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Fonds KANDiNSKY
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Kunst
im Zeitalter der Abstraktion
und der Technik.
Diese Ausstellung stellt eine Willensrichtung
europäischer
Kunst, wie sie seit etwa 20 Jahren ersichtlich geworden ist,
zur Diskussion.
Wie man von der Intendanz eines Theaters
oder von dem Dirigenten eines Orchesters, wenn diese ein
charakteristisches
Werk neuer Dramatik oder Musik zur Vor¬
führung bringen, nicht annimmt, daß sie das Vorgeführte für
ein endgültiges, zeitlos Wertvolles erklären wollen, so darf
man auch von dem Veranstalter einer Ausstellung nicht an¬
nehmen, daß er sich mit dem jeweils Ausgestellten schlechter¬
dings identihziere.
Theater, Konzertleitung
und Museum
haben die Pflicht, unter anderem auch mit den Aufgaben
und Bestrebungen neuer
Kunst bekannt zu machen. Aller¬
dings besteht diese Pflicht nur gegenüber solchen Erschei¬
nungen, die mit Notwendigkeit als bezeichnende Aeußerungen
des Zeitgeistes hervortreten.
Es ist also auch Pflicht, Zu¬
fälliges und Willkürliches auszuscheiden, und das Dargebrachte
in möglichst wirksamer
dem Wollen der Künstler ent¬
sprechender
Art vorzuführen.
Der Dirigent, der Regisseur
wird sich, solange er ein bestimmtes Werk vorbereitet, mög¬
lichst weitgehend mit dessen Absichten verbinden müssen,
sonst wird die Wiedergabe
schlecht und das Verständnis
noch mehr erschwert.
Ganz gleich liegt der Fall für den
Museums- und Ausstellungsleiter.
Es wird hier keine Richtung, keine Schule moderner Kunst
„propagiert", kein Schlagwort
für irgend eine Aeußerung
neuen Kunstwollens geprägt.
„Abstrakt" bedeutet hier nur
ein Negatives: nämlich daß allen in der Ausstellung vorge¬
führten Künstlern gemeinsam ist das Absehen von der per¬
spektivisch eindeutigen Nachbildung der objektiven Dingwelt
als Motiv und als Modell.
Für die zeitgeschichtliche
und
1
gleichsam kunstphilosophische
Betrachtung ergibt sich durch
dies negativ Gemeinschaftliche
die Möglichkeit, alle diese
Erscheinungen
unter einen Generalnenner
zu bringen und
sie zugleich schon heute in bestimmten Entwicklungen
zu¬
sammenhängend
zu betrachten.
Im übrigen haben die Per¬
sönlichkeiten und Gruppen unserer Ausstellung nach Wesens¬
art und Wollen oft wenig Gemeinsames, ja zum Teil stehen
sie sich geradezu schroff gegenüber;
auch interessiert
in
manchen Fällen mehr die Höhe der einzelnen entwickelten
Künstlerschaft, in anderen mehr die zum mindesten charak¬
teristische Richtung. —
Bis jetzt, d. h. genauer gesagt bis zum Ende des 19. Jahr¬
hunderts, war die bildende Kunst Europas von den Motiven,
von den „Vorwürfen" der objektiven Erscheinungswelt
ausge¬
gangen. Die Frühzeiten und das Mittelalter gaben von den
Dingen schriftartige Zeichen und begriffliche Sinnbilder; die
reife Antike und später vor allem die Kunst seit der Re¬
naissance versuchte mehr mit den Mitteln der wissenschaft¬
lichen Perspektive und der Modellierung — die immer einen
ruhenden Beschauerstandpunkt
annimmt — statt der Bild¬
zeichen geradezu eine Illusion der Objekte im Raum. Zwischen
der älteren und der neueren Art der Dingbezeichnung
gab
es natürlich zahllose Uebergänge.
Sah man von der Aufgabe der Zeichengebung
oder der
illusionistischen Nachbildung ab, so handelte es sich nicht
um freie Malerei und Plastik, sondern um Ornamentik
mit ihren schmückenden
oder sinnbildlichen Funktionen. —
Ist die Beziehung auf einen Gegenstand, sei es nun in schrift¬
artiger Symbolik, sei es mit Annahme einer bestimmten per¬
spektivischen Ansicht, Vorbedingung alles denkbaren Kunst¬
schaffens überhaupt?
Die wissenschaftliche
Aesthetik hat
längst erkannt, daß vieles im Kunstwerk Wirksame und Ent¬
scheidende von der Beziehung zum gemeinten Gegenstand
unabhängig
ist: so alles, was man unter dem Begriff der
farbigen, linearen, räumlichen „Komposition"
zusammenfaßt.
