tintenherz 1 - Theater Dortmund
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tintenherz 1 - Theater Dortmund
Material zur Vor - und Nachbereitung tintenherz Herausgegeben von: Theater Dortmund / Kinder- und Jugendtheater Christine Köck & Ilona Seippel-Schipper Theaterpädagogik & Dramaturgie Spielzeit 2011 / 2012 Theater Dortmund / Kinder- und Jugendtheater, Sckellstr. 5 - 7, 44141 Dortmund, Leitung: Andreas Gruhn, Geschäftsführende Direktorin: Bettina Pesch www.theaterdo.de tintenherz 1 Liebe theaterinteressierten Pädagoginnen und Pädagogen, tintenherz (cornelia funke) April 2011 So: 17. Mai 2011 Di: 10. Mi: 11. Do: 12. Fr: 13. So: 15. Mi: 25. Do: 26. Fr: 27. So: 29. Regie: Antje Siebers ab 10 Jahren Juni 2011 So: 26. Di: 28. Mi.: 29. Do: 30. Juli 2011 Mi: 01. Fr: 03. Premiere am 15. April 2011 in der Sckellstraße Meggie und ihr Vater Mo lieben Bücher. Mortimer, genannt Mo, bindet Bücher und restauriert sie wie kein Zweiter. Doch trotz seiner Leidenschaft für Geschichten liest er seiner Tochter nie vor... Eines Nachts taucht eine seltsame Gestalt mit Namen Staubfinger bei Mo und Meggie auf. Er warnt die beiden vor Capricorn, der auf der Suche nach einem geheimnisvollen Buch ist. Mo besitzt dieses Buch, das den Titel "Tintenherz" trägt und er hat sich geschworen, nie wieder daraus vorzulesen. Mo und Meggie fliehen mitsamt Buch zu ihrer schrulligen Tante Elinor. Sie hoffen, dass sie selbst und das Buch dort sicher sind. Doch Capricorns Männer machen sie ausfindig und schaffen sie zu ihm. Das atemberaubende Abenteuer rund um das magische Buch nimmt seinen Lauf und schon bald wird klar, welche besondere Begabung Mo besitzt. Er ist eine so genannte Zauberzunge und kann Personen aus Büchern herauslesen. So geschah es auch mit Capricorn und der will nun mit aller Macht verhindern, wieder in die Tintenwelt hineingelesen zu werden. Cornelia Funkes 2003 erschienener Jugendroman „Tintenherz“ wurde in 23 Sprachen übersetzt und war ein internationaler Erfolg. Der Roman stand ein Jahr lang auf der Bestsellerliste der New York Times. Als Schöpferin der „Tintenwelt“–Trilogie wurde Cornelia Funke zur mit Abstand erfolgreichsten deutschen Kinderbuchautorin. Wenn Sie Fragen zu diesem Material, zur Inszenierung haben, wenn Sie uns Ihre Kritik und Anmerkungen mitteilen möchten oder Interesse an einer szenischen Einführung haben, können Sie sich gerne mit uns in Verbindung setzen. Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldungen. Herzliche Grüße Christine Köck & Ilona Seippel-Schipper tintenherz 2 INHALT: WARUM TINTENHERZ ALS THEATERSTÜCK?.... S. 4 1. HINTERGRUNDINFORMATIONEN……………… 1.1 ZUR GESCHICHTE 1.2 CORNELIA FUNKE 1.3 DIE TINTENWELT-TRILOGIE 1.4 DIE FIGUREN S. 5 2. THEATERPÄDAGOGIK…………………………… S. 7 DIE HAUPTFIGUREN ……………………………… S. 7 MEGGIE: ANGST …………………………………….. S. 8 MO: DIE KUNST DES VORLESENS……………… S. 9 EINE TRAGISCHE FIGUR: STAUBFINGER ……… S.11 DIE LIEBE ZU BÜCHERN: ELINOR……………….. S.12 ASSOZIATIVE BILDER / BAUCHGEFÜHL: DIE ERZÄHLERIN…………………………………….. S.13 FEGNOLIO: DIE KUNST DES SCHREIBENS…….. S.15 ANREGUNGEN FÜR NACHGESPRÄCHE VON SCHULKLASSEN MIT DEM THEATERENSEMBLE S.17 tintenherz 3 WARUM TINTENHERZ ALS THEATERSTÜCK? Tintenherz ist eine tolle Geschichte mit einer tollen Idee. „Ich wollte schon immer mal Figuren aus Büchern kommen lassen, denn als leidenschaftlicher Leser kennt man ja das Gefühl, dass sie einem echter vorkommen als wirkliche Menschen. Außerdem hatte ich immer diese erste Szene im Kopf – wie Meggie nachts aus dem Fenster schaut und jemanden im Regen stehen sieht. Da musste ich natürlich herausfinden, welche Geschichte dahinter steckt.