Retrospektive Pier Paolo Pasolini Februar/März 2011
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Retrospektive Pier Paolo Pasolini Februar/März 2011
P P P Retrospektive Pier Paolo Pasolini Februar/März 2011 Filmclub 813 Köln Filmmuseum Düsseldorf 2 Dreharbeiten zu MEDEA 3 P Prossimo nostro Olaf Möller ier Paolo Pasolini trägt einen schneeweißen Anzug – Leinen sicherlich –, während er sich seinen Weg bahnt durch die Massen bräunungslustiger Landsleute mitten im Ferragosto: Boom-Strandidyll mit volksnah’ gesonnenen Intellektuellen, möcht‘ man das Bild nennen. Auf seiner Handfläche vor sich her trägt er ein Mikrophon, groß wie ein Straußenei, geformt wie ein Riesenkiesel, den die Elemente über Jahrtausende bearbeitet haben – und dann kam wer und hackte ein paar schlichte Symmetrien rein; ein merkwürdiger Gegenstand, der an Pasolini bizarr archaisch wirkt, ein Instrument der Wahrheitssuche, dem er nicht so recht trauen will, wie er Alberto Moravia gegenüber ‘mal durchblicken läßt – vielleicht, setzt er nach, sind es aber auch die Fragen, die man anders stellen muß… Wie auch immer: Der Anblick an sich ist schon großartig; Pasolini hat ein bißchen ‘was von einer Erscheinung, einem Außerirdischen, wie er da herumstakst und die Halbnackten nach ihrem Liebesleben befragt, und tatsächlich Antworten bekommt. Zu sehen in COMIZI D’AMORE (1964), einer inquiesta über die Liebe und den Eros in den Zeiten des neuen Wohlstands. So wie dieses Mikrophon, scheint’s, hielt Pasolini Italien in seiner Hand. Niemand anderes hätte COMIZI D’AMORE machen können: niemand anderes verkörperte so klar und offenbar, für alle verständlich, die Widersprüche dieses Landes in jenen Jahre – Pasolini war Italien, da konnten sich alle Montanellis des Stiefels geballt auf den Kopf stellen, gegen seine Strahlkraft kamen sie nie an, nie. Denn: Ikone wie Schlüssel dieser Ära konnte nur ein Meister beständig produktiv miteinander im Streit liegender – in einer plötzlich frappierend realisierbar erscheinenden Utopie eines Tages wirklich versöhnbarer – Widersprüche sein, eben einer wie Pasolini, der Kommunist war und Katholik und Homosexueller, Autor und Filmemacher und Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, Kommentator seiner Tage und ihrer mores, Skeptiker des Wirtschaftswunders, Fußballfan, Sehnender. Jeder kannte PPP und hatte eine Meinung zu seinen Ideen, jeder verhielt sich irgendwie, und sei’s unbewußt, zu ihnen – jeder fühlte sich angesprochen, verstand, daß es auch um ihn ging, ob ihm das nun paßte oder nicht. So war‘s nicht weiter verwunderlich, daß der so findige wie windige Produzent Gastone Ferrante Pier Paolo Pasolini einlud, einen Film zu machen aus Materialien jener Wochenschauen, mit denen er sein 5 6 Geld verdiente. LA RABBIA heißt das Werk, ein Essay über den Stand der modernen Welt – der Ferrante politisch zu prägnant war, weshalb er Giovanni Guareschi mit einem rechten Gegenstück beauftragte. PPP realisierte ein wundersattes, zu Zeiten auch etwas wunderliches, auf lieb linkische Weise bezwingendes AV-Poem für Johannes XXIII., Jurij Gagarin und Marylin Monroe, damit wider jene Verirrung, als die er die Gesellschaft seiner Tage empfand – während sich GG einfach mal so richtig auskotzte über das ganze Gesindel und Sieg Familie Heil Kultureuropa… Diesen Film in zwei Hälften verlieh Ferrante dann als Experiment in angewandter Populärpolitik: eine Fragestellung, zwei Antworten, Perspektiven; sehen wollte das damals kaum wer. Der Film verschwand lange Zeit, bis vor kurzem wurde, wenn überhaupt, nur die Pasolini-Hälfte gezeigt, das Guareschi-Stück wurde handgreiflich fort ignoriert. Was zwar nett gemeint war von der liberaler gesonnenen Filmgeschichtsschreibung, das Werk aber um ein Gutteil seiner Wirkung brachte: Pasolinis rabbia versteht man erst so richtig im direkten Kontakt mit Guareschis wohlgedrechselten Unflätigkeiten; was für sich genommen ein wenig abgehoben, fast verträumt, ätherisch wirkt, wird brutal geerdet von dem xeno- wie homophoben Krumengegrummel des Don Camillo-Schöpfers. Vielleicht konnte man das damals nicht sehen, vielleicht wollt man‘s auch einfach nicht. Ordnend blicken zu können ist das Vorrecht der Nachgeborenen: die Gerechtigkeit ihres Blicks ist eine andere als die derjenigen, die sich im Augenblick des Werdens eines Werkes damit beschäftigen müssen und dürfen – deren Vorrecht wiederum ist das des ersten Gedankens, jener Positionsbestimmung, zu der sich alle folgenden verhalten werden müssen. Will sagen: Wenn einer der brillantesten Köpfe der einstigen WDR-Filmredaktion pointiert aperçut, daß unter allen Meistern des modernen Kinos Pasolini derjenige ist, dessen Hauptwerke am ursächlichsten gealtert sind, während die Nebenwerke beständig besser werden, dann ist das innerhalb eines gewissen Rahmens nicht falsch und eigentlich sogar völlig richtig, letzten Endes dann aber doch gar nicht der Punkt, um den es geht. MAMMA ROMA (1962) war ob all der in ihn gelegten Hoffnungen schon vor seiner Uraufführung überschätzt, während weder EDIPO RE (1967) noch MEDEA (1970) eigentlich je so gut hätten werden können wie das, was man sich von ihnen – allein schon der Besetzungen wegen – erwarten durfte oder wollte (und wenn MAMMA ROMA dieser Tage fast schon wieder ein wenig minderbeachtet wirkt?: ein Nebenwiderspruch, vielleicht). PORCILE (1969) und die Trilogie des Lebens – IL DECAMERON (1971) & I RACCONTI DI CANTERBURY (1972) & IL FIORE DELLE MILLE E UNA NOTTE (1974) –, hingegen, hatten ihrerzeit nie die Chance, ihrer spezifischen Art gemäß gelesen zu werden – ersterer als ruhelos-rasender Brandbrief, dafür war man noch zu nah dran an den Dingen, letztere als verführerisch strahlendes Tryptichon über das verlorene Paradies und dessen Fauna, dafür war man noch zu befangen und utopien(sehn) süchtig (man konnte einfach nicht sehen – Das. Ging. Nicht. –, daß die ganzen Makel der Filme wesenhafte Teile ihrer Ästhetik waren; die brachial gezirkelten Zooms und des öfteren doch wenig appetitlichen Körper gehören hierher wie die Fliegen auf die Äpfel in Stillleben...; das konnte man so erst [be]greifen, als es zu spät war). Allein IL VANGELO SECONDO MATTEO (1964), TEOREMA (1968) und SALÒ – IL 120 GIORNATE DI SODOMA (1975) scheinen für die Ewigkeit geschaffen – jetzt gerade um 16:33 h am 3.1.2011. Das mag alles stimmen, geht aber, wie gesagt, an dem eigentlich Entscheidenden des Schaffens vorbei. Und das ist: Der Gesamtwerksstrom, also jene Bewegung innerhalb des Schaffens, deren Kraft man nur spürt, wenn einem die Filme alle gleich wichtig wie lieb wie teuer sind als Produkte eines Lebens, eines Geistes, eines Menschen, der sich bei allem, was er getan hat, etwas dachte, der die Projekte und Zufälle zu nehmen wußte, wie sie kamen, der Umstände in seinem Sinne zu biegen vermochte. Und natürlich nicht nur die Filme!: auch die Romane und Essays und Gedichte und (Co-)Drehbücher für Dritte; auch seine wenigen Auftritte als Darsteller in Filmen meist von Freunden, wie etwa als Partisanenführer in Carlo Lizzanis bestem, IL GOBBO (1960); auch seine überwältigende Menge an Auftritten im Fernsehen als Diskussionsteilnehmer, Moderator, Meinungsmacher; auch… Aber bleiben wir bei den Filmen. Was einen heute an TEOREMA umhaut, ist dieses Gefühl von Flüchtigkeit: das ist kein Meisterwerk, das einer hochmütig bis präpotent in die Landschaft gestellt hat, sondern das Ergebnis eines Experiments, das man machen konnte, weil an dem Film als solches wenig hing und er dank seiner famosen Besetzung irgendwie schon sein Budget ‘reinholen würde, wenn nicht dieses Jahr, dann über die kommenden – ein Terence Stamp, bei dem man weiß, warum Satan auch Lucifer genannt wird, und eine Silvana Mangano, der auch das schauderhafteste Make-Up du jour nichts anhaben kann, werden sich immer rechnen. Und das kann man sehen, diese Risikobereitschaft, die eigentlich schiere Entdeckungslust ist, getragen vom Wissen darum, daß man Teil einer Volkskunst ist, die viele Seiten und Spielarten kennt: Wie die Bilder da stehen, exakt-klar gesehen, ohne 7 8 je unbotmäßig hart erarbeitet daherzukommen; wie die Schauspieler sich bewegen; wie Tabus gebrochen werden und Wunder geschehen, ganz unaufgeregt; wie der Film sich Brüche im Rhythmus leistet, bei denen es selbst härtesten Free Jazz-Apologeten schwumm‘rig werden könnt‘. Pasolini hat den Film mit derselben leichten Linkshändigkeit geschaffen wie etwa CHE COSA SONO LE NUVOLE? (1968), seine