Vergleiche mit der Musik, die ja kaum äußere Naturer¬
scheinungen nachahmt, sondern zumeist mit Tönen und mit
Tonverbindungen
rein Innerliches ausdrückt, drängen sich
auf. Löst man die vom Gegenstand unabhängigen
Funk¬
tionen künstlerischer Wirkung für sich heraus und stellt sie
gleichsam „abstrakt" dar, so nähert man sich gewiß auch so
2
dem Begriff des Ornaments, — aber doch nicht ganz, da zum
Beispiel bei freien, mehr oder minder gegenstandslosen
Er¬
findungen das zum Ornament gehörende
Kennzeichen der
gleichförmigen Reihung und Wiederholung
fehlt, und da auch
die praktische „Anwendung"
im Sinne eines kunstgewerb¬
lichen Stückes nicht in Frage kommt.
Der Beginn des 20. Jahrhunderts
hat uns nun in Europas
Kunstländern
Versuche einer derartigen „abstrakten Kunst"
gezeigt, d. h. einer solchen, die die Beziehung auf einen Ge¬
genstand entweder ganz vermissen läßt (also wie die Musik
eigene schöne Form-Dinge hervorbringen will) oder die bei
Aufgabe des ruhenden Beschauerstandpunktes
und der ein¬
deutigen Perspektive
höchstens noch bruchstückweise
mit
Erinnerungsbildern
arbeitet, die sie aber im übrigen durch¬
aus einem freispielenden Kompositionswillen
unterwirft. Eine
solche Malerei und Plastik steht in eigentümlicher,
unver¬
gleichlicher Weise zwischen gegenständlicher
Kunst im alten
Sinne und angewandter Ornamentik. Im Grund ist sie keines
von beiden, sondern eine neuartige Zwischenstufe.
Zwi¬
schenstufe ist sie auch in manch anderer Hinsicht, so z. B.,
indem sie gelegentlich neuartige Verbindungen
von Relief
und Malerei anwendet, oder aber indem sie anstelle der den
Gegenstand nachbildenden
Farben bisweilen echte Stoffe,
wie Glas, Holz, Lack, Papier u. s. w., zur Verstärkung des
Materialreizes anzuwenden versucht.
Ist diese gegenstandslose
Malerei „berechtigt", künstlerisch
möglich, eine Verirrung, ein Wahn oder gar ein Witz? Ist
sie ein Uebergang, experimentale
Vorbereitung zu Neuem?
Ein Weg, vielleicht ein Umweg zu noch unentdeckten Ländern
der Kunst, wo ein späteres glücklicheres Geschlecht Fuß
fassen kann?
Oder sind hier bereits neue Schätze gehoben,
besondere neuartige Schönheiten entdeckt worden, für deren
Wesen wir Beschauer nur erst Organe des Verstehens aus¬
bilden müssen?
Diese Fragen sollen hier zur Erörterung
gestellt,
nicht
beantwortet werden.
Gewarnt sei nur angesichts dieser oft
in langer ringender Versuchsarbeit
und ganz ohne Aussicht
auf Publikumserfolg
entstandenen Leistungen vor allzu vor¬
schnellem Verdammungsurteil
— nur weil diese Dinge allen her¬
gebrachten Begriffen zunächst zu widersprechen
scheinen!
3
Schon das 19. Jahrhundert hatte ja zu einer Art „Abstraktion"
geführt: man bedenke, wie der Impressionismus
die runde
Modellierung, die Tiefenperspektive
abzubauen trachtete und
wie man immer mehr die rein dekorativen Kompositions¬
möglichkeiten auf der imaginären Fläche entwickelte.
Später
folgte auf ihn der sogen. Expressionismus, und auch er zeigte
das Bestreben der Künstler, von der „richtigen" Wiedergabe
der Dinge im Raum — so wie sie seelenlos der photographische
Apparat gibt — noch weiter abzurücken
und die Er¬
scheinungen der Welt wie Gebärden eines innern ekstatischen
Erlebnisses, wie Visionen eines Traumes zu übertreiben und
zu verwandeln.
Auf demselben Wege mußte auch die v o 11ständige
„Abstraktion" entstehen, sei es im rein malerischen
Sinne des f ranzösischen
Kubismus, sei es in der magischdekorativen Art des Russen Kandinsky, sei es endlich in
der technischen Symbolik des sogen. Konstruktivismus.
