Auswirkungen der Käfigposition auf angstähnliches Verhalten von

Transcription

Auswirkungen der Käfigposition auf angstähnliches Verhalten von
Auswirkungen der Käfigposition auf
angstähnliches Verhalten von
Wistar-Ratten
Bericht zum Experimentalpsychologischen Praktikum
von
Marie-Luise Müller und Antonius Meier
Studierende der Psychologie / Mathematik
Betreuer: Prof. Dr. Rainer K. W. Schwarting, Yasemin Cal
Fachbereich Psychologie
Philipps-Universität Marburg
Marburg, im Februar 2007
2
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 Einleitung
7
9
2 Methode
13
2.1
Stichprobe/Versuchstiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
2.2
Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
2.3
Versuchsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14
2.3.1
Störvariablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
Versuchsablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
2.4.1
Gewöhnungsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
2.4.2
Testung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
2.4.3
Videoauswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17
Datenauswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18
2.4
2.5
3 Ergebnisse
19
3.1
Aufenthaltsdauer in der inneren Zone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
3.2
Anzahl der Zonenwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20
3.3
Aufrichtverhalten in der äußeren Zone
. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20
3.4
Aufrichtverhalten in der inneren Zone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
4 Diskussion
23
A Anleitungen
29
A.1 Handling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29
A.2 Verhaltenstestung Corral - Ablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30
B Deskriptive Statistiken
33
C Detaillierte Inferenzstatistiken
37
C.1 Kolmogorov-Smirnov-Anpassungstest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
C.2 ANOVA, t-Test, U-Test
37
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
D Standardisierter Auswertungsbogen
43
E Terminplan Corral-Testung
45
4
Abbildungsverzeichnis
2.1
Corral in der Testbox, Licht eingestellt . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17
3.1
3.2
3.3
3.4
Aufenthaltszeit in der inneren Zone .
Anzahl der Zonenwechsel . . . . . . .
Aufrichtverhalten äußere Zone . . . .
Aufrichtverhalten in der inneren Zone
.
.
.
.
19
20
20
21
B.1 Mittelwerte und Standardabweichungen aller Variablen . . . . . . . . . .
B.2 Mittelwerte und Standardabweichungen nach Gruppen, Tabelle 1 . . . .
B.3 Mittelwerte und Standardabweichungen, Tabelle 2 . . . . . . . . . . . . .
33
34
35
C.1 KS-Test Aufenthalt innere Zone . . . . . . . . . .
C.2 KS-Test Aufrichtverhalten innere Zone . . . . . .
C.3 KS-Test Aufrichtverhalten äußere Zone . . . . . .
C.4 KS-Test Zonenwechsel . . . . . . . . . . . . . . .
C.5 KS-Test alle Variablen 30 Min. Blöcke . . . . . .
C.6 KS-Test alle Variablen, 15 Min. Blöcke . . . . . .
C.7 ANOVA Aufenthalt innere Zone, Zeit . . . . . . .
C.8 ANOVA Aufenthalt innere Zone, Gruppen . . . .
C.9 ANOVA Zonenwechsel, Zeit . . . . . . . . . . . .
C.10 ANOVA Zonenwechsel, Gruppen . . . . . . . . . .
C.11 ANOVA Aufrichtverhalten äußere Zone, Zeit . . .
C.12 ANOVA Aufrichtverhalten äußere Zone, Gruppen
C.13 Aufrichtverhalten innere Zone, t-Test . . . . . . .
C.14 Aufrichtverhalten innere Zone, U-Test . . . . . . .
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
37
37
38
38
38
39
39
39
40
40
40
41
41
41
D.1 Standardisierter Auswertungsbogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
43
5
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
6
Zusammenfassung
Aus vorherigen Studien ist bekannt, dass Faktoren im Labor das Verhalten der Tiere beeinflussen können, und somit besonders auf Standardisierung geachtet werden muss, um
Konfundierung bei Experimenten zu vermeiden. In diesem Versuch wurde nun spezifisch
für das Labor der Psychologie in Marburg untersucht, ob die verschiedenen Reizeinflüsse,
welche aus der Anordnung der Käfige in der Käfighalterung resultieren, einen signifikanten Einfluss auf das angstähnliche Verhalten der Laborratten haben.
Auf Grund der Literatur wurde die Hypothese formuliert, dass sich die Gruppen unterscheiden werden. Verwendet wurden 24 naive Wistar-Ratten, welche auf zwei Gruppen
zu je 12 Tieren randomisiert wurden. Eine Gruppe wurde in 3 Käfigen oben in der Käfighalterung untergebracht, während die andere Gruppe in der unteren Reihe gehalten
wurde. Besonders augenmerklich waren die Unterschiede in der Beleuchtungsintensität in
den beiden Gruppen. Selbstverständlich unterscheiden sich auch andere Faktoren, doch
diese wurden nicht zusätzlich gemessen.
Nach einer Eingewöhnungsphase von 14 Tagen, wurden die Tiere in dem Offenfeld (Corral) für 30 Minuten getestet, wobei als Indikatoren für angstähnliches Verhalten, besonders auf das Explorations- und Vermeidungsverhalten geachtet wurde. Dieses Verhalten
wurde gefilmt und anschließend über Videokassetten ausgewertet.
Die Inferenrstatistischen Tests zeigten keinerlei signifikante Effekte, jedoch ist aus den
Daten ein tendenzieller Unterschied erkennbar.
Stichwörter
Wistar-Ratten, Angstverhalten, Umgebungsbedingungen, Käfigposition, Haltung, Offenfeld
7
8
Kapitel 1
Einleitung
Konfundierungseffekte sind die wohl unliebsamsten Ergebnisse bei einem Experiment.
Der mühevoll geplante Versuch wird unbrauchbar, da keine interne Validität mehr gegeben ist. Das bedeutet, dass Veränderungen der abhängigen Variable nicht mehr eindeutig
auf die Variation der unabhängigen Variable zurückgeführt werden können, da eventuelle
Störfaktoren interferieren.
Doch nicht immer wird eine Konfundierung als solche entdeckt. So gilt es mögliche Störfaktoren a priori ausfindig zu machen, sie zu eliminieren oder konstant zu halten, um
eine kausale Aussagekraft zu gewährleisten.