“ (Cornelia Funke über die Idee zu „Tintenherz“) Bei szenischen Einführungen werde ich von Kindern immer wieder gefragt, warum ich gerne am Theater arbeite und oft sagen Kinder (manchmal auch Erwachsene), dass sie Filme besser finden, als Theater, mit der Begründung, dass die Effekte im Film toller wären. Bei den Proben zu Tintenherz kam mir eine – auch für mich – neue Vision: Stell dir einen 3 D- Film vor, bei dem man nicht nur hören und sehen, sondern auch riechen kann: Staubfinger spuckt Feuer und du spürst die Hitze am Körper, denn du sitzt in der ersten Reihe, du kannst das Feuer riechen, du schmeckst es auf der Zunge und du weißt, wenn du jetzt aufstehen würdest und Staubfinger anfassen wollen würdest: es würde gehen! Und wer weiß, vielleicht nimmt er dich mit in die Tintenwelt? Diese Special Effect gibt’s nur im Theater! tintenherz 4 1. HINTERGRUNDINFORMATIONEN 1.1 zur Geschichte Meggie und ihr Vater Mortimer lieben Bücher. Mortimer, genannt Mo, bindet Bücher und restauriert sie wie kein Zweiter. Doch trotz seiner Leidenschaft für Geschichten liest er seiner Tochter nie vor... Eines Nachts taucht eine seltsame Gestalt mit Namen Staubfinger bei Mo und Meggie auf. Er warnt die beiden vor Capricorn, der auf der Suche nach einem geheimnisvollen Buch ist. Mo besitzt dieses Buch, das den Titel „Tintenherz“ trägt und er hat sich geschworen, nie wieder daraus vorzulesen. Mo und Meggie fliehen mitsamt Buch zu ihrer schrulligen Tante Elinor. Sie hoffen, dass sie selbst und das Buch dort sicher sind. Doch Capricorns Männer machen sie ausfindig und schaffen sie zu ihm. Das atemberaubende Abenteuer rund um das magische Buch nimmt seinen Lauf und schon bald wird klar, welche besondere Begabung Mo besitzt. Er ist eine so genannte Zauberzunge und kann Dinge und Personen aus Büchern herauslesen. So geschah es auch mit Capricorn und der will nun mit aller Macht verhindern, wieder in die Tintenwelt hineingelesen zu werden. Er verlangt von Mo, einen seiner Verbündeten aus dem Buch herauszulesen. Als letzten Ausweg machen Mo und seine Tochter sich auf die Suche nach Fenoglio, dem Schöpfer von „Tintenherz“... 1.2 Cornelia funke wurde 1958 im nordrhein-westfälischen Dorsten geboren. Nach dem Abitur absolvierte sie zunächst eine Ausbildung zur Diplompädagogin. Sie arbeitete drei Jahre als Erzieherin und studierte parallel dazu Buchillustration in Hamburg. Durch das Gestalten von Kinderbüchern kam sie schließlich selbst zum Schreiben. Aus ihrer Feder stammen unter anderem „Drachenreiter“, die „Wilde Hühner“-Reihe, „Hände weg vom Mississippi“, „Gespensterjäger“, „Potilla“ und „Herr der Diebe“. Zuletzt erschien 2010 ihr Roman „Reckless“. Mit einer Gesamtauflage von über 10 Millionen und Übersetzungen in über 30 Sprachen wurde Cornelia Funke zur mit Abstand erfolgreichsten deutschen Kinderund Jugendbuchautorin. Das TIME Magazine wählte sie im Jahr 2005 zur einflussreichsten Deutschen. Für ihre Arbeit wurde sie u.a. mit dem Evangelischen Buchpreis, dem Bundesverdienstkreuz am Bande und dem Jacob-Grimm-Preis geehrt. Cornelia Funke lebt mit ihren zwei Kindern in Los Angeles, USA. 1.3 die Tintenwelt-Trilogie Auf den Roman „Tintenherz“, der 2003 erschien, folgte im Jahr 2005 die Fortsetzung „Tintenblut“. Sie knüpft direkt an die Geschehnisse in „Tintenherz“ an und spielt zu großen Teilen in der Tintenwelt. „Tintentod“, der abschließende Band der Trilogie, erschien 2007. Die Bühnenadaption von „Tintenherz“ stammt von Robert Koall und wurde 2004 in Hannover uraufgeführt. Verfilmt wurde der Stoff 2008 in der Regie von Iain Softley mit Brendan Fraser in der Rolle von Mo, Eliza Bennett als Meggie, Paul Bettany als