von Boetticher1

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von Boetticher1
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Doppeldosimetrie des Personals in der Röntgendiagnostik
zur Abschätzung der effektiven Dosis: Bedeutung der
neuen Empfehlungen der ICRP 103 (2007)
Lachmund, Jörn1; Heiner von Boetticher2, Wolfgang Hoffmann3
1
Department MLL, ATLAS Elektronik GmbH, Bremen
Institut für Radiologie und Seminar für Strahlenschutz, Klinikum Links der Weser, Bremen
3
Institut für Community Medicine, Ernst-Moritz-Arndt Universität Greifswald
2
- Entstanden im Rahmen des Forschungs- und Lehrverbundes SUM -
Einleitung
Die Personendosis (Tiefenpersonendosis Hp(10)) unterschätzt bei Messung mit einem Dosimeter in Brusthöhe
hinter der Bleischürze in vielen Strahlenschutzsituationen die effektive Dosis E. Dies beruht darauf, dass die
amtliche Personendosis mit einem Dosimeter ermittelt wird, das unter der Schutzkleidung getragen werden
muss, und zur Ableitung der effektiven Dosis nur dieser eine Messwert zur Verfügung steht. Die großen Dosisdifferenzen zwischen geschützten und ungeschützten Körperregionen bleiben bei dieser Art der Abschätzung der
effektiven Dosis in der Regel unberücksichtigt.
Nach ICRP 60 und ICRP 103 ist die effektive Dosis die Summe der gewichteten Äquivalentdosen in allen Geweben und Organen des Körpers. In der ICRP 103 werden neue Gewebewichtungsfaktoren angegeben, wobei sich
nicht nur die Zahlenwerte, sondern auch die zu berücksichtigenden Gewebe gegenüber der Empfehlung der
ICRP aus dem Jahre 1990 erheblich geändert haben. Insbesondere erhält der (durch die Schutzkleidung nicht
bedeckte) Kopf-Hals-Bereich ein höheres Gewicht bei der Bestimmung der effektive Dosis im Vergleich zu den
Wichtungsfaktoren in den geltenden Strahlenschutzbestimmungen, die noch auf der ICRP 60 fußen.
Beispiele für bisherige Abschätzungen
Die effektive Dosis lässt sich mit höherer Genauigkeit bestimmen, wenn man mit zwei Personendosimetern
misst, von denen eines in Brusthöhe hinter der Schutzkleidung, das andere vor der Schutzkleidung in Höhe des
Halses angebracht ist. Die effektive Dosis ergibt sich dann als Linearkombination der Messwerte beider
Dosimeter. Häufig zitierte Abschätzungen für die Parameter bei der Doppeldosimetrie lauten:
HE
HE
E
E
HE
=
=
=
=
=
0,6 Hc,u + 0,4 Hn,o
1,5 Hc,u + 0,04 Hn,o
0,5 Hc,u + 0,025 Hn,o
1,0 Hc,u + 0,1 Hn,o
E = 1,0 Hp,c,u(10) + 0,07 Hp,n,o(10)
(ICRP 26; Gill et al. 1980 [1])
(ICRP 26; Webster 1989 [2])
(ICRP 60; Rosenstein und Webster 1994 [3])
(ICRP 60; Wambersie und Delhove 1993 [4])
(ICRP 26 + ICRP 60; Sherbini und DeCicco 2002 [5])
Für Differenzierung mit/ohne Schilddrüsenschutz (ICRP 60; Niklason et al. 1994 [6]):
E = Hp,c,u(10) + 0,02 (Hp,n,o(0,07) - Hp,c,u(10)) - mit Schilddrüsenschutz
E = Hp,c,u(10) + 0,06 (Hp,n,o(0,07) - Hp,c,u(10)) - ohne Schilddrüsenschutz
mit: Hc,u = Dosimeterwert "Brust" unterhalb der Schürze ("anterior chest position / under-apron dosimeter")
Hn,o = Dosimeterwert "Kopf/Hals" oberhalb der Schürze ("anterior neck position / over-apron dosimeter")
Bei den bisherigen Abschätzungen fallen die unplausibel großen Unterschiede zwischen den Koeffizienten der
Linearkombinationen für die effektive Äquivalentdosis HE (ICRP 26) bzw. effektive Dosis E (ICRP 60) auf.
Dabei werden in der Regel keine Unterschiede bei Geräte- oder Strahlenschutzparametern berücksichtigt.
Zusätzlich werden unterschiedliche Dosisdefinition verwendet.
