Einführung und musikalischer Hintergrund

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Einführung und musikalischer Hintergrund
Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT
Einführung
Einführende Gedanken und musikalische Hintergründe
zum Projekt WILDCAT
Von Henry Westphal
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Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT
Einführung
Der Gitarrenverstärker als klangbildendes Teil des Instruments und
Teil des künstlerischen Gesamtkontexts
Der Gitarrenverstärker ist weit mehr als ein linearer Signalverstärker. Sein Übertragungsverhalten ist
erheblich komplexer als das eines HiFi-Verstärkers. Er ist klangbildender Teil des Instruments. Die von
ihm hinzugefügten Oberschwingungen sind für das Klangbild der E-Gitarre konstituierend.
Die ersten Gitarrenverstärker aus den 1940-er Jahren hatten erhebliche technische Limitationen.
Diese ergaben ein charakteristisches Klangbild und dieses wurde in den sich in den 1940-er Jahren
entwickelnden Spielstil integriert. Da sich alle nachfolgenden Musikergenerationen klanglich auf ihre
Vorgänger und damit letztendlich auf diese Ursprungszeit bezogen haben, ist das subjektive
Gütemerkmal eines Gitarrenverstärkers auch heute noch das Erreichen einer ganz bestimmten, den
Originalgeräten entsprechenden, charakteristischen Signalverzerrung.
Dies wird auch heute noch in den allermeisten hochwertigen Profigeräten durch den Einsatz der in
den Originalgeräten der 1940-er bis 1960-er Jahre verwendeten Röhrenschaltungen realisiert.
Ansätze, das gewünschte Übertragungsverhalten mit Halbleiterbauelementen zu simulieren konnten
sich bis heute nicht auf dem Markt durchsetzen, während gleichzeitig in den letzten Jahren direkte
Nachbauten von Geräten der 1950-er und 1960-er Jahre erneut mit großem Erfolg in den Handel
gebracht wurden.
Auch heute noch: ungebrochene Dominanz der Röhrentechnik bei Gitarrenverstärkern
Der allergrößte Teil der, bereit seit Ende der 1980-er Jahre wieder kontinuierlich wachsenden,
Produktion von Röhren wird an die Hersteller von Gitarrenverstärkern ausgeliefert.
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Wenn man versucht, über einen HiFi-Verstärker Gitarre zu spielen, dann ist das überhaupt nicht
inspirierend. Es geht beim Gitarrenverstärker nicht um "Verstärkung" im Sinne der Multiplikation mit
einem konstanten Faktor sondern um die Ermöglichung eines bestimmten musikalischen Ausdrucks.
Der emotionale Wert eines Gitarrenverstärkers wird aber nicht nur durch seinen Klang begründet:
Den Live-Auftritt einer Band wird oft als Gesamtkunstwerk gesehen. Das fängt bei der sorgfältig
ausgesuchten Bühnenkleidung an und hört bei der Musik als solche auf. In diesem Kontext sind
Gitarrenverstärker keine Technischen Geräte im herkömmlichen Sinne, die lediglich in Bezug auf ihren
Nutzwert relevant sind, sondern sie sind Teil dieses Gesamtkunstwerks. Daher hat es einen ideellen,
künstlerischen Wert, wenn sie authentisch, genauso wie in den 1950-er Jahren, ohne Halbleiter und
ohne Leiterplatten aufgebaut sind. Hierzu Gitarrist Axel Praefcke von der Band „Ike and the Capers“
sinngemäß: „Als ich über den handverdrahteten Deluxe gespielt habe, da habe ich mich einfach
gut dabei gefühlt, in dem Wissen, das der Verstärker absolut original ist, das da nicht noch irgendwo
heimlich ein Chip versteckt ist. Da konnte ich dann auch noch mal anders spielen. Es hat durch das
Wissen um das Innenleben des Verstärkers noch mehr Spaß gemacht.“
Damit ist auch die Frage danach beantwortet, ob die dem Originalklang immer besser
entsprechenden Simulationen von Röhrenverstärkern mit DSP-Algorithmen einmal dazu führen
werden, daß die klassischen Röhrenverstärker verdrängt werden. Man stelle sich etwa ein klassisches
Sinfoniekonzert vor, bei dem der Bechstein-Flügel oder das Stradivari-Cello durch, wenn auch perfekt
wie das Original klingende, elektronische Instrumente ersetzt sind.
Klassische Technik im WILDCAT Deluxe Authentic
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Technik- und Kulturgeschichte der E-Gitarre sind untrennbar
miteinander verbunden.
Die revolutionäre Umwälzung der populären Musikkultur Mitte der 1950-er Jahre ist nur im Kontext mit
der damaligen, ebenfalls stürmischen technischen Entwicklung zu verstehen. Erst die zu Beginn der
1950-er Jahre neue Möglichkeit der hochqualitativen Aufzeichnung von Musik und deren
flächendeckende Verbreitung durch Radio und auch Fernsehen bei gleichzeitigem Vorhandensein
der Empfangs- und Wiedergabegeräte in praktisch allen Haushalten hat die Entwicklung und
Verbreitung des Rock'n' Roll und der aus ihm sich weiterentwickelnden Stilen möglich gemacht. Hier
ist deutlich die Beeinflussung von Medien inhalten durch eine neue Medientechnik zu erkennen.
Scotty Moore, Elvis Presley und Bill Black live on Stage.
Durch eine Ironie der Geschichte wurde in diesem Zuge die E-Gitarre zum Instrument mit den
stärksten und vielfältigsten Ausdrucksmöglichkeiten, womit sie bis heute das Leit- und Soloinstrument
der Rock- und Popmusik geblieben ist:
Die Verstärker der 1940-er und 1950-er -Jahre gerieten sehr schnell in die Übersteuerung, der
begrenzte Frequenzgang vermied aber hierbei unangenehme, scharfe Höhenanteile. Die damals
verwendeten Röhrenschaltungen mit schwacher oder gar keiner Gegenkopplung führten zu einem
"sanften" Einsatz der Übersteuerung. Das Resultat: Der Ton der Gitarre wird durch faszinierende
Obertöne angereichert, während gleichzeitig eine Dynamikkompression stattfindet. Der Gitarrist kann
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nun einerseits kurze und aggressive, provozierend wirkende, Töne von sich geben, aber auch
andererseits Töne nahezu beliebig lange ausklingen lassen.
Die Parallele zur klassischen Musik ist offensichtlich. Die Leitinstrumente Cello und Geige verfügen
genau über die genannten Möglichkeiten, einerseits kurz und aggressiv zu spielen als auch mit
langsamen Streichen des Bogens sehr lange, in ihrer Lautstärke nahezu unveränderte Töne zu
erzeugen. Die reichen Oberschwingungen eines gestrichenen Cellotons erinnern zudem stark an den
satten Klang einer den Verstärker übersteuernden E-Gitarre.