Nun ist anzunehmen, dass nicht nur bei der Arbeit mit Versuchspersonen viele Störfaktoren vorliegen, sondern gerade auch im Tierexperimentellen Bereich. Speziell interessiert
uns hier die Laborhaltung von Wistar-Ratten.
Schon aus anderen Studien geht hervor, dass die Wellenlänge der Beleuchtung die Aktivität von Mäusen beeinflusst (Spalding et al. 1969; zitiert nach Kolb & Whishaw [1])
und Leibesübungen die Reaktion der Tiere auf Stress reduzieren (Greenwood et al., 2002;
zitiert nach Kolb & Whishaw [1]). Auch kommt es zu einer Verstärkung der Schreckreaktion, wenn Ratten intensivem Licht ausgesetzt werden (Walker & Davis, 1997; zitiert
nach Pawlak & Weyers [3]). Zudem soll die Temperatur optimalerweise zwischen 20 und
24◦ C eingestellt sein, um so zu einem idealen Wachstum beizutragen (Allmann-Iselin,
2000; zitiert nach Kolb & Whishaw [1]).
Dieser Bericht soll nun speziell für das tierexperimentelle Labor der Psychologie, zur
Philipps Universität Marburg gehörig, herausfinden, ob Haltungsbedingungen die Tiere
in ihrem emotionalen Verhalten (z.B. Angst) beeinflussen. Obwohl eine standardisierte Haltung für alle Tiere angestrebt ist, wie die Konstanthaltung der Temperatur auf
23◦ C(+/- 1,5◦ C), konstanter hell/dunkel Zyklus etc., sind interindividuelle Unterschiede
in dem Einfluss der einströmenden Reize aus der Labor-Umwelt nicht immer zu vermeiden und/oder kontrollierbar.
9
10
KAPITEL 1. EINLEITUNG
Allein schon aus der Anordnung der Käfige ergeben sich Unterschiede. Die Ratten befinden sich in Käfigen, welche in einer Art Halterung angebracht sind. Daraus ergeben
sich unterschiedliche Käfigpositionen (oben rechts, oben Mitte, oben links, Mitte rechts
etc.), die wiederum zur Folge haben, dass die Außenfaktoren, wie Beleuchtung, Luftfeuchte, Belüftung und so weiter unterschiedliche Intensitäten in den jeweiligen Käfigen
hervorrufen.
Daher galt es in diesem Versuch die Tiere in verschiedenen Käfigpositionen unterzubringen und anschließend auf Unterschiede im Verhalten zu testen. Es war geplant, die
Tiere im Offenfeld (Corral) auf angstähnliches Verhalten zu testen, da dieses in Bezug
auf momentan stattfindende Forschung im erwähnten Institut von besonderem Interesse
ist. Bei dem Offenfeld handelt es sich um eine runde Apparatur, welche sich besonders
gut durch seine neutrale Erscheinung als Messinstrument für angstrelevantes Verhalten,
wie Vermeidung, Exploration etc. eignet. Bekanntlich vermeiden Ratten als nachtaktive
Nagetiere offene und helle Plätze, was sie von tagaktiven Spezies unterscheidet. Vermutlich beruht diese Differenz auf evolutionären Faktoren (Grillon, Pellowski, Merikangas &
Davis, 1997; zitiert nach Pawlak & Weyers [3])
Resultierend durch die helle Ausleuchtung (30 Lux) des Offenfeldes und das Fehlen etwaiger Ünterschlüpfeßollte das Zentrum als besonders aversiv wahrgenommen werden.
Dies sollte wiederum zu einer Vermeidung dessen und einer Bevorzugung der Randzonen
führen. Die lokomotorische Aktivität wie Zonenwechsel und auch das explorationsmotivierte Aufrichten (rearing) eignen sich ebenfalls als gutes Maß für angstrelevantes Verhalten (Clement & Chapouthier, 1998; zitiert nach Jeanette Löhn [2]). Demzufolge sollte
ein ängstliches Tier eine geringere Aufenthaltsdauer im Zentrum, geringeres Aufrichten,
bevorzugt in den Randzonen, und auch geringere lokomotorische Aktivität vorweisen als
ein weniger ängstliches Tier. Es sollen also, anhand der bereits besprochenen Indikatoren, spontane, unkonditionierte Reaktionen mit Vernachlässigung der Lerngeschichte
erhoben werden. Allerdings muss spezifiziert werden, dass auch furchtauslösendes Verhalten gemessen wird. Gray und McNaughton (2000, zitiert nach Pawlak & Weyers [3])
unterscheiden die Entstehung von Furcht und Angst. Während ersteres durch Fluchtoder Vermeidungstendenz ausgelöst wird, ergibt sich Angst eher bei einer Annäherungstendenz an die potenzielle Gefahr.
Die Käfigposition der Tiere wurde nun dahingehend manipuliert, indem ein Teil oben
und ein anderer Teil unten untergebracht wurde. Offensichtlich ist der Unterschied in der
Beleuchtung, da die Ratten oben einer wesentlich höheren Intensität an Licht ausgesetzt
sind als die unteren (65Lux oben auf Futter vs. 25 Lux unten auf Futter). Es ist anzunehmen, dass sich auch andere Faktoren unterscheiden, diese wurden jedoch nicht zusätzlich
gemessen. Dies müsste eventuell nachgeholt werden, stellt sich vielleicht a posteriori die
Frage, welche Faktoren genau einen Einfluss hatten.
11
Nach zwei Wochen im Labor wurden die Tiere in dem Offenfeld (Corral) getestet, wobei
besonders auf die bereits besprochenen Verhaltensweisen geachtet werden sollte, um so
eventuelle Unterschiede zwischen den Gruppen festzustellen. Man könnte erwarten, dass
gerade die starke augenscheinliche Beleuchtung oben (63 Lux, ideal sind 30 Lux) eine
ständige aversive Reizung auslöst, an die nach einiger Zeit habituiert wird. Dies könnte
sich eventuell auch auf andere Reizmodalitäten übertragen. Natürlich könnten daran
auch andere Faktoren beteiligt sein, dies gilt es zu determinieren, falls die Vermutung
bestätigt werden kann.
