Berufliche Weiterbildung

Transcription

Berufliche Weiterbildung
Berufliche Weiterbildung
1.
Begriffe
Diese Darstellung gibt eine Vertiefung der Aussagen in Kapitel 7 der
Schrift "Berufliche Bildung in der
Schweiz".
Die Begriffe
• berufliche Erwachsenenbildung
• berufliche Fortbildung
• berufliche Weiterbildung
werden sehr unterschiedlich verwendet. Für die folgenden Ausführungen soll
gelten:
Weiterbildung i. w. S., wird wie folgt unterteilt:
Fortbildung: Massnahmen, die sich auf die gegenwärtige Tätigkeit des
Lernenden beziehen, meist Tagungen und kürzere Kurse zur Einarbeitung in
neuere Erkenntnisse und Entwicklungen des eigenen Fachgebietes ("updating"), oder Seminare zur Förderung eines erfolgreichen Verhaltens im Beruf,
z.B.
Verkäuferschulung,
Kurse
zur
Verbesserung
des
Kommunikationsverhaltens.
Weiterbildung im engeren Sinne des Wortes: Massnahmen, die auf eine
anspruchsvollere
Tätigkeit
vorbereiten,
z.B.
Vorbereitung
auf
die
14
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
Universitäten
und andere
Hochschulen
Mittelschulen
Höhere
FachSchulen
Berufsschulen
Schultypen mit erweiterten
Ansprüchen
Primarschule
Kindergarten
Meisterprüfung.
Umschulung: Massnahmen zur Einarbeitung in eine andere, der jetzigen
Beschäftigung fremde
Tätigkeit
ohne Berücksichtigung
der
ersten
beruflichen Ausbildung. "Unter Umschulen ... verstehen wir ... das Schulen
gelernter und angelernter Erwerbsloser auf einen ganz andern Beruf, d.h.
auf einen Beruf, der vom bisher ausgeübten ganz verschieden ist und ein
völliges Neulernen erfordert." (Merz 1940, S. 13)
Fortbildung
Weiterbildung
i.e.S.
Umschulung
«Weiterbildung
im weiteren Sinne» oder «Fort- und Weiterbildung»
Manchmal trifft man die Meinung,
die Unterscheidung zwischen Fortund Weiterbildung sei eine nutzlose,
'akademische' Spielerei. In verschiedenen Fällen hat sie jedoch ihre
Bedeutung. So wird beispielsweise
von der Arbeitslosen-Versicherung
Fortbildung
unter
gewissen
Umständen
finanziert,
Weiterbildung i.e.S. jedoch nicht.
Tertiärstufe
Klasse
beruflichen Tätigkeit.
Sekundarstufe II
Fort- und Weiterbildung
nach abgeschlossener Grundausbildung, während oder alternierend zu einer
Vor- PrimarSekundarschule stufe
stufe I
verstehen wir in Anlehnung an die UNESCO-Empfehlung das Weiterlernen
Quartärer
Bereich
Unter «Weiterbildung im weiteren Sinne» oder «Fort- und Weiterbildung»
Folgende
weiteren
Begriffe
und
Abgrenzungen
sind
in
diesem
Zusammenhang wichtig:
Als Zweitausbildung wird eine Grundausbildung in einer zur ErstausbilWeiterbildung
2
dung fremden Tätigkeit bezeichnet, die aber den erfolgreichen Abschluss
einer Erstausbildung erfordert, z.B. Ausbildung zum Polizisten.
Als Höhere Berufsbildung werden Studiengänge auf der ausseruniversitären
Tertiärstufe
bezeichnet,
die
eine
einschlägige
Grundausbildung
voraussetzen. Sie stellen in der Regel eine Form der Weiterbildung im
engeren Sinne dar. Die wichtigsten Formen von Höherer Berufsbildung sind
der Besuch einer Fachhochschule oder Höheren Fachschule und die
Vorbereitung auf eine Berufs- oder Höhere Fachprüfung.
Das gegenwärtig noch gültige BBG führt die Höheren Fachschulen unter dem
vierten Titel «Berufliche Weiterbildung» auf. Klassifikationen, die sich an
den Sprachgebrauch der UNESCO anlehnen – speziell auch die Schulstatistik
des Bundes – zählen diese Schulen zum ausseruniversitären Tertiärbereich.
Die zukünftigen Fachhochschulen werden Teil des Hochschulbereichs sein
und deshalb zur Ausbildung und nicht mehr zur Weiterbildung gezählt
werden. Die Vertreter der Berufsbildungsämter nehmen diese Entwicklung
vorweg, wenn sie schreiben: "Die Ausbildung an höheren Fachschulen ist
nicht mehr als Weiterbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes, sondern
als erweiterte Berufsausbildung zu sehen." schrieben DBK und CRFP in ihren
"Grundsätzen zur höheren Fachausbildung" bereits vor 10 Jahren. (CRFP,
DBK 1991)
Erstausbildung
Zweitausbildung
Grundausbildung
2. Gesetzliche Regelungen zur Weiterbildung
Die einschlägigen Bestimmungen sind Teil des Berufsbildungsgesetzes und
der Gesetzgebung über die Arbeitslosenversicherung.
Bundesgesetz über die Berufsbildung 1978, Artikel 50:
Fragen:
Zu was gehören ...?
Nennen Sie Beispiele!
Stellen Sie die Unterschiede von
Fortbildung, Weiterbildung i.e.S.
und
Umschulung
tabellarisch
zusammen.
Fragen: Der dritte Titel des Berufsbildungsgesetzes 1978 regelt in 43
Artikeln die Grundausbildung, der
vierte in 11 Artikeln die Weiterbildung.
Versuchen Sie, dieses
Ungleichgewicht zu erklären.
1 Die berufliche Weiterbildung soll gelernten und angelernten Personen
helfen, ihre berufliche Grundausbildung der technischen und
wirtschaftlichen Entwicklung anzupassen oder zu erweitern und ihre
Allgemeinbildung zu verbessern, damit sie ihre berufliche Mobilität steigern
und anspruchsvollere Aufgaben übernehmen können.
2 Zu diesem Zweck fördert der Bund durch Beiträge und andere
Massnahmen die von Kantonen, beruflichen Schulen, Berufsverbänden oder
andern Organisationen durchgeführten Veranstaltungen, welche
insbesondere die Weiterbildung, Umschulung, Einführung in berufliche
Spezialgebiete oder die Vorbereitung zum Besuch von Schulen nach den
Artikeln 58-61 [Technikerschulen und Höhere Fachschulen] zum Gegenstand
haben. Er unterstützt ferner Einrichtungen und Veranstaltungen, welche die
Durchlässigkeit zwischen einzelnen Bildungssystemen erleichtern.
