Fettstoffwechsel und Ausdauerleistung
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Fettstoffwechsel und Ausdauerleistung
80 Übersichtsartikel Knechtle B. et al. Beat Knechtle1,2, Urs Mäder1,3, Urs Boutellier1 1 Sportphysiologie, Institut für Bewegungs- und Sportwissenschaften, ETH Zürich, und Physiologisches Institut, Universität Zürich, Zürich 2 Klinik für kardiale Rehabilitation, Gais 3 Sportwissenschaftliches Institut, Bundesamt für Sport, Magglingen Fettstoffwechsel und Ausdauerleistung Zusammenfassung Summary Weil Kohlenhydrate pro Liter Sauerstoff mehr Energie liefern und eine höhere ATP-Resyntheserate haben als Fette, hat man sich in den letzten Jahren in der Sporternährung auf die Kohlenhydrate konzentriert und die Fette eher vernachlässigt. Nun hat eine Trendwende eingesetzt, indem den eher vernachlässigten Fetten wieder eine wichtigere Bedeutung in der Sportlerernährung zugemessen wird, weil vermehrte Fettverbrennung hilft, Muskelglykogen einzusparen. Dies kann wahrscheinlich zu verbesserten Leistungen in Ausdauerwettbewerben, die mehrerere Stunden dauern, führen. Der vorliegende Artikel gibt eine Übersicht zum Fettstoffwechsel, wobei die Vorgänge während Ausdauerleistungen im Vordergrund stehen. In the past, the focus of sports nutrition was more on carbohydrate than on fat because carbohydrates provide more energy per liter oxygen and have a higher ATP resynthesis rate. Recently, this trend seems to be changing because more emphasis is being put on the importance of fat in an athlete’s diet. The reason for this change is that increased fat burning spares muscle glycogen which may yield better performances in a long lasting competition. The present article provides an overview of the fat metabolism, especially regarding endurance performance. Schweizerische Zeitschrift für «Sportmedizin und Sporttraumatologie» 48 (2), 80–86, 2000 Fett Die Stoffklasse der Fette oder Lipide lässt sich in verschiedene Untergruppen wie Neutralfette (Triglyzeride), Glyzerinphosphatide (Phospholipide) und Steroide einteilen. In ihrer Gesamtheit besitzen die Lipide wichtige biologische Funktionen. Sie sind essentielle Bestandteile jeder lebenden Zelle sowie integrierende Strukturelemente der Membranen und der subzellulären Partikel. Die Lipoproteine des Blutplasmas stellen eine spezielle Transportform der Lipide dar, mit deren Hilfe sich der Lipidaustausch der Gewebe und Organe vollzieht. Auffällig ist der hohe Gehalt an Lipiden im zentralen Nervensystem und im Nervengewebe. Durch eine spezielle Form des Organfettes werden manche Organe eingehüllt und in ihrer anatomischen Position fixiert. Das Subkutanfettgewebe schützt den Organismus vor mechanischen Einwirkungen und wegen der Isolierwirkung vor Wärmeverlust. Die Depotfette dienen – wie das Glykogen – als Energiereserven. Vor allem in der Bauchhöhle und im Subkutanfettgewebe können bei Energieüberschuss grosse Lipidmengen als Neutralfette gespeichert und bei Bedarf wieder mobilisiert und dem Stoffwechsel zur Verfügung gestellt werden. Mit Ausnahme der essentiellen Fettsäuren wie Linolensäure und 웆-3-Fettsäuren können vom Körper bei Bedarf sämtliche Lipide in der Leber synthetisiert werden. Den im Blut vorhandenen Lipiden kommt eine Vielfalt von Aufgaben zu, die in allen drei Bereichen der grundsätzlichen Funktionen von Nährstoffen liegen, nämlich Aufbau von Körperstrukturen, Regulierung von Stoffwechselvorgängen und Energiebereitstellung. Die Triglyzeride des Fettgewebes stellen die wichtigste Form der Fette für die Energiespeicherung und -bereitstellung dar. Sie bestehen aus zwei Anteilen, den freien Fettsäuren (FFS) und dem Glyzerin. Die FFS sind Mono-Karbonsäuren der aliphatischen Reihe (Tab. 1). Je nach Kettenlänge