Auch können Unterschiede innerhalb der Gruppen auftreten, welche auf individuelle Unterschiede schließen lassen. Es ist möglich die Tiere in HOA (hoch angstähnliches Verhalten) und LOA (niedrig angstähnliches Verhalten) einzuteilen, wobei ihre Reaktivität
auf neue Reize und Psychomotorik herangezogen wird (Dellu, Piazza, Mayo, LeMoal
& Simon, 1996; Ellenbroek & Cools, 2002; Thiel, Müller, Huston & Schwarting, 1999;
Pawlak & Schwarting, 2002; zitiert nach Pawlak & Weyers [3]).
Jedoch kann man davon ausgehen, dass sich die individuellen Differenzen durch die Randomisierung der Gruppen aufgehoben haben sollten, demzufolge wurde im Rahmen dieser
Arbeit auf die doch etwas aufwendige Voraufteilung der Tiere verzichtet. Anschließend
bietet es sich an die individuellen Unterschiede auf Konsistenz zu untersuchen, welches
ebenfalls von diesem Praktikum nicht vorgenommen wurde.
Demzufolge, basierend auf der bereits erwähnten Literatur, vermuteten wir einen Unterschied zwischen den beiden Gruppen (oben und unten). Wir gingen sogar so weit
anzunehmen, dass die obere Gruppe weniger angstähnliches Verhalten zeigen würde, da
wie bereits beschrieben sie sich eventuell an die eher aversive hohe Lichtintensität und
voraussichtlich andere Faktoren gewöhnt haben und sich somit weniger schnell von neuen
Reizen verängstigen lassen würde.
Schlussfolgernd kann man festhalten, dass diese Arbeit zum Ziel hat herauszufinden,
ob die Käfigposition in der Käfighalterung und den damit verbundenen unterschiedlichen Bedingungen einen Einfluss auf das angstähnliche Verhalten der Versuchtiere hat.
Sprich: sind die Laborbedingungen von so salienter Natur, dass sie sich verstärkend oder
hemmend auf angstrelevantes Verhalten der Tiere auswirken?
12
KAPITEL 1. EINLEITUNG
Kapitel 2
Methode
2.1
Stichprobe/Versuchstiere
Für den Versuch wurden 24 naive, adulte, männliche Wistar-Laborratten (Lieferfirma:
Harlan Winkelmann, Borchen) verwendet. Die Tiere wogen bei ihrer Ankunft zwischen
259,0 und 278,5g (MW:269,9g), was einem Alter von acht Wochen entspricht.
In den Käfigen hatten die Versuchstiere freien Zugriff auf Futter und Wasser (mit Salzsäure angereichertes Leitungswasser aus Trinkflaschen). Es erfolgte keine Untersuchung auf
etwaige vorherrschende interindividuelle Unterschiede. Die Haltung erfolgte unter reizarmen Standardlaborbedingungen, welche unter anderem einen 12-Stunden-umfassenden
Hell-Dunkel-Zyklus (7 bis 19 Uhr) und einen klimatisierten Raum (23◦ C +/- 1,5◦ C)
umfassten.
Die Tiere wurden drei Tage vor dem angesetzten Testungstermin von 12 Versuchsleitern
(2 männlich, 10 weiblich) gehandhabt, wobei jeweils ein Versuchsleiter für zwei Ratten zuständig war. Bei der Testung wogen die Ratten zwischen 313,0 bis 385,0g (MW:343,96g).
2.2
Materialien
Die 24 Tiere wurden in 6 Käfigen (Polycarbonatkäfige, Größe 4, Maße B×H×T: 380 ×
200 × 590mm, Edelstahldeckel, erhöhte Ausführung) á vier Ratten (Gruppenhaltung)
gehalten, welche mit Schildern mit den entsprechenden Tiernummern (2072-2095) zur
Identifikation durch die Versuchsleiter versehen waren.
Die Ratten hatten freien Zugang zu Futter und Wasser (10ml 32% Salzsäure auf 25000ml
Leitungswasser). Die Käfige unterlagen reizarmen standardisierten Laborbedingungen
mit einem speziellen Hell-Dunkel Zyklus (7 bis 19 Uhr) und einer konstanten Klimatisierung (23◦ C +/- 1,5◦ C). Die Gewichtserfassung wurde mit einer digitalen Waage durchgeführt und anschließend das Ergebnis in einem standardisierten Tierstammdatenblatt
13
14
KAPITEL 2. METHODE
festgehalten.
Um das Explorationsverhalten und das damit verbundene Emotionsverhalten zu messen kam das Offenfeld (Corral) zum Einsatz. Bei dem Corral handelt es sich um eine
schwarze, oben offene, runde Apparatur aus Hartplastik (Durchmesser 79cm, 50,5 cm
hohe Außenwände, vgl. Abb. 2.1), was sich durch seine neutrale Gestaltung gut als
Screeningverfahren zur Messung emotionaler Verhaltensweisen und Explorationsverhaltens(Löhn, 2006[2]) eignet. Die Raumbeleuchtung wurde mit Hilfe eines Luxmeters auf
30 Lux eingestellt, diese Technik wurde auch bei der Messung der Lichtintensität der
jeweiligen Käfigpositionen (oben unter Futter 63 Lux, oben Mitte Käfigdeckel 28 Lux
versus unten unter Futter 25 Lux, unten Mitte Käfigdeckel 2 Lux; jeweils der mittlere
Käfig) verwendet.
Das Corral wurde durch einen schweren Vorhang (vgl. Abb. 2.1) vom Rest des Raumes
abgeschirmt, um eventuelle Störquellen wie zusätzlich eindringendes Licht auszuschalten.
Das Corral und der Transportkäfig wurden vorher mit Essigsäure desinfiziert, um so eine
standardisierte Ausgangsituation für alle Tiere zu schaffen.
