JOCHEN HEINKE Der Rom-Pilgerweg

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JOCHEN HEINKE Der Rom-Pilgerweg
JOCHEN HEINKE
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Der Rom-Pilgerweg
(nach dem Itinerar des Albert von Stade in den Annales Stadensis)
Rom-Pilgerweg Abschnitt Meiningen – Würzburg
Die Rom-Pilgerwege des Albert von Stade
INHALT
I.
Die historische Pilgeroute in der Altstraßenforschung ...................................................................................3
Die Untersuchung des Stader Itinerars durch Herbert Krüger in den Stader Jahrbüchern 1956 und 1957 ...3
tabellarischer Vergleich der Entfernungsangaben Alberts von Stade mit den heutigen Strassen .................4
Von Würzburg nach Meiningen .......................................................................................................................4
Die einzelnen Abschnitte in näherer Betrachtung ..........................................................................................5
II. Die mögliche künftige touristische Nutzung des Rom-Pilgerweges als Radwander- und Wanderroute ..........10
Diese ehrenamtlich erstellte Ausarbeitung soll es erleichtern, den zwischen Thüringer Wald und Main durch
viele Gemeinden, zwei Bundesländer, fünf Landkreise sowie zwei kreisfreie Städte führenden Abschnitt des
Rom-Pilgerweges nach dem Stader Itinerar zu lokalisieren.1 Ich habe dazu soweit möglich die die
Altstraßenliteratur des Gebietes auswertet und hier die Inhalte zusammengefasst. 2
Da ich in den letzten Jahren auch mit der touristischen Wegweisung in drei der fünf Landkreise tätig war, ist es
mir möglich, auf dieser Basis auch Vorschläge für die touristische Nutzung als Wander- und Fahrradroute zu
machen.
Keinesfalls möchte ich mich allerdings in die Kompetenzen der einzelnen Etappenorte einmischen. Diese Arbeit
könnte allerdings die Grundlage für die Abstimmung in dem genannten Gebiet sein.
Jochen Heinke, im Dezember 2007
2
I.
DIE HISTORISCHE PILGEROUTE IN DER ALTSTRAßENFORSCHUNG
Um die Wende zum ersten Jahrtausend kam das Pilgern geradezu in Mode. Wenn auch die Motivation
bestimmt eine andere war, ist es sicherlich nicht falsch, die damaligen Pilger als Ahnen der heutigen
Rucksackwanderer zu bezeichnen.
Versucht man sich eine Vorstellung von dem Ausmaß der Pilgerfahrten im Mittelalter zu machen, so kann man
sie am ehesten mit dem heutigen Massentourismus vergleichen. Besonders zwischen dem 13. und 15.
Jahrhundert war ein Anstieg der Reisen zu verzeichnen. Dazu beigetragen hatte die Ausweitung des Handels
und auch die nun erhältlichen Wegebeschreibungen, denn viele Pilger berichteten nach Ende ihrer Pilgerfahrt
über das Erlebte. Daraus entstanden regelrechte Reiseführer, nach denen sich die nachfolgenden Pilger
orientierten.
Wenn im Freundeskreis die Diskussion aufkommt, welches der richtige oder kürzeste Weg zu einem
Urlaubsziel ist, wird häufig das Sprichwort „Viele Wege führen nach Rom“ gebraucht. Im Grunde bedeutet es,
dass man auf vielen unterschiedlichen Wegen zu seinem Ziel gelangen kann, auch wenn man dabei Umwege in
Kauf nimmt. Aber vielleicht auch, dass jeder seinen eigenen Romweg hat, denn der beginnt an der eigenen
Haustür.
So auch die Romwege zweier Pilger, die sich im 13. Jahrhundert auf den Weg nach Rom machten. Beide
notierten sich die Stationen ihrer Reise und verfassten entsprechende Reisebeschreibungen. Der eine kam aus
Island und nannte sein Itinerar „Hauksbók“. Der andere war der Albert, Abt des Klosters zu Stade.
Beide Reisebeschreibungen führen Etappenorte im Gebiet zwischen Main und Thüringer Wald auf, sodass
diese Pilgerrouten die erste urkundliche Nennung der Straße zwischen Thüringer Wald und Main beinhalten.