Staubfinger und Helen Mirren als Elinor. tintenherz 5 1.4 Die Figuren Meggie Folchart ist ein 12-jähriges Mädchen, das allein mit seinem Vater Mortimer aufwächst. Sie besitzt die Gabe, beim Vorlesen Charaktere oder Sachen aus einer Geschichte heraus- oder hineinzulesen. Mortimer Folchart, auch genannt Mo oder Zauberzunge, ist Meggies Vater. Er ist Buchbinder und -liebhaber. Auch er hat Meggies Gabe. Ihm ist nichts wichtiger, als seine Familie. Staubfinger ist der Hauptcharakter aus Fenoglios fiktiver Geschichte Tintenherz. Im Buch wäre er zwar gestorben, allerdings wurde er von Mortimer Folchart herausgelesen. Seither ist er in der realen Welt unglücklich und will zurück. Er liebt das Feuer, kann aber nur in der fiktiven Welt damit umgehen. Elinor Loredan ist Meggies Großtante mütterlicher Seite. Sie ist eine Buchliebhaberin und behandelt sie so, als wären es ihre eigenen Kinder. Teresa Folchart, genannt Resa, ist Mos Ehefrau und Meggies Mutter. Sie wurde, als Meggie drei war, von Mortimer versehentlich in die Tintenwelt hineingelesen und kam nach vielen Jahren stumm, da sie von Darius herausgelesen wurde, als Magd wieder in Capricorns Dorf zurück. (in der Inszenierung führt eine Erzählerin durch die Handlung, Bianka Lammert spielt in einer Doppelrolle Resa und die Erzählerin) Fenoglio ist der Schöpfer der fiktiven Geschichte Tintenherz. Er ist ein alter Mann und ist völlig fasziniert von seinen erschaffenen Charakteren. Basta ist die rechte Hand Capricorns und ist ihm wie ein treuer Hund ergeben. Er liebt sein Messer und ist streng abergläubisch. Auch er wurde von Mo herausgelesen. Flachnase ist einer von Capricorns Männern und mit Basta zusammen von Mo herausgelesen. Farid kommt aus der Geschichte Tausendundeine Nacht und wurde von Mo herausgelesen. Er freundet sich mit Staubfinger an und sieht ihn als sein großes Vorbild. Im Gegensatz zu ihm ist er glücklich, aus seiner Geschichte gekommen zu sein. Capricorn ist der Bösewicht der Geschichte. Auch er stammt aus der Tintenwelt und wurde mit Basta und Staubfinger von Mo herausgelesen. Im Gegensatz zu Staubfinger gefällt ihm aber die neue Welt. tintenherz 6 2. THEATERPÄDAGOGIK Die Hauptfiguren Jede der Hauptfiguren hat eine Eigenschaft, der die Figur besonders macht Meggie Folchart Angst Meggie gerät im Laufe der Geschichte immer wieder in Situationen der Angst – von Staubfingers erstem Erscheinen in der Nacht bis zum entscheidenden Sieg über das Böse am Ende. Cornelia Funke schildert Meggies Gefühl der Angst immer wieder in aller Eindringlichkeit und Anschaulichkeit. Mortimer Folchart die Kunst des Vorlesens Cornelia Funke erzählt in Tintenherz von der zauberhaften Kraft des gesprochenen Wortes: Meggies Vater Mo versteht sich nicht nur aufs Binden und Restaurieren von Büchern, sondern auch auf die Kunst des Erzählens und Vorlesens – und zwar so gut, dass sogar Figuren und Dinge aus den Geschichten herauskommen und Teil der Wirklichkeit werden. Staubfinger eine tragische Figur Staubfinger ist eine vielseitige Figur, mal erscheint er nett und hilfsbereit, mal abweisend, unehrlich und sogar wie ein Verräter. Er hat besondere Fähigkeiten, ist anders als die anderen und ist zutiefst unglücklich in dieser Welt. Und er ist zerrissen zwischen dem Wunsch in seine Welt zurückzukommen und dem Schicksal, dass ihn dort erwarten könnte. Er hat Angst davor zu erfahren, wie „seine“ Geschichte endet. Er ist eine tragische Figur. Elinor Loredan die Liebe zu Büchern Capricorns Männer sind bei mir eingebrochen, Mortimer. Sie haben im ganzen Haus die Bücher aus den Regalen gerissen und als Fußabtreter benutzt, und die kostbarsten Bücher ... die