Gendiagnostik - Ärztekammer Bremen
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Gendiagnostik - Ärztekammer Bremen
64. Jahrgang, März 2011 Mitteilungsblatt der Ärztekammer Bremen und der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen Gendiagnostik Umgang mit Erbinformationen 03 11 2 ITni theal lt th e m a B R E M E R Ä R Z T E J O U R N A L 0 3 | 11 11 16 Durch das Gendiagnostik gesetz sind Rahmenbedingungen für eine genetische Analyse genau definiert. Dennoch wirft der Umgang mit dem Gesetz Fragen auf, die an drei Fallbeispielen aufgezeigt werden. T i t e lt h e m a Die Zusammensetzung der 14. Vertreterversammlung der KV-Bremen steht fest. Nach einem spannenden Wahlabend sprachen sich die Delegierten erneut für Dr. Thomas Liebsch als ihren Vorsitzenden aus. 19 Die zweite bundesweite Evaluation der Weiterbildung beginnt im April. Die Ärztekammern bereiten sich derzeit auf die Erhebung vor. Der Zeitplan für Weiterbildungsbefugte und Weiterzubildende steht fest. Prof. Dr. Mariam Klouche 4 Konsequenzen des Gendiagnostikgesetzes Dr. Johannes Grundmann 7 Das Gesetz und die Umsetzung in der hausärztlichen Praxis Dr. Franz Börschel, Dr. Hendrik Crasemann 8 Neugeborenenscreening: Gesetz und Wirklichkeit im pädiatrischen Alltag Dr. Daniel Kamil 10 GenDG in der Pränatalmedizin Prof. Dr. Stephanie Spranger 11 Abwägen und beraten: Beispiele aus der Humangenetik Prof. Dr. Jörg Bullerdiek, Dr. Jörg Müsebeck 13 Prädiktive Diagnostik erblicher Tumordispositionen Pharmakotherapie 15 Gerinnungsselbstkontrolle Intern 16 Vertreterversammlung der KV Bremen: Heißer Wahlabend im KV-Parlament Aktuelles 18 Röslers Arzneimittelreform: Was das AMNOG bedeutet 19 Zeitplan für die Evaluation der Weiterbildung 2011 20 Beratungskommission für substituierende Ärzte eingerichtet 20 Medizinische Fachangestellte in Bremen und Bremerhaven verabschiedet Rubrik 3 21 22 22 23 Bremer Standpunkt Akademie Recht Anzeigenbörse Impressum St a n dp u n Kt B r e m e n B R E M E R Ä R Z T E J O U R N A L 0 3 | 11 Und noch eine Sau durchs Dorf… Dieses Heft beschäftigt sich mit Genetik, aber mal ehrlich, woran erinnern Sie sich noch? Zellkern und Chromatin sind mit über 100 Jahren Geschichte ja alte Hüte. Crick und Watson und die Doppelhelix, das war auch schon vor meiner Zeit. So selbstverständlich dieses Wissen heute ist, so faszinierend ist es auch, hier zu erfahren, welchen Einfluss es auf die Methoden und Möglichkeiten der modernen Medizin hat. Im Zeitalter des Revirements mittelalterlicher Heilansätze fasziniert mich besonders die klare analytische Struktur dieses Faches. Überraschend fand ich schon immer, dass die Zahl der Chromosomen so wenig mit dem Verwandtschaftsgrad der Arten zu tun hat. Wir erinnern uns: Mensch = 46. Bei Schimpanse = 48 empfinden wir ja noch eine biologische und numerische Nähe. Ebenfalls 48 bieten Ameise und Kartoffel, da kommt man schon ins Grübeln… Das anatomisch mit uns doch nah verwandte Hausschwein liegt mit 38 ziemlich daneben, was uns direkt zum nächsten Thema führt: Der Dioxin-im-Schweinefleisch-Skandal wird wohl zwischen Schreiben und Drucken dieser Zeilen vergessen sein, aber welche „Sau“ wird dieses Jahr sonst noch „durchs Dorf getrieben“? Dass diese Glückssymbole kaum noch als Individuen auftauchen, ist den Ärztinnen und Ärzten im Lande schmerzlich bewusst. Auch dieses Jahr ist eher mit einer Rotte zu rechnen: Wer erwartet hat, die gelbschwarze Bundesregierung würde uns die ungeliebte elektronische Gesundheitskarte vom Halse halten, wird enttäuscht. Für die Kassen wurden so hohe Strafgebühren für die Nichteinführung installiert, dass ich prognostiziere: Sie werden noch dieses Jahr den ersten Patienten behandeln, der nur noch die elektronische Gesundheitskarte bei sich hat. Wir werden damit umgehen müssen. Für Unmut sorgen auch die neuen Ambulanten Kodierrichtlinien. Was den Krankenhauskollegen wie Schnee von gestern vorkommt, ist für die Niedergelassenen eine Lawine: Kodieren bis der Arzt kommt, sonst kommt kein Geld. Wohl dem, der immer schon sorgfältig kodiert hat. Sie sehen, die Politik jagt 2011 einige Säue durchs Dorf. Vielleicht werden wir am Ende aber sagen können: Schwein gehabt! So schlimm war’s gar nicht. Dr. Jörg Hermann, Vorsitzender des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen 3 G no T ietne dl ti a hg em astik B R E M E R Ä R Z T E J O U R N A L 0 3 | 11 t eglnt o h se tmi a G e n dT i a k B R E M E R Ä R Z T E J O U R N A L 0 3 | 11 Konsequenzen des Gendiagnostikgesetzes Am 1. Februar 2010 ist das Gendiagnostikgesetz (GenDG) in Deutschland in Kraft getreten. Mehr zu diesem Thema lesen Sie auf Seite 8. Daher wird ein vom GenDG nicht intendierter Rückgang der Inanspruchnahme dieser zentralen präventiven Maßnahme zur Abwendung von Schäden vom Kind befürchtet, wie es als Trend bereits in einigen Ländern mit hohem Migrantenanteil und geringen Deutsch-Kenntnissen zu beobachten ist. Auf diese Problematik geht der Artikel auf Seite 10 ein. Um schutzwürdige Interessen der informationellen Selbstbestimmung gesetzlich zu sichern, wurde die Untersuchung von Erkrankungen, die sich erst im Erwachsenenalter manifestieren und für die keine Behandlungs- oder Präventionsmaßnahmen möglich sind, verboten. Während das Manifestationsalter zum einem oftmals nicht präzise vorhersagbar ist, kann zum anderen bei schweren bisher nicht behandelbaren Erkrankungen in der Familie wie z. B. Chorea Huntington ein ethisches Dilemma zwischen dem Wunsch der Diagnostik und den gesetzlichen Bestimmungen entstehen. Dazu nimmt der Beitrag auf Seite 11 Stellung. Bei verschiedenen genetischen Tumorerkrankungen bzw. Tumordisposi- Mit diesem Gesetz hat Deutschland eine Vorreiterrolle zum Schutz des Individuums betreffend der genetischen Information eingenommen. In der Praxis sind Anpassungen, z. B. zur Sicherstellung etablierter Präventionsuntersuchungen, wünschenswert. Das Gendiagnostikgesetz (GenDG) legt erstmals verbindliche Rahmenbedingungen für genetische Untersuchungen am Menschen fest. Ziel des Gesetzes ist es, den Schutz des Individuums vor missbräuchlicher oder diskriminierender Verwendung unveränderbarer genetischer Informationen durch die Beschränkung des Umgangs sicherzustellen, auch im Hinblick auf die zunehmend verfügbaren „direct-to-consumer-tests“ (1000-Euro Genom). Wesentliche Elemente des GenDGs sind daher die informationelle Selbstbestimmung mit dem zentralen Recht auf Nichtwissen, sowie die Einführung eines Arztvorbehalts und einer umfangreichen Beratungspflicht durch eigens qualifizierte Ärzte. Erstmalig wurde im GenDG die Einrichtung einer Gendiagnostikkommission (GEKO) aus 13 unabhängigen Experten unterschiedlicher medizinischer Fachrichtungen und fünf Vertretern aus Ethik, Recht sowie Patienten und Verbrauchern mit der gesetzlich verankerten Aufgabe zur Erstellung verbindlicher Richtlinien festgelegt. Die aktuellen Entwicklungen sind in Tabelle 1 zusammengefasst und finden sich jeweils unter www.rki.de (Institut/Kommissionen/GEKO). Relevante Vorgaben und Änderungen für alle Arztgruppen Das GenDG umfasst die medizinische Diagnostik, die Pränataldiagnostik (z. B. Erst- Trimester-Screening), das Neugeborenenscreening, Abstammungsuntersuchungen sowie arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen. Durch die Legaldefinition genetischer Untersuchungen über die Zweckbestimmung unter Einschluss der (1) Zytogenetik, (2) Molekulargenetik, und (3) Genproduktanalyse können Parameter nahezu der gesamten Labormedizin eine genetische Untersuchung im Sinne des GenDG sein. So kann beispielweise eine Gerinnungsuntersuchung (z. B. PTT) mit dem Zweck eine hereditäre Thrombophilie abzuklären eine genetische Untersuchung sein, während sie ohne diese Zweckbestimmung eine normale Laboruntersuchung ist. Daher sind mit Einführung des GenDG für alle Arztgruppen relevante Änderungen betreffend der verpflichtenden Qualifikation zur genetischen Beratung, der Vorgaben zur rechtswirksamen schrift lichen Einwilligung, des Umfangs der Beratung, der Anforderung und Mitteilung genetischer Untersuchungsbefunde sowie des Datenschutzes erforderlich (vgl. Tab. 2). Insbesondere betroffen sind die Pädiatrie, die Pränatalmedizin, die Gynäkologie, die Innere Medizin und die Arbeitsmedizin. Vor allen diagnostischen, sowie zusätzlich nach Erhalt des Befunds bei prädiktiven genetischen Untersuchungen, muss der Patient eine Aufklärung und Beratung erhalten, die die medizinischen, psychischen und sozialen Aspekte berücksichtigt. Bis zum 1. Februar 2012 müssen alle Ärzte außer den Fachärzten für Humangenetik, die Untersuchungen im Sinne des GenDG veranlassen, eine entsprechende Qualifikation erwerben. Die Anforderungen an die Qualifikation und Inhalte der Beratung sind von der Gendiagkonstikkommission erarbeitet worden und umfassen eine Fortbildungs maßnahme, die zum Teil auch über zerti- fizierte online-CME-Einheiten erworben werden kann und mit einer Prüfung abgeschlossen wird (vgl. Tab. 1). Wahrnehmung genetischer Untersuchungen und Prävention Aufgrund des hohen Stellenwerts stellt das GenDG genetische Untersuchungen zu medizinischen Zwecken unter einen generellen Arztvorbehalt. Durch die umfassendere Definition genetischer Untersuchungen über die Zweckbestimmung sind zunehmend auch Kollegen in der hausärztlichen Grundversorgung mit der Aufklärung und Beratung in der täglichen Praxis konfrontiert (vgl. Artikel Seite 7). Eine Unterstützung durch einheitliche Aufklärungsbögen sowie formalisierte Felder auf den Überweisungsträgern (Muster 10) „schriftliche Einwilligung für genetische Untersuchungen liegt vor“ würde den Aufwand erleichtern und den reibungslosen Ablauf fördern. Seit mehr als 40 Jahren ist das Neugeborenenscreening zur Früherkennung und Prävention von Erkrankungen etabliert und wird mit Einführung der Kinderrichtlinie seit 2005 als GKV-Leistung zusätzlich gestützt. Bisher wurde die Fersenblut-Entnahme in erster Line durch Hebammen mit hoher Akzeptanz in der Bevölkerung durchgeführt. Der Arztvorbehalt einerseits und die umfassende Beratungspflicht mit explizitem Hinweis auf das Recht des Nichtwissens und das Recht, die bereits entnommene Probe wieder zu vernichten, sowie die schriftliche Einwilligungserklärung andererseits, sind in der Praxis den aufzuklärenden Eltern kaum verständlich zu vermitteln. © Falko Matte/Fotolia.com © Kobold-knopf81/Fotolia.com © Sebastian Kaulitzki/Fotolia.com © eyeami/Fotolia.com 4 tionen kommen Maßnahmen zur Früherkennung und Prävention in Frage, die bereits vor dem 18. Lebensjahr sinnvoll sein können, so dass diese Vorteile für die Gesundheit entsprechend abgewogen werden müssen, wie der Artikel auf Seite 13 zeigt. Schnittstelle zur Labordiagnostik Bei Anforderungen von Labordiagnostik ist zu beachten, dass Proben für genetische Untersuchungen zu keinem anderen Zweck verwendet werden dürfen und nach Durchführung der Analytik unmittelbar vernichtet werden müssen. Hier müssten daher zusätzliche Blutentnahmen erfolgen, um weitere Laboruntersuchungen