esperienze 11/12 - Renaissance-Studien
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ESPERIENZE 2011/2012 Deutsch-Italienische Studien Studi Italo-Tedeschi Inhalt Wohnungssuche - Come trovare una casa a Firenze...............................4 Didaktik an der Universität Florenz (Matthias Edeler)...........................6 Kursberichte...........................................................................7 Accademia della Crusca - il più bel fior ne coglie (Mara Nogai)................18 Nützliche Adressen etc. .................................................................20 Über ein paar Nettigkeiten und Unnettigkeiten im florentinischen Alltag (Lea Hensen).................................................................................23 Giardino delle Rose (Julia Rahmann)..................................................26 Il Mercatino di Natale (Karina Kreß)....................................................27 Wing Kung Fu (Helena Milas)............................................................28 Evangelische Kirchengemeinde in Florenz (Tjalke Weber)..................29 Eine Wanderung auf dem Anello del Rinascimento (Riccardo Imperiale)...30 Il Festival dell’Oriente (Helena Milas).................................................32 Volterra und San Gimignano - ein Ausflug ins Mittelalter (Karina Kreß)......34 Impressum................................................................................36 Wohnungssuche - come trovare una casa a Firenze Bei Mara und mir ist die Wohnungssuche insgesamt sehr gut verlaufen und wir hatten das große Glück, sofort auf die richtigen Leute zu treffen. Sicher hat der Umstand, dass wir als Paar zusammenziehen wollten, von vorne herein zu unseren Gunsten gespielt. Wir hatten zuvor schon in Deutschland auf lapulce.it und bakeca.it Anzeigen aufgegeben (unsere Angaben betrafen: die gewünschte Größe und Lage der Wohnung, das Kostenlimit, den voraussichtlichen Zeitraum des Mietverhältnisses und natürlich Angaben zu uns selbst). Vor allem auf bakeca.it hatten wir viel und gute Resonanz bekommen und konnten so vor unserer Ankunft in Italien durch E-Mail-Kontakt vier Termine zur Besichtigung ausmachen. Die ersten drei Tage in Florenz haben wir im Hotel verbracht. Glücklicherweise hat sich dann gleich der erste Besichtigungstermin an unserem ersten Morgen in Florenz als Volltreffer herausgestellt. Den zweiten Termin haben wir im Grunde nur aus Höflichkeit zum Anbieter wahrgenommen und weil er am selben Tag stattfand. Abends haben wir dann zunächst telefonisch dem Vermieter der ersten Wohnung zugesagt und, als wir dessen Bestätigung hatten, die Termine des nächsten Tages abgesagt. In die Wohnung konnten wir dann direkt an dem Morgen einziehen, an dem wir das Hotel verließen. Insgesamt sind unserer Meinung nach vor allem folgende Kriterien zu beachten: - Wenn ihr eine Kaution an den Vermieter auszahlt (was die meisten fordern), tut dies niemals ohne schriftlichen Beleg!! Einen Mietvertrag stellen leider die wenigsten Vermieter aus. Und fragt am besten auch immer nach einer Quittung für die Miete, wenn ihr sie nicht überweist. - Achtet darauf, dass eure Wohnung eine möglichst ruhige Lage hat! Dies ist, gerade wenn man im Zentrum oder in dessen Nähe unterkommen möchte, alles andere als selbstverständlich. Wir wohnten in der Gegend von Campo di Marte, die sicher zu den besseren Gegenden der Stadt gehört. Viel Erfolg bei der Wohnungssuche! Riccardo und Mara Die Wohnungssuche gestaltet sich für mich in diesem Florenzjahr als die größte Herausforderung. Leider hatte ich nicht sehr viel Glück und bin insgesamt dreimal umgezogen. Letztendlich habe aber auch ich die perfekte WG über www.baceca.it gefunden. Also lasst Euch nicht entmutigen, wenn es sich anfangs etwas schwierig gestalten sollte. Julia Meine Wohnung habe ich zum Glück sehr einfach gefunden. Über unseren DISler-Verteiler ging die Email von zwei Mädels aus dem Jahrgang vor uns, die Nachmieter für ihre Wohnung suchten. Darauf habe ich mich gemeldet und bin im September zusammen mit Martina dort eingezogen. Unseren italienischen Mitbewohner haben wir dann über eine Anzeige bei easystanza gesucht. Als wir nach Florenz kamen, hatten wir die Wohnung zwar noch nie gesehen, aber den Schlüssel schon in der Tasche - sehr praktisch! 4 Inzwischen ist es übrigens Tradition geworden: Unsere Nachmieterinnen stammen ebenfalls aus dem DISler-Jahrgang nach uns. Tjalke Mein Zimmer habe ich über easystanza.it gefunden, wo man sich als Wohnungssuchende/r anmelden oder auch einfach anhand gewünschter Kriterien in den bestehenden Anzeigen suchen kann. Anfang August bin ich dann für ein paar Tage nach Florenz gekommen, um mir die WG-Zimmer anzuschauen, die mich interessierten. Einige Termine hatte ich schon im Voraus ausgemacht, weitere kurzfristig vor Ort. Es lohnt sich auf jeden Fall, die Wohnungen persönlich zu besichtigen, weil gerade die, von denen im Internet keine oder wenige Bilder gezeigt werden, in Wirklichkeit oft anders aussehen. Außerdem kann man so gleich die Mitbewohner kennenlernen und wird bei Interesse auch eher denen vorgezogen, die nicht selbst vorbeikommen. Karina Ich hatte das Glück, dass eine Bekannte meiner Mutter mit ihrem calabresischen Mann in Florenz wohnt und ich für die ersten sechs Wochen in ihrem Wohnzimmer wohnen konnte. Von da aus konnte ich mich dann auf richtige Wohnungssuche begeben. Ich hab mir ein paar Unterkünfte angeschaut, mich aber auch relativ schnell entschieden, da mir das Zimmer so gut gefiel. Es befand sich in unmittelbarer Nähe von Piazza Santo Spirito – meiner Meinung nach das schönste Viertel von Florenz – in einer Wohnung zusammen mit zwei anderen Studentinnen aus Serbien-Montenegro. Ein riesen Nachteil stellte sich erst im Winter heraus: es gab im Zimmer nur eine kleine Elektroheizung, die voll aufgedreht nur minimal was hergab, aber ziemlich hohe Stromkosten verursachte. Lea 5 Didaktik an der Universität Florenz Neben den administrativen Strukturen der Universität Florenz gehören wohl gleichfalls die Form der angebotenen Lehre und die Art des eingeforderten Lernens zu jenen Aspekten des Studienortwechsels, die den Studenten die größte Anpassungsleistung abverlangen. Grundsätzlich handelt es sich bei allen Lehrveranstaltungen um Vorlesungen ohne Dozenten-Studenten-Interaktion. Die Rolle des Studenten ist auf die des Zuhörers beschränkt. Seminare oder Übungen, welche der aktiven Beteiligung, sprich der konkreten Wortmeldung des Studenten bedürfen, sind im florentinischen Universitätsalltag nicht vorgesehen. Bei manchen Veranstaltungen ist die Unterbrechung des Dozentenmonologs per Handzeichen erlaubt, um eine Frage zu stellen. Andere Dozenten bitten darum, etwaige Fragen erst nach Beendigung ihres Vortrags vorzubringen. Selbstverständlich gibt es Ausnahmen: Besonders in kleineren Kursen kann es vorkommen, dass der Dozent Fragen an das Auditorium stellt oder sogar versucht, eine wirkliche Interaktion mit den Studenten zu beginnen. Diese Vorstöße gehen stets vom Dozenten aus, sind jedoch in der eigentlichen florentinischen Konzeption von Lehre nicht vorgesehen. Auch die Art des Lernens birgt fundamentale Unterschiede im Vergleich zu Bonn. Dies ist in erster Linie mit der Tatsache verknüpft, dass es sich bei geschätzten neunzig Prozent der Prüfungen um sogenannte Orali handelt; Klausuren werden nur sehr selten geschrieben, Hausarbeiten nie. Selbstständiges wissenschaftliches Arbeiten ist deshalb für den Studenten – vor dem Verfassen der Bachelor-Arbeit – keine Notwendigkeit für ein erfolgreiches Studium. Indes ist der Lese- und Lernaufwand für viele Prüfungen beträchtlich höher als in Bonn. In der Literaturwissenschaft muss in vielen Fällen für eine einzelne Veranstaltung eine beachtliche Anzahl von Werken und Sekundärtexten gelesen werden. In der Sprachwissenschaft geht es oftmals eher um die Wiedergabe von Erlerntem, als um die Anwendung desselben. Vorlesungsskripte der Dozenten gibt es nur in Einzelfällen. Auch wenn dieser Erfahrungsbericht negativ wirken mag, war dies keineswegs die Intention, denn mit den Erfahrungen in Florenz verhielt es sich stets wie mit zwei Seiten einer Medaille: Während man sich in den zwei Jahren an der Universität Bonn an die Interaktion in Seminaren und Übungen gewöhnt und sich fortwährendes Weiterdenken antrainiert hat, lernt man nun im dritten Jahr in Florenz die Qualität und Intensität einer thematisch interessanten, dreimal wöchentlich stattfindenden Vorlesungsreihe schätzen; und auch das hohe Lesepensum hat durchaus positive Seiten, liest man doch in Fließbandarbeit eine Vielzahl kanonischer Werke, zu deren Genuss man sich sonst nie hätte motivieren können. Matthias Edeler 6 Kursberichte Letteratura italiana moderna e contemporanea Prof. Marco Marchi 12 CFU Inhalt: Der Kurs hieß “Federigo Tozzi – Un classico del Novecento”. Der erste Teil des Kurses, d.h. also das Programm für die ersten sechs Creditpoints, beschäftigte sich hauptsächlich mit den sechs Romanen Tozzis sowie natürlich