Das Ziel der Entwickler von Gitarrenverstärkern in den 1940-er bis 1960- er Jahren war jedoch die
möglichst unverzerrte Wiedergabe des originalen Gitarrentons, also des Gegenteils dessen, was uns
heute an den Gitarrenverstärkern der damaligen Zeit wertvoll erscheint. Wenn es die damaligen
technischen Möglichkeiten den Entwicklern erlaubt hätten, ihre Ziele zu erreichen, dann hätten wir
heute wahrscheinlich eine Rock- und Popmusik mit Bläsern oder elektronischen Orgeln als
Leitinstrument und die E-Gitarre würde ein Schattendasein fristen.
Dies soll an einem prägnanten Beispiel illustriert werden: Die ersten Gitarrenverstärker nutzten
Röhrendioden als Netzgleichrichter. Die Lade- und Siebkondensatoren besaßen, entsprechend der
damaligen technischen Möglichkeiten, nur geringe Kapazitäten im Bereich von 10 bis 20uF. Das führt
zu einem schnellen und starken Einbruch der Versorgungsspannung, wenn man (ausgehend von der
Stille) die Gitarre laut anschlägt. Im ersten Moment des Tons entladen sich die Kondensatoren des
Netzteils, die Ausgangsleistung ist bei unverzerrtem Signal hoch, im weiteren Verlauf des Tones ist die
Ausgangsleistung bei verzerrtem Signal kleiner.
Lade- und Siebkondensatoren mit kleinen Kapazitäten im FENDER Deluxe (1959)
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In den 1960-er Jahren hat man dann, im Sinne einer "technischen Verbesserung" Siliziumdioden und
größere Kondensatoren eingesetzt. Die Versorgungsspannung steht damit stabil an, unabhängig von
der Lautstärke. Die zusätzliche Lebendigkeit durch die beschriebene Dynamikveränderung war damit
jedoch verschwunden. Es klang inicht mehr so interessant. Heute setzt man in der Kenntnis dieser
Zusammenhänge wieder ganz bewußt Röhrengleichrichter ein.
Gleichrichterröhre 5Y3 im WILDCAT Deluxe Authentic
An dieser Stelle seien zwei, der großen Mehrheit unbekannte, Gitarristen hervorgehoben, die aber
vermutlich die Gitarristen sind, die bisher von den meisten Menschen dieser Welt gehört wurden, von
denen bisher weltweit die meisten Aufnahmen verkauft wurden und die als Pioniere die auch noch
heute übliche Art, die E-Gitarre zu spielen mit hervorgebracht und vor allem flächendeckend
bekanntgemacht haben.
Es sind Scotty Moore und Hank Garland, die beiden ersten Gitarristen von Elvis Presley.
Von 1954 bis heute (2007) wurden 1,8 Milliarden = 1.800.000.000 Elvis-Platten bzw. CDs verkauft. Bei
einer derzeitigen (2007) Weltbevölkerung von 6,6 Milliarden Menschen bedeutet das rechnerisch eine
Elvis-Platte auf 3,7 Menschen.
Keith Richards von den Rolling Stones hat es einmal so formuliert:
"When I heard Heartbreak Hotel, I knew what I wanted to do in life. It was as plain as day. All I
wanted to do in the world was to be able to play and sound like that. Everyone else wanted to be
Elvis, I wanted to be Scotty"
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Scotty Moore hat bereits 1954 auf der ersten Aufnahmen von Elvis Presley mitgespielt und war bis
1957 auf allen Aufnahmen von Elvis Presley mit dabei und hat, nach einer kurzen Unterbrechung
1957, bis 1968 mit ihm zusammengearbeitet. Er hat hierbei den damals neu aufkommenden Stil des
Rock'n' Roll mit definiert.
Scotty Moore, D.J. Fontana, Elvis Presley und Bill Black live on Stage.
Hank Garland hat in der Zeit von 1958 bis 1961 bei vielen Aufnahmen von Elvis Presley mitgespielt.
Indem er als gefragter Session-Musiker in Nashville mit Hunderten von Künstlern arbeitete und zudem
als Jazz-Gitarrist aktiv war erweiterte er das Spektrum der Ausdrucksformen des sich zum Pop hin
entwickelnden Rock'n' Roll erheblich.
Hank Garland
Selbstverständlich gibt es noch viele andere, nicht minder bedeutende Gitarristen, die hier, aufgrund
willkürlicher Auswahl, nicht erwähnt sind.
Die musikalischen Meilensteine, die von Scotty Moore und Hank Garland gesetzt wurden, sind
untrennbar mit den beiden legendären Verstärkern FENDER DELUXE und FENDER BASSMANN 5F6-A
verbunden. Diese beiden Verstärker sind, als Technische Meilensteine der Verstärkerentwicklung, bis
heute die bedeutendsten Gitarrenverstärker überhaupt.
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Scotty Moore hat in den Jahren 1945 und 1955, in der die legendären Sun-Studio Aufnahmen mit
Elvis Presley entstanden, über einen FENDER DELUXE 5B3 gespielt. Als Beispiel sei hier die bekannte
Aufnahme "That's allright Mama" genannt. Hank Garland hat bei vielen Aufnahmen mit Elvis Presley
über einen FENDER BASSMAN 5F6-A gespielt, etwa bei der bekannten Aufnahme "Little Sister" aus
dem Jahr 1961.
Die Schaltung des BASSMAN 5F6-A aus dem Jahre 1959 wurde von hunderten von anderen
Herstellern kopiert und ist bis heute in unzähligen Verstärkermodellen im Einsatz. Die bekannteste
BASSMAN-basierten Verstärker sind die britischen MARSHALL-Verstäker. Der erst MARSHALL-Verstärker,
der JTM45, war ein direkter Nachbau des BASSMAN, der damals aufgrund von
Importbeschränkungen in England nicht erhältlich war. (Der andere, charakteristische Klang des
Marshall wird durch dessen, im Gegensatz zum BASSMAN, geschlossene Lautsprecherbox bedingt).
Ein FENDER Bassman 5F6-A, wie ihn Hank Garland gespielt hat
Ironischerweise kam der FENDER BASSMAN 5F6-A als Bassverstärker auf den Markt. Er hatte jedoch,
entsprechend der damaligen technischen Möglichkeiten, eine untere Grenzfrequenz von 90 Hz. Dies
ist relativ hoch, wenn man es mit der unteren Hörgrenze von 40 Hz vergleicht. Im Zuge des
technischen Fortschritts kamen jedoch schnell Bassverstärker auf den Markt, die tiefere untere
Grenzfrequenzen boten. Die Bassisten stiegen auf diese um, womit dann viele Exemplare des
BASSMAN günstig an Gitarristen weitergegeben wurden, die schnell auf dessen besondere klangliche
Qualitäten in Verbindung mit der Gitarre aufmerksam wurden.