Alle solche seltsamen Versuche scheinen uns nur ein Symptom
für die I atsache, daß im 19. und 20. Jahrhundert
mit der
Menschheit etwas Umwälzendes geschieht, was mindestens
das Suchen nach neuem Ausdruck auch in der Kunst not¬
wendig zeitigen muß. Die Umwälzung selbst hat sich zu¬
nächst auf dem Gebiete unseres praktischen Uebens ereignet
und sie ist hier von einer Bedeutung, die sich menschheitsgeschichtlich nur mit dem Uebergang des Menschen von der
Stein- in die Metallzeit, mit dem Eintritt in die Epoche der
Hand- Werkzeuge und einfachen „Vorrichtungen",
mit dem
Beginn der Ausbreitung von Ackerbau und Viehzucht ver¬
gleichen läßt. Aeußerlich drückt sich die große — erst soeben,
gleichsam seit einer „Sekunde der Ewigkeit" begonnene — Um¬
wandlung aus in der Erfindung und praktischen Ausnutzung der
Maschine,
genauer gesagt in dem Entstehen seelischer Fähig¬
keiten des Menschen zum Hervorbringen solcher „Apparate".
Entscheidend neu ist dabei gegenüber den Jahrtausenden
des
Werkzeugs und der einfachen Vorrichtung, daß man weder
die direkte
Muskelkraft von Mensch und Tier noch die
direkten
offenkundigen
Naturkräfte
(den Wind für das
Segel, das Wasser für das Mühlrad) anwendet, sondern daß
man indirekte,
unsichtbare, gleichsam „abstrakte"
Energien
der Natur (Dampfdruck, Elektrizität, Explosionskraft
etc.) er¬
schließt und durch Vorrichtungen
in Wirkung setzt, wobei
man sich von Ermüdung der Muskelkräfte und von Launen
der Naturkräfte unabhängig macht. Daß dabei, also durch
das Zurücktreten der direkten Hand- Wirkung und der direkten
4
Elementar-Leistung,
das Verhältnis des schaffenden Menschen
zur Außenwelt völlig
verändert,
ein indirektes
und
mittelbares
wird, ist oft gesagt worden.
Daß infolge der
Maschinentechnik unsere Lebenseinrichtungen
gleichsam „über
Nacht" total verändert worden sind — etwa im Hinblick aul
Verkehr, Wirtschaft, Gesellschaftsordnung,
Politik, auf Wohn¬
weise, Lebenstempo, seelisches Verhältnis zu Raum und Zeit —
ist theoretisch jedem bekannt, kommt aber doch in seinem
ungeheuren Ausmaß Wenigen völlig zum Bewußtsein.
Die Technifizierung,
in der uns das weniger beschwerte
koloniale Amerika ebenso vorausgeht, wie uns das im Grunde
noch primitive Sowjet-Rußland
mit seinem materialistischen
Dogma darin vorausgehen
möchte, ist nur die materielle
Kehrseite einer scheinbar entgegengesetzten innerseelischen
Erscheinung: der „Verinnerlichung"
des Menschen, wie sie
seit Beginn des 19. Jahrhunderts ganz offenkundig wird. „Ver¬
innerlichung" heißt in diesem Falle, was Kant aul der Höhe
philosophischen
Denkens einleitete: die Materie, das „Ding
an sich", so weit es jedenfalls für uns da ist, scheint me¬
chanisch-toten
Ablaufgesetzen gehorsam, wie sie dem rech¬
nenden kausal verknüpfenden
Denken entsprechen.
Die
Materie ist ungeistig, ohne endgültiges Geheimnis, ohne Welt¬
rätsel, mindestens prinzipiell wissenschaftlich voll erforschbar.
Sie verliert so ihren Charakter als Spiegel nnd Gleichnis der
Idee. Das Göttliche, der „Wert", das reine „Sollen" müssen
ebenso wie die Kantischen Formen des Anschauens und des
Denkens immer mehr auf die Seite des „Ichs", des allein im
Menschen tätigen „Geistes"
bezogen werden.
Sein und
Sinn, Denken und Erfahrung, Ich und Welt fallen dualistisch
auseinander.
Es gibt keinen Gott in der Natur, sondern
höchstens noch im eigenen Ich. Es fehlt auch im wissen¬
schaftlichen, moralischen und künstlerischen
Verhalten des
Menschen zur Welt die alte Direktheit, die unmittelbare
„handwerkliche"
Auseinandersetzung.
