Cover Story | Pilot Report Remos GX
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AR07_18-21_Coverstory_d.qxp 23.6.2010 10:19 Uhr Cover Story | Pilot Report Remos GX 18 | AeroRevue 7/8 2010 Seite 18 AR07_18-21_Coverstory_d.qxp 23.6.2010 9:38 Uhr Seite 19 Pilot Report Remos GX | Cover Story Der deutsche Flugzeughersteller Remos bietet seit kurzem als Nachfolgemodell des G3 die deutlich leistungsfähigere und verbesserte GX an. Markantester Unterschied ist das auf 600 Kilogramm erhöhte maximale Abfluggewicht. Die Glarner Flugschule ecoflight.ch setzt für Schulung und Vermietung auf dieses moderne Fluggerät. Robustes Leichtgewicht mit Zukunft N Text: Hansjürg Moser och liegt der ehemalige Militärflugplatz Mollis im Nebel, doch langsam beginnen sich die weissen Schwaden zu lichten. Im grossen Holzhangar am Pistenrand treffe ich Martin Stüssi, Geschäftsleiter der Flugschule Ecoflight, sowie Pascal Landolt, den Cheffluglehrer des jungen Unternehmens. Die beiden führen mich im Hangar zu ihren Schulflugzeugen. Im Halbdunkeln erkenne ich die zwei Remos-G3-Maschinen (beide zwischenzeitlich verkauft) und das neuste Modell des deutschen Herstellers, die Remos GX. Die G3 der Kategorie Ecolight wird nach den deutschen Richtlinien LTF-UL gebaut – mit speziellen Anforderungen für den Betrieb in der Schweiz: mindestens 20 kg/m2 Flächenbelastung, Vso nicht grösser als 65 km/h, maximal 65 dB(A) sowie ein Triebwerk mit einer Leistung von höchstens 121 PS. Zudem darf das maximale Startgewicht mit Rettungsgerät nicht mehr als 472,5 Kilogramm betragen. Die neue Remos GX hingegen kann mit maximal 600 Kilogramm starten und wurde deshalb nach den Regeln der in Europa noch nicht definitiv eingeführten Kategorie LSA (Light Sports Aircraft) konstruiert. Sie wird vorläufig mit einer von der EASA genehmigten und durch unsere nationale Aufsichtsbehörde ausgestellten Flugberechtigung (Permit-to-fly) betrieben. Die Flugschule in Mollis hat als Ersatz für die verkauften G3 drei neue, moderne GX für Schulung und Vermietung erworben. «Unsere Strategie zielt auf Nachhaltigkeit», erläutert Geschäftsleiter Stüssi und präzisiert: «Mit dem Einsatz von zeitgemässem, verbrauchsarmem, umweltschonendem und kostengünstigem Fluggerät möchten wir ein Gegengewicht zum konventionellen Angebot setzen und neue Kreise für die Fliegerei begeistern.» Cheffluglehrer Landolt ergänzt: «Unser Schwerpunkt liegt bei der Ausbildung zum Erwerb der nationalen Privatpilotenlizenz, auch RPPL genannt. Dies ist zwar keine JAR-Lizenz, doch dürfen damit nach entsprechender Einweisung auch vierplätzige Maschinen mit Passagieren geflogen werden. Flüge ins Ausland sind ebenfalls erlaubt.» Bild: zvg Modernes Fluggerät Mit Hilfe von Pascal Landolt, der mir während des Rundganges um die neue Maschine die zahlreichen Punkte der Aussenkontrolle zeigt, lerne ich das Leichtflugzeug kennen. Die massive, saubere Bauweise und die zahlreichen, durchdachten Details überraschen mich. Ich erfahre, dass die Tragflügel der GX aus Kohlefasern in Schalenbauweise gefertigt sind und dieses äusserst belastbare Material zudem für Teile des Rumpfs und des Leitwerks verwendet wird. Im Bereich des Cockpits wird eine Kombination aus Kohle und Kevlar eingesetzt, was eine besonders feste Struktur ergibt. Der Rumpf wurde leicht modifiziert. Im Übergang zum Leitwerk sorgt eine neue, grosse Finne für deutlich mehr Richtungsstabilität. Für alle Verbindungen der Steuerflächen mit den Steuerelementen werden ausschliesslich Stangen und AeroRevue 7/8 2010 | 19 AR07_18-21_Coverstory_d.qxp 23.6.2010 9:32 Uhr Seite 20 Cover Story | Pilot Report Remos GX Die Gestaltung des Arbeitsplatzes im Cockpit der Remos GX