Das Gelbe Segel - FilmRauschPalast

Transcription

Das Gelbe Segel - FilmRauschPalast
FilmRauschPalast
Das Gelbe Segel
Letzte Aktualisierung 04.02.2010
OT: The Yellow Handkerchief
USA 2008, 96 Min.
R: Udayan Prasad
K: Chris Menges
D: William Hurt, Kristen Stewart, Maria Bello, Eddie Redmayne u.a.
Als Brett (William Hurt) nach sechs Jahren Gefängnis entlassen wird trifft er auf die einsamen Streuner Gordy (Eddie
Redmayne) und die 15-jährige Martine (Kristen Stewart). Mit Gordys Auto beginnt ein Roadmovie in die Innenwelten der
Drei durch das von dem Wirbelsturm Katrina zerpflügte Louisiana. Vor allem die Erinnerung an seine große Liebe May
(Maria Bello) lässt Brett nicht los. Er schreibt ihr eine Postkarte, mit der er ihrer Liebe eine letzte Chance gibt ... Sensibles
Drama das dank der vorzüglichen Akteure nie gefühlsduselig wird.
FILMKRITIK
Sieht man das Leben als eine Reise mit Sackgassen und Umwegen, gespickt mit kleinen und großen Begegnungen,
schmiegt sich das Genre des Roadmovies seiner Natur nach ideal an diese Metapher an. Ein hübscher Beitrag des
Genres ist „Das gelbe Segel“ des britischen, in Indien geborenen Regisseurs Udayan Prasad. Der Film
erzählt die Story eines Ex-Sträflings und zweier Teenager, die im sommerlichen Louisiana einige Tage und viele Meilen in
einem ranzigen Straßenkreuzer-Cabrio verbringen und dabei Geschichten, Leid und Hoffnungen miteinander teilen.
Neben wildromantischen Bildern und straßenphilosophischen Dialogen trägt eine markante, mit viel Gespür gewählte
Besetzung den durchweg optimistischen Film: William Hurt (A History Of Violence, Der unglaubliche Hulk) als nicht
gänzlich einzuordnender, aber doch vertrauenserweckender Ex-Sträfling Brett harmoniert perfekt mit den Teenagern
Martine (Kristen Stewart, Twilight) und Gordy (Eddie Redmayne, Der gute Hirte). Zwangsselbstständig, aber nicht
erwachsen, aussätzig und auf der Suche nach Halt und Trost finden die Teenager in ihrem vom Leben gezeichneten
Begleiter eine Vaterfigur. Für den wiederum ist guter Rat teuer, da ihn ein Phantom aus seiner Vergangenheit einfach
nicht loslässt: Seine von der charakterstarken Maria Bello (The Cooler) verkörperte Ex-Frau May.
Brett (William Hurt) wird nach Jahren im Gefängnis endlich entlassen, doch der Grund für seine Verurteilung verbleibt im
Dunkeln. Orientierungslos und überwältigt von der wiedergewonnen Freiheit begegnet er in einem kleinen Ort im ländlichen
Louisiana den Teenagern Martine (Kristen Stewart) und Gordy (Eddie Redmayne). Zunächst verbindet die drei Fremden
nur das Ziel, möglichst schnell den Fluss zu überqueren und das Weite zu suchen. Eine Reihe kleinerer Zufälle verlängert die
gemeinsame Reise jedoch immer wieder, bis sich in den Gesprächen schließlich eine unerwartete Vertrautheit entfaltet.
Dabei enthüllt Brett mehr und mehr von sich, seiner Ehe mit May (Maria Bello) und der Verkettung von Ereignissen, die
ihn letztlich ins Gefängnis brachte. Brett wird immer wieder von seiner Vergangenheit eingeholt, bis seine beiden Begleiter
ihn dazu bringen, sich ihr endgültig zu stellen...
Es ist das geschickte Zusammenspiel von Flashbacks und Szenen aus dem Hier und Jetzt, das vor allem zu Beginn des
Films eine ambivalente Atmosphäre erzeugt. So bleibt lange Zeit unklar, wofür Brett eigentlich einsaß. Von Kontrollverlust
gezeichnete und aus dem Kontext gerissene Eindrücke aus der Vergangenheit vermischen sich mit einer eigentümlichen
Vertrauenswürdigkeit. Mit ebendieser erzeugt William Hurt bei seinen beiden jungen Wegbegleitern und damit auch beim
Zuschauer eine Skepsis und eine gewisse Zutraulichkeit zugleich. Kristen Stewart als Martine meistert ebenso gekonnt
den schmalen Grat zwischen taffer Frühreihe und zarter Verletzlichkeit. An ihrer Seite sind es die wissbegierigen und
traurigen großen Augen von Eddie Redmayne als zutiefst empfindsamer Gordy, die bedingungslos fesseln. Es ist diese
geschickte emotionale Konstellation, die es im Fortgang der Handlung immer unwahrscheinlicher erscheinen lässt, dass
Brett tatsächlich für ein immer wieder vorsichtig angedeutetes Gewaltverbrechen an seiner Frau May verurteilt worden sein
soll.
Zu Beginn ist es vor allem das, was nicht gezeigt, gesagt und offenbart wird, das den Spannungsbogen von „Das
gelbe Segel“ ausmacht. Vieles, das zunächst im Nebel verborgen bleibt, wird aber später durch dann eher lineare
Erzählungen von Brett langsam entschleiert, was die anfänglichen Ambivalenzen und Spannungen zunehmend reduziert.
Trotz allem wird der überschaubare 96 Minuten lange Film aber niemals langweilig, spielt doch die stellenweise
eindrucksvoll schön eingefangene Ästhetik von Weite, Schmutz und Abseitigkeit ganz im Sinne des Road-Movie-Genres
die fünfte Hauptrolle.
Bei alledem deutet Regisseur Prasad immer wieder darauf hin, dass es bloße Banalitäten, Unfälle und kleine
Fehlinterpretationen sein können, die ein Menschenleben in einem Maß aus der Bahn werfen, dass es in keinem Verhältnis
mehr zur Ursache steht. Auch die Einordnung von gerecht und ungerecht, von richtig und falsch verschwimmt so
zusehends. Dennoch – und hier mag es dem einen oder anderen dann doch einen Deut zu kitschig zugehen
– lässt er keinen Zweifel daran, dass es immer eine zweite Chance gibt, wenn man sie denn nur sehen und
ergreifen will.
aus: filmstarts.de
http://www.filmrausch.de
Powered by Joomla!
Generiert: 16 January, 2017, 05:37