Während der Testung wurden die Versuchstiere von einer Videokamera, die direkt über
der Apparatur angebracht war (vgl. Abb. 2.1), gefilmt und durch Videokassetten (eine
Kassette für je zwei Ratten á 30 Minuten) dokumentiert. Zum Auswerten des aufgenommen Verhaltens wurden Stoppuhren zur Messung der Aufenthaltszeit im Zentrum (Zone
B) verwendet und eine Folie mit den eingezeichneten Zonen (A= außen, B= Zentrum) auf
den Bildschirm angebracht, um den Zonenwechsel festzuhalten. Um Flüchtigkeitsfehler
bei der Messung der schon erwähnten Zonenwechsel und auch des Aufrichtens (Rearing
- Verhalten) zu vermeiden, kamen manuelle, mechanische Zähler zum Einsatz. Die erhobenen Daten wurden dann auf einem standardisierten Protokollbogen vom jeweiligen
Versuchsleiter eingetragen.
2.3
Versuchsplan
Ziel des Versuches war es, herauszufinden, ob Ratten, die in unterschiedlichen Käfigpositionen gehalten werden, sich hinsichtlich ihrer Ängstlichkeit unterscheiden. Folglich sind
die unabhängigen Variablen die Unterschiede in den Haltungsbedingungen, die sich aus
der Käfigposition ergeben: Luftzusammensetzung, Temperatur, Beleuchtungsintensität,
etc. Hierbei wurde das Hauptaugenmerk auf die offensichtlichste und am leichtesten zu
messende Variable Beleuchtung gelegt.
Als operationalisierte unabhängige Variable wurde die Käfigposition (oben vs. unten) definiert. Die abhängige Variable war die Ängstlichkeit und die operationalisierte abhängige
Variable das Verhalten im Corral, d.h. die Anzahl der Zonenwechsel, die Zeit in Zone B
2.3. VERSUCHSPLAN
15
( innen ), sowie das Aufrichten ( Anzahl Zone A, bzw. Zone B ).
Um Aussagen über den Einfluss der Käfigposition machen zu können, wurden die 24
Ratten in zwei Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe wurde in den drei Käfigen der oberen
Reihe untergebracht, die andere in den drei Käfigen der unteren Reihe. Zur Bestimmung des Helligkeitsunterschiedes wurde in beiden Reihen die Luxzahlen gemessen. In
der oberen Reihe unter dem Futter ergab die Messung 63 Lux und auf der Mitte des
Käfigdeckels 28 Lux; in der unteren Reihe waren es 25 Lux unter dem Futter bzw. 2 Lux
auf der Mitte des Käfigdeckels. ( zum Vergleich: Die Testung im Corral erfolgte unter
einer Beleuchtungsstärke von 30 Lux )
2.3.1
Störvariablen
Zur Kontrolle von Störvariablen wurden die Ratten bei ihrer Ankunft zufällig auf die Käfige verteilt. Weiterhin wurden Licht, Temperatur und Luftfeuchtigkeit auf konstantem
Niveau gehalten, sowie die Tiere durch mehrmaliges Handling an Menschen und Entnahme aus dem Käfig gewöhnt, so dass als einzige schwierig zu kontrollierende Störvariable
der Versuchsleiter zu nennen ist.
Um diese in den Griff zu bekommen, wurde jedem der 12 VL aus beiden Gruppen je ein
Tier zu gelost, sowie die Versuchsleiter durch Handlingübungen, mit einer nicht an dem
eigentlichen Versuch beteiligten Ratte, an den Umgang mit Ratten gewöhnt. Insbesondere wurden die Entnahme aus dem Käfig, das Wiegen der Tiere und der Transport in
die Versuchsanordnung geübt.
Da die aufgezeichneten Videos von den verschiedenen Versuchsleitern selbst ausgewertet
wurden, mussten individuelle Unterschiede möglichst ausgeglichen werden. Dies wurde
durch Auswertung eines Beispielvideos ( einer nicht am eigentlichen Versuch beteiligten Ratte ) und anschließende Einigung auf möglichst objektive Zählkriterien erreicht,
insbesondere konservatives Zählen der Aufrichtungsvorgänge.
Hier ist auch noch zu erwähnen, dass in der Handlingphase am 2. Tag eine Ratte aus
der oberen Gruppe mit einer aus der unteren Gruppe vertauscht wurde. Dieses wurde
jedoch noch am gleichen Tag bemerkt, so dass die beiden Ratten der anderen Bedingung
für jeweils ca. zwei Stunden ausgesetzt waren. Es wurde jedoch entschieden, die beiden Tiere im Versuch zu belassen, da sie zu diesem Zeitpunkt schon etwa zwei Wochen
unter den Testbedingungen gehalten wurden und die relativ kurze Zeit in der anderen
Umgebung durchaus vernachlässigt werden kann. Alle Ratten wurden ja auch zum Handling aus ihren Käfigen genommen, waren also ohnehin kurzfristig von ihren vorgegeben
Käfigpositionen entfernt.
16
2.4
KAPITEL 2. METHODE
Versuchsablauf
Der Versuch gliederte sich in drei aufeinander folgende Abschnitte, die Gewöhnungsphase
im Tierstall, die über einen Zeitraum von zwei Tagen stattgefundene Testung im Corral
(jedes Tier wurde nur einmal getestet, vgl. Anhang E) und die anschließende Auswertung
der Videobänder. In allen Phasen war ein VL für „seine“ zwei Ratten, eine aus jeder
Gruppe, zuständig.
2.4.1
Gewöhnungsphase
Die Ratten wurden am 10.11.2006 geliefert und zufällig auf die sechs Käfige, und damit
auch auf die beiden Gruppen, verteilt. Danach wurden sie ohne weiteres Treatment im
Tierstall belassen.
An den den drei Tagen vor der Testung wurden die Ratten von den Versuchsleitern
gehandhabt, um sie an die Prozedur der Testung und den dabei notwendigen Kontakt
mit Menschen zu gewöhnen. Dazu wurde jeweils eine Ratte aus ihrem Käfig genommen,
gewogen und fünf Minuten auf dem Schoß behalten. Dabei ließ man die Ratte explorieren
und gewöhnte sie durch mehrmaliges anheben an der Schwanzwurzel an diese, auch im
Versuch, verwendete Transportart.
2.4.2
Testung
Die eigentliche Testung fand am 24./25.11.2006 statt, wobei jeweils sechs Versuchsleiter
12 Ratten pro Tag testeten. Die Zuteilung der Versuchsleiter auf die Tage erfolgte nicht
mehr zufällig, da die zufällige Verteilung der Ratten auf die Versuchsleiter bereits zur
Randomisierung ausreichte. Die Versuchsleiter testeten ihre beiden Ratten nacheinander,
dabei wurde lediglich ausgelost, mit welcher Ratte begonnen wurde, um einen eventuellen
Einfluss der Reihenfolge auszuschließen.