Der hier ausgewählte Rom-Pilgerweg des Abtes ist allerdings der Rückweg von Rom. Auf dem Hinweg zog
Albert von Stade durch Belgien und Frankreich nach Rom. Jedoch wird die Bedeutung der Rückreiseroute
durch das isländische Itinerar deutlich verstärkt: Das Hauksbók beschreibt mit kleinen Unterschieden in der
Routenführung die gleiche Route als den Weg nach Rom.
Albert von Stade wurde Ende des 12. Jahrhunderts in Niederdeutschland geboren. Er war erst Prior, danach
Abt des Klosters St. Mariae Virgis in Stade. Im Jahre 1236 unternahm er seine Romreise, über die er in seiner
Weltchronik, den Annales Stadensis, zum Jahre 1240 berichtete. Sein Itinerar ist in den beiden Chroniken aus
den Jahren 1151 und 1152 als fiktives Gespräch enthalten.
DIE UNTERSUCHUNG DES STADER ITINERARS DURCH HERBERT KRÜGER IN DEN STADER
JAHRBÜCHERN 1956 UND 1957
Herbert Krüger, durch seine Arbeiten über Altstraßen, besonders aber durch sein Buch über „Das älteste
Deutsche Routenhandbuch, Jörg Gails Raissbüchlin“ bekannt, hat in den Jahren 1956 und 1957 eine
umfassende Untersuchung des Stader Itinerars veröffentlicht. Die beiden hervorragenden Aufsätze enden
leider, ohne dass die Route von Augsburg bis Stade näher untersucht worden ist. Er setzte möglicherweise
voraus, den Interessierten sei der Verlauf des der Abschnitts zwischen Augsburg und Würzburg aus dem
„Raissbüchlin“ bekannt.
Zwischen Augsburg und Rothenburg folgt die Route des Abtes der heutigen romantischen Straße, ab dem
Mittelalter Teil der Geleitstraße von Augsburg nach Frankfurt. Von Rothenburg bis Würzburg ist sie mit den
3
Stationen Aub und Ochsenfurt in Gails „Raissbüchlin“ aufgeführt. Es gilt also, den Verlauf des Romweges
zwischen Würzburg und Meiningen zu untersuchen.
TABELLARISCHER VERGLEICH DER ENTFERNUNGSANGABEN ALBERTS VON STADE MIT DEN
HEUTIGEN STRASSEN
Die Methodik, die Entfernungsangaben des Abtes mit denen der heutigen Entfernungen auf unseren Straßen
zu vergleichen und damit den relativ großräumig beschriebenen Routenverlauf einigermaßen zu bestimmen,
wird auch im Folgenden auf die Strecke zwischen Würzburg und Meiningen (Gotha) angewandt.
Bemerkenswert: Krüger hat für den gesamten Hinweg von Stade nach Rom errechnet, dass Albert von Stade
mit seinen Entfernungsangaben durchaus richtig lag: Er errechnete auf der fast 2500 km langen Strecke eine
Differenz von nur -9,8 %. 3 Eine erstaunliche Leistung, wenn man bedenkt, dass weder Kilometerzähler noch
Taschenuhr Verfügung standen.
VON WÜRZBURG NACH MEININGEN
Die Routenbeschreibung des Albert von Stade ist für die Region Main-Rhön-Werra von besonderer Bedeutung:
Es ist die erste Nennung der uralten Straße, die vom Thüringer Wald nach Würzburg führt.