werden die FFS in kurzkettige (C6 und kürzer), mittelkettige (C8–C10) und langkettige FFS (C12 und länger) eingeteilt. Die ungesättigen Fettsäuren wie die Öl-, die Linol-, die Linolen- und die Arachidonsäure tragen Doppelbindungen. Eine besondere Form der hochungesättigten Fett- säuren sind die 웆-3-Fettsäuren, die vor allem in Fischölen vorkommen. Da die C-C-Einfachbindung frei drehbar ist, sind Fettsäuren beweglich und nehmen meist eine lineare Form an. Ungesättigte Fettsäuren haben wegen der Doppelbindung meist einen Knick. Daher sind Fette, die Fettsäuren mit Doppelbindungen enthalten, in der Regel flüssig und werden als Öle bezeichnet. Die Schmelzpunkte der Fette steigen mit der Kettenlänge der Fettsäuren an und fallen mit der Zahl der Doppelbindungen ab. Bei Raumtemperatur sind gesättigte Fette im allgemeinen fest, ungesättigte flüssig. In den biologisch wichtigen Lipiden treten sehr verschiedene Typen von Fettsäuren auf, gesättigte und ungesättigte, solche mit gerader und ungerader Anzahl von C-Atomen und verzweigte Fettsäuren. Bei den natürlichen Fetten kommen jedoch praktisch nur geradzahlige und meist unverzweigte Fettsäuren vor. Unter diesen sind wiederum diejenigen mit 16 und 18 C-Atomen stark bevorzugt (Tab. 1). Tabelle 1: Fettsäuren (Jeukendrup et al., 1998b) Name C-Atome: Doppelbindungen (Position der Doppelbindung) chemische Formel Essigsäure Buttersäure Capronsäure Caprylsäure Caprinsäure Laurinsäure Myristinsäure Palmitinsäure Stearinsäure Ölsäure Linolsäure Linolensäure Arachidonsäure 2:0 4:0 6:0 8:0 10:0 12:0 14:0 16:0 18:0 18:1(C9) 18:2(C9,C12) 18:3(C9,C12,C15) 20:4(C5,C8,C11,C14) CH3COOH CH3(CH2)2COOH CH3(CH2)4COOH CH3(CH2)6COOH CH3(CH2)8COOH CH3(CH2)10COOH CH3(CH2)12COOH CH3(CH2)14COOH CH3(CH2)16COOH CH3(CH2)7CH=CH(CH2)7COOH CH3(CH2)4(CH=CHCH2)2(CH2)6COOH CH3(CH2)4(CH=CHCH2)3(CH2)3COOH CH3(CH2)4(CH=CHCH2)4(CH2)2COOH 81 Fettstoffwechsel und Ausdauerleistung Das Glyzerin ist ein dreiwertiger Alkohol und in reiner Form eine farblose, visköse Flüssigkeit. Glyzerin wird als Bestandteil der Triglyzeride mit der Nahrung aufgenommen, kann aber auch vom Körper selber als Zwischenprodukt des Kohlenhydratstoffwechsels synthetisiert werden. Andererseits kann Glyzerin in der Leber im Rahmen der Glukoneogenese in Kohlenhydrate zurückgeführt werden. Fettstoffwechsel Die tägliche Fettaufnahme in Form von Butter, Öl, Margarine, Milch, Fleisch, Wurst, Eier oder Käse ist individuell sehr verschieden und beträgt im Mittel 60–100 g. Der Hauptanteil von etwa 95% sind Neutralfette in Form von Triglyzeriden. Die Triglyzeride enthalten beinahe ausschliesslich langkettige Fettsäuren. Dazu kommen Phospholipide, Cholesterinester und die fettlöslichen Vitamine A, D, E und K. Die Pankreaslipase spaltet im Duodenum 10–30% der Fette mit Hilfe von Kalzium und einer Ko-Lipase. Die Triglyzeride werden an der ersten und dritten Esterbindung zu zwei FFS und einem Monoglyzerid hydrolysiert. Unter Mitwirkung der Gallensalze bilden sich aus den Monoglyzeriden und den langkettigen FFS Mizellen (Abb. 1). Diese werden im Jejunum aufgespalten. Die mittelkettigen FFS können wegen ihrer guten Wasserlöslichkeit direkt in die Blutzirkulation gelangen, da sie nicht über die Darmlymphe abtransportiert werden müssen (Bach & Babayan, 1982). Die langkettigen FFS und Monoglyzeride werden in den Zellen der Darmmukosa wieder zu Triglyzeriden resynthetisiert und anschliessend in Chylomikronen eingebaut. Diese erreichen über die Darmlymphe die Blutzirkulation. Die Umwandlung der Lipide in Chylomikronen und ihre Resorption nach einer fettreichen Mahlzeit kann einige Stunden in Anspruch nehmen. Die Fettkonzentration im Plasma ist 2–5 h nach der Nahrungsaufnahme am höchsten und kehrt nach 8 h wieder