2012_8_Gesteinsperspektiven_68-71
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68 S p e z i a l N e u b au t e n Leuchtturmprojekt im Altenburger Land Beeindruckend: Vorderseite (noch während der Bauphase) und Rückseite der Anlage beim Besuch im Mai. Nicht zu sehen, aber wahr: Vom Dach gibt es Solarenergie für den Anlagenbetrieb. Fotos: Heim/gsz Es war ein klassischer Start: Der Urgroßvater pflastert im Auftrag, daraus entwickelt sich ein kleines Bauunternehmen, mit den nächsten Generationen ein größeres. Kieswerke kommen hinzu, dann auch die Bereiche Verwertung und Deponie, schließlich Energie. Heute, unter Beteiligung der vierten Heim-Generation in der unternehmerischen Verantwortung, stellt sich die Gruppe als ein besonders interessant diversifiziertes Unternehmen dar. Steckbrief Werk Nobitz Grund der Neuinvestition: Optimale Nutzung der Rohstoffqualitäten, Ressourceneffizienz steigern, neue Kundenpotenziale neben der Bauwirtschaft erschließen Investitionsgrößenordnung: 10,5 Mio. Euro Wer plante und baute die Anlage?: Projektierung: KiProCon, Komponenten und Bau siehe Kasten rechts Neue Möglichkeiten im Markt durch: Trocknung, Sortierung, spezielle Feinsiebung, höchste Flexibilität, Absackung, Einsatz erneuerbarer Energien Rolle der Energieeffizienz bei der Entscheidungsfindung: Höchste Priorität Gesteins Perspektiven 8/2012 Erfüllt die Anlage die in sie gesetzten Erwartungen? In puncto Energieeffizienz sind die Betreiber bisher mit der Anlage sehr zufrieden, was aber nicht heißt, dass sie nicht ständig versuchen, Verbesserungen, insbesondere in der Wärmeauskopplung und Stromeinsparung, zu realisieren. Besonderheiten: Die Anlage verfügt über einen Aufzug, eine Solaranlage auf dem Dach und die Trocknungswärme liefert zu einem großen Teil die benachbarte Biogasanlage. Gesamtprädikat: Ergebnis und Energieeffizienz der Spitzenklasse! Die Heim Kieswerk Nobitz GmbH & Co. KG im Altenburger Land verfügt mit ihren Sand- und Kiesvorräten tertiären Ursprungs über einen ganz besonderen Schatz. Mit einem Quarzgehalt von über 98,5 % eignen sich die Rohstoffe zur Herstellung hochwertiger Industriequarzprodukte. Derart hervorragende Lagerstättenqualitäten sind selten. Durch gezielte Aufbereitung des Sandes z. B. durch den Einsatz eines HGMS – Hochgradientmagnetscheiders kann die Reinheit noch gesteigert werden. Die nach ISO 9001 und ISO 14001 zertifizierten Endprodukte, die den Markennamen Nobitz Quarz (NQ) tragen, werden in der Bauchemie, Wasseraufbereitungs-, Gießerei- und Glasindustrie eingesetzt. Die anwendungsgerechte Aufbereitung der im Kieswerk gewonnenen Rohstoffe findet unter der Regie der Heim Industrials Minerals GmbH & Co. KG mit Sitz in Nobitz statt. Im Rahmen eines EFRE-För- S p e z i a l N e u b au t e n Sandtrocknung: Die zweistufige Trocknungsanlage bezieht Wärmeenergie von derzeit ca. 450 kW über einen Wärmetauscher von den installierten Blockheizkraftwerken (BHKW). Foto: VG Kamprad Wärmelieferant: Die benachbarte Biogasanlage von pure power macht die Sandtrocknung ganz nach Plan des Unternehmens am Standort günstig. Fotos, soweit nicht anders angegeben: gsz Nassgewinnung: Die Mächtigkeit der abbauwürdigen Kiessande beträgt bis zu 30 m im Nassschnitt. Dafür ist ein Schwimmgreiferbagger im Einsatz. Willkommen: Beim Kundentag im Mai empfingen Dieter und Philipp Heim zahlreiche Gäste. Steckbrief Partner und Lieferanten KIProCon Dr. Kirschbaum Projekt-Consulting: Baucontrolling www.kiprocon.de AJO tec GmbH: Silobau, Statik und Montage www.ajotec.com Leuteritz Anlagenbau GmbH: Stahlbau + Montagen www.leuteritz-anlagenbau.de Konstruktionsbüro G. Fischer: Statik Stahlbau [email protected] Geti-Ingenieurbüro Bauwesen: Statik Fundamente [email protected] SVB Ingenieurbüro für Baustatik: Prüfstatiker www.svb-bau.de Metallbau G. Willamowski: Stahlbau www.metallbau-willamowski.de Transkem Spedition GmbH: Transporte www.transkem.de FRP Elektroanlagenbau GmbH: Elektroinstallation/Steuerung www.frp-elektro.de Schulz & Berger GmbH: Filteranlagen www.schulz-berger-gmbh.de FAF