Musik in der DNA
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Musik in der DNA
musikmarkt 22|13 thema des monats 10_16_uk_Z.qxp 28.05.13 18:27 Seite 10 großbritannien Musik in der DNA „Wake Me Up, Before You Go-Go”, dröhnt es aus dem Radiowecker. Calvin Harris wäre ihm zwar lieber gewesen, aber nun gut. Harry hüpft aus dem Bett. Zum MorgenToast hört er BBC Radio 1 – Labrinth, Mumford & Sons und die neue Single von Jake Bugg. In der U-Bahn in Richtung Picadilly Circus entspannt Harry zu seiner „Saturday Afternoon Chillin’”-Playlist auf seinem iPhone – Radiohead, David Bowie und Ellie Goulding. Früher hatte er sich neue Musik meist bei HMV besorgt, heute loggt er sich lieber bei Spotify ein. Vor dem Tricky-Konzert am Abend im Heaven will er sich noch den neuen „NME” besorgen, um im Exklusiv-Interview alles über die Oasis-Reunion zu lesen. Nach dem Gig trifft er sich mit Freunden im Pub, aus den Boxen schallt die neue Single von Calvin Harris. Harry ist zufrieden. 10 Musik ist im britischen Alltag allgegenwärtig. Wie kaum ein anderes europäisches Land verfügt Großbritannien über eine stark ausgeprägte Popkultur, die sich quer durch alle gesellschaftlichen Bereiche zieht. So gaben britische Musikfans in den letzten Jahren durchschnittlich pro Kopf mehr Geld für Alben aus als Konsumenten in anderen Ländern. Gleichzeitig stammt jedes achte Album, das weltweit verkauft wird, von einem UK-Artist. Das Zentrum der britischen Musikindustrie ist London. Dort hat nicht nur der internationale Musikbranchenverband IFPI seinen Hauptsitz, sondern auch zahlreiche für die Branche wichtige Organe wie die British Phonography Industry (BPI), die Official Charts Company (OCC), der Handelsverband Entertainment Retailers Association (ERA), die Verwertungsgesellschaft PRS for Music (s. Seite 17) sowie der britische Indie-Verband, die Association Of Independent Music (AIM). Hinzu kommen Impulsgeber wie die IndieLabels Beggars Group, Domino, Rough Trade oder Cooking Vinyl sowie PR-Agenturen, Booker und natürlich unzählige Künstler. Längst ist die Stadt an der Themse zum PopMekka, einem kreativen Schmelztigel geworden. Die Londoner Konsumenten kaufen auch am meisten Musik: 20,5 Prozent aller 2012 in Großbritannien verkauften Alben gingen in der Hauptstadt-Region über die Ladentheken. Zum Vergleich: Schottland und Wales kommen auf je rund 8,5 Prozent. Während andere Städte wie Liverpool oder Manchester ebenfalls zahlreiche bedeutende Bands und Solo-Acts sowie eigenständige Subkulturen hervorgebracht haben, ziehen zahlreiche Nachwuchstalente aus allen Ecken Abbildung: fotolia, Montage MM Von den Beatles bis Led Zeppelin, von Britpop bis Grime – Großbritannien brachte in den zurückliegenden Jahrzehnten unzählige Künstler und Genres hervor. Derzeit sorgen Adele und One Direction für eine neue „British Invasion”. Woher kommen die vielen Talente? Und was unterscheidet den britischen vom deutschen Musikmarkt? Wir nehmen die Pop-Insel genauer unter die Lupe. der Insel in die britische Hauptstadt, um von dort aus ihr Glück zu versuchen. „Für meinen Weg in die Musikbranche war es sehr wichtig, in London zu leben”, erinnert sich Emeli Sandé an ihre Anfänge (s. Interview S. 16). Dort konnte sie sich ein Netzwerk aufbauen, Produzenten treffen und jederzeit im Studio arbeiten. „Wenn ich nach wie vor in Schottland leben würde, bräuchte ich Stunden, bis ich endlich im Studio bin. In London kann ich rund um die Uhr arbeiten.” Pop-Hauptstadt London Auch Tom Odell, der im südenglischen Brighton am Institute of Modern Music studierte, startete seine Karriere in London. Bei einem Club-Gig wurde er von Lily Allen entdeckt. Ende 2012 erhielt er den „Critics’ Choice Award”, mit dem bei den BRIT Awards jährlich ein vielversprechender britischer Nachwuchskünstler ausgezeichnet wird. Der 22-jährige Singer/Songwriter, dessen Debütalbum „Long Way Down” im Sommer über Sony erscheint, war nach Adele (2008), Florence + The Machine (2009), Ellie Goulding (2010), Jessie J (2011) und Emeli Sandé (2012) der erste männliche Künstler, der den Preis entgegennehmen konnte. In London gehen die meisten der zahlreichen britischen Musikpreis-Galas über die Bühne. Neben den BRIT Awards und dem renommierten Mercury Music Prize zeichnen zahlreiche Musikmagazine wie der „NME” oder das „Q Magazine” ebenfalls