Nur aber aul der
Grundlage eines Glaubens an den „Gott in der Natur" hatte
die „Nachahmung der Natur" durch den Künstler ihren letzten
tiefnotwendigen
Sinn. Wird die Welt mehr und mehr als
Mechanismus
empfunden,
so schwindet
langsam das Be¬
dürfnis nach Wiederholung
und klärende Deutung dieser
Welt im Bilde der Kunst. Die Kunst zieht sich dann auf
sich selbst zurück, auf die allein dem Bewußtsein des Menschen
innewohnenden
Formgesetze, Elementarverhältnisse
und Har¬
monien.
Von der Außenwelt,
ohne die der irgendwie
5
um
zu
Bin.
schöpferische Mensch selbstverständlich
niemals bilden und
wirken kann, reflektiert sich nur das, was wir an ihr als me¬
chanisch empfinden, oder was wir selbst an maschinellen
.
Einrichtungen und Apparaten gleichsam als eine „zweite Natur"
um uns erstellt haben.
Dagegen erscheint die alte natur¬
nachahmende
Kunst immer mehr wie eine verlorene Welt,
der wir nichts mehr hinzuzufügen haben, wie etwas nicht
mehr voll Verstandenes und mit eigenem Blute zu Erfüllendes.
Das Zeitalter der Abstraktion und der Technik, das Zeitalter,
dem die Natur nicht mehr Gleichnis, sondern Bearbeitungs¬
stoff ist, wird entweder nur die alten glücklicheren Meister
verlorener Zeit nachahmen
können, oder aber es muß ver¬
suchen, eine neue dem Gesetz der abstrakten Innerlichkeit und
der Gestaltenwelt der Technik entsprechende
Kunst hervor¬
zubringen.
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Eine Zeit, die mit ihren Maschinen der Natur „indirekte"
Energien, unanschauliche Kräf te ablockte —aber nicht magische,
sondern berechenbare, mechanisch zu bewältigende Kräfte —
sie konnte auch an der Natur nicht die anschauliche Erschei¬
nungsseite, sondern nur die unsichtbaren Spannungen und Ener¬
gien als wesentlich empßnden; sie konnte versuchen, von der
Welt höchstens
dies Unsichtbar-Dynamische
sichtbar zu
machen, und sie erfand dafür etwa das Gleichnis des durch¬
sichtigen kristallischen Kubus als Symbol von Spannungen,
Schwingungen
und Kräftelagerungen,
oder das Sinnbild des
technisch-maschinellen
Gestaltfragments
und ähnliche me¬
chanisch anmutende Starrformen.
Eine Zeit, die das Lebendig-Geistige,
das Unmechanische
wesentlich nur auf der Seite des geistbestimmten „Ich" empfand,
konnte die eindeutig starre Perspektive auf die Welt, die feste
Beziehung zwischen Auge und Ding als unwesentlich empfinden;
sie konnte für den Beschauer die völlige Freiheit der Bewegung um das aufzufassende Objekt herum mit seinen verschiedenen Ansichten anstreben und den Versuch machen,
diese Ansichten „simultan" festzuhalten.
Auch so schwand
das Interesse an der nachahmenden
Wiedergabe der Wirklichkeit. Fast konnte es scheinen, als ginge das Zeitalter der
festen Perspektive überhaupt zu Ende. Ein so geartetes Zeitgefühl mußte um so mehr bestrebt sein, mit jenen Gebilden,
die man als wirksame Symbole für die Dynamik der Außenweit empfand, eben weil sie nichts Aeußeres mehr nachahmen,
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um so selbständigere, um so gesetzmäßigere „Kompositionen"
zu schaffen.
Vor allem beim Kubismus ist die gesetzhafte
Bindung der freien Form und Farbe im Bildraum viel weiter
getrieben als der Laie ahnt und zu beurteilen vermag. Auch
bei den andern Richtungen und Künstlerpersönlichkeiten
be¬
achte man das Ringen um vollkommenste
Abgewogenheit.
Das Harmoniegesetz, das die Außenwelt nicht mehr von sich
aus ins Bild mitzubringen scheint, wird umso selbstherrlicher
und gleichsam von Geistes Gnaden durch den komponierenden
Künstler wiederhergestellt.
Formgleichnisse
für das Mechanisch-Energetische
in der
objektiven Welt zusammenzufügen
zu einer vom subjektiven
Geist bestimmten Harmonie: dies etwa könnte man — über¬
spitzend — als Aufgabe der neuen Kunst definieren, insbe¬
sondere der „konstruktivistisch" gefärbten Kunst-Bemühungen.