Fördertechnik GmbH: Transportbänder www.faf-gmbh.com Concran GmbH Leipzig: Lastenaufzug www.concran.de Fördertechnik/Becherwerk: Russig Fördertechnik GmbH & Co. KG www.russig.de Siebtechnik: Derrick Corporation www.derrickcorp.com Schwingungstechnik: Jöst GmbH + Co. KG www.joest.com Fließbetttrockner: Eigenentwicklung Optische Sortierung: SEA s.r.l. 30 www.seasort.com Splittbrecher: noch keine Endauswahl erfolgt 8/2012 Gesteins Perspektiven 69 70 S p e z i a l N e u b au t e n Aus- und Ansichten: Nicht nur wirtschaftlich interessant, sondern durchaus auch unter rein ästhetisch architektonischen Aspekten hat dieser Anlagenneubau der Extraklasse viel zu bieten. derprojekts mit einem Gesamtvolumen von 10,5 Mio. Euro wurden ganz spezialisierte Verfahren entwickelt. Die anspruchsvolle Produktionslinie Trocknung, Siebung, Reinigung der Fraktion 0/8 zur Herstellung hochwertiger Produkte unter dem Markennamen Nobitz Quarz wurde im Mai feierlich eröffnet. Ausführliche Informationen dazu lieferte ein Fachbeitrag in GP 3/2012. Verwiesen wurde dabei auch schon auf weitere Investitionsschritte. Diese fokussieren die Sortierung der Fraktion 8/32 zur Gewinnung reiner Quarzkiese mit modernster Sensor-, Mikrocontroller- und Bildverarbeitungstechnologie als Ausgangsstoffe für die Vermahlung zu Quarzmehl. Dieses wiederum kann Kundengruppen in den hochveredelten Bereichen Quarzglas, optische Gläser und Glasfaserindustrie für die moderne Kommunikationstechnik versorgen. Die kommenden Investitionsschritte sollen im Sommer 2013 abgeschlossen sein. Alles in allem koppelt sich der eigene Anspruch an Prozesse, die, wie vor allem die Trocknung, einer ganzen Menge Energie und Wärme bedürfen. Auch in diesem Punkt hat das Unternehmen aber klug vorausgedacht: Eine Biogasanlage am Standort liefert Abwärme zur Quarzsandtrocknung und Fotovoltaik auf dem Dach liefert Energie für das Werk. Neben der Faktenaufstellung zur wohl bisher energieeffizientesten Aufbereitungsanlage in Deutschland interviewte GP den geschäftsführenden Gesellschafter der Gruppe, Philipp Heim, zu Entwicklungsschritten und Anspruch sowie zur Frage, wie ein Rohstoffunternehmen zum Spezialisten in Sachen Erneuerbare Energie wird. (gsz) www.heim-gruppe.de www.nobitz-quarz.de www.purepower-biogas.de Austausch: Mathias Mahn, zuständig für Produktion und Qualität, Harald Jahn vom Thüringer Landesbergamt, Projektpartner Prof. Dr. Martin Kirschbaum, Dieter und Philipp Heim (v. l. n. r.). Standhaft: Andere zogen sich zurück, Heim blieb, auch als die Konjunktur zu schwächeln begann, in Thüringen und Sachsen aktiv. Gesteins Perspektiven 8/2012 Aufwärts, aber keine Lust zum Treppensteigen? Der Aufzug erleichtert die Entscheidung ganz erheblich. S p e z i a l N e u b au t e n „Wir wollten den Schatz unbedingt heben!“ GP: Herr Heim, laut Internetseite sind die Rohstoffaktivitäten der HeimGruppe unterschiedlichen Hauptbereichen zugeordnet. Wie kommt das? Philipp Heim: Unsere schon lange betriebenen Kieswerke in Erbach bei Ulm gehören zu unserer Bausparte und liefern die klassischen Baurohstoffe. Nach der Wende haben wir dann eine ganze Reihe weiterer Standorte für die Kiesgewinnung in Ostdeutschland übernommen und diese zusammen mit der Betonproduktion und der mineralischen Verwertung in einer eigenen Baustoffsparte subsumiert. Auch in den Jahren ab 2000, als die Nachfrage aus der Bauindustrie stark nachließ, haben wir uns nicht wie andere zurückgezogen, sondern weitere Werke insbesondere in Ostsachsen übernommen. Wie viele Ihrer 250 Mitarbeiter sind mittlerweile im Bereich Roh- und Baustoffe beschäftigt? Etwa 75 Fachkräfte sind derzeit in diesem Bereich tätig. Wie sind Sie eigentlich auf das Thema Energie gekommen? Im Prinzip hat der Standort Nobitz dafür die Initialzündung geliefert. Wir wussten, dass es sich hier um einen ganz besonderen Rohstoff mit hohem Quarzgehalt handelt. Der Standort war geologisch sehr gut erkundet und schon zu Vorwendezeiten als Ersatzlagerstätte für die Glasindustrie deklariert worden. Wir haben die Untersuchungsergebnisse