3 Der Bund kann Institutionen, die auf andere Weise als durch schulische
Lehrgänge oder Prüfungen nach den Artikeln 51-57 [Berufsprüfungen und
Höhere Fachprüfungen] den beruflichen Aufstieg fördern, anerkennen und
ihnen bestimmte Aufgaben übertragen. Die Verordnung regelt die
Voraussetzungen.
Im neuen Berufsbildungsgesetz wird zwischen höherer Berufsbildung und
berufsorientierter Weiterbildung unterschieden. Der Bundesrat
schlägt
folgende Formulierung vor:
Die berufsorientierte Weiterbildung dient dazu, durch organisiertes Lernen:
a. bestehende berufliche Qualifikationen zu erneuern, zu vertiefen und zu
erweitern oder neue berufliche Qualifikationen zu erwerben;
b. die berufliche Flexibilität zu unterstützen.
Die Kantone sorgen für ein bedarfsgerechtes Angebot an berufsorientierter
Weiterbildung.
Der Bund fördert die berufsorientierte Weiterbildung. Er unterstützt
insbesondere Angebote, die darauf ausgerichtet sind:
a. Personen bei Strukturveränderungen in der Berufswelt den Verbleib im
Erwerbs-leben zu ermöglichen;
Weiterbildung
3
b. Personen, die ihre Berufstätigkeit vorübergehend eingeschränkt oder aufgegeben haben, den Wiedereinstieg zu ermöglichen.
Er unterstützt darüber hinaus Massnahmen, welche die Koordination,
Transparenz und Qualität des Weiterbildungsangebotes fördern.
Die vom Bund geförderten Angebote der berufsorientierten Weiterbildung
und die arbeitsmarktlichen Massnahmen nach dem
Arbeitslosenversicherungsgesetz vom 25. Juni 1982 sind zu koordinieren.
Hier die oben angesprochene Bestimmung im Arbeitslosenversicherungsgesetz (AVIG), Art. 59:
Die Versicherung fördert durch finanzielle Leistungen die Umschulung,
Weiterbildung und Eingliederung von Versicherten, deren Vermittlung aus
Gründen des Arbeitsmarktes unmöglich oder stark erschwert ist. ... Die
Umschulung, Weiterbildung oder Eingliederung muß die Vermittlungsfähigkeit verbessern.
Nach den Intentionen des Gesetzgebers sollen also die Arbeitslosen nicht nur
eine finanzielle Unterstützung erhalten, sondern es soll ihnen mit den sog.
Präventivmassnahmen auch geholfen werden, einen möglichst raschen und
angemessenen Wiedereinstieg ins Erwerbsleben zu finden. In der gegenwärtig (April 95) im Parlament behandelten Revision dieses Gesetzes wird
dieser Grundsatz noch verstärkt.
Es gibt sehr viele weitere Gesetze und Verordnungen, die Bestimmungen zur
Weiterbildung enthalten, z.B. hat der Bundesrat
gestützt
auf
das
Atomgesetz eine Verordnung über Weiterbildung im Strahlenschutz
erlassen. (Wettstein 1987, S. 126).
Weiterbildung im engeren Sinn (in Zukunft: höhrere Berufsbildung)
Die grundlegende Struktur spiegelt sich im oben zitierten Artikel 50 des
BBG: Das Gesetz unterscheidet Prüfungen und Lehrgänge, vgl. folgende
Darstellung der Weiterbildungsmöglichkeiten:
Höhere Fachprüfung
(Meisterprüfung)
Höhere Fachschule
TS
(Technikerschule)
Höhere Wirtschaftsund Verwaltungsschule
HWV
Höhere
Technische
Lehranstalt
Welches ist die Aufgabe der Weiterbildung gemäss BBG?
Was ist nicht abgedeckt?
3. Strukturen
HTL
Fragen: Welche Aussagen enthält
BBG, Art. 50 zu Fortbildung, Weiterbildung i.e.S, Umschulung, anderes?
Berufslehre
Berufsprüfung
Lehrabschluss
prüfung
nach
Art. 41.1
Weiterbildung kann somit erstens in Lehrgängen erfolgen. Die wichtigsten
sind oben genannt, soweit sie den Bereich betreffen, der im BBG geregelt ist:
• Höhere Fachschulen, insbesondere Ingenieurschulen (Höhere Technische
Kann der Bund auf Grund dieser
Bestimmung
auch
allgemeine
Erwachsenenbildung fördern?
Lehranstalten),
Höhere Wirtschafts- und Verwaltungsschulen,
Höhere
Fachschulen für Gestaltung, Höhere Fachschulen für Touristik, Kaufmännische Gesamtschulen.
Weiterbildung
4
• Technikerschulen
Daneben existieren viele weitere Lehrgänge, z.B. Management-Lehrgänge
amerikansicher Hochschulen.
Weiterbildung kann zweitens durch Prüfungen geregelt werden. Das BBG
nennt Höhere Fachprüfungen, wozu auch die Meisterprüfungen zu zählen
sind, und Berufsprüfungen, einer etwas weniger anspruchsvollen Variante.
Die Vorbereitung auf diese Prüfungen ist nicht geregelt. Verlangt wird jedoch
umfangreiche einschlägige Praxis. Das Niveau dieser Prüfungen ist teilweise
sehr hoch; für die Vorbereitung auf die Buchrevisorenprüfung beispielsweise
benötigen Absolventen von einschlägigen Hochschulstudien mehrere Jahre.
Daneben gibt es viele Weiterbildungs-Prüfungen, die nicht nach BBG geregelt
Eine Liste der wichtigsten Höheren
Fachprüfungen
und
Berufsprüfungen sowie statistische Angaben enthalten Wettstein et al 1988, S. 159. und
Wettstein 1999, Seite 46.
sind, z.B. die Schweissprüfungen nach den deutschen DIN- und den
amerikanischen ASME-Vorschriften, die auch von Schweizer Schweissern
abgelegt
werden
müssen, wenn
sie
verantwortungsvolle
Aufgaben
übernehmen wollen. (Rüegsegger 1989). Heute sind vor allem Prüfungen im
Bereich der
Informatik
aktuelle,
zum
Beispiel
die
Prüfungen der
„Genossenschaft Schweizerisches Informatik-Zertifikat“ (vgl. www.siz.ch).