in den Normbereich zurück (Dubois et al., 1994). Die Chylomikronen zirkulieren dann in der Blutbahn. Sie können mit den verschiedenen Zellen des Körpers interagieren, vor allem mit den Muskelfasern und den Fettgewebszellen. Die Lipolyse während körperlicher Aktivität Bei körperlicher Aktivität wird das sympathische Nervensystem aktiviert. An den 웁1-Adrenorezeptoren des Fettgewebes fördert das freigesetzte Adrenalin die Lipolyse, den Abbau der Neutralfette zu FFS und Glyzerol (Crampes et al., 1989; Millet et al., 1998). Neben Adrenalin wird die Lipase auch durch andere Hormone wie Noradrenalin, Glukagon, Kortikotropin, Kortisol, Thyrotropin, Wachstumshormon und Vasopressin stimuliert. Je besser trainiert ein Sportler ist, umso stärker ist die lipolytische Wirkung des Adrenalins (Viru et al., 1992). Vor allem bei Ausdauersportlern ist die Adrenalinwirkung auf die Lipolyse sehr ausgeprägt (Després et al., 1983; Tremblay et al., 1984; Crampes et al., 1989). Insgesamt fördert die Sympathikusaktivität die Lipolyse am stärksten (Klein et al., 1995). Insulin, Prostaglandin E1, Laktat, Ketonkörper und Nikotinsäure hemmen die Lipolyse, wobei Insulin als gegenregulatorisches Hormon zu Adrenalin die Lipolyse am stärksten hemmt (Carpentier et al., 1999) (Abb. 1). Im Fettgewebe fördert Insulin die Speicherung von Triglyzeriden durch Induktion der Reveresterung (Evans et al., 1999) und somit den Aufbau des Fettes im Fettgewebe (Viru et al., 1992). Insulin führt zudem zu einer Hemmung der intrazellulären Lipolyse. Die Aufspaltung des Subkutanfettes zu FFS und Glyzerol wird durch hormonsensitive Lipasen katalysiert. Neben anderem spielt dabei die Intensität einer Belastung eine entscheidende Rolle: Die hormonabhängige Lipolyse im Subkutanfett ist bei 50–70% VO2max am höchsten und nimmt bei zunehmender Intensität nicht zu, obwohl die Katecholaminkonzentration weiter ansteigt (Romijn et al., 1993). Die hormonsensitive Lipase hydrolysiert die Fettsäuren in den 웁-Stellungen, die Monoglyzeridlipase spaltet die Muskelkapillare Darmlumen Triglyzeride Mizellen Glukose FFS O2 CO2 Monoglyzeride + Fettsäuren Darmschleimhaut Monoglyzeride langkettige Fettsäuren Glukose mittelkettige Fettsäuren FFS Chylomikronen Chylomikronen Lymphgefäss Blutgefäss Chylomikronen Glukose6-phosphat Azyl-KoA Intramuskuläre Triglyzeride mittelkettige Fettsäuren Pyruvat Lipoproteinlipase langkettige Fettsäuren Glykogen β-Oxidation O2 CO2 Azetyl-KoA Adrenalin Insulin Muskelzelle Zitratzyklus Lipogenese Lipolyse Mitochondrium Protonen + Elektronen Fettsäuren ADP + P Fettsäuren Myofibrille Speicherung alsTriglyzeride Atmungskette Speicherung als Triglyzeride ATP oder Oxidation Fettgewebszelle Abbildung 1: Der Fettstoffwechsel Skelettmuskelfaser Abbildung 2: Der Muskelstoffwechsel 82 verbleibende Fettsäure in der 움-Stellung. Die FFS werden in die Blutbahn abgegeben und im Plasma unverestert transportiert. Die mittelkettigen FFS sind dabei frei löslich, die langkettigen FFSwerden an Albumin gekoppelt. Die Ausschöpfung an FFS aus dem Fettgewebe ist abhängig von der Albumin-Konzentration im Plasma, dem Quotienten FFS/Albumin und dem Blutfluss durch das Fettgewebe (Bülow, 1987). Die FFS erreichen dann die Bestimmungsorte wie Muskel-, Leber- und Fettzellen. Die Spaltung der zirkulierenden Lipoproteine im Plasma erfolgt durch die im Kapillarendothel lokalisierte Lipoprotein-Lipase. Die höchsten Konzentrationen dieses Enzyms sind im Endothel der Herz- und Skelettmuskelfasern sowie im Fettgewebe nachweisbar. Die langkettigen FFS werden über Transporteiweisse vor allem in die Typ I-Fasern und weniger in die Typ II-Fasern eingeschleust (Bonen et al., 1998). In den Muskelfasern können die FFS direkt als energiereiche Substrate