mit dessen Biographie (dies u.a. unter Betrachtung des Briefnachlasses des Autors), und von vornherein auch mit der Einordnung Tozzis in das 20. Jahrhundert, zu dessen Hauptvertretern er zu zählen ist. Im zweiten Teil widmeten wir uns auch den weniger bekannten Werken – lyrische Prosa, Gedichte, Novellen, weitere Prosatexte, Essays etc. – und sollten so eine spezifische Kenntnis des Autors erlangen. Professor Marchi gilt aktuell als einer der größten Forscher auf dem Gebiet, die Begeisterung und Leidenschaft für dessen Werk vermittelte er uns zu jeder Zeit. Kursatmosphäre: Diese unterschied sich innerhalb der beiden Module jeweils sehr stark, da der erste Kursabschnitt fast überfüllt war und der zweite aus weniger als zehn Leuten bestand. Die zweite Hälfte empfand ich insgesamt als deutlich angenehmer, auch wenn weiterhin kaum mündliche Beteiligung gefordert war. Professor Marchi war manchmal schwer zu verstehen, da er etwas undeutlich sprach, beantwortete jedoch gerne Fragen zum Thema und wiederholte die für die Prüfung wichtigsten Aspekte oftmals. Prüfung: Professor Marchi hält die Prüfungen für gewöhnlich im Gegensatz zu anderen Professoren sehr kurz. Mir stellte er nur wenige Fragen. Macht man bei den ersten Fragen einen sicheren Eindruck und versucht von Anfang an, selbst Verbindungen zwischen den verschiedenen Aspekten zu knüpfen, die sich im Laufe des Kurses deutlich als die wichtigsten herauskristallisiert haben, so hat man sehr gute Chancen auf eine gute Note. Die Notizen aus dem Unterricht waren sehr hilfreich und Herr Marchi legte viel Wert auf die Anwesenheit im Unterricht; durch konstante Anwesenheit kann man bei ihm bereits einen guten Eindruck machen. Die Werke musste man im Detail nicht exakt kennen und während der Prüfung musste ich – und soweit ich weiß auch die anderen – keine Textstellen analysieren. Das Lesen der Forschungsliteratur hat mir geholfen, jedoch muss bei weitem nicht alles gelesen werden; es reicht nach Aspekten auszuwählen. Riccardo Imperiale Letteratura italiana Prof. Riccardo Bruscagli 12 CFU Inhalt: „Noi facciamo solo Machiavelli“ – dieses Versprechen Prof. Bruscaglis, das er uns zu Beginn des Kurses gegeben hatte, konnte nicht ganz eingehal7 ten werden, da Machiavelli in seinen Schriften beispielsweise die Predigten Savonarolas thematisierte oder sich mit seinem „Principe“ an Lorenzo de’ Medici wandte und wir somit auch viel über diese und ähnliche Persönlichkeiten erfuhren. Während des Kurses beschäftigten wir uns intensiv mit den politischen, historischen und literarischen Schriften Machiavellis. Ich habe diesen Kurs als große Bereicherung empfunden, da ich u.a. sehr viel über die Florentiner Geschichte erfahren konnte und da es beeindruckend war, beispielsweise die Plätze, auf die sich Machiavelli in seinen Schriften bezieht, persönlich zu kennen und sie selbst quasi täglich zu überqueren. Dieser Kurs war der beste, den ich in Florenz gehabt habe. Der Kurs ist Teil des Studienplans von DAMS, doch nach Absprache mit Herrn Meli konnte ich diesen Kurs besuchen, da Prof. Bruscagli Dekan der Facoltà di Lettere e Filosofia ist und da es ja immer noch „Letteratura italiana“ ist. Ansonsten kann der Kurs auch aus dem Bereich der „scelta libera“ gewählt werden. Kursatmosphäre: Obwohl der Kurs sehr gut besucht war, war es während des Unterrichts unglaublich still, da Prof. Bruscagli jedes Geräusch wahrnahm und dann den Unterricht unterbrach bis es wieder ruhig war. Man sollte am besten nie zu spät kommen und auch nie früher gehen, da Bruscagli Studenten, die dies tun, gerne vor allen ermahnt. Seine Unterrichtsführung hat den Vorteil, dass man dem Unterricht gut folgen kann und sich sehr gut konzentrieren kann. Der Nachteil des Ganzen ist, dass Bruscaglis Art einschüchternd wirken kann. Dadurch darf man sich aber nicht beunruhigen lassen. Nach der ersten Hälfte einer Doppelstunde wurde immer eine 10minütige Pause gemacht. In diesem Intervall war Prof. Bruscagli bezüglich Unklarheiten oder allgemeine Fragen immer ansprechbar. Prüfung: Die Prüfung fand in einem Büro statt und hat nur etwa eine halbe Stunde gedauert. Ich wurde zu der Primärliteratur befragt, habe aber auch immer versucht, Zusammenhänge zu knüpfen und auf die Sekundärliteratur zu verweisen. Dies wurde allerdings nicht erwartet. Es ist notwendig, in den Unterrichtsstunden gut zuzuhören, da auch Details gefragt wurden, die beispielsweise nicht im Manuale standen. Entgegen seinem strengen Unterrichtsstil war Prof. Bruscagli während der Prüfung sehr freundlich. Mara Nogai Letterature Comparate Prof. Mario Domenichelli 6/12 CFU Dreimal wöchentlich bat Herr Domenichelli zur eineinhalbstündigen Vorlesung des von ihm geleiteten Kurses „Letterature Comparate“. Fast immer begann und endete er pünktlich. Die Räumlichkeiten, in denen die Vorlesungen stattfanden, waren hingegen für Lehrveranstaltungen eher ungeeignet: Es handelte sich um einen umfunktionierten, doch trotz seiner Breite in seiner ursprünglichen Funktion erkennbaren Palazzo-Korridor; in die schier unüberblickbaren Tiefen eben 8 dieses Raumes vervielfachten sich die Stuhlreihen ad infinitum. Aufgrund der beachtlichen Größe der Hörerschaft konnte es geschehen, dass man sich genötigt sah, viele Meter vom Professorenpult entfernt Platz zu nehmen. In diesen Fällen gestaltete die überaus schlechte Akustik des Raumes, die durch die Mikrophonnutzung seitens des Professors noch multipliziert zu werden schien, das aufmerksame Verfolgen vieler Veranstaltungen zu einer wahren audiometrischen Herausforderung; … … eine bedauerliche Tatsache, denn Herr Domenichelli verstand es in der Tat, den interessierten Zuhörer mit seinen Reden zu fesseln. In seinem Kurs behandelte er den Europäischen Bildungsroman und Historischen Roman des 19. Jahrhunderts. Hierbei beschränkte er sich nicht auf die bloße Auseinandersetzung mit den verschiedenen Werken, sondern verstand es, ein politisch-gesellschaftliches Europa-Panorama jener Zeit vor dem geistigen Auge der Studenten zu malen, um anschließend die Romane in diesen Kontext einzuordnen. Insbesondere seine Ausführungen zu den düsteren, in der offiziellen Geschichtsschreibung oftmals vernachlässigten Seiten des italienischen Risorgimento fesselten den Studenten – nicht zuletzt, weil Herr Domenichelli seine Vorträge zu dieser Thematik mit besonders viel Herzblut zu halten schien. Der Kurs setzte sich aus zwei 6-Creditpoint-Modulen zusammen: das erste zum Thema „Bildungsroman“, das zweite zum Thema „Historischer Roman“. Beide Teile umfassten ein Vorlesungspensum von dreißig Stunden, sprich von fünf Wochen. Die Module waren im Wert von 6 Creditpoints einzeln wählbar, oder aber man besuchte beide hintereinander und bekam nach erfolgreich absolvierter Prüfung 12 Creditpoints gutgeschrieben. Der Leseaufwand zur Kurs- und Prüfungsvorbereitung war recht hoch: für beide Module: für das erste Modul: für das zweite Modul: ein Sekundärtext ein zweiter Sekundärtext; zwei Romane; zwei Kurzgeschichten ein zweiter Sekundärtext; vier Romane; vier Verfilmungen Die mündliche Prüfung selbst fand im Büro von Herrn Domenichelli statt und dauerte im Durchschnitt zirka dreißig Minuten. Herr Domenichelli stellte zu fast allen gelesenen Werken eine Frage, die meist in Verbindung zu den Leitmotiven seiner Vorlesung stand. Wenn man die Werke gelesen und im Kurs zugehört hatte, war man gut vorbereitet. Intensives Auswendiglernen war nicht von Nöten. Matthias Edeler 9 Letteratura francese Prof. Michela Landi 6/12 CFU Inhalt: Der Titel des Kurses lautete „Il poème en prose e la modernità urbana“. Ich brauchte nur 6 LP und habe den zweiten Teil des Kurses besucht, in dem die „Illuminations“ von Rimbaud und die „Mémoires d´un veuf“ von Verlaine behandelt wurden. Da ich Französisch erst in der Uni gelernt habe und das schon einige Zeit zurücklag, war es sehr schwer für mich, die Texte zu verstehen. Gerade Verlaine bereitete Schwierigkeiten, da für das behandelte Werk keine Übersetzung vorlag. Kursatmosphäre:Teilweise war die Akustik ziemlich schlecht, was vom Raum abhing. Frau Landi ließ viel Leidenschaft in Bezug auf die Thematik erkennen und vertiefte sich oft so sehr in den Unterricht, dass sie die Zeit aus den Augen verlor. Es war leicht zu erkennen, worauf sie allgemein Wert legte. In unserem Kurs war das vor allem die formale Ebene der Texte. So hat sie z.B. oft die Laute, die die Schriftsteller verwendeten sehr detailliert und sprachwissenschaftlich erläutert. Für Fragen nach der Stunde war sie offen und hat diese stets freundlich beantwortet. Prüfung: Der Umfang der Prüfung war relativ groß für nur 6 CFU. So sollten wir zu den zwei besprochenen Schriftstellern noch die Werke und die wichtigsten Wirkungsbereiche von sieben anderen französischen Autoren des 19. Jahrhunderts kennen sowie die wichtigsten politischen und literarischen Ereignisse dieses Jahrhunderts, auch wenn Frau Landi diese Themenbereiche während des Unterrichts fast nie erwähnt hatte. Während der Prüfung war Frau Landi sehr freundlich und sehr anspruchsvoll. Die Prüfung dauerte etwa 45 min. Zunächst sprachen wir über Baudelaire und das 19. Jahrhundert im Allgemeinen, danach sollte ich einen Text von Verlaine analysieren, wobei ich mir den Text selbst aussuchen durfte. Bei der Textanalyse ließ sich Frau Landi durch eigene Ansätze oder Beobachtungen beeindrucken. Mara Nogai Letteratura spagnola Prof. Martha Luana Canfield 6/12 CFU Letteratura spagnola setzte sich aus zwei Modulen zu insgesamt 12 CFU zusammen. Wenn man, wie ich, nur 6 Punkte brauchte, konnte man sich aussuchen, welchen der beiden Teile man besuchen wollte. Im zweiten Modul wurden vier Werke aus dem Età d’Oro behandelt: Die Egloga I von Garcilaso de la Vega, eine Pastoraldichtung, die Gesänge von zwei unglücklich verliebten Schäfern repräsentiert; der anonym publizierte Schelmenroman La vida de Lazarillo de Tormes; Ausschnitte aus beiden Teilen des ersten modernen Romans Don Quijote de la Mancha von Miguel de Cervantes; das Drama La vida es sueño von Pedro Calderón de la Barca, das die Vermischung von Traum und Wirklichkeit thematisiert. 