Fortbildung
Fortbildungen sind in der Regel wesentlich kürzer als Lehrgänge im
Weiterbildungsbereich. Andere strukturelle Eigenheiten sind mir nicht
bekannt – und dies mag wohl die zentrale Charakteristik eines Fortbildungssystems sein: Es passt sich inhaltlich und strukturell möglichst rasch und
genau den Bedürfnissen der Fortbildungswilligen an, weshalb sich keine
festen Strukturen bilden.
Umschulung
Infolge der geringen Arbeitslosigkeit in den letzten Jahrzehnten haben sich an
öffentlichen Institutionen kaum spezifische Angebote für die Umschulung entwickelt. Dies im Gegensatz zu Deutschland, wo u.a. spezielle Strukturen zur
Umschulung von ehemaligen Bergleuten entstanden sind, die infolge Schliessung von Zechen in grosser Zahl arbeitslos wurden.
Vergleichen Sie dazu den Text
über die Umschulung in den
30er Jahren im Anhang
Hingegen existier(t)en betriebsinterne Angebote zur Umschulung. Dies gilt
speziell für die Grossbanken, die Verkäufer/innen und Handwerker/innen
zu Bankangestellten umschulten – und damit neben der Deckung ihres Personalbedarfs einiges zu einem reibungsarmen Übergang von einer industriell
geprägten Wirtschaft zu einer Dienstleistungsgesellschaft beitrugen.
Formelle versus informelle Fort- und Weiterbildung
Bisher war ausschliesslich die Rede von Fortbildung, Weiterbildung und
Umschulung, die in Form von Kursen und Lehrgängen erfolgt, oder durch
anerkannte Prüfungen reglemtiert wird.
Der grösste Teil der Weiterbildung und vor allem der Löwenanteil an
Fortbildung erfolgt jedoch informell, während der täglichen Arbeit. Es ist
sogar ein Definitionsmerkmal einer humanen Arbeitswelt, dass sie den
Arbeitenden Impulse zu ihrer Weiterentwicklung vermittelt.
4. Inhalte und Methoden der Weiterbildung
Während sich berufliche Grundausbildung und berufliche Weiterbildung seit
jeher kaum von einander abgrenzen liessen, waren lange Zeit sowohl beim
Inhalt wie bei den Methoden wesentliche Unterschiede zur allgemeinen
Erwachsenenbildung festzustellen:
Berufliche Weiterbildung
Allgemeine Erwachsenenbildung
Eher produktorientiert
Eher prozessorientiert
Eher auf den Erwerb von
Eher auf persönliche Entwicklung
Fachwissen ausgerichtet
ausgerichtet
Teilnahme, um berufliche
Teilnahme aus persönlichen,
Forderungen zu erfüllen
inneren Motiven
(Erhebliche) Förderung durch Bund
und Kantone nach BBG, AIVG etc.
(Bescheidene) Förderung durch
Bund und Kantone als kulturelle
Massnahmen
Heute verschwimmen diese Unterschiede immer mehr. Die Einteilung in
berufliche und allgemein bildende Erwachsenen- oder Weiterbildung hat
sich überlebt. Allgemeinbildende Elemente sind oft beruflich relevanter als
manche ‚berufsorientierten'.
Fachleute sind mehrheitlich der Meinung, es sollte nicht mehr von
Erwachsenenbildung sondern von allgemeiner Weiterbildung gesprochen
werden. Sie folgen damit dem Strukturplan des Deutschen Bildungsrates,
der bereits 1970 Weiterbildung als "Wiederaufnahme organisierten Lernens
nach einer ersten Ausbildungsphase" umschrieb. Dieser neuen Nomenklatur
folgt auch der Bericht von Gonon und Schläfle zur Weiterbildung in der
Schweiz.
Einteilung der Weiterbildung nach Wirkungsbereichen
An die Stelle der Unterscheidung in allgemeine und berufliche Weiterbildung
könnte eine solche nach Politikbereichen treten, die den Anlass
zur
Durchführung einer bestimmten Weiterbildung darstellen. Man würde dann
von wirtschaftspolitisch, sozialpolitisch und
kulturpolitisch
orientierter
Weiterbildung zu sprechen.
Folgende Überlegungen haben zu diesem Vorschlag geführt.
Weiterbildung ist nie Selbstzweck. Ein Erwachsener geht nur in die
Weiterbildung, wenn er damit etwas erreichen kann, beispielsweise sich bei
der Arbeit oder in den Ferien mit fremdsprachigen Leuten zu unterhalten,
wieder eine Arbeit zu bekommen, seine Freizeit sinnvoll zu gestalten,
Karriere zu machen, das Werk eines Künstlers kennen zu lernen.
Ebenso vielfältig wie die Anliegen, die hinter der Weiterbildung stehen, sind
die gesetzlichen Grundlagen, die sie regeln: vom Eidg. Giftgesetz über
Normen zur Kulturförderung, zur Arbeitslosenversicherung, zur Förderung
der
Bienenzucht und zur
Sicherheit
im
Strassenverkehr
bis
zum
Bundesgesetz über die Berufsbildung. Abkommen mit und zwischen
Verbänden, vom FMH bis zum Malermeisterverband enthalten ebenfalls
Aussagen zur Weiterbildung und ihrer Förderung.
Weiterbildung
5
Die meisten Regelungen verfolgen wirtschaftspolitische, sozialpolitische
oder kulturpolitische Zielsetzungen.
Zur wirtschaftspolitisch motivierten Weiterbildung sollen beispielsweise
Weiterbildung
6
Kurse
gezählt
werden,
bei
dem
es
um
Fremdsprachen
als
Kommunikationsmittel, um Erwerb von Fachwissen und um beruflich
motivierte Förderung von Teamverhalten geht. Sozialpolitisch motiviert sind
beispielsweise Sprachkurse im Sinne von Integrationsmassnahmen, Kurse für
alte
Menschen
und
insbesonders
Alphabetisierungskurse,
Erwerb
die
von
Nachholbildung,
also
Grundkenntnissen
der
Informationstechnik, Nachholen von Abschlüssen der Sekundarstufe II.
Kulturpolitisch motiviert sind etwa Einführungen in die Philosophie im
Rahmen einer Volkshochschule oder Sprachkurse mit Betonung der Kultur
eines Sprachraums.
