1 Predigt, Galater 6,7-10 Vom Säen und Ernten, H.Meyer, Lausen, 8

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1 Predigt, Galater 6,7-10 Vom Säen und Ernten, H.Meyer, Lausen, 8
Predigt, Galater 6,7-10 Vom Säen und Ernten, H.Meyer, Lausen, 8. Februar 2015
In der griechischen Mythologie wird die Geschichte von Sisyphus erzählt. Er gilt dort als Inbegriff
eines Schlitzohres, der mit seinen Winkelzügen sogar dem Tod ein Schnippchen geschlagen hat.
Irgendwann aber hat er so übertrieben, dass die Götter ihn dazu verurteilen einen Felsblock den
Berg hinaufwälzen. Kurz vor dem Gipfel aber rollt dieser Stein jeweils wieder zurück ins Tal und
Sisyphus muss von vorne beginnen - ewig. Ein hartes Schicksal.
Von dieser Geschichte abgeleitet wird der Begriff „Sisyphusarbeit“.
Er wird für Bemühungen verwendet, die einfach nicht oder kaum zum Ziel führen, wo man immer
wieder auf Null zurückfällt.
Ich denke, dass da der eine oder andere seufzt, weil er auch schon entsprechende Erfahrungen
gemacht hat, sich wie Sisyphus fühlte und dieses Gefühl der Sinnlosigkeit kennt. Das wirkt
frustrierend und lähmend, macht müde.
In unserem Text schreibt Paulus vom Naturgesetzt von Ursache und Wirkung, von Säen und
Ernten. „Was ihr sät, werdet ihr ernten“ oder umgekehrt: „Was ihr erntet, habt ihr gesät!“ oder
nochmals anders gesagt: Was ihr tut oder lasst, es bewirkt etwas. Diese Aussage scheint im
Widerspruch zur Sisyphuserfahrung zu stehen.
„Was der Mensch sät, das wird er ernten.“ - Am Anfang des Textes ist das wie eine Drohung.
Paulus warnt davor Schlechtes zu tun, im übertragenen Sinn schlechtes Saatgut zu säen, weil es
eben entsprechend schlechte, verderbliche Frucht hervorbringt. Wer darauf keine Rücksicht
nimmt, wird sein blaues Wunder erleben.
Schlechts Saatgut kann vieles sein. Davon scheint es in den Gemeinden, an die Paulus schreibt,
reichlich zu geben. Er ist besorgt.
Da sind Leute, die verbreiten: Im Prinzip sind wir durch Jesus er-löst, aber daneben muss ein
Christ auch das oder jenes beachten und einhalten, um quasi in den Himmel zu kommen.
Konkret geht es in Galatien um solche, die behaupten, dass ein Christ sich auch an jüdische
Regeln und Vorschriften halten müsse. Das verunsichert. Manche sind in dadurch in eine
Negativhaltung gerutscht: Ich bin zu wenig, kann zu wenig, mache zu wenig, glaube zu wenig.
Darum entzieht Gott mir sicher seine Liebe.
Schlechtes Saatgut in seiner Gemeinde, nimmt Gott persönlich, schreibt Paulus: „Macht euch
nichts vor! Gott lässt keinen Spott mit sich treiben.“
Paulus macht deutlich, dass diese „Im-Prinzip-Aber-Lehre“ gar nicht im Sinn des Evangeliums ist,
Menschen bindet und hindert, statt sie freizusetzen und glücklich zu machen im Sinn und Geist
von Jesus.
Paulus braucht hier klare Worte. Wenn jemand sich daneben benimmt, kann man ihn mahnen gerade auch vom Evangelium her, wenn aber die Grundlage faul ist wie bei einer Irrlehre, ist eine
Korrektur viel schwieriger.
Irrlehren gibt es auch heute, wobei nicht immer sofort klar ist, was darunter fällt und was nicht. Da
braucht es ein offenes Gespräch.
