weitere Informationen - Tierärztliche Praxis Müller + Neumann

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Abbildung 1: Wenige Tage alte Papageien in der „Baby-Station“ des Loro Parque
Probleme bei der Handaufzucht:
Omphalitis/Nabelinfektion
Daniel Neumann, Waldbreitbach, & Heiner Müller, Puerto de la Cruz, Spanien
Als Omphalitis bezeichnet man die Entzündung des Bauchnabels. Kurz vor
dem Schlupf eines Vogels wird der Dottersack in die Körperhöhle zurückgezogen, und der Nabel schließt sich (Abb.
2). Dieser natürliche Zugang zur Körperhöhle des Embryos ist zum Zeitpunkt
des Schlupfs aber nicht immer vollständig geschlossen (Abb. 3). Ein offener
Nabel bietet einen perfekten Lebensraum für pathogene (krankmachende)
Mikroorganismen, die sich ansiedeln
und vermehren können, was zu einer
Nabelentzündung führt.
Dringen die Erreger über die Nabelpforte in den Vogelorganismus ein, kann es
zur Entzündung innerer Organe kommen und als weitere Komplikation eine
Sepsis (Blutvergiftung) entstehen. Darunter versteht man die Streuung der
Erreger über die Blutbahn in den gan-
zen Körper. Eine Sepsis bedroht massiv
das Leben der Jungtiere.
Da sehr junge Nestlinge noch nicht über
ein ausgereiftes Immunsystem verfügen,
sind gerade bei ihnen vorbeugende
Maßnahmen von enormer Bedeutung.
Hat die Prophylaxe jedoch nicht den
erhofften Erfolg, muss beim ersten Auftreten von Symptomen schnell gehandelt werden.
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KRANKHEITEN
Abbildungen 2 und 3: Links der perfekt verschlossene Nabel eines Hellroten Ara-Kükens (Ara
macao); rechts der Nabel eines zwei Tage alten Schlüpflings, ebenfalls ein Hellroter Ara; die
Nabelpforte ist noch nicht vollständig verschlossen und sollte behandelt werden
Häufig wird eine beginnende Entzündung des Nabels, die sich auch noch bei
wenige Tage alten Vögeln entwickeln
kann, erst spät erkannt. Als Ursachen
kommen unsachgemäße Schlupfhilfe,
Hygienemängel in der Unterbringung
der Nestlinge und/oder allgemeine
Schwäche eines Tieres infrage. Bei der
künstlichen Bebrütung von Eiern müssen die spezifischen Bedürfnisse der
jeweiligen Spezies berücksichtigt werden, vor allem hinsichtlich der relativen
Luftfeuchte, aber auch der Inkubationstemperatur. Ist die gewählte Temperatur
beispielsweise geringfügig höher als die
für die Art typische Mitteltemperatur,
kommen die Jungen schneller zum
Schlupf, was einen nicht vollständig eingezogenen Dottersack zur Folge haben
kann (Abb. 4).
Wundheilungsstörungen der Nabelnarbe mit Krustenbildung, Farbveränderung des Nabels und seiner Umgebung
ins Rote oder Braune und Austritt von
Flüssigkeit/Wundsekret können in manchen Fällen beobachtet werden. Weitere
Symptome, die auf eine Omphalitis hindeuten können, sind: verminderte tägliche Gewichtszunahmen; ein gespann416
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tes, verkrampftes Abdomen; Verdauungsstörungen, die sich anfangs durch
eine verlangsamte Kropfentleerung bemerkbar machen. Letzteres lässt sich
besonders leicht feststellen, wenn Nestlinge gleichen Alters zur selben Zeit gefüttert wurden. In den meisten Fällen
wird es nach einem problemlosen
Schlupf mit anschließender hygienischer
Unterbringung nicht zu Nabelentzündungen kommen, es hat sich jedoch bewährt, bei künstlich erbrüteten Papageien als eine der ersten prophylaktischen
Maßnahmen die Nabeldesinfektion regelmäßig und bei allen Schlüpflingen
durchzuführen.