Wohin gehören Nähkurse, Bastelkurse, Aerobic-Kurse, Yoga-Kurse? Die
obigen drei Bereiche umfassen nur einen Teil der Weiterbildung, jedoch den
grossen Teil der staatlich geförderten Weiterbildung, vielleicht mit
Ausnahme der gesundheitspolitisch begründeten Weiterbildung.
5. Anbieter von Weiterbildung i.w. S.
Träger
Wir unterscheiden
• Öffentlich rechtliche Träger, insbesondere Kantone und Gemeinden, als
Träger von Berufsschulen
• Private gemeinnützige Träger: Vereine, Stiftungen etc. führen Berufs- und
Fachschulen, oft von Bund und Kantonen mit finanziellen Beiträgen
unterstützt
• Private erwerbsstrebige Träger: Privatschulen, Weiterbildung
von
Betrieben etc.
Zu den grössten Trägern gehören die Migros-Klubschulen, einige Kantone
und Städte (gewerblich-industrielle Berufsschulen), gewisse kaufmännische
Verbände (als Träger von kaufmännischen Berufsschulen), den Verbänden
nahestehende Schulen (ABW Zürich, Schw. Fachschule für Betriebstechnik),
sowie Privatschulen (z.B. Feusi und Akad). Das Angebot der privaten Träger
ist wesentlich grösser als dasjenige der öffentlich rechtlichen Schulen
Übersicht über das Angebot
Es gibt in der Schweiz keine auch nur eingermassen vollständige Liste der
Anbieter von Fort- und Weiterbildung. Lediglich Lehrgänge von mehr als
einem Jahr Dauer werden von der Abteilung Schulstatistik des Bundesamtes
für Statistik erfasst. Eine gewisse Übersicht gibt WAB, vgl. www.w-a-b.ch
Wie orientierten sich den Interessenten bisher über das Angebot?
6. Weiterbildungsaktivität der Bevölkerung
Einflussgrössen
Die
Motivation
zur
Arbeitsverhältnissen.
Weiterbildung
Die
Arbeit
ist
muss
stark
ein
abhängig
von
den
Mindestmass
an
Lernmöglichkeiten eröffnen. Lernen und Arbeiten müssen ineinander
übergehen und einander ablösen. Die Arbeit muss den Anreiz und die Chance
zum Lernen und zur Weiterbildung vermitteln.
Aber auch die Erstausbildung beeinflusst die Motivation zur Weiterbildung.
Deshalb wird im Berufsbildungsgesetz verlangt, die Grundausbildung
müsse die Grundlage für die fachliche und allgemeine Weiterbildung legen.
(BBG, Art. 6)
Ausmass der Weiterbildungsbeteiligung
In den letzten Jahren hat der Bund die Beteiligung an der Weiterbildung
untersuchen lassen. Die neusten Werte stammen aus dem Jahr 1996:
37% der erwachsenen Wohnbevölkerung haben damals innert eines Jahres
Weiterbildungskurse besucht. 31% der Befragten haben sich durch die
Lektüre von Fachliteratur weitergebildet, 20% der Erwachsenen besuchten
Vorträge,
Tagungen oder
Kongresse.
Radio
und Fernsehen
sowie
Videokassetten und computergestützte Lernprogramme hatten sich für
Weiterbildungszwecke vergleichsweise wenig durchgesetzt. Es waren vor
allem Personen, die auch Weiterbildungskurse besuchen, welche diese
Lernformen verwendeten.
Knapp 1,9 Millionen Kursteilnehmer und Kursteilnehmerinnen standen mehr
als 3 Millionen Erwachsenen gegenüber, die zwischen Frühjahr 1995 und
1996 weder einen beruflich orientierten Kurs noch einen betriebsinternen
oder einen Freizeitkurs besucht haben. Mehr als 2 Millionen bildeten sich
nach eigenen Angaben auch nicht auf eine andere Art gezielt weiter: Sie lasen
keine Fachzeitschriften oder Sachbücher und benützen auch keine Medien
oder
computergestützen
Lernprogramme.
Grundsätzlich
nicht
an
Weiterbildung interessiert sind vor allem Personen ohne nachobligatorische
Ausbildung, weiter jene, die
keiner Erwerbsarbeit
nachgehen, und
schliesslich Menschen im Rentenalter.
Die Weiterbildung in der Schweiz hat noch bei weitem nicht jenen Stand und
Verbreitungsgrad erreicht, der es rechtfertigen würde, von einer "lernenden
Gesellschaft" zu sprechen. Die Weiterbildungschancen sind nicht für alle
gleich.
Entscheidend
Grundausbildung.
Je
ist
in
höher
dieser
die
Beziehung
Bildung,
desto
die
Dauer
grösser
ist
der
die
Wahrscheinlichkeit, an einem Weiterbildungskurs teilzunehmen oder sich
autodidaktisch weiterzubilden und desto besser ist auch der Zugang zu
entscheidenden Ressourcen wie Arbeit und Information.Welche Fort- und
Weiterbildung haben Sie in den letzten drei Jahren besucht?
Diese Angaben über eine generell doch sehr geringe Weiterbildungstätigkeit
wird etwas relativiert durch Angaben aus einzelnen Betrieben:
Beurteilung
Es gab einmal eine Zeit, da war man mit 20 "ausgelernt". Das Leben war klar
in drei Teile unterteilt: Jugend (Lernen!), Erwachsenenalter (Erwerb!), Alter.
Heute jedoch verlangen Wirtschaft und Gesellschaft, dass das Lernen ein
Leben lang anhält - "lebenslanges Lernen" oder "lebensbegleitendes Lernen"
ist zu einem Schlagwort geworden.
Dieser Anspruch wird allgemein anerkannt – jedoch kaum umgesetzt:
·
Mindestens 90% der staatlichen Mittel beansprucht die die
Erstausbildung.
Weiterbildung
7
·
Muss gespart werden, so wird in erster Linie bei der Weiterbildung
gespart. Ihre Unterstützung ist ‚wünschenswert', diejenige der
Erstausbildung ein ‚Must'.
Weiterbildung
8
·
Viele Stipendienregelungen legen fest, dass nur die Erstausbildung
gefördert wird.
·
Nur eine Minderheit der Bevölkerung besucht Weiterbildungskurse von
einiger Bedeutung.
