das grosse promi pilgern - ein leidensweg für teilnehmer und

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das grosse promi pilgern - ein leidensweg für teilnehmer und
Dienstag, 6. November 2007
DAS GROSSE PROMI PILGERN - EIN LEIDENSWEG FÜR TEILNEHMER
UND ZUSCHAUER GLEICHERMASSEN
von Johanna
Wie tief kann das deutsche Fernsehprogramm sinken? Welche medial inszenierten Aktivitäten
sogenannter "Promis", die weder "B", noch "C", ja sogar kaum "Z" Prominete sind, muss man als
bundesdeutscher Fernsehzuschauer noch über sich ergehen lassen?
Es scheint, als wolle ProSieben mit der Doku Soap - wie Shows dieser Art so schön im
Fernsehgenre-Jargon genannt werden - "Das große Promi-Pilgern" nicht nur die Belastungsgrenze
der Promis, sondern auch die der Zuschauer testen.
Fünf "Stars" stellten sich der Herausforderung, den berühmten Pilgerweg nach Santiago de
Compostella zu bewältigen. Mit dabei waren Charlotte "Wer ist das denn?" Engelhardt, Katy
"Frauenknast-Effe" Karrenbauer, Ingo "scheinbar Comedian" Naujkos, Oli "P." Petzokat und
Claude-Oliver "wer??" Rudolph. Dabei waren sie ganz auf sich alleine gestellt, nur sie, die Natur
und das begleitende Fernsehteam.
Die Frage bei dieser Sendung ist weniger, ob die "Promis" die 760 Kilometer lange Strecke,
sondern viel mehr, ob der Zuschauer die 60 Minuten lange Sendung übersteht? Auch pseudophilosophsiche Erkenntnisse, Reflexionen über Leben und Tod, Religion im Allgemeinen und Jesus
im Speziellen ("War doch eigentlich ne coole Type", O-Ton Ingo) und umweltbewusste Stänkereien
("Dieses ganzes Pilger-Pack müllt die Welt zu", O-Ton Claude) haben den Unterhaltungswert dieser
Sendung nur marginal gehoben.
Ich habe aus rein medienwissenschaftlichen Interesse nicht nach den ersten zwei Minuten das
Handtuch geworfen und die Fernbedienung ergriffen, sondern habe bis zum letzten Meter, bis zur
letzten Minute durchgehalten. Es ist naheliegend, dass meine Erleichterung über den Zieleinlauf der
fünf Pilger-Freunde wohl genauso groß war, als hätte ich den Weg selber beschritten.
Einsicht des Tages: "Dein Zeh ist nicht tot" (O-Ton Charlotte zu Oli P., nachdem sie eben jenen
kräftig getreten hat - den Zeh, nicht den Olli).
Wie passend, dass am 15.11. der neue Film von Hans Weingartner ("Die fetten Jahre sind vorbei")
in die Kinos kommt: "Free Rainer - Dein Fernseher lügt". Weil Quoten das Programm und das
Programm unsere Kultur bestimmt, macht sich ein durch ein Erlebnis bekehrter ExFernsehproduzent zusammen mit Anarcho-Hackern daran, die Quoten selber zu machen und eine
geistig (vom Fernsehgesülze) befreite Gesellschaft zu schaffen.
Auf den Film aufmerksam geworden bin ich übrigens durch das wunderbare Magazin "Titel,
Thesen, Temperamente" im Ersten... Lichtmomente im allabendlichen Fernsehprogramm. Die
Hoffnung stirbt zuletzt.
Donnerstag, 6. September 2007
VON ÜBERLEBENSKÜNSTLERN UND MORDENDEN SCHAFMUTANTEN
von Johanna
Guten Morgen allerseits.
Heute bin ich relativ früh dran, da ich es gestern endlich einmal zu nicht allzu später Stunde ins Bett
geschafft habe. Habe noch Kerner geschaut und bin dann entschlummert - ausnahmsweise mal nicht
dabei, sondern erst danach, da einer der Talkgäste gestern extrem unterhaltsam war. Herr Dr. Jörg
Zittlau war in der Sendung und hat amüsant über sein Buch Warum Robben kein Blau sehen und
Elche ins Altersheim gehen gesprochen, in dem er Evolutionsirrtümer der Tierwelt aufdeckt. Wenn
der Wissenschaftsjournalist genauso schreibt, wie er redet, dann wäre das Buch eine Anschaffung
wert. Auch wenn ich sonst nicht so die Tierliebhaberin bzw. Biologin bin.
Als Evolutionsmeister hat Zittlau übrigens Ratten erkoren - diese seien im Falle von Epidemien &
Co. die größten Feinde des Menschen und würden wahrscheinlich den Kampf um das survival of
the fittest gewinnen, woraufhin Kerner hektisch das Gespräch beendete. Ratten-Horror auch zu
später Stunde ist im ZDF nicht drin.