durchzuführen. Voraussetzung für die Diagnostik ist die Mitteilung über das Vorliegen der schriftlichen Einwilligungserklärung, ohne die mit der Analytik nicht begonnen werden darf. Dies gilt auch für pharmakogenetische Untersuchungen, die zur Prädiktion von genetisch bedingten Arzneimittelunverträglichkeiten schnell verfügbar sein müssen. Die Befundmitteilung darf ausschließlich an und über die/den verant- Gesetzliche Regelungen Richtlinienauftrag, GEKO* Qualifikationsnachweis bei Veranlassung von genetischen Untersuchungen ■■ Anforderungen an die Qualifikation und GenDG §23 Weitere Richtlinienentwürfe ■■ Inhalte der Aufklärung bei Abstammungsunter Akkreditierungspflicht bei Abstammungsuntersuchungen ■■ Definition der Anforderungen an die Qualitäts wortlichen Ärztin/Arzt erfolgen, dies erfordert insbesondere auch organisatorische Maßnahmen in Gemeinschafts praxen, MVZs und Krankenhäusern. Hier ist im Einzelfall das Recht des Patienten auf seine Befunde abzuwägen. Die Ergebnisse genetischer Untersuchungen müssen nach zehn Jahren aktiv vernichtet werden. Trotz bereits geänderter Anforderungs- und Dokumentationslogistik sind die gesetzlichen Vorgaben oftmals nicht realisierbar, da die Befunde genetischer Untersuchungen in einer Vielzahl von Papierbefunden (z. B. Arztbriefe, Konsile) sowie (Sub)-Archiven von Krankenhaus- oder Praxisinformationssystemen nicht systematisch zu löschen sein werden. Somatische oder erworbene genetische Veränderungen, die Präimplantationsdiagnostik oder genetische Untersuchungen im Rahmen der Forschung sind nicht über das GenDG geregelt. Blutgruppen und HLA-Bestimmungen fallen nur dann nicht unter das GenDG, wenn sie für die Transfusion oder Transplantation von Organen oder Geweben, oder im Rahmender Mutterschaftsvorsorgerichtlinien, durch- Betroffene Fachgruppen Alle Ärzte, Inhalte der genetischen Beratung insbesondere Gynäkologie, ■■ Voraussichtlich 72 Stunden mit Prüfung Pränatalmedizin, Pädiatrie, ■■ Anrechnung der psychosomatischen Grundversorgung Neurologie, Arbeitsmedizin Inkrafttreten 01.02.2012 Alle Ärzte Im Laufe 2011 Ärzte und Naturwissenschaftler 01.02.2011 suchungen: Umgang mit genetischen Nebenbefunden mit Relevanz für behandelbare Erkrankungen ■■ Vertretungsregelung bei der Ergebnismitteilung ■■ Genetische Untersuchungen bei nicht-einwilligungsfähigen Personen ■■ Arbeitsmedizinische Aspekte sicherung entsprechend DIN EN ISO 17025, RiliBÄK Tab. 1: Verbindliche Termine der rechtswirksamen Regelungen des Gendiagnostikgesetztes (GenDG) und gegenwärtiger Stand der Richtlinienentwürfe der Gendiagnostikkommission (GEKO) mit besonderer Relevanz für alle Arztgruppen. *Diese Richtlinien sind erarbeitet und werden in Kürze unter www.rki.de publiziert. 5 T ietne dl ti a G hg em no astik B R E M E R Ä R Z T E J O U R N A L 0 3 | 11 t eglnt o h se tmi a G e n dT i a k B R E M E R Ä R Z T E J O U R N A L 0 3 | 11 Das Gesetz und die Umsetzung in der hausärztlichen Praxis Das neue Gendiagnostikgesetz hat auch Auswirkungen auf die Tätigkeit von Hausärzten, denn durch das Gesetz soll eine umfangreiche Beratung von Patienten sichergestellt werden. Frauen und deren ungeborene Kinder sollen so z. B. besser geschützt werden. geführt werden. Wenn sie zu medizinischen Zwecken, mit dem Ziel genetische Eigenschaften festzustellen, durchgeführt werden, findet das GenDG Anwendung. Mit dem GenDG hat Deutschland eine Vorreiterrolle zum Schutz des Individuums betreffend der genetischen Information eingenommen. Es wäre wünschenswert eine einheitliche Regelung für die Gendiagnostik in Europa anzustreben. Dabei könnten Aspekte wie eine Abstufung zwischen klassischer, insbesondere prädiktiver genetischer Diagnostik, für die besondere Anforderungen angemessen sind, und etablierten Screeninguntersuchungen sowie ein eindeutig definierter Katalog genetischer Untersuchungen eine größere Akzeptanz der Umsetzung ohne Hausärzten kommt bei der Beratung eine zentrale Aufgabe zu. Beeinträchtigung etablierter Präventionsmaßnahmen erreichen Nach dem GenDG soll die Schwangere vor einer pränatalen Diagnostik und nach dem Vorliegen des Untersuchungsergebnisses genetisch beraten werden. Dabei sind vor allem folgende Punkte anzusprechen: ■■Vermittlung des Basisrisikos für angeborene Erkrankungen und Fehlbildungen, das alle Elternpaare tragen, und der individuellen Risikoerhöhung (z. B. Alter der Mutter) ■■Möglichkeiten und Grenzen der genetischen Pränataldiagnostik ■■Infrage kommende(s) Krankheitsbild(er) ■■Risiken der möglichen Untersuchungen ■■Konfliktsituation im Zusammenhang mit der Pränataldiagnostik ■■Alternativen Prof. Dr. Mariam Klouche, Mitglied der Gendiagnostikkommission Sachverständige Labormedizin, LADR Medizinisches Versorgungszentrum Bremen, Bremer Zentrum für Laboratoriumsmedizin Neuerung GenDG (§) Konsequenz Arztvorbehalt für genetische Untersuchungen für medizinische Zwecke §7 Das Neugeborenenscreening darf nicht mehr wie bisher von Hebammen durchgeführt werden, ärztliche Veranlassung + Einwilligungserklärung sind erforderlich. Qualifikationsnachweis für Ärzte §§7, 23(2).2 Die Fortbildung für alle Ärzte im Rahmen ihres Fachgebietes, außer Fachärzten für Humangenetik, ist verpflichtend erforderlich. Umfangreiche Beratungs- und Aufklärungspflicht vor diagnostischen sowie vor und nach prädiktiven genetischen Untersuchungen §§9,10 Medizinische, psychische und soziale Fragen im Zusammenhang mit der Untersuchung bzw. des Ergebnisses bei prädiktiven Untersuchungen Schriftliche Einwilligung ist Voraussetzung für die Untersuchungen genetischer Eigenschaften §8 Laboruntersuchungen dürfen nur nach Information des Labors über die schriftliche Einwilligung der Patienten durchgeführt werden. Definition der genetischen Untersuchung über die Zweckbestimmung §3 Grundsätzlich können alle Laboruntersuchungen unter der Fragestellung einer Feststellung genetischer Eigenschaften (z. B. Cholesterin bei Feststellung einer familiären Hypercholesterinämie) eine genetische Untersuchung sein. Pflicht zur Vernichtung der Probe und Ergebnisse genetischer Untersuchungen §§12, 13 Die Probe darf nur zum Zweck der genetischen Analyse verwendet werden. Das Untersuchungsergebnis muß nach 10 Jahren vernichtet werden. Mitteilung der Ergebnisse nur an und durch die/den behandelnde/n Ärztin/Arzt §11 Eine Delegation an eine/n anderen Ärztin/Arzt darf nur nach vorheriger Aufklärung und schriftlicher Einwilligung (z. B. in Kliniken, Gemeinschaftspraxen) erfolgen. Informationelle Selbstbestimmung Recht auf Nichtwissen §1 Patienten haben explizit das Recht, Informationen über Erkrankungen nicht zu erhalten. Vorgeburtliche genetische Unter suchungen dürfen nur zu medizinischen Zwecken und nur für Erkrankungen, die sich nach dem 18. Lebensjahr manifestieren, durchgeführt werden §15 Eine vorgeburtliche genetische Untersuchung des Geschlechts und Mitteilung vor Ablauf der 12. SSW ist verboten. Eine vorgeburtliche Untersuchung von Spätmanifestierenden Erkrankungen (z. B. Chorea Huntington, hereditärer Brustkrebs) ist verboten. Tab. 2: Grundlegende Neuerungen des Gendiagnostikgesetzes mit praktischen Konsequenzen für die tägliche ärztliche Praxis und Organisation. © Gina Sanders/Fotolia.com © Lisa Eastman/Fotolia.com © Rob Byron/Fotolia.com 6 Wichtig ist: Ärztinnen und Ärzte, die eine genetische Untersuchung veranlassen (und nicht diejenigen, die sie durchführen) sind verpflichtet, ihre Patienten aufzuklären und eine schriftliche Einwilligung zur Untersuchung einzuholen, welche auch dem beauftragten Labor gegenüber nachzuweisen ist. Der Inhalt der Aufklärung ist ein ganz entscheidender Faktor der schriftlichen Dokumentation. Einwilligungen zur Probenaufbewahrung sowie zur Weitergabe der Untersuchungsergebnisse an Dritte müssen ebenfalls durch den Patienten schriftlich erfolgen. Obwohl grundsätzlich alle Ärzte betroffen sind, betrifft dieses Gesetz vor allem niedergelassene Gynäkologen und Kinder- und Jugendärzte, aber auch Allgemeinmediziner, Internisten und Neurologen. Nach dem GenDG darf das beauftragte Labor das Ergebnis der genetischen Untersuchung ausschließlich dem verantwortlichen Arzt mitteilen und dieser wiederum nur an die betroffene Person. Im Bereich der GKV lag die Zahl der Gentests laut Bundesregierung zuletzt bei über 300.000 pro Jahr. In der Pränataldiagnostik kommt bei etwa 4 Prozent der Neugeborenen eine erblich bedingte oder mitbedingte Erkrankung vor. Beispiele für (zum Teil seltene) Krankheitsbilder auch in der hausärztlichen Praxis sind DownSyndrom, Cystische Fibrose, Pränataldiagnostik, Faktor II- und Faktor V-Mangel. Wie bereits in den anderen Artikeln dieses Journals erwähnt, wird zwischen diagnostischen und prädiktiven Untersuchungen unterschieden. Nach §7 GenDG darf eine diagnostische Untersuchung nur durch Ärzte und eine prädiktive Untersuchung nur durch Fachärzte für Humangenetik oder durch Ärzte, die eine bestimmte Zusatz qualifikation für genetische Untersuchungen vorweisen, durchgeführt werden. Kritik Kritik an diesem Gesetz ist laut geworden vor allem seitens der Gynäkologen. So wurde in Anbetracht der ausufernden Dokumentation von einer „gezündeten Bürokratiebombe“ gesprochen. Allein der Aufklärungsbogen zur Nackentransparenzmessung umfasst derzeit fünf DIN A4 Seiten. Grundsätzlich ist der Aufklärungs- und Zeitaufwand für den beratenden Arzt vor allem hinsichtlich der medizinischen, sozialen und psychischen Problematik verbunden mit exakter schriftlicher Dokumentation über den Inhalt der Aufklärung enorm. Viele empfinden die gesetzlich geregelten Vorgaben mit den vielen Formularen als Gängelei und schlagen schon jetzt eine Novellierung des Gesetzes vor. Nebenbei sei bemerkt, dass die Vergütung der Aufklärung des GenDG noch nicht geklärt ist. Prof. Dr. Manfred Stuhrmann-Spangenberg, Humangenetiker an der Medizinischen Hochschule Hannover, erkennt diese bürokratische Gefahr: „Wir hoffen nicht, dass Ärzte eine eigentlich indizierte genetische Untersuchung nicht veranlassen, nur weil sie den Aufwand als verantwortlicher Arzt scheuen.