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Das Konzept des DELUXE, eine kleine Ausgangsleistung von nur knapp 15W, wenige Bedienelemente,
wenige aber hochwertige Bauelemente in höchster Güte verarbeitet, wurde in der letzten Zeit von
vielen Herstellern wieder aufgenommen, diese sogenannten "Recording Amps" in Röhrentechnik
erzielen im High-End Segment des Gitarrenverstärkermarkts stolze Preise. Jüngst hat Fender selbst eine
Neuauflage des DELUXE auf den Markt gebracht.
Ein FENDER Deluxe 5B3, wie ihn Scotty Moore bis 1956 gespielt hat
Inzwischen haben der BASSMAN und der DELUXE Kultstatus erreicht. Originalgeräte erzielen, etwa bei
Ebay-Auktionen astronomische Preise in der Größenordnung von 6000$ . Inzwischen wurden sie sogar
vom Originalhersteller Fender in (mehr oder weniger authentischen) Nachbauten wieder auf den
Markt gebracht. In den letzten Jahren wurden diese Verstärker auch von zahlreichen Privatpersonen
und universitären Arbeitsgruppen nachgebaut, wie anhand zahlreicher im Internet veröffentlichter
Berichte zu erkennen ist. Dieses stark zunehmende Interesse führt dazu, daß alle Originalbauteile
dieser Verstärker inzwischen wieder problemlos erhältlich sind.
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Die Vorgehensweise im Projekt WILDCAT
Das Projekt WILDCAT orientierte sich an den legendären Verstärkern FENDER BASSMAN 5F6 und
FENDER DELUXE 5E3. Diese Verstärker wurden sowohl detailgetreu nachvollzogen, als auch um
weitere Komponenten ergänzt, die in den Originalgeräten noch nicht vorhanden waren und für
Musikstile, die erst in späteren Jahren aufkamen von Bedeutung sind. Diese Komponenten, wie etwa
Federhall und Overdrive, können wahlweise über Relais hinzugeschaltet werden. Wenn man sie
deaktiviert, dann hat man exakt den unverfälschten Signalpfad der Original-Verstärker vor sich.
Der WILDCAT DELUXE AUTHENTIC entspricht exakt dem Fender Deluxe 5E3
Der WILDCAT DELUXE PLUS entspricht dem Fender Deluxe 5E3 plus zuschaltbarem Federhall
Der WILDCAT BASSMAN PLUS entspricht dem Fender Bassman 5F6-A plus zuschaltbarem Federhall
Der WILDCAT Overdrive bietet in Verbindung mit dem WILDCAT Bassman Plus und einer Marshall-Box
einen authentischen „late 1960-s“ Overdrive Sound, wie man ihn etwa von Jimi Hendrix kennt.
Diese Geräte wurden von professionellen Musikern getestet und für gut befunden. Sie wurden im
Rahmen des Projekts WILDCAT in zwei Live-Konzerten mit der Band „Ike and the Capers“ der
Öffentlichkeit vorgestellt.
Aufgrund der guten Resonanz ist geplant, den WILDCAT Bassman Plus und den WILDCAT Overdrive zu
kommerziellen Produkten weiterzuentwickeln.
Weiterhin wurden verschiedene experimentelle Zusatzgeräte entwickelt:
Das WILDCAT Low-Noise Netzteil war ein Versuch, den Netzbrumm aus dem Gitarrenverstärker zu
verbannen, ohne die klangliche Dynamik des klassischen Verstärkernetzteils zu verändern. Das
Fehlschlagen dieses Versuchs hat zu interessanten Kenntnisse über die klangbildenden Eigenschaften
von Netzteilen in Gitarrenverstärkern geführt
Der WILDCAT Remote Controller erlaubt die Speicherung und Rückholung von Einstellungen an
Gitarrenverstärkern, ohne in deren analogen Signalpfad einzugreifen und ohne die bekannte
manuelle Bedienbarkeit einzuschränken.
Der WILDCAT Dynamic Compressor hat die Aufgabe, den Betrieb des Gitarrenverstärkers im Overdrive
zu unterstützen. Es wurde jedoch nur eine erste, experimentelle Version verwirklicht, an der
grundlegende Erkenntnisse über die Arbeitsweise von Kompressorschaltungen gewonnen wurden.
Ein besonderes Anliegen dieses Projekts war es, einerseits solide Ingenieursarbeit zu leisten, diese aber
stets im musikalischen Kontext zu sehen. Aus diesem Ansatz heraus hatte die Beschäftigung mit den
musikalischen Hintergründen und die Zusammenarbeit mit Musikern einen hohen Stellenwert.
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Das Live-Konzert auf der Langen Nacht der Wissenschaften am
09.06.2007
Auf der Langen Nacht der Wissenschaften am 09.06.2007 wurden unsere WILDCAT-Verstärker das
erste Mal der Öffentlichkeit präsentiert. Die Band "Ike an the Capers" und Sänger/innen des "DeutschFranzösischen Chors" spielten ein authentisches 1950's/1960's-Programm mit Elvis-Songs über unsere
Verstärker.
Dieses Konzert wurde mit großer Begeisterung aufgenommen. Der Tenor der Kommentare vieler
Zuhörern aus allen Altersgruppen "Ich kannte diese Musik bisher überhaupt nicht. Wie kann es sein,
daß es so was Tolles gibt und das man es noch nie gehört hat?"
Das Konzert begann mit der klassischen, minimalistischen Besetzung aus der SUN-Ära mit
Gesang/Akustikgitarre, E-Gitarre und Kontrabass. Gitarrist Axel Praefcke spielte über den WILDCAT
Deluxe Plus. Es war sehr verblüffend, wie nahe die live dargebotenen Songs aus der Sun-Ära 1954/55
an den Klang der Originalaufnahmen herankam, und das obwohl Scotty Moore damals mit einer
Halbakustik, und nicht mit einer Solid-Body-Gitarre gespielt hatte.
Der erste Teil des Live-Konzerts ( v. l. n. r.: Ike Stoye, Michael Kirscht, Axel Praefcke)
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In der zweiten Hälfte des Konzerts wurde die Besetzung vergrößert: Die Sänger/innen des "DeutschFranzösischen Chores" übernahm den Part der legendären "Jordanaires". Zudem kam Schlagzeuger
Thorsten Peukert mit hinzu. Die E-Gitarre wurde nun über den WILDCAT BASSMAN PLUS gespielt. Nun
wurden Songs aus der Zeit von 1957 bis 1961 gespielt, bei denen Hank Garland mitgespielt hatte.
Der zweite Teil des Live-Konzerts ( v. l. n. r.: Axel Praefcke, Christiane Klein, Corinne Kirchhoffer, Kim
Schott, Susanne Stöhr, Jürgen Devrient, Steffen Raphael Schwarzer, nicht sichtbar Thorsten Peukert,
Ike Stoye, Michael Kirscht )
Besondere Höhepunkte waren die Songs "A Fool such as I" mit seinem faszinierenden
Spannunsgbogen zwischen dem raffinierten Chorsatz und den ausdrucksstarken Gitarrenriffs und der
Song "Little Sister", bei dessen Originalaufnahme im Studio B in Nashville Hank Garland mit einer SolidBody-Gitarre über einen FENDER Bassman 5F6-A seine markanten Gitarrenriffs gespielt hat.