Nicht ist hiermit gesagt, daß solche philosophische
Zu¬
sammenhänge
und Begründungen
dem einzelnen Künstler
klar wären, oder klar zu sein brauchten.
Nicht ist gesagt, daß solche Zusammenhänge jeden Schaffenden
unbedingt zu solchen künstlerischen Folgerungen führen sollten.
Gemeint ist lediglich, daß die geschilderte Umlagerung des
Bewußtseins Künstlernaturen, die für fortschrittliche Versuche
veranlagt sind, zu derartigen abstrakten und technischen Ge¬
staltungsexperimenten
führen konnte.
Ob ihre Experimente selbständige Bedeutung behalten werden,
ob es Aufgabe der Kunst ist, sich so weit den kritischen
Wandlungen
anzupassen, ob die hier anregend wirkende
Spannung zwischen Innerlichkeit und Mechanisierung
lange
andauern wird, ob nicht vielmehr, nach Stabilisierung
des
technischen Entwicklungsprozesses,
ein neues Streben nach
geistig-lebendiger
Einheit von Mensch und Natur kommen
wird — wer vermöchte das zu prophezeien ?
Die Mannheimer Kunsthalle hat jedenfalls in der Ausstellung
„N eue Sachlichkeit"
das Vorhandensein anderer
gleich¬
zeitiger Kunstbestrebungen
deutlich gemacht.
Auch unsere
neue Ausstellung zeigt einige Künstler auf dem Wege zurück
von der Abstraktion zu erkennbarer Naturform.
Es handelt
sich aber nicht unbedingt um eine allgemeine Reaktion, eine
Ueberwindung,
denn gerade die besten Begabungen führen
heute abstrakte und gegenständlich motivierte Kunst neben¬
einander
her.
Daß die große internationale
Bewegung der abstrakten
Kunst
— der etwas Heroisches gerade in ihrer Unpopularität
anhaftet —
auf keinen Fall vergebens gewesen
sein wird : dies eine ist
Ireilich heute schon gewiß. Zu mächtig sind die Analogien
und Beziehungen
zum fruchtbarsten
und zukunftsreichsten
Kunstschaffen
der Gegenwart:
zu der neuen Baukunst,
die
von der Einheit des Ingenieurs
und des Künstlers getragen
wird
und deren Schönheit
bestimmt
ist vom TechnischRationellen
nicht nur, sondern
auch von dem neuen Ideal
des Durchsichtig-Hellen,
der präzisen
Klarheit,
der sach¬
lichen Heiterkeit.
Hartlaub.
Die Ausstellung gibt im wesentlichen einen Querschnitt durch die
gegenwärtige
Verfassung des abstrakten Kunstwollens in Europa:
sie zeigt die mehr westliche
Form des älteren französischen
Kubismus (vor allem in seiner Fortbildung bis heute), ihm gegen¬
über die mehr östliche
und jüngere Erscheinung des sogen. Kon¬
struktivismus in Rußland und Deutschland, zwischen beiden die
freie Farbensymbolik Kandinskys und Klees, den mehr dekorativen
Expressionismus Delaunays und zahlreiche Zwischenstufen. Bewußt
wurde vermieden, die Ausstellung streng auf die völlig „gegen¬
standslose" Kunst zu beschränken,
denn tatsächlich
kommen
viele Künstler — bei allem Abstand und aller Freiheit — im Anfang
doch von den Motiven der Außenwelt her oder sie streben heute
von der Abstraktion zu naturgemäßer Gestaltung zurück. Zwischen
dem „Expressionismus" im weitesten Sinne und der gegenstandslosen
Kunst im engsten Sinn bestehen zahlreiche Uebergänge und es er¬
scheint untunlich, das rein „Abstrakte" allzu scharf herauslösen zu
wollen.
Rückblicke auf frühere Stadien der abstrakten Kunst im ersten
Jahrzehnt unseres Jahrhunderts konnten, soweit das überall verstreute
Material verfügbar war, an mehreren Stellen gegeben werden.
Sonderausstellungen einzelner Künstler, wie vor allem Kandinskys,
bieten auch Retrospektives, doch sei ausdrücklich darauf hingewiesen,
daß einige bahnbrechende Maler wie Picasso und Braque in größerem
Umfang erst einer späteren Einzelschau der Kunsthalle vorbehalten
bleiben sollen. Schon veraltete Uebergangserscheinungen
wie der
sogen. „Dadaismus", auch der italienische Futurismus klingen in
unserer Ausstellung nur an und nach.
