Freisprechung Schreinerinnung Freiburg am 31.07.2009 Sparkasse

Transcription

Freisprechung Schreinerinnung Freiburg am 31.07.2009 Sparkasse
Freisprechung
Schreinerinnung Freiburg am 31.07.2009
Sparkasse Freiburg
Vortrag
Bürgermeister von Kirchbach
liebe Auszubildende,
sehr geehrte Eltern,
Vertreter- und Vertreterinnen der Ausbildungsbetriebe, der
Handwerkskammer, der Sparkasse,
sehr geehrte Gäste.
In diesem Kreis und zu diesem Anlass zu sprechen ist mir eine
besondere Freude.
Ihnen allen, die sie heute die Freisprechung erhalten, möchte
ich ganz persönlich und auch Namens der Stadt ganz herzlich
gratulieren.
Sie alle können stolz sein, weil sie mit ihrer Ausbildung eine
weitere Etappe in ihrem beruflichen Werdegang erfolgreich
abgeschlossen haben. Sie können stolz sein, weil sie in einem
Beruf ausgebildet sind, der seit Jahren mega-in ist.
Wer die Ausbildungsstatistik studiert kann feststellen, dass der
Schreiner zu dm Ausbildungsberuf gehört, der bei den
männlichen Bewerbern zu den mit am stärksten nachgefragten
Lehrberufen zählt.
Zurecht kann man sagen: ein starker Beruf auch für Frauen. Es
freut mich ganz besonders, dass unter denen, die es heute zu
feiern gilt, auch junge Frauen gibt.
Gratulieren möchte ich auch den Eltern, denn sie haben ja auch
ihren Teil dazu beigetragen, dass aus Auszubildenden jetzt
Gesellen und Gesellinnen werden.
Lehrjahre sind keine Herrenjahre, hört man ja oft sagen und wer
so aktuell aus einer Ausbildung kommt, der wird das sicher
auch bestätigen. Jetzt haben sie heute also die Freisprechung
und ich denke mal, dass sie da alle realistisch genug sind und
auch wissen, dass sie jetzt nicht alle gleich zu Herren werden.
Mit der Freisprechung beginnt jetzt eine Zeit neuer Freiheiten,
mehr Geld und wahrscheinlich auch Sicherheiten, was den
weiteren beruflichen Werdegang angeht. Die Ausbildung kann
ihnen niemand mehr nehmen - dieser Schritt ist geschafft.
Die zentrale Frage nach der Ausbildung heißt ja meist, wie steht
es um den Arbeitsplatz. Habe ich einen sicheren und behalte
ich den auch. „Arbeit ist nicht alles - aber ohne Arbeit ist alles
nichts“. Das meint die überwiegende Zahl der Jugendlichen
heute, wenn man sie selbst zu Wort kommen lässt und sich
dazu auf einschlägige Umfragen beruft.
Wichtig ist den jungen Menschen heute, dass sie in ihrem Job
gut verdienen, dass die Arbeit Spaß macht und persönliche
Befriedigung bringt. Einen hohen Stellenwert hat die Gründung
einer eigene Familie mit Kindern. Und ganz oben in der
Hierarchie der Werte steht auch das Thema Selbständigeit.
Gerade auch im Schreinerhandwerk hat dieser Wert ja
traditionell eine sehr verwurzelte Kultur.
Ich wünsche Ihnen allen, die sie heute in diese neue Phase
ihres Lebens eintreten, dass sich möglichst viel von dem
erfüllen lässt, was sie an Erwartungen für ihren weiteren
beruflichen Werdegang und ihre privaten Ziele haben. Und ich
wünsche ihnen auch, dass sie die Peilung behalten, wenn mal
nicht alles so nach Wunsch läuft.
Für uns alle, die wir in der Politik, als Ausbildungsbetrieb oder
als Handwerkskammer politische und gesellschafltiche
Verantwortung haben, heißt das, Rahmenbedingungen zu
schaffen und Ausbildungsplätze bereitzustellen, die jungen
Menschen heute und in Zukunft Perspektiven und Erfolg
versprechen. Die Schreiner-Innung Freiburg leistet hier seit
Jahren eine gleichbleibende Ausbildungsleistung auf hohem
Niveau. 100 Ausbildungsplätze sind hier ein klares Signal, das
vor dem Hintergrund der akteullen Finanzkrise und der
wirtschaftlichen Probleme umso höher zu würdigen ist.
Mein Appell richtet sich hier an die Betriebe direkt, nicht in
ihrem Bemühen nachzulassen,
auch in Zukunft
Ausbildungsplätze bereitszstellen und soweit wie möglich, diese
Angebote auch zu verstärken. Ich betone dies nicht nur deshalb
mit Nachdruck, weil ich davon überzeugt bin, dass mit
Ausbildungsplätzen eine Investition in die Zukunft der Jugend
geleistet wird, die der Gesellschaft insgesamt von großem
Nutzen ist. Ich sage das auch deshalb, weil wir uns wegen des
demographischen Wandelel insgesamt in der Wirtschaft, aber
auch im
im Handwerk in der Zukunft auf einen
Fachkräftemangel einstellen müssen.