wirkt klar und modern. Auf der linken Seite die beiden übereinanderliegenden Bildschirme des Dynon-Systems. nicht Seile verwendet. Das elektrisch steuerbare Klappensystem ist fowlerartig gestaltet. Dies bedeutet, dass die nach hinten und unten ausfahrenden Start- und Landehilfen dank entstehendem Spalt zwischen Flügelenden und Klappen zu einer Beschleunigung der Luft und damit zu einer länger anliegenden Strömung beitragen. Das Hauptfahrwerk besteht neu aus einer massiven Stahlfederkonstruktion, die weichere Landungen ermöglicht. Die grossen, nach oben öffnenden Türen erleichtern den Einstieg ins Cockpit. «Die Seitenruderpedale sind nicht verstellbar, darum musst du erst mal Probe sitzen, damit ich den Sitz an deine Grösse anpassen kann», meint Pascal Landolt. Überzeugendes Glascockpit Die Gestaltung des Arbeitsplatzes wirkt modern, klar, freundlich und hell. Die linke Seite des Instrumentenbretts wird von Glas dominiert; dort sind die beiden übereinanderliegenden, hochauflösenden Bildschirme des Dynon-Systems platziert. Auf dem EFIS (Electronic Flight Information System) D100 werden alle relevanten Fluginformationen in der bekannten, standardisierten Form dargestellt: künstlicher Horizont, Geschwindigkeitsmesser mit Trendstreifen, Höhenmesser, Variometer, Wendezeiger, Libelle, Anstellwinkelanzeiger, um die wichtigsten 20 | AeroRevue 7/8 2010 zu nennen. Das Display kann in einzelne Segmente eingeteilt werden (Split-screen-Prinzip). So lässt sich beispielsweise im rechten Teil das HSI einblenden. Der untere Bildschirm des EMS (Engine Monitoring System) D10 zeigt die zahlreichen Parameter des Triebwerks, des Treibstoffund des elektrischen Systems. Der mittlere Teil des Instrumentenbretts beherbergt das GPS mit Moving Map, das NAV/COM-Gerät, den Transponder und das Audiopanel, alle von Garmin. Die einzigen Analoginstrumente – Geschwindigkeitsanzeige und Höhenmesser – sind auf der rechten Seite platziert. Dort befindet sich auch das mittlerweile bereits weit verbreitete Verkehrs- und Kollisionswarngerät FLARM. Nächstens wird ein weiteres System zur Warnung vor anderen Flugzeugen im Luftraum eingebaut, das TCAS (Traffic Alert and Collision Avoidance System). Beide Hilfsmittel ersetzen jedoch nicht die konstante Luftraumbeobachtung. In der Mitte zwischen den beiden Insassen ragt über den Köpfen der Griff zur Auslösung des Rettungssystems nach vorne. Mein Instruktor entfernt den Sicherungspin. «Jetzt ist das System bereit. Im Notfall musst du den Griff möglichst weit nach vorne ziehen», instruiert er mich. Ein beruhigendes Gefühl. Präzise und angenehm zu fliegen Der Nebel im Glarnerland hat sich aufgelöst. Erste Sonnenstrahlen dringen durch die Wolkenlücken und malen helle Flecken auf die Piste. Mein Instruktor führt mich nun durch die verschiedenen Checks. Der Rotax-Motor startet problemlos. Kurz danach ist die Triebwerkstemperatur von 50 Grad erreicht. Alle Werte des Systems sind im grünen Bereich, wir können an den Beginn der Runway 01 rollen. Mit der Bugradsteuerung lässt sich das Flugzeug sehr präzise führen. Etwas gewöhnungsbedürftig ist das Bremssystem. Mit dem massiven Hebel auf der Mittelkonsole werden beide Räder simultan gebremst, sie lassen sich also nicht einzeln ansteuern. Nach den üblichen Kontrollen vor dem Start informiert mich mein Begleiter über Start, Steigflug und die Notverfahren. Start mit auf 15° ausgefahrenen Klappen. Rotieren bei 45, Initial Climb mit 55 und Steigflug mit 65 KIAS. Ich rolle auf die Piste, richte die Maschine präzise auf der Mittellinie aus und setze Startleistung. Wie im Flughandbuch beschrieben, erwar- AR07_18-21_Coverstory_d.qxp 23.6.2010 9:32 Uhr Seite 21 Pilot Report Remos