Künstler aus (siehe Kasten S. 12). In Großbritannien könnte vermutlich jede Woche ein anderer Künstler für sein Talent mit einem Preis veredelt werden, denn das Vereinigte Königreich zählt neben den USA und Schweden zu den weltweit erfolgreichsten Pop-Exporteuren. Allein in den letzten Jahren brachte die Insel zahlreiche weltweit erfolgreiche Acts hervor, wie etwa Soul-Diva Amy Winehouse, die Folk-Rocker Mumford & Sons oder zuletzt die Boygroup One Direction. Davor schafften bereits britische Rockbands wie Coldplay, Muse oder die Arctic Monkeys den internationalen Durchbruch. Der bis dato wohl erfolgreichste britische Pop-Export seit den Beatles: Adele. Die Sängerin aus Nordlondon avancierte innerhalb von nur zwei Jahren zum globalen Superstar. Ihre beiden Alben „19” und „21” wurden zu Bestsellern, letzteres erreichte 2011 und 2012 den Spitzenplatz der IFPI-Jahrescharts und verkaufte sich weltweit bislang über 26 Millionen Mal. „Seit dem Erfolg von Adele befinden wir uns in einer sehr starken Phase”, kommentiert Geoff Taylor, Chief Executive der BPI, den derzeitigen Höhenflug von britischen Künstlern. Musik „Made in UK” erfreute sich im vergangenen Jahr weltweit großer Beliebtheit. Dabei profitierte die britische Branche laut Taylor mit den Olympischen Sommerspielen in London sowie dem 60. Thronju- thema des monats großbritannien musikmarkt 22|13 10_16_uk_Z.qxp 28.05.13 18:27 Seite 11 | Die vielen Gesichter der britischen Pop-Welt (v.o. im Uhrzeigersinn): Rapper Tinie Tempah, die Boygroup One Direction, die Rocker von Coldplay und – natürlich – Soul-Wunderkind Adele | Fotos: Rick Guest, Sony Music, Tom Sheehan, Mari Sarii 11 musikmarkt 22|13 thema des monats 10_16_uk_Z.qxp 28.05.13 18:28 Seite 12 großbritannien | The xx und die Bristol-Sound-Pioniere Massive Attack | Fotos: Jamie James Medina, Warren du Preez & Nick Thornton Jones im überblick bläum der Queen von zwei Großereignissen, die britische Künstler weltweit in den Fokus rückten. Am Ende des Jahres stammten fünf der weltweit zehn meistverkauften Alben 2012 von britischen Acts – die Jungs von One Direction waren sogar gleich mit zwei Longplayern unter den Top 10 vertreten. Vor allem in den USA ist Musik aus Großbritannien gefragt. Nach den Erfolgen von Amy Winehouse und Adele erlebten die Staaten in den zurückliegenden Monaten eine neue „British Invasion” – die erste fand Mitte der 1960er Jahre statt, als Bands wie die Beatles, die Rolling Stones und The Who den Sprung über den Atlantik schafften. So waren 2012 vier der fünf meistverkauften Alben in den USA von Künstlern aus UK. Auch hierzulande ist Musik aus Großbritannien gefragt. In den letzten sieben Jahren 12 machten britische Acts über 15 Prozent bei den Album-Verkäufen in Deutschland aus – 2012 waren es 16,1 Prozent. Bei den deutschen Musikfans kamen in den vergangenen Monaten bereits etablierte Acts wie Adele, Robbie Williams und Amy Macdonald gut an. Aber auch Newcomer wie Olly Murs konnten sich durchsetzen. „Herman ze German” in UK Umgekehrt haben es deutsche Künstler natürlich schwer, im britischen Markt Fuß zu fassen. Es gibt zwar immer wieder deutsche Acts wie Rammstein oder Kraftwerk, die auf englischen Bühnen stehen. Doch in der britischen Jahresbilanz für 2012 – angeführt von nationalen (51,9 Prozent) sowie US-amerikanischen Interpreten (34,2 Prozent) – machte Deutschland gerade mal 0,3 Prozent der Album-Verkäufe aus und landete damit United Kingdom zusammen mit Island auf dem zwölfEinwohnerzahl: über 63 Millionen ten Platz. Das erfolgHauptstadt: London reichste Album eines BIP pro Kopf 2012: 28.546 Euro* deutschen InterpreInternet-Verbreitung: 83,6 Prozent** Umsatz Tonträgerindustrie 2012***: 1,18 Mrd. Euro / Anteil digital: 448,7 Mio. Euro ten war laut BPI der (38 Prozent) Soundtrack zum Bat* kaufkraftbereinigt. Schätzung IWF, umgerechnet von Dollar in Euro man-Film „The Dark ** Internet World Stats, Stand: 30. Juni 2012 *** umgerechnet von Britischen Pfund in Euro, Quelle: ERA/OCC Knight Rises” von Die unabhängigen Labels kommen laut BPI auf einen Marktanteil von 22,7 Prozent Hans Zimmer. Weiim Album-Sektor. Zu den erfolgreichsten Indie-Acts gehören neben Adele auch The tere deutsche Acts, xx, Alt-J und Noel Gallagher’s High Flying Birds. deren Alben im verErfolgreichste Künstler (Auswahl) gangenen Jahr