Das Material
der Kunstwerke
haben wir zum Teil von den
Künstlern selbst, zum andern von Kunsthandlungen beschafft. (Ga¬
lerie Neumann 8c Nierendorf, Berlin, Kunsthaus Dr. Tannenbaum,
Mannheim, Kunsthandlung M. Goldschmidt 8c Co., Frankfurt, Ga¬
lerie Arnold, Dresden, Neue Kunst Fides, Dresden, Kunstausstellung
Kühl, Dresden, Frau Sophie Küppers, Hannover.) Die deutschen
und ausländischen Museen und Privatsammler,
die unsere Aus¬
stellung gleichfalls unterstützten, sind im Katalog einzeln aufgeführt.
Herzlichster
Dank sei ihnen hier gesagt.
H.
8
26 c
ALEXANDER ARCHIPENKO, NEW-YORK
1 Stehende
Frau. Holzplastik.
Dr. Herbert Tannenbaum,
2-5 Skulpto-Malereien
Mannheim
WILLI BAUMEISTER, STUTTGART
6
7
8
9
10
11
12
13
14
Abstraktes auf Hell. 1926
Komposition aul Citrongelb
Mauerbild mit Halbkreis
„Heroisches" (Mauerbild)
Figuren-Komposition
mit Blau. 1921
Abstrakt aul Rosa
Mauerbild mit Orange
Mann mit Zirkel
Autofahrer ruhend
9
________
15 Rückenakt mit roter Mütze. 1925
16 Tischgesellschaft.
1925
17 Figurentreppe.
1921
18 Schachspieler
19 Handstand.
Kunstmuseum der Stadt Essen
20 Box-Schule.
Kunstverein Gera
21 Springer.
Kunsthalle Karlsruhe
22 Mauerbild mit Metallen
23 Boxer
24 Turner
25 Darstellung des Apoll II. 1921
26a-i T emperabilder
GEORGES BRACQUE, PARIS
27 Stilleben.
Moderne
Galerie, Prag
ERICH BUCHHOLZ, BERLIN
28 Neue Tafeln. 1923
ROBERT DELAUNAY, PARIS
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
Fußball. (Aquarell)
Eiffelturm. 1914.
La Grace. (Aquarell). 1909
St. Severin. 1907
Les fenetres simultane. 1912
Composition couleur. (Gouache)
La Verseuse. (Eingießende Frau)
Les Coureurs. (Wettläufer). 1924 — 1925
La fenetre sur la ville de Paris. 1912
La Tour et la Roue. 1913
Fußball. (Groß)
Le Simultane. 1912
Privatbesitz
SONJA DELAUNAY, PARIS
41
42
43
44
45
46
10
St. Michel. 1913
Jeune Lille au Potiron. (Mädchen mit Kürbis). 1916
Flamenco. 1916
Femmes, hommes, couleurs. 1925
Femmes. 1925
Deux Modes Simultane. 1922
LE FAUCONNIER, PARIS
47 Landschaft.
Kunstmuseum
der Stadt Essen
LYONEL FEININGER, DESSAU
48 Barfüßerkirche.
Kunsthalle
Mannheim
EMIL FILLA, PRAG
49
50
51
52
53
Der Tisch. 1922.
A. Flechtheim, Düsseldorf
Stilleben mit Pilzen. 1922. A. Flechtheim, Düsseldorf
Aufsatz.
Dr. Kramar, Prag
Geige.
Dr. Kramar, Prag
Polier.
Dr. Kramar, Prag
ALBERT GLEIZES, PARIS
54 Sieben Elemente. 1924
55 Mauerbild. 1923
56 Figure-plane
57 Mauerbild. 1924
58 Mann in Hängematte. 1913.
59 Bild 1914
60 Landschaft Montreuil. 1914
61—64 Aquarelle. 1921 — 1924
Privatbesitz
JUAN GRIS, PARIS
65 Geige
J. VAN HEEMSKERCK
66 Bild No. 124
BELA KADÄR
67 Frühling
68 Sehnsucht
WASSILY KANDINSKY, DESSAU
69
70
71
72
73
Landschaft mit Turm. (Murnau 1908)
Improvisation 14. 1910
Skizze zu Komposition 2 (Fragment)
Composition 4. 1911
Skizze zu Improvisation.
1912
Privatbesitz
Privatbesitz
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83
84
12
Weißer Strich. 1920
Schwarzer Fleck. 1921
Komposition No. 1. 1922
Weißer Zickzack. 1922
No. 247/1923
No. 248/1923
Auf Weiß. 1923
Komposition 8. 1923
Gelbe Spitze. 1924
Schwarze Begleitung No 270/1924.