genutzt oder zu Triglyzeriden resynthetisiert und in Form von Fetttröpfchen gespeichert werden (Abb. 2). Auch in den Muskelfasern kommt ein lipolytisches Enzym vor, das noch nicht genauer bekannt ist. Die Lipolyse der intramuskulären Triglyzeride wird durch die Konzentration der Katecholamine im Plasma nicht beeinflusst (Romijn et al., 1993). Die Lipolyse der intramuskulären Triglyzeride ist von der Muskelkontraktion abhängig. Das dabei freigesetzte Glyzerol diffundiert durch die Zellmembran direkt ins Blut. Es ist frei wasserlöslich und zirkuliert im Plasma. In der Leber kann es via Glukoneogenese wiederverwertet werden. Die Fettoxidation Mit Ausnahme von Gehirn und Erythrozyten sind alle Gewebe in der Lage, FFS durch die 웁-Oxidation zur Energiegewinnung abzubauen. 웁-Oxidation wird dieser Prozess deshalb genannt, weil der Abbau am Karboxy-Ende der aktivierten Fettsäure jeweils zwischen C-2 (움-Atom) und C-3 (웁-Atom) beginnt. Nach der Aufnahme in die Muskelzelle wird die FFS im Zytoplasma durch Überführung in ihr KoA-Derivat aktiviert, es entsteht Azyl-KoA (Abb. 2). Über den Karriermechanismus des Karnitins wird die aktivierte langkettige FFS als Azyl-Karnitin in die Matrix der Mitochondrien überführt. Dort wird von der FFS-Kette in der 웁-Oxidation bei jedem Durchgang Azetyl-KoA abgespalten, das auf Oxalazetat übertragen und dann in den Zitratzyklus eingeschleust wird. Im Zitratzyklus wird Azetyl-KoA zu CO2 und H2O abgebaut. Dabei entstehen Reduktionsäquivalente, die zur Oxidation an die Atmungskette weitergegeben werden. In der Atmungskette werden die freiwerdenden Elektronen der Oxidation auf den molekularen Sauerstoff übertragen. Dieser bildet dann zusammen mit den Protonen H2O. Die freiwerdende Energie wird durch Phosphorylierung von Adenosindiphosphat zu Adenosintriphosphat in verfügbare Energie für die Muskelkontraktion umgewandelt. Die mittelkettigen FFS können im Gegensatz zu den langkettigen FFS direkt in das Mitochondrium der Muskelfaser eingeschleust werden (Bach & Babayan, 1982; Berning, 1996). Der Fettstoffwechsel bei Ausdauerleistungen Quellen für die Energieproduktion während körperlicher Leistung sind das Muskelglykogen, die Plasmaglukose aus Leberglykogen oder Darm, die Plasmafettsäuren aus Subkutanfettgewebe oder Darm und die intramuskulären Triglyzeride (Coyle et al., 1986; Romijn et al., 1993). Eiweiss wird in der Regel kaum für die Energiegewinnung verwendet und deshalb im folgenden Text ausser Acht gelassen. Das Fett enthält ungefähr zweimal mehr Energie als die Kohlenhydrate, denn in 1 g Fett ist eine Energie von 38 kJ gespeichert, während es in 1 g Kohlenhydrate nur 18 kJ sind. Fett kann auch dichter gespeichert werden, da 1 g Glykogen immer 2 g H2O bindet. Unter den Energieträgern stellt deshalb Fett im Körper die grösste Energiereserve dar, und zwar vorwiegend als im Fettgewebe gespeicherte Triglyzeride (Tab. 2). Für den Ausdauersportler sind auch die intramuskulären Triglyzeride von Knechtle B. et al. Tabelle 2: Energiesubstrate bei einem 80 kg schweren Mann (Jeukendrup et al., 1998b) Substrat Gewicht (kg) Plasma Glukose Leberglykogen Muskelglykogen Total Kohlenhydrate 0.02 0.10 0.40 0.52 Plasma Fettsäuren Plasma Triglyzeride Fettgewebe Muskeltriglyzeride Total Fett 0.0004 0.004 12.0 0.3 12.3 Energie (kJ) 320 1 600 6 400 8 320 14 140 450 000 11 000 461 154 grosser Bedeutung. Die Depots in der Skelettmuskulatur liegen je nach Trainingszustand bei etwa 300 g (Jeukendrup et al., 1998), wobei die mitochondrienreichen Typ I-Muskelfasern mehr intramuskuläre Triglyzeride enthalten als die mitochondrienarmen Typ II-Fasern. Die Lipiddepots liegen in Tropfenform vor und lagern sich an die Mitochondrien an (Wendling et al., 1996; Boesch et al., 