britiAdele, Paul McCartney/The Beatles, The Rolling Stones, Oasis, George sche Käufer fanden, Michael/Wham!, Elton John, Led Zeppelin, Queen, Pink Floyd, Coldplay, David Bowie, Deep Purple, Dire Straits, Fleetwood Mac, Phil Collins/Genesis, Iron Maiden, waren u.a. die ScorRod Stewart, Status Quo, Duran Duran, Eurythmics, The Police, Spice Girls pions, die KrautrockWichtige Preise/Events (Auswahl) Legenden Can, CasBRIT Awards (seit 1977), Ivor Novello Award (seit 1995), Mercury Music Prize (seit cada und die Thrash1992), NME Awards (seit 1953), Q Awards (seit 1990), MOJO Awards (seit 2004), AIM Independent Music Awards (seit 2011), MOBO Awards (seit 1996), Music Week Metal-Band Kreator Awards, ILMC/Arthur Awards (seit 1989) (siehe Kasten S. 12). Erfolgreichste deutsche Acts in UK (2012) Wieso schaffen also Hans Zimmer, Rammstein, The Scorpions, Can, Enigma, Kraftwerk, Klaus Badelt, so viele britische Boney M, Marc Streitenfeld, Sash, Cascada, The Baseballs, James Last, Kreator, Newcomer, was nur Apparat wenigen deutschen, schwedischen oder französischen Bands und Künstlern gelingt? Da ist zum einen natürlich die Sprache, ein strategischer Vorteil für britische Musiker. Zudem verfügt Großbritannien über ein weit zurückreichendes musikalisches Erbe – von den Rolling Stones über Queen und Depeche Mode bis Portishead, von Black Sabbath über Wham! bis zu den Sugababes, von den Pet Shop Boys und U2 über Take That und Blur bis hin zu aktuellen Chartstürmern wie Jessie J und Nachwuchstalenten wie Birdy, Gabrielle Aplin oder AlunaGeorge. „Aufgrund unserer langen Musikgeschichte und den vielen Künstlern setzen sich britische Musikfans sehr intensiv mit Musik auseinander”, meint BPI-Chef Geoff Taylor. „Großbritannien blickt auf eine lange Folk-Tradition zurück. Die Leute waren schon immer Geschichtenerzähler und haben Musik benutzt, um ihre Stories zu erzählen”, spekuliert Paul Smernicki, Director of Digital bei Universal Music UK. „Durch den Imperialismus – natürlich kein schönes Thema – kamen viele externe Einflüsse nach England. Außerdem war Musik in Großbritannien auch immer politisch, ein Ausdruck von Protest.” Tatsächlich verfügt Großbritannien im Vergleich zu anderen europäischen Ländern über eine lange Geschichte an Jugendbewegungen, bei denen oft Musik im Mittelpunkt stand – von den Mods über die Punks bis hin zu Rave. „Musik ist tief in unserer DNA verwurzelt”, so Smernicki. Aber woher kommen die unzähligen britischen Talente denn nun her? Natürlich, die A&R-Abteilungen der Labels investieren in den Nachwuchs, aber das ist in Deutschland nicht anders. Es gibt Talentschmieden wie die BRIT School, die bereits Stars wie Amy Winehouse und Adele hervorbrachte – aber Popakademien fördern auch hierzulande Jungtalente. Castingshows wie „Britain’s Got Talent” und „X Factor” haben mit Künstlern wie Paul Potts, Susan Boyle, Leona Lewis und zuletzt James Arthur reihenweise Nachwuchssänger ganz nach vorne in die internationalen Charts gespült. Diese Formate hat das deutsche Fernsehen zwar auch im Repertoire, aber mit Ausnahme der No Angels konnte sich bislang kein deutscher Castingact erfolgreich im Ausland behaupten. Die Konkurrenz ist enorm. Selbst deutsche Acts, die Englisch singen, tun sich auf der Pop-Insel schwer. Grundsätzlich ist es jedoch für alle Künstler schwierig, starke internationale Märkte zu knacken, stellt Geoff Taylor klar. „So ist es zum Beispiel auch für britische Künstler nicht leicht, sich im US-Markt zu etablieren – und das, obwohl man dieselbe Sprache spricht.” Wieso zum Beispiel Künstler wie Adele, Mumford & Sons oder One Direction in den Staaten erfolgreich sind, während Robbie thema des monats großbritannien musikmarkt 22|13 10_16_uk_Z.qxp 28.05.13 18:28 Seite 13 | Die IFPI in Ldonon blickt von ihren Büros direkt auf die Leuchtreklame am Londoner Picadilly Circus; nicht weit entfernt befand sich Anfang März noch eine Filiale von HMV | Fotos: MM/id Digital holt auf Trotz dieser herausragenden Erfolge hatte das britische Geschäft 2012 mit rückläufigen Album-Verkäufen zu kämpfen, nachzulesen im „BPI Yearbook 2013”. So gingen in den letzten zwölf Monaten 11,2 Prozent weniger Longplayer über die Ladentheken als im Jahr zuvor. Der Gesamtumsatz der britischen Musikindustrie ging im Vergleich zum Vorjahr um 7,5 Prozent zurück. Das größte