Kommt es trotz allem zur Nabelinfektion, muss der Tierarzt schnell eingreifen, um das Leben des Jungtiers zu retten. Die Behandlung hängt von der Ausdehnung des Entzündungsprozesses und
der Art des Erregers (Bakterien oder
Pilze) ab. Ist die Entzündung örtlich
begrenzt und nur die Nabelnarbe betroffen, wird dieser Bereich gereinigt, lokal
wird eine desinfizierende Salbe (z. B.
Jodsalbe) aufgetragen und das erkrankte Tier mit einer systemischen Gabe
eines Antibiotikums und/oder Antimy-
kotikums versorgt. Ist der Entzündungsprozess weiter fortgeschritten und innere Organe wie Leber, Darm oder der bei
Schlüpflingen noch im Bauch vorhandene Dottersack sind beteiligt, kann eine
chirurgische Intervention notwendig
werden. Hierbei wird nach Eröffnen des
Abdomens der entzündlich veränderte
Dottersack entfernt und der Wundbereich anschließend wieder vernäht. Zu
den postoperativen Maßnahmen zählen
nun ebenfalls eine Antibiotika- und Flüssigkeitstherapie sowie lokale Desinfektionsmaßnahmen.
Besonderes Augenmerk muss auf die
hygienische Haltung bei der Handaufzucht gerichtet werden, vor allem die
Unterbringung der Schlüpflinge ist zu
überprüfen. Werden die Substrate, auf
denen die Tiere sitzen, nicht regelmäßig
erneuert, steigt auch hier die Infektionsgefahr.
Bei Naturbruten kommt es weitaus seltener zu Nabelinfektionen. Gründe hierfür
sind die optimale Erbrütung und Pflege
durch die Elterntiere. Ausnahmen bestätigen natürlich auch hier die Regel,
sodass eine diesbezügliche Kontrolle der
KRANKHEITEN
Abbildungen 4 und 5: Links der nicht vollständig eingezogener Dottersack eines frisch geschlüpften Allfarbloris (Trichoglossus haematodus); die Nabeldesinfektion wird mittels steriler Wattestäbchen und einer Desinfektionssalbe oder -lösung durchgeführt (rechts)
Jungen auch aus diesem Grunde sinnvoll ist.
In der Baby Station des Loro Parque
werden die Papageien in den ersten sieben bis zehn Lebenstagen getrennt voneinander untergebracht (Abb. 1), jeder
erhält sein kleines „Nest“. Das hat entscheidende hygienische Vorteile. Die
Jungen haben keinen direkten Kontakt
zu den Ausscheidungen anderer Tiere,
und man kann den abgesetzten Kot
jedem Individuum zuordnen, was für
eine eventuell notwendige Diagnostik
sehr hilfreich ist. Als Unterlagen werden
vom Personal der Handaufzuchtstation
gefertigte Küchenpapiernester verwendet, die nach jeder Fütterung und natürlich bei Bedarf schnell ausgewechselt
werden können. Die Papageien werden
täglich von einem Tierarzt in Augenschein genommen. Besondere Aufmerksamkeit wird dem Nabelbereich gewidmet, der mit einem mit Jodsalbe versehenen sterilen Tupfer prophylaktisch
desinfiziert wird. Wird eine Infektion des
Nabels festgestellt, muss rasch die oben
erwähnte Therapie eingeleitet werden.
Parallel zur sofort beginnenden Behandlung werden immer eine Bestimmung
des vorliegenden Erregers sowie ein
Resistenztest durchgeführt. Leider kann
man nicht auf die Ergebnisse dieser
Untersuchungen warten, da sich in der
Zwischenzeit die Erreger massiv vermehren können.
Fallbeispiel
Bei einem Breitbinden-Allfarblori (Trichoglossus h. haematodus, Abb. 7) wurde Schlupfhilfe geleistet, nachdem er
sich einen halben Tag nach Anpicken
der Schale nicht aus dem Ei befreit
Tipp 1: Wird ein frisch geschlüpfter
Papagei dem Inkubator entnommen,
sollte sofort die erste Nabeldesinfektion durchgeführt werden. Am einfachsten wird mit einem Wattestäbchen
(besser einen sterilen Tupfer verwenden) eine desinfizierende Salbe (z. B.
