Leitfaden zum Elternunterhalt

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Leitfaden zum Elternunterhalt
Leitfaden zum Elternunterhalt
Kai Riefenstahl
Rechtsanwalt
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58097 Hagen
Tel: 02331/9810812
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www.ra-riefenstahl.de
Einleitung
Aufgrund immer neuer medizinischer Errungenschaften werden die Menschen zunehmend älter.
Allerdings kommt es immer häufiger vor, dass man im Alter einer intensiven individuellen
Fürsorge bedarf. Die dadurch auftretenden Kosten können die Betroffenen häufig nicht selbst
tragen. Vielmehr sind sie dabei auf staatliche Unterstützung oder aber die Unterstützung durch
Verwandte und Bekannte angewiesen.
Die staatlichen Stellen werden versuchen das von Ihnen verauslagte Geld von den Kindern der
Betroffenen zurückzuholen. Der folgende Leitfaden zeigt Ihnen, in welchen Situationen die
Nachkommen rechtlich verpflichtet sind für ihre Eltern Unterhalt zu leisten.
I) Wer ist unterhaltspflichtig?
Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers sind Verwandte, die in gerader Linie voneinander
abstammen, verpflichtet einander Unterhalt zu gewähren (§ 1601 des Bürgerlichen Gesetzbuches,
kurz BGB). Dabei macht es keinen Unterschied, ob man auf- oder absteigend in gerader Linie
miteinander verwandt ist. Deshalb haben die folgenden Verwandtschaftsgrade keinen
Unterhaltsanspruch gegen einen potentiellen Unterhaltspflichtigen: Die Geschwister,
Verschwägerte, Stiefkinder, Onkel und Tanten.
Die Kinder sind gegenüber ihren Eltern unterhaltspflichtig, wenn Sie über dafür ausreichende
Einkommens- und Vermögensverhältnisse verfügen. Der Ehegatte des betroffenen Kindes hat
gegenüber seinen Schwiegereltern keine gesetzliche Unterhaltspflicht. Jedoch kann er bei
entsprechend guten Einkommens- und Vermögensverhältnissen verpflichtet sein, seinem
einkommenslosen Ehepartner ein angemessenes Taschengeld zu gewähren. Dieses Taschengeld
kann dann wiederum zum einsetzbaren Vermögen des unterhaltsverpflichteten Ehepartners werden.
Trotz einer entsprechenden Leistungsfähigkeit des Verpflichteten kann es Ausnahmen von der
Unterhaltspflicht geben. Ein Härtefall der zur Verweigerung der Unterhaltszahlung berechtigt liegt
immer dann vor, wenn der Unterhaltsberechtigte massiv gegen seine Unterhalts- bzw.
Sorgepflichten verstoßen hat (§ 1611 Abs. 1 BGB). Die Rechtsprechung hat einen solchen Fall z.B.
dann angenommen, wenn der Vater sich aufgrund einer psychischen Erkrankung in der
Vergangenheit nicht um sein unterhaltspflichtiges Kind gekümmert hat.
Haben die bedürftigen Eltern mehrere Kinder, so trifft diese die Pflicht zur Unterhaltsaufbringung
zu gleichen Teilen soweit dies die individuellen Vermögensverhältnisse zulassen (§ 1606 Abs. 3
BGB). Deshalb kann es passieren, daß eines der unterhaltspflichtigen Kinder alleine den Unterhalt
der Eltern bestreiten muß, da die anderen Geschwister dazu finanziell nicht in der Lage sind.
II) Bemessung der Unterhaltspflicht
Die Höhe der Unterhaltspflicht hängt von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des
Unterhaltsverpflichteten ab (§ 1603 BGB). Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des
Unterhaltsverpflichteten sind die maßgeblichen Parameter bei der Ermittlung der Höhe der
Unterhaltspflicht.