Episode für CAPRICCIO ALL’ ITALIANA, eine œuvre-Miszelle, die in jeden anständigen Pantheon gehört, weil nämlich hier und nur hier Totò auf Franco & Ciccio trifft, und Domenico Modugno ist auch dabei – ein Film also quasi mit allem, was das Herz erfreut (obwohl, wenn da noch Vittorio De Sica bei gewesen wäre… ein anderes mal, in einem anderen Leben). Man mag das für fast frivol halten, so intellektuell, daß man dieses Ensemble für eine der größten gesamtkulturellen Leistungen Pasolinis hält, aber: niemand sonst hat diese Ikonen italienischen Humors zusammengebracht, nur er – vielleicht, weil niemand anderes das konnte, weder die Meister der Commedia all‘Italiana: Dino Risi, Mario Monicelli, Luciano Salce, Pasquale Festa Campanile und Nanni Loy, noch die Axiome des Unterhaltungshandwerks, denen das Lustspiel so nah war wie jede andere Genreform, allen voran Giorgio Bianchi, Camillo Mastrocinque und Domenico Paolella. Pasolini konnte Grenzen überschreiten – denn darum geht es hier, beim Besetzen von Totò oder Stamp: um die Überwindung von Grenzen, in denen sich alle anderen bewegten, weil zu bewegen hatten. Pasolini, hingegen, hatte sich über sie hinwegzusetzen. Tabubrüche, die Überwindung kultureller (Selbst)Verpferchungen: das war die Aufgabe der Figur Pier Paolo Pasolini, die genauso authentisch war wie eine Kunstfigur, darin Mishima Yukio bestechend ähnlich – man bedenke z.B., daß er seine ersten Gedichte in der Sprache seiner Mutter schrieb, die allerdings nicht seine Muttersprache war: Friulan – das brachte er sich extra bei, auch um sich eine Nähe zu schaffen zu einer Welt, zu der er nie gehören würde. So pervers es klingt: Pasolini liebte man, akzeptierte ihn deswegen aber nicht unbedingt, und er wußte darum, wie seine Werke wieder und wieder zeigten. Wenige Tage nur nach Pasolinis Ermordung, aus einem Impuls heraus, drehte der junge Paolo Benvenuti eine kurze Dokumentation namens PASOLINI, MORTE DI UN POETA (1975), für die er Leute aus seiner Umgebung über ihre Meinung zu diesem damals wohl weltweit bekanntesten italienischen Künstler befragte; die Antworten, die er bekam, waren erschreckend: die rote Schwuchtel hat doch bloß das gekriegt, was sie verdiente, sagen so oder so ähnlich bedrückend viele… Pasolini war das Risiko, das zum Boom, zum Wohlstand, zum Anschluß an die Konsumentenmoderne gehörte; Risiko in dem Sinne, daß stets klar war, daß ein sich allen Funktionalisierungsversuchen widersetzender Rest bleiben, – kapitalistisch gesehen: natürlich – so etwas wie ein Mehrwert geschöpft werden würde – die widerständischen Energien seines Werk(en)s, also all das, was man nicht verschubladen und wegdiskurseln konnte, kann: der Wille zur Freiheit eines Einzelnen. Daß er mit seiner Analyse Italiens, überhaupt der westlichen Industriewelt, Recht behalten sollte – wieder und wieder warnte er vor dem Fortschritt ohne Entwicklung, den wir dieser Tage nicht bekämpfen –, läßt einen, denkt man über ihn nach, zurück mit einem Mund voll Asche, bildlich gesprochen, konkret tief empfunden. Ein letztes Bild, aus Vanni Ronsisvalles Fernsehfeature UN’ORA CON EZRA POUND (1967/68). Pasolini sitzt da mit Pound in dessen Wohnung, der alte Gott der modernen Lyrik knarzt kurze Sentenzen zu Den Dingen zwischen seinen Zähnen hervor, manchmal, so wie einer, der sich schon im Jenseits wähnt und wundert, warum‘s denn jetzt nicht endlich weiter geht, während Pasolini aus dessen Werken vorliest, lebhaft, beseelt, neugierig, ein Buch auf den Knien, ihn dann dazu befragt oder das Vorgetragene kommentiert. Pounds steife Starre beherrscht den Augenblick, Pasolini versucht emsig, klug, gewandt, darin schön wie es allein Menschen von Geist sein können, die Seele des alten Herren noch einmal zu erwecken. 9 Die Filme Dreharbeiten zu EDIPO RE ACCATTONE ACCATTONE – WER NIE SEIN BROT MIT TRÄNEN ASS ◆ 12 I 1961, s/w, dF, 115 Min. Buch & Regie Pier Paolo Pasolini Kamera Tonino Delli Colli Musik Johann Sebastian Bach Regie-Assistenz Bernardo Bertolucci, Leopoldo Savona Darsteller Franco Citti, Franca Pasut, Silvana Corsini, Paola Guidi, Adriana Asti, Romulo Orazi, Silvio Citti, Sergio Citti, Elsa Durante ◆ »Ich wollte Ausschau halten nach dem, was in der Seele eines Subproletariers der römischen Peripherie vor sich geht (ich betone, daß dieser Fall keine Ausnahme ist, sondern vielmehr die Regel, zumindest in einem Großteil Italiens): und ich habe darin alle alten Krankheiten wiedergesehen (aber auch alles Schöne des Lebens). Was ich fand, war dies: sein materielles und moralisches Elend, seine bissige und unnütze Ironie, seine ihn treibende, an ihm nagende Furcht, seine offen zur Schau getragene Faulheit, seine Sinnlichkeit ohne Ideale; und zu all dem kommt der atavistische, abergläubische Katholizismus eines Heiden. Deshalb träumt er von seinem Tod und davon, ins Paradies zu kommen. Deshalb kann auch nur der Tod als Akt der Erlösung fungieren. Es gibt keine andere Lösung für den Subproletarier, wie es auch für viele andere in einer entsprechenden Situation keine gibt.« Pasolini »Mit ACCATTONE beschreibt der 39-jährige Dichter Pasolini die Welt, die bislang seine Romane und Gedichte beschworen, erstmals mit und in der Sprache des Films: die Randzonen der Stadt, wo Landschaft, Baracken und urbaner Auswurf sich zur tristen Wüste vermengen, ›den Mut, den Schmerz und die Unschuld der Armen‹, denen Pasolinis leidenschaftliche Liebe, sein Mitgefühl und seine nachgerade mythische Kommunion zeitlebens galt. ACCATTONE, gefilmt in kargem, brutalem Verismus, scheint äußerlich der Tradition des halbdokumentarischen italienischen Nachkriegsfilms verpflichtet. Die Episodenstruktur des Neorealismus aber verwandelt Pasolini in die hermetische Geschlossenheit der Tragödie. Die an Masaccios Schlichtheit orientierte Monumentalität der Bilder, die Traumsequenz und die Verwendung von Bachs Musik unterstreichen Pasolinis Intentionen, die Fabel des kleinen römischen Zuhälters Accattone als Passionsgeschichte mit den Mitteln des Kinos der Poesie zu erzählen.« Harry Tomicek / Österreichisches Filmmuseum (2009) 13 14 »In MAMMA ROMA entwickelt sich langsam, stufenweise eine moralische Problematik auf genau die primitive und direkte Art, die Mamma Roma selbst zu eigen ist. Am Anfang steht sozusagen ihre ›Todesangst‹, ihre Fröhlichkeit, ihr sorglos In-den-Tag-hinein-Leben (Züge, die sie mit Accattone gemein hat)…gleichzeitig ist jedoch schon ein Element von unserer bürgerlichen Welt in ihr, ein kleinbürgerliches Ideal. Daß sie dem Sohn von der neuen Wohnung erzählt, daß sie ihm vorzuschreiben versucht, mit welchen Freunden er sich in Zukunft zu treffen, wie er sich zu verhalten hat und dergleichen, ist der – wenn auch sehr primitive und chaotische – Versuch, sich dem Leben anzupassen, das für sie das wahre ist: eine heile Welt, eine kleinbürgerliche Moral, die Idee des kleinbürgerlichen Wohlstandes. Mit dieser Ideologie ausgerüstet, stürzt sie sich mit ihrem Sohn in ein neues Leben und endet im Chaos, denn die Konfrontation der kleinbürgerlichen Ideologie mit ihren Lebenserfahrungen als Nutte kann nur im Chaos enden. Damit beginnt die Verwirrung, beginnen die Hoffnungen zu bröckeln, beginnt das Scheitern ihres neuen Lebens mit ihrem Sohn.« Pasolini MAMMA ROMA ◆ I 1962, s/w, dF, 106 Min. Buch & Regie Pier Paolo Pasolini Kamera Tonino Delli Colli Musik Antonio Vivaldi Darsteller Anna Magnani, Ettore Garofolo, Franco Citti, Silvana Corsini, Luisa Orioli, Paolo Valponi, Luciano Gonini, Vittorio La Paglia ◆ »Pasolinis Anteilnahme für das andere Italien, die Ausgebeuteten und das geschichtslose römische Vorstadt-Proletariat, entfaltet sich am reinsten im Realismus seiner ersten beiden Filme. Mit der Geschichte vom Versuch einer Prostituierten, ihrem Sohn ein Leben auf dem nächst höheren sozialen Milieu zu ebnen, zeigt der Marxist Pasolini skeptisch-liebevoll die ›Zweideutigkeit subproletarischen Lebens mit kleinbürgerlichem Überbau‹: das verschwimmende Selbstbewußtsein einer Klasse, auf deren vorgeblichen Elan die Ideologie der Revolution noch stur ihre Karte setzt. Die Kamera bleibt frontal auf die Akteure gerichtet oder vollführt suggestiv gleitende Fahrten durch die römische Nacht. Wie in ACCATTONE ist Pasolinis Realismus durchsetzt mit Zitaten historischer Ikonografie wie etwa Mantegnas Tafelbild Christo morto, dessen kühne Körperverkürzung in der Gefängnissequenz provozierend auf den festgeschnallten jugendlichen Helden übertragen wird.