Schaf-Horror hingegen ist drin: Zwar nicht im deutschen Fernsehen und soweit ich weiß auch nicht
im deutschen Kino, aber in die britischen Kinos kommt ein schwarzes Schaf unter den (comedy)
Horrorfilmen. Black Sheep heißt der Streifen und handelt von einem missglückten Gen-Experiment
mit einem Schaf in Neuseeland. Ich habe zwar bisher nur den Trailer gesehen, kann mir also kein
fundiertes Urteil bilden. Ich maße mir dennoch an zu sagen, dass ich mir diesen Film nicht ansehen
werde. Nicht nur, weil ich kein Horrorfilmfan bin, sondern auch, weil ich die Vorstellung eines
blutrünstigen Killer-Schafs wirklich nur in Comedy-Horror-Filmen à la Shaun of the Dead
aushalten kann, Black Sheep aber - zumindest im Trailer - doch mehr Ernst macht als gut ist. Das
verunglückte Schafunsexperiment fällt über einen der Protagonisten her, welcher dann mit was auch
immer - dem Schafgen oder so - "infiziert" wird und zum mordenden Schafmann wird. Naja...
Das Grundprinzip von Dracula, Zombies, Frankenstein und dem Hybris-Topos von
genexperimentierfreudigen Menschen gemischt und fertig ist der schwarze Schaf Cocktail.
Wenn Schaf-Horror, dann Schweigen der Lämmer... Und wenn Schaf-Skurriles dann so wie in
Woody Allen's Was Sie schon immer über Sex wissen wollten, aber bisher nie zu fragen wagten, der
vorgestern im Ersten lief. In einer der Episoden entwickelt Gene Wilder als Dr. Doug Ross
(wohlgemerkt Arzt für Humanmedizin) eine intensive Liebesbeziehung zu einem Schaf - mit allem
was dazu gehört. Mehr brauch ich ja wohl nicht zu sagen...
Video: Was Sie schon immer über Sex wissen wollten... (youtube)
Mittwoch, 8. August 2007
PERFEKT, PERFEKTER, AM PERFEKTESTEN
von Johanna
Dass es weder einen Komparativ noch Superlativ von "perfekt" gibt, ist wohl noch nicht zu den
Teilnehmern der Show "Lebe Deinen Traum! Jetzt wird alles anders" vorgedrungen...
Zu dieser Einsicht bin ich gestern Nachmittag gekommen, als ich auf ProSieben über eben jene
Show gestolpert bin. Inhalt der gestrigen Sendung war anscheinend (soweit ich das in zwei Minuten
feststellen konnte - länger habe ich mir den "Traum" nicht antun können) eine Hochzeit eines
äußerst ansehnlichen Pärchens der Sorte reich und schön.
Ich glaube sogar, der Bräutigam war ein ehemaliger Bro'Sis-Sänger. Sicher bin ich mir allerdings
nicht. Wenn er es war, dann wissen wir also, was man als arbeitsloser Popstars-Star so treibt: Da es
"Hilfe, ich bin ein Star, holt mich hier raus!" nicht mehr gibt, muss man eben fernsehtauglich
heiraten. Geheiratet wurde auf ProSieben übrigens gleich zweimal gestern: Gülcan und Sebastian
haben sich nun auch endlich das Ja-Wort gegeben. Hoffentlich wird ihre Scheidung nicht genauso
langwierig und -weilig ausgewalzt - Statt "Gülcans Traumhochzeit" gibt's dann "Gülcans
Schreckens-Scheidung" (zuzutrauen wäre es den Programmmachern durchaus...).
Zumindest bin ich just in dem Moment in die Sendung gestolpert, als die schöne Brünette ihrem
Frischvermählten und vermeintlichen Ex-Bro'Sianer mittelte, dass sie überglücklich sei, da sie "mal
wieder (!!!!) den perfektesten Mann" geheiratet habe und zudem den "perfektesten Ring" am am
Finger trage.
Zuerst war ich ein wenig konsterniert über diese Äußerungen. Dann aber dachte ich darüber nach
und entdeckte ihre ganz eigene Logik: Da sie ja - wie das "mal wieder" impliziert - schon einmal
mit dem perfekten Mann verheiratet war, ihr jetziger Bräutigam aber besser als der Verflossene sein
muss (sonst würde sie ihn ja nicht heiraten), ist dieser logischerweise perfekter, ja geradezu am
perfektesten.
Logisch, oder?
Naja, zu der supersten und am meisten gesehensten, weil noch nie dagewesensten Show wird "Lebe
Deinen Traum" wohl nicht avancieren...
ANJA KOHL
Anja Kohl (die Dame, die die Börse vor acht in der ARD macht) war ebenfalls für einen Goldenen
Prometheus nominiert. Grund: “Sie bleibt auch in der Krise ruhig, sachlich und schön.”
Und kurz angebunden - möchte ich hinzufügen.
Gestern habe ich mir vor der Tagesschau noch einmal Ihr Satz-Staccato angehört. Es handelte von Dünger
und Geld und ging ungefähr so:
“Dünger.
Gedüngt wurde viel dieses Jahr.
Warum?
Keiner weiß es.
Aber es sieht trotzdem schlecht aus.
Warum?
Weil Krise.”
Aha.
Na dann.
Frau Kohl hat sich nicht nur ihren Vorgänger zum großen Vorbild gemacht (wie auch immer er hieß…),
sondern seine “wenig-Wort-Satz-Rhetorik” zu eigen gemacht. “Perfektioniert” möchte man sagen.
In diesem Sinne:
Schaltet auch.
Morgen.
Wieder ein.
Warum?
Weil Musik!