Vorbereiten der Versuchsanordnung
Vor der Testung musste die Versuchsanordnung nach standardisierten Bedingungen vorbereitet werden. Die Beleuchtung in der Versuchsapparatur wurde mit Hilfe eines Luxmeters auf 30 Lux Weißlicht eingestellt, die Videoanlage wurde mit einem vorher beschrifteten Band bestückt, getestet und gestartet. Neben das Corral wurde ein Identifikationsschild mit dem Versuchskürzel ExPra und der Nummer der ersten Ratte gelegt.
Anschließend wurden das Corral und die Transportbox mit verdünnter Essigsäure gereinigt, um standardisierte Versuchsbedingungen zu schaffen.
Dann wurde die erste Ratte aus dem Käfig genommen, gewogen und mit dem Transportkäfig vom Tierstall in den Versuchsraum gebracht. Dort wurde die Ratte mit der Schnauze
2.4. VERSUCHSABLAUF
17
Abbildung 2.1: Corral in der Testbox, Licht eingestellt
auf die dem Eingang gegenüberliegende Wand gerichtet in die Mitte des Corrals gesetzt.
Um möglichst alle Umgebungseinflüsse auszuschließen wurde die Versuchsapparatur mit
einem schweren Vorhang verschlossen und anschließend der Versuchsraum verlassen.
Nach Ablauf von 30 Minuten wurde die Ratte aus dem Corral genommen und in ihren
Käfig zurückgesetzt. Nach dem Reinigen von Corral und Transportkäfig wurde dann der
Versuch mit der zweiten Ratte wiederholt.
2.4.3
Videoauswertung
Zur Auswertung der Videobänder wurde auf einem Fernsehgerät eine transparente Folie
angebracht, auf der die innere und äußere Zone aufgezeichnet waren. Die Auswertung
erfolgte in zwei aufeinander folgenden Durchgängen; im Ersten wurden die Anzahl der
Zonenwechsel und die Zeit, die sich die Ratte im Zentrum aufhielt, gemessen, im Zweiten
die Häufigkeit des Aufrichtens, jeweils separat für die innere und äußere Zone.
Zur Messung der Zeit wurde eine elektronische Stoppuhr und zur Zählung der Zonenwechsel und des Aufrichtens mechanische Counter verwendet. Zur einfacheren Handhabbarkeit und auch, um später Aussagen über die Zeit hinweg machen zu können, wurden
alle Daten in 5-Minuten-Blöcken erfasst und auf dem Auswertungsbogen notiert.
Die Auswertung wurde wie folgt standardisiert: Zuerst wurde der Startpunkt der Auswertung, der Zeitpunkt, an dem die Ratte im Corral losgelassen wurde, gesucht. An dieser
Stelle des Bandes wurde der Zähler des Videogerätes auf Null gesetzt, die Wiedergabe
wurde dazu pausiert. Anschließend wurden Counter und Stoppuhr auf Null gesetzt und
18
KAPITEL 2. METHODE
der Versuchsleiter setzte sich in die Beobachtungsposition. Mit dem starten des Videobandes begann dann die Datenerfassung. Nach jeweils fünf Minuten wurde das Band pausiert
und die bis dahin erfassten Daten auf dem Auswertungsbogen notiert. Die Counter bzw.
Stoppuhr wurden wieder auf Null gesetzt und die nächsten fünf Minuten ausgewertet,
bis von jeder Ratte jeweils die ersten 30 Minuten erfasst waren. Anschließend wurde die
Prozedur mit der Videoaufzeichnung der zweiten Ratte wiederholt.
2.5
Datenauswertung
Zunächst wurden deskriptive Statistiken erstellt, um einen Überblick über die Mittelwerte und Standardfehler der verschiedenen Variablen zu erhalten. Alle Variablen wurden
mit dem Kolmogorov-Smirnoff-Test auf Normalverteilung getestet und anschließend wurden die Zentrumszeit, das Aufrichtverhalten am Rand und die Zonenwechsel mittels Varianzanalyse mit Messwiederholung durchgeführt. Für das Aufrichtverhalten in der Mitte
wurde nur für den Gesamtwert (da in den 5-Minuten-Blöcken nicht normalverteilt) ein
t-Test für unabhängige Stichproben durchgeführt.
Bei allen Tests handelte es sich um zweiseitige Fragestellungen mit einer einheitlich
vorgegebenen Irrtumswahrscheinlichkeit α von 5%. (Weitere Details siehe Anhang) Alle deskriptiven und Inferenzstatistiken wurden mit SPSS 11.5 erstellt. Die graphische
Aufarbeitung der Ergebnisse, inklusive Mittelwert und Standardfehler, erfolgte mit dem
PC-Graphikprogramm Prism 3.0.
Kapitel 3
Ergebnisse
Nach dem Kolmogorov-Smirnoff Test sind alle erhobenen Variablen, ausgenommen das
Aufrichtverhalten in der inneren Zone normalverteilt (für detaillierte Ergebnisse vgl.
Anhang C.1).
3.1
Aufenthaltsdauer in der inneren Zone
Abbildung 3.1: Aufenthaltszeit in der inneren Zone
Betrachten wir zuerst die Aufenthaltsdauer der Ratten in der inneren Zone. Deutlich
zu sehen ist das Nachlassen der Aktivität im Laufe des Experiments (p < 0.001), sowie
die tendenziell längere Aufenthaltsdauer der Tiere aus der oberen Gruppe, die allerdings
nicht signifikant wird (p = 0, 433), vgl. Abb. 3.1.
19
20
3.2
KAPITEL 3. ERGEBNISSE
Anzahl der Zonenwechsel
Abbildung 3.2: Anzahl der Zonenwechsel
Auch an der Anzahl der Zonenwechsel lässt sich die zu Beginn erwartete nachlassende Aktivität der Ratten erkennen (p < 0, 001). Der Unterschied zwischen den beiden
Gruppen wird nicht signifikant (p = 0, 315) sondern lässt lediglich eine Tendenz zu mehr
Zonenwechseln von Ratten der oberen Gruppe erkennen, vgl. Abb. 3.2.