“ Ein mir ganz bedeutsam erscheinender Kritikpunkt ist jener, dass bei den Frauen und ihren Familien außer Verunsicherung auch Angst geschürt werde, die bis zur Depression reichen könnte. Eine gynäkologische Kollegin hat dies sehr anschaulich geschildert. Wenn sie z. B. im Herzecho bei einem Feten eine Veränderung im linken Ventrikel sieht, bei dem häufiger Herzfehler vorkommen, hat sie die Patientin bisher mit beruhigenden Worten in der Klinik zur Abklärung vorgestellt (bei ihr hatte bisher kein Kind ein 7 G no T ietne dl ti a hg em astik Vitium). Nach dem neuen Gesetz soll sie nun nicht nur die Patientin ausführlich über die Ultraschalluntersuchung aufklären (Konsequenz: Ihr Kind könnte einen schweren Herzfehler haben….) sondern dazu über die Konsequenzen in ihrem weiteren Leben (Interruptio oder Leben mit einem schwerkranken Kind…). Auch wenn die Untersuchung unauffällig ist, soll sie die Patientin hinterher noch einmal genetisch beraten (Worüber, es ist doch alles in Ordnung?). B R E M E R Ä R Z T E J O U R N A L 0 3 | 11 Neugeborenenscreening Gesetz und Wirklichkeit im pädiatrischen Alltag schriftlicher Anordnung durch einen Arzt die Blutprobe entnehmen darf. Das beschriebene Neugeborenenscreening wird in der Regel zeitlich gekoppelt an die Vorsorgeuntersuchung U2 durchgeführt. Dabei trifft der Untersucher glücklicherweise in der Mehrzahl der Fälle auf ein gesundes Kind und glückliche, erschöpfte Eltern mit vielen Fragen. Es geht um Ernährung, Stillprobleme, Rachitisprophylaxe, Pflege, eventuell schon um Impfungen. Man kann sich vorstellen, dass die Auf- Aufgaben des Hausarztes Bei diesem komplexen und sehr bürokratieaufwendigen Gesetz ist die Rolle der Hausärztin/des Hausarztes eine wichtige. Sind sie doch oft die ersten, an die sich ihre Patientinnen vertrauensvoll wenden. Im hausärztlichen Gespräch unter Einbeziehung des Ehepartners und gegebenenfalls sonstiger Vertrauenspersonen sollen relevante genetische und medizinische Informationen bezogen auf die spezielle Situation vermittelt werden. Außerdem soll die genetische Beratung Patientinnen helfen, Risiken richtig einzuschätzen, die Bedeutung eines entsprechenden Untersuchungsbefundes zu bewerten sowie eine mögliche genetische Untersuchung in Anspruch zu nehmen oder auch abzulehnen. Nach §9 GenDG müssen die Patientinnen ganz genau verstehen, was das mögliche Ergebnis einer Pränataldiagnostik für sie und das Ungeborene bedeutet. Es ist Aufgabe auch der Hausärztin/des Hausarztes in Zusammenarbeit mit den entsprechenden Fachgebieten, Laboren und sonstigen Institutionen, den Patientinnen eine persönliche Nutzen-Risiko-Abwägung zu ermöglichen. Dies ist ein hoher (vielleicht zu hoher?) Anspruch seitens des Gesetzgebers. In jedem Fall stellt diese umfassende Beratung, welche Fachwissen, Sensibilität aber natürlich auch Menschlichkeit erfordert, eine ganz zentrale hausärztliche Aufgabe dar. Literatur beim Verfasser Dr. Johannes Grundmann, Facharzt für Innere Medizin, Hausärztliche Versorgung, Bremen t eglnt o h se tmi a G e n dT i a k B R E M E R Ä R Z T E J O U R N A L 0 3 | 11 schwer zum Teil die Umsetzung des neuen Gendiagnostik gesetzes im medizinischen Alltag ist. Etablierte zeitliche und Dr. Franz Börschel, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Dr. Hendrik Crasemann, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Bremen Herr Bergmann: Wir sind eigentlich nur gekommen, weil wir eine Unterschrift von Ihnen brauchen... Erkrankung frühestmöglich zu erfassen, die medikamentöse (Hypothyreose) oder diätetische (Stoffwechselstörung) Therapie umgehend einzuleiten und eine Schädigung des betroffenen Kindes zu vermeiden. Frau Bergmann: Naja, und bei der Gelegenheit wollen wir uns einfach mal unsere künftige Kinderarztpraxis anschauen. Sie kommen doch zu uns nach Hause zur Vorsorge? Beratung und Aufklärung der Eltern Doktor: Guthrietest! Doktor: Selbstverständlich... Herr Bergmann: Die Hebamme wird diesen Bluttest... wie heißt der noch...? Um den Anforderungen des Gendiagnostikgesetzes Genüge zu tun, müssen die Eltern in Vertretung ihres Kindes umfassend aufgeklärt werden: ■■über ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Recht auf Wissen und auf Nichtwissen) ■■über ihr Recht auf Vernichtung der Restblutprobe nach Untersuchung ■■über ihr Recht einer Weiterverwendung der anonymisierten Blutprobe für wissenschaftliche Zwecke oder zur Qualitätssicherung zu widersprechen Die Aufklärung muss schriftlich dokumentiert werden. Das Screening-Labor darf die Untersuchung nur bei Vorliegen der schriftlichen Einwilligung durchführen. Nur der einsendende Arzt, nicht die Eltern, nicht der weiterbehandelnde Kinderarzt, darf über das Ergebnis informiert werden. Im Gendiagnostikgesetz gilt der Arztvorbehalt, so dass die betreuende Hebamme nur nach Herausnahme des Neugeborenenscreenings aus dem Gendiagnostik-Gesetz. Doktor: Guten Tag, Frau Bergmann, guten Tag Herr Bergmann ! Nehmen Sie doch Platz...! organisatorische Abläufe werden durch das Gesetz verändert. Das Gendiagnostikgesetz betrifft in der pädiatrischen Praxis bei den diagnostischen genetischen Untersuchungen insbesondere die Abklärung einer Thrombo philie (Faktor V Leiden-Mutation), einer unklaren Hepatopathie (alpha-1-Anti trypsin-Typisierung) oder einer molekulargenetischen Untersuchung auf Cystische Fibrose (CF, Mukoviszidose-Mutation). Am quantitativ bedeutungsvollsten ist jedoch, dass das Neugeborenenscreening auf angeborene Stoffwechselkrankheiten und Endokrinopathien (früher Guthrietest) trotz des Protestes pädiatrischer Fachgesellschaften unter das Gendiagnostikgesetz fällt. Im Neugeborenen screening werden in Deutschland durch die Blutentnahme zwischen der 36. und 72. Lebensstunde Phenylketonurie, klassische Galaktosomie, Biotinidasemangel, Hypothyreose und adrenogenitales Syndrom detektiert. Durch die Einführung der Tandemmassenspektrometrie vor einigen Jahren wurde die Möglichkeit der Früherkennung auf eine Reihe von Organo-, sowie Aminoacidopathien und Fettsäureoxidationsstörungen ausgeweitet. Ziel des Screenings ist eine möglichst vollständige Erfassung aller Neugeborenen im angegebenen Zeitraum, um eine nahmefähigkeit der Eltern für die Feinheiten des Gendiagnostikgesetzes in dieser Situation begrenzt ist. Wenn Sprachschwierigkeiten dazukommen, ist das Gesetzesanliegen kaum vermittelbar. Etablierte zeitliche und organisatorische Abläufe werden durch das Gesetz verändert. Für einige schwer betroffene Kinder kann die signifikante Verlängerung von zeitkritischen Abläufen zu schweren gesundheitlichen Schäden führen. Zu fordern ist eine möglichst schnelle Das Recht auf Nichtwissen im kinderärztlichen Dialog Besonders beim Neugeborenenscreening wird deutlich, wie Herr Bergmann: Richtig! Die Hebamme wird diesen Test machen, und dafür bräuchten wir Ihre Unterschrift. Doktor: Die gebe ich Ihnen gerne, aber vorher müsste ich Ihnen dazu ein paar Worte sagen. Der Guthrietest fällt unter das neue „Gendiagnostikgesetz“. Die Neugeborenen-Unter suchungen (Neugeborenen-Screening (Guthrietest)) stellen einen besonderen Fall dar. Sie sollen als genetische Reihenuntersuchung (§3, Abs. 9 GenDG) unter das GenDG fallen, obwohl über 50 Prozent der Untersuchungen nicht-genetische Untersuchungen sind. Herr Bergmann: Herr Doktor, wir wollten Sie vorab schon mal fragen: wie stehen Sie eigentlich zu Antibiotika? Wir möchten nämlich nicht immer gleich diese Hammer-Medikamente, wenn unser Kind mal krank ist... Frau Bergmann: Ja, am liebsten wären uns naturheilkundliche Mittel. Es müssen nicht unbedingt nur Homöopathika sein, nicht wahr, Schatz? © Kadmy/Fotolia.com 8 Doktor: Natürlich nicht. Nun. Was ist nun eine „genetische Untersuchung“? Medizinische Laboratoriumsuntersuchungen sind dann genetische Analysen im Sinne des GenDG, wenn diese durch die verantwortliche ärztliche Person mit der expliziten Fragestellung nach bestimmten genetischen Eigenschaften veranlasst werden, verstehen Sie? Herr Bergmann: Klar. Aber noch mal etwas anderes: wie machen Sie das denn in Ihrer Praxis eigentlich mit Impfungen? Wir wollen nämlich schon unser Kind impfen lassen, aber erst mit einem Jahr... Doktor: Das ist natürlich dann Ihre ganz persönliche Entscheidung. Doch zurück zu der Unterschrift, die Sie von mir wünschen. Nach §7(2) GenDG darf eine beauftragte Person oder Einrichtung genetische Analysen vornehmen, wenn ihr als Nachweis die schriftliche oder elektronische Bestätigung über Einwilligung, Aufklärung und gegebenenfalls Beratung gemäß §§ 8 -10 der verantwortlichen ärztlichen Person vorliegt. Diese Bestätigung unterschreibe ich Ihnen jetzt, aber nicht ohne noch einmal darauf hinzuweisen, dass unter dem Aspekt der informationellen Selbstbestimmung Sie ein Recht auf Nichtwissen und ein Recht auf Vernichtung der Proben unmittelbar nach der Abnahme haben. Herr Bergmann: Also hören Sie mal! Wir haben uns über alle wichtigen Dinge bestens informiert! Sogar ich habe mehrere Stillbücher gelesen. Frau Bergmann: Du, Schatz, ich möchte aber nicht, dass irgendetwas von meinem Kind „vernichtet“ wird. Doktor: Natürlich nicht... Herr Bergmann: Also, geben Sie uns jetzt die Unterschrift? Wir haben gleich noch einen Termin bei der Hebamme. Doktor: Ja, bitte, hier. Frau Bergmann (im Treppenhaus): Also, die Praxis ist doch sehr hübsch und kuschelig, findest Du nicht, Schatz? Herr Bergmann: Ja, aber der Doktor...ich weiß nicht.... 9 G no T ietne dl ti a hg em astik GenDG B R E M E R Ä R Z T E J O U R N A L 0 3 | 11 t eglnt o h se tmi a G e n dT i a k B R E M E R Ä R Z T E J O U R N A L 0 3 | 11 in der Pränatalmedizin Abwägen und beraten: Beispiele aus der Humangenetik Das Gendiagnostikgesetz ist für die Pränataldiagnostik von enormem Umfang und Wichtigkeit. So ist für jede Pränataldiagnostik eine genetische Beratung vorgeschrieben. Außerdem gibt das Gesetz klare Richtlinien für genetische Untersuchungen vor. Bis zum 1. Februar 2012 dürfen auch Frauenärzte die fachbezogene genetische Beratung noch selber durchführen. Danach ist eine Zusatzqualifikation erforderlich (deren Inhalte und Strukturen noch durch die Gendiagnostik-Kommission gestaltet werden muss). Zum anderen ist im Gendiagnostikgesetz bestimmt worden, dass keine genetische Untersuchung durchgeführt wird, (wie bisher ja schon gehandhabt wurde) ohne das eine schriftliche Einverständniserklärung vorliegt. Die Fruchtwasseruntersuchung, die Chorionzottenbiopsie (Plazentagewebe-Entnahme), die Nabelschnurpunktion sowie die Durchführung des Triple-Test zählen definitiv zu pränataldiagnostischen Untersuchungen, die dem Gendiagnostikgesetzes unterliegen. Unklar war, welche der Ultraschalluntersuchungen dem Gesetz unterliegen? Unterliegt die Biometrie in der 30. SSW dem Gesetz oder handelt es sich ausschließlich um die zielgeführte Pränataldiagnostik? Um auch diese Unklarheit zu beseitigen, veröffentlichte die Sektion Gynäkologie und Geburtshilfe des DEGUM Anfang 2010 eine Beschreibung der Ultraschalluntersuchungen, die dem Gendiagnostikgesetz unterliegen. Darunter befand sich die Ersttrimesterdiagnostik-Untersuchung sowie die weiterführende, gezielte Fehlbildungsdiagnostik. Darunter zählen alle Ultraschalluntersuchungen die zur Klärung einer Situation bei dem Ungeborenen beitragen, die eine genetische Ursache haben könnte (wie z. B. eine Fehlbildung). Die Aufklärung die vor der Ultraschall- oder invasiven Untersuchung stattfinden soll, beinhaltet Informationen über Art, Umfang, Risiken und Tragweite der Untersuchung. Um es für die pränataldiagnostische Tätigkeit praktikabler zu machen, dürfen diese Aufklärungen zur Vorbereitung des Aufklärungsgespräches und zur Dokumentation in Form der bisherigen Aufklärungsbögen erfolgen. Die genetische Beratung soll bei allen prädiktiven Fragestellungen vor und nach der Untersu- chung stattfinden. Von dieser Verpflichtung kann nur im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Patientin nach schriftlicher Information über die Inhalte der genetischen Beratung, ihren Verzicht darauf