Wie sie alle wissen, hat uns die Finanzkrise in schwierige
wirtschaftliche Zeiten gebracht. Ich sehe das Handwerk
insbesondere auch durch das städtische Investitionsprogramm
und
das
derzeit
in
Umsetzung
befindliche
Sonderkonjunkturprogramme hier weniger tangiert. Deshalb bin
ich mir sicher, dass die Investitionen der Stadt in die
Infrastruktur mit dazu beitragen werden, dass das Handwerk
diese
aktuell
schwierige
wirtschaftliche
Situation
vergleichsweise gut überstehen wird. Und wenn es kommt wie
erwartete, dass die Wirtschaft bald wieder anzieht, dann wird
das auch wieder positive Effekte für den privaten Konsum
haben. Einem Bereich, von dem das Handwerk ja in einem
hohen Maße auch lebt und sein Auskommen hat.
Wir alle wissen, was wir am Handwerk und insbesondere am
Schreiner-Handwerk haben. Als Baden-Württemberger können
wir mit Stolz sagen: Unser Land ist ein Holzbauland. Mit einer
Holzbauquote von 20% liegen wir im bundesweiten Vergleich
an der Spitze. Jährlich werden 10,7 Millionen Festmeter Holz
eingeschlagen, was einem Gesamtwert von 450 Millionen Euro
entspricht. Das Land ist außerdem führend im Bereich der
holzbe- und verarbeitenden Industrie und des Handwerks.
Es ist das Handwerk und es ist der Mittelstand, von denen
unser Gemeinwesen im Kern getragen wird. Rund 20% aller
Arbeitsplätze werden in Deutschland vom Handwerk gestellt.
80% der Ausbildungsbetriebe in Baden-Württemberg sind
mittelständische Betriebe. Viele davon sind Familienbetriebe mit
starken Verwurzelungen im lokalen und regionalen Raum. All
dies und noch vieles mehr macht die Stärke des Handwerks
aus. Und weil wir wissen, dass das Handwerk eine wichtige
Grundlage für unser aller Wohlstandsfundament ist und einen
wesentlichen Beitrag für das Funktionieren und die Identität
unserer Gesellschaft leistet, ist es mir persönlich immer auch
ein großes Anliegen, dafür auch öffentlich ein Bewußtsein zu
schaffen.
Wenn ich in diesem Sinne so allgemein vom Handwerk
spreche, dann spreche ich natürlich auch von ihnen allen ganz
direkt, die sie heute ihren Ausbildungsabschluss feiern. Und
dazu möchte ich jetzt noch eine kleine Geschichte von einem
König erzählen, die folgendermaßen geht:
Es lebte einmal ein junger König, der wissen wollte, was das
Volk von ihm hielt. Er kleidete sich nach Art der Ärmsten, ging
unter das Volk und befragte es.
Dabei kam er in ein Dorf , in dem ihn ein junges Mädchen durch
seine Schönheit, sein bezauberndes Wesen und seine
Bescheidenheit auffiel und ihn ganz stark beeindruckte.
Kaum zurück in seinem Palast, rief er eine Diener zu sich und
sagte: „Geh in das Dorf, suche den Vater des Mädchens und
bitte ihn in meinem Namen um die Hande seiner Tochter“. Der
Dienser tat wie befohlen. Doch das junge Mädchen meinte:
„König hin oder her, der Mann, den ich heirate, muss ein
Handwerk beherrschen - Heute ist er noch König, aber was
wird in fünf Jahren sein? In meinen Augen ist das einzig
Wertbeständige ein gutes Handwerk“.
Ich lese aus dieser Geschichte vor allem eines. Strebe nach
Werten, die Bestand haben, weil man im damit im Leben am
weitesten kommt.
Das, glaube ich, ist für junge Menschen immer ein guter
Ratschlag und wenn ich die diejenigen richtig verstehe, die sich
professionell mit Jugendforschung beschäftigen, auch etwas,
was jungen Menschen für sich selber so sehen. Ich betone dies
auch deshalb so ausdrücklich, weil es ein Kontrapunkt setzt zu
der in der öffentlichen Meinung oft hoch stilisierten „Null-BockHaltung“ der jungen Menschen heute.
Wenn seriöse Jugendforscher der heutigen Jugend ein Etikett
verpassen, dann lautet es so: „Die heutige Jugend ist eine sehr
pragmatische Generation, die realistisch ihre Situation
einschätzt - mit einem Schuss Optimismus, aber auch viel
Skepsis. Das letztere bezieht sich vor allem auf die Ausbildung,
die für junge Leute
vorraussehbar ist.
heutzutage
manchmal
schwer
Für sie ist die Lehrzeit jetzt zu Ende, aber die Lernzeit hört
nicht auf. Als Sozialbürgermeister betone ich bei
entsprechenden Gelegenheiten immer, wie wichtig es ist, dass
man ein Leben lang die Bereitschaft behält, zu lernen und sich
in seinem Beruf weiter zu qualifizieren und fortzubilden. Das
sehe ich natürlich auch in ihrem Beruf, der ja sehr abhängig ist
von den Wünschen und Bedürfnissen der Kunden, wo heute
mehr als früher Flexibilität gefordert ist. Nicht stehen bleiben
und sich den Anforderungen des Marktes anpassen ist deshalb
auch etwas, was ich ihnen auf den Weg mitgeben möchte.
