Länderreport Indonesien

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Länderreport Indonesien
Länderreport Indonesien
Von Elias Arnold und Uwe Rittmann
Reisen bildet: Indonesien ist ein Archipel mit rund 250 Mio. Einwohnern verteilt auf ungefähr
17 Tausend Inseln (ca. 6000 davon bewohnt) und damit der viert bevölkerungsreichste Staat
der Welt und zugleich die drittgrößte Demokratie der Welt. Die Hauptstadt von Indonesien ist
Jakarta auf der Insel Java. Indonesien ist aufgeteilt in 31 Provinzen und ist stark vom Islam
geprägt. Dennoch gibt es in Indonesien fünf Staatsreligionen Islam, Christentum, Hinduismus,
Buddhismus und Judentum. Geografisch erstreckt sich Indonesien in nord-südlicher
Ausdehnung über 1882km, in west-östlicher Ausdehnung über 5114km. Das Klima ist subtropisch, im Schnitt zwischen 25°C und 27°C bei einer relativen Luftfeuchte von 95%.
Indonesien zählt zu den größten Regenwaldgebieten der Welt.
In den vergangenen Jahrzehnten wurde Indonesien von verschiedenen Naturkatastrophen
erschüttert. Indonesien liegt auf dem sogenannten Feuerring, in der sich die Australische
Kontinentalplatte unter die Eurasische Kontinentalplatte schiebt. Deshalb sind Erdbeben an
der Tagesordnung. Aber auch Vulkanausbrüche oder Tsunamis. Wie zum Beispiel am
25.Dezember 2004, als ein solcher Tsunami die Nord-Westküste der Provinz Nanggroe Aceh
Darussalam und die Insel Nias (Provinz Sumatra Utara) traf. Alleine in diesen Provinzen
starben weit über 300Tausend Menschen.
Bei den Wahlen des Staatspräsidenten im Juli 2014 konnte der Gouverneur von Jakarta Herr
Joko Widodo, auch genannt "Jokowi", die Mehrheit hinter sich vereinen. Er steht für
Nachhaltigkeit, Korruptionsbekämpfung und für wirtschaftliche Entwicklung und Wachstum.
Er ist ein Mensch aus dem Volk, stammt aus einer Tischlerfamilie und war selbst
Möbelproduzent und Möbelhändler. Er verkörpert einen vollkommen anderen Typus von
Politiker, er ist volksnah, hält Besprechungen direkt auf Parkbänken ab, fährt einen
Mittelklassewagen, fliegt Economy Klasse und versucht auf die alltäglichen Belange der
Menschen einzugehen. Er pflegt einen offenen und transparenten Politikstil.
In den vergangenen Jahren lag das Wirtschaftswachstum im Schnitt bei 6% pro Jahr.
Haupterzeugnisse sind neben der Industrieproduktion, landwirtschaftliche Erzeugnisse,
Tourismus, Bodenschätze und die Öl –und Gasförderung.
Die Möbelproduktion ist in Indonesien weit verbreitet. In nahezu jedem kleinen Ort gibt es
Tischler die für den Ort in einer Art Bautischlerei, die Kunden bezogene Produkte anbieten,
vorzugsweise mit lokalen Materialien wie Teak, Bambus oder Rattan, arbeiten. Neben diesen
kleinen Herstellern gibt es eine Vielzahl (ca. 4.000) von mittelständischen Unternehmen mit
einem Binnenumsatz von $700Millionen US$ (in 2012), die sich hauptsächlich in den
Regionen Bandung, Surabaya und im Umfeld von Jakarta befinden. Bali ist weltweit bekannt
für seine hervorragenden Rattan Möbel. Die größten Industrie-Unternehmen Indonesiens
sind u.a. Furniplus, Gatramapan, WAHANA, Informa, Olympic Furniture.
Während der Binnenmarkt für Möbel kontinuierlich wächst, schwächelt der Export. Auf Grund
von stockende Investitionen in die Infrastruktur (marode Straßen, zerstörte Häfen und
mangelnd organisierte Flughäfen), kämpfen die Unternehmen mit Logistikproblemen und
dementsprechend Qualitätsmängel durch Beschädigungen. Im Vergleich mit anderen
Tigerstaaten belegt Indonesien im Möbelexport nur den 3. Platz - hinter Vietnam und
Malaysia.
Neben diesen Herausforderungen hat sich Indonesien zu einem hoch attraktiven
Produktionsstandort für Investoren in die Möbelproduktion entwickelt, da die Personalkosten
des Landes vergleichbar gering sind und es eine hohe Verfügbarkeit von Fachkräften gibt.