3.3
Aufrichtverhalten in der äußeren Zone
Abbildung 3.3: Aufrichtverhalten äußere Zone
Das Aufrichtverhalten ändert sich wie erwartet im Laufe des Versuchs; die Ratten werden
3.4. AUFRICHTVERHALTEN IN DER INNEREN ZONE
21
Abbildung 3.4: Aufrichtverhalten in der inneren Zone
weniger aktiv zum Ende hin(p < 0, 001). Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen
weist eine starke Tendenz zu weniger ängstlichem Verhalten der oberen Gruppe auf, er
wird auf dem 5% Niveau gerade nicht signifikant (p = 0, 051), vgl. Abb. 3.3.
3.4
Aufrichtverhalten in der inneren Zone
Schon an der Grafik (vgl. Abb. 3.4) wird erkennbar, dass das Aufrichtverhalten im Zentrum starken Schwankungen unterworfen ist, was sich auf die geringe Häufigkeit des
Aufrichtens zurückführen lässt.
Da für das Aufrichtverhalten im Zentrum keine Normalverteilung vorausgesetzt werden
kann, wurde hierfür ein t-Test durchgeführt, der mit einem U-Test abgesichert wurde.
Beide ergaben keinen signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen (p = 0, 171 für
den t-Test, p = 0, 78 für den U-Test); allerdings lässt sich auch hier eine Tendenz zu
häufigerem Aufrichten von Tieren der oberen Gruppe erkennen.
22
KAPITEL 3. ERGEBNISSE
Kapitel 4
Diskussion
Dieser Versuch hatte zur Aufgabe festzustellen, ob sich die Labortiere in den Bedingungen Käfigposition oben, Käfigposition unten, in ihrem angstähnlichen Verhalten voneinander unterscheiden. Die erzielten Ergebnisse können folgendermaßen zusammengefasst
werden:
1. Die Ratten aus den Käfigen 1 bis 3, welche sich in der Käfighalterung oben befanden, unterschieden sich nicht signifikant von den Ratten aus den Käfigen drei bis
sechs, in der Käfighalterung unten angebracht, in ihrer lokomotorischen Aktivität
(Zonenwechsel) innerhalb und zwischen den sechs 5-Minuten–Blöcken.
2. Ebenfalls ergab sich kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen
für den Aufenthalt im Zentrum innerhalb und zwischen den 6 fünf – Minuten –
Blöcken.
3. Das Aufrichten im Zentrum erzielte keinen statistisch signifikanten Unterschied
zwischen den Gruppen oben und unten auf die Gesamtzeit von 30 Minuten.
4. So zeigte auch das Aufrichten außen keinerlei Signifikanz zwischen den Tieren unten
verglichen mit den Tieren oben positioniert innerhalb und zwischen den 6 fünf –
Minuten – Blöcken.
Zusammen fassend lässt sich festhalten, dass ein statistisch signifikanter Unterschied
nicht auffindbar war, die Gruppen sich jedoch tendenziell unterschieden. Das heißt, dass
die Tiere aus den oberen Käfigen sowohl im Aufrichtverhalten als auch in ihrer Lokomotorik aktiver waren.
Vorherige Studien bezogen sich eher auf den Einfluss von bestimmten Laborbedingungen wie Beleuchtung, Temperatur und Bewegung auf Entwicklung, Stressverhalten und
Aktivität im Allgemeinen, nicht aber auf angstähnliches Verhalten. Und doch nahmen
wir an, dass sich die Gruppen auf Grund der angeführten vorherigen Ergebnisse(siehe
23
24
KAPITEL 4. DISKUSSION
Einleitung), in ihrem angstähnlichen Verhalten voneinander unterscheiden würden. Obwohl unsere Annahme nach Auswertung der Daten statistisch nicht untermauert werden
konnte lässt sich eine gewisse Tendenz nicht verleugnen. Die Position in der Käfighalterung und den damit verbundenen unterschiedlichen Bedingungen wie Lichtintensität,
Belüftung etc. haben somit wahrscheinlich keinen, oder nur einen sehr geringen Einfluss auf das angstähnliche Verhalten und wir können sie als eventuelle Störvariablen
vernachlässigen.
Selbstverständlich stellt sich nun die Frage, aus welchen Gründen die Tendenz nicht
signifikant nachzuweisen war. Zu nennen wären da zu Beginn die uns schon a priori
bekannte Störvariable Versuchsleiter. Insgesamt wirkten an diesem Versuch 12 Versuchsleiter mit, die je 2 Tiere handhabten und testeten. Die zu erwartende Varianz zwischen
den Versuchsleitern sollte relativ konstant gehalten werden:
• indem ein vorheriges Training mit einer so genannten lebendigen „Übungsratte“
durchgeführt wurde
• jeder Versuchsleiter sollte sich möglichst gleich verhalten
• die Gewöhnungsphasen und die Testungen wurden durch strickte Abläufe standardisiert
Doch lassen sich Unterschiede nicht vermeiden, wie allein schon die Tatsache zeigt, dass
jedes Individuum einen für sich speziellen Geruch besitzt und auch anderes Verhalten
bei der Stressbewältigung zeigt. Ratten sind sehr empfindliche Tiere und nehmen kleinste Veränderungen im Verhalten wahr, wahrscheinlich wesentlich mehr als menschliche
Versuchpersonen wahrzunehmen vermögen. Auch wenn durch das Handling die Ratte
sich an ihren jeweiligen Versuchsleiter und vice versa gewöhnen sollte, überwand doch
jeder unterschiedlich, oder auch gar nicht, seine Berührungsangst. Ein nervöses, ängstliches Verhalten kann sich auf das Tier übertragen, daher wird hier höchstwahrscheinlich
ein Konfundierungseffekt vorliegen; Angst relevantes Verhalten im Corral ist nicht mehr
nur auf die Laborbedingungen zurückführbar, sondern auch zum Teil auf den eventuell
ängstlichen, nervösen Versuchsleiter.