Ein Punkt ist mir auch noch wichtig. Der demograpische
Wandel, der unsere Gesellschaft insgesamt älter werden lässt,
wird
gerade
im
Bereich
des
Bauens
und
der
Wohnumfeldgestaltung neue Herausforderungen bringen. Ich
spreche hier vom Thema Barrierefreiheit und einem auf die
Bedarfe einer älteren Generation zugeschnittenen Wohnen.
Das sind Themen, denen wir in Zukunft noch mehr als heute
eine besondere Beachtung geben müssen. Ältere Menschen
wollen auch im hohen Alter oder bei körperlichen
Einschränkungen so lange wie möglich in den eigenen vier
Wänden wohnen bleiben. Mit intelligenten Lösungen und einem
guten Handwerker kann hier in vielen Fällen geholfen werden.
Sie alle kennen den Spruch „So wie der Schreiner kann´s
keiner - zum Glück gibts den Schreiner“. Ich bin mir sicher, dass
da jeder ein ganz besonderes Glück nennen kann und wir alle
zusammen sicher auch.
Mit ihrer Arbeit gestalten sie nicht nur Lebensräume, sondern
verwirklichen für Menschen manchmal auch Lebensträume.
Im Kulturbereich, im Theater, im Film oder der Literatur ist es
immer ein Qualitätskriterium, wenn man feststellen kann, dass
etwas handwerklich gut gemacht ist. Damit möchte ich sagen,
dass sie als Handwerker über ein know-how und über
Techniken verfügen, die auf andere Sparten ausstrahlen. Wer
über die Verbindungen von Kultur und Handwerk sprechen
wollte,
der
hätte
hier
eine
ganze
Reihe
von
Anknüpfungspunkten.
Man muss von Nachhaltigkeit reden, wenn man über das
Handwerk spricht. Mit dem Handwerk lässt sich viel für
nachhaltiges Bauen und Wirtschaften erreichen. Hier geht das
Handwerk Hand in Hand mit den Belangen für die Umwelt.
Dass das Bauen mit Holz auch im öffentlichen Raum von
Freiburg sehr nachdrücklich zum Ausdruck kommt, ließe sich
mit vielen Beispielen illustrieren. Ich möchte hier nur die
Umweltbildungseinrichtung „Waldhaus“ in der Wiehre nennen,
die eindrucksvoll zeigt, was man mit Holz alles machen kann.
Man muss auch von den schönen Dingen reden, wenn man
vom Schreiner, dem Schnitzer oder dem Bildhauer spricht.
August Rodin hat einmal gesagt. „Der Künstler macht sichtbar,
was vorher unsichtbar war. Er formt in Kunst um, was er aus
der Umwelt aufnimmt“. In diesem Sinne schafft ihr Handwerk
nicht nur Gebrauchswert, sondern befördert auch die schönen
Dinge. Auch wenn wir in einer Zeit leben, in der Effizienz und
Funktionalität groß geschrieben werden, sollten wir nie die
schönen Dinge im Leben vergessen.
Und wenn ich von schönen Dingen rede, dann möchte ich auch
auf die ausgestellten Abschlussarbeiten hier im Haus
hinweisen. Ihre Arbeiten sind alle sehr beeindruckend und
verdienen es, dass man ihnen Aufmerksamkeit schenkt.
Zukunft heißt Jugend - und Jugend hat Zukunft. Als neue
Junghandwerkerinnen und Junghandwerker sind sie hier
Vorbilder, weil sie mit ihrer Person, ihren Leistungen und ihrer
Ausdauer bewiesen haben, dass es sich lohnt, sich für eine
Idee stark zu machen und sich anzustrengen. Die verdient
Respekt und Anerkennung, die ich hiermit nochmals zum
Ausdruck bringen will.
Ich möchte dies auch mit einem Appell verbinden. Nämlich
damit, dass sie ihre heutige Freisprechung in einem guten
Sinne weitertragen, in dem sie sich in Zukunft nicht nur in ihrem
Beruf weiter engagieren und Verantwortung übernehmen,
sondern sich als mündige Bürgerin und Bürger auch für
Belange und Themen interessieren und einsetzten, die über
den Beruf hinausgehen. Helfen sie mit, dass wir alle an der
Entwicklung der Stadt arbeiten können, damit Freiburg
liebenswert bleibt - und zwar so, wie wir dies uns alle selber
wünschen.
Ihnen und ihren Eltern wünsche ich auf ihrem weiteren
beruflichen und privaten Weg alles Gute und viel Glück und
Erfolg.