Zwar gibt es Hinweise, dass schon im Jahre 1078 auf dieser Straße Kaiser Heinrich IV mit seinem Heer vom
Main zur Schlacht bei Strowa (Nähe Mellrichstadt) gezogen sei könnte. Heinrich IV wurde dort von einem aus
Sachsen heranrückenden Heer Rudolfs von Schwaben geschlagen.4
Die Routenbeschreibung des Albert von Stade ab Würzburg:
Bis Schweinfurt sind es 5 M; 3 M bis Münnerstedt; 1 M bis Neustadt, 4 M bis zur Werra nach Meiningen, 2 M
bis Schmalkalden, 5 M bis Gotha;
Da im 13. Jahrhundert der Wechsel von den alten, meist abseits der Städte liegenden Hochstraßen zugunsten
der neueren Talstraßen vollzogen war, dürften für fast alle Abschnitte nur die Talstraßen infrage kommen. Der
nachstehende Vergleich der Angaben Alberts von Stade mit den heutigen Entfernungen basiert auf der
Routeneinzeichnung in meinen Kartenabschnitten von Würzburg bis Schmalkalden und orientiert sich mit
geringen Ausnahmen am heutigen Straßennetz. Auf die Differenzen wird bei der Behandlung der einzelnen
Abschnitte eingegangen.
Abschnitt
Entfernung im Itinerar
Würzburg – Werneck –Schweinfurt oder
Würzburg – Unterpleichfeld – Theilheim Schweinfurt
Schweinfurt – Münnerstadt durch den
Münnerstädter Graben (das Thal)
Abweichung
in %
38,5 km
5 Meilen = 47,5 km
Schweinfurt – Münnerstadt über Schwarze
Pfütze oder
Kilometer
gemessen*
- 19 %
38,2 km
27 km
-8,5 %-
25,4 km
14 %
3 Meilen = 29,5 km
4
Münnerstadt – Bad Neustadt
1 Meile = 9,5 km
9,8 km
+3%
Bad Neustadt – Mellrichstadt – Meiningen
4 Meilen = 38 km
34,6 km
-9 %
gesamt
13 Meilen = 124,5 km
109,9 km
11,7 %
Meiningen – Schmalkalden über Hochstraße
2 Meilen = 19 km
20,6 km
+8,4 %
5 Meilen = 47,5 km
Ca. 40 km
7 Meilen = 66,5 km
Ca. 60 km
Schmalkalden – Tambach – Gotha und
Schmalkalden – Friedrichsroda - Gotha
gesamt
* mit Ausnahme des Abschnitts zwischen Schweinfurt und
Münnerstadt auf der Basis der Kreis- und Staatsstraßen
Jochen Heinke Stetten/Rhön 11-2007
DIE EINZELNEN ABSCHNITTE IN NÄHERER BETR ACHTUNG
Würzburg – Schweinfurt
Diese Verbindung gehört zu den ältesten
Verkehrswegen in der Region. Doch schon
früh führte der Weg vom Main zum
Thüringer Wald an der Stadt Schweinfurt
vorbei. Hingegen führe die Handelsstraße
von Würzburg über Schweinfurt, Bad
Königshofen, Römhild und Hildburghausen
nach Erfurt über Schweinfurt. Dies erklärt,
weswegen für den frühneuzeitlichen
Zeitraum beide Trassen gebräuchlich waren.
5
Die mögliche Bedeutung dieser Straße, die
sich aus der Route des Rom-Pilgerweges im
Mittelalter ergibt, war zum Ende des
Mittelalters und in der Frühneuzeit nicht
mehr vorhanden. Zwar dürfte sie weiterhin
für den Handel zwischen Thüringen und
Mainfranken gebräuchlich gewesen sein. Der
wichtige überregionale Handelsverkehr
verlief allerdings östlich des Gebietes von
Nürnberg über Coburg nach Erfurt und
Leipzig sowie westlich von Frankfurt über
5
Hersfeld und Eisenach nach Erfurt und Leipzig.
Bis zum Bau der Würzburger Chaussee Ende des 18. Jahrhunderts waren für die Verbindung vom Main zur
Werra zwischen Würzburg und Werneck sowie zwischen Geldersheim und Münnerstadt unterschiedliche
Trassen gebräuchlich. Das großräumige Stader Itinerar gibt leider keine genaue Auskunft und lässt viel
Spielraum dafür, welche Straßen es zwischen Würzburg und Schweinfurt vorsah.
Nähere Angaben über den Verlauf von Straßen in diesem Gebiet gibt es erst aus der Frühneuzeit.