1997). Fett stellt bei langen Belastungen moderater Intensität von 50– 60% VO2max den Hauptanteil an der Energielieferung (Krogh & Lindhard, 1920; Havel et al., 1963; Bergman & Brooks, 1999): Im Verlaufe der Belastung bei Abnahme der Glykogenreserven erreicht dieser Anteil rund 60% der Energiegewinnung (Ahlborg & Felig, 1976; Bosch et al., 1993). Die Kohlenhydratoxidation liefert bei diesen Intensitäten zu Beginn der Belastung über 40% und sinkt dann auf gegen 30% der Energielieferung (Ahlborg & Felig, 1976; Pirnay et al., 1995). Mit zunehmender Dauer einer Ausdauerbelastung sinkt die Belastungsintensität auf 50–60% VO2max ab, der Energieverbrauch pro Zeiteinheit nimmt ab und die Energiebereitstellung erfolgt vorwiegend aerob im Bereich der Fettoxidation. Die Energielieferung wird zunehmend durch den Fettstoffwechsel geliefert, das sich auch in den Plasmakonzentrationen der entsprechenden Metaboliten zeigt. Bei einer Belastung mittlerer Intensität sinkt die Glukosekonzentration langsam ab und die Laktatkonzentration bleibt konstant. Dagegen steigt die Konzentration des Glyzerols sowie der FFS kontinuierlich an (Tab. 3). Bei mittleren bis höheren Intensitäten im Bereich von 60–85% VO2max nimmt der absolute Anteil an oxidiertem Fett zunächst zu. Bei 65% VO2max ist der absolute Anteil an der Energiegewinnung durch die Fettoxidation im Vergleich zu 25 und 85% VO2max am höchsten (Romijn et al., 1993). Die dabei oxidierten Fettsäuren stammen je zur Hälfte vom intramuskulären Triglyzerid und aus dem Plasma (Romijn et al., 1993). Bei der Erhöhung der Intensität auf 70–80% VO2max nimmt die Menge an oxidiertem Fett ab. Die Konzentration der FFS im Plasma steigt nicht mehr weiter an, und die benötigte Energie wird zunehmend durch die Kohlenhydratoxidation geliefert. Bei diesen höheren Intensitäten im Bereich von 75% VO2max liefern die Kohlenhydrate rund 80% der Energie (Pirnay et al., 1995). Während Belastungen um 65% VO2max werden im Muskel gespeichertes Triglyzerid und Glykogen kontinuierlich abgebaut (Coyle et al., 1986; Pirnay et al., 1995). Höhere Intensitäten bewirken einen schnelleren Abbau des Muskelglykogens, so dass dieses nach 90–240 min vollständig aufgebraucht ist (Coggan & Coyle, 1991; Bosch et al., 1993; Coyle, 1995). Das dabei anfallende Laktat wird bis zu einer gewissen Grenze eliminiert und ein Laktat-Gleichgewicht kann eintreten (Costill, 1970). Den kontinuierlich sinkenden Anteil aus dem Muskelglykogen an der Energielieferung kompensieren mit zunehmender Belastungsdauer FFS und Glukose aus dem Plasma (Coyle et al., 1986; Pirnay et al., 1995). Im Bereich von 80–95% VO2max wird die Fettoxidation zu Gunsten der erhöhten Kohlenhydratoxidation weiter reduziert. Die Oxidation der langkettigen FFS ist bei diesen hohen Intensitäten reduziert (Kiens et al., 1999), da diese FFS nicht mehr ins Mitochondrium eingeschleust werden können (Sidossis et al., 1997). 83 Fettstoffwechsel und Ausdauerleistung Tabelle 3: Stoffwechselparameter bei andauernder Belastung (Ahlborg et al., 1974) Parameter (Plasmakonzentrationen) Ruhe 40 min 90 min 180 min 240 min Glukose (mmol/l) Laktat (mmol/l) 4.51 ± 0.13 1.06 ± 0.13 4.57 ± 0.15 1.31 ± 0.11 4.30 ± 0.15 1.32 ± 0.09 3.53 ± 0.19 1.39 ± 0.13 3.12 ± 0.29 1.80 ± 0.28 Glyzerol (mmol/l) FFS (mmol/l) 0.04 ± 0.01 0.66 ± 0.06 0.19 ± 0.03 0.78 ± 0.07 0.25 ± 0.03 0.93 ± 0.12 0.39 ± 0.04 1.57 ± 0.15 0.48 ± 0.05 1.83 ± 0.18 Zudem sinkt bei diesen hohen Intensitäten die Verfügbarkeit von FFS im Plasma (Kanaley et al., 1995). Bisher wurde angenommen, dass das bei diesen Intensitäten ansteigende Laktat aus der anaeroben Glykolyse die Lipolyse im Fettgewebe hemmt. Ob diese Annahme stimmt, ist fraglich, denn wie das Laktat die Lipolyse hemmt, ist noch