schriftlich erklärt. Die Inhalte dieser Beratung sowie der Umfang der Aus- und Weiterbildung des zur genetischen Beratung qualifizierten Personals, sind noch seitens der Gendiagnostik-Kommission festzulegen. Praktisch werden in der pränataldiagnostischen Sprechstunde folgende Punkte mit den Schwangeren (und gegebenenfalls deren Partnern) besprochen und dokumentiert: ■■Untersuchungsmethode und Anlass ■■vorliegende Befunde ■■Angaben zu früheren Schwangerschaften ■■Indikationsbezogene Familienanamnese (Erkrankungen, Fehlbildungen usw.) ■■ethnische Herkunft ■■Konsanguinität ■■Notwendigkeit einer humangenetischen fachärztlichen Beratung ■■Hinweis auf die Möglichkeit der psychosozialen Beratung. Im Vorfeld muss die Schwangere über Durchführung, Aussagekraft und Risiken der Untersuchung durch den Arzt aufgeklärt werden. Dies beinhaltet unter anderem Informationen, zu Unterstützungsmöglichkeiten zur Bewältigung möglicher körperlicher und seelischer Belastungen. Es wird auch darauf hingewiesen, dass die Patientin einen Anspruch auf eine psychosoziale Beratung nach dem Schwangerschaftskonfliktsgesetz hat. Ferner müssen Patientinnen auf ihr „ Recht auf nicht-Wissen“ bezüglich der Untersuchungsergebnisse und ihr „Recht auf Widerruf der Einwilligung“ hingewiesen werden. Nach dem folgenden Beratungsgespräch, muss die Schwangere noch vor der Untersuchung, eine schriftliche Einwilligung zur Durchführung der genannten Untersuchungen geben. Die Ergebnisse genetischer Untersuchungen, dürfen nur der Schwangeren selbst (auch nicht an den Ehepartner weitergege- ben werden) und ihr nur durch den Arzt der die Untersuchung veranlasst, oder die genetische Beratung durchgeführt hat, mitgeteilt werden. Eine Weitergabe an Dritte (auch an den Frauen- oder Hausarzt), darf nur mit schriftlicher Einwilligung der Pa tientin erfolgen. Arbeitgeber und Versicherungsunternehmen ist der Zugang zu genetischen Befunden grundsätzlich verwehrt, selbst wenn eine pauschale Ent bindung der Schweigepflicht vorliegt. Genetische Untersuchungsbefunde und Materialien müssen nach einer Aufbewahrungspflicht von zehn Jahren vernichtet werden. Eine pränatale genetische Diagnostik darf künftig nur zu „medizinischen Zwecken“ erfolgen (siehe §15 Abs. 1). Wird dabei das Geschlecht des Kindes festgestellt, so darf die Schwangere erst nach der 12. Schwangerschaftswoche hierüber aufgeklärt werden. Durch das Gendiagnostikgesetz ist jetzt die pränatale Diagnostik auf spätmanifestierende Erkrankungen (wie z. B. Chorea-Huntington, Brustkrebs, usw.) entgültig verboten (siehe § 15 Abs. 2) Auch die vorgeburtliche Vaterschaftsfeststellung darf ausschließlich bei dringenden Gründen die für die Annahme sprechen, dass die Schwangerschaft durch eine Straftat eingetreten ist (§ 17 Abs. 6) erfolgen. Falls die Schwangerschaft frühzeitig unterbrochen wird (§ 218 a), ist eine verpflichtende dreitägige Bedenkfrist (nach dem ausführlichen Beratungsgespräch) zwischen Mitteilung der Diagnose und der Indikationsstellung zum Schwangerschaftsabbruch, eingeführt worden. Sicherlich ist durch das Gendiagnostikgesetz einiges in der Pränataldiagnostik verändert worden. Ob es den vorgesehenen Zielen des Gesetzes entsprechen wird, wird die Zeit zeigen. Dr. Daniel Kamil, Klinikdirektor, Abteilung Geburtshilfe und Pränatalmedizin, Klinikum Bremen-Mitte Ein wichtiges Ziel des Gendiagnostikgesetzes ist die Garantie der informationellen Selbst bestimmung mit dem ausdrücklichen Recht auf Nichtwissen. Drei Fallbeispiele beschreiben die Notwendigkeit aber auch die juristischen Fallstricke des Gesetzes in der Humangenetik . Mit den Ergebnissen einer genetischen Diagnostik muss der Patient ein Leben lang zurechtkommen. Neben der Beeinflussung der eigenen Lebensplanung werden auch bislang asymptomatische Familienmitglieder dazu gebracht, sich mit der Erkrankung und ihren Folgen auseinander zu setzen, ohne dass diese ihr Einverständnis zu der Untersuchung gegeben hätten. Wenn sich z. B. eine junge Patientin mit Brustkrebs genetisch testen lässt und eine Mutation trägt, können Familienangehörigen in die Situation kommen, sich mit dem eigenen erhöhten Erkrankungsrisiko und den Möglichkeiten eines prädiktiven Tests auseinander setzen zu müssen. Dem will das GenDG entgegenwirken, indem es die Rahmenbedingungen für eine genetische Analyse sehr genau definiert. Ziel ist die informationelle Selbstbestimmung mit dem ausdrücklichen Recht auf Nichtwissen. Diese Grundsätze waren schon immer Leitgedanken der fachärztlichen humangenetischen Versorgung. Dennoch wirft der Umgang mit dem GenDG an manchen Stellen Fragen auf, die exemplarisch aufgezeigt werden sollten. Normal: Expansion: DAS DAS EIN EIN EIN EIN IST IST EIN EIN EIN EIN EIN EIN EIN EIN EIN EIN EIN EIN EIN EIN EIN GEN GEN EIN EIN EIN EIN Schwierigkeit in der Definition einer spätmanifesten Erkrankung § 15(2) GenDG: „Eine vorgeburtliche genetische Untersuchung, die darauf abzielt, genetische Eigenschaften des Embryos oder des Fötus für eine Erkrankung festzustellen, die nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik erst nach Vollendung des 18. Lebensjahres ausbricht, darf nicht vorgenommen werden.“ Die Muskeldystrophie vom Typ Becker (MDB) betrifft meist Jungen, da das Dystrophingen auf dem X-Chromosom liegt. Es kodiert für ein Protein, das die Muskelzellwand stützt. Durch Mutationen kommt es zu einer Dystrophindefizienz, die meist nach dem 18. Lebensjahr zu einer proximalen Muskelschwäche und Kardiomyopathie führen kann. In 2/3 der Fälle sind Mütter Überträgerinnen. Fall aus der Praxis: Triplet-Repeat-Expansion © RB-Pictures/Fotolia.com © lily/Fotolia.com 10 EIN EIN EIN EIN EIN EIN EIN EIN Abb.1: Innerhalb eines Gens kodieren 3 Basen (Triplett) für eine Aminosäure, hier dargestellt durch ein 3-Buchstabenwort. Die Information des Gens wird in ein Protein umgesetzt. Ist das Gen verändert, mutiert, ist der Eiweißstoff anders zusammengesetzt oder kann gar nicht gebildet werden. Innerhalb bestimmter Gene kommen Wiederholungen von Tripletts vor, die akzeptabel sind. Wenn sie über eine bestimmte Anzahl hinausgehen, führen sie jedoch zu einer Erkrankung, typisches Beispiel dafür ist die Huntington-Krankheit (HK). Bei dieser führen CAG-Wiederholungen innerhalb des Huntingtin-Gens zur Erkrankung. Pathologischer Bereich: > 39 repeats, Grauzone: 34-39 repeats, Normal: < 34 repeats. Zwei Brüder und ein Onkel mütterlicherseits einer jungen Patienten hatten MDB mit klassischem Verlauf. Sie als Überträgerin für die Erkrankung bat in der Schwangerschaft um invasive Pränataldiagnostik, bei Nachweis eines betroffenen Jungen um Schwangerschafts-Abbruch. Was tun? Nach Rücksprache mit der Gesellschaft für Humangenetik kamen wir zu dem Schluss, dass MDB keine klassische spätmanifeste Erkrankung ist, weil es auch jünger Betroffene gibt und das Erkrankungsalter in einer Familie schwanken kann. Invasive Pränataldiagnostik erfolgte, bei weiblichem Karyotyp, dann keine weitere molekulargenetische Abklärung. 11 T ietne dl ti a G hg em no astik B R E M E R Ä R Z T E J O U R N A L 0 3 | 11 Informationelle Selbstbestimmung und Verbot der Pränataldiagnostik bei spätmanifesten Erkrankungen § 15 GenDG Vorgeburtliche genetische Untersuchungen (2) Eine vorgeburtliche genetische Untersuchung, die darauf abzielt, genetische Eigenschaften des Embryos oder des Fötus für eine Erkrankung festzustellen, die nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik erst nach Vollendung des 18. Lebensjahres ausbricht, darf nicht vorgenommen werden. Die Huntington-Krankheit (HK) ist klassisches Beispiel für eine spätmanifeste, genetisch bedingte Erkrankung. Der Erkrankung liegen zu häufige Wiederholungen (ab 39+-CAGTripletts, vgl. Abb. 1) heterozygot im Huntingtin-Gen zugrunde. Wesensveränderungen, Bewegungsunruhe und Demenz sind typische Symptome, die sich erst im Erwachsenenalter bemerkbar machen. Die Erkrankung ist autosomal Gesundheitliche Nachteile bei Patienten durch Vernichtung von Ergebnissen genetischer Untersuchungen nach zehn Jahren § 12 GenDG Aufbewahrung und Vernichtung der Ergebnisse genetischer Untersuchungen und Analysen nach zehn Jahren Familienuntersuchungen sind Teil der genetischen Versorgung. Angehörige fürchten für sich oder Nachkommen, eine Erkrankung zu bekommen, von der ein Familienmitglied betroffen war. Oft kann eine Abklärung nur dann sinnvoll erfolgen, wenn ein molekulargenetisches Untersuchungsergebnis eines Betroffenen vorliegt. Ein Beispiel dafür ist das Marfan Syndrom. Für diese autosomal dominante Bindegewebserkrankung sind u.a. heterozygote Mutationen im Fibrillin-1Gen verantwortlich, allerdings ist bei eindeutig Betroffenen eine Mutation nicht immer nachweisbar. Betroffene bedürfen u.a. einer lebenslangen kardiologischen, augenärztlichen und orthopädischen Betreuung. I: Dementieller Abbau mit 45 Jahren Tod mit 50 Jahren, Kachexie II: Bewegungsunruhe, „Psychose“, Diagnose HK zwischen 40-45 Jahren, 41-43 CAG-repeats III:Noch symptomlos, prädikiv getestet, 42 CAG-repeats, Pfeil markiert die Ratsuchende Abb. 2: Stammbaum Huntington-Krankheit (HK) IV:Schwangerschaft, Wunsch nach Pränataldiagnostik t eglnt o h se tmi a G e n dT i a k B R E M E R Ä R Z T E J O U R N A L 0 3 | 11 dominant erblich mit 50 Prozent Risiko der Weitergabe an Nachkommen. Es gibt keine ursächliche Therapie. Gesunde Angehörige können sich auf die Anlage testen lassen (=prädiktive Testung). Träger der Genveränderung erkranken. Fall aus der Praxis: Kurz nach Inkrafttreten des GenDG meldete sich eine Patientin aus einer Familie (vgl. Abb. 2) mit HK. Acht Jahre zuvor waren bei ihrem symptomatischen Vater 41+-1 CAG repeats nachgewiesen worden. Jahre später ließ sie sich bei Kinderwunsch prädiktiv testen, mit auffälligem Befund (42+-1 CAG repeats). So wie es vor Jahren besprochen worden war, bat sie nun um invasive Pränataldiagnostik, weil sie kein Kind mit der Genveränderung in die Welt setzen wollte. Dies war nicht mehr erlaubt. Prädiktive Diagnostik erblicher Tumordispositionen Das Gendiagnostikgesetz geht über die seit 1998 bestehenden „Richtlinien zur Fall aus der Praxis: Diagnostik der genetischen Disposition für Krebserkrankungen“ der Bundesärztekammer Ein Witwer kam mit seiner acht Jahre alten Tochter, die für ihr Alter zu groß gewachsen war. Er war in Sorge, dass sie das MarfanSyndrom haben könnte, das bei ihrer Mutter postmortem diagnostiziert worden war, nachdem sie unter der Geburt an den Folgen eines akuten thorakalen Aortenaneurysmas verstorben war. Der Gentest der Verstorbenen hatte eine typische Mutation ergeben. Eine sichere Diagnose bei dem Mädchen allein aufgrund klinischer Symptome war nicht möglich. Das Mädchen trug keine Mutation. Nur über das aufbewahrte Ergebnis der Mutter konnte Klarheit geschaffen werden. Ein negativer Mutationsnachweis bei dem Kind in Unkenntnis des mütterlichen Befundes hätte ein Marfan-Syndrom nicht ausgeschlossen. Zwei Jahre später wäre es dafür nach neuer Regelung zu spät gewesen. hinaus. Die Herausforderung besteht