« Harry Tomicek / Österreichisches Filmmuseum (2009) 15 LA RICOTTA DER WEICHKÄSE ◆ I 1962, Farbe und s/w, OmU, 35 Min. Buch & Regie Pier Paolo Pasolini Kamera Tonino Delli Colli Musik Carlo Rustichelli Darsteller Orson Welles, Mario Cipriani, Laura Betti, Edmonda Aldini, Vittorio La Paglia, Ettore Garofolo, Maria Bernardini, Tomas Milian, Franca Pasut, Rossana Di Rocco ◆ 16 »Man kann LA RICOTTA auch als Collage betrachten. Die malerischen Passagen des Films sind Zitate, die eine ganz präzise Funktion haben: Zitate der beiden manieristischen Maler Rosso Fiorentino und Pontormo. Ich habe ihre Bilder bis ins Detail nachgestellt. Nicht weil sie meiner Sicht entsprechen oder weil ich sie liebe – um meine Darstellung in der Ich-Form geht es nicht –, sondern einfach, um den inneren Zustand des Protagonisten, eines Regisseurs, der einen Film über die Passion konzipiert, zu veranschaulichen. Diese Konzeption ist das genaue Gegenteil von der, mit der ich damals IL VANGELO gemacht habe. Die Zitate haben außerdem etwas Exorzistisches: es sind Rekonstruktionen von äußerster Genauigkeit, Raffinesse und Formalität: gerade das, was ich in IL VANGELO nicht machen wollte, und was ich daher auf polemische Art der Figur des Regisseurs unterschoben habe. Nicht, daß ich was gegen Regisseure von Bibel-Verfilmungen hätte, es handelt sich nicht um eine Polemik gegen den schlechten Geschmack, sondern um eine gegen ein Übermaß an gutem.« Pasolini »Ich bin eine Kraft der Vergangenheit, nur in der Tradition liegt meine Liebe. Ich komme von den Ruinen, von den Flügelaltären der Kirche, von den verlassenen Dörfern des Appenin,von den Vorgebirgen der Alpen, wo die Brüder einst lebten. Wie ein Narr irre ich über die Tuscolana, die Via Appia, wie ein Hund ohne Herr – über die schaurige Dämmerung im Morgen über Rom, über der Toccerinia, über der Welt, durch die ersten Szenen der Nachgeschichte,deren Zeuge ich bin, dank dem Datum meiner Geburt, am äußeren Rand einer Zeit, die begraben ist.« Pier Paolo Pasolini / LA RICOTTA »In einem versteppten, hügeligen Landstrich zwischen der alten und neuen Via Appia in der Romagna, unweit der Katakomben der Urchristen, hat Pasolini ein Ensemble von Figuren versammelt, die es ihm erlauben, in einer komplexen Form vielfältigster Kontraste und Beziehungen, auf engstem Raum und in kurzer Zeit, ein Universum satirischer Kritik, sarkastischen Humors und ästhetisch-politischer Reflexion zu entwickeln, dessen Dichte einmalig blieb in seinem gesamten Werk. Ohne einen großen technischen Sprung nach vorn, ohne die Erweiterung seiner filmästhetischen Mittel – deren synthetische Montage LA RICOTTA in die Nähe der experimentellen Filme Jean-Luc Godards bringt – wäre das unmöglich gewesen. LA RICOTTA ist eine Reflexion cinematografischer Mittel, der Ästhetik(en) des Films, eingeschrieben in und entfaltet an einer radikalen Kritik seiner Ideologie und seiner ökonomischen Abhängigkeiten. – LA RICOTTA ist eine Episode des Films ›RoGoPag‹, dessen andere Episoden von Roberto Rossellini, JeanLuc Godard und Ugo Gregoretti gedreht wurden.« Wolfram Schütte (1983) 17 LA RABBIA COMIZI D‘AMORE DER ZORN ◆ DAS GASTMAHL DER LIEBE I 1963, s/w, OmU, 53 Min. Buch & Regie Pier Paolo Pasolini Regie-Assistenz Carlo Di Carlo Kamera anonym (es wurde ausschließlich Archivmaterial verwendet) Kommentar gesprochen von Giorgio Bassani (Lyrik) und Renato Guttuso (Prosa) Musikzusammenstellung Pier Paolo Pasolini 18 ◆ ◆ »LA RABBIA ist ein seltsamer Film, weil er vollständig aus Dokumentarmaterial besteht […]. Hauptsächlich sind es Stücke aus Wochenschauen, deshalb ist das Material fürchterlich banal und völlig reaktionär. Ich habe ein paar Sequenzen aus Wochenschauen der späten fünfziger Jahre ausgewählt und habe sie auf meine Art zusammengefügt – sie haben hauptsächlich mit dem Algerienkrieg, dem Papst Johannes XXIII. zu tun; und es gibt ein paar kleine Episoden, wie die Rückkehr italienischer Kriegsgefangener aus Rußland. Mein Kriterium war sozusagen, die Gesellschaft meiner Zeit und was in ihr passierte von einem marxistischen Standpunkt aus anzuklagen. Eine Sonderbarkeit des Films war sein Kommentar in Versen. Ich habe ein bißchen Poesie nur dafür geschrieben.« Pasolini »LA RABBIA: ein Montage-Film, ein politischer Film-Essay, ein poetischer Film. Besser gesagt, ein poetischer Text, ausgedrückt durch Bilder, mit der ›Wut im Bauch‹. Der Wut oder dem Zorn Pasolinis. Seinem Zorn. Gegen die bürgerliche Welt, gegen Barbarei, gegen Intoleranz, gegen Vorurteile, die Banalität. Gegen die Macht, die ihn damals (er war noch nicht der Pasolini von später) besonders verfolgte. Gegen. Gegen. Gegen. Denn LA RABBIA war wirklich ein Gegen-Film, er nahm in vieler Hinsicht spätere Entwicklungen vorweg. […] Ein außerordentliches Dokument […], das implizit ein weiteres Mal die Autonomie der Schöpfung, der Poesie, der Kultur bewies.« Carlo Di Carlo (1979) I 1963, s/w, OmU, 90 Min. Buch & Regie Pier Paolo Pasolini Kamera Mario Bernardo, Tonino Delli Colli Kommentar gesprochen von Lello Bersani und Pier Paolo Pasolini Teilnehmer Pier Paolo Pasolini, Alberto Moravia, Cesare Musatti, Giuseppe Ungaretti, Susanna Pasolini, Camilla Cederna, Adele Cambria, Oriana Fallaci, Antonella Lualdi, Graziella Granata ◆ »COMIZI D’AMORE ist ein Interview-Film, der sich mit dem Verhältnis der Italiener zur Sexualität beschäftigt. Pasolini ist kein steriler Meinungssammler, seine Gegenwart schenkt dem Film Forscherlust und abenteuerliches Sich-Einlassen auf die Realität. Die Gespräche kreisen um Sexualität als Ehre, Ware, Pflicht, Perversion, Tabu, Passion und Nationalsport der Männer. Zu Wort in diesem Dossier der Sprache und des Sprechens (das allen Regionen, Milieus und Klassen Italiens gilt) kommen vitelloni, Intellektuelle, Bäuerinnen und Prostituierte, prominente Autoren und namenlose Arbeiter, Pasolini deckt Vorurteile und Gemeinplätze auf, gibt sich als spontaner Dokumentarist dem Augenblick hin und gewährt Einblick in das Zustandekommen des Films. Trotz Beharrlichkeit und provozierender Fragen ist COMIZI D’AMORE das vielleicht schönste Beispiel für Sympathie, mit der er Menschen begegnete.« Harry Tomicek / Österreichisches Filmmuseum (2009) 19 SOPRALUOGHI IN PALESTINA (PER »IL VANGELO SECONDO MATTEO«) MOTIVSUCHE IN PALÄSTINA (FÜR »DAS ERSTE EVANGELIUM – MATTHÄUS«) ◆ 20 I/F 1964, s/w, OmU, 52 Min. Buch & Regie Pier Paolo Pasolini Kamera Aldo Pennelli Musik Johann Sebastian Bach Sprecher Pier Paolo Pasolini, Don Andrea Carraro ◆ »Bevor Pasolini sich dazu entschloß, eine ideale Geographie der historischen Orte zu rekonstruieren, um die Wirklichkeit und die menschliche Dimension Christi wieder aufzuspüren, begab er sich nach Israel, um die notwendigen historischen Untersuchungen anzustellen. Dies ist ein Rechenschaftsbericht, geschrieben mit der Kamera, Tag für Tag, nach einem festgelegten Reiseablauf, der an die Orte des Evangeliums führte: an den See Genezareth, den Jordan, nach Damaskus, Bethlehem und Jerusalem.« Robert Schär (1976) »Als Erbe laß ich mein Bild Auf dem Gewissen der Reichen. Leer der Blick, das Gewand, das noch riecht nach meinem gewöhnlichen Schweiß. Keine Angst hatte ich, bei den Deutschen meine Jugend zu lassen. Es lebe der Mut, der Schmerz, es lebe die Unschuld der Armen! Lassi in reditàt la me imàdin ta la cosientha dai siòrs. I vuòiti, I àbith ch’a nasin dei me tamari sudòurs. Coi todescs no ài vut timòur de lassà la me dovenetha. Viva el coragiu, el dolòur e la nothentha dei puarèth!« Letzte Strophe aus Corans Testament, verfaßt in friulischer Sprache, hier als Ausnahme nicht im Dialekt Casarsas, sondern in dem von Bannia, aus dem Gedichtband La meglio gioventù (Die bessere Jugend), 1954. 