Die Jung´sche Hochstiftkarte aus den Jahren 1633/34 zeigt – allerdings mit zwei unverständlichen
Ortsangaben - mehrere Trassen, so z. B. die Route Würzburg – Kürnach – Unterpleichfeld – Bergtheim –
Theilheim – östlich Eßleben und Waigolshausen nach Oberndorf und Schweinfurt. Diese Trasse dürfte für
den direkten Weg nach Schweinfurt auf der rechten Mainseite die gebräuchlichste gewesen sein.
Allerdings gibt Jung darin die Zwischenetappen Gerbrunn und Prosselsheim an, die zu erheblichen
Umwegen führen würden. 6
Das anonyme Itinerar „Kronn und Ausbundt aller Wegweiser“ aus dem Jahre 1597 führt neben
Unterpleichfeld auch Schwanfeld als Etappenstation auf. 7
Die Jung’sche Straßenkarte „Totius Germaniae Novum Itinerararium Studio et Opere Iungiorium
Elaboraratum“ von 1641 zeigt die Strecke Würzburg – Werneck – Münnerstadt – Mellrichstadt –
Meiningen.
Im 18. Jahrhundert wird die Verbindung Würzburg – Unter- und Oberpleichfeld – Dippach - Schwanfeld –
Hergolshausen – Bergrheinfeld – Oberndorf – Schweinfurt genannt.
Schließlich soll ebenfalls im 18. Jahrhundert eine gebräuchliche Route über Schwanfeld und Heidenfeld
geführt und damit zweimal den Main gequert haben.
Egal welche der vielen Möglichkeiten für die Route Albert von Stades infrage kommt: Der Vergleich ergibt bei
allen eine Abweichung, die etwa bei -19 % liegt.
Schweinfurt – Münnerstadt
Auf dem Wege vom Main zum Thüringer Wald führte die Route schon sehr früh über Geldersheim und damit
an Schweinfurt vorbei. 8 Warum Albert von Stade über Schweinfurt zog und das Isländer Itinerar die Stadt nicht
nannte, kann heute nicht mehr nachvollzogen werden.
Nach Schäfer verlief die „rechte Straß“ von Schweinfurt etwa dem alten Verlauf der Bundesstraße 286
entsprechend über Dittelbrunn, bog allerdings auf der folgenden Höhe nach Norden ab, führte über den
Hamberg und den Maiberg und ließ dabei Hambach östlich liegen. In der Nähe der heutigen Einmündung der
Straße von Holzhausen erreichte sie die Straße nach Pfändhausen. Von Pfändhausen nahm sie wahrscheinlich
den direkten Weg, der östlich am Hesselberg vorbei nach Rannungen führte.9
Von Rannungen aus kommen zwei Trassen infrage:
Als Hochstraße über die Schwarze Pfütze bzw. das Lange Schiff ,
Durch den Münnerstädter Graben (Thal) nach Münnerstadt.
6
Aus der Nennung des Ortes Rannungen als Station auf dem Weg von Würzburg nach Neustadt schließt
Schäfer10, dass die in der Neuzeit gebräuchliche Hauptroute vorbei an der Thalkirche durch das Thal nach
Münnerstadt geführt habe. Dem kann ich mich nicht anschließen.11 Die m. E. den Verkehrsverhältnissen im
13. Jahrhundert eher entsprechende Romwegroute dürfte über das Lange Schiff geführt haben und
Münnerstadt auf dem Wirzburger Weg durch das Obere Tor erreicht haben.
Die Abweichungen liegen mit -8,5 % für die Route über die Schwarze Pfütze und -14 % für die durch das Thal
im normalen Rahmen.
Münnerstadt – Bad Neustadt
Nach Dinklage 12 verlief die Hauptstraße von Münnerstadt nach Bad Neustadt bis zum Jahre 1369 auf der
westlichen Seite der Lauer (also wie die heutige B 19). Sie lief um den Höhberg herum und zog danach am Fuß
der Berge auf festem Grund über Salz nach Bad Neustadt. 13
Die Entfernungen differieren hier mit +3 % erstaunlich wenig.
Bad Neustadt – Meiningen
Mellrichstadt fehlt als Etappenort in den Aufzeichnungen des Abtes – in denen der Isländer ist es genannt.
