Korrosiver Schwefel in Transformatorenölen
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Korrosiver Schwefel in Transformatorenölen
Korrosiver Schwefel in Transformatorenölen Technisches Bulletin zu Problemen, Konsequenzen und Verfahrensempfehlungen Power Transmission and Distribution Seit einigen Jahren treten verstärkt Ausfälle relativ neuer Transformatoren nach einigen Jahren Betrieb auf. Die Ursache dieser Fehler ist vielfach ein Windungsschluss, verursacht durch halbleitende Schichten von Kupfersulfid, die vom Kupferleiter ausgehend durch einige Papierschichten eindringen. Verschiedentlich wird aber auch die Bildung von leitfähigen Ablagerungen von Kupfersulfid auf Isolierteilen wie z. B. Beilagen oder anderen Pressspanteilen beobachtet. Dieses Phänomen verursacht erhebliche Unsicherheiten bei Herstellern, Betreibern und unabhängigen Beratern.Immer wieder treten dabei Fragen auf, wie z. B. Haben Transformatorenöle ihre natürlichen Grenzen erreicht? Welche elektrischen Betriebsmittel sind Risiken ausgesetzt? Welche Wege werden in der Zukunft beschritten? Trotz der relativ wenigen Fälle, die weltweit auf diese Ursache zurückzuführen sind, möchte die Siemens Transformatorengruppe sicherstellen, dass allen ihren Kunden die möglichen Risiken bekannt sind und ihnen helfen, die notwendigen Maßnahmen zum Minimieren des Risikos zu ergreifen. Mit der vorliegenden Information will Siemens eine Beschreibung des Phänomens, sowie eine Zusammenstellung der bis jetzt vorliegenden Untersuchungen und möglichen Präventivmaßnahmen vorstellen. Welche elektrischen Geräte sind betroffen? Die meisten der bekannten Fälle betreffen Drosseln, HGÜ- und Maschinentransformatoren, die am oberen Niveau der Nennlast oder im Überlastbetrieb und/ oder bei hohen Umgebungstemperaturen betrieben werden. Transformatoren, die wegen korrosiven Schwefels ausfielen, waren meistens „geschlossenen Typs“ (Gummisack) und mit papierisolierten Flachdrähten ausgeführt, die Isolieröle überwiegend nicht inhibierte oder teil-inhibierte Öle mit niedrigem Raffinationsgrad. Was geschieht? Um eine ausreichende Stoßspannungsfestigkeit zu erreichen, werden bei Drosseln und Maschinentransformatoren sehr oft verschachtelte Wicklungen verwendet – unter Berücksichtigung der notwendigen Sicherheitsmarge bei der Papierisolierung. Im Falle von in das Papier eindringenden Kupfersulfidschichten wird dieser Sicherheitsabstand reduziert und ein Durchschlag damit entsprechend wahrscheinlicher. Darüber hinaus erhöhen leitfähige Kupfersulfidschichten die Leitfähigkeit von Isolierteilen (Fig. 1). In diesem Fall können kleine Gasblasen produziert werden, welche die dielektrische Festigkeit wesentlich herabsetzen. Externe Faktoren, wie z. B. transiente Überspannungen oder Kurzschlüsse können zusätzlich zum beschleunigten Ausfall der dielektrisch geschwächten Isolation führen. Wie ist korrosiver Schwefel zu erkennen? Fig. 1: Papierisolierte Leiter mit wachsender leitfähiger Kupfersulfidschicht von innen nach außen Fig. 2: Abwickeln von papierisoliertem Leiter. Die Papierlage am Leiter zeigt eine glänzende Schicht von Kupfersulfid 2 In den meisten Fällen ist es nicht möglich, Ablagerungen aus Kupfersulfid durch eine gewöhnliche Inspektion zu erkennen. Der Kupferdraht muss abgewickelt und das Papier entölt werden, damit die glänzenden Ablagerungen sichtbar werden (Fig. 2). Der Kupferleiter kann dunkel oder bunt gefärbt sein. Die Verfärbung kann über die gesamte Länge eines Leiters deutlich variieren. Welche diagnostischen Merkmale sind erkennbar? Untersuchung eines Öls auf Korrosivität Gas-in-Öl Charakteristiken Die Gas-in-Öl Analyse der