Sicherheit aus einem Guss
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Sicherheit aus einem Guss
20 CASE STUDY Dezentrale Sicherheitstechnik Konsequent dezentralisiertes Automatisierungskonzept in einer Motorblockgießanlage Sicherheit aus einem Guss Vollautomatische Fertigung stellt besondere Anforderungen an die Sicherheitstechnik. Das gilt insbesondere dort, wo große Lasten hantiert werden, Hitze und entzündliche Gase im Spiel sind. Ein Beispiel dafür ist der Guss von Motorblöcken. Eine der modernsten Gießereien ihrer Art ist vor kurzem bei der Hydro Aluminium Alucast in Dillingen in Betrieb gegangen. Hohe Flexibilität erreicht die Anlage durch konsequente Dezentralisierung – und das auch bei der Sicherheitstechnik. D ie Automatisierung gießereitechnischer Anlagen ist für RESA System Engineering aus Saarwellingen im Saarland kein unbekanntes Terrain. Schon wiederholt führte der Anlagenbauer das komplette Engineering, den Schaltschrankbau, die komplette Montage und die Inbetriebnahme durch. Als Anfang letzten Jahres der Auftrag zur Automatisierung einer Gießlinie für die neue Motorblockproduktion bei Hydro Aluminium Alucast (HAA) einging, entwickelte RESA eine innovative Automatisierungsarchitektur. Zum Einsatz kam die Simatic S7-416F, die erste fehlersichere S7-400, die mit KOP, FUP und AWL programmierbar und damit auf die Anforderungen der Fertigungsindustrie zugeschnitten ist. Sicherheitstechnik integriert „Wir setzen für Standardprogramme seit langem bevorzugt Simatic ein“, erklärt Christian Speicher, Projektleiter bei RESA. „Sicherheitstechnik haben wir bisher mit Relais-Sicherheitskombinationen realisiert. Dabei konnten wir die Vorteile der Dezentralisierung für den Sicherheitsbereich nicht nutzen. Die Möglichkeit, mit der neuen S7-416F auf Verkabelung zu verzichten und auf ein einziges durchgängiges Bussystem umzusteigen, haben wir gern zum Anlass genommen, unser bisheriges Konzept zu ändern.“ Bei der Gießlinie ist RESA Generalunternehmer für Mechanik und Elektrik und in anderen Gewerken Unterlieferant für die gesamte Elektrik. In jedem Gewerk steuert eine CPU sowohl den fertigungstechnischen als auch den verfahrenstechnischen Teil der Anlagen. Der fertigungstechnische Teil umfasst den Transport und das Handling der Kernpakete oder der fertigen Motorblöcke sowie den Gießvorgang selbst. Im verfahrenstechnischen Teil geht es im Wesentlichen um das Rückführen des Formsandes, um das Spülen des Ofens und das Nachverbrennen der aus der Gussform entweichenden Gase. Der zentrale Baugruppenträger jeder Anlage enthält nur die CPU, die Stromversorgung und den Kommunikationsprozessor zum Anschluss eines übergeordneten PCs über Industrial Ethernet. Peripherie und Frequenzumrichter sind über Profibus angeschlossen. Das gilt auch für Komponenten, die im Schaltschrank untergebracht sind. „Wir sparen Material und Verkabelungsaufwand – entscheidender ist jedoch die Flexibilität, die uns die Realisierung der Sicherheits- und Notauskreise über Profibus/Profisafe bringt“, so Speicher. Flexibilität gewonnen Auch bei einer Anlage, die üblicherweise über Jahre unverändert läuft, spielt Flexibilität keine untergeordnete Rolle, weiß Speicher zu berichten: „Bei großen Anlagen lässt sich die Einsehbarkeit einzelner Notausbereiche häufig bei der Planung nicht eindeutig voraussehen. Erst im Betrieb der Anlage zeigt sich, von welchem Panel aus welche Meldungen sinnvollerweise quittiert werden können, um den Anlagenteil nach einem sicherheitsbedingten Halt motion world | September 2004 21 Automatisierungskonfiguration der Anlage Leitwarte Router Industrial Ethernet CPU 416F-2 CPU 416F-2 Profibus (Profisafe) Gießlinie wieder freigeben zu können.