Doch es gibt beinahe keine Möglichkeit, auf
dem Wege nach Meiningen an Mellrichstadt
vorbei zu ziehen.
Für das Tal der Fränkischen Saale und das
Streutal konnte bisher wegen fehlender
Altstraßenrelikte und Hinweise aus alten
Urkunden der Verlauf der alten Straße nicht
lokalisiert werden. Es ist anzunehmen, dass
die Route dort im Tal verlief.
Aus der Salzforstkarte aus dem 16.
Jahrhundert wissen wir, dass die Mündung der
Streu in die Fränkische Saale auf einer
Hochstraße umgangen werden konnte, die bei
Brend ihren Ausgang nahm und über den
Altenberg führte.
Nur schwer denkbar ist, dass sie auch nördlich
von Unsleben als Hochstraße an Mittelstreu
und Oberstreu vorbei nach Mellrichstadt
führte. Denn für eine das Streutal auf den
Höhen begleitenden Hochstraße ergeben sich
beim Studium der topografischen Karten keine
Hinweise und vergleichsweise zahlreich sind
auch die links und rechts einmündenden
Seitentäler, die für eine solche Hochstraße nur
schwer überwindbare Hindernisse darstellen
7
würden. Und es gibt keinerlei Hinweise darauf.
In diesem Zusammenhang muss kurz auf die These
von Armin Ender aus Meiningen zur sogenannten
„Hohe Straße“ von Bad Neustadt nach Schmalkalden
eingegangen werden. 14
Ender war der Meinung, dass es eine in Bad Neustadt
beginnende „Hohe Straße“ gab, die über
Frickenhausen, vorbei an Mellrichstadt, durch das
Ellenbacher Tal, über die Hochfläche von
Dreißigacker, die Werra bei Walldorf querende und
über Wallbach nach Schmalkalden zog. Unabhängig
davon, dass es in diesem Gebilde einzelne
Straßenverbindungen gab, ist dies jedoch für den
Abschnitt von Bad Neustadt über Frickenhausen zur
Streu zwischen Mellrichstadt und Stockheim
auszuschließen.
Bei der genannten Hohen Straße dürfte es sich
zwischen Mellrichstadt und Meiningen um den
Vorläufer der Chaussee von Meiningen nach
Würzburg handelt, deren Trasse seit uralten Zeiten
begangen wird. Dies erklärt sich nicht zuletzt aus der
Lage der Schanz oberhalb von Henneberg und der Burg selbst.
Die Anlage der Dörfer Oberstreu, Mittelstreu, Unsleben und Heustreu mit ihren Hauptstraßen ist in
Fließrichtung der Streu ausgerichtet. Doch liegen die Dörfer mal östlich mal westlich der Streu, was dafür
spricht, dass es bereits lange vor dem Würzburger Chausseebau schon eine durch das Tal führende Straße gab,
die auf Hochwasser freien Trassen verlief. Die heutige alte Nepomukbrücke der ehemaligen B 19 bei
Mittelstreu wurde allerdings Ende des 18.
Jahrhunderts im Zuge des Würzburger Chausseebaus
errichtet.
Bei der Verbindung zwischen Mellrichstadt und
Meiningen dürfte es sich um einen Vorläufer der
Chaussee von Meiningen nach Würzburg handeln. Dies
erklärt sich nicht zuletzt aus der Lage der Schanz
oberhalb von Henneberg und der Burg selbst.
Für die Route zwischen Bad Neustadt und Meiningen
wurde im Wesentlichen der Verlauf auf der
ehemaligen Chaussee und der ehemaligen B 19
herangezogen. Daraus ergibt sich eine Differenz von
-9 % .
8
Meiningen- Schmalkalden - Gotha
Ziemlich unstrittig dürfte sein, dass für den Weg von Meiningen nach Schmalkalden damals nur die sogenannte
Hohe Straße infrage kam. 15 Sie ist noch heute mit den Bezeichnungen Hoher Weg und Hohe Straße in den
topografischen Karten eingezeichnet. 16
Der mutmaßliche Verlauf: Von der Werra beim Georgshof ging es
als Kammweg vorbei an Wallbach über den Ringelsberg, die
Schwallunger Berge, Steinkopf, Heltzberg, Türkenhof und
Herrenkuppe nach Schmalkalden. Die Entfernung zwischen
Meiningen und Schmalkalden auf dieser Route ist ca. 8,4 % länger
als die Angaben des Abtes.