Spannung in Rot. 1926
Privatbesitz
Privatbesitz
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85 Loses in Rot. 1925
86 Einige Spitzen No. 292/1925
87 Gegenklänge No. 281/1924
88 Rot No. 282/1924
89 Grün und Rot. 1925
90 Grüner Keil. 1925
91 Standhaftes Grün. 1925
92 Blau über Bunt. 1925
93 Gemäßigt No. 307/1925
94 Im Wackeln. 1925
95 Im hellen Oval. 1925
96 Gelb-Rot-Blau. 1925
97 Schwarzes Dreieck. 1925
98 Braunes Schweigen. 1925
99 Unten spitz — oben rund. 1925
100 In sich. 1926
101 Kleine Werte. 1926
102 Blaues Kreuz. 1926
103 Spitze Akzente. 1926
AQUARELLE
104 Weiß mit Bunt. 1924
105 Helle Klarheit. 1924
106 Horizontale. 1924
107 Zwei Bewegungen. 1924
108 Fröhlicher Aufbau. 1924
109 Vibration No. 160/1924
110 Gewärmtes Kühl. 1924
111 Azentrales. 1924
112 Dumpfes. 1924
113 Rot in Spitzform. 1925
114 Inneres Kochen. 1925
115 Abstieg. 1925
116 Stabiles. 1925
117 Deutliche Verbindung. 1925
118 Lyrische Dreiecke. 1924
119 Brauner Doppelklang. 1924
120 Wandern. 1920
PAUL KLEE, DESSAU
121 Stadt der Türme. 1916
122 Kiosk. 1920
123 Kopf mit deutscher Barttracht.
1920
124
125
126
127
128
129
130
131
132
133
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142
143
144
145
146
147
148
149
150
151
Bauplatz des Hauses zur Erdbeere. 1921
Senecio. 1922
Gartensiedelung.
1922
Urnenstätte der Familie Ochsenfrosch. 1922
Bühnenlandschaft.
1922
Architektur, gelb, violett. 1923
Kostümiertes Paar. 1923
Villen und Baracken. 1923
Landschaft mit Kind. 1923
Südliches Bergdorf. 1923
Harmonie. 1923
Buchstabenbild. 1924
Gedicht auf einen Garten. 1924
Garten in Ph. 1925
Perspektive Figuration. 1925
Gemüsegarten. 1925
Bühnen-Probe. 1925
Würfelbild. 1925
Drei mal drei Kreuze. 1925
Stilleben mit Fragmenten. 1925
Blühender Baum. 1925
Blumen in Gläsern. 1925
Lebkuchenbild.
1925
Bildnis eines blonden Fräuleins. 1925
Keramisch — Mystisch. 1925
Kreuzblumen-Stilleben.
1925
Kalte Stadt. 1925.
Kunsthalle Mannheim
HENRI LAURENS, PARIS
152
153
154
156
Relief
Konstruktion (Plastik)
Liegende Frau (Bronze)
Frauentorso (Plastik)
FERNAND LEGER, PARIS
157
158
159
160
Skizze zur Frau in Blau. 1912 13
Die Holzpfeife. 1918
Stilleben. 1918
Der Flieger. 1920
160
ANDRE LHOTE, PARIS
161
162
163
164
165
166
Mandolinenspielerin
Zwei junge Mädchen (grüne Jacke)
Zwei Frauen mit Hund
Akte in Landschaft
Fußballspieler. 1917
Stilleben
EL LISSITZKY, MOSKAU
GEMAELDE:
167 Proun A. 11 No. 10
168 Proun No. 29 Holztafel. 1920
169 Durchdringungsflächen
170 Proun S. K.
171 Kleiner Karton 1919 No. 30.
172 Proun I. A. 1919
173 Kl. Leinwand No. 55
174 Der neue Mensch.
175 Proun 2 B. 1919 No. 9
176 Holztafel 2c. 1920.
KARTONS UND AQUARELLE:
177 Proun (No. 90) 1925
Unverkäuflich
Unverkäuflich
Privatbesitz
Unverkäuflich
15
170
178 No. 96
179 Proun 93. Spirale
180 No. 39
181No. 15c.Figurine
182No. 43
183No. 45
184No.88
185No. 38
186No. 18
187No. 20. Durchdringungsflächen
188No. 16. Silberkreis.
189No.21
190No. 37. Klebearbeit
191No. 17
192No. 19
193No. 36
194Hand
Unverkäuflich
Unverkäuflich
Unverkäuflich
Unverkäuflich
ANDRE LURgAT, PARIS
195
196
197
198
199
200
201
16
Stilleben mit Birne
Landschaft
Rote Fruchtschale.