Die perfekte Übereinstimmung des Klangbilds der E-Gitarre zwischen dem 1961 (also 46 Jahre vorher)
aufgenommenen Original und der Live-Darbietung war absolut verblüffend.
Der Entwicklungsprozeß der WILDCAT-Verstärker war langwierige Ingenieursarbeit über 7 Monate:
Arbeitspunkte und Frequenzgänge analysieren und berechnen, Schaltpläne zeichnen und Stücklisten
erstellen, Leiterplatten entflechten und Mechanikteile konstruieren, Leiterplatten bestücken und
Kabelbäume fertigen, Geräte montieren, Prototypen durchmessen, Meßergebnisse dokumentieren.
Und an diesem Abend ist unsere Arbeit dann lebendig geworden! Unsere Verstärker haben genau
das getan wofür wir sie gebaut haben: Sie bereiten denen Freude, die mit ihnen Musik machen und
nicht minder denen, die ihnen dabei zuhören. Dafür haben wir das alles getan! Nur ganz selten hat
man als Ingenieur ein derartiges, direktes, sinnstiftendes Feedback.
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Die WILDCAT-Präsentation am 18.07.2007
Am 18.07. 2007 wurden die WILDCAT-Verstärker an der TU-Berlin mit einem weiteren Live-Konzert von
„Ike and the Capers“ vorgestellt.
Auch dieses Konzert wurde mit Interesse und Begeisterung aufgenommen.
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Die Übersicht über die Hörbeispiele auf der beiliegenden CD
Der WILDCAT live! Auszüge aus dem Konzert von “Ike and the Capers”
am 18.07.2007
Ike Stoye (voc., git.), Axel Praefcke (lead git.), Michael Kirscht (b)
Track 1:
00:00 ... 02:20
02:20 ... 04:20
04:20 ... 07:10
07:10 ... 08:10
08:10 ... 10:40
10:40 ... 12:55
I’ll Never Let You Go
That’s Allright Mama
Mystery Train
Don’t Be Cruel
Little Sister
Instrumental Blues
Über den WILDCAT Deluxe Authentic
**
**
Über den WILDCAT Bassman Plus
**
Mit Kai Löbbicke (lead git)
Über den WILDCAT Overdrive und den
WILDCAT Bassman Plus mit einer Marshall-Box
Stücke, an denen man typische Eigenschaften von Gitarrenverstärkern
gut raushören kann
Ein prägnantes Beispiel für die typische Anschlagsbetonung durch den Innenwiderstand des Netzteils.
Track 2:
Byther Smith
Hold that Train
Ein prägnantes Beispiel für die Vielfalt der Ausdrucksmöglichkeiten, wenn man die Verlängerung des
Tones durch den Einsatz der Begrenzung des Verstärkers und die dabei entstehende
Oberschwingungen nutzt.
Track 3:
Stevie Ray Vaughan
Little Wing
Stücke zum musikalischen Hintergrund
Zu Scotty Moore:
Track 4:
Track 5:
Track 6:
Track 7:
Track 8:
Track 9:
Elvis Presley
Arthur Crudup
Elvis Presley
Freddie Bell & The Bell Boys
Elvis Presley
Elvis Presley
That’s Allright Mama
That’s Allright Mama
Good Rockin‘ Tonight
Hound Dog
Hound Dog
Tell Me Why
Zu Hank Garland:
Track 10:
Track 11:
Track 12:
Track 13:
Track 14:
Track 15:
Track 16:
Hank Garland
The Robins
Elvis Presley
Gus Backus
Elvis Presley
Hank Garland
Elvis Presley
Sugar Foot Rag
A Fool Such As I
A Fool Such As I
Ab und Zu
A Big Hunk O‘ Love
Three Four The Blues
Little Sister
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Einführung
Der musikalische Hintergrund und die Hörbeispiele auf der
beiliegenden CD im Detail
Vorbemerkung
An dieser Stelle ist bewußt einige Information wiederholt, die sich auch an anderen Stellen dieser
Dokumentation befindet. Damit soll ein bequemes, entspanntes Hören der CD am Stück ermöglicht
werden, ohne daß man sich die Informationen aus verschiedenen Stellen der Dokumentation
zusammensuchen muß.
Der musikalische Hintergrund nimmt hier einen ausführlicheren Raum ein, als vielleicht zunächst als
naheliegend erscheint. Das hat die folgende Bewandtnis:
Die technische Entwicklung der Gitarrenverstärker und die kulturelle Entwicklung der Spielweise der EGitarre haben sich, wie bereits erwähnt, gegenseitig beeinflußt. Die zunächst vorhandenen
technischen Limitationen der ersten Gitarrenverstärker haben die Ausprägung bestimmter
musikalischer Stilelemente, wie etwa die Nutzung der Verzerrung, angeregt. Die technische
Weiterentwicklung der Verstärker erfolgte dann zum Teil wiederum mit dem Ziel, diese Stilelemente
noch ausdrucksvoller wiedergeben zu können.
Daher ist es interessant und unabdingbar, sich mit den, bis heute, stilprägenden Gitarristen der 1950er Jahre zu beschäftigen.
Ohne die Beschäftigung mit dem Gitarrenklang selbst und seinem Zusammenspiel mit den anderen
Instrumenten innerhalb der verschiedenen Stilrichtungen würde sich die technische Arbeit am
WILDCAT-Verstärker „im luftleeren Raum“ abspielen. Diese technische Arbeit macht nur innerhalb
eines musikalischen und kulturellen Kontextes überhaupt einen Sinn. Es sei noch einmal daran
erinnert, daß es für einen Gitarrenverstärker keine objektiven, technischen Gütekriterien gibt.
Angesichts der großen Anzahl an faszinierenden Aufnahmen und hervorragenden Gitarristen sowie
des Sachverhaltes, daß für die Kulturgeschichte des Gitarrenspiels nur eine begrenzte, für eine
vollständige Betrachtung viel zu kurze, Zeit innerhalb dieses Projekts zur Verfügung stand, hat sich er
Verfasser für eine willkürliche, subjektiv geleitete Auswahl von Stücken und Musikern entschieden.
Der Verfasser hat sich im wesentlichen für die Beschäftigung mit Scotty Moore und Hank Garland
entschieden, die beiden Gitarristen, die in den 1950-er Jahren Elvis Presley begleitet haben. Seinem
Empfinden nach verfügen diese über eine ganz besondere Ausdruckskraft, Phantasie und technische
Raffinesse. Beide wirken bis heute stilprägend. Zudem sind sie wahrscheinlich, wenn auch der großen
Mehrheit nicht namentlich bekannt, die meistgehörtesten Gitarristen überhaupt.
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Byther Smith
Am Spiel von Byther Smith kann man sehr schön die Betonung des Anschlags, verursacht durch den
auf ihn folgenden Spannungseinbruch aufgrund des Innenwiderstands des klassischen
Verstärkernetzteils heraushören.