betroffenen elektrischen Geräte zeigt keine signifikanten Veränderungen oder Unregelmäßigkeiten. Temperaturen um 150°C reichen für die Entwicklung von korrosivem Schwefel aus, die Spaltgasentwicklung läuft dabei aber noch auf einem niedrigen Niveau ab. In manchen Fällen kann eine Erhöhung der Kohlenoxidgase auf höhere Betriebstemperaturen hindeuten. Siemens vertritt die Philosophie, dass Testmethoden die Wechselwirkung zwischen den Transformatorenmaterialien wie z. B. Kupfer, Papier und Öl wiedergeben sollen und einen vernünftigen Kompromiss zwischen thermischer, Oxidations- und Korrosionsstabilität des Öls darstellen müssen. Die von Siemens entwickelte Testmethode für korrosiven Schwefel wurde in einem Ringtest in CIGRETF A2.32.01 ausgewertet und zur Standardisierung empfohlen. In diesem Test wird ein papierisolierter Flachdraht im entsprechenden Transformatorenöl für 72 Stunden bei 150 °C erhitzt. Die Kupfer- und die Papieroberfläche werden auf Verfärbung, bzw. glänzende Ablagerungen untersucht (Fig. 3a und Fig. 3b) Öl-Eigenschaften Es sind keine signifikanten Veränderungen der Ölwerte beobachtet worden. Trotzdem wird dringend empfohlen, die Gas-in-Öl- und Ölwerte kontinuierlich zu verfolgen, um mögliche Unregelmäßigkeiten früh genug zu erkennen. Die Bildung von Kupfersulfid kann nicht mit dem Gehalt von Kupfer im Öl in Zusammenhang gebracht werden. Polymerisationsgrad von Isolierpapier Isolierpapier von entsprechend ausgefallenen Transformatoren wurde auf den Polymerisationsgrad (DP) hin untersucht. Es konnte keine starke Papieralterung festgestellt werden. Wie kann risikobehaftetes Equipment zuverlässig identifiziert werden? Der Mechanismus der Kupfersulfid-Bildung ist bislang unbekannt. Sauerstoffradikale und elektrische Felder scheinen dabei eine wichtige Rolle zu spielen. Die Anwendung von korrosivem Öl alleine ist noch keine ausreichende Argumentation für die Klassifizierung eines elektrischen Geräts als risikobehaftet. Die Praxis zeigt, dass risikobehaftete Einheiten zwei oder mehr der nachstehend genannten Bedingungen erfüllen. Da der Mechanismus und die Faktoren, welche die Kupfersulfidbildung beeinflussen, nicht bekannt sind, bedarf es weiterer Betriebsdaten und Informationen, damit die Risikofaktoren präziser klassifiziert werden können. Risikobehaftetes Equipment beinhaltet eine Kombination von zwei oder mehreren Faktoren, die nachstehend aufgelistet sind: Korrosives Öl + + + + + Hohe Betriebs-/Umgebungstemperaturen Gummisack Anwendung von nicht beschichteten Kupferleitern Fig. 3a: Kupfer und Papier aus dem Test mit einem nicht korrosiven Öl Präventivmaßnahmen für risikobehaftetes Equipment Mögliche Präventivmaßnahmen, die zur Zeit in Frage kommen, sind: Passivierung des Isolieröls Ölwechsel Passivierung des Isolieröls Die Gruppe der Metallpassivatoren umfasst Verbindungen auf Benzotriazolbasis, die mit der Kupferoberfläche reagieren und sie dadurch schützen können (Fig. 4). Diese Reaktion kann aber unter bestimmten Bedingungen reversibel sein. Der am meisten verbreitete Passivator bezüglich der Kupferkorrosion im Isolieröl ist Irgamet 39 (Ciba). Metallpassivatoren wurden bereits in der Vergangenheit oft in Schmier- oder Trafoölen zur Verbesserung der Oxidationsbeständigkeit oder zur Verminderung der statischen Aufladung angewendet. Fig. 3b: Kupfer und Papier aus dem Test mit einem korrosiven Öl Die Untersuchungen über die Verträglichkeit von Irgamet 39 (übliche Konzentration von 100 ppm) mit Isolieröl zeigt folgendes: Irgamet 39 beeinflusst die dielektrischen Parameter von Isolieröl nicht Die Oxidationsstabilität des ursprünglichen Isolieröls könnte geringfügig reduziert