1922.
Balkon mit rosa Gitter.
Komposition 13.
Stilleben mit Krügen.
Hafen.
Privatbesitz
Privatbesitz
Privatbesitz
Privatbesitz
Privatbesitz
LOUIS MARCOUSSIS, PARIS
202 Stilleben mit Mandoline
203 Die rote Geige
204 Stilleben mit Mandoline
205 Stilleben.
im Fenster. 1925. Privatbesitz
und Maske.
A. Flechtheim,
Düsseldorf
JEAN METZINGER, PARIS
205a Portrait.
Privatbesitz
L. MOHOLY- NAGY, DESSAU
OELBII .DER :
206 A VI.
207 C III.
208 Z IX.
209 C IV. (das kleinere
Bild)
210 A XI.
211 Q XXI.
212 A X.
213 B VI.
214 A VIII.
215 K VII.
216 B XVI.
217 Q XX. (das lackierte
Bild)
218 A VIII.(Hochformat)
219 A XX.
220 Q VIII.
221 Q XIII.
222 K XVII.
223 Q m.
224 Z III.
225 A XXVI.
226 Q XII.
NEUE BILDTECHNIKEN:
227 G 1 Galalithbild
228 G 2 Galalithbild
229 Cel I. Cellonbild
230 G 6 Galalithbild
AQUARELLE :
231 P 10
232 P 22
233 OP 6
234 P 20
PHOTOS OHNE KAMERA:
235 Ph 1
236 Ph 2
237 Ph 3
238 Ph 4
239 Ph 14
PHOTOGRAMME:
240 Ph 16
241 Ph 12
242 Ph 15
243 Ph 11
244 Ph 13
245 Ph 10
246 Ph 17
JOHANNES MOLZAHN, MAGDEBURG
247 Horizontal- Vogelwesen.
248 Kristall-Kinema.
1925
1921
17
249 Eine bessere
Höhen-Maschine.
Kunstmuseum
Konstellation.
Kunstmuseum
250 Jungfräuliche
der Stadt Essen
der Stadt Essen
PIET MONDRIAN, PARIS
251
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264
Komposition
Komposition
Komposition
Komposition
Komposition
Komposition
Komposition
Komposition
Komposition
Komposition
Komposition
Komposition
Komposition
Komposition
111/1921/25
XIV/1922
III/1926
VII 1925
I 1926
XI 1925
IV 1926
XIII/1920
VI/1925
X/1925
VIII/1925
1/1921—25
III/1926
V/1926
OTTO NEBEL, BERLIN
265 Fest im Quadrat.
266 Marsisch
1926
OSCAR NERLINGER, BERLIN
267 Weißer
Keil. 1923
PABLO PICASSO, PARIS
268
269
270
271
272
273
Komposition
Komposition
Akt M. 452.
Landschaft.
M. 450.
Ansicht von
I.
II.
M. 444.
Avignon.
Dr. Kramar, Prag
Dr. Kramar, Prag
Moderne Galerie, Prag
Moderne Galerie, Prag
Moderne Galerie, Prag
Sammlung Otto Ralfs,
Braunschweig
274 Violinspielerin
OSKAR SCHLEMMER, DESSAU
275 Elisabeth.
276 Sitzende.
18
(1923)
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287
Drei Frauen. (1925)
Zwei Frauen am Fisch.
Sitzender junge.
Sitzender.
Tischgesellschaft.
Frauentreppe. (No. 2)
Römisches. (No. 4)
Konzentrische Gruppe.
Ruheraum.
Vorübergehender.
(No. 1)
Akt. (No. 8)
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KURT SCHWITTERS, HANNOVER
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291
292
Zwillingsbild. 1922
Merzbild mit grünem Ring. 1926
Das große Ich-Bild. 1919
Merzbild mit gelbem Klotz. 1926
Merzbild. 1923
ARTHUR SEGAL, CHARLOTTENBURG
293 Häuser und Weg
G. VALMIER, PARIS
294
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296
297
Kleines Mädchen
Kleines Mädchen
Harlekin. 1924
Stilleben
unter Bäumen.
am Fenster
1922
VORDEMBERGE-GILDEWART, HANNOVER
298
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300
301
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K
K
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No.
No.
No.
No.
16. (1925)
19.
20. (1926)
24. (1926)
NELL WALDEN, BERLIN
302 Todfrühling.
20
1918
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5
J. PH. WALTHER
Buch-und Kunstdruckerei
MANNHEIM

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