22 IL VANGELO SECONDO MATTEO DAS ERSTE EVANGELIUM – MATTHÄUS ◆ I/F 1964, s/w, dF, 136 Min. Buch & Regie Pier Paolo Pasolini Kamera Tonino Delli Colli Musik Johann Sebastian Bach, Wolfgang Amadeus Mozart, Sergej Prokofjev, Anton Webern, Luis Bacalov Darsteller Enrique Irazoqui, Margherita Caruso, Susanna Pasolini, Marcello Morante, Mario Socrate, Settimo Di Porto, Giorgio Agamben, Natalia Ginzburg, Ninetto Davoli, Rodolfo Wilcock, Alessandro Clerici, Enzo Siciliano ◆ »Zum großen Erstaunen derer, die mich wegen Diffamierung der Religion verurteilt hatten, drehte ich IL VANGELO. Der Film war ein realer Dialog, eine Beziehung zwischen einem Kommunisten (wenn auch ohne Parteibuch) und den progressivsten Teilen des italienischen Katholizismus. Vom religiösen Standpunkt aus möchte ich, der ich immer versucht habe, die Eigenschaften der Religiosität mit meinem Laizismus zu verbinden, zwei ganz naiv ontologische Tatsachen festhalten: die Menschlichkeit Christi entspringt einer dermaßen starken inneren Kraft, einem dermaßen unstillbaren Hunger nach Wissen und Verifizierung des Wissens – und zwar ohne jegliche Angst vor Skandalen oder Widersprüchen –, daß für diese Menschlichkeit die Metapher ›göttlich‹ schon an die Grenze der Metaphorik stößt, sie selbst wird ideell zur Wirklichkeit. Mehr noch: für mich ist die Schönheit immer eine ›moralische‹. Sie erreicht uns jedoch immer nur mittelbar: über die Poesie oder die Philosophie oder die Praxis: das einzige Beispiel einer nicht vermittelten ›moralischen Schönheit‹, einer Schönheit im Zustand der Reinheit, habe ich in IL VANGELO gefunden.« Pasolini »Der Marxist Pasolini filmt das Matthäus-Evangelium als gälte es, einen neorealistischen Film über den Mezzogiorno mit den Taglöhnern Kalabriens und Lukaniens zu drehen. Die Passion erscheint präsent wie eine vom Cinéma vérité belauschte Situation, die Wunder werden mit der Alltagsnüchternheit Rossellinis gezeigt, und den Predigten eignet die intellektuelle Kühle, mit der Sprache in Bressons Filmen behandelt wird. Pasolini unterschlägt weder den sozial-revolutionären noch den religiösen Gehalt des Evangeliums, in den kühnen Fluß der Montage ordnen sich Verweise auf Duccio und Piero della Francesca mühelos ein.« Harry Tomicek / Österreichisches Filmmuseum (2009) »Es ist der Film eines Besessenen – nicht eines Gläubigen –, eines von seiner ästhetischen Vision Beherrschten. Pasolinis Passion ist nicht der Glaube, sondern der Mythos – die Sehnsucht der großen Romanciers –, die Einheit von Ich und Welt, die sich ihm in der Gestalt Jesu im Matthäus-Evangelium erschließt. Sein Jesus ist der Landstörzer, der Wanderprediger, der heimliche Propagandist, der Erwecker und Aufwiegler, der das Schwert bringt – sei es nun eine Aufwiegelung zum ewigen Leben oder zu dem auf dieser wüsten Erde.« Peter W. Jansen (1965) 23 UCCELACCI E UCCELLINI GROSSE VÖGEL – KLEINE VÖGEL ◆ 24 I 1966, s/w, dF, 86 Min. Buch & Regie Pier Paolo Pasolini Kamera Tonino Delli Colli, Mario Bernardo Musik Ennio Morricone Darsteller Totò, Ninetto Davoli, Femi Benussi, Rossana Di Rocco, Lena Lin Solaro, Rosina Morini, Renato Capogna, Pietro Davoli, Gabriele Baldini, Riccardo Redi ◆ »Ich habe nie einen entwaffnenderen, fragileren und delikateren Film ›zur Welt gebracht‹ als UCCELLACCI E UCCELLINI (GROSSE VÖGEL – KLEINE VÖGEL). Er gleicht weder einem meiner vorangegangenen Filme noch sonst irgendeinem Film. Ich meine das nicht in Bezug auf die Originalität – das wäre dumm und arrogant –, sondern bezüglich seiner Formel, der Fabel mit verstecktem Sinn. Es ist eine Erzählung, in der – wie in allen Erzählungen – die Helden eine Reihe von Prüfungen zu bestehen haben. Nur werden sie im Unterschied zu den üblichen Fabeln nicht belohnt: sie bekommen weder ein Königreich noch eine Prinzessin. Es gibt für sie nur immer weitere Prüfungen, die zu bestehen sind. Keine Fabel endet so. Von der Umgebung und den Figuren her ist es eine pikareske Erzählung: die Erfahrung zweier armer Gestalten auf der Straße. […] Totò und Ninetto stehen stellvertretend für die unschuldigen Italiener, die uns umgeben, die an der Entwicklung der Geschichte nicht beteiligt sind, die langsam beginnen, ihr Bewußtsein zu entwickeln: das geschieht, als sie dem Marxismus in Gestalt des Raben begegnen. Togliattis Tod symbolisiert diese Veränderung. Eine historische Epoche, die der Resistenza, die der großen Hoffnungen auf den Kommunismus, die des Klassenkampfes, ist zu Ende. Die beiden Protagonisten inszenieren einen Akt des Kannibalismus, etwas, das von den Katholiken Kommunion genannt wird: sie essen den Körper Togliattis (oder der Marxisten) und assimilieren ihn: nachdem sie das getan haben, ziehen sie ihres Weges, man weiß zwar nicht, wohin dieser Weg führt, aber klar ist, daß sie den Marxismus assimiliert haben.« Pasolini »Zwei Männer, Vater und Sohn, sind unterwegs. Wohin, bleibt unklar. Sie werden begleitet von einem sprechenden Raben, der ihnen die Welt erklärt, der doziert, bis sie ihn kurzerhand verspeisen und alleine weiterziehen. Der Stil der Inszenierung und Montage ist ein Kompendium filmsprachlicher Möglichkeiten von Eisenstein über den Neorealismus bis zur Nouvelle Vague, denn die ästhetischen Revolutionen sind die einzigen, die wirklich stattfanden.« Bernd Kiefer (2002) 25 »EDIPO RE ist nur zum Teil ein Film der Antike. Sowohl Prolog als auch Epilog sind modern. Der Prolog stellt die Kindheit eines Jungen dar – und jeder von uns könnte das sein –, der den gesamten Ödipus-Mythos träumt, wie ihn Sophokles erzählt hat, durchsetzt, wohlgemerkt, mit freudianischen Elementen. Am Ende ist der Junge alt und blind und ein bißchen das, was Teresias zu seiner Zeit war, d.h. eine Art Prophet. […] In seinem zweiten Teil präsentiert sich EDIPO RE als großer Traum vom Mythos, der mit dem Aufwachen endet, mit der Rückkehr zur Realität. Der dritte Teil handelt von der Sublimierung, wie Freud sie verstanden hat. Die Variante des Mythos besteht darin, daß Ödipus sich in Teresias wiederfindet: er hat sich sublimiert, wie ein Dichter das tut, ein Prophet, ein außergewöhnlicher Mensch. Indem er sich als ein Akt der Selbstbestrafung, blendet, also eine Form der Reinigung durchläuft, wird er ins Reich der Helden oder der Poesie aufgenommen.« Pasolini 26 EDIPO RE EDIPO RE – BETT DER GEWALT ◆ I/Marokko 1967, Farbe, dF, 104 Min. Regie Pier Paolo Pasolini Buch Pier Paolo Pasolini, nach Oedipus Rex und Oedipus auf Kolonos von Sophokles Kamera Giuseppe Ruzzolini Musik Wolfgang Amadeus Mozart, rumänische, russische und japanische Volksmusik Darsteller Silvana Mangano, Franco Citti, Alida Valli, Carmelo Bene, Julian Beck, Pier Paolo Pasolini, Ninetto Davoli, Jean-Claude Biette, Luciano Bartoli ◆ »Wenn dieser dreigeteilte Film (zugleich Pasolinis erster Farbfilm), dessen mittlerer mythologischer Teil der gewaltigste und schönste ist, wie ein Stück Autobiographie im Italien der zwanziger Jahre beginnt und in dem der sechziger endet, dann wird in der Verknüpfung von Urgeschichte und Neuzeit die noch andauernde blinde Verfallenheit an die Irrationalität, an die Gewalt und Kraft überlieferter Mythen angesprochen. […] EDIPO RE – entstanden 1967 zwischen GROSSE VÖGEL – KLEINE VÖGEL und TEOREMA, aber eher anknüpfend an DAS ERSTE EVANGELIUM – MATTHÄUS – ist Pasolinis poetische Auseinandersetzung mit dem Mythos, mit Jung, Freud und dem kollektiven Unbewußten, ein Film darüber, was das Kollektivwesen Mensch in selbstverschuldeter Unmündigkeit gefangenhält. Er fordert auf zur Erkenntnis seiner selbst und der Wirklichkeit, wie es der blinde, greise ›Seher‹ Teiresias (Julian Beck) verkündet, der die Dinge und Verhältnisse durchschaut, nicht mehr geblendet durch irgendeine äußere Realität: ›Lerne zu sehen und zu hören, dann wirst du erkennen.‹ […] Ein aufklärerischer und zugleich komplizierter, ein dialektischer und metaphorischer Film.« Rudolf Steinbeck (1969) 27 TEOREMA TEOREMA – GEOMETRIE DER LIEBE ◆ I 1968, s/w und Farbe, dF, 98 Min. Buch & Regie Pier Paolo Pasolini Kamera Giuseppe Ruzzolini Musik Wolfgang Amadeus Mozart, Ted Cursen, Ennio Morricone Darsteller Terence Stamp, Silvana Mangano, Massimo Girotti, Anne Wiazemsky, Laura Betty, Andrès José Soublette Cruz, Ninetto Davoli, Alfonso Gatto, Susanna Pasolini, Luigi Berbini 28 Werkes von konzentrierter Formstrenge. TEOREMA ist ein narrativer Essay über den Verfall des Bürgertums, über sein Ende, ohne daß es von der Revolution hinweggefegt wird. Ein Gast, ein schöner junger Mann, kommt in eine Industriellenfamilie, vielleicht als Gott, als Engel oder nur als sexuelle Versuchung. Alle verfallen ihm, doch nur die Hausangestellte wird durch den Kontakt mit ihm wirklich transformiert und zur Heiligen. Die Bourgeoisie regrediert. Will sie sich verändern, so führt ihr Weg – symbolisch – durch die Wüste der Läuterung. TEOREMA wurde von den Linken und den Rechten heftig kritisiert, von der katholischen Kirche ausgezeichnet und vom Staat wegen Blasphemie verboten. Pasolini selbst befand sich im Zwiespalt. Die Achtundsechziger-Bewegung lehnte er ab, weil er in ihr den Machtanspruch eines jungen und hedonistischen Bürgertums artikuliert sah; den Staat, den die Jugend angriff, lehnte er ab, weil er – wie er es sah – den Hedonismus und Konsumismus zu einer neuen Form des Faschismus formte.