werden Laborergebnisse zeigten eine höhere Spaltgasbildung in passivierten Ölen, die aber in der Praxis nicht bestätigt ist Irgamet 39 ist nicht stabil unter oxidativen Bedingungen Nicht alle Isolieröle haben ein gutes Ansprechverhalten gegenüber Passivatoren Betriebsbedingungen (Transiente, Kurzschlüsse, Wartungsmaßnahmen) Erfahrung des Herstellers 3 Die Passivierung muss durch Fachpersonal unter Verwendung einer Lösung von Irgamet 39 im Isolieröl vorgenommen werden. Die Ölpassivierung hat im Wesentlichen folgende Vor- und Nachteile: Vorteile der Passivierung Nachteile der Passivierung Metallpassivatoren stoppen die Kupferkorrosion, Metallpassivatoren können die Kupferkorrosion verhindern, bzw. stoppen, aber weder korrodiertes Kupfer, noch mit Kupfersulfid kontaminiertes Isolierpapier in ihren Ursprungszustand zurückführen. Metallpassivatoren beeinflussen die Öleigenschaften nicht. Der Passivator kann im Betrieb verbraucht werden, deshalb ist eine Überwachung im Betrieb notwendig. Siemens empfiehlt für die Behandlung von betroffenen Transformatoren/Drosseln: Erwägen der Möglichkeit einer Senkung der Last und/oder der Öltemperatur Passivierung auf eine Endkonzentration von 100 ppm Fortsetzung der regelmäßigen Öl-Überwachungsmaßnahmen: Gas-in-Öl Analyse, Ölqualität, Passivatorengehalt N N N N N N N Cu Cu Cu Cu Cu Cu Cu Cu Cu Cu Fig. 4: Dünner Film von Benzotriazol auf der Kupferoberfläche Siemens AG Power Transmission and Distribution Transformers Division Katzwanger Straße 150 90461 Nürnberg Germany Was muss in Zukunft getan werden? Eine neue Ölspezifikation mit strengeren Tests auf korrosiven Schwefel ist notwendig. Dies wird möglicherweise zu einer Veränderung der bis jetzt verwendeten Öltypen und zu einer anwendungsspezifischen statt einer nur allgemeinen Ölspezifikation führen. Es muss berücksichtigt werden, dass natürliche Schwefelverbindungen zu der öleigenen Oxidationsstabilität, insbesondere im Falle der nicht inhibierten Öle beitragen. Sie könnten aber unter bestimmten Bedingungen einen Einfluss auf die Kupferkorrosivität aufweisen. Eine höhere Raffinationsstufe des Isolieröls wird den Schwefel weitgehend entfernen, aber auch das Öl „nackt“ belassen, d. h. ohne Schutz gegen Oxidationsvorgänge. In solchen Fällen ist die Zugabe von Oxidationsinhibitoren (z. B. DBPC di-t-butyl-p-cresol) absolut notwendig, damit das Isolieröl Oxidationsbeständigkeit aufweist. Diese Entwicklung könnte zu einem starken Anstieg der Anwendung von hoch raffinierten inhibierten Isolierölen in der Zukunft führen. Cu Cu Cu Cu Cu H N H H N Ölwechsel Eine weitere Möglichkeit zur Verhinderung der Kupfersulfidbildung ist der Ölwechsel. Es muss allerdings, gewährleistet werden, dass die Mischung aus „altem“ und „neuem“ Öl keine korrosiven Eigenschaf ten aufweist. Ölwechsel kann kein korrodiertes Kupfer wiederherstellen und keine leitfähigen Ablagerungen auf dem Isolierpapier entfernen. Cu Wir unterstützen Sie in jeder Hinsicht! Cu Cu Leiteroberfläche Falls Sie Bedenken bei irgendeinem Ihrer Transformatoren haben, nehmen Sie bitte Bezug auf dieses Bulletin. Falls Sie Fragen über Siemens Transformatoren haben, kontaktieren Sie bitte Ihren Repräsentanten, damit wir Ihnen die notwendige, fachkundige Unterstützung geben können. Order No. E50001-U410-A111 Printed in Germany Dispo 19200 TH 101-060688 101964 WS 07062. E-Mail: [email protected] www.siemens.com/energy Die Informationen in diesem Dokument enthalten allgemeine Beschreibungen der technischen Mög lichkeiten,welche im Einzelfall nicht immer vorliegen müssen. Die gewünschten Leistungsmerkmale sinddaher im Einzelfall bei Vertragsschluss festzulegen. 4