Hören Sie hierzu:
Track 2:
Byther Smith
Hold that Train
1981
Das Stück zeigt zudem exemplarisch die starke Ausdrucksmöglichkeiten, die mit der E-Gitarre im Blues
bestehen.
Byther Smith wurde 1933 in Monticello, Mississippi geboren. Er sammelte in frühem Alter erste
Erfahrungen mit Gospelmusik. Als Teenager spielt er in Arizona in einer Country- & Western-Band.
1957 zieht er nach Chicago und nimmt dort Gitarrenunterricht. In den frühen 1960-er Jahren tritt er
mit vielen verschiedenen Bands auf. 1979 beginnt er eine Karriere unter seinem eigenen Namen, in
den Jahren macht er 1994 bis 1999 sehr erfolgreiche Europa-Tourneen. Er ist ein Repräsentant des
typischen „Chicago Blues“. Er ist auch heute (2007) noch als Musiker aktiv, es gab auch einige
Auftritte in Deutschland in den vergangenen Jahren.
Byther Smith
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Einführung
Stevie Ray Vaughan
Das Stück „Little Wing“ zeigt auf eindrucksvolle Weise die große Bandbreite der
Ausdrucksmöglichkeiten, die die E-Gitarre bietet. Stevie Ray Vaughan könnte sein ganzes Leben mit
der Gitarre erzählen. In dem Stück kann man zudem gut die obertonreichen Klänge und den
Kompressionseffekt heraushören, der entsteht, wenn der Gitarrenverstärker in der Begrenzung
betrieben wird.
Hören Sie hierzu:
Track 3:
Stevie Ray Vaughan
Little Wing
Das Stück ist eine Cover-Version des gleichnamigen Titels von Jimi Hendrix. Es wurde zwischen 1984
und 1989 aufgenommen und erst 1991, nach dem Tod von Stevie Ray Vaughan, veröffentlicht.
Stevie Ray Vaughan wurde 1954 in Dallas, Texas geboren. Er gilt als einer der bekanntesten und
talentiertesten Blues-Gitarristen überhaupt. Er starb 1990 bei einem Hubschrauberabsturz auf einer
gemeinsamen Tournee mit Eric Clapton. Er spielte sehr oft über seinen FENDER Bassman 5F6-A,
besaß aber auch einen MARSHALL Major 200 Watt Heads, einen 100 Watt MARSHALL JCM Half-Stack,
einen `62 FENDER Twin und einen `64 FENDER Vibroverbs und weitere Verstärker. Effektgeräte setze er
eher sparsam ein, er nutzte hauptsächlich ein Vox Wah-wah und einen Ibanez Tube Screamer.
Stevie Ray Vaughan
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Scotty Moore
Scotty Moore war der erste Gitarrist von Elvis Presley. Er ist einer der einflußreichsten und
meistgehörtesten Gitarristen überhaupt, auch wenn sein Name einer großen Mehrheit nicht bekannt
ist. Er hat den Stil der E-Gitarre in der Rock- und Popmusik maßgeblich geprägt.
Er wurde 1931 geboren und ist noch heute (2007) „Live on Stage“ zu erleben. 1954 war seine erste
gemeinsame Session mit Elvis Presley in den SUN-Studios in Memphis. Hierbei prägte er den
revolutionären, neuen Sound der ersten Elvis-Aufnahmen. 1955 begann der explosionsartige Aufstieg
von Elvis Presley zum Weltstar, mit Scotty Moore an der E-Gitarre und Bill Black am Kontrabass an
seiner Seite.
Scotty Moore und Elvis Presley Quelle: www.scottymoore.net
Scotty Moore hat mit seinem FENDER Deluxe Musikgeschichte geschrieben:
1954 gab es in den USA strikt getrennte Musikkulturen von "Schwarz" und "Weiß", repräsentiert durch
den „schwarzen“ Rhythm‘n‘ Blues und die weiße „Country-Music“. Sam Philips, der Inhaber von SUNRecords in Memphis, war gezielt auf der Suche nach einem Sänger, der diese Grenzen überwindet.
Sam Philips wird wie folgt zitiert:
"Wenn ich einen weißen Mann finden könnte, der die Stimme und das Einfühlungsvermögen eines
Schwarzen hat, dann könnte ich eine Million Dollar machen"
Elvis Presley ließ sich 1953 im Sun-Studio für private Zwecke aufnehmen, Sam Philips wurde dabei auf
seine außergewöhnliche Stimme aufmerksam. Es wird aber auch gesagt, daß Scotty Moore, der bei
SUN-Records als Session-Musiker tätig war, den Kontakt zu Sam Philips herstellte, nachdem er
gemeinsam mit Elvis Presley bei sich zu Hause musiziert hatte.
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Elvis Presley, Bill Black, Scotty Moore und Sam Philips im SUN-Studio 1954
Sam Philips bringt Scotty Moore, Bill Black und Elvis Presley zu einer ersten Aufnahmesession am
5.7.1954 zusammen. Es geht nicht so richtig voran, die Richtung ist unklar. Dann ist Pause. Die Musiker
albern herum, improvisieren über dem R&B-Song "That's allright Mama" von Arthur Crudup aus dem
Jahr 1949. Scotty Moore improvisiert über dem Gitarrenriff. Elvis Presley greift die Sache auf,
kombiniert gesanglich schwarzen Blues, kirchliche Gospel-Musik und Country-Elemente.
Auf einmal ist der neue Sound da. Sam Philips ist begeistert. Sofort wird aufgenommen. Scotty Moore
spielt hierbei über seinen FENDER Deluxe 5B3. „That's allright Mama“ wird als Platte herausgebracht
und auf der Radiostation WHBQ gespielt. Aufgrund zahlreicher Höreranrufe wird der Song in der
gleichen Nacht noch 15 mal gespielt .
Am nächsten Tag gehen 5000 Vorbestellungen für die Platte bei SUN-Records ein.
Die Bedeutung des Songs ist heute nur schwer erfassbar, da unsere heutigen Hörgewohnheiten ein
Resultat der durch ihn angestoßenen Entwicklung sind
"That's allright Mama", die erste Elvis-Schallplatte, von 1954
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Einführung
Ohne die damals neue technische Möglichkeit der hochqualitativen Aufzeichnung und der
Verbreitung durch neue elektronische Massenmedien wäre das alles jedoch nur ein lokales Ereignis
geblieben. So wurde es aber Anstoß einer revolutionären Entwicklung. Wir beobachten hier eine
Rückwirkung der damals neuen Medientechnik auf die Medieninhalte
Hören Sie hierzu:
Track 4:
Elvis Presley
That’s Allright Mama
1954
Hier hört man ein sehr interessantes, absolut minimalistischen Arrangement:
Elvis Presley:
Scotty Moore:
Bill Black:
Akustikgitarre, Gesang
E-Gitarre (über FENDER Deluxe 5B3)
Kontrabass
Nur 3 Musiker erzeugen hier ein absolut vollständiges Klangbild, nichts fehlt. Entgegen dem ersten
Höreindruck ist kein Schlagzeug mit dabei. Die perkussiven Elemente entstehen durch „Slapping“ des
Kontrabasses, die Saiten werden abgezogen und treffen mit einem prägnanten „Clic“ wieder auf
dem Griffbrett auf.
