum Diagonalelement Kii der Systemsteifigkeitsmatrix die vorgegebene Federsteifigkeit kf,i addiert wird, also
K KK
 kT
 Ki
 K TKl
k Ki
K ii + k f ,i
k Li
K KL   v K  p!k 
 
k TLi   Vi  =  p!i 
K LL   v L  p!L 
Gl. 3-4
3-4
Elastische Lagerung und schiefe Randbedingungen
3.2 Schiefe Randbedingungen
Abb. 3-2 Schiefe Randbedingungen am Knoten 3
Schiefe Randbedingungen treten immer dann auf, wenn die Orientierungen der Verschiebungsfreiheitsgrade der Systemknoten nicht parallel zu den globalen Koordinatenachsen verlaufen. Um beispielsweise am Knoten 3 den homogenen Randwert y (3) = 0 vorgeben zu können (Abb. 3-2), müssen zunächst die im x − y -Koordinatensystem formulierten Knotenfreiheitsgrade in das um den Winkel β gedrehte x − y -Koordinatensystem transformiert werden.
Zur Erläuterung dieses Vorganges notieren wir das finite Gleichungssystem für das in Abb.
3-2 skizzierte gleichseitige Fachwerk. Aus Gründen der Vereinfachung wird ohne Beschränkung der Allgemeinheit für alle Stäbe (EA) / = 1 angenommen. Das finite Gleichungssystem
lautet bei Bezugnahme auf die globalen x-y-Koordinaten
K ⋅ v = p! + a
Gl. 3-5
Im Einzelnen sind, ohne auf die Herleitung der Matrizen und Vektoren näher einzugehen
−1
0
1,250 0,433 − 0.250 − 0,433

0,750 − 0,433 − 0,750
0
0


0,500
0 − 0,250
0,433
K=

1,500
0,433 − 0,750


1,250 − 0,433


0,750
 sym.
F. U. Mathiak
3-5
 P1x   0 
P  

 1y   0 
P2 x   0 
p! =   = 

 P2 y   0 
 P3 x   0 
  

 P3 y  − 5.0
 u1x   0 
u   0 
 1y   
u 2 x  u 2 x 
v= = 
u 2 y   u 2 y 
 u 3x   u 3x 
   
 u 3 y   u 3 y 
 R 1x 
R 
 1y 
 0 
a=

 0 
R 3 x 


R 3 y 
Im Vektor v tritt offensichtlich der zu unterdrückende Freiheitsgrad u 3 y gar nicht auf. Deshalb
transformieren wir die Verschiebungen am Knoten 3 mittels einer Drehtransformation mit
dem Winkel β in die Richtungen x - y . Allgemein gilt im zweidimensionalen Fall bei Drehung um die zur x-y-Ebene senkrechte Achse
 x  cos β − sin β  x 
 y  =  sin β
cos β  y 
  
⇔
 x   cos β sin β  x 
 y  = − sin β cos β  y 
  
 
Gl. 3-6
Berücksichtigen wir diesen Sachverhalt im Vektor der globalen Knotenverschiebungen, dann
erhalten wir
u1x
 u1x  
 1
u  
 
u1y
 1y  
 0
u 2 x  
 0
u 2x
v= =
=
u 2y
u 2 y  
 0
 u 3 x  u 3x cos β − u 3 y sin β 0
  
 
 u 3 y  u 3 x sin β + u 3 y cos β 0
0
1
0
0
0
0
0
0
1
0
0
0
0
0
0   u1x 
 
0
0
0   u1y 
0
0
0  u 2 x 
 
1
0
0  u 2 y 
0 cos β − sin β  u 3x 
 
0 sin β cos β   u 3 y 
oder symbolisch
v = TT ⋅ v
Gl. 3-7
Der Neigungswinkel des einwertigen Lagers am Knoten 3 beträgt β = 20° . Dann ist
1
0

0
T
T =
0
0

0
0
1
0
0
0
0
0
0
1
0
0
0
0
0
0  1
0
0
0  0
0
0
0  0
=
1
0
0  0
0 cos β − sin β 0
 
0 sin β cos β  0
0
1
0
0
0
0
0
0
1
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0

1
0
0
0 0,940 − 0,342

0 0,342
0,940
3-6
Elastische Lagerung und schiefe Randbedingungen
Wegen T T = T −1 (Beweis durch Ausrechnen) ist diese Matrix eine orthogonale Matrix für die
gilt: T ⋅ T T = 1 . Entsprechend sind
p! = TT ⋅ p !
a = TT ⋅ a
Gl. 3-8
Einsetzen von Gl. 3-7 und Gl. 3-8 in Gl. 2-39 ergibt K ⋅ T T ⋅ v = T T ⋅ ( p ! + a ) . Linksmultiplikation mit T liefert unter Beachtung der Orthogonalität von T
T ⋅ K ⋅ TT ⋅ v = p ! + a
Setzen wir zur Abkürzung K = T ⋅ K ⋅ TT , dann lautet die finite Gleichung mit den am Knoten
3 transformierten Größen
K ⋅ v = p! + a
Gl. 3-9
Im Einzelnen sind
0,342
1,250 0,433 − 0.250 − 0,433 − 0,940

0,750 − 0,433 − 0,750
0
0


0,500
0 − 0,087
0,492
T
K = T ⋅ K ⋅ TT = 
=K
1
,
500
0
,
150
0
,
853
−



0,913 − 0,492


1,087
 sym.
0
 0  0 

 0  0 

0

   