kostbarsten ... meine größten Schätze! Erzählerin / Teresa Folchart (assoziative) Bilder / Bauchgefühl Die Erzählerin verknüpft einzelne Szenen, gibt den Figuren Ideen und kommentiert das Geschehen. Sie verwebt einzelne Bilder und Gedanken zu einem Ganzen. Fenoglio Die Kunst des Schreibens Ein berühmter Schriftsteller hat mal geschrieben: "Man kann einen Schriftsteller als dreierlei ansehen: als Geschichtenerzähler, als Lehrer oder als Magier… aber das Übergewicht hat der Magier, der Zauberer." Ich habe schon immer geglaubt, dass er damit Recht hat. tintenherz 7 MEGGIE: ANGST Meggie gerät im Laufe der Geschichte Tintenherz immer wieder in Situationen der Angst – von Staubfingers erstem Erscheinen in der Nacht bis zum entscheidenden Sieg über das Böse am Ende. ERZÄHLERIN: Niemand hat Spaß daran, Menschen Angst zu machen, bis ihre Knie so sehr zittern, dass sie kaum noch stehen können. Capricorn findet an nichts mehr Vergnügen. Niemand glaubt, dass er sich alles, was er haben will, einfach nehmen kann, egal wie, egal wo. Capricorn glaubt das schon. […] Er versteht sich auf nichts besonders gut, nur auf das eine: das Angstmachen. Darin ist er der Meister. Er weiß ganz genau, wie man sie ruft und verbreitet, in Häusern und Betten, in Herzen und Köpfen. Seine Männer tragen die Angst aus wie schwarze Post, und Capricorn hat viele Männer. Und wenn er einem von ihnen befiehlt, jemandem ein Ohr oder die Nase abzuschneiden, so wird der es ohne ein Wimpernzucken tun. Wenn man ihnen begegnet, dann macht man sich am besten klein, ganz klein, dann übersehen sie einen. Vielleicht. WIKIPEDIA: Angst (seit dem 8. Jahrhundert, von gemein-indogermanisch *anghu-, 'beengend' über althochdeutsch angust, urverwandt mit lateinisch angustia, 'die Enge' und angor, 'das Würgen') ist das Befürchten möglichen Leidens und bezeichnet somit eine Empfindungs- und Verhaltenssituation aus Ungewissheit, (körperlicher) Anspannung und Furcht, die durch eine eingetretene oder erwartete Bedrohung (z.B. Schmerz, Verlust, Tod) hervorgerufen wird. Angst ist ein in die Zukunft gerichtetes Warnsignal, sie schützt vor Gefahr und dient der Selbsterhaltung. Ängste können ausgelöst werden durch bedrohliche, angsteinflößende Situationen oder Erwartungen, durch Personen, Aussagen, Orte oder Erinnerungen. Die üblichen Reaktionen, wenn Angst auftritt, sind: • erhöhte Aufmerksamkeit, Pupillen weiten sich, Seh- und Hörnerven werden empfindlicher • erhöhte Muskelanspannung, erhöhte Reaktionsgeschwindigkeit • erhöhte Herzfrequenz, erhöhter Blutdruck • flachere und schnellere Atmung • Energiebereitstellung in den Muskeln • sonstige körperliche Reaktionen wie zum Beispiel Schwitzen, Zittern und Schwindelgefühl Diese Reaktionen klingen nach Ende der bedrohlichen Situation relativ schnell wieder ab. Angst kann je nach Situation begründet oder unbegründet, hilfreich oder auch hinderlich sein. Ohne Angst allerdings wäre der Mensch nicht überlebensfähig. http://de.wikipedia.org/wiki/Angst (gekürzt und adaptiert) Aufgabe für die Schüler: Lest den Artikel zur Angst aus der Wikipedia (siehe Kasten unten) und erzählt euch von Situationen, in denen ihr schon einmal große Angst hattet; erklärt dabei, was ihr genau gefühlt habt und ob die Angst hilfreich oder hinderlich war. Konntet ihr die Angst in den Griff kriegen oder hatte sie euch im Griff? Setzt euch dazu in einen Stuhlkreis. In der ersten Runde kann jeder von einem solchen Erlebnis erzählen, ohne dass die anderen dies kommentieren. In einer zweiten Runde können Rückfragen gestellt werden. Wie kann man auf der Bühne Meggies Angst dem Publikum so vermitteln, dass es mitfühlt? Stellt eine