Auch die Auswertung erfolgte durch 12 verschieden Versuchsleiter. Gerade das Erheben des zu beobachtenden Aufrichtverhaltens bereitete vielen Probleme, welche auf die
fehlende Erfahrung zurückzuführen sind. Auch hier ist die Konstanthaltung durch die Einigung auf ein besonders konservatives Auswahlverfahren und vorheriges Training durch
einen Testlauf, um Varianz möglichst gering zu halten, nicht vollends geglückt, da die
Unterschiede zwischen den Individuen nie ganz verschwinden werden und können.
Erwähnenswert ist ein Missgeschick der Versuchsleiter, in dem zwei Ratten am Mittwoch,
dem 22.11.2006, zwei bzw. drei Tage vor der Testung während der Gewöhnungsphase
25
vertauscht wurden und fälschlicherweise in anderen Käfigen saßen. Ein Tier aus einem
oberen Käfig befand sich für ca. zwei Stunden in einem unteren Käfig und andersherum.
Wir haben uns entschieden die Tiere und ihre Käfige in der Wertung zu behalten, da
diese Situation für nur zwei Stunden bestand und die Tiere sich bis dato auch schon 12
Tage in den Bedingungen oben oder unten befanden. Wir nehmen an, dass eventuelles,
bedingungsspezifisches Verhalten schon so weit gefestigt wurde, dass zwei Stunden keinen
entscheidenden Einfluss haben sollten.
Es bietet sich an, einen Retest anzusetzen, der im Rahmen dieses Versuchs nicht eingeplant wurde. Es wäre wichtig zu messen, wie konsistent das Verhalten ist oder ob es sich
verändert je länger die Tiere im Labor bleiben. Ist eine Konstanz vorhanden, sollte das
gemessene Verhalten im Offenfeld die gleichen Ergebnisse im Retest erzeugen; dies wäre
noch zu erbringen.
Bei der Betrachtung der deskriptiven Daten, lässt sich erkennen, dass eine Tendenz in den
Mittelwerten in Richtung mehr Aktivität in der Gruppe Käfigposition oben vorhanden
ist. Interessanterweise scheint dies unsere a priori erstellte Vermutung zumindest teilweise zu stützen. Dabei sei aber wiederholt angemerkt, dass sich die Mittelwerte statistisch
nicht signifikant unterscheiden, auch wenn eine gewisse Tendenz nicht zu verleugnen ist.
Gerade diese Tendenz könnte jedoch Anlass zu vertiefenden Studien geben, um festzustellen, ob eine eventuelle Gewöhnung an eher aversive Bedingungen nicht doch zu einem
signifikanten Einfluss auf angstrelevantes Verhalten führen könnte.
So wäre es ja interessant und für Verhaltenstherapieverfahren aufschlussreich, ob durch
eine vorherige lang anhaltende Aussetzung aversiver Reize zu einer Habituation führt,
die eventuell zur Folge hat, dass sich das verringerte vermeidende Verhalten auf andere Modalitäten, bzw. Situationen überträgt. Natürlich müssten vorher die speziell als
aversiv wahrgenommen Reize experimentell erhoben werden, dass heißt, welche der sich
unterscheidenden Faktoren als besonders unangenehm wahrgenommen werden.
Abschließend lässt sich sagen, dass der Versuch gezeigt hat wie wichtig es ist etwaige
Störvariablen zu identifizieren, umso eine saubere Messung zu gewährleisten. Speziell
für diesen Versuch kann man festhalten, dass die Käfigposition im Labor und die daraus resultierenden Einwirkungsfaktoren aus der Laborumwelt, wie Luftfeuchtigkeit, Beleuchtung, etc., keinen statistisch nachweisbaren Einfluss auf das im Corral gemessenen
Verhalten hatten.
26
KAPITEL 4. DISKUSSION
Literaturverzeichnis
[1] Whishaw, Ian Q., & Kolb, Bryan.(2005). The Behaviour of the Laboratory Rat: A
Handbook with Tests.
Oxford: University Press
[2] Löhn, Jeanette. (Diplomarbeit). (2006). Striatale Mikroinjektion bei der Laborratte:
Auswirkung des Interleukin-2 auf das Verhalten im Offenfeld
Marburg
[3] Pawlak, Cornekius R. & Weyers, Peter. (2006). Tiermodelle für Angst und Angststörungen: Ausgewählte Modelle und Ansätze zur Untersuchung indiviueller Differenzen.
Psychologische Rundschau, 57(3), 139-153.
Göttingen: Hogrefe Verlag.
27
28
LITERATURVERZEICHNIS
Anhang A
Anleitungen
A.1
Handling
5 Minuten pro Tier und Tag
Handling-Tag 1
• Laborkittel anziehen (ggf. Atemmaske und Einweghandschuhe)
• Tierdatenblatt, Waage, Stoppuhr und eine dicke Schicht Papiertücher bereitstellen
• Tier aus dem Käfig nehmen und wiegen, Gewicht im Tierdatenblatt notieren
• VL setzt sich auf einen Stuhl, legt sich ausreichend Papiertücher auf den Schoß
und transportiert das Tier von der Waage auf den Schoß
• Stoppuhr starten
• Die ersten 2,5 Minuten das Tier auf dem Schoß schnüffeln und explorieren lassen,
VL verhält sich eher passiv, greift nur als Randbegrenzung ein, wenn sich das Tier
zu sehr entfernen will
• Die restlichen 2,5 Minuten das Tier auch aktiv streicheln und kraulen
Handling-Tag 2
• Laborkittel anziehen (ggf. Atemmaske und Einweghandschuhe)
• Waage, Stoppuhr und eine dicke Schicht Papiertücher bereitstellen
• Tier aus dem Käfig nehmen und wiegen, Gewicht im Tierdatenblatt notieren
29
30
ANHANG A. ANLEITUNGEN