darin, erbliche Dispositionen zu erkennen und weitere Schritte zu empfehlen. Ausführliche Beratung notwendig Die Fallbeispiele demonstrieren die juristischen Fallstricke, die sich bei Initiierung von genetischer Diagnostik auftun können. Eine ausführliche Beratung des Patienten unter Berücksichtigung seines Krankheitserlebens, des familiären Umfeldes und dessen Ressourcen durch einen Arzt mit detaillierter Kenntnis des GenDG ist notwendig und gesetzlich vorgeschrieben. Laut GenDG muss diese vor prädiktiver Diagnostik durch einen Facharzt für Humangenetik erfolgen. PD Dr. Stephanie Spranger, Fachärztin für Humangenetik, Bremen © Uwe Grötzner/Fotolia.com 12 Tumoren sind genetisch bedingte Erkrankungen – das wohl wichtigste Fazit der letzten drei Jahrzehnte molekularonkologischer Forschung bedeutet allerdings nicht, dass Tumoren in der Mehrzahl Erbkrankheiten sind. Vielmehr sind die meisten genetischen Veränderungen in Tumoren den sogenannten somatischen Mutationen zuzuordnen und damit erst im Laufe des Lebens erworben. Grundsätzlich sind von dieser Art der Genveränderungen Mutationen zu unterscheiden, die schon in der Keimbahn entstanden bzw. von einem Elternteil vererbt worden sind und zu einem oft erheblich erhöhten Tumorrisiko führen. Sie lassen sich meist in allen Körperzellen der Betroffenen finden und sind informativ im Sinne der prädiktiven Diagnostik, das heißt aus ihrem Nachweis kann schon vor einer manifesten Tumorerkrankung auf eine entsprechende Risikoerhöhung geschlossen werden. Am häufigsten kommen erblicher bzw. familiärer Brust- und Eierstockkrebs sowie familiärer Darmkrebs, insbesondere das hereditäre nichtpolypöse kolorektale Karzinom (HNPCC), vor. Zur Gruppe der erblichen Tumordispositionen zählen beispielsweise auch die familiäre adenomatöse Polyposis coli (FAP) und das fami- liäre medulläre Schilddrüsenkarzinom (FMTC), die sich bereits in der Kindheit manifestieren können. Regelungen im Gendiagnostikgesetz Mit dem Gendiagnostikgesetz (GenDG) wurden die schon seit 1998 bestehenden „Richtlinien zur Diagnostik der genetischen Disposition für Krebserkrankungen“ der Bundesärztekammer explizit geregelt. Die Leitlinie zur molekulargenetischen Labordiagnostik der Deutschen Gesellschaft für Humangenetik und des Berufsverbandes Deutscher Humangenetiker e. V. schreibt ebenso eine genetische Beratung für prädiktive genetische Untersuchungen vor. Nun ist auch gesetzlich festgelegt, Letztere nur im Rahmen einer genetischen Beratung durchzuführen, „… soweit diese (die betroffene Person) nicht im Einzelfall nach vorheriger schriftlicher Information über die Beratungsinhalte auf die genetische Beratung schriftlich verzichtet“ (§10). Ferner darf „… eine prädiktive genetische Untersuchung nur durch Fachärztinnen oder Fachärzte für Humangenetik oder andere Ärztinnen oder Ärzte, die sich beim Erwerb einer Facharzt-, Schwerpunkt- oder Zusatzbe- zeichnung für genetische Untersuchungen im Rahmen ihres Fachgebietes qualifiziert haben, vorgenommen werden.“ (§ 7). Das Neue in der praktischen Umsetzung ist aber auch, dass dem untersuchenden Labor eine unterschriebene Einverständniserklärung mit bestimmten Inhalten vorliegen muss, wobei Letztere bisher nicht verbindlich festgelegt waren (§ 9). Die genetische Beratung Bei der nach unserer Erfahrung mindestens einstündigen genetischen Erstberatung wird nach Anamneseerhebung und Erstellung eines Stammbaums zunächst die entweder schon bekannte oder erst gestellte (Verdachts-)Diagnose ausführlich erläutert. Hierbei erfolgen vor allem Informationen über das Risiko für bestimmte Tumoren, deren Behandlung und Prognose. Beispielsweise liegt bei Trägerinnen einer Mutation im BRCA1Gen (vgl. Abb. 1, Seite 14) das Risiko für ein Mammakarzinom im Bereich von 60 bis 80 Prozent und für ein Ovarialkarzinom bei ca. 40 Prozent, wobei diese Tumoren im Durchschnitt deutlich früher als üblich auftreten. Anders als im Falle neurodegenerativer Erkrankungen (z. B. Huntington-Krankheit), die auch prädiktiv 13 T ietne dl ti a G hg em no astik B R E M E R Ä R Z T E J O U R N A L 0 3 | 11 i ttehletrhae pmi ae P h a r m a kT o B R E M E R Ä R Z T E J O U R N A L 0 3 | 11 Gerinnungsselbstkontrolle 36 Jahre Sind Patienten für Gerinnungsselbstkontrollen bereit und geeignet, 36 Jahre bieten diese eine Alternative zur Betreuung in Spezialambulanzen und 35 Jahre 42 Jahre möglicherweise Vorteile gegenüber üblicher Betreuung. Abb. 1 Auftreten von Mamma- und Ovarialkarzinomen in einer Familie mit BRCA1-Mutation (rot: Mamma- 34 Jahre 43 Jahre karzinom, violett: Ovarialkarzinom). Die Zahlen geben das Erkrankungsalter bei Erstdiagnose an. Nach Berry et al., JNCI 89, 227-238, 1997 diagnostiziert werden, geht es aber nicht nur um das Wissen oder Nichtwissen, eine bestimmte Krankheitsdisposition geerbt bzw. nicht geerbt zu haben. Vielmehr kommen in unterschiedlichem Maße prophylaktische Maßnahmen (z. B. Mastund/oder Ovarektomie) und intensivierte Früherkennungsuntersuchungen (z. B. jährliche Mammographie) infrage. Schließlich hängt die Entscheidung für oder gegen einen prädiktiven Gentest in hohem Maße davon ab, welche Konsequenzen auch bei ungünstigem Ausgang tatsächlich gezogen werden können. Dennoch ist eine solche Entscheidung oft nicht einfach und wird individuell sehr unterschiedlich getroffen. Hierfür muss eine „angemessene“ Bedenkzeit eingehalten werden, die von manchen Ratsuchenden nur ungern akzeptiert wird, während sich andere erst nach mehreren Monaten oder Jahren bzw. gar nicht für die Untersuchung entscheiden. Sofern die Ratsuchenden schließlich einen prädiktiven Gentest wünschen, erfolgen die Blutentnahme und die entsprechende molekulargenetische Analyse. Bei vorliegendem Ergebnis findet die Befund- Für Interessenten an einer guten Work-Life-Balance! Das Reha-Zentrum Gyhum (330 Betten, Orthopädie/Geriatrie/Neurologie) liegt direkt an der A1 Hamburg-Bremen (Abfahrt Bockel). Für die Chefarztnachfolge in der Chirurgisch-Orthopädischen Klinik (160 Betten) suchen wir zum 01.06.2011 oder später eine/einen Ltd. Oberärztin/Ltd. Oberarzt Orthopädie Zur Erweiterung der Neurologischen Klinik (derzeit 60 Betten, eine Erweiterung auf 90 Betten ist geplant) suchen wir zum 01.04.2011 eine/einen besprechung im Rahmen einer weiteren genetischen Beratung statt. Bereits während des ersten Gesprächs wird jedoch darauf hingewiesen, dass man bis zuletzt auch auf die Mitteilung des Ergebnisses verzichten kann („Recht auf Nichtwissen“). Erbliche Disposition erkennen Das Gendiagnostikgesetz hat das bisherige Vorgehen bei der prädiktiven Diagnostik erblicher Tumordispositionen zumindest in genetischen Beratungsstellen, von denen vermutlich auch bisher das Gros solcher Untersuchungen veranlasst wurde, nicht wesentlich verändert. Die Herausforderung für alle anderen ärztlichen Fachrichtungen besteht jedoch weiterhin darin, aus der Vielzahl von Patienten bzw. Familien mit Krebserkrankungen diejenigen mit Hinweisen auf eine erbliche Disposition zu erkennen und eine genetische Beratung sowie gegebenenfalls Diagnostik zu empfehlen. Deren Inanspruchnahme war und bleibt natürlich freiwillig. Prof. Dr. Jörn Bullerdiek, Ltd. Oberärztin/Ltd. Oberarzt Neurologie Leiter Zentrum für Humangenetik, Wir wünschen uns: • Facharztstatus • Interdisziplinäre Teamarbeit • Organisationstalent • Fähigkeit zur Mitarbeiterführung • Engagement und Loyalität Dr. Jörg Müsebeck, Wir bieten: • Ein familiär geführtes Unternehmen • Kurze Entscheidungswege • Möglichkeiten zum Auf-/Ausbau • Moderate Hintergrunddienste • Gute Vergütung mit Poolbeteiligung Wenn wir Ihr Interesse für diese anspruchsvolle Tätigkeit mit umfangreichen Gestaltungsmöglichkeiten geweckt haben, kontaktieren Sie unsere Chefärzte oder senden Sie bitte Ihr Bewerbungsunterlagen an Reha-Zentrum Gyhum GmbH & Co. KG | Alfred-Kettner-Straße 1 | 27404 Gyhum | (Tel. 04286 89-0) Wir sind zertifiziert und lassen uns regelmäßig freiwillig überwachen. www.reha-gyhum.de Universität Bremen Facharzt für Humangenetik, Zentrum für Humangenetik, Universität Bremen © Martina Taylor/Fotolia.com © Maria.P./Fotolia.com © Gina Sanders/Fotolia.com © SIGNTIME/Fotolia.com © VisualField-BS/Fotolia.com © Franz Pfluegl/Fotolia.com © K. Krueger/Fotolia.com 14 Wegen enger therapeutischer Breite erfordert die Antikoagulation mit Coumarinen monatliche INR-Kontrollen, systema tische Dokumentation der Werte und gegebenenfalls zeitnahe Dosisanpassungen. Bei üblicher Betreuung der Patienten in Praxen oder Ambulanzen liegen im Mittel 60 bis 65 Prozent der INR-Werte im angestrebten Bereich, in Spezialambulanzen etwa 10 Prozent mehr. Ziel einer engeren Einbeziehung der Patienten in die Therapieführung ist, Akzeptanz, Güte und Effizienz der Antikoagulation zu verbessern. Dies kann als Gerinnungsselbsttestung (GST) oder Gerinnungsselbstmanagements (GSM) erfolgen. Bei der GST bestimmen die Patienten die INR-Werte selbst und kontaktieren dann den betreuenden Arzt, ob und gegebenenfalls wie die Dosierung der Antikoagulanzien anzupassen ist. Beim GSM übernehmen sie nach intensiver Schulung und Einweisung auch die Anpassung der Dosierung und regeln Zeitpunkt und Häufigkeit der Messungen selbst. Datenlage nach Cochrane-Review Ein aktuelles Cochrane-Review findet achtzehn randomisierte Studien mit 4.723 Patienten, die ein GSM oder eine GST mit einer konventionellen Betreuung vergleichen. In den Kontrollgruppen werden die Patienten durch Hausärzte und/ oder Klinikambulanzen betreut. Durch Mängel bei der ITT-Auswertung und verblindeter Endpunktbewertung ist die Studienqualität nur mäßig. 