Interessant ist der Vergleich mit dem 1946 aufgenommenen Original, das durch seine urwüchsige
Kraft begeistert:
Hören Sie hierzu:
Track 5:
Arthur Crudup
That’s Allright Mama
1946
Hier kann man einen deutlichen Unterschied in der Spielweise der Gitarre erkennen, sie wird
hauptsächlich kurz und ein wenig aggressiv gespielt, während später von Scotty Moore auch längere
ausklingende Töne zu hören sind, die Gitarre also ein weiteres, differenzierteres Ausdrucksspektrum im
Sinne nahezu aller Gefühlslagen bekommt.
Es folgt noch ein typisches Hörbeispiel für den frühen Rock’n’Roll aus dem SUN-Studio:
Hören Sie hierzu:
Track 6:
Elvis Presley
Good Rockin‘ Tonight
1954
Es ist die selbe Besetzung wie bei „That’s Allright Mama“:
Elvis Presley:
Scotty Moore:
Bill Black:
Akustikgitarre, Gesang
E-Gitarre (über FENDER Deluxe 5B3)
Kontrabass
Es fällt auf, daß Scotty Moore in den verschiedenen Strophen immer wieder ein anderes
Begleitmuster spielt. In den Strophen spielt er eher untermalend, dezent. Besonders interessant sind
seine beiden, sehr ausdrucksstarken, Gitarrensoli in diesem Stück. Auch das perkussive Spiel des
Kontrabasses von Bill Black ist, insbesondere während der Solopassagen, gut zu hören.
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Einführung
Die folgenden Hörbeispiele zeigen, wie die Gitarre die Bläser als Leit- und Soloinstrument verdrängt
hat.
Bei der Version von „Hound Dog“ von Freddy Bell & The Bell Boys aus dem Jahr 1954 dominieren die
Bläser:
Hören Sie hierzu:
Track 7:
Freddie Bell & The Bell Boys
Hound Dog
1954
Zwischen dieser Aufnahme und der 1956 aufgenommenen Version von „Hound Dog“ mit Elvis Presley
und Scotty Moore liegen Welten. Scotty Moore übernimmt mit seiner Gitarre den ironisch
kommentierenden Gegenpart zum Gesang Elvis Presleys:
Hören Sie hierzu:
Track 8:
Elvis Presley
Hound Dog
1956
Die minimalistische Besetzung aus der Anfangszeit wurde mit dem Wechsel von Elvis Presley von SUN
zu RCA im Jahr 1956 erweitert:
Elvis Presley:
Scotty Moore:
Bill Black:
D.J. Fontana
The Jordanaires
Akustikgitarre, Gesang
E-Gitarre (über „Echosonic Amplifier“ von Ray Butts)
Kontrabass
Schlagzeug
Background-Chor
Scotty Moore spielt über einen speziell für ihn angefertigten Verstärker den „Echosonic Amplifier“ von
Ray Butts, der über ein integriertes Bandecho verfügt. Besonders interessant sind seine, eine enorme
Spannung, erzeugende Soloparts.
Aufnahme von „Hound Dog“ am 2.7.1956, am rechten Bildrand ist Scotty Moore zu erkennen
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Einführung
Dieser Song riss erstmals die bis dahin unüberwindlichen Grenzen zwischen „Schwarzer“ und „Weißer“
Musikkultur ein. Er war gleichzeitig die Nr. 1 in den Pop- R&B- und Country Charts.
Ein hier neues musikalisches Element war das Hinzukommen des Gesangsquartetts „The Jordanaires“
zur klassischen Besetzung von Elvis Presley. Es entsteht ein Spannungsbogen zwischen dem „weichen“
Chor und der „harten“ Gitarre, über dem in den folgenden Jahren noch viele Stücke von Elvis Presley
und anderen aufgebaut wurden.
Der interessierte Zuhörer findet im Anhang 1 weitere Informationen über die Jordanaires.
Das folgende, nur wenig bekannte Stück, „Tell Me Why“ ist ein besonders prägnantes Beispiel der
gegenseitigen Ergänzung von Gitarre und Chor. Es fällt hier das sehr sparsame Spiel von Scotty
Moore auf. Er beherrscht die „Kunst des Weglassens“ meisterhaft. Man erkennt, daß er sich den drei
Jahren von 1954 bis 1957 völlig neue Ausdrucksmöglichkeiten erarbeitet hat.
Hören Sie hierzu:
Track 9:
Elvis Presley
Tell Me Why
1957
Der Song wurde am 12.1.1957 im Radio-Recorders Studio in Hollywood aufgenommen. Die
Besetzung:
Elvis Presley:
Scotty Moore:
Bill Black:
D.J. Fontana
The Jordanaires
Gesang
E-Gitarre (über „Echosonic Amplifier“ von Ray Butts)
Kontrabass
Schlagzeug
Background-Chor
Der Song zeigt zudem exemplarisch die Verschmelzung von Blues- und Gospel-Elementen zum
Rock’n‘ Roll: Er „steht“ auf einem vom Blues kommenden Beat, während gleichzeitig eine „Öffnung“,
im Sinne der sehnsuchtsvollen Hinwendung der Gospel-Musik zu spüren ist. Der Gospel-Einfluß ist
zudem an dem hier besonders ausdrucksstarken Gesang der Jordanaires zu erkennen.
Aufnahmesession am 12.1.1957 mit Bill Black, Elvis Presley, Scotty Moore
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Einführung
Hank Garland
Der Gitarrist Hank Garland ist einer der meistgehörtesten und einflußreichsten Gitarristen überhaupt,
auch wenn sein Name in der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt ist.
Hank Garland hat mehr im Hintergrund als Session-Gitarrist in Nashville gewirkt. Hierbei hat er auch
über einen FENDER Bassman 5F6-A gespielt.
Hank Garland lebte von 1930 bis 2004. 1949 brachte er im Alter von 19 Jahren seinen ersten
„Millionseller“, das Instrumental "Sugar Foot Rag" heraus. Von 1950 bis 1961 wirkte er als gefragter
Studio-Gitarrist in Nashville bei vielen Welthits mit. Er spielte bei Aufnahmesessions mit Elvis Presley, Roy
Orbison, den Everly Brothers, Patsy Cline und vielen anderen Künstlern eine bedeutende Rolle.
Parallel dazu begann er eine zweite Karriere als Jazz-Gitarrist in New York, er spielte gemeinsam mit
Charlie Parker und nahm etliche Jazz-Platten auf.