Des Weiteren ist der Zugang zu Rohstoffen wie Bambus, Holz, Rattan ein entscheidender
Faktor. In Indonesien werden z.B. ca. 85% aller weltweit verkauften Rattan Möbel hergestellt.
Ausländische Investoren kommen vor allem aus China.
Nach bereits mehreren erfolgreich abgeschlossenen Projekten in Indonesien während der
vergangen Jahre konnte SCHULER Consulting wieder einen aufstrebenden
mittelständischen Möbelhersteller als Kunden gewinnen. Der Kunde produziert hauptsächlich
auftragsbezogene Küchen und Einbauschränke und verwendet dabei in der Holzbranche
übliche Materialien wie Spannplatte, MDF sowie Sperrholz. Das Projekt wurde bereits im
August dieses Jahres gestartet und wird nun Ende dieses Monats mit der Fertigstellung einer
3D Animation der gesamten Produktion sowie der Außenanlagen zum Abschluss gebracht
werden. Der Fokus des Projektes lag bei einer strategischen Neuplanung der Fertigung
welche aus einem existierenden Teil sowie eines Erweiterungsbaues bestand und mehrerer
praktisch orientierter Workshops in verschiedenen Feldern. Die wesentlichen Ziele des
Kunden lagen auf einer signifikanten Kostenminimierung sowie auf einer gleichzeitig höheren
Flexibilität in der Fertigung, um die auch in Indonesien ansteigenden Wünsche der
Endkunden gerecht zu werden.
Um diese Ziele erreichen zu können wurde das Projekt in mehrere Schritte unterteilt. Der
erste Schritt bestand aus einer tiefgehenden Analyse in welcher sämtliche Teilbereiche der
Produktion durchleuchtet wurden. Hier wurden von der Auftragserfassung über die
technische Konstruktionsprinzipien bis hin zu der Endmontage der Möbelteile alle
wesentlichen Daten erfasst und analysiert. Ein Ziel dieser Analyse war die Entwicklung einer
neuen Produktionsstrategie. Diese wurde im Anschluss an die Analyse mit dem Kunden
diskutiert und kontinuierlich an seine persönlichen Wünsche sowie an landestypische
Gegebenheiten angepasst. Im
Laufe des
Projektes
wurden
so mehrere
Materialflussvarianten sowie Aufstellungspläne der Produktion mit den Hauptmaschinen
erstellt und deren Vor und Nachteile erörtert.
Durch diese Herangehensweise und den engen Kontakt während der gesamten
Projektdauer mit dem Kunden konnte ein maßgeschneidertes Produktionskonzept und
Maschinenaufstellungsplan erarbeitet werden. An dieser Stelle sollte noch erwähnt werden
dass die bestehende Produktion über ca. zwei Jahrzehnte mehr oder weniger ohne Konzept
gewachsen ist. D.h. ein Materialfluss welcher anfangs auf ein bestimmtes Produkt ausgelegt
war ist nun nach mehreren Jahren komplett geändert und ineffizient bezüglich der
Durchlaufzeiten. Durch die systematisch neu geplanten Prozesse konnten so die
Durchlaufzeiten optimiert werden und ein stringenter Materialfluss für eine flexible Produktion
erreicht werden.
Durch die komplette Neustrukturierung konnten im Zuge dieses Projektes auch weitere Ziele,
wie eine Reduzierung der Lagerbestände erreicht werden. Dies wurde durch die Einführung
von KANBAN Prinzipien realisiert. Während mehrtägiger Seminare wurden die Prinzipien
sowie die praktische Umsetzung im laufenden Betrieb implementiert sowie die Arbeiter vor
Ort trainiert. Hier war es wichtig die gesamte Belegschaft mit zu involvieren. Solch eine
komplette Umstellung der Produktion und eine neue Arbeitsweise bedürfen einer
kontinuierlichen Unterstützung des Produktionsleiters was in diesem Fall durch Ressourcen
von SCHULER gemacht wurde.
Während den Seminaren sind auch zuvor definierte Arbeitsplätze neu gestaltet und
Arbeitsabläufe optimiert worden. Der Großteil der Arbeitsplätze war nicht ergonomisch und
ineffizient gestaltet. Durch eine Umgestaltung des bestehenden Aufstellungsplans sowie
kleinerer Investitionen in neue Werkzeuge und Transporteinrichtungen konnten
ergonomische Arbeitsplätze geschaffen werden welche den Arbeitern auch bei einer
schweißtreibenden hohen Luftfeuchtigkeit die Arbeit erleichtern und sie nicht so schnell
ermüden lassen. Durch solch eine Arbeitsplatzgestaltung lässt sich ein Großteil der nicht
gewinnbringenden Tätigkeiten innerhalb der Fertigung eliminieren. Nach erfolgreicher
Umstellung der Maschinen sowie kontinuierlichen Umsetzung der im Training vermittelten
Fertigkeiten lässt sich der Unterschied von der vorherigen Situation zum Ist- Zustand auch
monetär messen. Es konnten so bis zu einer Stunde Zeitersparnis pro Tag und Arbeitsplatz
erzielt werden, was einer möglichen Kapazitätserhöhung von 10-15% entspricht.