Für mich ganz klar unter die Irrlehren gehört, wenn Leute behaupten, dass ein Christ nach seinem
Tod ja nicht kremiert werden darf, weil es sonst für ihn keine Auferstehung geben könne. Mit dem
wurde ich erst letzthin anklagend konfrontiert beim Tod meines Vaters.
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Dazu wird als Begründung eine wirr zusammengestellte und aus dem Zusammenhang gerissene
Liste von Bibelsprüchen präsentiert, meist aber gibt es Bezüge zur Sekundärliteratur.
Da wird gesagt: Im Prinzip kommen wir wegen und durch Jesus in den Himmel, aber wenn ein
toter Körper verbrannt wird, dann kann Gott diesen Menschen nicht mehr auferwecken.
Da wird Gott klein gemacht. Das ist nicht nur eine Irrlehre, sondern v.a. auch Kleinglaube.
In der Bibel steht: Gott ist Liebe. Jesus hat das unterstrichen. Da aber wird Gott zu einem
emotionslosen, gleichgültigen Buchhalter gemacht, dem Regeln und Formalitäten am wichtigsten
sind.
Diese Irrlehre kommt meistens in einem sehr frommen Gewand daher, aber es ist eindeutig
schlechtes Saatgut. Dadurch bekommen Menschen ein verzerrtes Bild von Gott vermittelt und den
Glauben an Jesus einpackt in ein: Du musst, du darfst nicht, pass auf etc.
Paulus warnt. Die Galater sollen unbedingt daran festhalten, dass wir alleine gerettet sind durch
Christus, durch das Vertrauen in ihn.
Es braucht keinen Ablass, keine Erdbestattung oder sonst etwas, um in den Himmel zu kommen.
Jesus ist der Weg, der einzige Weg, auch der einzige christliche Weg. Wer etwas anderes sagt,
predigt, verlangt, der sät Unkraut und das hat Folgen.
Paulus warnt. Seid wachsam, was ihr lehrt und verbreitet und im Blick auf das, was ihr hört. Nicht
alles, das fromm und gottesfürchtig tönt, ist gute Saat. Prüft es im Lichte und Geist Christi, je
nachdem auch mit anderen zusammen. Denn jede Saat bringt Früchte hervor, gute und schlechte.
Der Himmel steht alleine wegen Christus offen. Aber unser Leben, unsere Taten, unser Reden
und Schweigen, sie alle sind Ursachen, die Wirkung haben oder anders gesagt: Wirkungen in
unserem Leben hängen zu einem grossen Teil tatsächlich von uns selber ab.
Paulus beschuldigt nicht sofort, wie es heute modern ist Gott. Er fragt nicht Warum lässt Gott das
zu? Wie kann Gott nur?
Er verweist darauf, dass die meisten schlechten Wirkungen ihren Grund eben in schlechten
Ursachen haben, also meistens von Menschen selbstgemacht sind.
Die Drohung des Paulus ist eigentlich als Hilfe gedacht. Erste Anzeichen einer Fäulnis oder von
Unkraut können uns nämlich warnen: Stopp, da läuft etwas falsch. Kehrt um, ändert etwas, brecht
ab oder Gewisses muss ausgejätet werden. Paulus will nicht drohen, sondern aufschrecken und
sensibilisieren.
Ursache und Wirkung. Paulus redet von säen und ernten, sagt seinen Lesern: Schaut auf die
Natur und lernt. - Das ist hilfreich und doch hat dieser Vergleich auch seine Grenzen.
Der Kreislauf von Säen und Ernten hat in der Natur einen geregelten Ablauf, kalkulierbare Zyklen,
ist in etwa immer gleich.
Das Säen und Ernten im Leben, im Alltag ist aber selten wirklich kalkulierbar, verläuft selten in den
gleichen Bahnen. Wir wissen nicht wirklich, wann die Zeit für welche Ernte sein wird.
Der Bauer weiss, wann er nach dem Säen nachschauen muss. Im Leben ist das meist anders.