·
Die ‚Rückkehr in die Schulbänke' ist für viele Erwachsene ein
unangenehmer Zwang.
·
Nur eine Minderheit der Bevölkerung erwartet von Weiterbildung
Beiträge an die Lösung der eigenen (persönlichen, beruflichen) Problem ganz im Gegensatz zur Politik, die sich von der Weiterbildung alles
erhofft, von der Hebung der Sicherheit im Strassenverkehr über den
Zusammenhalt der Landesteile bis zur Vermeidung von
Arbeitslosigkeit!
·
In den Bildungsverwaltungen existieren Ämter für jede Bildungsstufe ausser für die Weiterbildung.
Fachleute sind sich einig, dass lebenslanges Lernen in der Erstausbildung
vorbereitet werden kann und muss. Prinzipiell geht es um eine Abkehr vom
Dreiphasenmodell Jugend / Erwerbstätigkeit / Alter. Die Sekundarstufe II
darf nicht mehr als Abschluss der Bildung, sondern als Einstieg in die
(Weiter-)Bildung
gesehen
werden.
Dem
Aufbau
der
notwendigen
Grundhaltung in der Volksschule muss Beachtung geschenkt werden.
Konkret heisst das:
·
Förderung des eigenverantwortlichen Lernens
·
Einrichtung von modularen Angeboten mit anerkannten Abschlüssen
·
Fliessende Übergänge zwischen Grund- und Weiterbildung auf allen
Stufen
·
Veränderung der Didaktik in Sekundarstufe I und II, so dass in den
Jugendlichen das Vertrauen in ihre eigene Weiterbildungsfähigkeit
wächst.
·
Laufbahnorientierung in der Sekundarstufe II durch Berufsberatungen
oder noch besser durch die Lehrkräfte der Berufs- und Mittelschulen
selbst, Erarbeiten geeigneter Unterlagen
·
Positionierung von Mittel- und Berufsschulen als Ausbildungsstätten für
Menschen jedes Alters. Von besonderem Wert sind Kurse, die gleichzeitig
für Jugendliche wie für Erwachsene angeboten werden.
7. Kosten der Weiterbildung
Noch viel weniger als über die Träger der Weiterbildung wissen wir über
die anfallenden Kosten. Im Sinne von Beispielen gebe ich einige gesammelte
Angaben wieder, um einen Eindruck von der Grössenordung zu vermitteln.
Das Institut der deutschen Wirtschaft hat die Aufwendungen der Betriebe für
die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter untersucht: 92% aller Betriebe betreiben
betriebliche Weiterbildung. Im Durchschnitt werden rund 20 Stunden pro
Jahr und Mitarbeiter aufgewendet. Dies kostet die Unternehmen im
Durchschnitt 1'766 DM je Mitarbeiter und Jahr für die Weiterbildung,
inklusive
Lohnkosten
der
ausfallenden
Arbeitszeit.
Die
Weiterbildungskosten von total 26,2 Milliarden DM entsprechen 2,9% der
Bruttolohn- und -gehaltsumme und sind etwa gleich hoch wie die Ausgaben
des Staates für die Hochschulen und Uni-Kliniken. (Panorama 9/90, S. 32)
Die drei Grossbanken der Schweiz wenden jährlich 150 bis 200 Mio Franken
Weiterbildung
9
für die Aus- und Weiterbildung ihres Personals auf (Votum Dr. Rasi,
24.8.87). Von einer grossen Versicherungsgesellschaft ist bekannt, dass die
Kosten für eine Woche Management-Training für das obere Kader pro
Gruppe (20 Personen) Fr.150'000.- betragen.
8. Weiterbildungspolitik
Förderung der Weiterbildung
Weiterbildung ist keine Forderung der neusten Zeit, wie es gelegentlich den
Anschein macht: "Da aber die Berufsbildung nicht bloss während der
eigentlichen 'Lehrzeit' dauert, weil jedermann Zeit seines Lebens lernen kann
Wie weit entspricht das Schweizerische System den Forderungen der
deutschen Arbeitgeber (vgl. Anhang)?
und soll, dürfen wir auch die bezüglichen gesetzlichen Massnahmen nicht
bloss auf die 'Lehrlinge' beschränken. Auch die 'Ausgelernten', ... bedürfen
der weitern Ausbildung und können hierfür auf die öffentliche Fürsorge
Anspruch machen."
schreibt
der
Schw.
Gewerbeverband
1918
im
Kommentar zu seinem Vorschlag für ein Berufsbildungsgesetz (Wettstein
1987, S. 102). Und 1946 äussert der Sektionschefs für das berufliche Bildungswesen im BIGA folgende Auffassung: Nach dem Ersten Weltkrieg ist
die berufliche Ausbildung reorganisisert worden, nach dem Zweiten Krieg
ist es an der Zeit, eine planmässige Weiterbildung zu verwirklichen. Das
Bedürfnis nach Weiterbildung sei bei jungen Berufsleuten vorhanden, die
Möglichkeiten dazu aber noch spärlich (Blätter, 1946, S. 117).
Die jüngste Aktion in dieser Hinsicht ist die sog. Weiterbildungsinitiative,
die der Bund 1990 lancierte.
Im Rahmen der "Sondermassnahmen des Bundes zugunsten der beruflichen
und universitären Weiterbildung und Förderung neuer Technologien im
Fertigungsbereich (CIM)" sollten für die Berufsbildung innert 6 Jahren
zusätzlich 162 Millionen Franken zur Verfügung stehen. Bis Ende 1992
gingen 741 Gesuche ein, wovon 377 mit Beiträgen von 62 Millionen Franken
bewilligt wurden, davon für
Höhere Fachschulen
37,4 Mio
Gelernte Berufstätige
12,5 Mio
Ungelernte
2.6 Mio
Frauen, Ausländer
Wiedereinstieg
5.4 Mio
2.3 Mio
Weiterbildungsbereitschaft
2.1 Mio
(Panorama 21/93, S. 17). Im Juni 1994 kürzte aber das Parlament im Rahmen
seiner Sparbemühungen den Rahmenkredit von 162 auf 101 Millionen
Franken, so dass keine weiteren Projekte mehr in Angriff genommen werden
können (Panorama 31/1995, S. 17)
Weiterbildung als Pflicht! Und als Recht?