1961 endet seine Karriere auf tragische Weise. Hank Garland wird bei einem Autounfall
lebensgefährlich verletzt und fällt ins Koma. Er erwacht nach einiger Zeit, hat aber einen Großteil
seiner motorischen Fähigkeiten für immer eingebüßt. Ein Jahrhunderttalent ging damit verloren.
Elvis Presley und Hank Garland
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Einführung
Hören Sie hierzu:
Track 10:
Hank Garland
Sugar Foot Rag
1949
Dieses Stück war der erste „Millionseller“ von Hank Garland, er nahm es im Alter von 19 Jahren auf.
Man kann hier sehr gut sehen, wie sich der Spielstil der Gitarre als Soloinstrument gerade entwickelt.
Die Geige und die Gitarre Hank Garlands spielen nacheinander eine identische Solopassage. Man
kann hören, wie sich die Gitarre noch an das Klangbild der Geige anlehnt, aber sich doch bereits
eine Eigenständigkeit abzeichnet. Die damalige Verstärkertechnik ließ noch kein langes Ausklingend
es Tones zu, es wurde eher „clean“ gespielt.
Der besondere Stil des „späteren“ Hank Garland ist bei dem Stück „A Fool Such As I“ mit Elvis Presley
deutlich hörbar.
Um das besondere, revolutionäre, eines derartigen Einsatzes der E-Gitarre in der damaligen Zeit zu
erkennen, ist der Vergleich mit einer früheren Version des Stücks interessant:
Hören Sie hierzu:
Track 11:
The Robins
A Fool Such As I
1953
Die Version des Stücks mit Hank Garland und Elvis Presley wurde am 10. Juni 1958 im RCA-Studio B in
Nashville aufgenommen. Es fällt das „neue“, „fülligere“, „barocke“ Klangbild und das bis ins kleinste
Detail perfektionierte Arrangement auf. Das Stück wird von der ausdrucksstarken Gitarre Hank
Garlands dominiert, die in einem spannungsreichen Wechselspiel mit dem raffinierten Chorsatz steht.
Hören Sie hierzu:
Track 12:
Elvis Presley
A Fool Such As I
1958
Die Besetzung:
Elvis Presley:
Hank Garland:
Bob Moore:
D.J. Fontana
The Jordanaires
Gesang
E-Gitarre
Kontrabass
Schlagzeug
Background-Chor
Die Aufnahmen von Elvis Presley wurden, in einer heute unüblichen Arbeitsweise, im Studio live
eingespielt und praktisch überhaupt nicht mehr elektronisch nachbearbeitet. Diese Arbeitsweise ist für
das Außergewöhnliche, Mitreißende dieser Aufnahmen bestimmend.
Der interessierte Zuhörer findet im Anhang 2 weitere Informationen über die damalige Arbeitsweise im
Studio.
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Einführung
Der Einfluß Hank Garlands und Elvis Presleys reichte auch bis nach Deutschland. Hier die deutsche
Cover-Version von „A Fool Such as I“ von Gus Backus aus dem Jahr 1959:
Hören Sie hierzu:
Track 13:
Gus Backus
Ab und Zu
1959
Interessant ist der damals neue starke Einsatz des Halls bei der E-Gitarre.
Ein weiteres sehr bemerkenswertes Stück mit Hank Garland und Elvis Presleys ist die Aufnahme „A Big
Hunk O‘ Love“, sie wurde in der selben Nacht wie „A Fool Such As I“ aufgenommen.
Hier zeigt sich die enorme Ausdruckskraft der Gitarre Hank Garlands wie in fast keinem anderen Stück.
Nach Meinung des Verfassers ist gerade das zweite Gitarrensolo dieses Stücks eines der
ausdrucksstärksten Soli des Rock‘’n‘ Roll überhaupt. Im Zusammenspiel mit dem Chorgesang der
„Jordanaires“ entsteht ein interessantes melancholisches Stimmungsbild. Ein interessantes Detail ist,
daß der Baßsänger sogar tiefer als der Kontrabass singt.
Hören Sie hierzu:
Track 14:
Elvis Presley
A Big Hunk O‘ Love
1958
Ein Beispiel für das Wirken von Hank Garland als Jazz-Gitarrist ist das folgende, 1959 aufgenommene
Stück:
Hören Sie hierzu:
Track 15:
Hank Garland
Three Four The Blues
1959
Die bekannteste Aufnahme, die Hank Garland mit dem FENDER Bassman 5F6-A gespielt hat ist "Little
Sister" mit Elvis Presley. Der Song wurde am 26. Juni 1961 im RCA-Studio B in Nashville aufgenommen.
Hören Sie hierzu:
Track 16:
Elvis Presley
Little Sister
1961
Die Besetzung
Elvis Presley:
Hank Garland:
Bob Moore:
The Jordanaires :
Gesang
Gitarre (FENDER Jazzmaster über FENDER Bassman 5F6-A)
Bass
Background-Chor
und weitere, unbekannte, Musiker
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Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT
Einführung
Hank Garland spielte mit einer geborgten Fender-Jazzmaster-Gitarre, um einen „härteren“ Sound zu
bekommen und „drehte den Bassman richtig auf“. Noch nie hatte jemand im RCA-Studio in
Nashville so laut Gitarre gespielt
Hierzu ist das folgende Zitat überliefert:
"That's the late great Hank Garland who played the lead guitar that drives Elvis' "Little Sister", with
Scotty Moore on rhythm guitar. For the session, Mr. Garland wasn't satisfied with the sound of his
usual Gibson ES-355, or the Byrdland that he helped design with Billy Byrd, so he borrowed Harold
Bradley's brand new 1961 Fender Jazzmaster (white cream colored). It was after 4:00 a.m.,
following the recording of "(Marie's the name) His Latest Flame", when they began cutting "Little
Sister". Hank "Sugarfoot" Garland plugged the Jazzmaster into an old Fender (tube) tweed Bassman
amp and cranked the volume way up, as he improvised the song's distinctive lick on the spot.
According to engineer Bill Porter, it was the loudest he ever heard a guitar played in RCA's studio in
Nashville. By take 4 of the song, they nailed it to Elvis' satisfaction -- the magic was captured on a 3track tape machine, with Elvis singing through a Telefunken U-47 microphone, a Neuman KM-46 on
Mr. Garland's Bassman amp, and Mr. Porter balancing the levels on the fly!"
Quelle: http://tbgb.nl/guestbook/index.php
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Einführung
Anhang 1: The Jordanaires
Die immense Bedeutung des Backgroundgesangs der Jordanaires für die Entwicklung der Rock- und
Popmusik ist weitgehend unbekannt. Zudem ist der Backgroundchor in der heutigen LiveAufführungspraxis von 1950‘s Musik praktisch in Vergessenheit geraten. Nach Meinung des Verfassers
kann man aber die Gesamtheit des Spannungsbogens zwischen E-Gitarre und Chor nicht
auseinanderreißen, ohne das das wohlbalancierte Gleichgewicht der Stücke verlorengeht.