Jodsalbe) auf den Nabelbereich aufgetupft. Diese Behandlung sollte in den
ersten drei bis fünf Lebenstagen im
Rahmen der Fütterung mindestens
einmal täglich durchgeführt werden
(Abb. 5).
hatte. Dabei zeigte sich, dass die Gefäße
des Allantoiskreislaufs zwar fast blutleer
waren, der Nabel jedoch noch recht weit
offen war. Bei der Entnahme aus dem Ei
kam es zu leichten Blutungen, eine Nabeldesinfektion wurde nicht vorgenommen. Der Züchter setzte das Jungtier
anschließend zu anderen Papageienschlüpflingen, die ebenfalls von Hand
aufgezogen wurden. Hierbei kam es
zum Kontakt mit dem Kot dieser Jungvögel. Am nächsten Tag war der noch
immer offene Nabel des Loris mit angetrocknetem Kot verklebt. Am dritten Tag
war eine deutliche Rötung des umliegenden Gewebes zu erkennen. Daraufhin
wurde der Nabel des Loris mit warmer
Kochsalzlösung gründlich gereinigt, anschließend desinfiziert, und es wurde
eine antibiotische Behandlung gestartet.
Das als Unterlage im Aufzuchtbehälter
verwendete Küchenpapier wurde von
nun an öfter, d. h. nach jeder Fütterung
ausgewechselt. Die orale Antibiose wurde sieben Tage lang durchgeführt und
der Nabel fünf Tage lang morgens und
abends mit einer Jodsalbe bestrichen.
Bereits nach kurzer Zeit kam es zum
Nabelschluss, und die Rötung ging
zurück.
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KRANKHEITEN
Tipp 2: Die meisten Papageien, die
von Hand aufgezogen werden, sind in
kleinen Schüsseln untergebracht, die
beispielsweise mit Küchenpapier,
Stofftüchern, Maishäcksel o. Ä. ausgepolstert werden. Zu einer guten Hygienepraxis gehört das Auswechseln dieser Substrate nach jeder Fütterung
oder zwischendurch nach Bedarf
(Abb. 6).
Abb. 6 (oben): das Substrat in
den Behältern der Küken –
das Foto zeigt zwei Große Soldatenaras (Ara ambiguus) –
sollte regelmäßig gewechselt
werden, um die Keimbelastung in der unmittelbaren
Umgebung zu mindern und
Infektionen zu verhindern
Abb. 7 (rechts): Nach erfolgter
Behandlung kam es bei dem
Breitbinden-Allfarblori-Küken
(Trichoglossus h. haematodus)
zur stetigen Abheilung des
Nabelstumpfes
Hier zeigte sich wieder, dass ein schnelles Reagieren größere Probleme verhindern kann. Eine prophylaktisch durchgeführte Desinfektion sofort nach dem
Schlupf sowie ein konsequentes Hygienemanagement hätten wahrscheinlich
diese milde Nabelinfektion verhindert.
Zusammenfassung
Selbständig geschlüpfte, fertig entwickelte Junge, die unter optimalen Bedingun418
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gen untergebracht werden, erkranken in
wenigen Fällen an einer Nabelinfektion.
Meist sind es die Tiere, die bereits Probleme beim Schlupf hatten, geschwächt
sind oder nicht optimal und hygienisch
untergebracht werden, bei denen eine
Entzündung auftritt. Um aber kein Risiko einzugehen, sollte man die Nabeldesinfektion generell bei allen künstlich
erbrüteten Schlüpflingen durchführen.
Diese prophylaktische Maßnahme
nimmt nicht viel Zeit in Anspruch und
hilft, eine aufwendige Behandlung im
Krankheitsfalle weitgehend zu vermeiden.
Anschrift der Autoren:
Tierarzt Daniel Neumann
Tierarzt Heiner Müller
In der Au 5
56588 Waldbreitbach
Fotos: von den Autoren