Mittwoch, 8. September 2004, Ohrid, Mazedonien Anruf nicht
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Mittwoch, 8. September 2004, Ohrid, Mazedonien Anruf nicht
HELSINKI PROJEKT_040908 Mittwoch, 8. September 2004, Ohrid, Mazedonien Anruf nicht entgegen genommen 5 Lied an die aufgehende Sonne Wird die Sonne im Jenseits aufgehn Über dem See Werden die Engel ins Wasser tauchen Mich tragen Mich aus dem Wasser hieven Der Sonne entgegen Ist das nicht eine neue Geburt Eine die nicht automatisch mit einem Schrei beginnt Sondern mit einem Blinzeln der Augen Weil ich zwar aus dem Wasser geboren Aber es warm ist Und ich mich geborgen Und niemand Mich in den Brutkasten Oder ein weißes Linnen Und niemand mir seine Nase Sein Gesicht entgegenstreckt Nein ich erinnere nicht Ich seh nur diese Gesichter Und ich weiß Dass ich Hätte ich denn die Wahl gehabt Sie nicht hätte sehen wollen Schon ihre Stimmen waren mir unangenehm Wie still ist es dagegen im See Tief auf dem Grund HELSINKI PROJEKT_040908 Wo ein Fisch mich beschnuppert Gräser und Farne im Wasser sich wiegen Als ob eine Klavierphantasie Das Wasser zum Klingen brächte Im Dunkel seh ich DICH die ich geträumt DICH der mich gezeugt DICH aus der ich nicht wollte Und ein Gesicht zieht vorbei Immer und immer Wieder und wieder Es ist das Gesicht meines Sohns Ich versuche mit ihm zu sprechen Meine Stimme ist stumm Die Worte leer Blasen aus Luft Sie steigen hoch Er schwimmt durch sie hindurch Er lächelt mich an Deutet mir Komm mit nach oben Okay Aber ich kann nicht Dieser Traum hält mich gefangen Diese Nacht legt mich in Ketten Aber ich weiß jetzt Was zu tun ist Ich schließe die Augen Ich rufe nicht nach dem Leben Ich bette mich weich Der Schlamm ist aus Daunen Mein Pulsschlag ist gegen Null HELSINKI PROJEKT_040908 Ich spüre mich Mehr als ich jemals gespürt Ich öffne die Arme Aber ich strecke sie niemandem hin Ich weiß Dies ist die Voraussetzung Damit die Engel mich greifen Sie greifen nie eine Hand Die sich ihnen entgegen Streckt und nach Hilfe Sie wollen nicht dass man sie ruft Sie heben die Sonne Aus ihrer Verankerkung Jeden Tag Heben sie die Sonne über den Erdenrand Und die Erde Sie ist doch eine Scheibe Hinterm Horizont nichts als der Himmel Und der Himmel ist blau wie das Wasser Man könnte die beiden glatt verwechseln DA lieg ich am Grund Und DA hängt die Sonne darüber Gehalten werden wir beide Von Engeln In gold- und brokatgeschmückten Kleidchen Die Sonne von vielen Ich nur von Zweien: Die eine schaut aus wie Claudia Schiffer Der andere wie David Copperfield Jetzt wundert mich nichts mehr Zusammen werden sie es schon schaffen Mich HELSINKI PROJEKT_040908 Diesen Schein Der ins Dunkle drängt An das Licht In den Tag zu hieven Ihm einen Sonnenstrahl an den Kopf zu werfen Und jetzt geh Ernst des Lebens Geh übers Wasser Am Ufer wartet dein Sohn Und wirklich Da steht er Steht einfach so da Als wär das sein Platz schon seit er geboren In einer Gewitternacht Bei Vollmond im Juli Im Gegensatz zu mir Wollte er raus Schon nach sechs Monaten drängte es ihn Er strampelte sich ab Seine Händchen zerbeulten den Bauch Mariannes Seine Füßchen Tanzten Kasatschok Schon im Mutterleib Und wie er dann lag Hinter Glas und von Schläuchen am Leben gehalten Da schaute er schon in die Welt Als wäre sie ein Wunder Ganz speziell und nur für ihn Aus Erde und Wasser geformt Ich drückte mein Gesicht nicht an die Scheibe Ich nahm ihn nicht in den Arm HELSINKI PROJEKT_040908 Ich bin Mit dem Leben nie ins Reine gekommen Ich leg mich noch immer Auf weißes Linnen In der Hoffnung Dort würde ich finden Was ich bis jetzt So lang so vergeblich gesucht Ich weiß nur Dass es nach mir nichts gibt Auch DICH nicht Sonne Auch DICH nicht Sohn Und der Wein der sich wandelt in Blut Macht auch nur betrunken Und doch will ich DICH Sonne ERLEUCHTUNG nennen Und dich Sohn Sonnenkind Am Ufer Blendet das gespiegelte Helle nicht mehr Dämpft der Sand nicht den Schritt wie das Wasser Ist der Fischer über Nacht eingeschlafen Springt ein Delphin aus dem Wasser Und fliegt als Wiedehopf dir Sonne entgegen Ein Gebirge schiebt sich zwischen mich und dem Wasser Ich rolle mich hoch Am Gipfel steht verloren ein Kreuz Verloren schaut auch Maria Und noch verlorener Josef Sie stehn beide mit dem Rücken zur Wand Sie klagen nicht Stossen auch nicht den Kopf gegen Steine HELSINKI PROJEKT_040908 Sie schaun bloß Über den See hinweg Die Hügelkuppen lang Bis ins Gebirg indes Reicht der Blick nicht Er zerbricht an dem Wort Das der Sohn aussprach Bevor auch sein Blick brach Er bricht an der Weggabelung Im letzten Dämmern Der eben erst entschwundenen Nacht