Weiterbildung ist heute zur Pflicht für jeden Arbeitenden geworden. So
beschreibt beispielsweise Volker
Kind, Vizedirektor des BIGA, den
Arbeitnehmer der Zukunft wie folgt: "Der künftige Mitarbeiter ist jemand,
der eine gute technologie- und marktorientierte Ausbildung mitbringt, der
Fragen:
Was bringt Weiterbildung
Berufstätigen?
den
Was bringt Weiterbildung
einzelnen Betrieben?
den
Was bringt Weiterbildung
Volkswirtschaft?
der
regelmässig um Weiterbildung bemüht ist, der flexibel ist, der dazulernen
kann, der sieht, dass sich die Welt verändert. Selbstmanagement wird enorm
wichtig werden und das Bewusstsein, wie sehr die Arbeitssituation
Weiterbildung
10
veränderbar ist, muss vorhanden sein." (Kind 1993)
Ist Weiterbildung aber auch das Recht jedes Arbeitnehmers oder sogar jedes
Menschen?
Die Teilnahme an Weiterbildung soll nicht an den Kosten scheitern. Mit
dieser Begründung subventioniert die öffentliche Hand vielfältige Angebote
an beruflicher und allgemeiner Erwachsenenbildung. Für Weiterbildung
i.e.S. werden auch Stipendien ausgerichtet.
Die Forderung nach einer Weiterbildung während der Arbeitszeit ist jedoch
noch sehr umstritten. Die Gewerkschaften fordern dazu einen bezahlten
«Bildungsurlaub». In der 1992 lancierten «Lehrlingspetition» der Gewerkschaftsjugend, die voll vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB)
unterstützt
wird,
heisst
es
dazu
"Zur
Förderung
der
Weiterbildungsbereitschaft ist per Gesetz ein bezahlter Bildungsurlaub
einzuführen. Das lebenslange Lernen muss mit einer fortschrittlichen
Stipendienregelung unterstützt werden." In einzelnen Branchen ist der
Bildungsurlaub bereits verwirklicht: Der Gesamtarbeitsvertrag für das
Schreinergewerbe vom 1. 1.88 enthält einen Anspruch auf einen bezahlten
Weiterbildungstag pro Jahr. (Bbl 1988 S. 910)
Mat 37, Version 6.12.01
Literatur:
Botschaft zu einem neuen Bundesgesetz über die Berufsbildung (Berufsbildungsgesetz, BBG) vom 6. September 1999
Bundesamt für Bildung und Wissenschaft, Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit: Weiterbildung in der Schweiz
- Auswertung einer Umfrage, Bern 1988
BBW, Bundesminister für Bildung und Wissenschaft (Hg.): Berichtssystem Weiterbildung 1988, Bonn 1989.
CRFP, DBK, Conference des offices cantonaux de formation professionnelle de Suisse romande et du Tessin,
Deutschschweizerische Berufsbildungsamter-Konferenz: Grundsätzen zur höheren Fachausbildung, verabschiedet am
28. November 1991
Gonon Philipp, Schläfli André u.a., Weiterbildung in der Schweiz: Situation und Empfehlungen. Bericht an das
Bundesamt für Berufsbildung und Technologie und das Bundesamt für Kultur, Zürich, November 1998
Kind Volker: "Alles halb so schlimm?" Interview in Schw. Kaufmännische Zeitung, 12.2.93
Merz Herbert: Die Umschulung Erwerbsloser.Zürich 1940
Oertli Rotraut: Eine neue Datenbank: die Weiterbildungs-Angebots-Börse. IN: Panorama 21/93 S. 3ff
Rüegsegger H.R.: Schweisstechnik - ein Ausbildungsbereich mit Besonderheiten. IN Panorama 6/89, S. 22ff
Schwander A: Die Weiterbildung nach der Berufslehre in Gewerbe und Industrie. Bern (DBK) 1938
Anhang
Weiterbildung in der Krise der Dreissiger Jahre - ein zeitgenössischer
Bericht
1932/33 waren jugendliche Arbeitskräfte von der Arbeitslosigkeit besonders
betroffen. Sie mussten vor den Gefahren des Müssigganges bewahrt werden,
vorab eine Aufgabe des freiwilligen Arbeitsdienstes. Dort aber in der Regel
keine Arbeit auf dem gelernten Beruf. Gefahr, die erlernten Berufsfertigkeiten
zu verlieren. Deshalb besteben des Bundes zum "Ausbau der bereits seit
Beginn der Krise geführten beruflichen Kurse ... und insbesondere in der
Schaffung von Berufslagern" (S.8). Gefördert werden (1) "Veranstaltungen für
gelernte Arbeitskräfte zur Weiterbildung im erlernten Beruf
(Weiterbildungskurse)" (2) "Kurse für ungelernte Jugendliche zur Einführung
in eine berufl. Tätigkeit (Anlernkurse)" (3) "Kurse für Angehöhrige überfüllter
Berufe zur Einführung in aufnahmefähige Berufe (Umschulungskurse. Sämtl.
Kurse können in der Form von B'lagern durchgeführt werden." (S.9).
Bundesbeitrag 60%, zusätzlich Unterstützung der Teilnehmer. Kurstage
werden als Arbeitstage f. die Bezugsberechtigung angerechnet.
Statistik 1932
Kursteiln. 1900
Bundesbeitr 90'
1933
3800
170'
1934
3100
199'
1935
4700
360'
1936
6800
610'
1937
7200
780'
Näheres zu den Anlernkursen: Dauer einige Wochen bis Monate, nur in
Gebieten mit besonders schwierigen Verhältnissen. Hauptaugenmerk auf
Weiterbildungskurse für gelernte Arbeitskräfte.
Zu den Weiterbildungskursen für gelernte Arbeiter Zweck in erster Line:
Gelernte ihrem Berufe zu erhalten, weiterzubilden und sie in neue Gebiete
oder Techniken einzuführen, auch eine lückenhafte Ausbildung durch eine
Nachlehre zu ergänzen.
Übersicht über die 1937 durchgeführten Kurse:
- Baugewerbe und Holzbearbeitung: 56 Kurse mit 1970 Tn. meist 3-Monate
d. Kurse, mehrheitlich im Winter. Für Maurer, Maler, Gipser, Bau- u
Möbelschreiner, Tapezierer-Dekorateur, Bauspengler Elektroinstellateur.