nicht bekannt. Zudem wurde kürzlich die antilipolytische Laktatwirkung im Fettgewebe bei Trainierten widerlegt (Trudeau et al., 1999). Regelmässiges Ausdauertraining erhöht die Fähigkeit der Muskulatur, während der Belastung vermehrt Fett als Energiequelle zu nutzen und das Glykogen in der Muskelfaser zu schonen. Die erhöhte Fettverbrennung zeigt sich bei trainierten Athleten während einer Belastung mittlerer Intensität anhand des respiratorischen Quotienten, der tiefer ist als bei Untrainierten (Hurley et al., 1986; Martin et al., 1993; Kiens et al., 1993). Die ausdauertrainierte Muskulatur gewinnt während einer Ausdauerbelastung deutlich mehr Energie aus der Oxidation der intramuskulären Triglyzeride (Hurley et al., 1986; Martin et al., 1993) und der Oxidation der aus dem Subkutanfett freigesetzten FFS (de Glisezinski et al., 1998) im Vergleich zur untrainierten. Die Fasern der trainierten Muskulatur können vermehrt die aus dem Fettgewebe freigesetzten FFS zur Oxidation in die Mitochondrien aufnehmen (Turcotte et al., 1992; Kiens et al., 1993; Bergman et al., 1999), so dass die Konzentration an FFS im Plasma bei Trainierten während der Belastung tiefer ist als bei Untrainierten (Hurley et al., 1986; Martin et al., 1993; Klein et al., 1994). Die Aufnahme der FFS in das Mitochondrium ist der limitierende Schritt in der Fettoxidation (Sidossis et al., 1998). In der Muskelfaser von gut ausdauertrainierten Athleten werden die FFS schneller als bei Untrainierten in das Mitochondrium zur Oxidation eingeschleust (Sidossis et al., 1998). Ein während längerer Zeit durchgeführtes Ausdauertraining bewirkt zudem charakteristische Veränderungen im Hormonhaushalt. Adrenalin und Insulin verhalten sich dabei gegenläufig. Es kommt nach längerem Training in erster Linie zu einer Zunahme des 웁-adrenergen lipolytischen Effekts (de Glisezinski et al., 1998), was der Grund für die Abnahme der Körperfettmengen sein könnte (Hickson, 1980; Dolezal & Potteiger, 1998). Weiter führt das Ausdauertraining zu einer höheren Insulinsensitivität (Takala et al., 1999) mit einem geringeren Insulinanstieg auf Glukose und einem tieferen Insulinspiegel in Ruhe (Engdahl et al., 1995). Es kommt auch zu Veränderungen in der Muskelfaser. In den Typ IFasern führt das Ausdauertraining zu einer Zunahme der mitochondrialen Enzyme (Essén-Gustavsson & Henriksson, 1984; Bizeau et al., 1998), wobei vor allem der Anteil an der 웁-HydroxyAzyl-KoA Dehydrogenase zunimmt (Hurley et al., 1986; Kiens et al., 1993; Coggan et al., 1993). Erst ein langdauerndes Ausdauertraining bewirkt eine Proliferation der subsarkolemmalen und der interfibrillären Mitochondrien (Bizeau et al., 1998), wobei nur das Volumen der Mitochondrien zunimmt (Hurley et al., 1986; Kiens et al., 1993; Coggan et al., 1993). Zudem führt das Ausdauertraining zu einer Zunahme der Kapillardichte im Muskel (Tesch et al., 1984), so dass der Blutstrom mit allen Stoffwechselmetaboliten relativ zunimmt. Im weiteren kommt es zu einer Zunahme der intramuskulären Lipid- (Hoppeler et al., 1985) und Glykogendepots (Gollnick et al., 1972; Gollnick et al., 1973). Diese Anpassung des Fettstoffwechsels in der Muskelfaser hat auch Auswirkungen auf den Kohlenhydratstoffwechsel. Dank der vermehrten Fettoxidation während der Belastung werden bei Ausdauerathleten weniger Kohlenhydrate zur Energiegewinnung verbraucht (Holloszy & Coyle, 1984) und wird deutlich weniger Laktat bei gleicher Intensität produziert (Holloszy & Coyle, 1984; Green et al., 1992). Es wird weniger Glykogen in Leber und Muskulatur abgebaut, so dass es zu einem Spareffekt der Glykogenreserven kommt (Holloszy & Coyle, 1984; Jansson & Kaijser, 1987; Kiens et al., 1993). Um höhere Belastungsintensitäten über