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Durchführung und Ergebnisse der Neuberechnungen
Zur Ermittlung der Tiefen-Personendosis und der effektiven Dosis des Personals wurden Untersuchungen an
zwei kardiologischen und drei radiologischen Arbeitsplätzen für insgesamt 8 unterschiedliche Geometrien von
Patient und Personal durchgeführt. Die effektive Dosis E wurde gemäß der Publikation Nr. 60 und 103 der ICRP
auf Grundlage von Organdosen bestimmt, die im Alderson-Phantom mit TLDs gemessen wurden. Als Näherung
für die mit den amtlichen Personendosimetern gemessenen Werte der Tiefen-Personendosis Hp(10), die auf eine
Gewebetiefe von 10 mm bezogen ist, wurden mit weiteren TLDs Äquivalentdosen in Höhe der Brust (130 cm)
und des Halses (150 cm) in 10 mm Gewebetiefe bestimmt [7].
Die Messungen wurden aus Gründen der Messgenauigkeit ohne Verwendung der Dauerschutzeinrichtung und
ohne persönliche Schutzausrüstung durchgeführt. Die mit den TLDs ermittelten einzelnen Dosiswerte wurden je nach ihrer Lage im Phantom - mit Abschirmfaktoren multipliziert, um die unterschiedlichen Ausführungen der
persönlichen Schutzausrüstungen zu berücksichtigen. Für jede untersuchte Geometrie wurde durch Variation der
Dicke des Schützenmaterials einzelne "2-Dosimeter-Formeln" bestimmt. Anschließend wurde der Mittelwert der
so erhaltenen Koeffizienten a und b (s.u.) gebildet. Geht man von dem üblichen Ansatz aus, so lassen sich aus
unseren Messergebnissen optimierte Koeffizienten für das 2-Dosimeter-Verfahren ableiten (mit dem Indices 60
bzw. 103 für ICRP 60 bzw. ICRP 103) [8]:
E60 = a60 · Hp,c,u(10) + b60 · Hp,n,o(10)
E103 = a103 · Hp,c,u(10) + b103 · Hp,n,o(10)
(ICRP 60)
(ICRP 103)
ohne Schilddrüsenschutz:
a60
= 0,71 ± 0,16
a103
= 0,60 ± 0,11
b60
b103
=
=
0,073 ± 0,008
0,094 ± 0,014
mit Schilddrüsenschutz:
a60
= 0,71 ± 0,15
a103
= 0,60 ± 0,11
b60
b103
=
=
0,016 ± 0,005
0,047 ± 0,010
Schlussfolgerungen
Aufgrund des Modells der ICRP 103 zeigt sich, dass die Personendosimetrie mit nur einem Dosimeter unter der
Schutzkleidung die effektive Dosis in einem höheren Maße unterschätzt als die Berechnungen auf Basis der
ICRP 60 erkennen lassen. Der Doppeldosimetrie sollte daher in Zukunft eine größere Bedeutung zukommen als
bisher. Die hier angegebenen Koeffizienten sind aufgrund des Designs ihrer Herleitung für einen großen
Energiebereich und ein breites Spektum von Röntgenuntersuchungen anwendbar. Sie liegen bei Berechnung auf
Basis von ICRP 60 zahlenmäßig zwischen den in [3] und [6] angegebenen Werten. Für den Strahlenschutz des
Personals folgt, dass dem Schutz der Organe des Kopf-Hals-Bereichs mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden
muss und verstärkt ortsfester Strahlenschutz für diesen Bereich eingesetzt werden sollte.
Literatur
[1]
[2]
[3]
[4]
[5]
[6]
[7]
[8]
Gill JR, Beaver PF, Dennis JA. The practical application of ICRP recommendations regarding dose
equivalent dimits for dorkers to dtaff in diagnostic X-ray departments. 5th International Congress of the
International Radiation Protection Association, Book of Papers 1 (1980) 15-18
Webster EW. EDE for exposure with protective aprons. Health Phys 56: 568-569; 1989.
Rosenstein M, Webster EW. Effective dose to personnel wearing protective aprons during fluoroscopy
and interventional radiology. Health Phys 67: 88-89; 1994.
Wambersie A, Delhove J. Radiation protection in diagnostic radiology, a debated practice: how to wear
the individual dosimeters. J Belgian Radiol 76: 382-385; 1993
Sherbini S, DeCicco J. Estimation of the effective dose when protective aprons are used in medical
procedures: a theoretical evaluation of several methods. Health Phys 83: 861-870; 2002.
Niklason LT, Marx MV, Chan HP. The estimation of occupational effective dose in diagnostic
radiology with two dosimeters. Health Phys 67: 611-615; 1994.
Lachmund J. Zur Quantifizierung der biologische relevanten Strahlenexposition von Beschäftigten in
der Radiologie und Kardiologie. Dissertation Universität Bremen 2005. Aachen: Shaker-Verlag, 2005.
von Boetticher H, Lachmund J, Hoffmann W. Effective dose estimation in diagnostic radiology with
two dosimeters: impact of the 2007 recommendations of the ICRP. Health Phys 2008; im Druck
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