also genau analysiert, uns deren Bedeutung erklären lassen und festgestellt, dass man einen solchen Rohstoff unmöglich ruhigen Gewissens nur für die klassischen Bauzwecke einsetzen kann. Das hieß: Wir mussten den Schatz heben und dabei seiner Qualität gerecht werden. Allerdings war auch klar, dass uns die Aufbereitung und speziell die Sandtrocknung, um die Quarzprodukte für anspruchsvolle Einsatzbereiche attraktiv zu machen, einiges abverlangen würde. Woher bekommt man also die Wärme für die Trocknung, ohne dass die Kosten explodieren? Dieser Gedanke hat mich schon während meines Studiums beschäftigt. Gemeinsam mit einem Freund, der sich im Nahwärmenetz einfacher realisiert werden konnte. Als diese Anlage dann gut funktionierte, habe ich weitere Biogas standorte und die Quarzaufbereitung inklusive der Trocknung vorangetrieben. Schritt für Schritt: Philipp Heim hat neue Geschäftsbereiche auf- und ausgebaut. Foto: Heim Agrarbereich gut auskannte, entstand dann die Idee für eigene Biogasanlagen. … diese mündete auf Ihre Initiative hin 2004 in die Gründung der pure power GmbH & Co. KG. Was macht das Unternehmen genau? Am Anfang hieß das: Wissen bündeln, tüfteln und sich Schritt für Schritt dem erwünschten Ergebnis nähern. Das ist immer so, wenn man sich ein Geschäftsfeld neu erschließt. Wir sind daran gewachsen und inzwischen plant, entwickelt, baut und betreibt pure power in Baden-Württemberg, Thüringen, Sachsen und Brandenburg seine eigenen Biogasanlagen. Insgesamt arbeiten mit der jüngsten Inbetriebnahme in Niesky Anfang November 2012 nun bereits acht Biogasanlagen von uns an sieben Standorten. Das Ursprungsziel hieß eigentlich nur Sandtrocknung … Genau, das haben wir auch erreicht. Wir trocknen unsere Sande mit der Abwärme aus der Biogasproduktion. Aber darüber hinaus ist noch mehr möglich geworden. Vom Output unserer frisch eingeweihten Biogasanlage beispielsweise profitieren im Sommer eine benachbarte Asphaltmischanlage und im Winter eine Gärtnerei sowie Wohnungen in der Umgebung. Für die Entwicklung der neuen Unternehmensbereiche (Energie und Quarz) war es zunächst wichtig, nur auf eines der neuen Geschäftsfelder zu setzen. So haben wir die erste Biogasanlage an einem Standort von uns gebaut, wo eine Wärmenutzung durch ein vorhandenes Und für all das haben Sie die Expertise im eigenen Unternehmen? Auf jeden Fall, denn wir haben Mitarbeiter eingestellt, die das notwendige Know-how mitbringen und umsetzen. Außerdem benötigen wir Kompetenz in Sachen Solarenergie und alles zusammen funktioniert am besten, wenn man auf solides Wissen setzen kann. Mittlerweile haben sich auch sehr interessante Querverbindungen zwischen diesen Spezialisten für erneuerbare Energien und unseren erfahrenen Mitarbeitern im Bereich Tiefbau, Hochbau, Landwirtschaft und Projektentwicklung ergeben. Mit diesen Initiativen haben Sie sich energetisch ein gutes Stück unabhängig gemacht. Auf staatliche Zuschüsse, die Sie als energieintensiv arbeitendes Unternehmen beantragen könnten, sind Sie demnach gar nicht angewiesen. Grundsätzlich ist ja nie ganz klar, wie lange solche Möglichkeiten aufrechterhalten werden und die Nachweisführung dürfte für Unternehmen sehr aufwendig werden. Ich habe uns zum Ziel gesetzt, langfristig als Energieproduzent tätig zu sein und somit auch nach und nach unabhängig zu werden. Welchen Anteil unserer produzierten Energie wir ins Netz einspeisen bzw. an unseren Produktionsstandorten selbst nutzen, ist dann eine Frage des Preises. Es hilft in jedem Fall, steigende Energiepreise in einer gewissen Weise gelassener zu sehen. Die nächsten Entscheidungs-, Investitions- und Installationsschritte stehen an. Welche sind das und in welcher Reihenfolge wird was in Betrieb gehen? Als Nächstes wird die optische Sortierung der Kiesfraktionen 2/8 realisiert. Anschließend wollen wir die Reinfraktion mit speziell ausgekleideter Brechtechnik weiter verarbeiten. Diese Investitionen werden in den nächsten Monaten umgesetzt und sollten bis Sommer 2013 abgeschlossen sein. 8/2012 Gesteins Perspektiven 71