In diesem Sinne wurde bei unserem Live-Konzert auf der Langen Nacht der Wissenschaften der Part
der Jordanaires von Sänger/innen des Deutsch-Französischen Chors übernommen.
Der interessierten Zuhörer findet an dieser Stelle einige Informationen über die Jordanaires.
Die Jordanaires wurden 1948 in Springfield, Missouri als Gospelchor im kirchlichen Umfeld gegründet.
Die Besetzung 1956 war:
Hoyt Hawkins (Bariton)
Gordon Stoker (Tenor)
Neal Matthews (Tenor)
Hugh Jarrett (Bass)
Auch heute (2007) sind die Jordanaires noch aktiv. Gordon Stoker steht als letzter der Besetzung von
1956 immer noch mit auf der Bühne.
Die Jordanaires mit Elvis Presley bei einer Gospel-Aufnahme
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Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT
Einführung
Sie haben als Background-Chor zwischen 1948 und heute bei ungefähr 2200..2500 Sänger/innen,
etwa bei Elvis Presley, Patsy Cline, Roy Orbison, Ricky Nelson mitgesungen. Sie haben dazuhin auch
eigene Aufnahmen herausgebracht. Sie sind bei etwa 30‘000 (!) verschiedenen Titeln zu hören.
Weltweit wurden bis heute ungefähr 2,6 Milliarden ( 2‘600‘000'000 ) Platten verkauft, bei denen sie
dabei sind. Zum Vergleich: Die Weltbevölkerung im Jahr 2007 besteht aus 6,6 Milliarden Menschen.
Das folgende Zitat von Gordon Stoker illustriert dies anschaulich:
„Back around the time of our first hit record in 1957, a record producer told us to forget about the
hit parade, ‚Stars are here today and gone tomorrow‘ The industry needed good backup singers.
We didn't think he was telling the truth, but, boy, was he ever. For 23 years we had two to four
sessions a day, six days a week."
Die Jordanaires mit Elvis Presley bei einem Live-Konzert
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Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT
Einführung
Anhang 2: Die Arbeitsweise im Studio bei den Elvis-Aufnahmen der
1950-er und der frühen 1960-er Jahre
Die damalige Arbeitsweise unterscheidet sich deutlich von dem heute Üblichen. Sie hat zu
Aufnahmen von unglaublicher Lebendigkeit und Frische geführt, und das bei einer Qualität, die
heutigen Aufnahmen um nichts nachsteht.
Man kann dies jedoch erst in jüngerer Zeit hören, denn die lange als einziges bekannten „offiziellen“
Versionen der Elvis-Aufnahmen waren durch spätere Nachbearbeitungen „verschliffen“. In den letzten
Jahren sind jedoch viele der ursprünglichen Masterbänder wieder aufgetaucht. Sie wurden direkt
digitalisiert und nur wenig nachbearbeitet und, insbesondere auf dem Label „Follow that Dream“, in
den letzten Jahren veröffentlicht.
Diese Aufnahmen haben eine unglaubliche Brillanz und Lebendigkeit.
Es wurden nicht nur die „endgültigen“ Versionen der Stücke veröffentlicht, sondern auch alternative
Versionen, die ursprünglich nicht veröffentlicht wurden, aber oft den veröffentlichten Versionen um
nichts nachstehen und dabei manchmal eine ganz andere, verblüffende Seite des musikalischen
Potentials des Songmaterials beleuchten.
Es wurden auch Mitschnitte des kompletten Erarbeitungsprozesses einzelner Songs veröffentlicht, so
daß man beim Hören der CD die Arbeit im Studio nachvollziehen kann. Als Zuhörer gelangt man so
zu einem ganz anderen Verständnis des „Innenlebens“ eines Songs, man erkennt, wie in einem
manchmal spielerisch leichten, aber auch bei einigen Songs zum Teil mühevollen und langwierigen
Prozeß, aus den traditionellen Elementen der amerikanischen Musikkultur der neue, uns heute
selbstverständliche, Klang des Pop geformt wird. Der dann abschließend veröffentlichte Song ist
eigentlich nur „die Spitze des Eisbergs“. Man bekommt höchsten Respekt vor der sprühenden
Kreativität und dem perfekten Können der beteiligten Musiker.
Aufnahmesession mit Elvis Presley, 1956
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Abschlußbericht Mixed Signal Baugruppen 2006/7 Gitarrenverstärker WILDCAT
Einführung
Die Songs wurden im Studio „live“ aufgenommen. Als kommerziell erfolgreiche Künstler waren Elvis
Presley und seine Musiker nicht dem sonst üblichen Zeitdruck im Studio ausgesetzt. Sie hatten das
Studio einige Tage und Nächte für sich alleine zur Verfügung und konnten daher entspannt arbeiten.
Die Entscheidung, welche Stücke aufgenommen werden, fiel oft spontan beim Musizieren im Studio.
Oft wurden die Stücke bei der Aufnahmesession das allererste Mal gespielt. Es wurde bei neu
komponierten Stücken eine Schellack-Demoplatte aufgelegt. Die Musiker begannen nach einigen
Durchläufen mitzuspielen. Aufgrund des perfekten Könnens aller Musiker wurde dann das
Arrangement in kreativer, spielerischer Improvisation meist in kurzer Zeit erarbeitet.
Meist war bereits nach 5 bis 10 „Takes“ ein neuer Welthit im „im Kasten“
Die Freude am Entdecken der Möglichkeiten des Songs, der kreative Prozess selbst ist in der
„endgültigen“ Aufnahme deutlich zu hören. Das ist das „Geheimnis“ der Elvis-Hits
Das Ausbalancieren des Arrangements, der Lautstärkeverhältnisse geschah „live“, nicht durch
nachträgliche Abmischung, es wurde zum einen durch präzises Spielen oder Singen und zum
anderen durch die geeignete Plazierung der Musiker erreicht.
Es wurden nur wenige Mikrofone, meist zwei bis drei, verwendet. Es wurde auch kaum noch
nachträglich abgemischt oder nachbearbeitet.
Die damalige Aufnahmetechnik war eine exzellente, hochwertige Analogtechnik auf Röhrenbasis, mit
nur wenigen, aber dafür hochqualitativen Verarbeitungsstufen. Die damalige Signalqualität steht
dem heutigen Stand um nichts nach.
Diese Arbeitsweise ist jedoch nicht ganz in Vergessenheit geraten. Das neugegründete Tonstudio
LIGHTNING RECORDERS in Berlin arbeitet, mit Original-Equipment aus den 1950-er Jahren, wieder
nach dieser Methodik.
Interessant ist auch die Aussage eines dem Verfasser bekannten Mitarbeiters eines nach heutiger
Methodik arbeitenden Studios: „Wir könnten das so nicht machen. Es gibt keine Musiker mehr, die ein
Stück von Anfang bis Ende fehlerfrei durchbekommen. Wir machen das dann einfach nachher am
Computer raus. Sonst würde es nie fertig“
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