1) Einkommen
Nicht das Bruttoeinkommen des Verpflichteten, sondern dessen bereinigtes Nettoeinkommen ist für
die Ermittlung der Unterhaltspflicht maßgeblich. Das bereinigte Nettoeinkommen wird wie folgt
ermittelt:
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a) Bereinigtes Nettoeinkommen
Vom Nettoeinkommen sind die folgenden Belastungen abzuziehen:
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Kosten der allgemeinen Krankenvorsorge
Kosten der privaten Altersvorsorge, hierfür können etwa 5% des Bruttolohns angesetzt
werden
Berufsbedingte Aufwendungen
Die Fahrtkosten zur Arbeitsstelle
Die Kosten für die krankheits- oder berufsbedingte Anschaffung eines PKW
Krankheitsbedingte Aufwendungen
Familienbezogene Schulden, die einer angemessen Lebensführung dienen
Die Kosten der Pflegeversicherung
Werbungskosten
Bei nicht selbständigen Personen wird das Gericht das bereinigte Nettoeinkommen anhand der
letzten zwölf Gehaltsabrechnungen, bei Selbständigen anhand der Einkünfte der letzten drei Jahre
ermitteln.
b) Selbstbehalt
Nachdem das bereinigte Nettoeinkommen, durch den Abzug der anrechnungsfähigen Belastungen
ermittelt wurde, wird dem Unterhaltsverpflichteten ein Betrag als notwendiger Selbstbehalt
zugebilligt. Dadurch soll gewährleistet werden, daß der Unterhaltsverpflichtete nicht über die
Grenzen des Zumutbaren hinaus belastet und damit selbst zum Sozialfall wird.
Lebt der Unterhaltspflichtige allein, so wird ihm derzeit ein Selbstbehalt in Höhe von 1.250 €
zugebilligt. In diesem Betrag sind die Kosten einer fiktiven Warmmiete in Höhe von 440 €
enthalten. Ist der Unterhaltsverpflichtete verheiratet, erhöht sich der Betrag des Selbstbehalts um
950 € für den Ehegatten. Die 950 € des Ehegatten enthalten einen zusätzlichen Kostenanteil einer
fiktiven Warmmiete in Höhe von 330 €. Hat der Unterhaltspflichtige Kinder, so erhöht sich der
Selbstbehaltgrenzwert ebenfalls.
Beispiel 1:
Der Unterhaltsverpflichtete hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1200 € im Monat.
Da er unter der Selbstbehaltgrenze von 1250 € liegt, ist er nicht verpflichtet seinen Eltern
Unterhalt zu gewähren.
Beispiel 2:
Der Unterhaltsverpflichtete ist verheiratet, die Ehefrau hat kein eigenes Einkommen. Er hat
ein bereinigtes Nettoeinkommen von 2350 €.
Da er verheiratet ist, kann er einen Selbstbehalt von 2200 € geltend machen. Der den
Selbstbehaltsbetrag überschießende Teil des bereinigten Nettoeinkommens steht für die
Erfüllung der Unterhaltspflicht zur Verfügung.
Die oben genannten Selbstbehaltsbeträge enthalten einen fiktiven Kostenanteil für die Warmmiete.
Wenn der Verpflichtete diesen Kostenrahmen überschreitet, die Kosten jedoch den üblichen
örtlichen und persönlichen Verhältnisse entsprechen, erhöht sich der Selbstbehaltsbetrag um diesen
überschießenden Teil.
Beispiel:
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Der Unterhaltsverpflichtete ist verheiratet und lebt in München. Er hat ein bereinigtes
Nettoeinkommen von 2350 €. Die den üblichen örtlichen und persönlichen Verhältnissen
entsprechende Mietwohnung produziert Kosten für die Warmmiete in Höhe von 950 €.
Die Kosten der für die Lebenssituation des Unterhaltsverpflichteten angemessenen
Wohnung überschießen den in den Selbstbehaltsbeträgen enthaltenen Kostenanteil für die
Warmmiete um 180 €. Um genau diesen Betrag darf der Unterhaltsverpflichtete seinen
Selbstbehaltsbetrag aufstocken. Deshalb verfügt der Unterhaltsverpflichtete in diesem Fall
über kein einsetzbares Einkommen.
In vielen Fällen verfügt der Unterhaltsverpflichtete über kein eigenes Einkommen. In diesen Fällen
hat der Unterhaltsberechtigte keinen (direkten) Anspruch gegen dessen Ehepartner. Wenn der nicht
unterhaltspflichtige Ehepartner jedoch über Einkünfte verfügt, durch die er das Alltagsleben der
Familie mühelos allein finanzieren kann, so wird das Geld des unterhaltspflichtigen Ehepartners
(z.B. das Taschengeld) frei und kann für Unterhaltszahlungen herangezogen werden.