längere Zeit aufrecht zu erhalten, wird allgemein empfohlen, Kohlenhydrate während der Belastung einzunehmen. Die Einnahme von Kohlenhydraten hat aber auch direkte Wirkungen auf den Fettstoffwechsel. Wird nämlich Glukose unter Belastung eingenommen, so erhöht sich der Anteil der Kohlenhydratoxidation an der Energiegewinnung gegenüber der Fettoxidation (Massicotte et al., 1994), was eine Verminderung der Fettoxidation bedeutet (Rauch et al., 1995; Horowitz et al., 1997). Ein Grund für die Einschränkung der Fettoxidation ist der Anstieg des Insulins als Reaktion auf die erhöhte Glukosekonzentration im Plasma (Febbraio & Stewart, 1996; Coyle et al., 1997; Burelle et al., 1999). Die Erhöhung des Insulins führt zu einer Hemmung der Lipolyse (Koivisto et al., 1981; Groop et al., 1991; Horowitz et al., 1997; Coyle et al., 1997), was zu einem Abfall der Konzentration an FFS und Glyzerol führt (Pruett, 1970). In der Folge steigt die FFS-Plasmakonzentration mit zunehmender Belastungsdauer weniger hoch an (de Glisezinski et al., 1998; Horowitz et al., 1999). Zudem führt auf muskelzellulärer Ebene der erhöhte Glukosefluss ins Mitochondrium zu einer direkten Hemmung der Einschleusung der langkettigen FFS, so dass die Oxidation von langkettigen FFS während der Belastung vermindert wird (Coyle, 1995; Sidossis et al., 1996; Sidossis & Wolfe, 1996; Coyle et al., 1997; Sidossis et al., 1998). Die Oxidation von mittelkettigen FFS wird nicht beeinträchtigt, da diese frei diffundieren und nicht mittels Karnitin-Karrier in das Mitochondrium transportiert werden (Coyle et al., 1997). Entscheidend für den Einfluss der Kohlenhydrateinnahme auf die Fettoxidation ist die Höhe der Belastungsintensität. Das Insulin, das die Glukoseaufnahme in die Muskelzelle erhöht (Ahlborg & Felig, 1976), steigt bei tiefen Belastungsintensitäten auf eine Kohlenhydrateinnahme deutlich höher an als bei hohen Intensitäten, wo die Insulinreaktion auf die erhöhte Plasmaglukosekonzentration unterdrückt wird (Coyle et al., 1986; Hargreaves & Briggs, 1988). Werden Kohlenhydrate z.B. während einer Belastung von 25–45% VO2max eingenommen, wird die Fettoxidation um etwa 40% gehemmt (Ahlborg & Felig, 1976; Ivy et al., 1983). Der Zeitpunkt der Einnahme, die Intensität und die Menge der eingenommenen Glukose sind von entscheidender Bedeutung. Bei Erhöhung der Intensität auf 65–75% VO2max wird die Fettoxidation nach 2 h eingeschränkt (Coyle et al., 1983; Coyle et al., 1986). 100 g Glukose während einer Belastung mittlerer Intensität führen zu signifikant tieferen FFS-Plasmakonzentrationen (Krzentowski et al., 1984). Erwähnenswert ist noch, dass die Art der zugeführten Kohlenhydrate keine Rolle spielt, denn die Fettoxidation wird unter Belastung unabhängig von der Art der Kohlenhydrate gleich 84 Knechtle B. et al. stark gehemmt (Wagenmakers et al., 1993; Massicotte et al., 1994). Fettsupplementation in Form vom mittelkettigen Triglyzeriden Die Anreicherung der Ernährung durch mittelkettige Triglyzeride wurde bereits sehr intensiv in Bezug auf eine Leistungssteigerung hin untersucht. Da die Oxidationsrate der von aussen zugeführten Kohlenhydrate 1.0–1.1 g/min nicht übersteigt, können eingenommene mittelkettige Triglyzeride die Energiezufuhr für den arbeitenden Muskel erhöhen (Massicotte et al., 1992). Die kombinierte Aufnahme von Kohlenhydraten und mittelkettigen Triglyceriden führt dazu, dass die Überführung der Kohlenhydrate aus dem Magen in den Darm beschleunigt wird. Je höher der Anteil der mittelkettigen Triglyzeride zum Beispiel in einer solchen kombinierten Trinklösung ist, um so schneller verläuft die Magenentleerung (Beckers et al., 1992), und die Kohlenhydrate werden schliesslich rascher oxidiert (Jeukendrup et al., 