10 Auch wenn der Inhalt des Kurses in Bezug auf die 30 Unterrichtsstunden relativ umfangreich erscheint, ging Prof. Canfield nicht nur oberflächlich auf die Literatur ein, sondern besprach alle Werke genau und textnah: Es wurden Ausschnitte vorgelesen und bezüglich des Inhalts und Stils analysiert. Gleichzeitig vermittelte sie Informationen über Autoren, Entstehung und Wirkung und beantwortete Fragen ausführlich. Selbst wenn man Spanisch erst in der Uni zu lernen begonnen hatte, war es kein Problem, dem Kurs zu folgen, da der Unterricht auf Italienisch gehalten wurde und wir die Literatur zwar entweder im Original auf Spanisch lesen konnten, aber zu jedem Buch auch eine italienische, deutsche oder englische Übersetzung zu finden war. In der Prüfung, die wir mündlich entweder bei Prof. Canfield oder ihrer Assistentin, die schon die Vorlesungen über Lazarillo de Tormes gehalten hatte, ablegten, wurden zu allen besprochenen Werken Fragen gestellt. Einerseits musste man über den Inhalt Bescheid wissen, andererseits teilweise auch recht detailliert die Hintergrundinformationen zu Autor oder Entstehungsgeschichte kennen. Diese bezogen sich auf Notizen aus dem Unterricht und das manuale (Carlos Álvar: Storia della letteratura spagnola. Il Medioevo e l’Età d’oro), das neben der Primärliteratur vorzubereiten war. Fakten aus dem manuale, die sich nicht auf die gelesenen Werke bezogen, wurden nicht abgefragt. Karina Kreß Letteratura inglese Prof. Ornella De Zordo 12 CFU Inhalt: Fünf Romane (Jane Austen „Persuasion“, Charles Dickens „David Copperfield“, R. L. Stevenson „The strange case of Dr. Jekyll and Mr. Hyde“, Virginia Woolf „To the lighthouse“ und schließlich Angela Carter „The Bloody Chamber“) galten als Orientierungspunkte, welche uns durch die englische Literaturgeschichte vom romanticismo bis zur Gegenwart führten und vertiefend analysiert wurden. In jeder der fünf Einheiten wurde uns zu Beginn ein ausführliches Epochenbild vorgeführt, die Lebensgeschichte des Autors und zuletzt das Werk selber geschildert. Was das 20. Jahrhundert anging, so erläuterte uns Prof.essa De Zordo hier noch zusätzlich einige Strömungen unabhängig von der Lektüre. Weiterhin wurden eine zusätzliche Stunden eingebaut, welche drei theoretische, den Roman im spezifischen betreffende Texte erklären sollten. Lernaufwand: Zusätzlich zu den auf englisch verfassten Romanen sollten wir uns einen umfangreichen Reader kopieren, welcher fünf Interpretationen der behandelten Werke, ein manualetto der englischen Literaturgeschichte und einige zusätzliche theoretische Abhandlungen enthielt. Auch wenn letztendlich den Unterrichtsmitschriften das meiste Gewicht zukam, so diente die Sekundärliteratur als erforderliches Ergänzungsmaterial, weswegen meiner Meinung nach der Lernaufwand ziemlich groß war. 11 Kursatmosphäre: Ich würde die Kursteilnehmer auf etwa 80 Studenten schätzen. Dank der ausreichend großer Kursräume war die Atmosphäre angenehm und die Vorlesung gut zu verfolgen, besonders aufgrund der Deutlichkeit der Vorträge, die einem besonders zu Anfang den Einstieg in den italienischen Unialltag erleichtern. Prüfung: Die Prüfung wurde schriftlich abgelegt und bestand aus drei allgemein formulierten Fragen, eine, in der die Entwicklung des romanzo dargestellt werden sollte, der Rest betraf zwei Romanen und deren Thematiken (wie „Dr.Jekyll & Mr. Hyde e il doppio“), in der man also aufgefordert wurde, alles niederzuschreiben, was einem zu den gegebenen Anhaltspunkten einfiel. Helena Milas Lingua inglese Prof. Nicholas Brownlees 6 CFU Wer noch ein paar Punkte im Bereich scelta libera absolvieren und nebenbei seine Englischkenntnisse auffrischen möchte, für den ist dieser Kurs ideal. Er kann nach Rücksprache mit Prof. Brownlees auch als ”non frequentante” belegt werden. Für die Prüfung gilt es dann, anhand eines in der copisteria erhältlichen Arbeitsheftes eigenständig die Basis-Grammatik des Englischen und Themen wie ”Language of News and Advertising” zu erarbeiten. Das Heft (inkl. Lösungen) ist schnell durchgearbeitet, die Aufgaben einfach und der Schwierigkeitsgrad entspricht etwa dem gymnasialen Englischunterricht. Dürfte also kein Problem sein. Prüfungsform: Schriftliche Prüfung. Ja, ausnahmsweise darf man sich wieder einmal wie bei einer Klassenarbeit fühlen! Die Aufgaben in der 90minütigen Klausur ähneln denen aus dem Arbeitsheft und sind ohne Probleme zu bewältigen. Ein Teil besteht aus Grammatikübungen und Multiple-ChoiceFragen zum Heft, der andere aus freier Textproduktion. Das Ergebnis bekommt man in der nächsten Sprechstunde des Dozenten mitgeteilt. Fazit: Eine ideale Gelegenheit, mit wenig Aufwand den scelta libera-Bereich zu komplettieren. Und zum Teil machen die Aufgaben sogar richtig Spaß. Tjalke Weber Lingua croata Prof. Vlatka Gott 12 CFU Kurs: Der Kurs galt dem Erlernen der Sprache. Zusätzlich wurde speziell in diesem Jahr (leider kann ich nicht sagen, ob es im nächsten beibehalten wird) noch einige Stunden abgehalten, die der Landeskunde nahe kamen und in der u.a. morphologische oder phonetische Ähnlichkeiten oder Unterschiede zwischen dem Kroatischen und der polnischen und tschechischen 12 Sprache herausgefiltert wurden. Die Landeskunde hier wurde aber nicht nur auf Kroatien beschränkt, eigentlich sollte auch den Vorlesungen über die anderen beiden Länder beigewohnt werden. Hauptsächlich strebte man hier wohl einen engeren kulturellen Austausch und eine engere kulturelle Zusammenarbeit zwischen den Ländern an. Kursatmosphäre: Mein Kurs bestand aus einem Kern von vier Studenten. Im ersten und zweiten Semester erhielten wir je nachdem Zuwachs von einem englischen Erasmus-Studenten oder Studenten aus anderen Kroatischkursen. Sollte es zu einer Umlegung der Stunden kommen, wie in meinem Fall im Mai, so kam man in den Genuss eines Privatunterrichts, der aber sehr angenehm verlief. Lernaufwand: Wer noch nie Erfahrungen mit slawischen Sprachen gemacht hat, der wird sich vermutlich anfangs einer Herausforderung gegenübersehen, denn das Kroatische erwies sich für mich mit sieben Kasusfällen, einer beachtlichen Kollektion von Endungen, geschlechterspezifischen Vokabeln und einer Vielfalt von Ausnahmefällen, in der Grammatik wie auch bei den Verben, als Herausforderung. Zwar erfordert dieser Kurs ein regelmäßiges Studium, allerdings ist er vom Lernaufwand her zu bewältigen. Auch was das zusätzliche theoretische Lektorat anging, denn hier wurde uns eine Liste mit den möglichen Prüfungsfragen ausgehändigt, zusammen mit dem ausführlichen Vorlesungsmaterial, welches man in den Stunden durchgegangen war. Prüfung: Der Kurs sieht eine schriftliche und eine mündliche Prüfung vor. Einen Teil der schriftlichen Prüfung hatten wir bereits im Winter abgelegt. In dieser Prüfung mussten wir einige Seiten mit grammatischen Aufgaben bearbeiten, schließlich einige Fragen zu einem kurzen Text beantworten; im Mündlichen wurde uns bereits zuvor eine Liste der Fragen ausgehändigt, eine Auswahl davon schließlich abgefragt (etwa drei Fragen aus der Liste) und zusätzlich sollten wir unser kroatisches Sprachvermögen unter Beweis stellen, beispielsweise durch Vorstellungsgespräche. Helena Milas Antropologia Culturale Prof. Elena Giusti 6 CFU Inhalt: Gegenstand des Kurses war eine allgemeine Einführung in die Disziplin der Kulturanthropologie. Professorin Giusti erklärte mit viel Interesse und Freude was Kulturanthropologie überhaupt bedeute, wie sie sich entwickelt habe und auf welchen verschiedenen Konzepten sie beruhe. Es wurde sich mit verschiedenen Begriffen wie Kultur, Zivilisation und mit dem Verhältnis von Mensch zur Kultur auseinandergesetzt. Über eine allgemeine Einführung hinaus wurden die Bereiche Erinnerung und Utopie thematisiert. Kursatmosphäre: Der Kurs wurde von zahlreichen Studenten besucht. Trotz der hohen Teilnehmerzahl ging Professorin Giusti jedoch gerne auf Fragen ein. Sie hat eine angenehme Art den Stoff zu