Haben wir nicht oft das Gefühl zu säen und zu säen, Hoffnung und Kraft, Liebe und Herzblut zu
investieren, ohne ein Anzeichen einer Ernte zu sehen, ähnlich wie bei Sisyphus?
Oder jemand sät Unkraut und ändert trotz Warnungen nichts da-ran. Die negativen Folgen
scheinen auszubleiben und wenn sie einem einholen, ist es oft zu spät.
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Ein Beispiel: Ein schwerer Raucher hat eine Lungenkrebsdiagnose. Ein schlechte Ernte, die bei
ihm erst zu spät sichtbar geworden ist.
Er hat mir gesagt: Ich bin selber schuld, eigentlich habe ich es gewusst, aber ich wollte es nicht
wahrhaben und als es unübersehbar wurde, war es zu spät.
Was ihr sät, werdet ihr ernten. Das haben der Mann und seine Familie brutal erfahren.
Es gab aber bei ihm noch eine andere Saat, nämlich die seiner Ehrlichkeit. Die hat gute Frucht
gebracht. Er war nicht ständig verbittert daran anderen oder einem blinden Schicksal oder Gott die
Schuld zuzuschieben.
Es hat ihm geholfen sich auf seine letzte Zeit zu konzentrieren. Es hat ihn frei gemacht seine
letzten Tage mit einer grossen, unglaublichen Gelassenheit, Lebensfreude und Entspanntheit
bewusst zu leben, zu geniessen und mit seinen Lieben zu teilen.
Oft werden Anzeichen einer Missernte verdrängt, übersehen, weil man sich den Konsequenzen,
den nötigen Veränderungen nicht stellen will oder eben schlichtweg davon überfordert ist.
Paulus schreibt den Galaterbrief nicht an einen Einzelnen, sondern an eine Gemeinschaft. Gerade
in diesen Dingen brauchen wir Gemeinschaft, zeigt sich, dass der Hinweis „man kann auch alleine
glauben“ letztlich zu kurz greift.
Die Worte des Paulus machen zudem unmissverständlich deutlich: Unser Leben ist nicht einfach
von Gott vorherbestimmt.
Wir haben Freiraum zu säen, zu jäten, zu pflegen und dann zu ernten. Es hängt so vieles von uns,
unserem Tun und Lassen, unseren Entscheiden, unserem Saatgut ab.
Glauben heisst nicht, dass ich den Führerstand meines Lebens-zuges Jesus überlasse und mich
in einen Wagen zurückziehe.
Nein, ich selber bleibe im Führerstand, aber Jesus ist mit dabei.
Paulus spricht nicht nur vom schlechten, sondern im weiteren auch von gutem Saatgut.
Das ist eine Verheissung. Wer Gutes sät, Gutes tut, macht es nicht vergebens. Es wird eine gute
Ernte hervorbringen, auch wenn es zwischendurch vielleicht nicht danach aussieht. Das ist nicht
unbedingt ein natürliches, aber ein göttliches Prinzip.
Diese Verheissung soll unser Vertrauen stärken. Paulus will die Gemeinden ermutigen unbeirrt
Gutes zu tun, Gutes zu säen und zwar beginnend in der eigenen Mitte.
Er mahnt sie zu Geduld und zum Durchhalten. Er weiss, dass manche Ernte auf sich warten lässt.
Trotzdem sollen wir als Christen dran bleiben, weil wir Gottes Ernte-Versprechen haben.
Was mit einer Mahnung beginnt, gipfelt in einer Ermutigung Gutes zu tun, zuerst im inneren
Beziehungsnetz, aber auch im erweiterten.
Paulus weiss aus Erfahrung, dass das nicht immer einfach ist. Schnell ist unsere Motivation im
Keller, werden wir müde, v.a. wenn die gute Ernte ausbleibt.
Schon oft haben wir gesät, aber manche Ernte steht noch aus. Manches lässt uns verunsichert
fragen: Haben wir wirklich richtig, gut gesät? Kommt da noch etwas Gutes?