« Bernd Kiefer (2002) ◆ »Wie der Name schon sagt, fußt TEOREMA auf einer Hypothese, deren Beweis mathematisch ad absurdum geführt wird. Ich gehe von folgendem aus: wenn ein junger Gott, Dionysos oder Jehovah, eine bürgerliche Familie besuchen würde, was würde dann passieren? Ich beginne also mit einer einfachen Hypothese. Dieser Besuch sprengt alles, was die Bürger über sich selbst wissen, in die Luft, dieser Gast ist gekommen, um zu zerstören. Die Authentizität, um einen alten Ausdruck zu gebrauchen, zerstört die Inauthentizität. Nachdem der Gast aber gegangen ist, findet sich jeder mit dem Bewußtsein seiner Inauthentizität wieder, ja, mehr noch: mit der Unfähigkeit, authentisch zu sein, oder es je, wegen seiner historischen und klassenspezifischen Unmöglichkeit, werden zu können. Für die Empörung und den Zorn gegen die klassische Bourgeoisie, so wie man sie bisher verstanden hat, gibt es ab dem Moment, in dem die Bourgeoisie sich selbst zu revolutionieren beginnt, keinen Grund mehr, d.h., ab dem Moment, in dem sie Mensch und Kleinbürger gleichsetzt. Inzwischen ist die gesamte Menschheit dabei, kleinbürgerlich zu werden.« Pasolini »Daß die Geschichte im Endspiel der Bourgeoisie zur Farce wird, daß nur noch Charaktermasken agieren, nicht mehr Menschen, das ist der Tenor des Films TEOREMA – GEOMETRIE DER LIEBE (1968), eines APPUNTI di viaggio PER UN FILM SULL’ INDIA NOTIZEN FÜR EINEN FILM ÜBER INDIEN ◆ I 1968, s/w, OmU, 25 Min. Buch & Regie Pier Paolo Pasolini Kamera Federico Zanni, Roberto Nappa, Pier Paolo Pasolini ◆ Ein Reisetagebuch, die Schilderung des Versuchs, einen Film nach einer Legende aus der indischen Mythenwelt zu drehen: die Geschichte eines Maharadschas, der seinen Körper den vom Hungertod bedrohten Tigerjungen hingibt. Pasolini interviewt repräsentative Personen aus den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppierungen. 29 PORCILE Giftigkeit einem das Lachen vergeht. Pasolini, so könnte man vermuten, hat erkannt, daß in unserer schön ›aufgeklärten‹ Welt, wo selbst der Inzest die Glorie der Verruchtheit ziemlich eingebüßt hat, nur noch zwei Akte wahrhaft skandalös, heilig-verflucht und also mythenträchtig sind: Sodomie, so sie mit einem gewissen feierlichen Ernst vollzogen wird, und Kannibalismus. Davon handelt PORCILE und wohl auch die kommende MEDEA. […] Pasolini hat in den letzten Jahren eine sehr komplexe, sich nun schon in ihrer Systematik abkapselnde Filmtheorie entworfen, eine Semantik der ›Kamerasprache‹, die sich zugleich auf Strukturalismus, Informationstheorie und die Darstellungsmuster von Giotto, Bellini, Mantegna beruft. PORCILE – im Stil noch kühler, artifizieller als TEOREMA – ist ein neuer Versuch, diese Theorie konsequent zu realisieren und dabei simultan zwei Geschichten zu erzählen, die sich erst im Bewußtsein des Zuschauers entschlüsseln und zusammenschließen.« DER SCHWEINESTALL ◆ I/F 1969, Farbe, OmU, 98 Min. Buch & Regie Pier Paolo Pasolini Kamera Armando Nannuzi, Tonino Delli Colli, Giuseppe Ruzzolini Musik Benedetto Ghiglia Darsteller Pierre Clémenti, Jean-Pierre Léaud, Alberto Lionello, Franco Citti, Anne Wiazemsky, Ugo Tognazzi, Marco Ferreri, Ninetto Davoli, Margherita Lozano Urs Jenny (1969) ◆ 30 »Das Grauen durchleuchten. Ein Petrarca-Sonett über ein Thema von Lautréamont. Ein grausamer und sanfter Film. Der explizite politische Inhalt des Films hat, als historische Situation, Deutschland zum Gegenstand. Aber PORCILE handelt nicht von Deutschland, sondern vom zweideutigen Verhältnis zwischen altem und neuem Kapitalismus. Deutschland wurde in seiner Eigenschaft als Extremfall gewählt. Der implizite politische Inhalt des Films ist dagegen der verzweifelte Verlust des Vertrauens in jede Gesellschaft, in die Geschichte: also ein anarchistischapokalyptischer. Da der Sinn des Films so grausam und schrecklich ist, konnte ich ihn nur a) mit fast kontemplativem Abstand, b) mit Humor abhandeln. […] Die vereinfachte Botschaft des Films ist folgende: die Gesellschaft, jede Gesellschaft, frißt sowohl ihre ungehorsamen Kinder, als auch die Kinder, die weder gehorchen noch nicht gehorchen. Die Kinder haben zu folgen und damit basta. Es sind zwei Geschichten, die sich abwechseln, verschiedene, sehr weit voneinander entfernte Geschichten, die nur einen gemeinsamen Berührungspunkt haben, in dem sie sich überlagern und vereinen.« Pasolini »Eine Attacke auf unsere Konsumgesellschaft in abgründigen Gleichnissen: Wieder einmal ist sein neuester Film sein irritierendster, grimmigster, bösester, auch verzweiflungsvollster. In PORCILE entwickelt sich eine für Pasolini neue, fratzenhafte Komik, über deren APPUNTI PER UN’ ORESTIADE AFRICANA NOTIZEN FÜR EINE AFRIKANISCHE ORESTIE ◆ I 1969, s/w, OmU, 63 Min. Buch & Regie Pier Paolo Pasolini Kamera Giorgio Pelloni, Mario Bagnato, Emore Galeassi, Pier Paolo Pasolini Musik Gato Barbieri ◆ »Der Versuch einer Transposition der Orestie des Aischylos in das moderne Afrika. Auf der Suche nach möglichen Drehorten und Figuren führte Pasolini ein filmisches Notizbuch. Was ihn bewegt, die Orestie ins moderne Afrika zu verlegen, sind Parallelen zwischen der antiken Sage und dem Schicksal Afrikas.« Robert Schär (1976) 31 MEDEA ◆ I/F/BRD 1969, Farbe, dF, 111 Min. Regie Pier Paolo Pasolini Buch Pier Paolo Pasolini, nach der Tragödie Medea von Euripides Kamera Ennio Guarnieri Musik zusammengestellt von Pier Paolo Pasolini, Che Ringrazia, Elsa Morante Darsteller Maria Callas, Laurent Terzieff, Giuseppe Gentile, Massimo Girotti, Margareth Clémenti, Anna Maria Chio, Ninetto Davoli, Sergio Tramonti ◆ 32 »MEDEA ist die etwas monströse Mischung einer philosophischen Erzählung mit einer Liebesintrige, und aus diesem Ganzen, aus diesen zwei verschiedenen Filmen, kann man, vereinfachend, eine abstrakte Grundstruktur herauslesen: zwischen einer alten, religiösen und einer neuen laizistischen Welt kommt es notwendigerweise zu einem dramatischen Zusammenprall. Und wer der alten Welt angehört, wird durch diesen Konflikt in eine spirituelle Katastrophe gestürzt, die sich jedoch der neuen Welt widersetzt. Medea kommt von einer religiösen Welt in eine reiche Welt wie Korinth, wo alles profan, modern, raffiniert und gebildet ist. Wenn sie dann das Gefühl eines großen Schmerzes oder einer Angst empfindet, erlebt sie eine Regression. In MEDEA hab’ ich alle Themen meiner vorhergehenden Filme aufgegriffen. MEDEA ist die Konfrontation der archaischen, hieratischen, klerikalen Welt mit der Welt von Jason, einer im Gegensatz dazu rationalen und pragmatischen Welt.« Pasolini »… Der Erzählduktus, die synkretistischen Kostüme, die Wahl der Drehorte (Pisa und die gelben Steinwüsten der Osttürkei und Syriens) machen Pasolinis Absicht klar: keinen weiteren ›Klassiker‹ aus dem Geist humanistischer Verlogenheit zu inszenieren, sondern ein ethnologisches Drama der Kulturkonfrontation, in dem sich auch die Destruktion des sakralen Bereichs der Dritten Welt durch die ›zivilisierten‹ Länder ausspricht.« Harry Tomicek / Österreichisches Filmmuseum (2009) »Das sind Bilder von archaischer Wucht, von beeindruckender Schönheit, von umwerfender Fremdheit… MEDEA ist der überzeugendste der postneorealistischen Filme Pasolinis.« Peter Buchka (1979) 33 IL DECAMERON DECAMERON »In der ersten Phase der kulturellen und anthropologischen Krise, die etwa 1960 begann – als die Irrealität der Massenmedien über die Kommunikation der Massen zu triumphieren begann – erschienen als das letzte Bollwerk gegen die verschwindende Realität die ›unschuldigen‹ Körper, mit der archaischen, düsteren, vitalen Gewalt ihrer sexuellen Organe. Mich faszinierte die Abbildung des Eros, in einem menschlichen Klima, das kaum je von der Geschichte übertroffen wurde und immer noch (in Neapel, im Vorderen Orient) physisch gegenwärtig ist. IL DECAMERON drückt meine Sehnsucht nach dem idealen Volk aus.