vermitteln. Die akustischen 13 Verhältnisse waren trotz der vielen Studenten angenehm. Prüfung: Die Prüfung wurde mündlich abgelegt. Die Vorlesung basierte auf einem manuale und zwei weiteren Büchern. Zu allen dreien wurde man geprüft. Julia Rahmann Estetica musicale Prof. Marcello De Angelis 6 CFU Ein zentrales Thema des Kurses war die Rolle der Musik im Zeitalter des Risorgimento. So wurden als Grundlage die Ideen Giuseppe Mazzinis besprochen, der der Musik eine große gesellschaftliche Bedeutung zuschreibt; gerade Volkslieder oder patriotische Hymnen stärken das Gemeinschaftsgefühl und tragen dadurch andererseits zum Verständnis anderer Nationen bei. Davon ausgehend setzten wir uns mit Giuseppe Verdi auseinander, der nach Mazzini in seinen Opern das Ideal der risorgimentalen Musik verkörpert, weil er in scheinbar einfach gestrickten Kompositionen musikalische und emotionale Tiefe schafft, auch das einfache Volk anspricht und somit seinen eigenen Patriotismus weitergibt. Parallel setzten wir uns mit der Musikästhetik im Wandel der Zeit auseinander: Während das bello ideale noch im 18. Jahrhundert anhand melodischharmonischer Reinheit und formaler Perfektion definiert wurde, bewertete man Musik später eher nach ihrer Ausdrucksstärke und der Fähigkeit, den Zuhörer zu bewegen. Es besuchten nur etwa 15 Studenten den Kurs, die Atmosphäre habe ich daher als sehr angenehm und persönlich wahrgenommen. Prof. De Angelis verstand es, die Kursteilnehmer mit seinem Vortrag zu fesseln, der über den Inhalt der zu lesenden Literatur hinausging und zu eigenen Gedanken über Ästhetik und Wirkung von Musik anregte. Besonders positiv fand ich auch, dass wir beispielsweise Aufnahmen früher Volkslieder anhörten und Aufzeichnungen von Opernaufführungen anschauten, sodass das Besprochene so nicht auf rein theoretische Ebene blieb. Zur Vorbereitung auf die mündliche Prüfung waren drei Bücher zu lesen: Marcello De Angelis: La musica considerata filosoficamente (schließt Filosofia della musica von Giuseppe Mazzini ein), Enrico Fubini: Estetica della 14 musica (in Ausschnitten) und Raffaello Monterosso: La musica nel Risorgimento. Die Prüfungssituation war recht locker, geprüft wurden wir in Zweiergruppen. Wenn man in der Vorlesung aufmerksam zugehört und sich Notizen gemacht hatte, war es nicht zwingend notwendig, jedes Detail der Literatur zu kennen, man konnte dem eigenen Interesse nach auf bestimmte Schwerpunkte eingehen. Ich hatte den Kurs in der scelta libera gewählt, da er eigentlich kein Teil unseres Studienplans ist, sondern zum zweiten Jahr von DAMS (Discipline delle arti, della musica e dello spettacolco) gehört. Allen, die sich für Musikphilosophie oder Musik und Gesellschaft interessieren, kann ich den Kurs auf jeden Fall empfehlen. Karina Kreß Storia della musica del film Prof. Sergio Miceli 6 CFU Wer Interesse an Film und/oder Musik hat, sollte sich überlegen, „Storia della musica del film“ zu belegen. Der Dozent ist sympathisch und sehr versiert in seinem Fach. Jede Stunde werden zum Teil auch längere Filmausschnitte geguckt und daraufhin bezüglich filmmusikalischer Besonderheiten besprochen. Das Programm des Kurses lautet „Le tre generazioni della scuola hollywoodiana nel cinema sonoro“ und bezieht sich auf den Zeitraum von 1930-1980. Ist natürlich nur im Rahmen der scelta libera anrechenbar. Ein paar der thematisierten Filme sind The Rocky Horror Picture Show, Hitchcock (u.a. Vertigo, The Man Who Knew Too Much, Psycho) und Citizen Kane. Kleines Manko für denjenigen, der die Prüfung machen möchte, sind die Kosten des benötigten Buches, die so um die 40€ liegen. www: http://www.sergiomiceli.it/DAMS_Firenze.html Meike Klom (Best years of our lives, 1946) 15 Storia della filosofia Prof. Vittoria Perrone 6 CFU Da ich in Bonn zusätzlich zu den deutsch-italienischen Studien das Nebenfach Philosophie studiert habe, suchte ich mir in Florenz für den „SceltaLibera“-Bereich den Kurs „Storia della filosofia“ von Professoressa Vittoria Perrone Compagni aus. Das Gebäude des Fachbereichs Filosofia liegt etwas außerhalb vom Stadtzentrum, nördlich des Piazza della Libertà, etwas abgelegen und irgendwie idyllisch auf der Bergsteige der Via Bolognese. Da ich mit dem Bus dorthin fahren musste, kam ich häufig zu spät zur Vorlesung. In den anderen Kursen des Fachbereichs „Studi interculturali“ schien mir das kaum ungewöhnlich zu sein; unter den Blicken von Professoressa Vittoria Perrone Compagni schämte ich mich regelmäßig in Grund und Boden. Während mir in den anderen Kursen schon früh aufgefallen war, dass – bedingt durch den oft monotonen Frontalunterricht – nicht selten Unruhe unter den Studenten herrschte, war es in meinem Philosophie-Kurs mucksmäuschen still. Ohne Frage – bei dieser kleinen, alten Dame herrschte noch Zucht und Ordnung. Professoressa Perrone sprach deutlich, schnell, bestimmt; die Studenten, die – da es sich um einen Kurs aus dem ersten Studienjahr des Studiengangs Filosofia handelte – um einiges jünger waren als ich, kamen mit dem Mitschreiben kaum hinterher. Beim „Intervallo“, einer exakt zehnminütigen Pause nach der Hälfte der Vorlesung, waren alle bemüht, fehlende Stichpunkte noch aufzubessern oder auszutauschen. Um es kurz zu machen: nach der Vorlesung war ich fix und fertig, aber voll mit mir zufrieden, wenn ich tatsächlich etwas verstanden hatte. In der ersten Hälfte des Semesters lasen und besprachen wir „De Anima“ von Aristoteles; es ging also um die aristotelische Seelenlehre und Psychologie. Die zweite Hälfte des Semesters setzte dann bei den Stoikern an und führte die „Storia della filosofia“ bis zur Moderne, also bis Descartes (welcher in Italien „Cartesio“ heißt – wissenswert!), fort. Ich muss sagen, dass mich dieser Kurs und seine Professorin schlichtweg sehr beeindruckt haben. Selten, auch in Bonn, habe ich soviel gelernt und mitgenommen. Während sämtliche Italien-Klischees durch alle anderen Erfahrungen an der Uni in Florenz mehr als hinreichend bedient wurden, war die Organisation dieses Kurses nahezu perfekt. Professoressa Perrone bot kurz vor Weihnachten die Möglichkeit an, über die erste Hälfte des Kursstoffes, also Aristoteles, eine separate Prüfung abzulegen, um nicht zu viel auf einen Schlag lernen zu müssen. Vor der Prüfung in „Storia della Filosofia“ bekam jeder einzelne Student per Mail eine exakte Uhrzeit zugewiesen, sodass das - sonst leider oft unvermeidliche - lange Warten erspart blieb. Meine Sympathie für Professoressa Perrone wurde in einem persönlichen Gespräch im Anschluss an meine Prüfung bestätigt: ernstgemeintes Interesse an meinem Befinden als ausländische Studentin, an meinen bisherigen Erfahrungen an der Uni und in Florenz allgemein und liebe, aufbauende Worte entschädigten mich für sämtlichen Ärger und Groll, den ich bis dahin erlitten hatte. Ja, ein bisschen habe ich mich in diese Professorin verliebt. In diesem Sinne – wenn’s mal wieder chaotisch ist, nicht aufgeben! In all der Hektik gibt es eben auch in Italien doch noch die fürsorglich organisierte Liebe zur Weisheit – auf griechisch: Philo-sóphia ;) Lea Hensen 16 Scienza Politica Prof. Massimo Morisi 9 CFU Ein Einführungskurs in die Politikwissenschaften für Studenten des 1° anno, der sich gut in den scelta libera-Bereich einpasst (von den administrativen Schwierigkeiten bei der Prüfungsanmeldung mal abgesehen). Basiswerk ist das ”Manuale di Scienza Politica”, ein hervorragendes, übersichtlich gegliedertes und leicht verständliches Werk von zwei englischen Professoren. In Florenz wird mit der ital. Übersetzung gearbeitet, aber die Perspektive ist angenehm global und nicht auf Italien beschränkt. Die Kurse sind als Vorlesung gestaltet, in jeder Doppelstunde behandelt der Dozent ein eigenes Thema. Die Anwesenheit hilft beim Verständnis der grundlegenden politischen Theorien. Prof. Morisi zählt zu den Koryphäen auf dem Gebiet der Politikwissenschaft in Italien und berät sogar die Regierung. Er illustriert seine Erklärungen sehr anschaulich mit Beispielen aus dem Alltag der (zumeist italienischen) Politik. Dank zahlreicher Lehrtätigkeiten im Ausland kann er aber auch Vergleiche zu anderen Ländern ziehen (und ist Austauschstudenten gegenüber aufgeschlossen). Achtung! Da sehr viele Studenten diesen Kurs belegen, werden sie je nach Nachnamen auf mehrere Professoren aufgeteilt. Einziger Nachteil: Der Unterricht fand in Novoli statt (ca. 25 Minuten mit dem Bus von S.M. Novella aus) und Sitzplätze waren rar, da der Kurs so voll war. Prüfungsform: Mündliche Prüfung. Der Stoff ist sehr umfangreich, es muss quasi das gesamte Buch auswenig gelernt werden (Definitionen bitte im exakten Wortlaut). Prof. Morisi ist sehr anspruchsvoll, die Prüfung aber machbar. Die Rahmenbedingungen sind nicht gerade ideal (lange Wartezeit, der gesamte Hörsaal kann zuhören) und die Anrechnung ist für DISler schwierig, aber möglich. Fazit: Ein arbeitsintensiver, aber lohnenswerter Kurs bei einem fähigen Dozenten, der sehr gutes Basiswissen im Bereich der Politikwissenschaft vermittelt. Tjalke