32 Prozent der gescreenten Patienten nehmen an den Studien teil, 25 Prozent brechen vorzeitig ab. Die INR-Werte liegen unter den Selbstkontrollen 10 Prozent häufiger im Zielbereich als bei üblicher Betreuung; sie werden aber zwei- bis fünfmal so oft gemessen. GST und GSM zusammen vermindern tromboembolische Ereignisse signifikant um 50 Prozent und Todesfälle um 36 Prozent; schwerwiegende Blutungen sind nur numerisch um 13 Prozent seltener. Die Ergebnisse sind unabhängig von Studienqualität, Versorgung der Kontrollgruppe (Hausarzt, Ambulanz) und Grunderkrankung (Klappenersatz, Vorhofflimmern, andere Indikation). Ob die Patienten ein GSM oder nur eine GST durchführen, hat keinen Einfluss auf die Reduktion der thromboembolischen Ereignisse und Mortalität. Schwerwiegende Blutungen sind beim GSM numerisch um 12 Prozent häufiger als bei üblicher Betreuung, bei der GST dagegen signifikant um 44 Prozent seltener. GST bei der Zeitspanne mit INR-Werten im Zielbereich, der Therapiezufriedenheit und der Lebensqualität. Subgruppenanalysen nach Alter, Dauer und Indikation der Antikoagulation sind unauffällig. Die im Vergleich zum Review diskrepanten Ergebnisse der Studie könnten durch ein höheres Cross-over von der GST zur Ambulanzbetreuung als umgekehrt (13 Prozent vs. kleiner als 1 Prozent) mitbedingt sein; wichtiger dürfte aber sein, dass die Patienten der Kontrollgruppe intensiver als in früheren Studien betreut und geschult wurden und prinzipiell auch für die GST geeignet sein mussten. Fazit für die Praxis Daten neuer Studie Die Ergebnisse des Reviews stehen in gewissem Widerspruch zu denen einer neuen, im Review nicht erfassten Studie, die bei 2.922 Patienten wöchentliche GST mit der intensivierten Betreuung in Spezialambulanzen vergleicht. Die Patienten mit GST werden umfassend geschult und müssen die Selbstmessung nachweislich beherrschen. Die Werte werden in automatisierte Systeme eingegeben, die bei Abweichung vom Zielbereich dazu auffordern, für weitere Instruktionen das Studienpersonal zu kontaktieren. Ein Viertel der Patienten wird wegen mechanischer Herzklappen antikoaguliert, die übrigen wegen Vorhofflimmern. Der kombinierte Endpunkt aus Todesfällen, Insulten und schwerwiegenden Blut ungen ist nach im Mittel drei Jahren unter der GST nur numerisch seltener als bei Betreuung in Spezialambulanzen (19 Prozent vs. 20 Prozent). Auch die Einzelkomponenten Todesfälle, Insulte und schwerwiegende Blutungen bleiben unbeeinflusst. Kleinere Blutungen sind unter der GST häufiger (22 Prozent vs. 17 Prozent). Geringe Vorteile bietet die Die Datenlage zum Nutzen einer GST oder eines GSM bei oral antikoagulierten Patienten ist widersprüchlich. Eine Reduktion von thromboembolischen Ereignissen und Blutungen im Vergleich zur intensivierten Betreuung in spezialisierten Zentren ist unzureichend belegt; Patientenzufriedenheit und Lebensqualität scheinen aber geringfügig verbessert. Internationale Leitlinien empfehlen eine GST oder ein GSM nur unter Vorbehalt: Sie kommen danach vor allem für langfristig antikoagulierte Patienten infrage, die willens sowie körperlich und kognitiv in der Lage sind, die Verfahren anzuwenden. Regelmäßige Schulungen und Überprüfungen der Eignung der Patienten und Qualität der Geräte sind Voraussetzung. Sowohl unter Studien als auch unter Praxisbedingungen kommt hierfür nur jeder dritte bis vierte Patient in Frage. Dr. Hans Wille, Institut für klinische Pharmakologie, Klinikum Bremen-Mitte 15 16 ITni tteelrtnh e m a B R E M E R Ä R Z T E J O U R N A L 0 3 | 11 T i t e lI tnhteem a rn B R E M E R Ä R Z T E J O U R N A L 0 3 | 11 Heißer Wahlabend im KV-Parlament Franziska Büge Dr. Doris Börger Dr. Gabriele Hartlap Dr. Wilhelm Kröncke Dr. Norbert Langen Dr. Rolf-Rüdiger Leibecke Dr. Thomas Liebsch Dr. Birgit Lorenz Dr. Hans-Michael Mühlenfeld Dr. Hans Nadolny Dr. Anne-Kathrin Nethe Dr. Walter Peters Hans-Otto Platte Dr. Frauke Rancke Dr. Jörg-Andreas Rüggeberg Dr. Uwe Schwichtenberg Irene Suschko-Kück Dr. Michael Szonn Dr. Stefan Trapp Dr. Andreas Umlandt Dr. Thomas Liebsch bleibt auch weiterhin Vorsitzender der Vertreterversammlung der KV Bremen. Zu seinem Stellvertreter wählten die Delegierten auf der konstituierenden Sitzung am 8. Februar den Gynäkologen Dr. Andreas Umlandt. Eine langweilige Wahl war es nicht. Noch kurz vor Beginn der konstituierenden Sitzung der KV-Vertreterversammlung am 8. Februar haben sich Mitglieder des Gremiums beratschlagt, Fraktionsführer diskutiert, Zuschauer spekuliert. Am Ende war es auch denkbar knapp. Dr. Thomas Liebsch konnte sich mit elf von insgesamt 20 Stimmen gegen den Mitbewerber Dr. Hans Nadolny durchsetzen. Der Psychotherapeut wurde überraschenderweise von der Hausarztliste „Zukunft für Bremerhaven“ nominiert. Nadolny durfte also unter anderem auf die Stimmen aus seinem eigenen Lager und auf die Unterstützung des Hausärzteverbandes rechnen. Neun Stimmen konnte er schließlich auf sich vereinen. Ohne Gegenkandidaten wurde anschließend der Bremer Gynäkologe Dr. Andreas Umlandt zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. 15 Delegierte votierten für ihn. Nach dem Entscheid für das neue Führungsduo war der Wahlabend noch lange nicht zu Ende und die Luft erst recht noch nicht heraus. Während bei den Beraterausschüssen der Fachärzte und der Psychotherapeuten noch jeweils ein konzertierter Vorschlag en bloc abgestimmt wurde, rangen die Hausarztgruppen um jeden einzelnen Sitz in ihrem Beratenden Fachausschuss. Dank der Wahlarithmetik konnte sich auch hier die Neue Hausarztliste nominell durchsetzen. Der Hausärzteverband hatte keine Kinderärzte aufgeboten, was ihn letztlich einen Sitz und einen Stellvertreterposten kostete. Die konstituierende Sitzung der KV-Vertreterversammlung hat einen Vorgeschmack auf sechs Jahre Legislaturperiode gegeben. Langeweile wird wohl kaum aufkommen. Christoph Fox, KV Bremen Mitglieder des Hauptausschusses: ■■Dr. Thomas Liebsch (Facharzt für Allgemeinmedizin, Bremen) ■■Dr. Andreas Umlandt (Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Bremen) ■■Dr. Hans Nadolny (Psychologischer Psychotherapeut, Bremen) ■■Dr. Wilhelm Kröncke (Facharzt für Augenheilkunde, Bremerhaven) ■■Dr. Anne-Kathrin Nethe (Fachärztin für Innere Medizin, Bremen) Die neue Zusammensetzung der Beratenden Fachausschüsse, des Finanzausschusses und des HVMAusschusses finden Sie auf der Homepage der KV Bremen unter www.kvhb.de Epilepsie und ADHS: Neue Wege eingeschlagen Eine bessere Versorgung von Kindern und eine angemessene Vergütung ihrer Behandler versprechen zwei neue AddOn-Verträge, die kürzlich in Kraft getreten sind. Dabei geht es um die Behandlung von Epilepsie und ADHS. Mehr als 5000 Kinder und Jugendliche im Land Bremen leiden an ADHS. Die KV Bremen und die AOK Bremen/Bremerhaven haben einen Versorgungsvertrag abgeschlossen, der zunächst in Bremerhaven umgesetzt wird. Die Vereinbarung beinhaltet unter anderem eine koordinierte Zusammenarbeit von Kinderärzten und Psychotherapeuten in ADHS-Teams, einen erleichterten Zugang zu psychotherapeutischer Behandlung, Schulungen und Hilfen für Eltern sowie einen streng kontrollierten Medikamenteneinsatz. Aber auch für die behandelnden Ärzte ergeben sich Vorteile. Denn Behandlungspauschale und die obligatorischen Elternschulungen werden extra- budgetär vergütet. „Der Vertrag sieht eine sehr enge Zusammenarbeit von Kinderärzten und Psychotherapeuten vor. Ein solches Konzept gibt es bisher nur in ganz wenigen Regionen Deutschlands“, hebt KV-Vorsitzender Dr. Jörg Hermann hervor. Besonderes Gewicht in dem Versorgungsvertrag erhalten die Elternschulungen, was ein besonderer Wunsch der Pädiater und Psychotherapeuten ist, die eng in die Vertragsgestaltung eingebunden waren. Der Vertrag wird seit dem 1. Januar 2011 zunächst in Bremerhaven umgesetzt. Nach einer Pilotphase mit Evaluation durch das Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedizin soll er auf Bremen ausgedehnt werden. Bereits seit dem vierten Quartal 2010 läuft im Land Bremen ein Versorgungsvertrag, der nicht minder wichtig ist. Die Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit epileptischen Anfällen gewinnt zunehmend an Bedeutung. Eine Antwort auf diese Herausforderung bietet die Vereinbarung, die die KV Bremen mit der Vertragsarbeitsgemeinschaft der BKKen abgeschlossen hat. Auch hier steht die koordinierte Behandlung durch Kinderärzte und Neuropädiater im Vordergrund – und der zusätzliche Aufwand wird extrabudgetär durch Pauschalen und erfolgsabhängige Bonuszahlungen vergolten. Weitergehende Informationen zum Epilepsie- sowie zum ADHS-Vertrag sind auf der Homepage der KV Bremen, www.kvhb.de, zu finden. Christoph Fox, KV Bremen 17 Röslers Arzneimittel-Reform: Was das AMNOG bedeutet zen-Bewertung dar. Zum ersten Mal soll bei der Einführung eines Arzneimittels durch dieses Instrument das Preisdiktat der Pharmaindustrie gebrochen werden. Konkret müssen pharmazeutische Unternehmen ab 2011 bei der Markteinführung in einem Dossier den Zusatznutzen belegen. Auf Grundlage dieses Papiers veranlasst der Gemeinsame Bundesausschuss eine Nutzenbewertung, die dann Grundlage für die Verhandlungen zwischen Industrie und GKV-Spitzenverband über einen Erstattungsbetrag sind. Innerhalb von zwölf Monaten muss dieser Abzug auf den Listenpreis ausgehandelt sein. Streit gab es vor allem um die Frage, wer die Kostenbewertung vornehmen soll. Viel spannender für Ärzte dürfte mit Blick ihre Verordnungskosten sein: Werden Arzneimittel-Innovationen günstiger? Fallen die Preise? Und wie stark fallen sie? Während diese Fragen noch auf eine Antwort warten, bringt das AMNOG aber auch viele konkrete Änderungen für den Praxisalltag mit sich. Rabattpräparate und Aut-idem Bisher war der Apotheker bei der Substitution eines Arzneimittels an bestimmte Auswahlkriterien gebunden: Gleicher Wirkstoff, gleiche Wirkstärke, gleiche Packungsgröße, gleiche oder austauschbare Darreichungsform und komplett gleicher Indikationsbereich. Mit dem AMNOG muss nur noch ein Anwendungsgebiet bei verordnetem und substituiertem Arzneimittel identisch sein. Das hat weitreichende kommt. Vor diesem Hintergrund ist es empfehlenswert, bei der Verordnung den Patienten auf diesen Zusammenhang aufmerksam zu machen und auf dem Rezeptblatt grundsätzlich die Dosierungsempfehlung anzugeben, damit der Apotheker diese auf der abgegebenen Packung vermerkt. Natürlich kann der verordnende Arzt nach wie gewohnt ein spezielles Präparat vorgeben. Der Arzt ist grundsätzlich berechtigt, die Substitution durch Ankreuzen des Aut-idem-Feldes zu verbieten. Auch und vor allem in diesen Fällen ist ein wirtschaftliches Präparat auszuwählen. gezogen. Das AMNOG verpflichtet die Pharmahersteller, keine höheren Preise für Impfstoffe zu verlangen als in den Nachbarländern üblich ist (Referenzpreissystem). Der GKV-Spitzenverband prüft, ob sich die Anbieter daran halten. Für Arzneimittel gegen seltene Erkrankungen (Orphan Drugs) gibt es eine Sonderregelung. tFür diese müssen die Hersteller zwar auch einen Nutzenbeleg beibringen – allerdings erst dann, wenn der GKV-Jahresumsatz für das Arzneimittel 50 Millionen Euro überschreitet. Patienten und Apotheker Die umstrittene Bonus-Malus-Regelung und das Zweitmeinungsverfahren sind abgeschafft. Zudem werden die Wirtschaftlichkeitsprüfungen schlanker gestaltet. So können Krankenkassen beispielsweise Rückforderungen auf direktem Weg stunden. Ärzte, die erstmals einen Regress erhalten, zahlen in den ersten beiden Jahren der Rückforderung statt der festgestellten Mehrkosten lediglich einen Pauschalbetrag. Mit der Mehrkostenregelung hat eine ärztliche Forderung Eingang in das AMNOG gefunden. Patienten können, sofern es der Arzt nicht ausdrücklich verbietet (Aut-idem), ein anderes als das in der Apotheke ausgegebene Arzneimittel wählen. Sie bezahlen das Präparat vor Ort, bekommen einen Teil der Kosten von ihrer Krankenkasse erstattet. Und genau an dieser Stelle ist der Unmut der Patienten programmiert, weil mit erheblichen Kosten zu rechnen ist. Diesen Umstand sollten die verordnenden Ärzte kennen. Neu: Sie melden die Namen ihrer Weiterzubildenden im Webportal. Sie nehmen an der Befragung teil. August/September 2011 Ergebnisse der Online-Befragung liegen vor und werden veröffent licht, sofern der Befugte der Veröffentlichung nicht widersprochen hat. Kontakt: Barbara Feder, Telefon: 0421/3404-241, E-Mail: [email protected] oder Heide Bohlen, Telefon: 0421/3404-220, E-Mail: [email