Minus verzeichneten CDs, die mit 69,4 Millionen verkauften Exemplaren um 19,5 Prozent zurückgingen. Dennoch ist die CD mit über zwei Dritteln Marktanteil nach wie vor das beliebteste Album-Format. Doch das Digital-Segment holt auf: So stiegen die digitalen Album-Verkäufe um 14,8 Prozent auf 30,5 Millionen verkaufte Einheiten. Bei den Singles – von denen mit 188,6 Millionen Einheiten 2012 mehr verkauft wurden als je zuvor – spielen sich mittlerweile beinahe sämtliche Verkäufe digital ab: 99,6 Prozent aller Singles wurden als Downloads gekauft. Anfang April feierte die britische Musikindustrie ihren milliardensten SingleDownload. Angeführt wurde die Top-10Liste der meist verkauften UK-SingleDownloads aller Zeiten von Adele mit ihrer interview Williams dort kaum jemand kennt, lässt sich nicht erklären. Geschmäcker sind eben verschieden, die Musiktraditionen variieren von Land zu Land. „Künstler, die einer bestimmten Kultur entstammen, tun sich leichter, diese Kultur zu erreichen, als Interpreten mit einem anderen kulturellen Background. Manchmal passiert es dann aber, dass man einen internationalen Nerv trifft”, so Taylor. Nicht nur im Ausland, sondern auch im heimischen Markt sind britische Acts erfolgreich. In den Top 10 der UK-Jahrescharts 2012 finden sich sieben Releases nationaler Interpreten, allen voran das Debütalbum von Emeli Sandé, die mit „Our Version Of Events” nicht nur den Topseller 2012 ablieferte, sondern vor Kurzem auch noch einen knapp 50 Jahre bestehenden Chartsrekord der Beatles brach: Mit ihrem Erstlingswerk, das sich allein in Großbritannien bislang über 1,82 Millionen Mal verkaufte, hielt sich die Schottin über 63 Wochen ununterbrochen in den Top 10 der britischen Album-Charts – länger als jedes Debütalbum zuvor, inklusive „Please Please Me”von den Beatles. Ballade „Someone Like You”. Auch Streaming-Dienste sind bei britischen Musikfans beliebt. Allein im vergangenen Jahr wurden im Vereinigten Königreich über 3,7 Milliarden Tracks gestreamt – das macht 140 Streams pro Haushalt. Das Digital-Geschäft in Großbritannien boomt und erreichte 2012 einen Marktanteil Geoff Taylor, BPI: „Unglaubliche Platten, fabelhaftes Songwriting” Wir sprachen in London mit Geoff Taylor, Chief Executive der BPI, dem Pendant zum deutschen Bundesverband Musikindustrie. Taylor ist gleichzeitig auch Director der Official Charts Company und der BRIT Awards Limited, dem Veranstalter der Award-Show. Zudem ist er Governor der BRIT School, die von der BPI unterstützt wird. Privat hört der Jurist gerne Rock und Indie sowie klassische Musik. musikmarkt: Zahlreiche britische Acts wie Mumford & Sons oder One Direction stürmen weltweit die Charts. Ist britische Musik zu einer Marke geworden? Geoff Taylor: Zumindest momentan. Seit dem Erfolg von Adele befinden wir | BPI-Chef Geoff Taylor mit Begleitung, der BRIT Award Statue uns in einer sehr starken Phase. Zahlreiche britische Acts waren in Nordamerika und in anderen Übersee-Märkten sehr erfolgreich. Letztendlich beobachten wir Zyklen. Und am Ende braucht man natürlich einen durchschlagenden Erfolg wie etwa mit Adele, um das Augenmerk auf britische Musik zu richten. musikmarkt: Wie erklären Sie sich den internationalen Erfolg von Adele? Geoff Taylor: Unglaubliche Platten, fabelhaftes Songwriting und Authentizität. Außerdem ist Adele eine sehr gute Performerin. Es kommt selten vor, dass ein Künstler ein so breites Spektrum an Musikfans anspricht – von Kindern und Jugendlichen bis hin zu 65-Jährigen. Adele hat das geschafft und zwar nicht zuletzt dank der Qualität ihrer Musik. Jeder Song auf ihrem Album „21” ist großartig, und das spricht sich natürlich herum. musikmarkt: Welche Rolle spielt heutzutage das Internet? Geoff Taylor: Grundsätzlich hat sich der digitale Markt in Großbritannien sehr gut entwickelt. Der Umgang der britischen Labels mit digitalen Kanälen ist sehr fortschrittlich. musikmarkt: In UK werden 2013 voraussichtlich die Digital-Verkäufe den physischen Markt überholen. Wird es die CD in zehn Jahren noch geben? Geoff Taylor: Ja, ich denke schon. Wir haben in den letzten Jahren ja zum Beispiel auch eine Wiederauferstehung von Vinyl erlebt. Für manche Fans ist das Sammeln nach wie vor von Bedeutung. Deluxe-Editionen zum Beispiel sind ein begehrenswertes physisches Produkt. Dafür wird es auch