Liste mit geeigneten Techniken (vom Licht über den Ton/Musik bis hin zum Schauspielern) zusammen. Nach dem Besuch der Theateraufführung könnt ihr eure Ideen mit der tatsächlichen Umsetzung vergleichen. tintenherz 8 MO: DIE KUNST DES VORLESENS mit bebender bedrohlich ruhiger belegter beschwörender drohend leiser erhobener fester gedämpfter gelangweilter gesenkter hämischer lauter leiser nachdenklicher stockender tonloser ungeduldiger unsicherer zaghafter zitternder zögernder Stimme Und Mo begann, die Stille mit Wörtern zu füllen. Er lockte sie von den Seiten, als hätten sie nur auf seine Stimme gewartet – lange und kurze, spitznasige und weiche, schnurrende, gurrende Wörter. Sie tanzten durchs Zimmer, malten Bilder aus buntem Glas und kitzelten auf der Haut. Selbst als Meggie einnickte, hörte sie sie immer noch, obwohl Mo das Buch längst wieder zugeschlagen hatte. Wörter, die ihr die Welt erklärten, die dunkle und die helle Seite, und eine Mauer bauten gegen alle bösen Träume. Nicht einer kam in dieser Nacht hindurch. Cornelia Funke, Tintenherz, S. 268 Aufgabe für die Schüler: Kennt ihr jemanden persönlich (oder aus Hörbüchern), der auch sehr gut vorlesen kann? Was gefällt euch an der Art, wie er/sie vorliest so gut? Erstellt eine Liste dessen, was man beachten muss, wenn man gut vorlesen will. Meggie schlug wieder die Gedichte auf. ... Als sie ganz sicher war, dass niemand kam, holte sie tief Luft, räusperte sich – und begann. Sie formte jedes Wort mit den Lippen, so wie sie es bei Mo gesehen hatte, fast zärtlich, als wäre jeder Buchstabe eine Note und jeder lieblos ausgesprochene ein Missklang in der Melodie. Doch bald merkte sie, dass, wenn sie jedem Wort Aufmerksamkeit schenkte, der Satz nicht mehr klang und dass die Bilder dahinter verloren gingen, wenn sie nur auf den Klang und nicht auf den Sinn achtete. Es war schwer. So schwer. (S. 306f.) Schmeck jedes Wort, Meggie, flüsterte Mos Stimme in ihr, lass es dir auf der Zunge zergehen. Schmeckst du die Farben? Schmeckst du den Wind und die Nacht? Die Angst und die Freude? Und die Liebe. Schmeck sie, Meggie, und alles erwacht zum Leben. (S.39) tintenherz 9 Aufgabe für die Schüler In Tintenherz will Meggie auch lernen, so zu lesen wie ihr Vater Mo. Das kostet sie einige Mühe (siehe die zwei Auszüge). Was tut Meggie, um das Vorlesen möglichst gut hinzukriegen? Was lernt sie dabei über das Vorlesen? tintenherz 10 EINE TRAGISCHE FIGUR: STAUBFINGER Staubfinger ist eine vielseitige Figur, mal erscheint er nett und hilfsbereit, mal abweisend, unehrlich und sogar wie ein Verräter. Er hat besondere Fähigkeiten, ist anders als die anderen und ist zutiefst unglücklich in dieser Welt. Und er ist zerrissen zwischen dem Wunsch in seine Welt zurückzukommen und dem Schicksal, dass ihn dort erwarten könnte. Er hat Angst davor zu erfahren, wie „seine“ Geschichte endet. Er ist eine tragische Figur. Feigling! Oh, du bist ein Feigling! Komm schon! Das ist vielleicht die letzte Gelegenheit, du Dummkopf. Wenn Capricorn das Buch erst mal hat, wird er dich sicherlich keinen Blick mehr hineinwerfen lassen. Tragik wird im Fremdwörter-Duden erklärt als "außergewöhnlich schweres, schicksalhaftes, Konflikte, Untergang oder Verderben bringendes, unverdientes Leid, das den außenstehenden Betrachter durch seine Größe erschüttert". Fragen an die Schüler: Seid ihr schon einmal jemandem begegnet, der in ähnlicher Weise wie Staubfinger geprägt ist von tiefer Traurigkeit, einem Unvermögen, sich auf die Menschen um ihn herum einzulassen, und einer tiefen Sehnsucht hin zu dem Ort, dem er entstammt? Habt ihr euch schon mal so gefühlt? tintenherz 11 DIE LIEBE ZU