Schmalkalden - Tambach - Gotha
Welchen Weg Albert von Stade von Schmalkalden über den
Thüringer Wald nach Gotha nahm, wird sich sicherlich so nicht
mehr feststellen lassen. Drei Übergänge über den Thüringer Wald
in diesem Gebiet sind schon früh bezeugt:
Die „Alte Ausspanne“ ist seit dem 14. Jahrhundert als Kreuzung des
Rennsteiges mit einer alten Straße, die durch den Nesselgrund kam,
nachweisbar.
Die „Ebertswiese“, ein sumpfiges Wiesengelände im Quellbereich
des Baches Splitter, wurde bereits 1039 als „Everhardesbruccon“
und 1143 als Eberhardsbruggen erwähnt. Sie war Grenzpunkt sowie die Hauptübergangsstelle der alten Straße
über den Thüringer Wald.
Die Flurbezeichnung „Am Kreuz“ beim sogenannten „Possenröder Kreuz“ kennzeichnet den alten Übergang des
mittelalterlichen Straßenverkehrs zwischen Franken und Thüringen. Der Name weist auf die Rodung eines
Bosso hin (1039 Bussonrod, 1616 Bosserode) hin. Das Kreuz wurde erstmals 1522 erwähnt. 17
9
II. DIE MÖGLICHE KÜNFTIGE TOURISTISCHE NUTZUNG DES ROM-PILGERWEGES ALS
RADWANDER- UND WANDERROUTE
Im Gebiet zwischen Meiningen und Würzburg gibt es ausreichend Straßen, die dem historischen Verlauf der
Pilgeroute relativ authentisch folgen, sodass keine speziellen Aufwendungen nötig sind, um der Route folgen
zu können.
Auch um die Route als Wander- und Radwanderroute auszuweisen, sind keine besonders großen
Aufwendungen nötig, denn das Gebiet verfügt über ein relativ engmaschiges Radwander- und
Wanderwegenetz. Dies wird die touristische Nutzung des Rom-Pilgerweges wesentlich erleichtern und durch
die meistenteils bereits vorhandene und deswegen ggf. auch nur zu ergänzende Beschilderung auch nur
geringe Kosten verursachen.
Obwohl Albert von Stade den Rom-Pilgerweg durch das Gebiet zwischen Main und Thüringer Wald als
Rückreiseroute beschrieben hat, muss die touristische Nutzung und Beschreibung in jedem Falle in
Gegenrichtung erfolgen. Grundsatz sollte dabei sein, dass man sich möglichst nahe an den – meist zwar nur
vermuteten - Trassen orientiert und Umwege nur dann in Kauf nimmt, wenn sich touristisch keine anderen
Routen zum Wandern und Rad fahren ergeben.
Vermieden sollten auf jeden Fall große Umwege zu Sehenswürdigkeiten oder Andachtsstätten, die zur Zeit Abt
Alberts noch nicht vorhanden waren. Pilgern, die zu diesen Zielen reisen möchten, sollten sie als „Abstecher“
(mit Rückweg zum Abzweig von der Route) angeboten werden. Die Route darf also nicht, wie leider häufig bei
anderen Pilgerrouten festzustellen, im „Zickzack“ durch das Land führen. Sie soll gradlinig auf dass Ziel „Rom“
ausgerichtet bleiben.
Touristischer Weg von Meiningen nach Mellrichstadt
Von Meiningen über Sülzfeld, Hermannsfeld, Eussenhausen nach Mellrichstadt verläuft der Radfernweg
Meiningen – Haßfurt, den ich im Rahmen des Fahrradtouristischen Konzeptes für die LK Rhön-Grabfeld und
Haßberge zwischen 2003 und 2006 konzipiert habe. Bis Sülzfeld dürfte er dem historischen Weg entsprechen;
mangels geeigneter Wege entlang der ehemaligen B 19 über Henneberg und die Schanz nach Eussenhausen
käme nur noch die Strecke über Hermannsfeld durch das Ellenbacher Tal infrage, die auch für den historischen
Weg des Stader Itinerar nicht auszuschließen ist.