1995). Die eingenommenen mittelkettigen Triglyzeride selber werden vor allem dann vermehrt oxidiert, wenn das Muskelglykogen zuvor entleert wurde (Jeukendrup et al., 1998a). Dies liegt in der Praxis dann vor, wenn trotz stark reduzierter oder entleerter Glykogenspeicher die Belastung weitergeführt werden sollte. Die mittelkettigen Triglyzeride tragen dann etwa 7% zur gesamten Energieproduktion bei (Jeukendrup et al., 1995) und können vor allem in dieser Situation die Leistung verbessern. Insgesamt sollten aber nicht mehr als 30 g mittelkettige Triglyzeride während einer Belastung mittlerer Dauer aufgenommen werden, da grössere Mengen zu Magenproblemen führen können (Jeukendrup et al., 1998a). Praktische Hinweise In der Praxis wird die Intensität einer Belastung, welche für die Fettoxidation entscheidend ist, oft als prozentualer Anteil der maximalen Herzfrequenz angegeben. Deshalb ist die Beschreibung der Intensität als Anteil von VO2max für die Praxis nicht sehr nützlich. Doch der Zusammenhang zwischen der Herzfrequenz und dem Sauerstoffverbrauch wurde beschrieben (Astrand & Rodhal, 1986; American College of Sports Medicine, 1991; Swain et al., 1994; Londeree et al., 1995) und ist in der Tabelle 4 dargestellt. Ein Training zur Verbesserung der Fettoxidation ist im Intensitätsbereich von rund 60% VO2max anzusetzen. Falls während mehrerer Stunden entsprechend trainiert wird, sollten neben einer normalen Zufuhr von Kohlenhydraten auch mittelkettige Triglyzeride aufgenommen werden. In der Vorbereitungszeit auf einen langen Wettkampf sollte die Nahrung während mindestens zwei Wochen einen substantiellen Anteil an mittel- und langkettigen Fettsäuren enthalten. Während dieses Wettkampfes sollten dann neben Kohlenhydraten auch mittelkettige Triglyzeride zugeführt werden, was eine gesteigerte Fettverbrennung ermöglicht und die Leber- und Muskelglykogenreserven schont. Dies wird sich im Tabelle 4: Beziehung zwischen maximaler Herzfrequenz (Hfmax) und maximaler Sauerstoffaufnahme (VO2max) (American College of Sports Medicine, 1991; Astrand und Rodahl, 1986; Swain et al., 1994; Londeree et al., 1995) % Hfmax % VO2max 50 60 70 80 90 100 28 40 58 70 83 100 Verlauf des mehrstündigen Wettkampfes so auswirken, dass die Glykogenreserven länger halten und dadurch später eine höhere Intensität erlauben als bei dominanter Glukoseverbrennung. Logischerweise wird man dadurch das Ziel rascher erreichen können. Allerdings kann diese Empfehlung noch nicht mit Studien belegt werden, weil in der Literatur bis jetzt praktisch ausschliesslich mit Extremvarianten geforscht worden ist, d.h., die untersuchte Nahrung enthielt entweder exzessiv Kohlenhydrate oder Fette, während praxisrelevante Mischformen kaum verwendet worden sind. Deshalb und weil gegen die eigentlich bekannte Empfehlung trotzdem immer wieder verstossen wird, weisen wir ausdrücklich darauf hin, dass Änderungen der Verpflegungsgewohnheiten im Training sorgfältig ausprobiert und optimiert werden müssen, bevor man sie im Wettkampf anwenden darf. Korrespondenzadresse: Dr. med. Beat Knechtle, Klinik für kardiale Rehabilitation, 9056 Gais Literaturverzeichnis Ahlborg G., P. Felig, L. Hagenfeldt, R. Hendler, and J. Wahren: Substrate turnover during prolonged exercise in man. Splanchnic and leg metabolism of glucose, free fatty acids and amino acids. J. Clin. Invest. 53: 1080–1090, 1974. Ahlborg G., and P. Felig: Influence of glucose ingestion on fuel-hormone response during prolonged exercise. J. Appl. Physiol. 41: 683–688, 1976. American College of Sports Medicine: Guidelines for Exercise Testing and Prescription. 4th edition, Philadelphia: Lea & Febiger, 1991. Astrand P.P., and K. 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