« Pasolini ◆ 34 I/F/BRD 1970, Farbe, dF, 111 Min. Regie Pier Paolo Pasolini Buch Pier Paolo Pasolini, nach acht Novellen von Giovanni Boccaccio Kamera Tonino Delli Colli Musik zusammengestellt von Pier Paolo Pasolini und Ennio Morricone Darsteller Franco Citti, Ninetto Davoli, Jovan Jovanovic, Angela Luce, Pier Paolo Pasolini, Giuseppe Zigaina, Silvana Mangano, Guido Alberti, Patrizia Capparelli, Gianni Rizzo, Elisabetta Genovese, Giovanni Esposito ◆ »Mitten hinein ins pralle, volle Leben griff diesmal – wie früher schon bei MAMMA ROMA etwa – Pier Paolo Pasolini; Leute, die der Allegorie fern stehen, so heißt es, haben diesmal sein Interesse gefesselt, haben seine Aufmerksamkeit auf die temperamentgeladene süditalienische Urtümlichkeit gelenkt, die er in furioser Komödiantik sich austoben läßt. Da ist noch in der kleinsten Szene Witz und Wirklichkeit, da steht üppige Sinnlichkeit (die sich so wohltuend vom unsinnlichen SexGeschäft unserer Tage unterscheidet) unmittelbar neben zarter Liebe, da bestimmen Gaunerei und Durchtriebenheit das Feld, da darf der Mensch noch unverkrampft und natürlich sein.« Volker Baer (1971) »Allerdings: Warum sich Pasolini nach den radikalen Bosheiten des SCHWEINESTALLS (PORCILE) nun ausgerechnet das Decameron ausgesucht hat, das wird auch aus seinem Film nicht klar. Das bedeutet vorläufig nur: Wer da auf einen Pasolini-Film hofft, wird einigermaßen enttäuscht, wer auf einen Decameron-Film hofft, wird einigermaßen zufriedengestellt: Pralle Sinnlichkeit nennt man’s gewöhnlich, was da hergestellt ist – erotisch Lebensvolles, Antiklerikales, Aufmüpfiges, Zauberei und folkloristischer Singsang. Sex und Gaunerei und blauer mittelmeerischer Himmel, Geruch von Derbheit und permanenter Lüsternheit. Kurz: was leicht in den Köpfen spukt, wenn von Renaissance die Rede ist, das ist in Pasolinis DECAMERON malerisch vorhanden und zusätzlich seltsamerweise nichts. Eigentlich nur ein Sekundärfilm, der sich ansehnlich hinter der Malerei versteckt – so deutlich, daß auch dies Prinzip ein Thema, eine verbindende Episode des Films wurde: Pasolini selbst spielt Giotto, voll fabelhafter Selbstironie, die sich nur am Ende pathetisch versteigt (›Warum eine Kunst herstellen, warum nicht nur davon träumen‹).« Alf Brustellin (1971) 35 I RACCONTI DI CANTERBURY PASOLINIS TOLLDREISTE GESCHICHTEN ◆ 36 I/F 1971 Farbe dF 111 Min. Regie Pier Paolo Pasolini Buch Pier Paolo Pasolini, nach The Canterbury Tales von Geoffrey Chaucer Kamera Tonino Delli Colli Musik zusammengestellt von Pier Paolo Pasolini und Ennio Morricone Darsteller Pier Paolo Pasolini, Laura Betti, Hugh Griffith, Josephine Chaplin, Franco Citti, Ninetto Davoli, Alan Webb, John Francis Lane, Elisabetta Genovese, Giuseppe Arrigo, Oscar Fochetti ◆ »Als ich CANTERBURY drehte, steckte ich in einer besonderen Phase, ich war sehr, sehr, sehr unglücklich, ich war kaum geeignet für eine Trilogie, die unter dem Zeichen der Heiterkeit, des ›mittleren Stils‹, des Traumes und der Komik, wie abstrakt auch immer, stand. […] Ich habe die Geschichten ausgesucht, die eher in einem poetischen als in einem fantastischen oder mythologischen Sinn realistisch waren. Chaucer lebte zwischen zwei Epochen. Es steckt etwas vom Mittelalter in ihm und etwas Gotisches, die Metaphysik des Todes. Der Tod, das Jenseits sind dauernd präsent; ein Tod aber, mittelalterlich und daher zutiefst allegorisch und gleichzeitig vulgär bis zur Gemeinheit.« Pasolini »Das ist sozusagen der zweite Teil von Pier Paolo Pasolinis Verfilmung der deftigsten Geschichten mittelalterlicher Weltliteratur. Im vorigen Jahr war das Decameron dran. Diesmal sind es Geoffrey Chaucers saftige Canterbury Tales; schließlich will Pasolini diese Reihe mit den Geschichten aus 1001 Nacht abrunden. Wieder die gleiche Saftigkeit wie in seinem Film-Decameron. Hier erzählt er, diesmal als Chaucer verkleidet, die Geschichten, die die mittelalterlichen Pilger sich zuraunen: Kurznovellen von drastischem Ehebruch, verbotener Männerliebe, von mannigfach fröhlicher Sündigkeit, von der Übertölpelung heikler Jungfrauen, Bettgeschichten in vielerlei Abwandlung des ständig ergiebigen gleichen Grundthemas. […] Pasolini malt das mit viel Geschmack am derben Ungeschmack aus. Es gibt Bilder zu sehen, die wie den altem italienischen Meistern nachempfunden sind, andere wirken ganz modern.« Friedrich Luft (1972) »Stilistisch noch uneinheitlicher, noch konfuser erzählt und primitiver montiert als IL DECAMERON, zeigt I RACCONTI DI CANTERBURY Pasolini auf einem künstlerischen Tiefpunkt. Nur drei Episoden dieses verunglückten Torsos, der unverständlicherweise den Hauptpreis der Berlinale 1972 bekam, sind bemerkenswert: Ninettos befremdlich ahistorische Hommage an den frühen Chaplin; die öffentliche Verbrennung eines armen Schwulen, von der Kamera beobachtet aus der Perspektive unter den Zuschauern (wie die Verhandlung vor Pontius Pilatus in IL VANGELO SECONDO MATTEO); und schließlich die drastisch und furios ausgespielte Höllensequenz, die sich deutlich an den visionären Bildern Hieronymus Boschs orientiert, wohingegen der Film sonst eher breughelsche Vorlagen für das Landleben verwendet.« Wolfram Schütte (1983) 37 IL FIORE DELLE MILLE E UNA NOTTE EROTISCHE GESCHICHTEN AUS 1001 NACHT ◆ 38 I/F 1973, Farbe, dF, 130 Min. Regie Pier Paolo Pasolini Buch Pier Paolo Pasolini, Dacia Maraini, nach der orientalischen Novellensammlung Alf Layla wa-Layla / Geschichten aus 1001 Nacht Kamera Giuseppe Ruzzolini Musik Ennio Morricone Darsteller Franco Merli, Ines Pellegrini, Ninetto Davoli, Franco Citti, Tessa Bouché, Margareth Clémenti, Giana Idris, Fessazion Gherentiel, Alberto Argentino ◆ »Die ideologischsten Filme meines Lebens sind die der Trilogie. Alles, was ich bin, alles, was ich liebe und nicht liebe, was zu sein hat und nicht zu sein hat, ist darin enthalten. Selbst die fortschrittlichsten Kritiker lassen sich immer von der sexuellen Inhibition an die Kette legen. Alle schätzen sie die Sexualität wesentlich geringer ein als die anderen menschlichen Tätigkeiten. Das politische Interesse sei weitaus edler und bedeutender als das sexuelle. Mit der Sexualität haben die Kritiker auch den Inhalt meiner Filme beseitigt, sie fanden sie leer und verstanden die Ideologie nicht – die sehr wohl da war, in dem riesigen Schwanz auf der Leinwand, über die Köpfe erhoben, die nicht kapieren wollten. 1001 NACHT sollte keinen Skandal auslösen.« Pasolini »Von den drei Filmen der ›Trilogie des Lebens‹ ist IL FIORE DELLE MILLE E UNA NOTTE der gelungenste. Das verdankt er nicht nur dem fabulierenden Erzählrhythmus, dessen konstruktive Dramaturgie, eines aus dem anderen zu entwickeln, die thematisch verwandten Episoden ineinander verwebt, sondern auch der Kongruenz von Landschaft und Personen. An die pittoresken Landschaftsformationen von EDIPO RE und MEDEA anknüpfend, auf der Suche nach klaren, zarten Farben und ungetrübtem Licht nach dem Jemen, Persien und Nepal ausschwärmend, hat Pasolini seine exotischen ›Fundstücke‹ (Städte, Paläste, Landschaften, Oasen) in erstaunlicher Ruhe vor dem Betrachter ausgebreitet. […] Dieser Reigen erotischer Abenteuer, die ebenso die Liebeslehren des indischen Kamasutra umfassen wie alle Formen heterosexueller und homosexueller Verbindungen, gipfeln immer wieder in Nacktheiten und Geschlechtlichkeiten, die im Vergleich zu den voraufgegangenen beiden Filmen der Trilogie erstmals wirklich ahnen lassen, was Pasolini als Ausdruck einer ›Freude des Lebens‹ (und des Leibes und Geschlechtes) vorgeschwebt haben mag. Die Liebe zu den Menschen und ihren Körpern, zu Stadt-Landschaften und einer archaischen Natur prägt IL FIORE DELLE MILLE E UNA NOTTE mehr, eindringlicher und spürbarer als der eher forciert starre und demonstrative Blick, der in IL DECAMERON und I RACCONTI DI CANTERBURY vorherrschte. Dieser dem orientalischen Fabulieren in glühendsten Farben so verwandte Film, mit dem Pasolini wie in der Kolchis-Sequenz der MEDEA seiner träumerischen Liebe zum Exotischen, Mythischen huldigen konnte, erscheint derart als ein vom christlichen Martyrium, von der quälenden Metaphysik Europas freies Pendant zu IL VANGELO SECONDO MATTEO und EDIPO RE. Damit war aber auch der zuerst schrille, zuletzt harmonische Hymnus der ›Trilogie des Lebens‹ ausgeschritten.