Weber 17 Accademia della Crusca “Il piu bel fior ne coglie” Die Accademia della Crusca – an ihr führt für Studenten der Italianistik kein Weg vorbei. Da mich die älteste Sprachgesellschaft Italiens schon seit Jahren faszinierte, entschied ich mich, mein sechswöchiges Pflichtpraktikum in der Villa Medicea (dem Sitz der Accademia) zu absolvieren. Dies wurde mir ermöglicht durch Herrn Fanfani, der für den interkulturellen Austausch zwischen der Bonner und der Florentiner Uni zuständig ist und deshalb regelmäßig Veranstaltungsreihen an der Uni Bonn durchführt, die die italienische Sprachwissenschaft betreffen. Zugleich ist Herr Fanfani seit Anfang des Jahres einer der Accademici der Crusca und ermöglicht es Bonner Studenten, Einblick in das Berufsfeld des Archivars bzw. der Archivarin zu erlangen, indem er regelmäßig Praktikumsplätze zur Verfügung stellt. Normalerweise ist es für Außenstehende quasi unmöglich einen Praktikumsplatz in dieser renommierten Institution zu ergattern. Bei dem Projekt, an dem die Praktikanten aus Bonn arbeiten, handelt es sich um eine Herzensangelegenheit Fanfanis. So erzählte er, dass er als junger Student auf der Suche nach einem Nebenjob war und dann anfing, als studentische Hilfskraft für den berühmten Linguisten Bruno Migliorini zu arbeiten. Diese Begegnung hat Fanfani für sein ganzes Leben geprägt. Zu jenem Zeitpunkt studierte er Philosophie an der Florentiner Uni, doch als Migliorini begann, ihm Einblick in den Bereich der italienischen Sprachwissenschaft zu geben, war er so fasziniert, dass er sich daraufhin diesem Wissenschaftsbereich zuwandte. Heute ist er – wie einst Migliorini – Professor für die Geschichte der italienischen Sprache an der Uni Florenz und zudem Accademico der Crusca. Auch Migliorini war ein wichtiges Mitglied der Accademia und von 1949 bis 1963 18 deren Präsident. In jungen Jahren verbrachte Fanfani also, angezogen von der Persönlichkeit Migliorinis, viele Stunden in dessen Wohnung in der Via La Marmora nahe des botanischen Gartens, um sich von ihm die Welt der italienischen Sprachwissenschaft näher bringen zu lassen. Nach Migliorinis Tod im Jahr 1975 sortierte Fanfani zusammen mit dessen Frau Lidia die hinterlassenen Briefe und Notizen, die Migliorini über Jahre hinweg unsortiert in einem alten Schrank lagerte. Es handelt sich bei diesem Nachlass um wichtige Dokumente für den Bereich der italienischen Sprachwissenschaft, da Migliorini zahlreiche nationale und internationale Korrespondenzen mit Wissenschaftlern unterhielt. So werden in den Briefen häufig sprachwissenschaftliche Fragestellungen diskutiert. Fanfani und Migliorinis Frau sortierten die Dokumente grob nach Absendern bzw. Empfängern. Danach übergab Fanfani den Nachlass Migliorinis der Crusca. Dort wurden die Dokumente bis heute im Archiv aufbewahrt. Vor einigen Jahren begannen die Mitarbeiter des Archivs damit, den archivalischen Bestand zu digitalisieren, um ihn für ein breiteres Publikum zugänglich zu machen. Während meines Praktikums war ich dafür zuständig, einen Teil des Nachlasses von Migliorini zu digitalisieren. Insgesamt habe ich 2.000 der insgesamt etwa 12.500 Schriftstücke in die digitale Kartei eingetragen. Diese 2.000 Dokumente stammen von 79 Verfassern, unter denen sich Persönlichkeiten wie Umberto Bosco, Benedetto Croce, Giacomo Devoto, Giovanni Gentile, Cesare de Lollis, Giovanni Treccanidegli Alfieri, Nicola Zingarelli, Charles Bally, Karl Jaberg, Leo Spitzer und Wal-ther von Wartburg befinden. Die Arbeit in der Accademia hat mich insofern bereichert, als dass ich einen näheren Bezug zu den Wissenschaftlern und deren Forschungen, die ich bisher “nur” aus dem Unterricht kannte, gewonnen habe. Zusätzlich haben mir die Gespräche und Informationen von Herrn Fanfani geholfen, die Dokumente in besonderer Weise wertzuschätzen. So konnte ich die linguistischen Forschungen des 20. Jahrhunderts geradezu “hautnah” erleben. Diese Erfahrungen haben mich sowohl für meine Tätigkeiten während der Praktikumszeit als auch für eine zukünftige Beschäftigung mit der Sprachwissenschaft motiviert. Besonders geschätzt habe ich unter anderem die flexiblen Arbeitszeiten. Ich habe das Praktikum Mitte August begonnen und dann – nach Beginn des Wintersemesters – bis Ende November parallel zum Studium weitergeführt. Dies war zwar ziemlich anstrengend, aber eine gute Möglichkeit die Praktikumszeit mit der Florentiner Studienzeit zu vereinbaren und sich somit die anstrengende Wohnungssuche nur einmal anzutun. Die Nachteile meiner Arbeit bestanden darin, dass das Aufgabenspektrum nicht sehr breit war und die Aufgaben deshalb schnell monoton wirken konnten. In solchen Situationen hilft es dann aber, die Briefe zu lesen und sich selbst Gedanken zu den darin auftauchenden Fragestellungen zu machen. Insgesamt hat mir das Praktikum bei der Accademia della Crusca gut gefallen und ich kann es besonders für sprachwissenschaftlich begeisterte Studenten empfehlen, die über die nötigen drei „L“´s verfügen, die nach Frau Pirazzini für eine ernsthafte Beschäftigung mit der Sprachwissenschaft gegeben sein müssen: Liebe, Leistung und Leidenschaft :) Mara Nogai 19 Nützliche Adressen etc. Hostels - Ostello della Gioventù, Villa Camerata, Viale Augusto Righi 4 - Soggiorno Pitti, Piazza Pitti 8 - Florence Youth Hostel, Via della Condotta 4 Internet - In den Unigebäude gibt es normalerweise WLAN, manbraucht man die Matrikelnummer - Internetcafés: z.B. Via Ghibellina 98/r, Borgo La Croce 33/r, Via Guelfa 54/56, Via dell‘Oriuolo 40/r, Borgo S. Jacopo 30/r, Via Porta Rossa 38/r, Via Giacomini 9 - In vielen Cafés steht Internet zur Verfügung, das Passwort bekommt man meistens umsonst oder gegen eine einmalige Zahlung von einem Euro; z.B. La Cité (Borgo San Frediano 20), Caffè letterario (Piazza delle Murate) - An den meisten Orten in Florenz hat man mit der Matrikelnummer und dem zugehörigen Passwort auf die Verbindung ”Firenze WiFi” Zugriff Handyverträge - Wind: verschiedene Angebote, z. B. ‚Noi Wind‘ (200 Freiminuten zu anderen Wind-Teilnehmern für 6 Euro im Monat) oder ‚Noi Wind Sms‘ (4000 Frei-Sms zu anderen Wind-Teilnehmern für 2 Euro im Monat) - TIM: hat meistens den besten Empfang, jedoch einer der teuersten Anbieter - Vodafone - Empfehlenswert ist, sich nach Absprache für einen gemeinsamen Anbieter zu entscheiden. Fahrradmarkt - Oft sind Angebote zwischen den Aushängen am ‚schwarzen Brett‘ in der Uni (Eingang Facoltà di Lettere e Filosofia linke Wand) zu finden - Anzeigen in der Locandina - Fahrradladen: z. B. Lollo (Via Palazzuolo 59/61r); Salvati Biciclette (Via U. Della Faggiola 56/b); La Mecca (Piazza Ravenna), Piazza Puccini, Via Donizetti Ecke Via Petrella - Fahrradwerkstatt: z. B. Il Ciclista (Via degli Alfani 33/r): sehr freundlich und preiswert 20 Banken - Da bei manchen Banken recht hohe Gebühren anfallen, wenn man im Ausland Geld abhebt, lohnt es sich, noch in Deutschland ein Konto bei einer Bank zu eröffnen, bei der dies kostenlos ist, z.B. - Deutsche Bank (Via dei Vecchietti 2, Via Porta Santa Maria 44/r) - comdirect (nur mit VISA-Karte kostenlos) - Hypovereinsbank (gehört zu UniCredit) - Tipp: mit einer VISA-Karte kann man generell an den meisten Automaten kostenlos Geld abheben! Ärzte - Medical Service Firenze (Via Lorenzo il Magnifico 59; tel: 055 475411) - Centro Oculistico (Via Vittorio Fossombroni 2; tel: 055 243442) - Dr. Detlef Bangert – Zahnmedizin (Vicolo del Canneto 2; tel: 055 214533) - Dr. Barbara Brodbeck – Frauenärztin (Via dello Statuto 7; tel: 055 461465) - Dr. Giorgio Gargini – Kardiologie (Via delle Cinque Giornate 52; tel: 055 473804) - Dr. Christoph Helferich – Psychotherapie Psychologie (Via E. Agnoletti 50; tel: 055 630576) - Dr. Raffaello Pagni – Kieferorthopädie (Via Lamarmora 29; tel: 055 573903) - Dr. Eleonore Lumer - Fachärztin für Geschlechts- und Hautkrankheiten (Via Puccinotti 82; tel: 055 4627418) Bibliotheken - Biblioteca delle Oblate (Via dell‘Oriuolo 26): gute und ruhige Lernatmosphäre; großer Bestand an aktuellen und auch deutschen Büchern; Reiseliteratur; kostenlose DVD- und CD-Ausleihe; im 1. Stock Playstation; Sonnenterrasse mit WLAN und Blick auf den Dom; Öffnungszeiten: Mo 14h-19h (Lesesaal bis 22h), Di-Sa 9h-24h - Biblioteca Umanistica/Lettere (Piazza Brunelleschi): Öffnungszeiten: MoFr 8.30h-19h - Biblioteca Umanistica/Storia dell‘arte (Via della Pergola 56): kleine Bibliothek, sehr angenehme Lernatmosphäre. Öffnungszeiten: Mo-Fr 9h-19h - Biblioteca Nazionale Centrale (Piazza Cavalleggeri 1): Tessera notwendig; Ausleihe von nicht mehr als 2 Büchern gleichzeitig; ziemlich kompliziert, aber ruhig und gut beheizt. Öffnungszeiten: Mo-Fr 8.15h-19h, Sa 8.15h-13h - Biblioteca Marucelliana (Via Cavour 43): gute Lernatmosphäre; man kann Bücher mitbringen; Öffnungszeiten: Mo-Fr 8.30h-19h, Sa 8.30h-13.45h - Mediathek: mediateca regionale toscana di Firenze: angenehme Lernatmosphäre; nach Registrierung kann man kostenlos Filme anschauen (Vor allem sehr praktisch, wenn man den Kurs „storia del cinema“ besucht. Oder einfach zur Entspannung); Öffnungszeiten: Di- Fr 10h-13h und 14h-17h 21 Buchhandlungen - Feltrinelli (via de‘ Cerretani, 30/32r) - Feltrinelli International (Via Camillo Benso Cavour): italienische und internationale Literatur - Libreria Alfani (Via degli Alfani 84): Universitätsbuchhandlung - Libreria CLU (Via San Gallo): Universitätsbuchhandlung; man bekommt ca. 10% Rabatt auf alle Bücher nach Erstellung einer kostenlosen tessera - Libri usati (Via San Gallo/Via Laura): An- und Verkauf von gebrauchten Büchern zu günstigen Preisen - Mondadori+Café (Via Cavour, Nähe Dom) Supermärkte / Märkte - Esselunga (Via Masaccio; Via Pisana; Via Gaetano Milanesi, Viale de Amicis): billiger Supermarkt. Mit Fidatycard gibt es oft gute Angebote - Coop: teilweise etwas teuer, jedoch produktbedingt; dennoch bezahlbar. Mitgliedskarte lässt sich nur mit dem codice fiscale ausstellen - Centro: teuer, jedoch sehr praktisch, da er auch am Sonntag offen hat - Metà: recht teuer, aber an Sonn- und Feiertagen geöffnet - Penny und Lidl: liegen etwas außerhalb, trotz allem gut erreichbar - Mercato Centrale: sehr große Markthalle bei San Lorenzo, im Vergleich sehr günstig. Tipp: Die frischen Nudeln probieren! - Mercato delle Cascine: jeden Dienstag von 7.00-14.00 Uhr. Hier findet man alles. - Mercato Sant‘Ambrogio: frisches Obst und Gemüse. Tipp: Preise vergleichen - Mercato di Santo Spirito: jeden Vormitag bis auf Sonn- und Feiertage - Mercato delle Cure: jeden Vormittag bis auf Sonn- und Feiertage Mensa - Man erhält den Ausweis im Mensabüro (Via Morgagni 51) kostenlos. - Mensa in: Via San Gallo 25 (Eingang Santa Reparata), Via Morgagni 51, Via Bolognese 52; Menü: 6 kombinierbare Einheiten: Brot, Primo, Secondo, Contorno, Dolce, Frutta, kostenloses Getränk nach Wahl. - Preis: abhängig vom gewählten Menü 2,10 Euro oder 3,00 Euro 22 Über ein paar Nettigkeiten und Unnettigkeiten im florentinischen Alltag Von vielen Seiten wurde mir gesagt: Florentiner sind distanziert und im Umgang mit Ausländern irgendwie kalt. Ich will ein bisschen aufräumen mit dieser Einschätzung und meine eigene Erfahrung differenziert betrachten. Das Leben in einer Stadt, in der ihr Wahrzeichen, die „Ponte Vecchio“, täglich in so vielen verschiedenen Sprachen falsch ausgesprochen wird, in der die Bewohner des Stadtzentrums Lärmschutzmaßnahmen und Alkoholverkaufsbeschränkungen immer nur temporär durchsetzen können, da sonst dem Tourismusgeschäft geschädigt wird, in der das Stadtzentrum vor lauter Menschenmassen zeitweise nur unter erhöhter Kampfbereitschaft durchquert werden kann – das Leben in so einer Stadt ist für den Italiener nicht gerade dolce. Es ist deswegen kein Wunder, dass der barrista, die LederwarenVerkäufer oder der Supermarkt-Kassierer im unmittelbaren Stadtzentrum schon mal recht unfreundlich wirken. Nicht selten fühlt man sich in seinen Italienischkenntnissen auf die Füße getreten, wenn, egal bei welchem Grad von sprachlicher Perfektion, hartnäckig in schlechtem Englisch geantwortet wird. Oft möchte man ausrasten, wenn es im Geschäft wieder mal heißt „Non c’è. Non è possibile.“ und man weiß genau: „Non hai voglia di guardare bene, niente di più!“ Gerade bei den Handy-/Internet-Anbietern Vodafone oder Wind oder im Buchfachhandel Feltrinelli fühlt man sich oft überfordert mit nachlässigen Fehlinformationen, Ungenauigkeiten und schlechten Ausreden. Deswegen gilt Regel Nummer 1: Ellebogen ausfahren, hartnäckig 23 bleiben, nerven, nerven, nerven, und sich niemals einschüchtern lassen. Und man wird sehen, irgendwie heißt es dann immerhin doch: „Un attimo solo...!“ Der Straßenverkehr wirkt auf manchen Strecken wie Krieg. Sämtliche Straßen, die vom Stadtzentrum wegführen, sind „Senso unico“, also Einbahnstraßen, und auf dem Weg zur Uni lässt es sich manchmal kaum vermeiden, entgegen der Fahrtrichtung zu fahren. Keine Frage – Fahrradfahren in Florenz ist gefährlich. Ich selber aber kann ohne ein Fahrrad nicht leben; mein erstes Rad bekam ich für 60 Euro bei einem Fahrradhändler in der Nähe des Porta Prato, hinterm Bahnhof. Aufgepasst! Für den Gebrauchtradhandel in Italien gilt oft: „Una bici usata è una bici rubata!“ So war auch meins an einer Stelle durchgesägt, was die Ursache dafür war, dass es später verbogen und völlig unbrauchbar wurde. Viel wesentlicher ist doch die Kunst, bei aller scheinbaren Regellosigkeit im italienischen Straßenverkehr die Straßenverkehrsregeln präzise einzuhalten! So wurde es mir zu Teil, ein Bußgeld, eine „multa“, in Höhe von 80 Euro zahlen zu müssen, da ich besagtes Fahrrad auf dem Bürgersteig abgestellt hatte. Nie im Leben hatte ich damit gerechnet, eine Ordnungswidrigkeit begangen zu haben: Fahrräder stehen in Florenz auf der ganzen Straße verteilt, auf den Bürgersteigen, vor Einfahrten, Türen, überall. Doch waren die vier Poliziotti wohl an diesem Abend beauftragt worden, mal ein paar Räder in meinem Viertel zu entfernen – ich kam unglücklicherweise im falschen Augenblick um die Ecke spaziert, bekannte mich als Eigentümer des ordnungswidrig abgestellten „veicolo“, rückte auch noch bereitwillig mit meinem Personalausweis raus und hatte innerhalb weniger Sekunden den Überweisungsträger für die zu zahlende Summe in meinen hilflosen Händen. Meine italienischen Bekannten klopften sich über meine Story die Schenkel: „Non pagare!“, hieß es, Bußgelder würde die Polizei nicht verfolgen, erst recht nicht für solche Lächerlichkeiten. Mein deutsches Gewissen veranlasste mich immerhin dazu, im Internet zu recherchieren, wo ich auf die Möglichkeit stoß „ricorso“, rechtlichen Widerspruch, einzulegen. Ich schrieb eine Email an die angegebene Email-Adresse, um nach weiteren Informationen zu fragen. Eine Antwort blieb aus – vorerst! Nachdem ich mich schon durchgerungen hatte, mich kühnen Mutes über diese „stronzata“ hinwegzusetzen und mein Geld in wichtigere Dinge zu investieren, erhielt ich endlich am Tag, an dem die Frist für mein Bußgeld ablief, eine Antwort: einen Widerspruch einlegen sei leider nicht mehr möglich; stattdessen wurde ich nun freundlich gebeten, das Doppelte, 160 Euro, baldmöglichst zu überweisen. Ich rannte zum Postamt und zahlte die verfluchten 80 Euro, wünschte die italienische Polizei zum Teufel und trat dem Straßenverkehrskrieg von da an gewappneter und wesentlich italienischer entgegen. Um nun endlich zu den Nettigkeiten des florentinischen Lebens zu gelangen, ein paar Geheimtipps meinerseits, die mir meine Zeit in dieser Stadt versüßt haben: Vino rosso aus dem Supermarkt ist zwar auch toskanisch und gut, viel besser und vor allem fast schon erschreckend preiswert ist der Wein aus einer sogenannten „Vineria“, einer Weinbar, bei der man leere Flaschen auffüllen lassen kann und dabei maximal drei Euro bezahlt. Unschlagbar für Pizza, Schiacciata und sämtliches anderes Gebäck ist „Pugi“, im Zentrum am Piazza San Marco und in der Via San Gallo zu finden. Dieser Bäcker verkauft seine Pizza und Brioche außerdem in den frühen Morgenstunden, in einer Seitengasse in Santa Croce, ab circa 2 Uhr nachts. Aber Vorsicht: die 24 Anwohner reagieren teilweise verärgert über die nächtliche Kundschaft und werfen mit Wasser. Wenn es um frisches Gemüse und Obst geht, kommt man um die Märkte von San Lorenzo oder Sant’Ambrogio nicht umher. Nachdem ich mich monatelang über das teure und oft wirklich schlechte Gemüse aus dem Conad geärgert hatte, entdeckte ich den Gemüsehändler in der Nähe von Santo Spirito und verliebte mich hemmungslos in seine Tomaten. Was das beste Gelato der Stadt angeht, herrscht leider absolute Uneinigkeit: da ohnehin jeder Italiener behauptet, das beste Eis bekäme man ausgerechnet bei ihm um die Ecke, gilt einfach ausprobieren. Von den kulinarischen dolce vita- Besonderheiten abgesehen, ist Florenz natürlich einfach eine wunderschöne Stadt und selten habe ich etwas so sinnlos oft fotografiert wie die Ponte Vecchio. An verschiedenen Events strahlt diese noch einmal zusätzlich in besonders schönem Licht: ob durch die künstlerisch-kreative Festbeleuchtung in der Weihnachtszeit, zu Silvester, oder in der „Notte Bianca“, ein Kultur- und Kunstfest, bei dem auf den verschiedenen Plätzen der Stadt unterschiedliche künstlerische Darbietungen vorgeführt werden und Bars und Lokale bis in die Morgenstunden geöffnet sind. Die Stadt der Kunst ist Florenz in jedem Fall – und so manche Kunst und Kultur gibt es eben nicht in den zahlreichen Museen zu besichtigen und will erst auf anderen Wegen entdeckt werden. So lohnt sich auch immer ein Blick auf die zahlreichen Street-Art-Kunstwerke, beispielsweise von Clet, einem französischen Straßenkünstler, der sämtliche Straßenschilder in Florenz verziert und auch mal eine riesengroße, hölzerne Nase am Torre di San Niccolò anbringt. Eine absolut empfehlenswerter Internetblog, der besonders geistreich zur Entdeckung der kleinen und großen Besonderheiten von Florenz animiert, ist die Seite www.teladoiofirenze.it. Jeder einzelne wird wohl auf ganz eigene Art diese Stadt entdecken. Und ob die Florentiner nun distanziert oder offen, aufdringlich oder zurückhaltend sind, ist darum eigentlich egal. Wer sympathisch auf die Menschen zugeht, wird auch sympathisch aufgenommen – und auch wenn viele Beteuerungen und Versprechungen in Italien oft nicht ganz so ernst genommen werden, so freut man sich dann doch doppelt über ein jedes „Dai, ci rivediamo presto!