in Zukunft Bedarf geben. Aber die Leute werden sich auch zunehmend an Streamings gewöhnen. Es findet ein Umdenken statt und Streamings ersetzen den Kauf von physischen Produkten. Aber: Streamings werden nicht alles andere verdrängen. Es wird immer Konsumenten geben, die nicht bereit sind, eine monatliche Gebühr zu bezahlen, um Musik hören zu können. Sie wollen einfach nur dieses eine Album. Es wird also auch in Zukunft eine gemischte Musikwirtschaft geben. musikmarkt: Das Genre Pop dominiert sowohl in UK als auch in Deutschland. Wie wird Popmusik heute definiert? Geoff Taylor: Die Kategorisierung von Musik ist grundsätzlich schwierig. Machen Mumford & Sons nun Rock oder Folk? Auch Pop- und Dance-Musik lässt sich heute kaum noch unterscheiden. Letztendlich dient die Kategorisierung aber dazu, die Veränderungen im Markt sichtbar zu machen. Pop war in den letzten Jahren sehr dominant. Das wird sich aber sicherlich wieder ändern – und ich persönlich freue mich schon darauf. (lacht) musikmarkt: Welche Ziele stehen für dieses Jahr ganz oben auf der BPI-Agenda? Geoff Taylor: Wir verfolgen verschiedene Projekte. Ein Schwerpunkt wird der Fokus auf die Kommunikation mit Musikfans sein. Wir wollen legale Musik-Angebote im Netz fördern und den Usern näher bringen – vor allem älteren Konsumenten. Zudem wollen wir versuchen, die BRIT Awards weltweit bekannter zu machen und dadurch nationale Acts ins Rampenlicht zu rücken. Natürlich werden wir auch weiterhin dafür kämpfen, dass unsere Mitglieder für ihren Content in der digitalen Welt vergütet werden. Das komplette Interview mit Geoff Taylor: www.musikmarkt.de/-325985 13 musikmarkt 22|13 thema des monats 10_16_uk_Z.qxp 28.05.13 18:28 Seite 14 großbritannien hintergrund von 39 Prozent am Gesamtmarkt. In den ersten drei Geschäftsquartalen 2012 machten digitale Umsätze sogar erstmals über die Hälfte des Gesamtgeschäfts aus, zum Jahresende waren es – nach Rückgängen im vierten Geschäftsquartal – 44,8 Prozent. Bis Ende 2013 wird das digitale Geschäft den physischen Musikmarkt in UK überholen, prognostiziert BPI-Chef Geoff Taylor. „Dieses Jahr wird Großbritannien erstmals die Mehrheit seiner Umsätze über digitale Kanäle erzielen. Wenn wir dieses Ziel erreicht und den Übergang von einem physisch zu einem digital geprägten Markt hinter uns haben, wird auch der Markt wieder weiter wachsen.” Deutschland liegt derzeit, was den Übergang von einem physisch hin zu einem digital dominierten Musikmarkt betrifft, hinter Großbritannien zurück. Zum Vergleich: In Deutschland kam das Digital-Geschäft 2012 auf einen Gesamtmarktanteil von 19 Prozent. „Die deutsche Branche kann sich aber daran erfreuen, nach wie vor einen starken physischen Markt zu haben”, meint Taylor. Auch die britische Industrie sei darum bemüht, nach wie vor einen starken physischen Handelssektor aufrechtzuerhalten. Doch Handelsketten wie HMV befinden sich in einer Krise. „Das belastet uns, aber gleichzeitig wird dadurch auch die Umstellung auf das digitale Geschäft weiter angekurbelt.” Die britische Branche hat rasch auf die digitalen Veränderungen im Markt reagiert. Zahlreiche Labels verfügen längst nicht nur über eigene Digital-Abteilungen, sondern auch über Spezialisten-Teams für verschiedene Teilbereiche wie Social Media oder digitales Marketing. „Die digitale Welt ist noch viel komplizierter als die phyische”, behauptet Geoff Taylor. Deshalb würden Plattenlabels heute auch mehr gebraucht als je zuvor. Wie sieht denn der Alltag der Digital-Abteilung beim Marktführer Universal Music UK in London aus? „Wir surfen den ganzen Tag im Internet und sehen uns Videos von Piano spielenden Katzen an”, lacht Paul Smernicki, Digital-Chef bei Universal Music UK. „Im Ernst: Jedes Label hat ein eigenes DigitalTeam, das sich jeweils auf die Kampagnen seiner Künstler konzentriert. Mein Team und ich verfolgen hingegen übergreifende strategische Ziele.” Das heißt konkret: Der Schotte und seine acht Mitarbeiter machen sich Gedanken darüber, wie die gesamte SpotifyStrategie von Universal Music UK verbessert oder wie das umfassende Video-Archiv ausgewertet werden kann. „Für uns ist es dabei wichtig, möglichst transparent zu arbeiten”, so Smernicki. „Wir fördern den Dialog mit den Konsumenten. Außerdem suchen wir nach neuen Lösungen und kreieren neue Geschäftsmodelle. Wir