protected]. Bonus-Malus und Wirtschaftlichkeitsprüfung ihren Namen im Web-Portal gemeldet hat. Alternativ: Die Weiterzubildenden können ihren Zugangscode direkt bei der Ärztekammer beantragen. Mitte April bis Mitte Juli 2011 Christoph Fox, KV Bremen Teilnahme an der Online-Befragung August/September 2011 Ergebnisse der OnlineBefragung liegen vor und werden veröffentlicht, sofern der Befugte der Veröffentlichung nicht widersprochen hat. Bremer Krebsregister: 8. Jahresbericht veröffentlicht Packungsgrößen und Austausch Zum 1. Januar traten neue Spannbreiten für die Abweichung von den PackungsNormgrößen in Kraft. Durch diese Änderung soll gewährleistet werden, dass die Mengenunterschiede bei Packungen mit 19 Zeitplan für die Evaluation der Weiterbildung 2011 © dinostock/Fotolia.com 18 u rstat isVdeiro hnarre ung n e ri B R E M E ER Ä R ZPTnErJtOeU R N AoL s0P3t|e11 ing rag B R E MteE RnÄ R Z T E J O U R N A L 0 3 | 11 A l leems a T iktteul te h T iAtketlut h V e le lme as t K s d e s G t u k i e o r nd n am Meh gsb gsbe ngsk ng i t k i a a un ttun ordnu gelu ikt arm nge Med z d t s i u rsta Ver nre h u Pre P ding trag sten n E nte ste i e o g e rko sb gsbe ngsk elun m g a k Meh e n tun dnu eg i u d z r r t t MeGKV ustri nu Ersta Vero osten nd n i t hrk a a e M ikt arm nge d s i Ph gu Seit dem 1. Januar 2011 ist das Arzneimittel-Neuordnungsgesetz, Pre Im April 2011 startet die zweite bundesweite Evaluation der in itrag sten d kurz AMNOG, in Kraft. Grundsätzliche Änderungen, wie ie Die Vorbereitungen bei den Ärztekammern sbe gsbe ngsko ng KV Weiterbildung. r g t s n u u n du auf Hochtouren. Folgender Zeitplan ist vorgesehen: Preisverhandlungen, wirken sich erst im Verlauf des Jahres tzu tattu erordn regel t G inlaufen u n Ers nte V sten dikta rma gen auf die Praxen aus. Es gibt aber auch Änderungen, e rko is Pha gun e m r h g stfür P die schon jetzt die ärztliche Verordnung beeinflussen. in Der en die Weiterbildungsbefugten aZeitplan ka Me i r d t Der Zeitplan für die Weiterzubildenden d i e o e gsk g b b s Me s g Die Weiterbildungsbefugten Mitte April 2011 Öffnung des Webportals unAprile2011 un ng rdMitte l Eine Reform wie jede andere? Oder ist Konsequenzen. Die neue Substitutionsden Größenkennzeichen N1, N2 und N3un n u z t erhalten ihre Zugangscodes zum für die Weiterzubildenden t t g o mit dem AMNOG diesmal der große Wurf regel kann dazu führen, dass Versicherte nur gering ausfallen. Der Austausch u von rsta Ver nre n Webportal von der Ärztekammer. gelungen? Die Experten streiten noch. in der Apotheke ein Arzneimittel erhalArzneimitteln soll auf diese Weise er- E Ab Mitte April 2011 Neu: Die Weiterzubildenden Öffnung des Webportals für nte koste Und eine umfassende Bewertung wird ten, das für ihre Erkrankung nicht zugeleichtert werden. e erhalten ihren Zugangscode Weiterbildungsbefugte r m h a von der Ärztekammer an vermutlich erst im Rückblick möglich lassen ist. Wahrscheinlich ist, dass es e ik M ihre Privatadresse, sofern Mitte April bis Die Weiterbildungsbefugten sein. Einen echten Paradigmenwechsel durch diesen Effekt zu vermehrten und Impfstoffe und Orphan Drugsed MImpfstoffe ihr Weiterbildungsbefugter Mitte Juni 2011 melden sich im Webportal an. stellt allerdings die neu eingeführte Nutbesorgten Rückfragen in der Arztpraxis Die Kostenbremse wird auch für Der Jahresbericht des Bremer Krebsregisters informiert über die häufigsten Krebserkrankungen im Land Bremen und deren Verteilung in der Bevölkerung. In einem Schwerpunktthema werden die Krebserkrankungen der Lunge und der Pleuramesotheliome ausführlich behandelt. Auf der Internetseite www.krebsregister.bremen.de können der Bericht und aktuelle Zahlen und Raten für alle Krebserkrankungen, aufgeschlüsselt nach ICD, heruntergeladen werden. Ärztlicher Verein: Themen 2011 Der Ärztliche Verein zu Bremen hat sein neues Vortragsprogramm heraus gegeben. Die Termine und Themen können eingesehen werden auf der Internetseite des Bremer Ärztejournals: www.bremer-aerztejournal.de 20 T iktteul te h A l leems a B R E M E R Ä R Z T E J O U R N A L 0 3 | 11 Beratungskommission für substituierende Ärzte eingerichtet Während die Substitutionsbehandlung zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen in die Zuständigkeit der Qualitätssicherungskommission von Kassenärztlicher Vereinigung und Krankenkassen fällt, ist die Ärztekammer für die Qualitätssicherung der Privatsubstitution, aber auch der Substitution in Krankenhäusern und Justizvollzugsanstalten zuständig. Grundlage der Arbeit der Beratungs- und Qualitätssicherungskommission der Ärztekammer sind die Richtlinien der BetäubungsmittelVerschreibungs-Verordnung der Bundesärztekammer, die 2010 neu gefasst wurden (vgl. www.tinyurl.com/6atjbwt). Die Richtlinie macht Vorgaben u.a. zur Indikation, zum Therapiekonzept, zur Take-homeVerordnung, zum Beigebrauch und zur Dokumentationspflicht. In Bremen werden die Anforderungen der Richtlinie ergänzt durch die „Gemeinsamen Empfehlungen zur Substitutionsbehandlung Opiatabhängiger im Land Bremen“ (www.tinyurl.com/6bwbng5). Der neu eingerichteten Kommission gehören Ärztinnen und Ärzte an, die seit vielen Jahren über Erfahrung in der Substitutionsbehandlung Opiatabhängiger verfügen. Geleitet wird die Kommission von Dr. Bernd Gravenhorst, Bremerhaven. Die Kommis- sion wird zunächst ein Beratungs- und Qualitätssicherungskonzept entwickeln, das wir in einem der nächsten Hefte vorstellen werden. PD Dr. jur. Heike Delbanco, Hauptgeschäftsführerin der Ärztekammer Bremen Kontakt Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: PD Dr. jur. Heike Delbanco, Telefon: 0421/3404-234 oder E-Mail: [email protected] Medizinische Fachangestellte in Bremen und Bremerhaven verabschiedet In Bremen und Bremerhaven haben 33 Medizinische Fachangestellte und ein Medizinischer Fachangestellter ihre Abschlussprüfung bestanden. Die Absolventen wurden Anfang des Jahres von der Hauptgeschäftsführerin der Ärztekammer Bremen, Dr. Heike Delbanco, und der Leiterin der Bezirksstelle Bremerhaven, Claudia Utermöhle, im Rahmen einer Feierstunde freigesprochen und mit Urkunden geehrt. In Bremen haben von insgesamt 29 Kandidaten 27 die Prüfung erfolgreich abgelegt, davon 12 bereits vorzeitig nach 2,5 Jahren. Die beste Prüfung mit der Note 2 und 89 Punkten hat Lena Pohlmann abgelegt. Sie wurde in der Bremer Praxis Dr. Cornelia Selke-Seehafer/Christoph Neuhann/Dr. Claus P. Fortlage ausgebildet. Dr. Delbanco appellierte in ihrer Ansprache an die Absolventinnen, nicht auf ihrem jetzigen Wissensstand stehen zu bleiben sondern durch Fort- und Weiterbildung ihre Kenntnisse auszubauen. Der Trend, dass die Auszubildenden nach der Ausbildung übernommen werden, hält weiterhin an. In diesem Prüfungsdurchgang wurden 56 Prozent von den Ausbildungspraxen übernommen. In diesem Zusammenhang wies Dr. Delbanco auf die Online-Stellenbörse der Ärztekammer hin. Auf der Internetseite www.aekhb.de/arzthelferin.html können Medizinische Fachangestellte, die eine Stelle suchen, ein Inserat online stellen und die aktuellen Stellenangebote einsehen. An dieser Stelle nochmals herzlichen Glückwunsch an alle Absolventen und vielen Dank an alle Beteiligten, die mit der Ausbildung der Medizinischen Fachangestellten betraut sind. Akademie für Fort- und Weiterbildung Veranstaltungsinformationen Fit für den Facharzt Innere Medizin Akutes Konorarsyndrom / Prof. Dr. Rainer Hambrecht Termin: 8. März 2011, 19.00 – 20.30 Uhr Radiologie Radiologische Diagnostik der Hand /Dr. Karsten Jablonka, Dr. Andreas Sternberg Termin: 15. März 2011, 18.00 – 19.30 Uhr Gynäkologie Ovarial Carcinom, Tuben Carcinom / Dr. Tomas Kemnitz Termin: 17. März 2011, 18.00 – 19.30 Uhr Die Veranstaltungen sind kostenfrei. (2 PKT) Neues von den Berufskrankheiten der Lunge und Atemwege Kooperationsveranstaltung mit dem Landesgewerbearzt und der Berufsgenossenschaft Holz und Metall. Bei den beruflichen Erkrankungen der Lunge und Atemwege ist die Berufskrankheiten-Liste erweitert worden. Bedeutung in Bremen haben besonders die inhalativen Erkrankungen von Schweißern. Wann eine Berufskrankheit anzeigen? Referenten: Prof. Dr. W. D. Schneider, Berlin, Andrea im Sande, Bremen Termin: 9. März 2011, 16.00 – 18.00 Uhr Die Veranstaltung ist kostenfrei. (2 PKT) Medizinisches Englisch für (Wieder-)Einsteiger Dieses Seminar richtet sich an Teilnehmer, die über geringe Kenntnisse in der englischen Sprache verfügen, oder lange keine Möglichkeit hatten, die englische Sprache im medizinischen Alltag zu benutzen. Bei Interesse kann im Anschluss ein Abendkurs im 14-tägigen Abstand zum Üben und Vertiefen eingerichtet werden. Termin: 16. März 2011, 15.00 – 20.00 Uhr Kosten: 75,- Euro (6 PKT) Substitutionsbehandlung der Opiatabhängigkeit: Seminar für Apotheker und Ärzte Das Seminar bietet Ihnen einen umfassenden Einblick in die Substitutionstherapie. Themen werden unter anderem sein: Pharmazeutische Möglichkeiten bei der Opiatsubstitution, rechtliche Grundlagen nach Arzneimittelgesetz, Betäubungsmittelgesetz und Betäubungsmittel-Verschreibungsverordung (Z-Verordnung, Take-Home) sowie pharmakologische und medizinische Aspekte der Substitutionstherapie. Die Veranstaltung findet in Kooperation mit der Apothekerkammer statt. Termin: 6. April 2011, 14.00 – 19.30 Uhr Kosten: 50,- Euro (7 PKT) Kommunikationstraining für Ärztinnen und Ärzte Insgesammt 34 Medizinische Fachangestellte haben in Bremen (Foto oben) und Bremerhaven erfolgreich ihre Ausbildung abgeschlossen. T iAt k e latdheemmi ae B R E M E R Ä R Z T E J O U R N A L 0 3 | 11 Kooperation mit der Bremer Krebsgesellschaft und der Universität Heidelberg Termin: 7. – 9. April 2011, Donnerstag 17.30 – 21.00 Uhr, Freitag 9.00 – 18.00 Uhr, Samstag 10.00 – 16.00 Uhr Veranstaltungsort: Ärztekammer Bremen Kosten: 180,- Euro (23 PKT) Arbeitskreis Hämotherapie Die zunehmende Alterung der Gesellschaft stellt nicht nur die Rentenkassen, sondern auch die Blutspendedienste in Deutschland vor Probleme. Einer wachsenden Zahl von Transfusionsempfängern, darunter auch viele hochaltrige Empfänger, stehen immer weniger Menschen im spendefähigen Alter gegenüber. Der Arbeitskreis beschäftigt sich mit den Folgen des demographischen Wandels für die Blutversorgung der kommenden Jahre sowie mit den Möglichkeiten, durch rationellen Einsatz von Blutkomponenten einer Blutknappheit vorzubeugen. Termin: 7. April 2011, 19.00 – 21.00 Uhr Die Veranstaltung ist kostenfrei. (2 PKT) Einführungsseminare QEP – Qualität und Entwicklung in Praxen Termin: 8. – 9. April 2011, Freitag 17.00 – 21.00 Uhr, Samstag 8.30 – 17.15 Uhr Kosten: 235,- / 150,- Euro (18 PKT) Moderatorentraining In diesem Kurs werden grundlegendes Wissen sowie praktische Fertigkeiten zur Moderation von Gruppen vermittelt. Den thematischen Schwerpunkt bildet die Arbeit mit Qualitätszirkeln. Durch Besuch des Kurses werden die Voraussetzungen zur Leitung von Qualitätszirkeln erfüllt. Termin: 13. – 14. Mai 2011, Freitag 17.00 – 21.00 Uhr, Samstag 9.00 – 18.00 Uhr, Kosten: 230,- Euro (17 PKT) Betriebsmedizinische