GX | Cover Story te ich eine Startrollstrecke von unter 100 Metern, doch die Beschleunigung der Remos GX überrumpelt mich völlig. Wir starten wie ein Jet und ehe ich’s versehe, rollen wir mit 55 Knoten über die Piste. Die um 10 Knoten tiefere Abhebegeschwindigkeit habe ich völlig verpasst! Verspätet ziehe ich die Maschine mit dem massiven, jetähnlich geformten Steuerknüppel in die geforderte Steigfluglage. Flaps up. Wir klettern erst mit über 1000 ft/min. (6 m/sec), dann mit gut 900 ft/min. (5 m/sec) in den blassblauen Himmel. Bilder: zvg Schulflugzeug mit Potenzial Die GX lässt sich mit zwei Fingern sehr präzise steuern und spricht auf Steuerbefehle sofort an. Die einsetzende Thermik ist gut spürbar und schüttelt uns etwas durch, doch das leichte Flugzeug hält trotzdem die Fluglage und bleibt gut auf Kurs. Kurven mit unterschiedlicher Querneigung können ohne Unterstützung durch das Seitensteuer einfach und sauber eingeleitet und geflogen werden. Ein sehr angenehmes Verhalten, das wohl auch Flugschüler zu schätzen wissen. Wir manövrieren uns zwischen Wolkenresten hindurch und steigen auf 4000 ft. Level-off. Ich erhöhe die Leistung auf 5200 Touren. Rasant beschleunigt die Remos auf 107 KTAS (198 km/h) bei einem Verbrauch von 23 Litern Autobenzin. Das Flugzeug lässt sich auch bei hoher Geschwindigkeit präzise austrimmen, man muss ihm dazu jedoch etwas Zeit lassen, da die Trimmung nicht ganz so rasch und direkt anspricht wie die Steuerung. Mit einer vernünftigen Reiseleistung von 4500 RPM zieht das Flugzeug mit 88 KTAS (163 km/h) bei einem Verbrauch von 15 Litern seine Bahn durch den weiten Himmel über dem Walensee. «Bei dieser Leistung und 80 Litern nutzbarem Benzin könnten wir theoretisch knapp 870 Kilometer weit reisen», schwärmt mein Begleiter. Doch leider muss ich zur Homebase der Flugschule zurückfliegen. Fluglehrer Pascal Landolt erledigt den Descent Check, danach die Punkte des Checks for Approach, während ich Kurs Richtung Flugplatz nehme und langsam absinke; erst auf 3000 ft, dann nach dem Überflug quer zur Piste in Richtung Downwind auf die Voltenhöhe von 2200 ft. Die thermisch bedingte Turbulenz ist nun deutlich stärker geworden und zwingt mich zu konzentrierter Arbeit, um den Gegenanflugkurs präzise einzuhalten. Doch auch dabei unterstützt mich die Stabilität der Maschine. Ich reduziere die Geschwindigkeit auf 70 Knoten, um die Klappen in die Position 15° zu setzen. Zwischen den Dörfern Netstal und Riedern drehe ich in den Basisteil, danach in den Endanflug auf die Piste 01. Die Klappen werden voll auf 40° ausgefahren. Die Geschwindigkeit kann hier auf 60 Knoten reduziert werden, doch wegen der Turbulenz fliege ich gemäss Anweisung mit 63 Knoten an. Finalcheck. Ich ziele auf die rund 200 Meter vom Pistenanfang entfernte gelbe Linie. Mit feinem Steuerknüppeleinsatz runde ich die Flugbahn ab. Die Remos GX gleitet im Bodeneffekt wie ein riesiger Vogel. In dieser Schlussphase des Fliegens will sie fein behandelt und ausgeflogen werden, dann setzt sie sich äusserst brav zu Boden. Ein angenehmes, eindrückliches Flugerlebnis ist viel zu früh zu Ende. Die Remos GX lässt sich mit zwei Fingern sehr präzise steuern und spricht auf Steuerbefehle sofort an. Das angenehme Flugverhalten wissen auch Flugschüler zu schätzen. www.ecoflight.ch www.remos.com ➜ “Die Remos GX im Datenspiegel Motor Rotax 912S 73 kW/100 PS VNE VReise VB VFE Vmin 249 km/h oder 134 kts 205 km/h oder 111 kts 198 km/h oder 107 kts 130 km/h oder 70 kts 63 km/h oder 34 kts Spannweite Länge Kabinenbreite MTOW (LSA) Leergewicht Tankinhalt 9,32 m 6,47 m 1,19 m 600 kg ab 290 kg 84 Liter Verstell-Propeller > 6 m/s 1180 ft/min AeroRevue 7/8 2010 | 21