« Wolfram Schütte (1983) LE MURA DI SANA’A DIE MAUERN VON SANA’A ◆ I 1973, Farbe, OF, 13 Min. Buch & Regie Pier Paolo Pasolini Kamera Tonino Delli Colli ◆ Dokumentation »in Form eines Appells an die UNESCO« über die bedrohten historischen Bauten in der jemenitischen Hauptstadt Sana’a, die der Drehort für eine aus der endgültigen Fassung von IL DECAMERON herausgeschnittenen Sequenz war. 39 SALÒ O LE 120 GIORNATE DI SODOMA DIE 120 TAGE VON SODOM ◆ 40 I/F 1975, Farbe, OmU, 117 Min. Regie Pier Paolo Pasolini Buch Pier Paolo Pasolini, Sergio Citti, Pupi Avati, nach dem Roman Les cent-vingt journées de Sodome ou l’École du libertinage von Donatien Alphonse François Marquis de Sade Kamera Tonino Delli Colli Musik Frédéric Chopin, Carl Orff Musikalische Beratung Ennio Morricone Darsteller Paolo Bonacelli, Aldo Valletti, Giorgio Cataldi, Umberto Paolo Quintavalle, Sonia Savange, Caterina Boratto, Elsa Di Giorgi, Hélène Surgère, Antonio Orlando, Franco Merli, Giuliana Melis, Graziella Aniceto, Giuliana Orlandi ◆ »Erster Bezugspunkt: die Erfahrung hat gezeigt, daß es während der Republik von Salò besonders einfach und ›en vogue‹ war, das zu organisieren, was de Sades Helden organisiert haben: eine große Orgie in einer von der SS besetzten Villa. Zweiter Bezugspunkt: in einem seiner weniger bekannten Sätze sagt de Sade ausdrücklich, daß nichts anarchischer ist als die Macht. Soviel ich aber weiß, hat es in Europa keine auch nur annähernd so anarchische Macht gegeben wie zur Zeit der Republik von Salò: hier regierte kläglichste Maßlosigkeit. Was mit jeder Macht einhergeht, trat bei dieser besonders deutlich zutage. Dritter Bezugspunkt: was neben der Tatsache, anarchisch zu sein, die Macht – jede Macht – noch besser beschreibt, ist ihre natürliche Begabung, den Körper in ein Ding zu verwandeln. Auch hierin ist die nazi-faschistische Unterdrückung Meister geblieben. Vierter Bezugspunkt: AkzeptierenAblehnen von Philosophie und Kultur der Epoche. So, wie die Helden de Sades die Methoden der Aufklärung – wenigstens geistig und sprachlich – akzeptierten und gleichzeitig die Realität, deren Produkt sie waren, ablehnten, so akzeptieren die Helden von Salò die faschistische Ideologie als eine von jeder Realität getrennte. Ihre wahre, ihre tatsächliche Sprache war ihr Verhalten (wie bei de Sades Helden): und die Sprache des Verhaltens gehorchte Regeln, die weitaus komplexer und tiefgreifender sind als die einer Ideologie.« Pasolini »Ein Werk von unerbittlicher Schönheit und grausamer Genauigkeit, in seiner Beschreibung der Mechanismen und Verhaltensweisen der modernen bürgerlichen Gesellschaft scheint es Entwicklungen sogar nach der Jahrtausendwende vorwegzunehmen. Pasolini hat die Rituale des Sadismus in ein kaltes Licht getaucht, in die letzten Tage des italienischen Faschismus verlegt – als ein paar Vertreter der Bourgeoisie den eigenen Untergang zelebrierten und sich in ihre Villa zurückzogen, mit genug Menschenmaterial – Jungen und Mädchen, die sie in einer Orgie von Erniedrigungen und Folterungen ›verbrauchten‹. Auch Pasolini wollte vom Kapitalismus nicht sprechen, ohne vom Faschismus zu sprechen – es ist seine letzte filmische Äußerung überhaupt geworden, und man spürt die Qualen des Intellektuellen, der merkt, daß man beim verzweifelten Versuch, irgendwie die verhaßte Chimäre des bürgerlichen Individuums loszuwerden, beinahe unausweichlich im Faschismus endet.« Fritz Göttler (2005) 41 Filmografie Als Regisseur Pier Paolo Pasolin i Geboren am 5. März 1922 in Bologna, ermordet in der Nacht vom 1. zum 2. November 1975 im römischen Vorort Ostia. Romancier, Lyriker, Essayist, Drehbuchautor und Filmregisseur. 1961 ACCATTONE / Accattone – Wer nie sein Brot mit Tränen aß 1962 MAMMA ROMA LA RICOTTA / Der Weichkäse 1963 LA RABBIA / Der Zorn COMIZI D’AMORE / Das Gastmahl der Liebe 1964 SOPRALUOGHI IN PALESTINA (PER »IL VANGELO SECONDO MATTEO«) / Motivsuche in Palästina (für » Das Erste Evangelium – Matthäus«) IL VANGELO SECONDO MATTEO / Das Erste Evangelium – Matthäus 1965 UCCELACCI E UCCELINI / Große Vögel – Kleine Vögel 1966 LA TERRA VISTA DALLA LUNA / Die Erde vom Mond aus gesehen Eine Episode des Films LE STREGHE / Hexen von heute Länge der Pasolini-Episode 30 Min. 1967CHE COSA SONO LE NUVOLE? / Was sind die Wolken? Eine Episode des Films CAPRICCIO ALL’ ITALIANA Länge der Pasolini-Episode 22 Min. EDIPO RE / Edipo Re – Bett der Gewalt 1968 TEOREMA / Teorema – Geometrie der Liebe LA SEQUENZA DEL FIORE DI CARTA / Die Geschichte einer Papierblume Eine Episode des Films AMORE E RABBIA / Liebe und Zorn Länge der Pasolini-Episode 12 Min. APPUNTI DI VIAGGIO PER UN FILM SULL’ INDIA / Notizen für einen Film über Indien 1969PORCILE / Der Schweinestall APPUNTI PER UN’ORESTIADE AFRICANA / Notizen für eine afrikanische Orestie MEDEA 1970 IL DECAMERON / Decameron APPUNTI PER UN ROMANZO NELL’IMONDISNI (Kurzer Dokumentarfilm über einen Straßenarbeiterstreik) 1971 I RACCONTI DI CANTERBURY / Pasolinis tolldreiste Geschichten 1973 IL FIORE DELLE MILLE E UNA NOTTE / Erotische Geschichten aus 1001 Nacht LE MURA DI SANA‘A / Die Mauern von Sana‘a 1975 SALÒ O LE 120 GIORNATE DI SODOMA / Die 120 Tage von Sodom 43 Als Drehbuchautor oder -mitarbeiter 44 1954 1955 1956 1957 1958 1959 1960 1961 1962 LA DONNA DEL FIUME / Die Frau vom Fluß Regie Mario Soldati Buch Basilio Franchina, Giorgio Bassani, Pasolini, Florestano Vancini, Antonio Altovitti, Soldati IL PRIGIONIERO DELLA MONTAGNA / Flucht in die Dolomiten Regie Luis Trenker Buch Pasolini, Giorgio Bassani, Trenker LE NOTTI DI CABIRIA / Die Nächte der Cabiria Regie Federico Fellini Buch Fellini, Ennio Flaiano, Tullio Pinelli, Mitarbeit (im Vorspann nicht aufgeführt): Pasolini MARISA LA CIVETTA Regie Mauro Bolognini, Buch Bolognini, Pasolini, Titina Demby GIOVANI MARITI Regie Mauro Bolognini Buch Enzo Curreli, Luciano Martini, Bolognini, Pasolini LA NOTTE BRAVA / Wir von der Straße Regie Mauro Bolognini Buch Pasolini, Laurence Bost, nach dem Roman Ragazzi di vita von Pasolini MORTE DI UN AMICO / Und zu leicht befunden Regie Franco Rossi Buch Franco Riganti, Ugo Guerra, Rossi, nach einer Idee von Pasolini IL BELL’ANTONIO / Bel Antonio Regie Mauro Bolognini Buch Pasolini, Gino Visentini, Bolognini LA CANTA DELLE MARANE Regie Cecilia Mangini Buch nach einem Kapitel aus Pasolinis Roman Ragazzi di vita; Kommentar Pasolini LA GIORNATA BALORDA / Wenn Leben lockt Regie Mauro Bolognini Buch Pasolini, Alberta Moravia, Mario Visconti LA LUNGA NOTTE DEL ’43 / Die lange Nacht von 43 Regie Florestano Vancini Buch Ennio De Concini, Pasolini, Vancini IL CARRO ARMATO DELL’ ACHT SETTEMBRE Regie Gianni Pucchini Buch Puccini, Baratti, Pasolini, Elio Bartolini, Giulio Questi STENDALI Regie Cecilia Mangini Mitarbeit Pasolini LA RAGAZZA IN VETRINA / Mädchen im Schaufenster Regie Luciano Emmer Buch Emmer, Pasolini, Luciano Martino, Vincio Marinucci, Rodolfo Sonego UNA VITA VIOLENTA Regie Paolo Heusch, Brunello Rondi Buch Franco Solinas, Heusch, Rondi, nach dem Roman von Pasolini 1969 1972 LA COMMARE SECCA Regie Bernardo Bertolucci Buch Bertolucci, Sergio Citti, nach einem Treatment von Pasolini OSTIA Regie Sergio Citti Buch Pasolini, Citti DODICI DICEMBRE Regie Giovanni Bonfanti Idee Pasolini 1973STORIE SCELLERATE Regie Sergio Citti Buch Citti, Pasolini Als Darsteller 1960 1963 1966 1967 1970 1971 IL GOBBO / Der Bucklige von Rom Regie Carlo Lizzani Rolle Er Monco COMIZI D’ AMORE / Das Gastmahl der Liebe Regie Pasolini Rolle Gesprächsteilnehmer REQUIESCANT / Mögen sie in Frieden ruh‘n Regie Carlo Lizzani Rolle mexikanischer Priester EDIPO RE / Edipo Re – Bett der Gewalt Regie Pasolini Rolle alter Priester IL DECAMERON / Decameron Regie Pasolini Rolle Giotto, Maler S.P.Q.R. BRD, Regie Volker Koch Rolle er selbst I RACCONTI DI CANTERBURY / Pasolinis tolldreiste Geschichten Regie Pasolini Rolle Geoffrey Chaucer Filmprojekte vor seinem Tod BESTEMMIA / Fluch Thema Der heilige Paulus in der modernen Welt. PORNOTEOKOLOSSAL oder TA KAI TA Thema Eduardo De Filippo und Ninetto Davoli, die einem Kometen nach Sodom und Gomorrha folgen und feststellen, daß das Ereignis, auf das sie warten, schon vor 2000 Jahren stattgefunden hat. 45 Filme über Pasolini (Auswahl) 46 1965 PIER PAOLO E TOTÒ / Pier Paolo und Totò Regie Pietro Pintus, 6 Min. – Zwei Interviews 1966 FILM IN ROM BRD, Regie Alois Kolb, 11 Min – Bericht von den Dreharbeiten zu LA TERRA VISTA DALLA LUNA PASOLINI L’ENRAGÉ / Pasolini, der Zornige F 1966/91 Regie Jean-André Fieschi, 65 Min. – Interview mit Pasolini in seiner Wohnung und an den Schauplätzen seiner Filme 1967PASOLINI – CULTURA E SOCIETÀ / Pasolini – Kultur und Gesellschaft Regie Carlo Di Carlo, 17 Min. CONFESSIONI DI UN POETA / Bekenntnisse eines Dichters Regie Fernaldo Di Giammatteo, 45 Min. 1968 UN’ORA CON EZRA POUND / Eine Stunde mit Ezra Pound Regie Vanni Ronsisvalle, 23 Min. – Eine Hommage an Ezra Pound 1969 LAVORI IN CORSA / Baustelle CH, Regie Marco Blaser, 7 Min. 1971 TERZA B – FACCIAMO L’APPELLO / Oberprima B wird aufgerufen Regie Pier Paolo Ruggerini, 61 Min. – Interviews mit Pasolini und einigen seiner ehemaligen Klassenkameraden 1974 PASOLINI E IL CINEMA – AL CUORE DELLA REALTÀ / Pasolini und das Kino – Am