wollen die Musikindustrie aktiv mitentwickeln und nicht nur den Content bereitstellen.” Bestehende OnlineAngebote sollen gestärkt werden, gleichzeitig wird in neue Dienste investiert. Charakterfrage Blues, Jazz, Rock’n’Roll – alles amerikanische Erfindungen. Aber eine mittelgroße Insel in der Nordsee konnte sich in der Musikwelt dennoch Ruhm und Ehre erspielen. Warum eigentlich? | Britrocker: die beiden Oasis-Alphamännchen Noel und Liam Gallagher | Foto: Jill Furmanovksy In der Nachkriegszeit, als die westliche Welt vornehmlich Trends aus den USA übernahm, fiel die popkulturelle Saat in Großbritannien auf besonders fruchtbaren Boden. Zum einen wegen der Sprache. Zum anderen wegen einer Tendenz zur Weltläufigkeit und Liberalität, die den ansonsten so traditionsbewussten Briten fraglos innewohnt. Und natürlich wegen des damals noch ausgeprägten Klassenbewusstseins – Fußball und Musik waren für Kids aus der „working class” eben potenzielle Karriereleitern, weshalb die musikalische Subkultur gerade in den düsteren Ecken des Königreichs stets am buntesten blühte. Stichwort Liverpool. Auch nicht zu unterschätzen: Der Einfluss der Art Schools, seinerzeit Stätten freigeistiger Kreativität, in denen man sich ohne allzu viel universitären Druck genüsslich ausprobieren konnte. Ob John Lennon, Ray Davies, Pete Townshend, Syd Barrett, David Bowie oder Bryan Ferry – sie alle waren dort gewesen. Und gaben dem originär rustikalen Rock’n’Roll jenen artifiziellen, bisweilen exzentrischen Anstrich, der den Britrock grundlegend von der amerikanischen Variante unterschied. Die Beat-Mania war nur der Anfang, dann adaptierten die Insulaner den US-Blues und verursachten die nächste Welle. Später folgten genuin britische Erfindungen wie Glam- und Progrock, aus der Ex-Kolonie Jamaika kamen Ska und Reggae hinzu, die erst über England den Weg in die weltweiten Charts fanden. Und Punk? Nein, diese Ehre gebührt den Yankees, aber Malcolm McLaren verstand es eben, wie man eine Subkultur zum ganz großen Ding aufbläst. Nach Wave, New Romantics und Synthie-Pop waren dann um 1990 mal wieder die Amerikaner am Zuge, doch der Grunge starb verfrüht mit Kurt Cobain – und die postmoderne Genreverwurstungsmaschine wurde schließlich auch in Großbritannien angeworfen. Dem Hype stets begeistert zugewandt, folgte ein „Next Big Thing“ dem nächsten, meist verwurzelt in Althergebrachtem. Sei es Britpop, clever inszenierte Girl- und BoyGroups oder Dance-Rock mit Wave-Anleihen. War die Musik der Spice Girls oder von Take That etwa dezidiert britisch? Eher nicht. Sondern vielmehr das Produkt einer globalisierten Popwelt, was keinerlei Wertung darstellen soll. Okay, Robbie Williams hielt die Flagge urbritischer Tunichtgute vom Schlage Paul Gascoignes auch weiterhin hoch, ebenso die Gallagher-Brüder, nur: kommen von ihnen im Augenblick noch relevante Impulse? Dass Madness auf ihre alten Tage großartige Platten produzieren und ebensolche Konzerte geben, ist wunderschön, ebenso, dass auf den entsprechenden Festivals auch dieses Jahr wieder Urgesteine der New Wave Of British Heavy Metal auftreten. Doch all diese Leute sind zweifelsfrei Künstler des 20. Jahrhunderts. Was ist heute typisch britischer Pop? Schwer zu sagen. Oder anders gefragt: Hat der britische Pop seinen Charakter eingebüßt? Ein wenig. Aber so muss es ja nicht bleiben. Talente wie Jake Bugg, Adele und Mumford & Sons lassen hoffen. Darauf, dass der Tsunami globaler Gleichmacherei an den Klippen von Dover zumindest ein wenig an Kraft verliert. So eine Insellage kann nämlich sehr vorteilhaft sein. | Uwe Schleifenbaum 14 | (von S. 14, v.l.): Alt-J gehören zu den Indie-Sensationen des vergangenen Jahres; Deutsch-britischer Kulturaustausch: Plan B verwendete für seine Single „Ill Manors” ein Sample von Peter Fox; Ohne Worte: Amy Winehouse; George Michael, Muse / unten: Der wohl berühmteste Zebrastreifen mit der wohl berühmtesten britischen Band: The Beatles | Fotos: Rick Guest, Sony Music, Tom Sheehan, Mari Sarii, Cover-Abbildung Hunger nach Musik Wie unterscheiden sich denn die deutschen von britischen Spotify-Usern? „Die Demografie-Analyse zeigt in beiden Ländern eine etwas jüngere Alterschicht”, erläutert Will Hope, bei Spotify in London für Label Relations verantwortlich, und fügt hinzu: „Das bezieht sich auf fast alle Märkte, in