BÜCHERN: ELINOR 1) Was hältst du von Büchern und vom Lesen? ______________________________________________________________________ ______________________________________________________________________ 2) Wie viele Bücher hast du schon gelesen? _______________ 3) Welches ist dein Lieblingsbuch? Warum? ______________________________________________________________________ 4) Wo und wann liest du meistens? ______________________________________________________________________ ______________________________________________________________________ 5) Was gefällt dir am Lesen gut, was ist nicht so gut? ______________________________________________________________________ ______________________________________________________________________ 6) Regt das Lesen deine Phantasie an? Stellst du dir alle Figuren, Orte usw. sehr genau vor? ______________________________________________________________________ ______________________________________________________________________ 7) Was kannst du gar nicht haben, wenn du gerade ein gutes Buch liest? ______________________________________________________________________ ______________________________________________________________________ Den Fragebogen entweder Einzelarbeit oder Kleingruppenarbeit 4 – 5 Personen Bei einer Gruppenarbeit: Versucht euch zu einigen: „das perfekte Leseerlebnis“: wo müsstet ihr als Gruppe sein mit welchen Buch (welcher Art von Büchern)? tintenherz 12 ASSOZIATIVE BILDER / BAUCHGEFÜHL: DIE ERZÄHLERIN Theaterinszenierungen, Musik, Bilder… haben oft etwas mit dem „Bauchgefühl“ zu tun. manchmal fallen wörter aus den Fenstern oder es regnet in den Büchern dann tagelang nichts und immer beim Aufwachen die Frage wie Schlaf riecht (Sabina Naef) Ich kann mir kein größeres Glück denken als mit einem Kind zusammen zu sein, das gerade dabei ist, seine Sprache zu entdecken. Als wir Kinder waren, liebten wir es, mit der Sprache zu spielen, so wie es alle Kinder tun. (Astrid Lindgren) Ich kenne nichts auf der Welt, das eine solche Macht hat, wie das Wort. Manchmal schreibe ich eines auf und sehe es an, bis es beginnt zu leuchten. (Emily Dickinson) 1 • • • • • • • • 1 wörter regnen lassen gegenstände, personen, augenblicke neu/umbenennen das wortleuchten erwarten wort ziehen & in den tag einbinden geDicht legen wort(e) verschenken oder einem brief anfügen neue komposita erfinden lieblingswort erküren http://dietauschlade.wordpress.com/2008/11/09/n%C2%B02o-wortspiel tintenherz 13 Lied Erzählerin: Kam, kam, kam ein Wort. Wollte Leuchten. Wollte Leuchten In der Nacht. Frage an die Schüler: Was bedeutet das Lied? Was hast du für ein Gefühl, wenn du den Text hörst / liest? Welches Bild passt zu dieser Stimmung? Kam, kam, kam ein Wort. Wollte Leuchten. Wollte Leuchten In der Nacht. Asche. Van Gogh „Sternennacht“ Joan Mirò „das gold von azurblau“ tintenherz 14 FEGNOLIO: DIE KUNST DES SCHREIBENS Ein berühmter Schriftsteller hat mal geschrieben: "Man kann einen Schriftsteller als dreierlei ansehen: als Geschichtenerzähler, als Lehrer oder als Magier… aber das Übergewicht hat der Magier, der Zauberer." Ich habe schon immer geglaubt, dass er damit Recht hat. Mo in Cornelia Funke, Tintenherz, S. 560 Ich habe ihm eine neue Geschichte geschrieben, mit einem glücklichen Ende. Das war die Idee deines Vaters: die Geschichten zu ändern! Ihm ging es nur darum, deine Mutter zurückzuholen, Tintenherz so umzuschreiben, dass es sie wieder ausspuckt. Aber wenn diese Idee wirklich funktioniert, Meggie – wenn man eine gedruckte Geschichte ändern kann, indem man Worte hinzuschreibt, dann kann man alles an ihr ändern: wer herauskommt, wer hineingeht, wie