Touristischer Weg von Mellrichstadt nach Bad Neustadt
Zwischen Mellrichstadt und Bad Neustadt kommt der Radfernweg Main-Werra in Kombination mit dem
Streutal-Radweg sowohl für Pilger zu Fuß als auch für Radwanderer infrage. Ab NES-Herschfeld könnte die
Streckenführung so abgeändert werden, dass die Route an der Martinskirche in Brend vorbei über die
Brendbrücke zur Innenstadt führt.
Touristischer Weg von Bad Neustadt nach Münnerstadt
Wander- und Radwanderroute verlassen Bad Neustadt durch die Salzpforte oder das Hohntor in Richtung Salz,
wo die verschollene Pfalz Karls des Großen vermutet wird.
Auf dem Main-Werra-Weg geht es zum Höhberg und auf dem neuen Geh- und Radweg zum Park & Ride Platz
Burglauer; von dort durch die Lauerwiesen nach Münnerstadt.
10
Touristischer Weg von Münnerstadt nach Schweinfurt
Die Route verlässt Münnerstadt durch das Obere Tor und könnte aus historischen Gründen ebenso zum
Langen Schiff wie durch den Münnerstädter Graben (das Thal) verlaufen. Doch ist der Weg durch das Thal
touristisch reizvoller.
Für die Fahrrad-Pilger kommt deswegen bis Rannungen wieder der Radfernweg Main-Werra infrage, ggf. auch
für die Fußwanderer, die dann vor Rannungen ca. 2 km auf einer allerdings gering befahrenen Straße laufen
müssten. Danach entspricht die weitere Führung über Pfändhausen bis Hambach in dem oben beschriebenen
historischen Verlauf und könnte auf bestehenden oder derzeit im Bau befindlichen Geh- und Radwegen
erfolgen.
Fußwanderer könnten ab Rannungen auch den „Schweinfurter-Haus-Weg“ bis zur Schweinfurter Innenstadt
nutzen. Ziel beider Routen sollte das Rathaus in der Schweinfurter Innenstadt sein.
Touristischer Weg von Schweinfurt nach Würzburg
Wie oben dargelegt, ist der genaue Verlauf der Route zwischen Schweinfurt und Würzburg ebenfalls nicht
bekannt. Noch vor dem Würzburger Chausseebau im 18. Jhd. werden unterschiedliche Routen zwischen
Würzburg und Werneck bzw. Geldersheim genannt. Sinn macht es deswegen, sich am heutigen Verlauf der
B 19 zu orientieren und dann Wege zu suchen, die in parallelem Verlauf nicht allzu weit von dieser Achse
entfernt verlaufen.
Die historische Route, wie sie Schweinfurt verlassen hat, dürfte über Oberndorf nach Bergrheinfeld geführt
haben. Diese Strecke ist heute sowohl für Radler als auch für Fußgänger wenig reizvoll, weswegen die Route
vom Rathaus zunächst zum Main und danach nur einige hundert Meter parallel zur historischen Route Fluss
abwärts nach Bergrheinfeld führen sollte.
Die bisherige gute Infrastruktur für Wanderer lässt leider ab Bergrheinfeld nach. Für den weiteren Weg zu Fuß
nach Würzburg auf autofreien Wegen kommt eigentlich nur der Radfernweg Main-Werra mit örtlichen
Wanderwege-Kombinationen infrage, streckenweise auch der Fränkische Marienweg. Man muss allerdings
einen Umweg über Mühlhausen und Rieden in Kauf nehmen, bis sich die Route wieder der Achse nähert, von
der sie sich dann bis Maidbronn kaum mehr als 3 km entfernt.