• VL setzt sich auf einen Stuhl, legt sich ausreichend Papiertücher auf den Schoß
und transportiert das Tier von der Waage auf den Schoß
• Stoppuhr starten
• Die erste Minute das Tier auf dem Schoß schnüffeln und explorieren lassen, dabei
auch aktiv streicheln und kraulen
• Innerhalb der restlichen vier Minuten das Tier vier mal vorsichtig an der Schwanzwurzel (nicht an der Schwanzspitze!!!) für jeweils 2-3 Sekunden hochheben und
damit an den Griff gewöhnen
Handling-Tag 3
• Laborkittel anziehen (ggf. Atemmaske und Einweghandschuhe)
• Waage, Stoppuhr und eine dicke Schicht Papiertücher bereitstellen
• Tier aus dem Käfig nehmen und wiegen, Gewicht im Tierdatenblatt notieren
• VL setzt sich auf einen Stuhl, legt sich ausreichend Papiertücher auf den Schoß
und transportiert das Tier von der Waage auf den Schoß
• Stoppuhr starten
• Das Tier auf dem Schoß schnüffeln und explorieren lassen, dabei auch aktiv streicheln und kraulen. Insgesamt fünf mal vorsichtig an der Schwanzwurzel für jeweils
2-3 Sekunden hochheben und damit an den Griff gewöhnen
A.2
Verhaltenstestung Corral - Ablauf
Vorbereitung im Verhaltenslabor
• Video einlegen, Probeaufnahme zu Beginn des Tages und bei jeder neuen Videokassette
• Schilder mit TierNr, Name des Versuchs und Datum vorbereiten
• Beide Hinweisschilder an den Türen (Außentür & Verhaltenslabor) umdrehen, Licht
im Vorraum ausschalten, Telefonhörer aushängen
• Testbedingungen im Labor schaffen
– Corral-Position
A.2. VERHALTENSTESTUNG CORRAL - ABLAUF
31
– Raumbeleuchtung ausschalten, weißes Licht über dem Corral einschalten, mit
Hilfe des Luxmeter und des Drehreglers auf der linken Seite 30 Lux einstellen
(Licht muss zuvor mindestens 10 Minuten eingeschaltet gewesen sein)
– Corral mit Essig-Säure-Lösung reinigen
• Schild mit TierNr sichtbar neben dem Corral positionieren und Video einschalten
Testung:
• Kleinen Transportkäfig mit Essigsäure-Lösung säubern und in den Tierstall stellen
• Gruppenkäfig auf den Tisch stellen
• Ratte aus dem Gruppenkäfig nehmen, wiegen und Gewicht im Tierdatenblatt notieren, Ratte im Transportkäfig zum Verhaltenstest transportieren
• Ratte in die Mitte des Corrals setzen und sich im Anschluss daran zügig entfernen,
Vorhang zuziehen
• Leise rausgehen, Tür schließen und Stoppuhr auf 30 min stellen
Nach jeder Testung:
• Tier aus dem Corral nehmen, im Transporttkäfig zurück in den Tierstall und dort
wieder in den Gruppenkäfig setzen
• Corral reinigen, neues Schild bereitlegen, evtl. Video wechseln
Nach Ende des Versuchstages:
• Endreinigung und Aufräumen
• Hinweisschilder an den Türen umdrehen und Telefonhörer einhängen
32
ANHANG A. ANLEITUNGEN
Anhang B
Deskriptive Statistiken
Abbildung B.1: Mittelwerte und Standardabweichungen aller Variablen
33
34
ANHANG B. DESKRIPTIVE STATISTIKEN
Abbildung B.2: Mittelwerte und Standardabweichungen nach Gruppen, Tabelle 1
35
Abbildung B.3: Mittelwerte und Standardabweichungen, Tabelle 2
36
ANHANG B. DESKRIPTIVE STATISTIKEN
Anhang C
Detaillierte Inferenzstatistiken
C.1
Kolmogorov-Smirnov-Anpassungstest
Abbildung C.1: KS-Test Aufenthalt innere Zone
Abbildung C.2: KS-Test Aufrichtverhalten innere Zone
C.2
ANOVA, t-Test, U-Test
37
38
ANHANG C. DETAILLIERTE INFERENZSTATISTIKEN
Abbildung C.3: KS-Test Aufrichtverhalten äußere Zone
Abbildung C.4: KS-Test Zonenwechsel
Abbildung C.5: KS-Test alle Variablen 30 Min. Blöcke
C.2. ANOVA, T-TEST, U-TEST
Abbildung C.6: KS-Test alle Variablen, 15 Min. Blöcke
Abbildung C.7: ANOVA Aufenthalt innere Zone, Zeit
Abbildung C.8: ANOVA Aufenthalt innere Zone, Gruppen
39
40
ANHANG C. DETAILLIERTE INFERENZSTATISTIKEN
Abbildung C.9: ANOVA Zonenwechsel, Zeit
Abbildung C.10: ANOVA Zonenwechsel, Gruppen
Abbildung C.11: ANOVA Aufrichtverhalten äußere Zone, Zeit
C.2. ANOVA, T-TEST, U-TEST
Abbildung C.12: ANOVA Aufrichtverhalten äußere Zone, Gruppen
Abbildung C.13: Aufrichtverhalten innere Zone, t-Test
Abbildung C.14: Aufrichtverhalten innere Zone, U-Test
41
42
ANHANG C. DETAILLIERTE INFERENZSTATISTIKEN
Anhang D
Standardisierter Auswertungsbogen
Abbildung D.1: Standardisierter Auswertungsbogen
43
44
ANHANG D. STANDARDISIERTER AUSWERTUNGSBOGEN
Anhang E
Terminplan Corral-Testung
Freitag, 24.11.2006
Uhrzeit
Name
8:15 - 9:45 Uhr
Katrina Cebulla
Ratte oben“
”
2077
Ratte unten“
”
2086
9:45 - 11:15 Uhr
Antonius Meier
2081
2094
11:15 - 12:45 Uhr
Sabine König
2082
2093
12:45 - 14:15 Uhr
Eugen Wassiliwizky
2083
2090
14:15 - 15:45 Uhr
Alexandra Nadler
2078
2089
15:45 - 17:15 Uhr
Andrea Rückels
2073
2088
Samstag, 25.11.2006
Uhrzeit
Name
8:15 - 9:45 Uhr
Kati Trümmer
Ratte oben“
”
2080
9:45 - 11:15 Uhr
Nadine Weber
2076
2092
11:15 - 12:45 Uhr
Marie-Luise Müller
2075
2087
12:45 - 14:15 Uhr
Christina Rakel
2072
2091
14:15 - 15:45 Uhr
Katharina König
2079
2085
15:45 - 17:15 Uhr
Stefanie Werning
2074
2084
45
Ratte unten“
”
2095