sie endet, wen sie glücklich und wen sie unglücklich macht. Verstehst du? Fenoglio in Cornelia Funke, Tintenherz, S. 447f. Denn das war Meggies Plan: Sie wollte lernen Geschichten zu spinnen, so wie Fenoglio es gekonnt hatte. Sie wollte lernen nach Worten zu fischen, damit sie ihrer Mutter vorlesen konnte, ohne sich Sorgen zu machen, wer herauskam und sie mit heimwehkranken Augen ansah. Nur Wörter konnten sie zurückschicken, all die, die aus nichts als Buchstaben gemacht waren, und deshalb beschloss Meggie, dass Wörter ihr Handwerk werden sollten. Cornelia Funke, Tintenherz, S. 566 Aufgaben für die Schüler: Lest die zwei Auszüge aus Tintenherz (siehe Kasten oben) und klärt gemeinsam, welche Bedeutung dem Geschichtenschreiben in Tintenherz zukommt. Inwiefern sind Schriftsteller hier sehr mächtige Personen? Habt ihr schon einmal vorgehabt, selbst ein Buch zu schreiben? Habt ihr es schon einmal unternommen, ein Buch zu schreiben (oder es anzufangen)? Worum ginge es in einem Buch, dessen Autor ihr seid? Erzählt euch von euren Ideen zu Geschichten oder Buchthemen. Versucht selbst eine Geschichte zu erfinden. Um auf gute Ideen zu kommen, legt euch eine Tabelle an zu Geschichten, die ihr schon kennt, und zwar mit den Spalten 'Autor', 'Titel', 'Gattung', 'Hauptfigur(en) & ggf. Gegenspieler', 'Ort', 'Zeit', 'Thema / Konflikt', 'Stimmung', 'Art des Ende (geschlossen – offen, glücklich – unglücklich)'. Wenn ihr ca. fünf verschiedene Geschichten in Zeilen der Tabelle eingetragen habt, könnt ihr anfangen, neue Geschichten zu erfinden: Was käme heraus, wenn z.B. die Hauptfigur aus der 1. Zeile sich dem Thema / Konflikt der 2. Zeile stellen müsste, und zwar am Ort der Geschichte in der 3. Zeile usw. Bevor ihr anfangt zu schreiben, plant eure Geschichte sorgfältig und überlegt euch für jede der Hauptfiguren genau, wer er bzw. sie ist. Oder ihr denkt euch ein neues Ende für Tintenherz aus – oder auch eine Fortsetzung. Betrachtet den unten stehenden Wortspeicher aus Cornelia Funkes Roman Tintenherz: Verschafft euch einen Überblick, indem ihr positive Wörter mit Grün und negative mit Rot unterstreicht. Was fällt auf? Tauscht euch aus über Momente im Stück, zu denen einzelne Wörter von der Liste gut passen. tintenherz 15 • Wenn ihr eure eigene Geschichte (vgl. oben) schließlich niederschreibt, bedient euch nach Bedarf aus dem Wortspeicher. Denkt außerdem daran, direkte (wörtliche) Rede zu verwenden, um die Geschichte interessanter zu machen. WORTSPEICHER aus Cornelia Funkes Roman Tintenherz: -los achtlos – atemlos – ausdruckslos – bartlos bewusstlos – bodenlos – einfallslos – endlos farblos – fassungslos – fensterlos – formlos furchtlos – grenzenlos – harmlos – herrenlos herzlos – hilflos – hoffnungslos – kleiderlos körperlos – lautlos – lieblos – maßlos – mitleidlos namenlos – nutzlos – pausenlos – ratlos – reglos regungslos – schlaflos – sinnlos – sorglos sprachlos – spurlos – tonlos – treulos – trostlos verständnislos – widerstandslos – wolkenlos wortlos -voll – – – – – – – – – – bedeutungsvoll – ehrfurchtsvoll – eindrucksvoll erwartungsvoll – geheimnisvoll – geräuschvoll hoffnungsvoll – schmerzvoll – unschuldsvoll verheißungsvoll – vorwurfsvoll – wertvoll wirkungsvoll – wundervoll – – – – Gefühle, Haltungen und Verhalten angeekelt – angestrengt – ärgerlich – barsch – bedrohlich – bedrückt – behutsam – beleidigt – beruhigt – besorgt – bestürzt – beunruhigt – bitter – düster – energisch – entgeistert – entschieden – erschrocken – erstaunt – feindselig – gehorsam – gekränkt – gelangweilt – gelassen – gereizt – höhnisch – misstrauisch – mitfühlend – mürrisch – nachdenklich – neugierig – schweigsam – sehnsüchtig – selbstzufrieden – sorgfältig – spöttisch – stolz – unauffällig – unbarmherzig – unbeeindruckt – unbehaglich – unbeschwert – unbeteiligt – unermüdlich – ungeduldig – ungerührt – ungläubig – unglücklich – ungnädig – unnachgiebig – unruhig – unsanft – unschlüssig – unsicher – unwirsch – verächtlich – verärgert – verblüfft – verdutzt – verletzt – verloren – verschwörerisch – verwirrt – verwundert – verzweifelt – vorsichtig – widerstrebend – widerwillig – wohlwollend – zärtlich tintenherz 16 Anregungen für Nachgespräche von Schulklassen mit dem Theaterensemble Zur Vorbereitung eines ergiebigen Gesprächs finden Sie hier einen Katalog von möglichen Gesprächsimpulsen, die als Anregung für eigene Fragen genutzt werden können. Es bietet sich bei einigen Fragen z.B. an, sie mit ersten eigenen Eindrücken zu verbinden. Fragen an Schauspieler: Fragen bezogen auf das jeweilige Stück bzw. die jeweilige Aufführung • Was an Ihrer Rolle finden Sie besonders reizvoll oder interessant? • Welche andere Rolle in dem Stück würden Sie auch gerne spielen? • Welche Szene macht Ihnen am meisten Spaß? • Welche Szene fiel Ihnen bei den Proben am schwersten? • Was gefällt Ihnen an der Figur, die Sie verkörpern, was missfällt Ihnen? • Gefällt Ihnen das Ende des Stückes im Hinblick auf die Rolle, die Sie spielen? • Wie schwer ist es, unabhängig von der eigenen momentanen Laune, Ihre Rolle überzeugend zu spielen? • Sind Ihnen schon Fehler unterlaufen? Welche? Gab es in der heutigen Aufführung Pannen? • Wie bereiten Sie sich auf Ihre Rolle vor jeder Aufführung vor? Allgemeine Fragen • Wie sind Sie zur Schauspielerei gekommen? • Wie und wo haben Sie das Schauspielern erlernt? • Wie schaffen Sie es, sich den Text von gleichzeitig bis zu sechs, sieben Stücken zu merken? • Wie schafft man es, eine Figur zu spielen, die ganz anders ist als man selbst? • Was ist Ihre Traumrolle? • Warum finden Sie Theater wichtig? • Wie erleben Sie Theateraufführungen, wenn Sie Zuschauer sind? • Warum finden Sie Theater wichtig? Ist es heutzutage besonders wichtig? • Was unterscheidet ein Kinder- und Jugendtheater von anderen Theatern? • Welches Theaterstück ist Ihr persönliches Lieblingsstück? tintenherz 17 Fragen an den Regisseur: Fragen bezogen auf das jeweilige Stück bzw. die jeweilige Aufführung • Was finden Sie an dem Stück besonders reizvoll? Was gefällt Ihnen an dem Stück nicht so gut? Wie sind Sie in Ihrer Inszenierung damit umgegangen? • Haben Sie eine Lieblingsfigur in dem Stück? • Was gefällt Ihnen besonders gut an Ihrer Inszenierung? Womit sind Sie nicht hundertprozentig zufrieden? • Haben Sie in Ihrer Inszenierung stark gekürzt? Welche Szenen oder Momente? • Welche Szenen haben besonders viel Probenzeit beansprucht? Warum? • Was soll das Bühnenbild mehr vermitteln als bloße räumliche Orientierung? • Inwiefern passen die verschiedenen Kostüme besonders gut zur jeweiligen Figur, zur jeweiligen Szene und zum Stück im Ganzen? • Mit welcher Absicht machen Sie in Ihrer Inszenierung besonderen Gebrauch von Lichteffekten, Toneffekten und gegebenenfalls Formen der Symbolik? • Was sollen die Zuschauer aus dem Stück mit nach Hause nehmen? Was hat das Stück den Zuschauern zu sagen? Allgemeine Fragen • Warum finden Sie Theater wichtig? • Wie erleben Sie Theateraufführungen, wenn Sie Zuschauer sind? • Warum finden Sie Theater wichtig? Ist es heutzutage besonders wichtig? • Was unterscheidet ein Kinder- und Jugendtheater von anderen Theatern? • Wie sind Sie zur Theaterregie gekommen? • Was sehen Sie als Ihre Hauptaufgabe als Regisseur? • Welches Theaterstück ist Ihr persönliches Lieblingsstück? tintenherz 18