“ Lea Hensen 25 Il Giardino delle Rose Der Rosengarten befindet sich auf dem Hügel von San Miniato direkt unterhalb des Aussichtspunktes Piazzale Michelangelo. Man erreicht ihn von der Serpentinenstraße, die zur Piazzale hochführt, ein anderer Eingang liegt an der Treppe, die von Porta S. Niccolò ebenfalls zur Piazzale Michelangelo hinführt. Geöffnet hat der Rosengarten nur im Sommerhalbjahr, wobei die Öffnungszeiten variieren können, daher empfiehlt es sich vorher auf der Internetseite nachzuschauen. Es ist ein wunderschöner, fast unbekannter Garten, den man unbedingt gesehen haben muss. Es gibt unglaublich viele verschiedene Sorten an Blumen und Rosen. Der Rosengarten ist ein relativ kleiner, öffentlicher Park, in den man sich gut zurückziehen kann, wenn einem das ganze Stadtgewimmel einmal zu viel wird und man sich nach ein wenig Natur und Ruhe sehnt. Da der Garten eher unbekannt ist, verirren sich auch nicht so viele Touristen dorthin, weshalb ich ihn bestens als Zufluchtsort empfehlen kann. Er eignet sich überaus gut zum entspannen, Sonne tanken, lesen, Musik hören, aber auch zum Lernen hat er sich bei einigen Studenten/innen aus unserem Jahrgang als überaus erfolgreich bewährt. Auch der einzigartige Panoramablick über Florenz ist dabei nicht zu unterschätzen. Die Aussicht auf die Stadt ist zwar nicht zu vergleichen mit dem Panorama, dass der Piazzale bietet, dafür versprüht sie zwischen den Rosenbüschen ihren ganz besonderen Reiz. Ein erster Garten mit Rosen wurde im 19. Jahrhundert von dem damaligen Besitzer Attilio Pucci angelegt; die Anlage des heutigen Gartens wurde vom Architekt Giuseppe Poggi entworfen. Julia Rahmann 26 Il Mercatino di Natale Dass bald Weihnachten sein würde, konnte man in Florenz selbst Mitte Dezember leicht mal vergessen (kein Wunder bei zum Teil annähernd 15 Grad und Sonnenschein...), sichtbar wurde die nahende Festzeit eigentlich nur an den lilienförmigen Lichterketten, die sich über den Sträßchen rankten. Nachdem wir schon selbst Unmengen an Plätzchen gebacken hatten, um ein bisschen für heimatliche Vorweihnachtsstimmung zu sorgen, freuten wir uns umso mehr, als wir erfuhren, dass auf Piazza Santa Croce jedes Jahr ein Weihnachtsmarkt stattfinden würde. Da wir den Weihnachtsmarkt für eine eher deutsche Tradition gehalten hatten, näherten wir uns fast skeptisch dem Platz, dort bot sich jedoch eine erstaunliche Szene: Dante blickte von seinem Sockel vor der Kirche nicht wie gewöhnlich auf die Weite der Piazza herab, sondern auf Lebkuchenstände mit rot-weiß-gestreiften Dächern und überdimensionalen Plakaten, die mit der Aufschrift „Strudel dell’Austria“ lockten. Der Markt nannte sich sogar „Mercato tedesco di Natale“ und tatsächlich stimmten einzig die milden Temperaturen und der strahlend blaue Himmel nicht ganz mit dem aus Deutschland bekannten Wetter überein. Alles andere erwies sich jedoch als erstaunlich ähnlich - zwischen Glühwein („vine broulé / vin brulé / brulè di vino“) und Ständen mit bunten Christbaumkugeln konnte man sich auf den ersten Blick fast wie zu Hause fühlen. Beim genaueren Hinsehen waren allerdings einige Feinheiten zu entdecken, die nicht ganz dem Gewohnten entsprachen. Dem experimentierfreudigen Marktbesucher wurden beispielsweise allerhand kuriose Varianten der Brezel geboten, sei es “breze di cioccolato”, “pizza breze” oder “krapfen breze”. Ich persönlich war allerdings auch schon allein mit der Riesenausgabe (“brezen grande“) der traditionellen Laugenbrezel glücklich. Aber der mercatino stellte sich nicht nur in kulinarischer, sondern auch in linguistischer Hinsicht als interessant dar, die deutsch-italienischen Wortbildungen brachten uns mehr als einmal zum Schmunzeln: Man konnte sich mit “formaggio di Emmentaler”, “speck-canederli artigianali” und “basis per gulasch” eindecken, wer an den Imbissbuden keine einfache “bratwurst” essen wollte, hatte die Möglichkeit, sein panino wahlweise “con speck” oder “con würstel e crauti” zu bestellen. Und nicht einmal auf ein Stück “stollen di natale” zum Nachtisch musste man verzichten! Der Weihnachtsmarkt war in den ersten drei Dezemberwochen offiziell täglich von 10.00 bis 20.00 Uhr zugänglich, am Wochenende hatten jedoch zumindest die Glühweinstände auch später noch geöffnet. Karina Kreß 27 Wing Kung Fu (Sifu Wosief Mavilio) Der Wing Kung Fu ist eine Weiterentwicklung des traditionellen Wing Chun, einer Kampfkunstart, welche aus der Beobachtung des Kampfes zwischen einem Fischreiher und einer Schlange und die anschließende Adaption der kämpferischen Bewegungen beider Tiere durch die Shaolin-Nonne Ng Mui entstanden ist. Dem Wing Chun sagt man nach, einer der besten Kampfsportarten weltweit zu sein und sie eignet sich für beide Geschlechter gleichermaßen. Der Wing Kung Fu hält sich weitgehend an die Methoden und Lehren des Wing Chun, doch ein besonders wichtiger Schritt in dieser Evolution besteht in der Abstandnahme von der traditionellen Statik hin zu mehr Flexibilität, was besonders gut auf die „Praxis“ vorbereitet, da gelehrt wird, sich an die gegebenen Umstände in einem Notfall anzupassen und seine Stärke und Abwehr aus dieser Situation heraus zu entwickeln. Angriff und Verteidigung werden auf die einfachsten Bewegungen reduziert, sind aber hoch effizient. Ich muss sagen, dass ich das erste Mal das Gefühl und die Sicherheit hatte, das im Unterricht Gelernte auch in einem Extremfall „sulla strada“ umsetzten zu können, was mir bisher bei keinem anderen Kampfsport passiert ist. Sehr positiv beeindruckt hat mich ebenfalls der Verzicht auf rohe Brutalität und Gewalt, die Botschaft des Wing Chun und Wing Kung Fu ist die des gegenseitigen Respekts, auch dem Gegner gegenüber. „Andere zu beherrschen erfordert Kraft, sich selber zu beherrschen, erfordert Stärke“, so formulierte es Lao Tse. Es wird nicht nur die körperliche Stärke gefördert, sondern auch die mentale, folgendes Zitat bringt es auf den Punkt: „Le emozioni sono dei buon servi, ma dei cattivi padroni.“ Man lernt nicht allein, sich verteidigen zu können, sondern sich soweit zu festigen, dass in einer brenzlichen Lage nicht die Gefahr besteht, von den eigenen überschäumenden Emotionen gelähmt oder eben beherrscht zu werden. Drei Mal die Woche habe ich in sehr herzlicher und freundschaftlich-familiärer Atmosphäre trainiert, was mich etwa 160 Euro für ein halbes Jahr kostete. Der Wing Kung Fu ist mittlerweile in den City Club (Via dei ragazzi del´ 99, n° 59 Firenze) umgezogen und praktiziert dort mehrmals die Woche. Kontakt: 333-4067616 oder wingkungfu@gmail. com oder einfach unter http://www.wingkungfufirenze.com/index.html. Ich kann es euch wärmstens empfehlen! Helena Milas 28 Evangelische Kirchengemeinde in Florenz Wer den Besuch evangelischer Gottesdienste nicht missen möchte und in der Kirchengemeinde ein Stück Heimat findet, der hat Glück: Denn direkt in Florenz befindet sich eine deutsche evangelische Kirchengemeinde! Die Kirche ist in einem kleinen Park unmittelbar am Arno gelegen, rund fünf Gehminuten vom Ponte Vecchio entfernt (Lungarno Torrigiani 11, 50125 Firenze). Jeden zweiten Sonntag um 10 Uhr sowie an Feiertagen und zu besonderen Anlässen findet ein Gottesdienst statt. Viele Gemeindeglieder sind Deutsche, die seit einigen Jahren in Italien leben. So entsteht beim gemeinsamen Tee- und Kaffeetrinken nach dem Gottesdienst ein munterer Austausch, sowohl über Ereignisse im Heimatland als auch Gebräuche der Wahlheimat. Viele Tipps zum Leben in Florenz habe ich in der Gemeinde bekommen - und sie hat mir ein Stück Heimat gegeben, gerade an Feiertagen. Ich persönlich fand die Kombination aus italienischen Bräuchen und deutscher Tradition ideal, z.B. an Ostern. Die Kirche in Florenz gehört zur Gemeinde Firenze-Pisa-Emilia-Romagna, die wiederum Teil der Chiesa Luterana ist. Zum Gemeindeleben gehört auch ein deutsch-italienischer Jugendchor, der sich donnerstags um 20 Uhr zu den Proben trifft (Gemeindehaus, Eingang Via dei Bardi 20). Schaut mal vorbei, die Gemeinde freut sich über Besucher! Mehr Informationen unter http:// www.chiesaluterana.it/de/comunita/firenze-pisa-emilia-romagna/ und http://digilander.libero.it/ luterani.e.romagna/ sowie direkt bei Pfarrer Martin Möslein: [email protected] Die italienische Variante sind die Valdenser. Auch ihre Gemeinde und Gottesdienste kann ich sehr empfehlen! (Ganz nebenbei kann man seine Sprachkenntnisse auffrischen, denn wer kann schon das Vaterunser oder Glaubensbekenntnis auf Italienisch?!) Die Gottesdienste finden sonntags um 10.30 Uhr statt im Tempio Valdese (Via Micheli n.26, ang. Via La Marmora - direkt um die Ecke vom Botanischen Garten, keine zwei Gehminuten von San Marco). Das Gemeindeleben dagegen