“ Die nachträgliche Verdrahtung ist immer mit einem Auftrennen der Sicherheitskreise verbunden und bedeutet wesentlich mehr Aufwand als das Hinzufügen eines Signals ins Steuerungsprogramm. Signale können dabei auch über unterschiedliche CPUs geschleift werden. Problemlos können so einzelne Notauskreise von unterschiedlichen Panels aus quittierbar gemacht werden. Auf solche nachträglichen Optimierungen wird bei herkömmlicher Verdrahtung aus Aufwandsgründen häufig verzichtet. Sie können die Arbeit des Bedienpersonals jedoch deutlich erleichtern – und die Sicherheit erhöhen. Ein weiterer Vorteil dieser Lösung besteht darin, dass in der Software alle Änderungen gleich dokumentiert sind. Software standardisiert Geplant und gebaut wurde die Anlage in enger Abstimmung aller beteiligten Maschinen- und Anlagenbauer und mit der Planungsabteilung von HAA. Mit fünf über Profibus vernetzten Simatic Controllern S7-416F wird ein Großteil der gesamten Fabrik gesteuert und geregelt: die Gieß- motion world | September 2004 DP/DPKoppler Profibus Strang 1 1x Panel PC 670 3x OP 270 18x ET 200S 7x ET 200M 2x ET 200X 11x MM420 9x MM440 DP/DPKoppler Profibus Strang 2 1x OP 170B 3x MP 170 7x ET 200X DP/DPKoppler Profibus Strang 1 Profibus Strang 2 Profibus Strang 1 1x Panel PC 670 16x MM440 1x ET 200 B 4x IM 153 DP/DPKoppler CPU 416F-2 CPU 416F-2 CPU 416F-2 1x Panel PC 670 2x OP 270 1x Roboter 4x ET 200S 2x ET 200M 2x ET200-MF 2x Drehgeber 2x MM420 8x MM440 5x OP 270 1x MP 170 1x Roboter 2x ET 200M 3x ET 200S 9x ET 200X 4x MM440 Wärmebehandlungsofen Vorbearbeitung linie, der Wärmebehandlungsofen, zwei Bearbeitungszellen und der Auslagerungsofen. Jede CPU ist sowohl für die Standard- als auch für die sicherheitsgerichtete Automatisierung zuständig. Die Nutzung einer gemeinsamen Programmiersprache (KOP, FUP, AWL) reduziert den Engineeringaufwand und erhöht die Übersichtlichkeit des Anwenderprogramms. Für die Programmstruktur hat HAA detaillierte Betriebsmittelvorschriften entwickelt. Sie umfassen standardisierte Funktionsbausteine für Heber und Rollenbahnen, legen die Visualisierung fest und sichern die einheitliche Bereitstellung der Daten für den übergeordneten PC. „Klare Schnittstellendefinitionen und Softwarestandards haben die Zusammenarbeit wesentlich vereinfacht und zu einer reibungslosen Inbetriebnahme beigetragen.“ Verfügbarkeit erhöht und Sicherheitsstandard optimiert Für RESA war die Einführung der neuen Technik kein Problem. Im Gegenteil: Die vorhandene Erfahrung mit Simatic konnte einfach auf den Sicherheitsbereich übertragen werden. Der Betreiber rechnet daher Nachbearbeitung Alterungsofen mit Vorteilen bei der Instandhaltung: Schon bei der Inbetriebsetzung stellte sich heraus, dass der direkte Zugriff auf die gesamte Peripherie über ein Bussystem zu einer vereinfachten Fehlerlokalisierung beiträgt. So kann auch nach sicherheitsbedingten Unterbrechungen die Produktion schnell wieder aufgenommen werden. Freigegeben wurde die Anlage durch den TÜV Saarland. Auch hierbei ergaben sich Vorteile. So war es kein Problem, Sicherheitskategorien nachträglich zu verändern, wenn an der Anlage der Eindruck entstand, dass an der einen oder anderen Stelle doch von Kategorie 3 auf Kategorie 4 hochgerüstet werden sollte. In der Regel braucht dazu nur ein zusätzliches Signal ausgewertet, das heißt ein zusätzlicher Eingang gelegt zu werden. Im Zweifelsfall wurde die nächsthöhere Kategorie gewählt – sicherheitshalber. ■ Mehr zum Thema: www.siemens.de/safety www.siemens.de/simatic E-Mail: [email protected]