Wenn man dem historischen Verlauf der Route als Fahrradroute am nächsten kommen möchte, geht es auf
Radwegen von Schweinfurt nach Bergrheinfeld und von dort nach Hergolshausen. Von Hergolshausen über
Theilheim nach Schwanfeld allerdings auf einer wenig geeigneten Straße. Ab Schwanfeld wieder auf
markierten Radwegen über Heilgenthal nach Unterpleichfeld, Kürnach und Estenfeld. Weiter auf örtlichen
Würzburger Radwegen zur Würzburger Innenstadt bzw. zum Main.
1
LK Schmalkalden-Meiningen, LK Rhön-Grabfeld, LK Bad Kissingen, LK Schweinfurt, Stadt Schweinfurt, LK Würzburg, Stadt Würzburg
2
Die Zusammenfassung darf nur für die Konzeption des Romweges verwendet werden. Veröffentlichungen, auch auszugsweise,
bedürfen meiner Zustimmung.
3
Herbert Krüger: Das Stader Itinerar des Abtes Albert aus der Zeit um 1250; in: Stader Jahrbücher 1956 und 1957 Teil 1 S. 120.
11
4
Würzburger Chronik I 1924; S. 148 (nach Hans Peter Schäfer in: „Die Entwicklung des Straßennetzes im Raum Schweinfurt bis zur
Mitte des 19. Jahrhunderts“ Historischer Verein Schweinfurt e.V. und Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e. V. Würzburg;
1976; S. 49)
5
Hans Peter Schäfer in: „Die Entwicklung des Straßennetzes im Raum Schweinfurt bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts“ Historischer
Verein Schweinfurt e.V. und Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e. V. Würzburg; 1976; S. 74 ff
6
Schäfer w.o. S. 132
7
Schäfer w.o. S. 134
8
Hans Peter Schäfer in: „Die Entwicklung des Straßennetzes im Raum Schweinfurt bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts“ Historischer
Verein Schweinfurt e.V. und Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e. V. Würzburg; 1976; mehrere Passagen zu diesem
Thema
9
Schäfer w. o. S. 138
10
Wie oben Anmerkung V S. 144 ff
11
Der häufig genannte Ausschließungsgrund für den Wirzburger Weg ist, dass die Straße einen unnötigen Anstieg zu nehmen hätte.
(von 245 m NN auf 365 m NN) Dabei wird ganz vergessen, dass auch der Anstieg aus dem Thal hinauf nach Rannungen nicht
unbeträchtlich ist (von 245 m NN auf 348 m NN).
M. E. erfährt der Straßenknotenpunkt Schwarze Pfütze in der Altstraßenforschung viel zu wenig Aufmerksamkeit. Denn eine der
ältesten Straßen vom Main zum Neustädter Becken führte von der Schwarzen Pfütze durch das Lange Schiff und das Seelenholz über
Burghausen, Reichenbach und Burglauer nach Bad Neustadt. Auch ist einen alte Straße anzunehmen, die von der Schwarzen Pfütze
nahe an dem vorzeitlichen Gräberfeld im „Vorderholz“ und an der Hunburg vorbei nach Burghausen und Burglauer führte.
12
SCHÄFER, HANS PETER „Die Entwicklung des Straßennetzes im Raum Schweinfurt bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts“ Historischer
Verein Schweinfurt e.V. und Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte e. V. Würzburg; 1976; Seite 50
13
Wie Anmerkung III
14
Armin Ender: Alte Straßen- und Wegeführungen im Raum Meiningen; in Urgeschichte und Heimatforschung Band 24 S. 52 ff; Weimar
1987
15
Wobei ich die Ausführungen von Armin Ender in „Alte Straßen- und Wegeführungen im Raum Meiningen“ veröffentlicht in
„Urgeschichte und Heimatforschung“ Weimar 1987; Band 24 S. 52 ff, bzgl. der Hohen Straße ab Mellrichstadt bis zur Werra nicht teile.
Diese von Schmalkalden herziehende Hohe Straße zielt ganz eindeutig in den Bereich Gleimershausen – Stedtlingen –Willmars –
Ostheim und nicht nach Mellrichstadt.
16
Z. B. Digitale Topografische Karte 1: 50.000 Thüringen
17
Informationen nach Veröffentlichungen von Dr. Volker Wahl, VEB-Tourist-Verlag Berlin und Leipzig 1985
12