Beispiel:
Der nicht unterhaltsverpflichtete Ehepartner hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von
5.000 €. Der unterhaltsverpflichtete Ehepartner bezieht aufgrund einer geringfügigen
Beschäftigung ein Arbeitseinkommen von 400 € im Monat.
In diesem Fall kann der nicht unterhaltspflichtige Ehepartner die Lebenshaltungskosten der
Familie problemlos alleine bestreiten. Das Einkommen des unterhaltspflichtigen Ehepartners
sowie ein ihm gegenüber dem nicht unterhaltsverpflichteten Ehepartner zustehender
angemessener Taschengeldanspruch können bei der Bemessung der Unterhaltspflicht
berücksichtigt werden.
Gleiches gilt bei Doppelverdienerehen. Reichen die Einkünfte des nicht unterhaltsverpflichteten
Ehepartners aus, um den Lebensunterhalt der Familie allein zu decken, so stehen die Einkünfte des
unterhaltspflichtigen Ehepartners für Unterhaltszahlungen uneingeschränkt zur Verfügung.
Im Gegensatz zum Ehegatten- und Kindesunterhalt trifft den Unterhaltspflichtigen in diesem Fall
keine Arbeitsobliegenheit. D.h. der arbeitslose Unterhaltspflichtige ist nicht verpflichtet sich eine
Arbeitsstelle zu suchen, um so seiner Unterhaltspflicht genügen zu können.
2) Vermögen
Neben den Arbeitseinkünften des Unterhaltsverpflichteten wird auch dessen sonstiges Vermögen
bei der Ermittlung der Höhe des Unterhaltsanspruchs der Eltern berücksichtigt. In welcher Höhe das
Vermögen zu Unterhaltszahlungen herangezogen werden kann, ist noch nicht höchstrichterlich
geklärt.
Das so genannte Schonvermögen wird bei der Ermittlung der Unterhaltspflicht nicht berücksichtigt.
Neben einem eigengenutzten Hausgrundstück gehören Freibeträge von 15.000 € bis 75.000 € dazu.
Die Höhe des Freibetrages richtet sich nach den Lebensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen und
wird vom Gericht individuell ermittelt.
Verfügt der Unterhaltspflichtige neben einem ausschließlich privat genutzten Hausgrundstück über
weiteres Grundvermögen, so kann dies bei den Unterhaltszahlungen berücksichtigt werden. Das
Gericht kann z.B. unabhängig davon, ob das nicht ausschließlich privat Grundstück/Haus
wirtschaftlich verwertet wird, einen zu erzielenden Ertrag schätzen und als fiktives Einkommen bei
der Bemessung der Unterhaltspflicht berücksichtigen.
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Lebensversicherungen oder sonstige Instrumente der Altersvorsorge gehören immer dann zum
Schonvermögen, wenn Sie einer der Familiensituation angemessen Altersvorsorge dienen.
3) Schenkungen
Häufig haben die Eltern den Kindern in den Jahren vor ihrer Bedürftigkeit nennenswerte Geld- oder
Sachgeschenke zukommen lassen. Diese Geschenke werden sie im Falle der Bedürftigkeit
regelmäßig nicht selbst zurückfordern, auch wenn sie rechtlich die Möglichkeit dazu haben (§§ 528,
529 BGB). Der staatliche Leistungsträger kann aber die Ansprüche des Bedürftigen auf sich
überleiten, wenn dieser staatliche Unterstützung erhält. Von diesem Überleitungsrecht wird er
regelmäßig Gebrauch machen und dann die innerhalb der letzten zehn Jahre vorgenommenen
Schenkungen zurückfordern.
III) Zusammenfassung
Die Höhe des Unterhaltsanspruchs wird wie folgt berechnet:
+
./.
Bereinigtes Nettoeinkommen
Fiktives Einkommen
Selbstbehalt
Höhe des Unterhaltsanspruchs
Anhand dieser Formel und den vorstehenden Ausführungen können Sie in vielen Fällen ermitteln,
ob eine Unterhaltspflicht in Betracht kommt. Bei schwieriger gelagerten Fällen sollten Sie in jedem
Fall einen Fachmann zu Rate ziehen.
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