Teilweise allg. Weiterbildung, teilweise Einführung in neue Gebiete:
Bruchsteinmauern (im Hinblick auf den Ausbau der Alpenstrassen),
Oberflächenbehandlung des Holzes für Möbelschreiner zur Spezialisierung
- Bekleidungsgewerbe 1937 13 Kurse m 260 Tn. für Damenschneiderinnen,
Masschneider (Ausbildung im Grossstückemachen), Schuhmacher
- Graphisches Gewerbe 9 Kurse mit 150 Tn. Schriftsetzer, Buchdrucker,
Lithographen
- Metall- u Masch'industrie. 40 Kurse mit 2900 Tn. aller Berufe zur Förderung in ihren berufl. Fähigkeiten oder Überführung in Spezialberufe, in
jüngerer Zeit angesichts entsprechender Nachfrage zu Drehern, Fräsern und
Hobeln. Führen auch "Berufsfertigkeitsprüfungen für ältere Erwerbslose" für
Arbeitsämter durch.
Ausgaben pro Tn und Tag in den Berufslagern: Fr.6.- bis 8.-, für Ausbildung,
Unterhalt u Verpflegung einschl. Taschengeld von Fr. 5.- pro Woche.
Geschlossene Berufslager verfügen über ein Internat, in offenen wohnen die
Tn in einfachen Gast- od Privathäusern.
Schwander 1938
Weiterbildung
11
Ein bildungspolitischer Text zur Weiterbildung aus dem Jahr 1988
Weiterbildung
12
Im Bericht über die Legislaturplanung 1987-1991äussert sich der Bundesrat
wiederholt zur beruflichen Bildung. Insbesondere wird eine Revision des
Berufsbildungsgesetzes ins Auge gefasst. Hier ein Auszug aus dem Bericht
vom 18. Jan. 1988:
Rahmenbedingungen und Legislaturziele:
Wesentliche Impulse für den weltweiten wirtschaftlichen Strukturwandel
gehen heute von neuen Basis- oder Schlüsseltechnologien aus. Dazu gehören
die Mikroelektronik, die Computertechnik, die Informations- und
Kommunikationstechnologien, synthetische Materialien mit ihren
Anwendungsmöglichkeiten sowie die Bio- und Gentechnologien. Diese
verändern die Produktionsverfahren und führen zu neuen Produkten und
Dienstleistungen.
Aufgrund der demographischen Entwicklung in der Schweiz wächst der
Anteil an Beschäftigten mit älterem Wissensstand. Gleichzeitig verändert
sich auch das nötige Berufswissen immer rascher. Für viele Beschäftigte
werden daher Zusatzqualifikationen unerlässlich. An den Hochschulen und
im Berufsbildungswesen soll die Weiterbildung gefördert werden. Das
bestehende Angebot soll erweitert und an neue Bedürfnisse, die mit der
technologischen Entwicklung entstanden sind, angepasst werden.
Schwerpunkte der Legislatur:
Qualitatives Wachstum erfordert interdisziplinäres, ganzheitliches Denken
und Handeln.
Für die Mehrzahl der Beschäftigten wird ständige Weiterbildung unerlässlich. Die Fähigkeit, die Umsetzung neuer Erkenntnisse in Produktion und
Betriebsorganisation zu beschleunigen, wird wettbewerbsentscheidend.
Weiterbildung soll aber auch zur Selbstentfaltung beitragen.
Ziele und Massnahmen:
...
In unserem Land besteht ein vielfältiges, jedoch wenig transparentes und
konzeptionell nicht vereinheitlichtes Weiterbildungsangebot öffentlicher wie
privater Institutionen. Angebot und Nachfrage finden daher oft nicht von
selbst zusammen; das Angebot ist zudem nicht immer genügend auf die
Nachfrage abgestimmt... Der Bundesrat wird darauf hin arbeiten, dass über
die Förderung bestehender Stellen ein regional abgestütztes Netz von
Beauftragten für Weiterbildungsfragen entsteht.
Der Bundesrat ist sich bewusst, dass die im Weiterbildungswesen gesetzten
Ziele nicht allein mit zusätzlichen Finanzmitteln erreichbar sind.
Entscheidend ist die Bereitschaft zur Weiterbildung sowohl bei den Unternehmen wie bei den Beschäftigten. Diese Motivation wollen wir mit
folgenden flankierenden Massnahmen fördern:
es sind Musterverträge für die Beteiligung von Angestellten an
Weiterbildungsveranstaltungen auszuarbeiten...;
es sind Zertifiktate für Nachdiplomstudien (Berufsbildung) einzuführen. Diese dürften die Motivation auf seiten der Beschäftigten fördern;
-
...
Im Jahr 1999 schreibt der Bundesrat:
Die immer kürzeren Wissenszyklen können ohne ständige Weiterbildung
nicht bewäl-tigt werden. Auch ist die Menge des sich ständig überholenden
Erfahrungswissens innert nützlicher Frist nicht mehr zu vermitteln.
Exemplarisches Lernen und die Fähigkeit, Neues zu verarbeiten, sind gefragt
und müssen weiterentwickelt werden. Entsprechende Kompetenzen müssen
bereits auf der Sekundarstufe II eingeübt werden. Auch muss Weiterbildung
im Sinne des Qualifikationserhalts oder besserer Arbeitsmarktfähigkeit
bereits auf diesem Niveau zu pflegen.
In der Weiterbildung durchdringen sich staatliche und private Angebote und
Verantwortung in hohem Mass. Weiterbildung liegt im Interesse des
Einzelnen und im Interesse der Arbeitgeber. Insofern liegt sie auch in deren
Verantwortung. Darüber hinaus ist ein subsidiäres staatliches Engagement
angesichts des öffentlichen Interesses an einem möglichst hohen Qualifikationsniveau der Bevölkerung angezeigt. Es gibt immer Personen (z.B.
bildungsferne Schichten) und Fachbereiche, für die nur dank öffentlicher
Unterstützung die notwendige Erneuerung der Kenntnisse und Fähigkeiten
gesichert werden kann.
Gemäss einem Expertenbericht über Weiterbildung ist „das aktuelle Bildungssystem in der Schweiz weit davon entfernt, der wachsenden Bedeutung des lebenslangen Lernens [...] Rechnung zu tragen” (Gonon, Schläfli
1998, Seite 3). Die Revision des Be-rufsbildungsgesetzes berücksichtigt diese
Diagnose. Das neue Gesetz kann jedoch aus staatspolitischen Gründen – der
Bund ist nur für die berufliche Weiterbildung zuständig - und wegen der
Überforderung des Berufsbildungssystems nicht der Ort sein, um die
Weiterbildung grundsätzlich neu zu regeln.