Herz der Wirklichkeit Regie Mario Novi, 55 Min. – Ein Rückblick auf sein filmisches Werk PASOLINI E… LA FORMA DELLA CITTÀ / Pasolini und… die Form der Stadt Regie Paolo Brunatto, 16 Min. – Ein kinematographisches Pamphlet über die italienische Stadt Orte 1975 PASOLINI, MORTE DI UN POETA / Pasolini, Tod eines Dichters Regie Paolo Benvenuti, 15 Min. – Dokumentation, in der der Regisseur Leute aus seiner Gegend über Pasolini befragt 31.10.75 – LE DERNIER ENTRETIEN / 31.10.75 – Das letzte Interview F, Regie Philippe Bouvard, 6 Min. – Pasolini spricht über SALÒ THE LAST INTERVIEW WITH P. PASSOLINI – Das letzte Interview mit P. Passolini USA, Regie Chris Langdon, 6 Min. – Sardonisch-satirische Hommage 1981 WIE DE WAARHEID ZEGT MOET DOOD / Wer die Wahrheit sagt, muß sterben NL, Regie Philo Bregstein, 60 Min. – Ein biographisches Porträt 1985 PIER PAOLO PASOLINI – Annäherung an einen Freibeuter BRD/I, Regie Ivo Barnabò Micheli, 116 Min. – Interviews mit Menschen, die Pasolini kannten: Jugendfreunde, Schriftsteller, Schauspieler, Politiker, Staatsanwälte, und mit dem Mörder Pasolinis 1987 OSTIA GB, Regie Julian Cole, 26 Min. – Rekonstruktion der Ereignisse, die zum Mord an Pasolini führten, mit Derek Jarman als Pasolini PASOLINI – UN DELITTO ITALIANA / Pasolini – Ein italienisches Verbrechen Regie Marco Tullio Giordana, 101 Min. – Spielfilm nach der Biographie Pasolini von Enzo Siciliano 1994 CENERI DI PASOLINI / Pasolinis Asche Regie Pasquale Misuraca, 87 Min. – Dokumentation über Pasolini 1996 NEROLIO Regie Aurelio Grimaldi, 82 Min. – Drei Episoden um Pasolini, die erste inspiriert von Auszügen aus seinem posthum veröffentlichten Roman Petrolio 1999 UNA DISPERATA VITALITÀ / Eine verzweifelte Vitalität Regie Mauro Martone, 62 Min. – Dokumentation über Pasolini 2001 PIER PAOLO PASOLINI E LA RAGIONE DI UN SOGNO / Pier Paolo Pasolini und die Begründung eines Traums Regie Laura Betti, 93 Min. 2002 UN MONDO D’AMORE / Eine Welt der Liebe Regie Aurelio Grimaldi, 86 Min. – Spielfilm über Pasolinis Jahre als junger Lehrer 2006 PASOLINI PROSSIMO NOSTRO / Pasolini in unserer Nähe Regie Giuseppe Bertolucci, 62 Min. – Pasolini während der Dreharbeiten zu SALÒ 2008 LA RABBIA DI PASOLINI – HIPOTESI DI COSTRUZIONE / Pasolinis Zorn – Hypothese einer Rekonstruktion Regie Giuseppe Bertolucci, 85 Min. – Der Versuch einer Rekonstruktion der Urfassung von Pasolinis RABBIA-Segment, der sich zu einem Essay über Pasolinis 60er Jahre weitet 2009 LA NOTTE QUANDO È MORTO PASOLINI / Die Nacht, als Pasolini starb Regie Roberta Torre, 25 Min. 2010 QUI FINISCE L’ITALIA / Hier endet Italien B, Regie Gilles Coton, 80 Min. – Essayfilm einer Reise von Ventimiglia nach Triest, die sich orientiert an Pasolinis vor 50 Jahren erschienenem Bericht »La lunga strada di sabbia« 47 TERMINE Filmmuseum Düsseldorf Filmclub 813 Köln 48 DI DO MI DO SO 1.2.2011 3.2.2011 9.2.2011 10.2.2011 20.2.2011 20.00 20.00 20.00 20.00 20.00 MI SO MI SA DO SO 23.2.2011 27.2.2011 2.3.2011 5.3.2011 10.3.2011 13.3.2011 20.00 20.00 20.00 20.00 20.00 20.00 DO 17.3.2011 20.00 ACCATTONE MAMMA ROMA DAS GASTMAHL DER LIEBE GROSSE VÖGEL – KLEINE VÖGEL DAS ERSTE EVANGELIUM – MATTHÄUS EDIPO RE TEOREMA DER SCHWEINESTALL MEDEA DECAMERON PASOLINIS TOLLDREISTE GESCHICHTEN EROTISCHE GESCHICHTEN AUS 1001 NACHT DIE 120 TAGE VON SODOM DER WEICHKÄSE DER ZORN NOTIZEN FÜR EINE AFRIKANISCHE ORESTIE DIE MAUERN VON SANA’A MOTIVSUCHE IN PALÄSTINA NOTIZEN FÜR EINEN FILM ÜBER INDIEN SO 20.3.2011 20.00 MI 23.3.2011 20.00 DO 24.3.2011 20.00 FR 25.3.2011 20.00 ◆ Vom 18.2. bis zum Ende der Retrospektive Pier Paolo Pasolini ist im Studio des Filmmuseums Düsseldorf eine Ausstellung mit 50 bisher unveröffentlichten Fotos zu den Dreharbeiten von Das erste Evangelium – Matthäus zu sehen. ◆ FR 4.2.2011 DI 15.2.2011 MI 16.2.2011 DO 17.2.2011 FR 18.2.2011 SA 19.2.2011 SO 20.2.2011 DI 22.2.2011 MI 23.2.2011 DO 24.2.2011 SO 27.2.2011 20.00 17.45 20.00 18.00 20.00 18.00 20.00 15.00 17.30 20.00 18.00 20.00 20.00 18.00 20.00 18.00 15.00 ACCATTONE ACCATTONE MAMMA ROMA MAMMA ROMA DAS GASTMAHL DER LIEBE DAS GASTMAHL DER LIEBE DAS ERSTE EVANGELIUM – MATTHÄUS DAS ERSTE EVANGELIUM – MATTHÄUS EDIPO RE GROSSE VÖGEL – KLEINE VÖGEL GROSSE VÖGEL – KLEINE VÖGEL EDIPO RE TEOREMA TEOREMA DER SCHWEINESTALL DER SCHWEINESTALL NOTIZEN FÜR EINE AFRIKANISCHE ORESTIE DIE MAUERN VON SANA’A 20.00 MEDEA DI 1.3.2011 18.00 MEDEA 20.00 DECAMERON MI 2.3.2011 17.45 DECAMERON FR 4.3.2011 20.00 PASOLINIS TOLLDREISTE GESCHICHTEN SA 5.3.2011 17.30 PASOLINIS TOLLDREISTE GESCHICHTEN 20.00 EROTISCHE GESCHICHTEN AUS 1001 NACHT DI 8.3.2011 17.30 EROTISCHE GESCHICHTEN AUS 1001 NACHT MI 9.3.2011 18.00 DER WEICHKÄSE DER ZORN SA 12.3.2011 20.00 DIE 120 TAGE VON SODOM MO 14.3.2011 20.00 MOTIVSUCHE IN PALÄSTINA NOTIZEN FÜR EINEN FILM ÜBER INDIEN DI 15.3.2011 17.30 DIE 120 TAGE VON SODOM DO 17.3.2011 20.00 DER WEICHKÄSE DER ZORN 49 IMPRESSUM Veranstalter & Herausgeber Filmclub 813 e.V. Hahnenstr. 6, 50667 Köln Telefon/Fax: 0221-31 06 813 www.filmclub813.de Manzin Filmmuseum der Landeshauptstadt Düsseldorf Schulstr. 4, 40213 Düsseldorf Telefon: 0211-89 922 32 Fax: 0211-89 937 68 www.duesseldorf.de/filmmuseum Grafische Gestaltung Carmen Strzelecki, Köln Konzeption & Organisation Helmut W. Banz, Christos Dassios Redaktion Helmut W. Banz, Hans-Dieter Delkus Mitarbeit Senta Koske, Ines Szczerbinski, Florian Deterding und Matthias Knop / Filmmuseum Düsseldorf, Olaf Möller Foto-Nachweis Cinemathek Köln Archiv, Helmut W. Banz, Filmmuseum Düsseldorf, Neue Visionen Filmverleih Berlin, Ines Szczerbinski Druck Druckerei Zimmermann, Köln Mit freundlicher Unterstützung von SK Stiftung Kultur – Förderprogramm Stadt Köln Kulturamt Dank an Arsenal Institut für Film und Videokunst e.V. Berlin Deutsches Filmmuseum Frankfurt Filmforum – Freundeskreis des Filmmuseums Düsseldorf Filmgalerie 451 / Frieder Schlaich Berlin Kinemathek Le Bon Film Basel Kinemathek Hamburg e.V. / Metropolis Archiv Manzin – Italienische Übersetzungen Neue Visionen Filmverleih Berlin Aurora Rodonò Kulturamt Italienische Übersetzungen Marisa und Joachim Manzin sind Experten für Sprachmittlung zwischen der italienischen und deutschen Kultur in den Fachbereichen Recht (Straf-, Privat- und Zivilrechtrecht) Betriebswirtschaft (u.a. Rechnungslegung und Unternehmensbewertung) Werbeadaptionen Politik und unterstützen die lokale Kultur durch Mitgliedschaft in zahlreichen Freundes- und Förderkreisen. Aktiv organisieren und fördern sie den Italienischen Filmclub in der Black Box – Kino im Filmmuseum, den sie vor sieben Jahren ins Leben riefen. Weitergehende Informationen: www.manzin.de ([email protected]) www.italienischer-filmclub.de ([email protected]) Inh.: Marisa Manzin - Dellestraße 33 - 40627 Düsseldorf Tel. 0211 202018 – Fax 0211 252176 »Wenn wir vorwärts gehen wollen, müssen wir die Zeit, die nicht mehr wiederkommen kann, beweinen und nein sagen dieser Realität, die uns in ihrem Gefängnis einschließt …« pier paolo pasolini pier paolo pasolini Rom, andere Stadt pier paolo pasolini Reisen in 1001 Nacht pier paolo pasolini Afrika, meine Hoffnung Geschichten und Gedichte ausgewählt von Annette Kopetzki und Theresia Prammer. Mit Fotografien von Herbert List und einem Nachwort von Dorothea Dieckmann. Vorgestellt von Peter Kammerer, mit Fotografien von Roberto Villa und einem Nachwort von Dacia Maraini. Aus dem Italienischen von Annette Kopetzki und Dorothea Dieckmann. Vorgestellt von Peter Kammerer. Hardcover mit Schutzumschlag, 112 Seiten mit vielen Fotografien, Format 17 ∞ 24 cm, Druck in Duotone. M 24,90 Hardcover mit Schutzumschlag, ca. 128 Seiten mit vielen Fotografien. Format 17 ∞ 24 cm, Druck in Duotone. M 24,90 Hardcover mit Schutzumschlag, ca. 128 Seiten mit vielen Fotografien. Format 17 ∞ 24 cm, Druck in Duotone. ca. M 24,90 Erscheint September 2011 Erscheint am 30. April 2011 »… Gedichte, Geschichten, Interviews und Auszüge aus Tagebüchern sind in dem Buch zu finden. Zusammen mit den Schwarz-WeißFotografien von Herbert List fügen sie sich zu einem großartigen Rom-Porträt der Fünfzigerjahre.« Pasolinis faszinierter Blick auf die Menschen, Landschaften und Kulturen des Vorderen Orients. Mit einem Nachwort von Dacia Maraini, das von seiner Arbeit und seinen Träumen erzählt. cornelia wolter, Frankfurter Rundschau www.corso-willkommen.de Für Pasolini wurde Afrika zu einer seiner letzten Hoffnungen auf der Suche nach Authentischem und Wahrhaftigem gegen das, was wir heute »Globalisierung« nennen.