denen wir präsent sind – in Skandinavien sind wir bereits in der Mitte der Gesellschaft angekommen.” Sowohl in Großbritannien als auch in Deutschland seien internationale Top-Hits bei den Spotify-Usern gefragt. Während deutsche Nutzer im ersten Jahr nach dem Launch auch eine Vorliebe für deutschen Hip Hop zeigten, würden britische Fans Album-Veröffentlichungen im Indie-Bereich viel schneller annehmen, als es in den Verkaufscharts der Fall wäre. „Ein Beispiel dafür sind etwa Alt-J, die in Großbritannien durch Spotify noch populärer geworden sind”, so Will Hope. Dass Streamings das Download-Geschäft kannibalisieren, glaubt er nicht. „Das eine schließt das andere ja nicht aus”, betont er. „Meine Eltern zum Beispiel nutzen Spotify und zur person Innovative Geschäftsmodelle sind also gefragt. Wie derzeit überall auf der Welt, gelten auch in Großbritannien Streaming-Dienste als Schlüssel zur Zukunft der Musikwirtschaft. Während Apple und Google an eigenen Angeboten feilen, hat Spotify bereits vorgemacht, wie es funktionieren kann und sich im britischen Markt etabliert. In Großbritannien ging der schwedische Streaming-Riese, dessen Angebot in Deutschland erst seit März 2012 verfügbar ist, bereits vor fünf Jahren an den Start. Wie viele britische User auf Spotify, das weltweit auf 24 Millionen aktive Nutzer kommt, derzeit zugreifen, ist nicht bekannt, denn der Streaming-Anbieter veröffentlicht keine lokalen Unternehmenszahlen. Im BPIAnalyse-Bericht „Digital Music Nation” ist lediglich die Rede davon, dass die Pro-KopfNutzung des Streaming-Dienstes in UK in Edinburgh und Cardiff am höchsten ist. thema des monats großbritannien musikmarkt 22|13 10_16_uk_Z.qxp 28.05.13 18:28 Seite 15 sammeln trotzdem CDs. Andere Leute greifen darüber hinaus auch auf Downloads zurück.” Paul Smernicki, übrigens ein Fan von Bands wie Frightened Rabbit, Echo & The Bunnymen und Underworld, stimmt zu: „In Ländern, in denen Streaming-Services wie Spotify verfügbar sind, entwickelt sich das digitale Geschäft besser. Streaming heizt den Hunger nach Musik insgesamt an.” Obwohl Deutschland Großbritannien, was die Entwicklung des digitalen Marktes anbelangt, hinterher hinkt, gibt es auch Parallelen: Beide Märkte verfügen über ein umfassendes Angebot. Allein in Großbritannien sind es rund 77 legale Musik-Services. Werden die Konsumenten von dieser Vielzahl von Angeboten nicht abgelenkt? „Wettbewerb ist großartig und notwendig”, betont Geoff Taylor. „Es ist sogar unser Job, Wettbewerb am Markt zu fördern, indem wir möglichst viele Paul Smernicki beDienste lizenzieren. schreibt sich auf Twitter so: Director of Digital Dadurch haben KonUniversal Music UK, sumenten die Wahl Ehemann, Dad, Triathlet, und können selbst Musikbesessener. Kann nicht tanzen. entscheiden, welche Dienste sie für gut Vor Spotify war Will Hope befinden.” Das sieht u.a. bei Warner und Universal tätig. Er war maßPaul Smernicki von geblich daran beteiligt, Universal Music UK den Backkatalog von Bob Dylan in den StreamingDienst zu integrieren. 15 musikmarkt 22|13 thema des monats 10_16_uk_Z.qxp 28.05.13 18:28 Seite 16 großbritannien rund sieben Millionen Briten illegale Angebote im Internet. Allein in den ersten sechs Monaten des vergangenens Jahres wurden in UK 345 Millionen Tracks illegal via BitTorrent-Seiten heruntergeladen. Zum Vergleich: im gleichen Zeitraum wurden über iTunes, Amazon und andere legale Services 239 Millionen Songs verkauft. Mehr Taten statt vieler Worte interview | Florence + The Machine schaffte mit mitreißenden Songs und exzentrischem Look den Durchbruch | Foto: Karl Lagerfeld Emeli Sandé Ihr Debütalbum „Our Version Of Events” war das bestverkaufte Album in Großbritannien 2012. Vor kurzem knackte die Schottin einen Rekord der Beatles. musikmarkt: Ihr Album „Our Version Of Events” war in UK das erfolgreichste Album 2012. Wie erklären Sie sich diesen Erfolg? Emeli Sandé: Die einzige Erklärung, die ich habe, ist, dass meine Musik so anders war als die Platten, die zur gleichen Zeit erschienen sind. Meine Songs sind sehr aufrichtig und ich glaube, die Menschen haben eine persönliche Verbindung zu meiner Musik aufgenommen. musikmarkt: Das Internet hat das Tempo der Branche stark erhöht. Adele ist innerhalb von nur zwei Jahren zum globalen Superstar aufgestiegen. Was sagen Sie dazu? Emeli Sandé: Das Konzept von langjährigem Künstler-Aufbau, der Entwicklung eines Künstlers, ist im Musikgeschäft verloren gegangen. Sobald man einen Vertrag unterschrieben hat, muss man aufpassen, dass man sich als Künstler weiter entwickeln darf und nicht unter Druck gesetzt wird, möglichst viel nach demselben Erfolgsschema zu produzieren. Ich möchte die Kontrolle über mein Tempo behalten und versuche etwas zurückzurudern, wenn es mir zu schnell geht. | In Europa längst ein Superstar, in den USA kann er nach wie vor unerkannt über die Straße: Robbie Williams | Foto: Universal ähnlich: „Es ist an der Industrie, die Konsumenten durch das umfangreiche Online-Angebot zu navigieren, so dass nicht nur ein Jugendlicher aus London, der ohnehin ständig mit Musik in Berührung kommt, sondern auch ein 40-Jähriger aus einer Kleinstadt in Nordengland die Angebote nutzen kann.” Natürlich könne nur eine bestimmte Anzahl an Services eine ausreichend hohe User-Base anziehen, um profitabel zu arbeiten, fügt Taylor hinzu. „Das ist ein natürlicher Prozess, der vom Markt selbst reguliert wird”, erklärt er. Und Smernicki ergänzt: „Um relevant zu bleiben, müssen Online-Services sich stets verbessern, sich den Wünschen der User anpassen und schnell auf ihre Bedürfnisse reagieren können.” Trotz der hohen Anzahl an legalen Diensten stellt Online-Piraterie Großbritannien noch immer vor große Probleme. Laut BPI nutzen monatlich musikmarkt: Ist es für einen britischen Künstler schwierig, im deutschen Markt erfolgreich zu sein? Emeli Sandé: Man sagte mir, dass es in Deutsch- land länger dauern würde, den Markt zu breaken. Aber wenn die Fans einen mögen, sind sie sehr loyal. Ich habe jede Menge Geduld. (lacht) musikmarkt: War es denn leichter, den britischen Markt zu erobern? Emeli Sandé: Nein, es fühlte sich aber einfacher an, weil ich den Markt in England verstehe. Ich bin zum Beispiel mit Radio 1 aufgewachsen und wusste, wenn du da gespielt wird, ist das ein gutes Zeichen. musikmarkt: Ist britische Musik eine eigene Marke? Emeli Sandé: Nein, dafür ist die Musik zu viel- schichtig. Man kann Adele, One Direction und mich nicht in einen Topf werfen. | rw Das komplette Interview: www.musikmarkt.de/-326100 | Emeli Sandé | Foto: Lauren Dukoff 16 Trotzdem verbucht die UK-Branche zahlreiche Erfolge, wie zum Beispiel die Schließung von The Pirate Bay. Unterstützung erhält die britische Industrie u.a. von den ISPs, die illegale Portale teilweise blockieren. Darüber hinaus will die BPI Suchmaschinen und die Werbeindustrie verstärkt in den Kampf gegen Online-Piraterie einbeziehen. „Wir arbeiten beispielsweise eng mit Google zusammen. Der Konzern unternimmt Schritte in die richtige Richtung. Aber es muss definitiv noch mehr getan werden”, fordert Geoff Taylor. Einige der illegalen Seiten würden bei den Suchergebnissen immer noch vor legalen Angeboten wie iTunes oder Amazon auftauchen. Auch mit der Werbebranche kooperiert die BPI, um zu verhindern, dass seriöse Marken auf illegalen Websites Werbung für sich und ihre Produkte machen – und dadurch die Angebote unterstützen. Beistand fordert die Branche auch immer wieder von der britischen Regierung – „aber hier in Großbritannien haben wir diesbezüglich keine hohen Erwartungen”, gibt Paul Smernicki ernüchtert zu Protokoll. Geoff Taylor ist ähnlicher Meinung: „Obwohl sich die Regierung der diversen Probleme der Kreativindustrien bewusst ist und Verständnis zeigt, wurde bislang sehr wenig unternommen. Es ist schade, dass die Politik den Worten keine Taten folgen lässt.” Während illegale Services mit rechtlichen Schritten bekämpft werden, ist die britische Branche gleichzeitig darum bemüht, die Konsumenten an die verschiedenen legalen Angebote heranzuführen. Universal-Digital-Chef Paul Smernicki findet, dass legale Angebote heute viel interessanter seien als illegale. „Es gibt immer weniger Gründe, illegale Websites überhaupt zu nutzen. Vor allem AboDienste, die auch über ein mobiles Angebot verfügen, sind von großem Interesse”, so der Experte. Das sieht auch Harry so. Der hat längst begriffen, dass „legal das neue illegal ist”. Er steht am Picadilly Circus und wartet auf seine Freundin Olivia, während er sich durch Soundcloud klickt, und gerade eine neue britische Singer/Songwriterin entdeckt hat. To be continued auf Seite 18... | Renzo Wellinger