0
0


0
p! = T ⋅ p = 
= =

0
 0  0 

 P3 y sin β  P3x   − 1,7101 

   

P3 y cos β P3 y  − 4,6985
R 1x   R 1x   R 1x 


R 1y   R 1y   R 1y 


0  0  0
a = T⋅a = 
=
=

0
0

 
  0
 R 3x cos β + R 3 y sin β R 3x   0

 
 

− R 3x sin β + R 3 y cos β  R 3 y  R 3 y 
Da es sich bei dem schiefen Lager am Knoten 3 um ein einwertiges Lager handelt (Verschieblichkeit des Lagers in x -Richtung nicht unterbunden), ist R 3x = 0 zu Null zu fordern.
Im Übrigen beziehen sich die Drehtransformationen nur auf diejenigen Systemknoten, die
F. U. Mathiak
3-7
durch eine schiefe Randbedingung beaufschlagt sind. Damit erhalten wir folgendes Gleichungssystem
0,433 − 0.250 − 0,433 − 0,940
0,342  u1x   0
 1,250
  R 1x 


 0,433
 R 
0,750 − 0,433 − 0,750
0
0  u1y   0

  1y 
− 0.250 − 0,433
  0 
0,500
0 − 0,087
0,492 u 2 x   0


  = 
+
0
1,500
0,150 − 0,853 u 2 y   0
 − 0,433 − 0,750
  0 
 − 0,940
0 − 0,087
0,150
0,913 − 0,492  u 3 x   − 1,7101   0 


  
 
0
0,492 − 0,853 − 0,492
1,087  u 3 y  − 4,6985 R 3 y 
 0,342
aus dem die Knotenverschiebungen und die Lagerreaktionskräfte zu berechnen sind. Der Einbau der homogenen Randbedingungen liefert nach dem im Kap. 2.10 beschriebenen Verfahren
1
0

0

0
0

0
0
0
0
0 0  u1x   0 
 
1
0
0
0 0  u1y   0 
0
0,500
0 − 0,087 0 u 2 x   0 
  = 

0
0 1,500
0,150 0 u 2 y   0 
0 − 0,087 0,150
0,913 0  u 3x  − 1,7101
  

0
0
0
0 1  u 3 y   0 
Die Lösung ist
0
 u1x  
u  
0
 1y  
 u 2 x  − 0,336
v= =

 u 2 y   0,194
 u 3 x   − 1,937
  

0
 u 3 y  
 R 1x  1,820
R  
0
 1y  
 0 
0
a=
=

0
 0 
 0 
0

 

 R 3 y  5,321
Eine andere Möglichkeit des Einbaus schiefer Randbedingungen besteht darin, die erforderlichen Drehtransformationen bereits auf Elementebene durchzuführen. Da am Knoten 3 der
Stab 1 endet und der Stab 2 seinen Anfangsknoten hat, sind für beide Elemente entsprechende
Transformationen durchzuführen.
Das Elastizitätsgesetz für den Dehnstab in globalen Koordinaten lautet bekanntlich
k (e) ⋅ u (e) = f (e)
Gl. 3-10
3-8
Elastische Lagerung und schiefe Randbedingungen
Der Vektor u(e) enthält die Komponenten der Stabendverschiebungen in globalen Koordinaten. Hat der Stab am betreffenden Knoten z.B. seinen Anfang (Index i), dann lautet die Drehtransformation
u (e)
 u ix( e )   u i(xe ) cos β − u i(ye ) sin β cos β − sin β 0

 (e)   (e )
u iy   u ix sin β + u i(ye ) cos β  sin β
cos β 0

= (e) =
=
(
e
)
  0
 u jx  
u jx
0 1
 
 (e)  
(e)
u jy
0 0
  0
 u jy  
0 u i(xe ) 
 
0 u i(ye ) 
0 u (jxe ) 
 
1 u (jye ) 
Gl. 3-11
oder symbolisch
u (e) = T(i)T ⋅ u(i)(e)
Gl. 3-12
Die Matrix
cos β − sin β 0
 sin β
cos β 0
T
T(i) = 
 0
0 1

0 0
 0
0
0
0

1
Gl. 3-13
ist wieder eine orthogonale Matrix. Endet der Stab an einem Knoten (Index j), der einer schiefen Randbedingung unterworfen ist, dann gilt entsprechend
u (e)
 u ix( e )   1
 (e)  
u iy
0
=  (e)  = 
 u jx  0
 (e)  
 u jy  0
0 u ix( e ) 
 
1
0
0 u iy( e ) 
(e)
= T(j)T ⋅ u(j)
(e) 

0 cos β − sin β u jx
 
0 sin β
cos β u (jey) 
0
0
Gl. 3-14
Einsetzen von Gl. 3-12 in Gl. 2-16 und anschließende Linksmultiplikation mit T(i) ergibt
T(i) ⋅ k (e) ⋅ T(i)T ⋅ u(i)(e) = T(i) ⋅ f (e)
Gl. 3-15
Setzen wir noch
k (e) = T(i) ⋅ k (e) ⋅ T(i)T
f (e) = T(i) ⋅ f (e)
dann geht Gl. 3-15 über in
Gl. 3-16
F. U. Mathiak
3-9
k (e) ⋅ u (e) = f (e)
Gl. 3-17
Mit den in Gl. 3-17 errechneten Elementbeiträgen wird dann das Gesamtsystem aufgebaut.
Der Einbau der Randbedingungen in das globale Gleichungssystem bereitet dann keine
Schwierigkeiten mehr.