Die Weiterbildung unter dem Berufsbildungsgesetz soll weiterhin berufsorientiert bleiben. Angesichts der zunehmenden Bedeutung allgemein bildender Elemente auch für die Berufsfähigkeit soll sie sich aber nicht nur auf
das rein Fachtechnische beschränken, sondern vermehrt auch umfassendere
Einsichten und Fähigkeiten fördern.
Die Abgrenzung der berufsorientierten Weiterbildung von den aktiven
arbeitsmarktlichen Massnahmen und von der allgemeinen Erwachsenenbildung stellt ein Problem dar, das oft als nicht lösbar eingeschätzt wird.
Insbesondere Gewerkschaften, Sozialdemokraten und Kreise der Erwachsenenbildung fordern ein eigentliches Berufsbildungs- und Weiterbildungsgesetz, das diese als überholt betrachteten Unterscheidungen aufheben soll.
(Auszüge aus den Kapiteln 2.5 und 1.7 der Botschaft vom 6.September 1999)
Weiterbildung
13
Vorstellungen der Deutschen Arbeitgeber zur Weiterbildung – aus
dem Jahr 1993
Weiterbildung
14
1. Technischer Fortschritt, sich verschärfender Wettbewerb, wirtschaftlicher
und sozialer Wandel lassen die Bedeutung der beruflichen Weiterbildung
weiter steigen. Weiterbildung ist eine Zukunftsaufgabe, der sich jeder
einzelne, jeder Betrieb, die Wirtschaft und Gesellschaft insgesamt stellen
mussen. Zum staatlichen Bildungsauftrag gehört vor allem, die Grundlagen
für die Weiterbildung im allgemeinbildenden Schulbereich zu legen und für
eine positive Einstellung und Motivation zur Weiterbildung in unserer
Gesellschaft Sorge zu tragen.
2. Der wachsende Bedarf an beruflicher Weiterbildung und ihre zunehmende
Bedeutung als Wettbewerbsfaktor erfordem den effizienten Einsatz und die
Nutzung aller Ressourcen. Die Weiterbildungspolitik muß sich daran
ausrichten, daß berufliche Weiterbildung marktwirtschaftliche Prinzipien zu
berücksichtigen hat.
3. Im Mittelpunkt der beruflichen Weiterbildung stehen die Anforderungen
der Berufs- und Arbeitswelt. Deshalb spielt die Wirtschaft die zentrale Rolle.
Die Weiterbildungpolitik muß die Erfordernisse der Wirtschaft zur
wesentlichen Grundlage ihrer Entscheidungen machen.
4. Berufliche Weiterbildung kann ihre Aufgabe nur erfüllen, wenn sie aktuell
und praxisnah gestaltet wird und flexibel auf sich ändernde Anforderungen
reagieren kann. Sie braucht als Bildungsbereich entsprechende Freiräume.
Die Bildungspolitik muß sich dafür einsetzen, im Interesse des einzelnen, der
Wirtschaft und der Gesellschaft insgesamt diese Freiräume auch weiterhin
zu sichern.
5. Die innerbetriebliche Weiterbildung ist an den jeweiligen betrieblichen
Anforderungen orientiert und muß frei von staatlichen Vorgaben und
Eingriffen bleiben. Nur dann werden die Betriebe die Zukunftsaufgaben in
der beruflichen Weiterbildung bewältigen können.
6. Eine leistungsfähige über- und außerbetriebliche Weiterbildung braucht
eine Vielzahl von Trägern, die unter marktwirtschaftlichen Aspekten
miteinander konkurrieren. Die notwendige Transparenz des Angebots ist
durch geeignete Informationssysteme (z.B. Datenbanken) zu erreichen. Für
ein staatlich geplantes und flächendeckend organisiertes
Weiterbildungsangebot besteht kein Bedarf.
7. Eigene Aktivitäten des Staates in der beruflichen Weiterbildung müssen
sich am Subsidiaritätsprinzip orientieren. Das bedeutet, nur dann tätig zu
werden, wenn Aufgaben in der beruflichen Weiterbildung von anderen nicht
bzw. nicht ohne staatliche Hilfe wahrgenommen werden können. Dazu
gehört insbesondere die berufliche Weiterbildung benachteiligter Gruppen.
8. Zur Finanzierung der beruflichen Weiterbildung müssen alle Beteiligten
angemessen beitragen. Die Kostenbeteiligung muß sich insbesondere nach
Nutzen- und Interessen-Gesichtspunkten richten, wobei der Faktor Zeit als
Kostenfaktor zunehmend an Gewicht gewinnt. Die Weiterbildungspolitik
muß berücksichtigen, daß zusätzliche und unnötige finanzielle Belastungen
für die Wirtschaft, die in großem Umfang die Kosten der beruflichen
Weiterbildung trägt, vermieden werden. Bei staatlicher finanzieller
Förderung von Weiterbildungsmaßnahmen ist dafür Sorge zu tragen, daß
dadurch keine Wettbewerbsverzerrungen entstehen.
9. Die zuständigen Stellen haben im Rahmen der ihnen im
Berufsausbildungsgesetz bzw. der Handwerksordnung übertragenen
Ordnungsfunktion - soweit erforderlich - ein differenziertes,
praxisorientiertes Qualifizierungssystem entwickelt, das auch für die
Zukunft richtungsweisend ist. Staatliche Fortbildungsordnungen sind ein
zusätzliches, wenig flexibles Ordnungsinstrument, für das Bedarf nur im
Einzelfall bei besonderen Bedingungen in Betracht kommt. Eine
systematische Ordnungstätigkeit des Staates in der beruflichen Weiterbildung kann daher keine eigenes politisches Ziel sein.
10. Neue Aufgaben für die berufliche Weiterbildung ergeben sich durch die
Entwicklung in Europa. Aufgabe des Staates ist es, die nationalen
Anforderungen in der beruflichen Weiterbildung in die europäische Politik
umzusetzen und insbesondere dafür Sorge zu tragen, daß die notwendigen
Freiräume für die Wirtschaft auch im Gemeinsamen Europäischen
Binnenmarkt erhalten bleiben.
Quelle: Vorstellungen zur Gestaltung und Weiterentwicklung der beruflichen
Weiterbildung des Kuratoriums der Deutschen Wirtschaft:, ibwMitteilungen Feb. 93
Weiterbildung
15