Ein wesentlicher Teil der Seminare vor Ort war auch die Implementierung der zuvor für den
Kunden entworfenen Transportsysteme. Um einen effizienten Materialfluss von einer zur
nächsten Produktionszelle zu gewährleisten mussten abhängig von den Losgrößen neue
Transportsysteme entwickelt werden. Für die Korpus Teile wurde so zum Beispiel ein
Transportcontainer modifiziert welcher für die Möbelteile im Produktionsprogramm passend
war. Diese simple doch intelligente Lösung ermöglicht im Vergleich zur alten Variante einen
schonenden Transport der Teile sowie eine einfache Handhabung beim Transport welche
sich positiv auf die Häufigkeit der Transportbeschädigungen auswirkt.
Des Weiteren wurde auch das weithin bekannte 5S-System für den gesamten Betrieb
eingeführt. Hier war vor allem wichtig ein Regelwerk aufzustellen welches konsequent
einzuhalten ist.
Nachdem all die grundlegenden Fragen bezüglich des Materialflusses und der Arbeitsplätze
geklärt waren ging es an die technische Konstruktion der Möbel. Wie schon zu Anfang
erwähnt handelte es sich um ein über die Jahre gewachsenes Unternehmen. Dieser
Umstand ist gerade im Hinblick auf die Vielzahl der möglichen Konstruktionen suboptimal.
So werden zu viele Varianten eines Möbelstückes mit minimal unterschiedlichen Maßen
gefertigt. Diese Unterschiede sind für den Endkunden nicht sichtlich, bedeuten aber für die
Produktion einen nicht geringen Mehraufwand. So wurden während des Projektes auch
beispielhaft einige der Spitzenreiter des Produktionsprogramms analysiert und standardisiert.
Eine der wesentlichen Umstellungen ist die Einführung einer Dübel-Schraubverbindung
welcher die bestehende Konstruktion ablöst.
Sämtliche Teilschritte des Projektes wurden zu Beginn des Projektes budgetiert sowie die
laufenden Betriebskosten kalkuliert. Die erforderlichen Neuinvestitionen in Maschinen,
welche nötig waren um das Produktionsvolumen nahezu zu verdreifachen, wurden während
des Projektes einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung unterzogen sowie verschiedene
Maschinentypen in Betracht gezogen. Der hauptsächlich aus dem Hause HOMAG
stammenden existierenden Maschinen wurden daraufhin sinnvoll ergänzt oder auch
modifiziert um den Anforderungen des neuen Produktionsmodells gerecht zu werden.
In einem weiterführenden Projektschritt bezüglich einer Optimierung des gesamten
Informationsflusses geht es nun darum sämtliche Aufträge digital zu erfassen und zu
bearbeiten. Zurzeit geschieht dies noch alles manuell und mit Hilfe von Excel Tabellen und
manuell erstellten CAD Zeichnungen. Ein weiterer Meilenstein nach der Strategischen
Produktionsplanung und Optimierung ist nun die Automatisierung der gesamten
Auftragserfassung bis hin zur Anbindung der Maschinen an einen Fertigungsleitrechner. In
einem ersten Schritt werden zunächst alle Produkte in einem CAD/CAM System angelegt
welches die gesamte Konstruktion erleichtert und auch viele menschliche Fehlerquellen
während dieses Schrittes ausschließt. Sämtliche Daten wie die Teilelisten, Montagepläne etc.
sollen mit Hilfe dieser Software automatisch erzeugt und an eine Optimierungssoftware für
den Zuschnitt weitergegeben werden.
Mit all den Schritten welche bisher durchgeführt worden sind, sowie den aktuellen
Bemühungen, hat sich das Unternehmen von einem kleinen eher schreinereiartig
aufgebauten Betrieb in ein industriell strukturiertes und geführtes Unternehmen gewandelt.
Diesen Schritt mitzuerleben und auch mitzugestalten war und ist eine Herausforderung
welche am Ende ein sehr befriedigendes Resultat geliefert hat. Wir freuen uns mit diesem
dynamischen Unternehmen in die Zukunft zu gehen und an deren Erfolg aktiv mitzuwirken.
Die Autoren leben und arbeiten seit vielen Jahren in Asien.
Elias Arnold und Uwe Rittmann