Überhaupt, worin unterscheidet sich denn gute von schlechter Saat? Oft ist diese Frage gar nicht
so einfach zu beantworten. Haben wir nicht schon alle in bester Absicht Mist gebaut, im Bestreben
Gutes zu tun, Fehler gemacht?
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Paulus schreibt: „Wer dagegen auf den Boden von Gottes Geist sät, wird als Frucht des Geistes
das ewige Leben ernten.“ - Ich denke, dass Paulus hier mit dem „ewigen Leben“ schlichtweg das
Gute meint, welches in der Ewigkeit seine Vollendung finden wird.
Für mich heisst das, dass wir gerade eben auch das Säen in unserem Leben ganz bewusst vor
Jesus bringen, mit ihm besprechen, uns von ihm beraten und von seinem Geist führen lassen
sollen.
Er möchte uns sein Saatgut geben, uns beraten, was gut und was schlecht ist. Er kennt die
Qualität, wo wir noch nichts sehen. Er kennt den Reifegrad, wo wir ahnungslos und verunsichert
sind.
Von ihm können wir hören oder einen Hinweis bekommen, was dran ist, wo wir noch nichts selber
sehen. Ihm dürfen wir unser Säen und die Ernte anvertrauen.
Wenn ich etwas im Gebet bewege, eine Entscheidung suche, dann bekomme ich selten eine
unmissverständliche Antwort.
Wenn ich dann eine Entscheidung treffe, dann sage ich oft: Jesus, ich denke, dass das von dir her
richtig ist, auf dem Boden des Hei-ligen Geistes gesät ist.
Wenn das stimmt, segne es. Wenn ich mich irre, dann ziehe die Bremse. Damit bin ich bisher sehr
gut gefahren.
Ich spüre, dass die Gemeinschaft mit Jesus, das Gebet mir die Sicherheit gibt im Blick auf Säen
und Ernten, welche der Bauer aus seiner langjährigen Erfahrung mit der Natur bezieht.
Paulus schreibt, dass jedes Säen eine Ernte hervorbringt. Manches Säen braucht viel Geduld. Das
war schon damals so.
Nicht umsonst schreibt Paulus: „Denn wenn wir nicht aufgeben, werden wir zu der von Gott
bestimmten Zeit die Ernte einbringen.“
Wir kommen nicht drum herum, dass das Warten auf die Ernte oft viel Geduld braucht. Wie gehen
wir damit um?
Ich muss gestehen, dass ich das Ernten brauche, ja dass wir alle letztlich solche Momente guter
Ernten brauchen.
Darum bin ich froh, dass Paulus nicht nur von Geduld, sondern auch von der Tatsache schreibt:
„Wenn wir die Ernte einbringen.“
Es ist eine gewaltige Wohltat, wenn wir nach einem mühevollen, langjährigen Säen, jäten, pflegen,
bangen und hoffen, dann auch die gute Ernte sehen und einbringen dürfen. Das geht durch March
und Bein, ist Wellness pur für Geist, Seele und Körper.
Darum soll und darf unser Gebet immer auch sein: Jesus, hilf mir beim Säen, schenk mir die
nötige Geduld. Aber lass mich auch das Geschenk der Ernte, diese wunderbare Ermutigung
erleben.
Wir alle brauchen die Erfahrung guter Ernten. Sonst wird unser Leben, unser Glaube leicht zu
einem Sisyphus-Leben und Glauben, zu einem frustrierenden Krampf, einem verkrampften
Durchhalten.
Das aber ist überhaupt nicht die Art von Jesus, ist gar nicht im Sinne Gottes. Gott ist Liebe. Jesus
nennt uns seine Freunde, sagt, dass wir Gottes Kinder sind.
Darum dürfen und sollen wir beten: Jesus, lass mich auch gute Ernten erleben. Jesus lass mich
immer wieder an Etappenzielen ankommen. Jesus, danke, dass du dabei bist. Amen.
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