und sicherheitstechnische Aspekte in der Arztpraxis Mit der Teilnahme an der Schulung alle 5 Jahre kommen die Praxisinhaber ihrer gesetzlichen Verpflichtung zu Unfallverhütung und Arbeitschutz nach. Darüber hinaus haben die Praxen die Möglichkeit, sich bei Bedarf weitere Informationen bzw. Beratung bei der Fachkundigen Stelle zu holen, die hierfür einen Pool entsprechender Fachleute aufbaut und bei Bedarf vermittelt. Termin: 20. Mai 2011, 14.00 – 19.00 Uhr Kosten: 195,- Euro (7 PKT) Modulares Curriculum Psychotraumatologie Traumaspezifische Diagnostik Termin: 26. Mai 2011, 17.00 - 20.00 Uhr Kosten: 55,- Euro (3 PKT) Juristische Grundkenntnisse Termin: 9. Juni 2011, 17.00 – 20.30 Uhr Kosten: 45,- Euro (3 PKT) Die Veranstaltungen finden, sofern nicht anders angegeben, im Fortbildungszentrum der Ärztekammer Bremen am Klinikum Bremen-Mitte statt. Bei allen Veranstaltungen ist eine vorherige schriftliche Anmeldung notwendig. Nähere Informationen und Anmeldeunterlagen erhalten Sie bei der Akademie für Fort- und Weiterbildung, Tel.: 0421-3404-261/-262; E-Mail: [email protected] (Friederike Backhaus, Yvonne Länger) 21 22 Recht l tbhöerms ae A n z eTiigt e n B R E M E R Ä R Z T E J O U R N A L 0 3 | 11 Autor dieser Rubrik ist der Bremer Fachanwalt für Medizinrecht Claus Pfisterer. Er zeichnet verantwortlich für den Inhalt. Stellenausschreibungen müssen altersneutral sein Sucht ein Arbeitgeber per Stellenausschreibung einen „jungen Mitarbeiter (m/w)“, so verstößt er grundsätzlich gegen das Altersdiskriminierungsverbot, so das Bundesarbeitsgericht (Az: 8 AZR 530/09) in einer aktuellen Grundsatzentscheidung vom 19. August 2010. Der Fall: Ein 49-jähriger Jurist bewarb sich auf eine Stellenanzeige eines juristischen Fachverlages. Ausgeschrieben war die Position in der Rechtsabteilung auf ein Jahr befristet für einen „jungen, engagierten Volljuristen (m/w)“. Der Bewerber wurde nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen; eine 33-jährige Juristin wurde von dem Verlag ein- Kontakt: [email protected] Stellenmarkt Niedergelassene Gynäkologin sucht Assoziation mit KollegIn (mit KV-Zulassung) in eigenen oder fremden Räumen, ab sofort oder später. gestellt. Der abgewiesene Jurist verlangte vom Verlag Schadensersatz in Höhe von 25.000 Euro sowie ein Jahresgehalt. Das Urteil: Der Jurist erhielt vom Bundesarbeitsgericht ein Monatsgehalt als Schadensersatz zugesprochen. Begründung des Bundesarbeitsgerichts: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz fordert, dass eine Stelle „altersneutral“ auszuschreiben ist. Wer dagegen als Arbeitgeber verstößt, ist grundsätzlich schadensersatzpflichtig. Besonders wichtig für die ärztliche Stellenausschreibung: Neben dem Alter darf auch keine Diskriminierung wegen des Geschlechts erfolgen, was insbesondere bei Stellenanzeigen für Medizinische Fachangestellte zu berücksichtigen ist, selbst wenn es auf dem Arbeitsmarkt objektiv kaum männliche Bewerber gibt. Etwas anderes gilt nur, wenn die Stelle von vornherein nur mit einer Frau besetzt werden kann, was allenfalls in Ausnahmefällen, z. B. bei gynäkologischen Praxen, in Betracht kommen kann. Allgemeinärztliche Gemeinschaftspraxis in HB-Süd/Obervieland sucht ab sofort Weiterbildungsassistent/-in, vorzugsweise halbtags. Tel. 0421/822424 Balintgruppe in Bremerhaven fortlaufend mittwochs 18.30 - 20.00 Uhr, samstags 3 DStd., 5 Termine pro Halbjahr. Dr. med. Irina Lewin, Tel. 0471/3098840, www.dr-irina-lewin.de Einzelheiten und Termine: www.psychotherapie-dr-kastendieck.de, Hildesheimerstr. 25, 28205 Bremen (Peterswerder), Tel. 0421/8981981 Intervision Psychotherapie (VT) Mitarbeit (Teilzeit) oder 1/2 KV-Beteiligung in Bremen und Umgebung. mit amb. OP sucht Kollegin/en für 2 halbe Tage. Tel. 0421/637647 www.tagesklinikbremen-lesum.de Stellenmarkt Allgemeinärztin Allgemeinarzt in HB-City Kollege/in zur Praxismitarbeit, gerne auch zum Einstieg in spätere Kooperation. sucht Mitarbeit, Jobsharing oder Einstieg in GP bis Vollstelle (ggf. auch Übernahme einer Einzelpraxis). bietet aus Altersgründen Teilzeitmitarbeit, Jobsharing, ggf. spätere Übernahme der Hausarztpraxis. Chiffre 110304 Tel. 0421/8092070 Tel. 0421/3379797 Frauenarztpraxis Bremen, Hausarztpraxis zentrumsnah, aus Altersgünden zu verkaufen. Wer sucht und übernimmt mit mir gemeinsam eine Praxis? Chiffre 110305 Tel. 0421/274616 Herrn Dr. Langenbuch, Seeärztlicher Dienst, Dienststelle Schiffssicherheit der BG Verkehr, Reimerstwiete 2, 20457 Hamburg in Weiterbildung, Fortbildung und für Postgraduierte. – Niederfrequente Balintgruppe für alle Fachrichtungen, Postgraduierte – 14-tägige Balintgruppe für alle Fachrichtungen in Weiterund Fortbildung Erfahrener FA für Psychiatrie und Psychotherapie sucht Anzeigenbörse Der Seeärztliche Dienst der Dienststelle Schiffssicherheit der BG Verkehr ist für Seediensttauglichkeitsuntersuchungen von Seeleuten unter Deutscher flag zuständig. Zur Durchführung dieser Untersuchungen am Standort Bremen suchen wir eine/n Fachärztin/-arzt für Allgemeinmedizin, Innere Medizin, Chirurgie oder Anaesthesiologie. Als Nachweis maritimer Erfahrung ist eine Fahrtzeit von mindestens vier Wochen als Besatzungsmitglied auf einem Kauffahrteischiff oder einem Schiff der Marine erwünscht. Mit einer Mindestzahl von 100 Untersuchungen pro Jahr einschließlich Röntgenthoraxaufnahmen sollte gerechnet werden können. Ihre Bewerbung senden Sie bitte an: www.westerland-seminar.de Chiffre 110301 Gyn-Praxis HB-Nord Seeärztlicher Dienst Dienststelle Schiffssicherheit der BG Verkehr Neueinrichtung Fachspezifische Balintgruppe für Gynäkologinnen und Gynäkologen Dr. Mura Isa Kastendieck, Psychotherapie, Psychoanalyse, Frauenärztin, Balintgruppenleiterin der Deutschen Balintgesellschaft e.V., Weiterbildungsberechtigung durch die Ärztekammer Bremen, Psychoanalytisches Institut Bremen e.V. (DGPT). Chiffre 110306 Gynäkologin HB-Mitte sucht Fortbildung Ganzheitsmedizinische privatärztliche Praxis sucht Arzt/Ärztin mit Qualifikation TCM, NHV und/oder Psychotherapie für Teilzeit/Praxisvertretung. Chiffre 110303 Für unsere Plasmapherese-Center in Bremen suchen wir zum 01.06.2011 eine/n Arzt/Ärztin in Teilzeit mit 12-18 Std./Woche (versch. Teilzeitmodelle sind möglich) um die Spendereignungsuntersuchungen durchzuführen, Spendewillige über Plasmaspende und Gesundheitsrisiken zu informieren sowie den Ablauf der Plasmaspende zu überwachen. Ihre Qualifikation: • Sie sind approbierte/r Arzt/Ärztin; • Sie zeigen Verantwortungs- und Einsatzbereitschaft und arbeiten gerne im Team; • Sie sind engagiert, kommunikationsfähig und kundenorientiertes Arbeiten ist für Sie kein Fremdwort. Wir bieten Ihnen: • Einen idealen Arbeitsplatz für berufliche Wiedereinsteiger/innen oder Aussteiger/innen z. B. während/nach der Elternzeit oder für junggebliebene Ärzte/Ärztinnen im Ruhestand; • Keinen Nachtdienst – keine Rufbereitschaft; • Geregelte Arbeitszeit nach Dienstplan Mo-Sa. Ihre Bewerbung richten Sie bitte an CSL Plasma GmbH – Personalabteilung – Postfach 12 30 – 35002 Marburg oder per E-Mail an: personal.job@cslplasma. com. Wenn Sie vorab Fragen haben, können Sie uns auch gerne unter Tel.: 06421-393385 kontaktieren. Mit Ihrer Bewerbung erklären Sie sich einverstanden, dass wir Ihre Unterlagen – auch elektronisch – erfassen und bis zu sechs Monate nach Besetzung der Stelle aufbewahren. FÄ/FA Augenheilkunde für konserv. Anstellung mit Gewinnbeteiligung in Teil-/langfristig Vollzeit von operativer Augenpraxis Cardoso in Bremen gesucht. Absolute Diskretion. [email protected] Wir suchen: Fachärztin f. Allgem./Fachärztin für Innere Med. (Hausärztin), (Psychotherapie wünschenswert, evtl. TZ). Wir bieten: Große, alt eingesessene intern./allgemeinmed. Praxis in Delmenhorst bei Bremen, Akupunktur, Sono, Ergo. Tel. 04221/9984511, [email protected] Zur Gründung einer VT-Intervisionsgruppe suchen wir noch niedergelassene Kolleginnen und Kollegen. Treffen ca. 1 x monatl. in HB. A. Olbrich-Klein, Tel. 0421/2443362 Praxisräume Ärztehaus Bremen Langemarckstr. EG/UG, 155 qm an allgemeinmed. oder andere Fachrichtung, Miete: 400 Euro, keine Umzugs-, Umbau- und Renovierungskosten, Hohentor-Apotheke. Tel. 0421/8093212 Frauenarzt-Praxis in Bremen im Verlauf 2011 abzugeben. Chiffre 110307 Sonstiges Neueröffnung Privatärztliche Praxis für Psychotherapie Schwerpunkte: Depression, Burnout Diagnostik und Therapie des Aufmerksamkeitsdefizit-Syndroms (ADHS/ADS) beim Erwachsenen. Martin P. Schumacher, FA für Psychiatrie und Psychotherapie, Am Dobben 49, 28203 Bremen, Tel. 0421/2070297 Suche Kollegen, die durch Falschberatung einer Bank Praxisauflösung Hausarzt im Zusammenhang mit einer Fondsbeteiligung finanzielle Verluste hatten zum Erfahrungsaustausch ggf. gemeinsame Interessenvertretung. Geräte, Mobiliar 0174/1889940 Chiffre 110302 Zuschriften auf Chiffre-Anzeigen bitte an: Peter Schoppe Werbeagentur GmbH, Chiffre-Nr.: Walderseestr. 48, 30177 Hannover, Tel. 0511/909250-0, Fax 0511/909250-22 Kleinanzeigenschluss: Heft 04/11: 16. März 2011 Impressum Bremer Ärztejournal Offizielles Mitteilungsorgan der Ärztekammer Bremen und der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen; ISSN 1432-2978 www.bremer-aerztejournal.de Herausgeber: Ärztekammer Bremen, Schwachhauser Heerstraße 30, 28209 Bremen, www.aekhb.de. Kassenärztliche Vereinigung Bremen, Schwachhauser Heerstraße 26/28, 28209 Bremen, www.kvhb.de Für den Inhalt verantwortlich: Franz-Josef Blömer, Günter Scherer Autoren dieser Ausgabe: Dr. Franz Börschel, Prof. Dr. Jörn Bullerdiek, Dr. Hendrik Crasemann, PD Dr. jur. Heike Delbanco, Christoph Fox, Dr. Johannes Grundmann, Dr. Jörg Hermann, Dr. Daniel Kamil, Prof. Dr. Mariam Klouche, Dr. Jörg Müsebeck, PD Dr. Stephanie Spranger, Dr. Hans Wille Redaktion: Andrea Klingen (Ltg.), Sabine Müller Bildnachweis: Fotolia: © Falko Matte, © Kobold-knopf81, © Sebastian Kaulitzki, © eyeami, © Gina Sanders, © Lisa Eastman, © Rob Byron, © Kadmy, © RB-Pictures, © lily, © Uwe Grötzner, © Martina Taylor, © Maria.P., © Gina Sanders, © SIGNTIME, © VisualField-BS, © Franz Pfluegl, © K. Krueger, © dinostock, © Peter Schoppe Werbeagentur GmbH Verlag: Peter Schoppe Verlag, Walderseestraße 48, 30177 Hannover, Tel. 0511/626266-3, Fax 0511/909250-22 Verantwortlich für die Anzeigen: Peter Schoppe Werbeagentur GmbH, Claudia Renner, Walderseestraße 48, 30177 Hannover, Tel. 0511/909250-0 Zurzeit gilt die Anzeigenpreisliste Nr. I/11, gültig ab 1. Januar 2011. Druck: Druckerei Schäfer 23 Postvertriebsstück H 42085, Deutsche Post AG, Entgelt bezahlt. Ärztekammer Bremen, Schwachhauser Heerstraße 30, 28209 Bremen 20-11-1/4 PK Expansion Bremer Aerztejournal 175x230_REP_Layout 1 10.02.11 18:11 Seite 1 Wer auf Zukunft baut, muss sich auf tragfähige Konzepte verlassen. Vertrauen Sie einem Partner, der sowohl Ihre beruflichen wie privaten Herausforderungen annimmt - mit detaillierter Branchenkenntnis und umfassender Vermögenskompetenz. Sprechen Sie mit uns, der führenden Regionalbank im Nordwesten: 0421 332-3000 www.bremerlandesbank.de