spielt sich ab im Centro comunitario Valdese in der Via Manzoni 21 (bei Piazza Beccaria). Dort trifft sich auch freitagsabends eine aufgeweckte Jugendgruppe. Zudem bietet die Gemeinde viele Ausflüge und Veranstaltungen an. Ansprechpartner ist Pastore Pawel Gajewski: [email protected] Mehr Informationen unter http://www.firenzevaldese.chiesavaldese.org/ Es lohnt sich, Florenz und Italien mal auf diese ganz andere Art zu erleben! Tjalke Weber 29 Eine Wanderung auf dem Anello del Rinascimento Ein Rinascimento könnte der Anello an manchen Stellen gut gebrauchen und der “Ring” wird zwangsläufig einige Verzerrungen aufgrund mangelhafter Ausschilderung hinnehmen müssen – ansonsten ist eine Wanderung auf der durchs Florentiner Umland und konzentrisch um die Stadt verlaufenden Route für Naturliebhaber und Sportfreunde zu empfehlen! Zweimal wanderte ich im Frühling (sicherlich die beste Jahreszeit) mit Freunden jeweils verschiedene Strecken der insgesamt ca. 170 Kilometer umfassenden Route, die sämtliche Topoi des dörflichen und provinziellen Lebens bedient und teilweise florentinische Bilderbuch-Landschaften, wie man sie klischeehaft von Postkarten in Erinnerung hat, hautnah fühlen lässt. Wir durchquerten Wälder, teilweise dicht und nicht gerade leicht zu durchdringen, teilweise auch versöhnlich dank ihrer sich gelegentlich zeigenden Lichtungen, die einen atemberaubenden Ausblick auf die Florentiner Hügel und Täler boten, spazierten an sonnengetränkten Olivenhainen vorbei, passierten vereinzelte, von wirklich beeindruckender Stille umgebende Häuserreihen, die sogar einen offiziellen Namen trugen und kamen an mittelalterlichen Klöstern, Kirchen und absolut verlassenen Mini-Friedhöfen vorbei. Für derartige abenteuerliche Schönheit mussten wir jedoch auch die oben erwähnten “Verzerrungen“ in Kauf nehmen: Die Kehrseite der Medaille sind eben die mangelhaften Ausschilderungen der Strecke und zudem deren ungenaue Kennzeichnung auf der Wanderkarte, die wir uns im Touristenbüro in der Via Cavour besorgt hatten. Dadurch haben wir uns oft verlaufen, waren gezwungen, mehr Straßenabschnitte zurückzulegen als geplant und hatten teilweise wirklich Schwierigkeiten, die richtige Strecke zu erahnen: Das die Strecke weisende rot-weiße Zeichen findet man stets auf Baumstämme, auf bereits zu Boden gefallene Äste oder auf nicht gerade auffällige Steine gemalt, sodass man die Augen immer offen halten muss und auch mal aufgrund zweideutiger Richtungsweisungen schwerwiegende Entscheidungen zu treffen hat. Solange man jedoch den Blick zur Stadt bzw. die Orientierung nicht verliert, macht es wirklich sehr viel Spaß und ich habe die Wanderungen als sehr angenehm und willkommene Abwechslung zum meist lauten und nicht immer gut riechenden Florentiner Stadtleben empfunden. Nehmt genug zu trinken und mindestens einen guten Kartenleser (an dieser Stelle: Danke Matthias!) mit, dann wird’s sicher lustig! Auf der ersten Wanderung sind wir von Fiesole über L’Alberaccio und Santa Brigida bis nach Pontassieve gelaufen, um von dort aus mit dem Zug nach Hause zu fahren; den zweiten Marsch – landschaftlich deutlich attrak30 tiver – begannen wir in Bagno a Ripoli (genau wie Fiesole mit dem Bus zu erreichen), liefen über S. Donato in Collina, Impruneta und La Certosa und kamen dann nachts direkt in Florenz auf dem Piazzale Michelangelo wieder an. Es handelt sich um zwei sehr lange Strecken (vor allem die zweite, sie dauerte 17 Std.); um eine weniger aufwendigere Wanderung zu genießen, sollte man kürzere Strecken wählen. Die Einteilung der AnelloRoute erlaubt dies (man kann die Strecke auf http://www.firenzeturismo.it/ territorio-area-fiorentina/in-provincia-lanello-del-rinascimento.html im pdfFormat ansehen und hier auch sonstige Informationen erhalten), zudem ist es möglich, an mehreren Stationen der Strecke mit Regionalbussen nach Florenz zurückzufahren. Riccardo Imperiale 31 Festival dell´Oriente Carrara, 28.-30. Oktober 2011 Das „Festival dell´Oriente“ war ein dreitägiges Spektakel in Carrara, nahe der Ligurischen Grenze, das einem auf 40000 qm den Orient, seine Kultur und vor allem seine Kampfkünste näherbrachte. Es waren etwa 15 Länder in den Ausstellungs- und Veranstaltungsräumen vertreten, um nur einige Beispiele zu nennen: Indien, China, Japan, Indonesien, Tibet, Thailand, Vietnam, aber auch Marokko, Ägypten oder Süd-Korea. Sie präsentierten sich auf Bazaren, auf denen bzw. landestypische Lebensmittel, Gerichte, traditionelle Gewänder oder Gegenstände erworben werden konnten, oder demonstrierten ihre Kultur in folkloristischen Spektakeln oder traditionellen Zeremonien, Konzerten oder Tänzen, mit denen die Tage der fiera durchzogen waren. Doch nicht nur Tanz oder Gesang wurden zelebriert, ein wichtiger Bestandteil des Festivals bestand vor allem in der Präsentation einer Vielzahl von Kampfkünsten, zu der verschiedene Schulen aus verschiedenen Teilen Italiens und der Welt angereist waren und dem Besucher spektakuläre Aufführungen boten. Die fiera beschränkte sich nicht ausschließlich auf das Beobachten oder Zuschauen, sondern der Besucher konnte selber aktiv werden. Ein besonderer Reiz an dem Festival war die Möglichkeit, an dem Training der verschiedenen 32 Kampfsportschulen oder -gruppen teilzunehmen, die für die Probestunden je verschiedene Programme ausgearbeitet hatten, womit dem neuen Teilnehmer ein Überblick über die Art des Kampfsportes gewährleistet werden sollte. Für jene, die es lieber weniger aktiv angehen lassen wollten, gab es ein breit gefächertes „salute e benessere“-Angebot, bei dem man sich bzw. einer Thai-Massage unterziehen konnte. Die Anfahrt ist mit dem Zug oder natürlich mit dem Auto möglich. Wir haben uns damals in einer Fahrgemeinschaft organisiert, aus diesem Grund kann ich leider wenig über die Zugverbindung berichten. Mit dem Auto beträgt die Fahrt ab Florenz etwa eine Stunde und der Tageseintritt beträgt zehn Euro, wobei die fiera um 10 Uhr beginnt und um 24 Uhr beendet wird. Ich empfehle das „Festival dell´Oriente“ jedem, der aus dem italienischen Alltag ausbrechen möchte und etwas Neues und Außergewöhnliches erleben will. Es lohnt sich auf alle Fälle, nicht nur für Kampfsport- oder Orientbegeisterte! Helena Milas 33 Volterra und San Gimignano – ein Ausflug ins Mittelalter Da Volterra und San Gimignano nicht weit voneinander entfernt sind, lässt sich ein Ausflug in die beiden mittelalterlichen Städtchen gut an einem Tag vereinbaren. Beide sind mitten in der toskanischen campagna gelegen, deswegen gestaltet sich die Anfahrt nicht ganz so unkompliziert wie beispielsweise nach Pisa, Perugia oder Siena. Dennoch kann man auf eine Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmittel zurückgreifen; mit Bus und/oder Bahn dauert die einfache Fahrt dann knapp zwei bzw. zweieinhalb Stunden. Falls (wie wahrscheinlich in den wenigsten Fällen) ein eigenes oder gemietetes Auto zur Verfügung steht, ist dies sicherlich die komfortabelste Art der Anreise. Nach San Gimignano braucht man so von Florenz aus etwa ein Stunde, nach Volterra noch ein bisschen länger. Schon außerhalb der auf die Römerzeit zurückgehenden Stadtmauern Volterras liegt die erste Sehenswürdigkeit der Stadt: das Teatro Romano, ein Amphietheater, das dem Stil der alten Griechen nachempfunden ist und dem im Mittelalter eine Thermenanlage angebaut wurde. Wenn man die Stadt dann durch eines der Tore, von denen das älteste, die Porta all’Arco, schon im 4. Jh. v. Chr. von den Etruskern erbaut wurde, findet man sich in einer mittelalterlicher Atmosphäre zwischen Bauwerken wie dem Palazzo dei Priori auf der gleichnamigen Piazza, dem Dom oder der Fortezza Medicea wieder. In Europa ist Volterra außerdem das Alabasterzentrum – das Gestein, das schon von den Etruskern, Römern und Ägyptern zum Beispiel zur Herstellung von Gefäßen oder als Wandverkleidung verwendet wurde, wird hier sowohl abgebaut als auch vornehmlich zu kunsthandwerklichen Zwecken verarbeitet. 34 San Gimignano, das im Vergleich zu Volterra auffallend stark besucht ist, ist selbst bei kaltem Wind Ende Oktober voller Touristen. Für den kunst- und architekturinteressierten Besucher bietet die Stadt neben der Chiesa Collegiata (Dom) zahlreiche Kirchen und Museen. Aufgrund der sechzehn, das Stadtbild prägenden Türme wird San Gimignano auch Manhatten del Medioevo genannt. Die Türme sind teilweise über 50 Meter hoch und verleihen den zentralen Plätzen der Stadt einen außergewöhnlichen Rahmen. Ein Ausflug in die beiden Städte ist allemal empfehlenswert, auch wenn man nicht unbedingt Sehenswürdigkeiten oder Museen besichtigen möchte – es lohnt sich schon, einfach um die Aussicht auf das Umland zu genießen oder in den mittelalterlichen Gässchen umherzuspazieren. Karina Kreß 35 Impressum Autoren Matthias Edeler Lea Hensen Riccardo Imperiale Meike Klom Karina Kreß Helena Milas Mara Nogai Julia Rahmann Tjalke Weber Redaktion Karina Kreß Helena Milas Layout Karina Kreß Korrektur Almut Seyberth Bonner Italienzentrum Druck Hausdruckerei der Universität Bonn 36